Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 27. April 2017 –
Germanwings/Kommission
(Rechtssache T‑375/15)
„Staatliche Beihilfen – Beihilfe für eine den Flughafen Zweibrücken nutzende Fluggesellschaft – Vorteil – Zurechenbarkeit zum Staat – Begründungspflicht – Vertrauensschutz – Zugang zu Dokumenten – Dokumente, die ein Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen betreffen – Ablehnung des Zugangs zu den angeforderten Dokumenten – Ausnahme zum Schutz des Zwecks von Inspektions‑, Untersuchungs- und Audittätigkeiten“
1. Gerichtliches Verfahren – Klageschrift – Formerfordernisse – Bestimmung des Streitgegenstands – Kurze Darstellung der Klagegründe
(Satzung des Gerichtshofs, Art. 21 Abs. 1 und Art. 53 Abs. 1; Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 76 Buchst. d)
(vgl. Rn. 23)
2. Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Entscheidung der Kommission über staatliche Beihilfen – Prüfung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers – Erfordernis einer besonderen Begründung für jede technische Entscheidung oderbezifferte Angabe – Fehlen
(Art. 107 AEUV, Art. 108 AEUV und Art. 296 AEUV)
(vgl. Rn. 32, 34, 35, 42, 45, 47, 49, 50, 116)
3. Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Entscheidung der Kommission über staatliche Beihilfen – Verhältnis zwischen der Begründungspflicht und der Wahrung des Berufsgeheimnisses
(Art. 296 AEUV und Art. 339 AEUV)
(vgl. Rn. 33)
4. Staatliche Beihilfen – Begriff – Rechtlicher Charakter – Auslegung anhand objektiver Kriterien – Berücksichtigung einer früheren Praxis – Ausschluss
(Art. 107 Abs. 1 AEUV)
(vgl. Rn. 58, 77, 83)
5. Staatliche Beihilfen – Begriff – Beurteilung nach dem Kriterium des privaten Kapitalgebers – Beurteilung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Aspekte des streitigen Vorgangs und seines Kontexts – Berücksichtigung der im Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses über die fragliche Maßnahme verfügbaren Informationen und vorhersehbaren Entwicklungen
(Art. 107 AEUV und Art. 108 Abs. 1 und 3 AEUV)
(vgl. Rn. 64-66)
6. Staatliche Beihilfen – Begriff – Beurteilung nach dem Kriterium des privaten Kapitalgebers – Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten – Ermessen der Kommission – Gerichtliche Nachprüfung – Grenzen
(Art. 107 Abs. 1 AEUV)
(vgl. Rn. 67)
7. Staatliche Beihilfen – Verwaltungsverfahren – Verpflichtungen der Kommission – Sorgfältige und unparteiische Prüfung – Berücksichtigung möglichst vollständiger und verlässlicher Informationen
(Art. 108 Abs. 2 AEUV)
(vgl. Rn. 68)
8. Staatliche Beihilfen – Begriff – Beurteilung nach dem Kriterium des privaten Kapitalgebers – Staat als Anteilseigner eines Unternehmens – Als Träger öffentlicher Gewalt handelnder Staat – Unterscheidung im Hinblick auf das Kriterium des privaten Kapitalgebers
(Art. 107 Abs. 1 AEUV)
(vgl. Rn. 76)
9. Staatliche Beihilfen – Entscheidung der Kommission – Beurteilung der Rechtmäßigkeit anhand der bei Erlass des Beschlusses verfügbaren Informationen
(Art. 108 Abs. 2 AEUV)
(vgl. Rn. 85)
10. Nichtigkeitsklage – Anfechtbare Handlungen – Beschluss eines Organs, mit dem der Zugang zu Dokumenten verweigert wird – Im Laufe des Verfahrens übermittelte Dokumente – Gegenstandslosigkeit der Klage – Erledigung
(Art. 263 AEUV; Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates)
(vgl. Rn. 109)
11. Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten – Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten – Umfang – Anwendung auf Akten der Verwaltung, die Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen betreffen – Allgemeine Vermutung, dass die Ausnahme vom Zugangsrecht für sämtliche Dokumente der Verwaltungsakte gilt – Grenzen
(Art. 108 Abs. 2 AEUV; Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3)
(vgl. Rn. 122, 123)
12. Gerichtliches Verfahren – Klageschrift – Formerfordernisse – Kurze Darstellung der Klagegründe – In der Klageschrift nicht dargestelltes rechtliches Vorbringen – Pauschale Verweisung auf andere Schriftstücke – Unzulässigkeit
(Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 76)
(vgl. Rn. 127)
Gegenstand
| Klage nach Art. 263 AEUV auf teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2016/152 der Kommission vom 1. Oktober 2014 über die staatliche Beihilfe SA.27339 (12/C) (ex 11/NN) der Bundesrepublik Deutschland zugunsten des Flughafens Zweibrücken und der den Flughafen nutzenden Luftverkehrsgesellschaften (ABl. 2016, L 34, S. 68) sowie auf Nichtigerklärung des Beschlusses GESTDEM 2015/1288 der Kommission vom 11. Mai 2015, mit dem der teilweise Zugang zur Verwaltungsakte im Verfahren Staatliche Beihilfe SA.27339 verweigert wurde |
Tenor
1. | | Art. 1 Abs. 2, soweit er den ersten Vertrag zwischen der Flughafen Zweibrücken GmbH und der Germanwings GmbH betrifft, und Art. 3 Abs. 4 Buchst. e des Beschlusses (EU) 2016/152 der Kommission vom 1. Oktober 2014 über die staatliche Beihilfe SA.27339 (12/C) (ex 11/NN) der Bundesrepublik Deutschland zugunsten des Flughafens Zweibrücken und der den Flughafen nutzenden Luftverkehrsgesellschaften (ABl. 2016, L 34, S. 68) werden für nichtig erklärt. |
2. | | Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. |
3. | | Die Europäische Kommission trägt außer ihren eigenen Kosten drei Viertel der Kosten, die Germanwings entstanden sind. |
4. | | Germanwings trägt ein Viertel ihrer Kosten. |