Language of document : ECLI:EU:T:2023:827

Rechtssache T389/21

Landesbank Baden-Württemberg

gegen

Einheitlicher Abwicklungsausschuss

 Urteil des Gerichts (Achte erweiterte Kammer) vom 20. Dezember 2023

„Wirtschafts- und Währungsunion – Bankenunion – Einheitlicher Abwicklungsmechanismus für Kreditinstitute und bestimmte Wertpapierfirmen (SRM) – Einheitlicher Abwicklungsfonds (SRF) – Beschluss des SRB über die Berechnung der für 2021 im Voraus erhobenen Beiträge – Begründungspflicht – Wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz – Gleichbehandlung – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Ermessen des SRB – Einrede der Rechtswidrigkeit – Ermessen der Kommission – Zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils“

1.      Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Tragweite – Beschluss des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB) zur Festlegung der im Voraus erhobenen Beiträge zum Einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) – Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens – Ausnahmen – Allgemeiner Grundsatz des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen – Abwägung – Zulässigkeit

(Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 47; Verordnung Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates; Richtlinie 2014/59 des Europäischen Parlaments und des Rates; Verordnung 2015/63 der Kommission, Art. 4 bis 7 und 9 sowie Anhang I)

(vgl. Rn. 37-42, 45-49)

2.      Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Rechtssicherheit – Unionsregelung – Erfordernisse der Klarheit und der Deutlichkeit – Grenzen

(vgl. Rn. 64-67)

3.      Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Rechtssicherheit – Unionsregelung – Gebot der Klarheit und Vorhersehbarkeit – Delegierte Verordnung 2015/63 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59 im Hinblick auf im Voraus erhobene Beiträge zu Abwicklungsfinanzierungsmechanismen – Einräumung eines Ermessens zugunsten des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB) hinsichtlich der Methode zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge – Voraussetzungen – Hinreichend deutliche Festlegung des Umfangs und der Modalitäten der Ausübung einer solchen Befugnis

(Verordnung 2015/63 der Kommission, Art. 6 Abs. 5 bis 7 und Art. 7 Abs. 4)

(vgl. Rn. 87-90, 92)

4.      Organe der Europäischen Union – Ausübung der Zuständigkeiten – Der Kommission übertragene Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte – Tragweite – Komplexe Beurteilungen und Prüfungen – Weites Ermessen – Richtlinie 2014/59 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen – Festlegung der Kriterien für die Anpassung der im Voraus erhobenen Beiträge – Gerichtliche Kontrolle – Grenzen

(Art. 290 AEUV; Verordnung Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates, 41. Erwägungsgrund; Richtlinie 2014/59 des Europäischen Parlaments und des Rates)

(vgl. Rn. 105, 107, 112, 162)

5.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Beschluss des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB) zur Festlegung der im Voraus erhobenen Beiträge zum Einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) – Keine Erforderlichkeit, in diesen Beschluss sämtliche Elemente aufzunehmen, die die Überprüfung der Richtigkeit der Beitragsberechnung erlauben – Abwägung zwischen der Begründungspflicht und dem allgemeinen Grundsatz des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen der betroffenen Institute – Rechtmäßigkeit der die Methode zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF betreffenden Bestimmungen der Verordnung 2015/63 – Grundsatz der Wahrung des Geschäftsgeheimnisses – Pflicht des SRB, die zur Berechnung des im Voraus erhobenen Beitrags verwendeten Informationen zu den betreffenden Instituten in allgemeiner und anonymisierter Form zu veröffentlichen und an das jeweilige Institut zu übermitteln

(Art. 296 Abs. 2 AEUV; Verordnung Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates; Richtlinie 2014/59 des Europäischen Parlaments und des Rates; Verordnung 2015/63 der Kommission, Art. 4 bis 7 und 9 sowie Anhang I)

(vgl. Rn. 261-272, 292, 294)

6.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Erläuterungen des Urhebers zu den Gründen des Rechtsakts im Verfahren vor dem Unionsgericht – Voraussetzungen – Widerspruchsfreiheit und Gebot der Kohärenz zwischen den Gründen und den Erläuterungen dazu

(Art. 296 Abs. 2 AEUV)

(vgl. Rn. 329, 330)

7.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Beschluss des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB) zur Festlegung der im Voraus erhobenen Beiträge zum Einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) – Pflicht des SRB, den betroffenen Instituten die Methode zur Berechnung dieser Beiträge und die Methode zur Bestimmung der jährlichen Zielausstattung mitzuteilen

(Art. 296 Abs. 2 AEUV; Verordnung Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates; Verordnung 2015/81 des Rates, Art. 4; Richtlinie 2014/59 des Europäischen Parlaments und des Rates; Verordnung 2015/63 der Kommission, Art. 4 bis 7 und 9 sowie Anhang I)

(vgl. Rn. 332, 333)

8.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Beschluss des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB) zur Festlegung der im Voraus erhobenen Beiträge zum Einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) – Begründung, die ausschließlich auf anderen Rechtsakten beruht, wie etwa Zwischenbeschlüssen, die bestimmte Aspekte der Festsetzung dieser Beiträge präzisieren und ergänzen – Keine Veröffentlichung oder Mitteilung dieser anderen Rechtsakte an die Institute – Rechtswidrigkeit

(Art. 296 Abs. 2 AEUV)

(vgl. Rn. 442, 447)

Zusammenfassung

Die Landesbank Baden-Württemberg (im Folgenden: Klägerin) ist ein in Deutschland niedergelassenes Kreditinstitut in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie ist dem institutsbezogenen Sicherungssystem (Institutional Protection Scheme, im Folgenden: IPS) der Sparkassen-Finanzgruppe (Deutschland) angeschlossen.

Am 14. April 2021 erließ der Einheitliche Abwicklungsausschuss (SRB) einen Beschluss, mit dem er die für das Jahr 2021 im Voraus erhobenen Beiträge von Kreditinstituten, darunter die Klägerin, zum einheitlichen Abwicklungsfonds (im Folgenden: SRF) festlegte(1) (im Folgenden: angefochtener Beschluss)(2).

Auf eine Nichtigkeitsklage gegen den angefochtenen Beschluss hin äußert sich das Gericht zu mehreren bislang ungeklärten Fragen in Bezug auf die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF sowie zu verschiedenen Einreden der Rechtswidrigkeit gegen die Delegierte Verordnung 2015/63(3), die es allesamt zurückweist.

Das Urteil ist insgesamt wegweisend. Im Ergebnis erklärt das Gericht den angefochtenen Beschluss für nichtig, weil der SRB seine Begründungspflicht verletzt hat.

Würdigung durch das Gericht

In einem ersten Schritt weist das Gericht sämtliche von der Klägerin erhobenen Einreden der Rechtswidrigkeit zurück.

Insbesondere weist es als Erstes die Rüge zurück, dass das Risikofeld „[vom SRB] zu bestimmende zusätzliche Risikoindikatoren“ gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoße.

Nach den Art. 6 und 7 der Delegierten Verordnung 2015/63 obliegt es dem SRB, den jährlichen Grundbeitrag der Institute unter Berücksichtigung von vier Risikofeldern anzupassen, wobei sich jedes Risikofeld aus Risikoindikatoren zusammensetzt, die ihrerseits aus Risikosubindikatoren bestehen können.

Der erstgenannte Artikel räumt dem SRB einen Ermessensspielraum hinsichtlich der Art und Weise ein, in der er bei der Bestimmung dieser Risikoindikatoren „der Wahrscheinlichkeit einer Abwicklung des betreffenden Instituts und damit der Inanspruchnahme des Abwicklungsfinanzierungsmechanismus“ „Rechnung [zu tragen hat]“.

So muss der SRB bei der Bestimmung des ersten Risikoindikators des Risikofelds „[vom SRB] zu bestimmende zusätzliche Risikoindikatoren“, der die Handelstätigkeiten, die außerbilanziellen Risiken, die Derivate, die Komplexität und die Abwicklungsfähigkeit des Instituts betrifft, mehrere Subindikatoren berücksichtigen, von denen einige zu einer Erhöhung des Risikoprofils des betreffenden Instituts und andere zu dessen Verringerung führen können. Diese Risikosubindikatoren enthalten jedoch keine näheren Angaben zur Durchführung des Vergleichs, den sie erfordern.

In Bezug auf den IPS-Risikoindikator verfügt der SRB hinsichtlich der Erfüllung der Voraussetzungen – die sich zum einen darauf beziehen, dass die verfügbaren Mittel des betreffenden IPS hoch genug sind im Verhältnis zu denjenigen, derer es zur Finanzierung des in Rede stehenden Instituts bedarf, und zum anderen das Maß an Rechts‑ oder Vertragssicherheit in Bezug auf diese Mittel betreffen – über einen Ermessensspielraum. Gleiches gilt für die Gewichtung der verschiedenen Risikoindikatoren im Rahmen des Risikofelds IV(4), soweit es darum geht, die Gewichtung der verschiedenen Risikosubindikatoren zu bestimmen, aus denen diese Risikoindikatoren bestehen und die zu berücksichtigen sind(5).

Das Gericht prüft daher, ob Art. 6 Abs. 5 bis 7 und Art. 7 Abs. 4 der Delegierten Verordnung 2015/63 als Bestimmungen angesehen werden können, die den Umfang des Ermessens des SRB und die Modalitäten seiner Ausübung im Hinblick auf das in Rede stehende legitime Ziel hinreichend deutlich festlegen, so dass sie angemessenen Schutz vor Willkür bieten und die Rechtsunterworfenen etwaige Zweifel in Bezug auf die Tragweite oder den Sinn dieser Bestimmungen mit hinreichender Sicherheit ausräumen können.

Im vorliegenden Fall stellt das Gericht erstens fest, dass die anwendbare Regelung das zu erreichende Ergebnis, wonach die im SRF verfügbaren Finanzmittel die endgültige Zielausstattung bis zum Ende einer am 1. Januar 2016 beginnenden Aufbauphase von acht Jahren (im Folgenden: Aufbauphase) erreichen müssen, sowie eine Methode zur Erreichung dieses Ergebnisses vorsieht, was die Auswirkungen des Ermessens verringert, das der SRB bei der Festlegung der im Voraus erhobenen Beiträge ausübt. Zum einen hängt die Höhe des im Voraus erhobenen Beitrags der einzelnen Institute von der Höhe der jährlichen Zielausstattung ab, die der SRB auf der Grundlage seiner Schätzung des Betrags bestimmt, der zum 31. Dezember 2023 mindestens 1 % der gedeckten Einlagen in allen am einheitlichen Abwicklungsmechanismus (SRM) teilnehmenden Mitgliedstaaten entspricht(6). Zum anderen wird der im Voraus erhobene Beitrag der einzelnen Institute u. a. auf der Grundlage des jährlichen Grundbeitrags berechnet, der ausgehend von den Nettoverbindlichkeiten der betreffenden Institute berechnet wird. Der SRB übt jedoch kein Ermessen hinsichtlich der Bestimmung dieser Beträge aus. Darüber hinaus hat das betreffende Institut Kenntnis von der Höhe seiner Nettoverbindlichkeiten und kann Zugang zum Gesamtbetrag der Nettoverbindlichkeiten anderer Institute haben.

Zweitens beeinflussen die Risikoindikatoren, deren mangelnde Klarheit von der Klägerin beanstandet wird und bei denen der SRB ein gewisses Ermessen ausübt, das Risikoprofil des Instituts zu weniger als 20 %. Außerdem wird die Auswirkung dieser Indikatoren auf die endgültige Höhe des im Voraus erhobenen Beitrags auch dadurch verringert, dass der SRB hinsichtlich der Bestimmung der Höhe des jährlichen Grundbeitrags kein Ermessen ausübt und die Anpassung dieses Beitrags an das Risikoprofil eines Instituts deutlich innerhalb einer vorab festgelegten Spanne zwischen 0,8 und 1,5 eingegrenzt ist(7).

Das Gericht zieht daraus den Schluss, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass Umfang und Ausübungsmodalitäten des dem SRB eingeräumten Ermessens(8) im Hinblick auf das in Rede stehende legitime Ziel unzureichend eingegrenzt oder nicht hinreichend deutlich festgelegt wären und daher keinen angemessenen Schutz vor Willkür böten. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin ein verständiger Wirtschaftsteilnehmer ist, der – erforderlichenfalls unter Inanspruchnahme rechtlicher und wirtschaftlicher Beratung – hinreichend genau die Berechnungsmethode und die Größenordnung seines im Voraus erhobenen Beitrags vorhersehen kann.

Als Zweites weist das Gericht die Einrede der Rechtswidrigkeit zurück, mit der geltend gemacht wird, dass eine Differenzierung zwischen Instituten, die demselben IPS angehören, auf der Grundlage des Risikoindikators „Handelstätigkeiten, außerbilanzielle Risiken, Derivate, Komplexität und Abwicklungsfähigkeit“ im Widerspruch zu der durch die Richtlinie 2014/59(9) und die Verordnung Nr. 575/2013(10) vorgeschriebenen einheitlichen und kohärenten Behandlung aller Mitglieder eines solchen IPS stünde. Nach der Feststellung, dass, wenn mehrere Institute demselben IPS angehören, den Instituten, denen im Vergleich zu anderen Mitgliedern dieses IPS eine besseres relatives Gewicht des Risikoindikators „Handelstätigkeiten, außerbilanzielle Risiken, Derivate, Komplexität und Abwicklungsfähigkeit“ zugewiesen wird, im Rahmen des IPS-Risikoindikators im Verhältnis zu diesen anderen Mitgliedern eine günstigere Gewichtung zugewiesen werden kann, weist das Gericht nämlich darauf hin, dass in der Richtlinie 2014/59 nicht vorgesehen ist, dass die Kommission beim Erlass der Delegierten Verordnung 2015/63 allen Instituten, die Teil desselben IPS sind, die gleiche Gewichtung zuweisen musste. Zudem verfügt die Kommission über ein weites Ermessen in Bezug auf die Methode zur Anpassung der jährlichen Grundbeiträge. Die Kommission und der SRB haben, ohne dass die Klägerin etwas Gegenteiliges vorgetragen hätte, ausgeführt, dass Mitglieder eines IPS keinen unbedingten Anspruch hätten, von einem solchen IPS eine bedingungslose Unterstützung zu erhalten. Ferner könnte der Ausfall eines Instituts mit einer umfangreichen und komplexen Bilanz die Mittel eines solchen IPS vollständig aufzehren, und anhand des Risikoindikators „Handelstätigkeiten, außerbilanzielle Risiken, Derivate, Komplexität und Abwicklungsfähigkeit“ lässt sich beurteilen, ob ein Institut über eine umfangreiche und komplexe Bilanz verfügt. Was die Verordnung Nr. 575/2013 betrifft, legt deren Art. 113 Abs. 7 die Voraussetzungen für die Zulassung von IPS fest, nicht aber die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge, und er verbietet nicht, bei der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zwischen Instituten zu differenzieren, die Mitglieder desselben IPS sind. Außerdem geht diese Bestimmung nicht so weit, dass ein IPS über ausreichende Mittel verfügen muss, um die Abwicklung aller seiner Mitglieder, einschließlich aller großen Institute, zu vermeiden.

Als Drittes weist das Gericht die auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung gestützte Einrede der Rechtswidrigkeit zurück. Es weist darauf hin, dass die besondere Natur der im Voraus erhobenen Beiträge darin besteht, in einer auf dem Versicherungsgedanken basierenden Logik sicherzustellen, dass der Finanzsektor dem SRM ausreichende Finanzmittel zur Verfügung stellt, damit er seine Aufgaben erfüllen kann, und dabei für die betroffenen Institute Anreize zu schaffen, weniger riskant zu operieren. Folglich befinden sich nicht alle einem IPS angehörenden Institute notwendigerweise und allein aufgrund dieser Zugehörigkeit in einer vergleichbaren Situation. Zunächst haben die Mitglieder eines IPS nämlich keinen unbedingten Anspruch auf eine Unterstützung durch das IPS, die alle ihre Verbindlichkeiten abdeckt. Sodann könnte der Ausfall eines Instituts mit einer umfangreichen und komplexen Bilanz die Mittel eines IPS vollständig aufzehren, anders als der Ausfall von Instituten mit einer weniger umfangreichen, einfachen Bilanz. Schließlich stellt der Risikoindikator „Handelstätigkeiten, außerbilanzielle Risiken, Derivate, Komplexität und Abwicklungsfähigkeit“ ein objektives Kriterium für die Beurteilung dar, welche Institute sich in Bezug auf ein solches Risiko in einer vergleichbaren Situation befinden.

Als Viertes weist das Gericht die auf einen Verstoß gegen mehrere höherrangige Normen gestützte Einrede der Rechtswidrigkeit zurück. Insoweit stellt es fest, dass vor dem Hintergrund, dass die Ziele des SRM zu berücksichtigen sind, insbesondere das Ziel, für die Institute Anreize zu schaffen, weniger riskant zu operieren, die Methode der Klassenbildung, die darin besteht, dass Institute ein und derselben Klasse zugeordnet werden, auch wenn sie für denselben Risikoindikator sehr unterschiedliche Werte haben, nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, da die betreffenden Institute in Bezug auf den mit diesem Indikator bemessenen Risikograd unterschiedliche Merkmale aufweisen. Auch wenn diese Institute gleichbehandelt werden, gibt es dafür eine gebührende Rechtfertigung, da zum einen die Gleichbehandlung im Zusammenhang mit dem rechtlich zulässigen Ziel steht, allgemeine Regeln aufzustellen, die leicht angewandt und von den zuständigen Behörden einfach kontrolliert werden können, und zum anderen die fragliche Methode der Klassenbildung unter Berücksichtigung des weiten Ermessens, über das die Kommission verfügt, geeignet ist, das verfolgte Ziel zu erreichen, nicht über das hinausgeht, was zu seiner Erreichung erforderlich ist, und nicht als Auslöser eines unverhältnismäßigen Nachteils angesehen werden kann.

Als Fünftes weist das Gericht die Einrede der Rechtswidrigkeit zurück, mit der geltend gemacht wird, es liege insofern ein Verstoß gegen das „Gebot der risikoangemessenen Beitragsbemessung“ vor, als Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet sei, da diese Bestimmung den SRB daran hindere, die jährlichen Grundbeiträge in geeigneter Weise an das tatsächliche Risikoprofil der Institute anzupassen. Nach diesem Art. 20 („Übergangsbestimmungen“) findet ein Risikoindikator keine Anwendung, solange die für einen spezifischen Indikator gemäß Anhang II der Delegierten Verordnung benötigten Informationen nicht der aufsichtlichen Meldepflicht gemäß Art. 14 unterliegen. Die Delegierte Verordnung 2015/63 wurde auf der Grundlage von Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 erlassen, der die Kommission verpflichtet, alle in den Buchst. a bis h dieser Bestimmung aufgezählten Aspekte zu berücksichtigen, um das Konzept der „Beitragsanpassung entsprechend dem Risikoprofil von Instituten“ festzulegen.

Angesichts des weiten Ermessens, über das die Kommission bei der Durchführung dieser Bestimmung verfügt, kann dies jedoch die Notwendigkeit mit sich bringen, Übergangszeiträume vorzusehen. Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 führt einen solchen Zeitraum ein, da er den SRB vorübergehend ermächtigt, einige der fraglichen Aspekte, die sich in den in dieser Delegierten Verordnung vorgesehenen Risikoindikatoren widerspiegeln, nicht anzuwenden.

Außerdem hängt die Rechtfertigung des in dieser Vorschrift vorgesehenen Übergangszeitraums eng damit zusammen, dass das Verfahren zur Einführung der Aufsichtsanforderungen und der entsprechenden Informationspflichten schrittweise vorangeht. In diesem Zusammenhang soll Art. 20 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 verhindern, dass den Instituten bei der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge gegebenenfalls unverhältnismäßige oder diskriminierende Belastungen auferlegt werden, gerade weil die Aufsichtsanforderungen und die damit verbundenen Informationspflichten schrittweise eingeführt werden.

Schließlich trifft es zwar zu, dass diese Ausnahme zu einer Situation führen kann, in der bestimmte Risikoindikatoren während der gesamten Aufbauphase unangewendet bleiben; zum einen ist dies jedoch Folge des Umstands, dass die Aufsichtsanforderungen schrittweise eingeführt werden, und zum anderen sollen die betreffenden Risikoindikatoren auch über die Aufbauphase hinaus Anwendung finden.

In einem zweiten Schritt prüft das Gericht die Klagegründe, die sich auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses beziehen, und gibt dem Klagegrund statt, mit dem Begründungsmängel dieses Beschlusses in Bezug auf die Bestimmung der jährlichen Zielausstattung gerügt werden.

Zu diesem Klagegrund, der einen Gesichtspunkt zwingenden Rechts betrifft, weist das Gericht zunächst darauf hin, dass nach den maßgeblichen Vorschriften bis zum Ende der Aufbauphase die im SRF verfügbaren Mittel die endgültige Zielausstattung erreichen müssen, die mindestens 1 % der gedeckten Einlagen aller im Hoheitsgebiet aller am SRM teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute entspricht. Ferner müssen die im Voraus erhobenen Beiträge während der Aufbauphase zeitlich so gleichmäßig wie möglich gestaffelt werden, bis die endgültige Zielausstattung erreicht ist. Außerdem dürfen die Beiträge, die von allen im Hoheitsgebiet aller am SRM teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Instituten zu entrichten sind, jährlich 12,5 % der endgültigen Zielausstattung nicht übersteigen. Was überdies die Vorgehensweise zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge betrifft, so legt der SRB deren Höhe auf der Grundlage der jährlichen Zielausstattung und unter Berücksichtigung der endgültigen Zielausstattung sowie auf der Grundlage des auf Quartalsbasis berechneten durchschnittlichen Betrags der im vorangegangenen Jahr gedeckten Einlagen aller im Hoheitsgebiet aller am SRM teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute fest. Schließlich berechnet der SRB den im Voraus erhobenen Beitrag für jedes Institut auf der Grundlage der jährlichen Zielausstattung, die unter Bezugnahme auf die endgültige Zielausstattung und im Einklang mit der in der Delegierten Verordnung 2015/63 dargelegten Methodik festzulegen ist.

Im vorliegenden Fall hat der SRB, wie aus dem angefochtenen Beschluss hervorgeht, die Höhe der jährlichen Zielausstattung für den Beitragszeitraum 2021 auf 11 287 677 212,56 Euro festgesetzt. In diesem Beschluss hat er im Wesentlichen erläutert, dass die jährliche Zielausstattung auf der Grundlage einer Analyse der Entwicklung der gedeckten Einlagen in den Vorjahren und aller relevanten Entwicklungen der wirtschaftlichen Lage sowie einer Analyse der Indikatoren für die Phase des Konjunkturzyklus und der Auswirkungen prozyklischer Beiträge auf die Finanzlage der Institute zu bestimmen sei. Der SRB hat es für angemessen gehalten, einen Koeffizienten festzusetzen, der auf dieser Analyse und den im SRF verfügbaren Finanzmitteln beruhte, und hat diesen Koeffizienten auf ein Achtel des Durchschnittsbetrags der gedeckten Einlagen im Jahr 2020 angewandt, um die jährliche Zielausstattung zu erhalten. Anschließend hat er die Vorgehensweise bei der Festsetzung des Koeffizienten dargelegt. In Anbetracht dieser Erwägungen hat der SRB den Wert des Koeffizienten auf 1,35 % festgesetzt. Sodann hat er den Betrag der jährlichen Zielausstattung berechnet, indem er den Durchschnittsbetrag der gedeckten Einlagen im Jahr 2020 mit diesem Koeffizienten multipliziert und das Ergebnis dieser Berechnung durch acht dividiert hat.

Insoweit ist der SRB zwar verpflichtet, den Instituten bereits im angefochtenen Beschluss Erläuterungen bezüglich der Methode zur Bestimmung der jährlichen Zielausstattung zu geben; diese Erläuterungen müssen aber mit denjenigen im Einklang stehen, die der SRB im gerichtlichen Verfahren anführt und die die tatsächlich angewandte Methode betreffen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

In der mündlichen Verhandlung hat der SRB nämlich ausgeführt, dass er die jährliche Zielausstattung für den Beitragszeitraum 2021 nach einer aus vier Schritten bestehenden Methode ermittelt hat, wobei die letzten beiden Schritte darin bestanden, die im SRF verfügbaren Finanzmittel von der endgültigen Zielausstattung abzuziehen, um den Betrag zu berechnen, der bis zum Ende der Aufbauphase noch zu erheben war, und den letztgenannten Betrag durch drei zu dividieren.

Das Gericht stellt fest, dass sich die letzten beiden Schritte dieser Berechnung in der mathematischen Formel, die im angefochtenen Beschluss als Grundlage für die Bestimmung der jährlichen Zielausstattung dargestellt wird, in keiner Weise wiederfinden.

Zwar hatte die Klägerin Kenntnis von einem Informationsblatt, das der SRB nach Erlass des angefochtenen Beschlusses, aber vor Erhebung der vorliegenden Klage veröffentlicht hatte und in dem der geschätzte Betrag der endgültigen Zielausstattung angegeben worden war. Selbst wenn man davon ausgeht, dass ihr auch der Betrag der im SRF verfügbaren Finanzmittel bekannt war, konnte sie jedoch allein aufgrund dieser Umstände nicht erkennen, dass die beiden letzten Rechenschritte vom SRB tatsächlich angewandt wurden, zumal diese in der im angefochtenen Beschluss angegebenen mathematischen Formel nicht einmal erwähnt wurden.

Ähnliche Unstimmigkeiten betreffen auch die Art und Weise, in der der Koeffizient von 1,35 % festgesetzt wurde, obwohl diesem in dieser mathematischen Formel eine zentrale Rolle zukommt. Wie der SRB in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, wurde der Koeffizient nämlich so festgesetzt, dass er das Ergebnis der Berechnung des Betrags der jährlichen Zielausstattung rechtfertigen konnte, d. h., nachdem der SRB diesen Betrag in Anwendung der vier Schritte der tatsächlich angewandten Methode berechnet hatte. Diese Vorgehensweise geht aber aus dem angefochtenen Beschluss in keiner Weise hervor.

Außerdem erweist sich die Spanne, in der sich gemäß dem Informationsblatt der geschätzte Betrag der endgültigen Zielausstattung bewegte, als unvereinbar mit der im angefochtenen Beschluss genannten Spanne der Wachstumsrate der gedeckten Einlagen, d. h. 4 % bis 7 %. Unter diesen Umständen konnte die Klägerin nicht erkennen, auf welche Weise der SRB die Spanne betreffend die Wachstumsrate der Einlagen herangezogen hatte, um die geschätzte endgültige Zielausstattung zu berechnen.

Das Gericht befindet, dass in Bezug auf die Bestimmung der jährlichen Zielausstattung die vom SRB tatsächlich angewandte Methode, wie sie in der mündlichen Verhandlung erläutert worden ist, nicht der im angefochtenen Beschluss beschriebenen Methode entspricht, so dass die wahren Gründe für die Festlegung dieser Zielausstattung auf der Grundlage des angefochtenen Beschlusses weder von den Instituten noch vom Gericht erkannt werden konnten. Somit ist der angefochtene Beschluss hinsichtlich der Bestimmung der jährlichen Zielausstattung mangelhaft begründet.

Nach Zurückweisung der übrigen materiellen Klagegründe, die im Interesse einer geordneten Rechtspflege geprüft werden, gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Begründungsmangel, mit dem der angefochtene Beschluss behaftet ist, für sich genommen die Nichtigerklärung dieses Beschlusses rechtfertigt, soweit er die Klägerin betrifft.

Unter den Umständen des vorliegenden Falls entscheidet das Gericht jedoch, die Wirkungen des angefochtenen Beschlusses, soweit er die Klägerin betrifft, aufrechtzuerhalten, bis innerhalb einer angemessenen Frist, die sechs Monate ab dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils nicht überschreiten darf, ein neuer Beschluss des SRB in Kraft tritt, mit dem der im Voraus erhobene Beitrag der Klägerin zum SRF für den Beitragszeitraum 2021 festgesetzt wird.


1      Gemäß Art. 70 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1).


2      Beschluss SRB/ES/2021/22 des Einheitlichen Abwicklungsausschusses vom 14. April 2021 über die Berechnung der für 2021 im Voraus erhobenen Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds.


3      Delegierte Verordnung (EU) 2015/63 der Kommission vom 21. Oktober 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf im Voraus erhobene Beiträge zu Abwicklungsfinanzierungsmechanismen (ABl. 2015, L 11, S. 44).


4      Nach Art. 7 Abs. 4 der Delegierten Verordnung 2015/63.


5      Gemäß Art. 6 Abs. 5 bis 7 der Delegierten Verordnung 2015/63.


6      Gemäß Art. 69 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 806/2014.


7      Gemäß Art. 9 Abs. 3 der Delegierten Verordnung 2015/63.


8      Gemäß Art. 6 Abs. 5 bis 7 und Art. 7 Abs. 4 der Delegierten Verordnung 2015/63.


9      Art. 103 Abs. 7 Buchst. h der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 (ABl. 2014, L 173, S. 190).


10      Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. 2013, L 176, S. 1, berichtigt in ABl. 2013, L 321, S. 6, und ABl. 2021, L 261, S. 60), Art. 113 Abs. 7.