Language of document : ECLI:EU:C:2009:52

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

DÁMASO RUIZ-JARABO COLOMER

vom 5. Februar 20091(1)

Rechtssache C‑478/07

Budĕjovický Budvar National Corporation

gegen

Rudolf Ammersin GmbH

(Vorabentscheidungsersuchen des Handelsgerichts Wien)

„Geografische Angaben und Ursprungsbezeichnungen – Auslegung des Urteils des Gerichtshofs vom 18. November 2003, Budějovický Budvar (C‑216/01) –Abschließender Charakter der Verordnung (EG) Nr. 510/2006“





I –    Einleitung

1.        In den letzten hundert Jahren standen sich die nordamerikanische Brauerei Anheuser-Busch Inc. und die tschechische Budějovický Budvar in einer Unzahl von Gerichtsverfahren über das Recht auf ausschließliche Benutzung der Bezeichnungen Budweiser und Bud gegenüber.

2.        Nunmehr geht es um ein in Österreich vor dem Handelsgericht Wien anhängiges Ausgangsverfahren, einem Gericht, das im Jahr 2001 dem Gerichtshof im Rahmen derselben Auseinandersetzung eine Vorabentscheidungsfrage vorgelegt hatte, die im Urteil vom 18. November 2003 (im Folgenden: Bud I)(2) beantwortet worden ist.

3.        Nach einem langen Weg durch höhere gerichtliche Instanzen ist die Rechtssache – immer noch nicht entschieden – zu dem Wiener Gericht zurückgekehrt, das entschieden hat, vor Erlass eines Urteils neue Vorabentscheidungsfragen zu stellen.

4.        Die erste Frage, deren Wortlaut eine gewisse Komplexität aufweist, betrifft die Auslegung verschiedener Passagen des Urteils Bud I, insbesondere zu den Voraussetzungen, die eine einfache Ursprungsbezeichnung erfüllen muss, um mit Art. 28 EG vereinbar zu sein.

5.        Die zweite und die dritte Frage reihen sich in die polemische Diskussion über den abschließenden Charakter der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel(3) ein. Das Handelsgericht Wien, das überraschenderweise von einer qualifizierten geografischen Angabe ausgeht, interessiert sich im Licht zweier unterschiedlicher Voraussetzungen für die Wirksamkeit eines nationalen Schutzes solcher Bezeichnungen bzw. eines bilateralen Schutzes, der sich durch Vertrag in einen anderen Mitgliedstaat erstreckt: einerseits die Voraussetzung, dass der Eintrag der Bezeichnung auf Gemeinschaftsebene nicht beantragt wurde, und andererseits die Voraussetzung, dass diese qualifizierte nationale Angabe anders als andere für dieses Getränk verwendete nicht in den Vertrag über den Beitritt eines Mitgliedstaats aufgenommen wurde.

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Internationales Recht

6.        Art. 1 Abs. 2 des Lissabonner Abkommens über den Schutz der Ursprungsbezeichnungen und ihre internationale Registrierung(4) bestimmt, dass die Länder, auf die dieses Abkommen Anwendung findet(5), sich verpflichten, in ihrem Gebiet diejenigen Ursprungsbezeichnungen der Erzeugnisse der anderen Länder des „besonderen Verbands“ zu schützen, die im Ursprungsland als solche anerkannt und geschützt und beim im Übereinkommen zur Errichtung der Weltorganisation für geistiges Eigentum (im Folgenden: WIPO) benannten Internationalen Büro für geistiges Eigentum registriert sind.

7.        Art. 2 Abs. 1 des Lissabonner Abkommens definiert „Ursprungsbezeichnung“ als „die geografische Benennung eines Landes, einer Gegend oder eines Ortes …, die zur Kennzeichnung eines Erzeugnisses dient, das dort seinen Ursprung hat und das seine Güte oder Eigenschaften ausschließlich oder überwiegend den geografischen Verhältnissen einschließlich der natürlichen und menschlichen Einflüsse verdankt“. Die Ursprungsbezeichnung „Bud“ wurde am 10. März 1975 unter Nr. 598 für Bier gemäß dem Lissabonner Abkommen bei der WIPO eingetragen.

B –    Der bilaterale Vertrag

8.        Am 11. Juni 1976 schlossen die Republik Österreich und die Tschechoslowakische Sozialistische Republik einen Vertrag über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und sonstigen auf die Herkunft hinweisenden Bezeichnungen landwirtschaftlicher und gewerblicher Erzeugnisse (im Folgenden: bilateraler Vertrag)(6).

9.        Sein Art. 2 bestimmt, dass unter Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und sonstigen auf die Herkunft hinweisenden Bezeichnungen im Sinne des bilateralen Vertrags alle Hinweise verstanden werden, die sich unmittelbar oder mittelbar auf die Herkunft eines Erzeugnisses beziehen.

10.      Nach Art. 3 Abs. 1 sind „die im Übereinkommen nach Artikel 6 aufgeführten tschechoslowakischen Bezeichnungen … in der Republik Österreich ausschließlich tschechoslowakischen Erzeugnissen vorbehalten“. Nach Art. 5 Abs. 1 Abschnitt B Ziff. 2 gehören zu den fraglichen Gruppen tschechischer Erzeugnisse, die den Schutz des bilateralen Vertrags genießen, auch Biere; und die Anlage B des Übereinkommens, auf das Art. 6 des bilateralen Vertrags Bezug nimmt, schließt Bud unter den tschechoslowakischen Bezeichnungen für landwirtschaftliche und gewerbliche Erzeugnisse (unter der Rubrik „Bier“) ein.

11.      Mit dem Verfassungsgesetz Nr. 4/1993 vom 15. Dezember 1992 bestätigte die Tschechische Republik, dass sie in die völkerrechtlichen Rechte und Pflichten eintrete, die die Tschechische und Slowakische Föderative Republik bei ihrer Auflösung gehabt habe.

C –    Die Gemeinschaftsregelung

1.      Die Verordnung (EG) Nr. 510/2006

12.      Diese neue Verordnung über geografische Angaben und Ursprungsbezeichnungen enthält im Wesentlichen die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92(7), die sie aufhebt und ersetzt.

13.      Im sechsten Erwägungsgrund heißt es, dass „für die Ursprungsbezeichnungen und die geografischen Angaben … ein gemeinschaftliches Vorgehen vorgesehen werden [sollte]“, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Hersteller derart gekennzeichneter Erzeugnisse sicherzustellen und die Glaubwürdigkeit solcher Produkte beim Verbraucher zu erhöhen.

14.      Art. 2 definiert „Ursprungsbezeichnung“ und „geografische Angabe“ im Sinne der Verordnung. Nach Abs. 1 bedeutet

„a)      ‚Ursprungsbezeichnung‘ den Namen einer Gegend, eines bestimmten Ortes oder in Ausnahmefällen eines Landes, der zur Bezeichnung eines Agrarerzeugnisses oder eines Lebensmittels dient,

–      das aus dieser Gegend, diesem bestimmten Ort oder diesem Land stammt,

–      das seine Güte oder Eigenschaften überwiegend oder ausschließlich den geografischen Verhältnissen einschließlich der natürlichen und menschlichen Einflüsse verdankt und

–      das in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erzeugt, verarbeitet und hergestellt wurde;

b)      ‚geografische Angabe‘ den Namen einer Gegend, eines bestimmten Ortes oder in Ausnahmefällen eines Landes, der zur Bezeichnung eines Agrarerzeugnisses oder eines Lebensmittels dient

–      das aus dieser Gegend, diesem bestimmten Ort oder diesem Land stammt und,

–      bei dem sich eine bestimmte Qualität, das Ansehen oder eine andere Eigenschaft aus diesem geografischen Ursprung ergibt und

–      das in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erzeugt und/oder verarbeitet und/oder hergestellt wurde“.

15.      Damit sie als Ursprungsbezeichnung oder geografische Angabe benutzt werden kann, muss eine Bezeichnung nicht zwingend ein Ortsname sein, denn gemäß Art. 2 Abs. 2 der Verordnung fallen unter diese Kategorie auch „traditionelle“ geografische oder nichtgeografische Namen, wenn sie ein Agrarerzeugnis oder ein Lebensmittel bezeichnen, das die Anforderungen nach Abs. 1 erfüllt.

16.      Die Art. 5 bis 7 der Verordnung Nr. 510/2006 regeln das sogenannte „normale Verfahren“ für die Eintragung von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben, das aus zwei aufeinander folgenden Abschnitten besteht: Der erste wird bei der nationalen Regierung, der zweite bei der Kommission durchgeführt.

17.      Nach Art. 5 wird der Eintragungsantrag an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtet, der der Kommission die Unterlagen übermittelt, wenn die Anforderungen der Verordnung Nr. 510/2006 erfüllt sind.

18.      Art. 5 Abs. 6 der Verordnung Nr. 510/2006 räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, der Bezeichnung einen übergangsweisen Schutz auf nationaler Ebene im Sinne der Verordnung zu gewähren. Der übergangsweise gewährte Schutz beginnt mit der Einreichung des Antrags bei der Kommission und endet mit dem Zeitpunkt, zu dem über die Eintragung auf Gemeinschaftsebene entschieden wird. Sollte die Bezeichnung nicht eingetragen werden, „so trägt allein der betreffende Mitgliedstaat die Verantwortung“ für die Folgen des nationalen Schutzes.

2.      Die Verordnung (EG) Nr. 918/2004

19.      Im Jahr 2004 machte der Beitritt von zehn neuen Staaten zur Europäischen Union den Erlass bestimmter Übergangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Ursprungsbezeichnungen und der geografischen Angaben erforderlich.

20.      Diesem Zweck dient die Verordnung (EG) Nr. 918/2004(8), deren Art. 1 es der Tschechischen Republik, Estland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien und der Slowakei gestattet, den am 30. April 2004 geltenden nationalen Schutz von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92

–        allgemein bis zum 31. Oktober 2004

–        bzw., wenn bei der Kommission eine Eintragung beantragt wird, bis zum Erlass einer Entscheidung

beizubehalten.

21.      Art. 1 Abs. 3 bestimmt zudem, dass „für den Fall, dass die Bezeichnung nicht auf Gemeinschaftsebene eingetragen wird, … allein der betreffende Mitgliedstaat die Verantwortung für die Folgen eines solchen Schutzes [trägt]“.

3.      Die Beitrittsakte(9)

22.      Im Anhang II der Beitrittsakte wurde der Schutz auf Gemeinschaftsebene im Wege der Eintragung als geschützte geografische Angaben auf drei Bezeichnungen für Bier aus der tschechischen Stadt České Budějovice erstreckt:

–        Budějovické pivo;

–        Českobudějovické pivo;

–        Budějovický měšt’anský var.

III – Das Ausgangsverfahren, seine Vorgeschichte und das Vorabentscheidungsersuchen

A –    Kurze Geschichte eines langen Streits

23.      Der Kampf um die ausschließliche Verwendung der Bezeichnungen Budweiser und Bud hat über mehr als ein Jahrhundert zu ernsten Auseinandersetzungen zwischen dem tschechischen Unternehmen Budejovický Budvar (Budweiser Budvar, im Folgenden „Budvar“) und dem Unternehmen Anheuser-Busch aus den Vereinigten Staaten geführt.

24.      Die Brauerei Budvar(10) befindet sich in der tschechischen Stadt České Budějovice, die für ihre ausgedehnte Brautradition berühmt ist(11). Seit 1795 brauen und vertreiben die Unternehmen, die später zur jetzigen Budvar wurden, Bier mit den Bezeichnungen „Budweis“(12), „Budweiser Bier“(13), „Budvar“ und „Budbräu“(14). Die Marke „Budweiser“ wurde 1895 eingetragen.

25.      Wie praktisch alle Bierbrauer in Saint Louis (Missouri) war die Familie Anheuser-Busch deutschen Ursprungs(15). Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass sie im Bewusstsein des Rufs des Biers aus Budweis im Jahr 1876 beschloss, ein Leichtbier mit dem Namen „Budweiser“, dem später ein anderes mit der abgekürzten Bezeichnung „Bud“ folgte, auf den amerikanischen Markt zu bringen. Nicht nur der Name des tschechischen Getränks wurde übernommen, sondern auch das Rezept war von den in Böhmen angewandten Herstellungsmethoden inspiriert(16), und der in Budweis gebrauchte Beiname „the beer of kings“ (das Bier der Könige) wurde paraphrasiert, indem in die Etiketten des amerikanischen Biers die Wendung „the king of beers“ (der König der Biere) aufgenommen wurde. Im Februar 1906 lehnte das amerikanische Patentamt den Antrag von Anheuser-Busch auf Eintragung der Marke „Budweiser“ ab, da sie geografischen Charakter habe. Ein Jahr später jedoch erfolgte die Eintragung in den Vereinigten Staaten für einen Zeitraum von zehn Jahren.

26.      Die Ausweitung des Handels auf beiden Seiten des Atlantiks führte zu einem Konflikt, dessen erste juristische Episoden auf das Jahr 1880 zurückgehen. Seither wurden Prozesse um die Benutzung der Bezeichnungen Budweiser und Bud in zahlreichen Ländern(17) mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen(18) geführt. 

27.      Die Gemeinschaftsrechtsprechung ist von dieser globalen Prozessstrategie nicht verschont geblieben. Die Vertreter beider Unternehmen (bzw. die Auslieferer ihrer Erzeugnisse) haben die europäischen Instanzen häufig angerufen und Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht gerügt.

28.      Anheuser-Busch hat wiederholt die Eintragung von Budweiser und Bud als Gemeinschaftsmarken beantragt (als Wort‑ und Bildmarke und für verschiedene Klassen). Der Widerspruch Budvars, die sich auf vorrangige Rechte berief, führte zu einer Reihe von Entscheidungen der Zweiten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (HABM) und entsprechenden Anfechtungsklagen beim Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften.

29.      So wurde z. B. in der Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 3. Dezember 2003(19) dem Widerspruch Budvars gegen die Eintragung Budweiser als Gemeinschaftsmarke in Klasse 32 (Biere …) stattgegeben. Diese Entscheidung wurde beim Gericht erster Instanz angefochten, doch wurde festgestellt, dass die Klage durch die Zurücknahme der Anmeldung durch Anheuser-Busch gegenstandslos geworden sei(20).

30.      Hingegen ließ die Zweite Beschwerdekammer des HABM in ihren Entscheidungen vom 14. und 28 Juni sowie vom 1. September 2006(21) trotz des Widerspruchs von Budvar, die sich auf die bilateralen Verträge zwischen Österreich und der Tschechoslowakei sowie der streitbefangenen Anmeldung als Ursprungsbezeichnung auf der Grundlage der Lissabonner Abkommen mit Wirkung für Österreich, Frankreich und Portugal bei der WIPO berufen hatte(22), die Eintragung von Bud als Gemeinschaftsmarke zu. Die Beschwerdekammer war der Auffassung, dass es schwierig sei, Bud als Ursprungsbezeichnung oder als mittelbare geografische Angabe einzustufen, und kam zu dem Ergebnis, dass die von Budvar beigebrachten Beweismittel im Hinblick auf die Verwendung der Bezeichnung Bud insbesondere in Österreich, Frankreich und Portugal unzureichend seien. Ebenso stellte sie fest, dass die bloße Verwendung des Zeichens Bud nicht gleichzeitig die Benutzung einer Marke und einer Herkunftsbezeichnung darstellen könne, da sie jeweils unterschiedliche und nicht miteinander vereinbare Funktionen hätten. Mit Urteil vom 16. Dezember 2008(23) hob das Gericht erster Instanz diese Entscheidungen des HABM auf.

31.      Auch der Gerichtshof hat bereits zwei Urteile im Rahmen des allgemeinen Streits zwischen der tschechischen Gesellschaft Budvar und dem amerikanischen Unternehmen Anheuser-Busch erlassen, zum einen das Urteil vom 16. November 2004, Anheuser-Busch(24), zum anderen das bereits zitierte Urteil Bud I aus dem Jahr 2003.

32.      In dem ersten Urteil, das den finnische Zweig dieser langen Saga betrifft, hat der Gerichtshof zu der Regelung Stellung genommen, die auf die Benutzung einer eingetragenen Marke und eines Handelsnamens anzuwenden ist, die potenziell unvereinbar sind, insbesondere im Licht des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS‑Übereinkommen)(25). Aus dieser Entscheidung ergeben sich keine Konsequenzen für die hier vorgelegten Fragen.

33.      Dagegen steht das Urteil Bud I in einem viel unmittelbareren Zusammenhang mit der vorliegenden Rechtssache, denn es stellt die Eröffnung des österreichischen Kapitels dar, das sich mehr auf die geografischen Angaben als auf das Markenrecht konzentriert.

B –    Das Ausgangsverfahren

1.      Tatsächliche Grundlage der ersten Vorlagefrage

34.      Der Sachverhalt, der diese juristische Front in Österreich eröffnete, geht auf das Jahr 1999 zurück, als Budvar beim Handelsgericht Wien beantragte, die Rudolf Ammersin GmbH (ein Unternehmen, das in Österreich Bier der Marke American Bud vertreibt) zu verurteilen, es im Gebiet Österreichs zu unterlassen, die Bezeichnung Bud oder verwechselbar ähnliche Bezeichnungen zu verwenden, sofern es sich nicht um Erzeugnisse von Budvar handelt. Sie berief sich im Wesentlichen auf den bilateralen Vertrag zwischen Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik, nach der die Bezeichnung Bud (die in Anlage B des Abkommens aufgeführt ist) in Österreich nur für Waren tschechischen Ursprungs benutzt werden darf.

35.      Parallel dazu hatte Budvar beim Landesgericht Salzburg eine gleichlautende Klage eingereicht, die gegen die Josef Sigl KG gerichtet war, die österreichische Alleinimporteurin des Biers American Bud. In dem zweiten Prozess, konkret im Verfahren über die Revision in einem Verfahren über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, erließ der Oberste Gerichtshof am 1. Februar 2000 einen Beschluss, mit dem er die in den Vorinstanzen ergangene vorläufige Maßnahme bestätigte und darüber hinaus feststellte, dass der Schutz der Bezeichnung Bud durch den bilateralen Vertrag mit Art. 28 EG vereinbar sei, da sie vom Begriff des gewerblichen und kommerziellen Eigentums des Art. 30 EG umfasst sei. Er vertrat die Ansicht, die Bezeichnung Bud sei eine „einfache“ (da keine Verbindung zwischen den Eigenschaften des Erzeugnisses und seiner Herkunft bestehe) und „mittelbare“ (da es sich nicht um einen geografischen Namen als solchen handele, sondern um eine Bezeichnung, die geeignet sei, dem Verbraucher Hinweise auf den Herkunftsort der Ware zu geben) geografische Angabe, die einen „absoluten“, also von jeglicher Irreführungseignung oder Irreführung unabhängigen Schutz genieße.

2.      Das Urteil Bud I

36.      Vor diesem Hintergrund setzte das Handelsgericht Wien am 26. Februar 2001 das Verfahren gegen Ammersin aus und legte dem Gerichtshof vier Vorabentscheidungsfragen vor, die dieser mit dem Urteil Bud I vom 18. November 2003 beantwortete.

37.      In der dritten und vierten Frage ging es um die Geltung des bilateralen Abkommens zwischen der Tschechischen Republik (es sei daran erinnert, dass das Abkommen von der früheren Tschechoslowakei abgeschlossen worden war) und die Folgen des Art. 307 EG.

38.      Von größerer Relevanz für den vorliegenden Fall sind die ersten beiden dem Gerichtshof im Jahr 2001 vorgelegten Fragen, die dieser folgendermaßen beantwortet hat:

„1. Artikel 28 EG und die Verordnung Nr. 2081/92 … stehen der Anwendung einer Bestimmung eines zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittland geschlossenen bilateralen Vertrags nicht entgegen, nach der einer einfachen und mittelbaren geografischen Herkunftsangabe dieses Drittlands in dem einführenden Mitgliedstaat ein von jeglicher Irreführungsgefahr unabhängiger Schutz gewährt wird und die Einfuhr einer Ware, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in den Verkehr gebracht worden ist, unterbunden werden kann.

2. Artikel 28 EG steht der Anwendung einer Bestimmung eines zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittland geschlossenen bilateralen Vertrags entgegen, nach der einer Bezeichnung, die sich in dem Drittland weder unmittelbar noch mittelbar auf die geografische Herkunft des damit bezeichneten Erzeugnisses bezieht, in dem einführenden Mitgliedstaat ein von jeglicher Irreführungsgefahr unabhängiger Schutz gewährt wird und die Einfuhr einer Ware, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in den Verkehr gebracht worden ist, unterbunden werden kann.“

39.      Den Randnrn. 101 und 107 des Urteils zufolge hat das ersuchende Gericht festzustellen, ob die Bezeichnung Bud „nach den tatsächlichen Gegebenheiten und dem begrifflichen Verständnis, die in der Tschechischen Republik bestehen“, das Produkt bezeichnet oder sich auf seine Herkunft bezieht.

3.      Der nach dem Urteil Bud I eingetretene Sachverhalt

40.      Nach der Antwort des Gerichtshofs wies das Handelsgericht Wien das Begehren der Klägerin zurück. Es war der Ansicht, dass die tschechische Bevölkerung die Bezeichnung Bud weder mit einem bestimmten Gebiet oder einem bestimmten Ort in Verbindung bringe, auch nicht mit der Stadt České Budějovice, noch Waren oder Dienstleistungen bezeichne, die aus einem bestimmten Ort stammten, so dass sie nicht als geografische Angabe eingestuft werden könne. Dem Urteil des Gerichtshofs folgend stellte das Wiener Gericht fest, dass der Schutz dieser Bezeichnung mit Art. 28 EG unvereinbar sei.

41.      Obwohl das erstinstanzliche Urteil im Berufungsverfahren bestätigt wurde, ist der Rechtsstreit weit von seinem Abschluss entfernt.

42.      Mit Beschluss vom 29. November 2005 hob der Oberste Gerichtshof die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Handelsgericht Wien zurück. Unter Anwendung der Kriterien aus den Randnrn. 54 und 101 des Urteils Bud I gelangte der Oberste Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass die Bezeichnung Bud zwar kein geografischer Name, aber doch geeignet sei, den Verbraucher darauf hinzuweisen, dass das damit bezeichnete Produkt aus einem bestimmten Ort, einem bestimmten Gebiet oder einem bestimmten Land stamme, so dass fraglich bleibe, ob die Verbraucher Bud in Verbindung mit Bier als Herkunftsbezeichnung verstünden. Er kam daher zu dem Schluss, dass noch nicht festgestellt worden sei, ob es sich bei der in Rede stehenden Bezeichnung um eine einfache oder mittelbare geografische Angabe handele.

43.      Nachdem es wieder für die Rechtssache zuständig geworden war, wies das Erstgericht das Klagebegehren von Budvar mit Urteil vom 23. März 2006 erneut ab. Auf der Grundlage einer von Ammersin vorgelegten demoskopischen Verkehrsbefragung stellte es fest, dass die tschechische Bevölkerung die Bezeichnung Bud weder mit einem bestimmten Ort, einer bestimmten Region oder einem bestimmten Land in Verbindung bringe noch annehme, dass das Bier Bud einen konkreten Ursprung habe (insbesondere České Budějovice).

44.      Die Klägerin legte erneut Berufung beim Oberlandesgericht Wien ein, das diesmal das angefochtene Urteil aufhob und die Rechtssache an das erstinstanzliche Handelsgericht zurückverwies, dem es nahe legte, dem Vorschlag Budvars folgend eine Befragung der relevanten Bevölkerungsgruppen vorzunehmen, um festzustellen, ob die tschechischen Verbraucher die Bezeichnung Bud mit Bier in Verbindung bringen, ob sie bei einer (von ihnen selbst hergestellten oder von einem Sachverständigen vorgegebenen) Verbindung diese Bezeichnung als Hinweis darauf verstehen, dass das Erzeugnis aus einem bestimmten Ort, einem bestimmten Gebiet oder einem bestimmten Land stammt, und bei Bejahung, mit welchem Ort, Gebiet oder Land sie diese Verbindung herstellten.

45.      Nachdem es zum dritten Mal mit der Rechtssache befasst war, musste das Handelsgericht Wien dem Gerichtshof eine weitere Vorlagefrage stellen, um bestimmte Aspekte des Urteils Bud I zu klären, dessen Auslegung bei den österreichischen Gerichten Zweifel hervorgerufen hat angesichts der erheblichen Änderung der Sach- und Rechtslage seit dem Urteil aus dem Jahr 2003 und insbesondere dem Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union, der Unterschutzstellung einer Reihe von Bezeichnungen für Bier aus České Budějovice als geografische Angaben im Beitrittsvertrag und der bereits zitierten, inzwischen vom Gericht erster Instanz aufgehobenen Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 4. Juni 2006, in deren Begründung es heißt, dass die Bezeichnung Bud nicht gleichzeitig Marke und geografische Angabe sein könne.

C –    Die Vorlagefragen

46.      Das Handelsgericht Wien hat dem Gerichtshof gemäß Art. 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Der Europäische Gerichtshof hat im Urteil vom 18. November 2003 (C‑216/01) für die Vereinbarkeit des Schutzes einer Bezeichnung als geografische Angabe, die im Ursprungsland weder der Name eines Ortes noch eines Gebiets ist, mit Art. 28 EG die Anforderungen aufgestellt, wonach eine solche Bezeichnung

–      nach den tatsächlichen Gegebenheiten und

–      dem begrifflichen Verständnis, die im Ursprungsland bestehen, ein Gebiet oder einen Ort in diesem Staat bezeichnen

–      und ihr Schutz nach den Kriterien des Art. 30 gerechtfertigt sein muss.

–      Bedeuten diese Anforderungen,

1.1      dass die Bezeichnung als solche eine konkrete geografische Hinweisfunktion auf einen bestimmten Ort oder ein bestimmtes Gebiet erfüllt, oder genügt es, dass die Bezeichnung in Verbindung mit dem damit bezeichneten Produkt geeignet ist, Verbraucher darauf hinzuweisen, dass das damit bezeichnete Produkt aus einem bestimmten Ort oder bestimmten Gebiet im Ursprungsland stammt;

1.2      dass es sich bei den drei Voraussetzungen um gesondert zu prüfende und kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen handelt;

1.3      dass für die Ermittlung des begrifflichen Verständnisses im Ursprungsland eine Verbraucherbefragung durchzuführen ist und – wenn ja – dass für den Schutz ein niedriger, mittlerer oder hoher Bekanntheits‑ und Zuordnungsgrad erforderlich ist;

1.4      dass die Bezeichnung von mehreren, und nicht nur von einem, Unternehmen im Ursprungsland als geografische Angabe tatsächlich benutzt worden ist und die Benutzung als Marke durch ein einziges Unternehmen dem Schutz entgegensteht?

2.      Führt der Umstand, dass eine Bezeichnung weder innerhalb der in der Verordnung (EG) Nr. 918/2004 vorgesehenen Sechsmonatsfrist noch sonst im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 notifiziert bzw. angemeldet wurde, dazu, dass ein bestehender nationaler Schutz bzw. jedenfalls ein bilateral in einen anderen Mitgliedstaat erstreckter Schutz unwirksam wird, wenn es sich bei der Bezeichnung nach dem nationalen Recht des Ursprungsstaats um eine qualifizierte geografische Angabe handelt?

3.      Hat der Umstand, dass im Rahmen des Beitrittsvertrags zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und einem neuen Mitgliedstaat von diesem Mitgliedstaat der Schutz mehrerer qualifizierter geografischer Angaben für ein Lebensmittel gemäß Verordnung Nr. 510/2006 in Anspruch genommen wurde, zur Folge, dass ein nationaler bzw. jedenfalls ein bilateral in einen anderen Mitgliedstaat erstreckter Schutz einer weiteren Bezeichnung für dasselbe Produkt nicht mehr aufrechterhalten werden darf und der Verordnung Nr. 510/2006 insofern abschließende Wirkung zukommt?

IV – Das Verfahren vor dem Gerichtshof

47.      Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 25. Oktober 2007 in der Kanzlei des Gerichtshofs eingetragen worden.

48.      Die Klägerin und die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die Regierungen Griechenlands und der Tschechischen Republik sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

49.      In der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 2008 haben die Vertreter der Budejovicky Budvar National Corporation, der Rudolf Ammersin GmbH, der Tschechischen Republik, der Hellenischen Republik und der Kommission mündliche Ausführungen gemacht.

V –    Untersuchung der Vorlagefragen

A –    Zwei einleitende Überlegungen

50.      Dieses Vorabentscheidungsersuchen weist zwei Besonderheiten auf, die es wert sind, vorab untersucht zu werden.

1.      Die Auslegung eines früheren Urteils

51.      Die erste Besonderheit besteht darin, dass das Handelsgericht Wien den Gerichtshof bittet, die Bedeutung bestimmter Passagen des Urteils Bud I zu erläutern.

52.      Der Umstand, dass Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens zum Teil keine Gemeinschaftsbestimmung ist, sondern eine Entscheidung des Gerichtshofs, führt meiner Ansicht nach nicht zu Zulässigkeitsproblemen. Die Rechtsprechung hat in der Vergangenheit derartige Vorabentscheidungsersuchen nationaler Gerichte beantwortet, z. B. in den Urteilen vom 16. März 1978, Robert Bosch(26), und vom 16. Dezember 1992, „Stoke-on-Trent” (27). 

53.      Dieses Vorabentscheidungsersuchen um Auslegung eines früheren Urteils geht also auf die unterschiedlichen Auffassungen zurück, die zwei in einem hierarchischen Verhältnis zueinander stehende österreichische Gerichte zu diesem Punkt haben. Angesichts des Nachdrucks, den der Oberste Gerichtshof und das Oberlandesgericht auf die Art und Weise legten, in der die Beweise zu einem Aspekt des Prozesses (der Wahrnehmung der Bezeichnung Bud in der Tschechischen Republik) zu erheben und zu würdigen sind, hat das Handelsgericht Wien dem Gerichtshof die Rechtssache vorgelegt, vielleicht in der Hoffnung, dass dieser ihm Recht gibt oder zumindest dem latenten Zwist zwischen den nationalen Gerichten ein Ende setzt.

54.      Der Gerichtshof sollte diese Herausforderung nicht annehmen. In seinem Urteil Bud I hat er diese Würdigung dem nationalen Gericht zugewiesen, und es gibt keinen Grund dafür, den Standpunkt nunmehr zu ändern bzw. andersartige Kriterien oder zusätzliche Klarstellungen zu den in der Vergangenheit vorgenommenen hinzuzufügen.

2.      Unterschiedliche Ausgangshypothesen

55.      Die zweite Besonderheit der vorliegenden Rechtssache besteht darin, dass das ersuchende Gericht in den drei Vorlagefragen von unterschiedlichen Hypothesen ausgeht. In der ersten Frage fragt das Wiener Gericht nach den Kriterien für die Einstufung von Bud als „einfache und mittelbare“ Herkunftsangabe, die mit Art. 28 vereinbar ist, während die zweite und die dritte Frage auf der Annahme beruhen, dass die Bezeichnung eine „qualifizierte“ geografische Angabe nach dem innerstaatlichen Recht des Herkunftsstaats darstellt.

56.      Die Unterscheidung zwischen einfachen und qualifizierten geografischen Angaben ist in Lehre(28) und Rechtsprechung(29) allgemein anerkannt. 

57.      Einfache Herkunftsbezeichnungen setzen nicht voraus, dass die Erzeugnisse eine besondere Eigenschaft aufweisen oder einen gewissen Ruf haben, die sich von dem Ort ableiten, aus dem sie stammen, doch müssen sie ausreichen, um diesen Ort zu identifizieren. Als qualifiziert gelten hingegen diejenigen, die geeignet sind, ein Produkt zu bezeichnen, das eine gewisse Eigenschaft, einen Ruf oder eine andere Besonderheit aufweist, die mit seiner Herkunft in Verbindung stehen; neben dem territorialen Bezug haben sie eine weitere Eigenschaft, die von geringerer Intensität ist als bei den Ursprungsbezeichnungen, die den Waren vorbehalten sind, deren Besonderheiten natürlichen oder menschlichen Faktoren ihres Herkunftsorts geschuldet sind. Die Gemeinschaftsvorschriften schützen einzig und allein die Ursprungsbezeichnungen und die qualifizierten Herkunftsbezeichnungen.

58.      Im Urteil Bud I wurde Bud als einfache geografische Angabe eingestuft(30), die in der Verordnung Nr. 2081/92 nicht geregelt war, und die Voraussetzungen festgelegt, unter denen ihr Schutz auf nationaler Ebene mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist bzw. die für seine Erstreckung auf einen Drittstaat erforderlich sind. Bei der Vorlage der neuen Fragen hält das ersuchende Gericht die anfängliche Einstufung der Bezeichnung als einfache geografische Angabe aufrecht. Es überrascht daher, dass es unmittelbar im Anschluss zwei Fragen formuliert, die von einer möglichen Qualifizierung von Bud als qualifizierte geografische Angabe ausgehen, die vom Anwendungsbereich der Gemeinschaftsverordnung umfasst ist.

59.      Das klagende Unternehmen sieht in dieser Inkohärenz einen Grund für die Unzulässigkeit der ersten Vorlagefrage.

60.      Nach ständiger Rechtsprechung hat nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist, die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils wie auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof gemäß Art. 234 EG vorzulegenden Fragen zu beurteilen(31). Der Gerichtshof hat jedoch auch entschieden, dass es ihm in Ausnahmefällen obliegt, zur Prüfung seiner eigenen Zuständigkeit die Umstände zu untersuchen, unter denen er von dem nationalen Gericht angerufen wird (32). Dies ist der Fall, wenn das dem Gerichtshof vorgelegte Problem rein hypothetischer Natur ist(33). Der Geist der Zusammenarbeit, in dem das Vorlageverfahren durchzuführen ist, impliziert nämlich, dass das nationale Gericht seinerseits auf die dem Gerichtshof übertragene Aufgabe Rücksicht nimmt, die darin besteht, zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten beizutragen, nicht aber darin, Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben(34). 

61.      Das Handelsgericht Wien räumt in seinem Beschluss den hypothetischen Charakter der ersten Frage indirekt selbst ein, wenn es darauf hinweist, dass im Jahr 2000 (in dem das Vorabentscheidungsersuchen erging, das zu dem Urteil Bud I führte) „unterstellt [wurde], dass es sich bei der Bezeichnung ‚Bud‘ um eine einfache und mittelbare geografische Angabe“ handele, sich seitdem aber alles geändert habe, da im Urteil Bud I „für die Frage der Vereinbarkeit des Schutzes einer mittelbaren geografischen Angabe mit Art. 28 EG auf die Situation im Ursprungsland, also der Tschechischen Republik, verwiesen“ worden sei, und „‚Bud‘ in Tschechien als Ursprungsangabe geschützt“ sei.

62.      Trotz dieser kategorischen Feststellungen herrscht über den in der Tschechischen Republik der Bezeichnung „Bud“ zugemessenen Sinn eine noch immer offene Diskussion, um die sich in Wirklichkeit das gesamte Ausgangsverfahren dreht. Die Antwort auf die erste Vorlagefrage könnte bei der Feststellung, ob die Voraussetzung der territorialen Bezeichnung erfüllt ist, die für die Einstufung der Bezeichnung als geografische Angabe unverzichtbar ist, hilfreich sein. Ist darüber hinaus ein qualitativer Zusammenhang oder irgendein anderer Grund gegeben, sie als Ursprungsbezeichnung in der Tschechischen Republik anzusehen, wäre die Beantwortung der zweiten und der dritten Frage durch den Gerichtshof äußerst hilfreich.

63.      Folglich sind die drei hier gestellten Vorlagefragen, auch wenn vor einem anderen Hintergrund die Feststellung des der Rechtssache zugrunde liegenden Sachverhalts und die Lösung der allein das nationale Recht betreffenden Probleme zum Zeitpunkt der Vorlage beim Gerichtshof unverzichtbar wären(35), zulässig.

B –    Zur ersten Vorlagefrage

64.      Mit der ersten Vorlagefrage unterbreitet das Handelsgericht Wien dem Gerichtshof verschiedene Zweifel hinsichtlich der Teile des Urteils Bud I, in denen die Anforderungen „für die Vereinbarkeit des Schutzes einer Bezeichnung als geografische Angabe, die im Ursprungsland weder der Name eines Ortes noch eines Gebiets ist, mit Art. 28 EG … aufgestellt“ wurden.

65.      Es handelt sich insbesondere um die Randnrn. 101 und 107 des Urteils, in denen das ersuchende Gericht aufgefordert wird, festzustellen, ob „nach den tatsächlichen Gegebenheiten und dem begrifflichen Verständnis, die in der Tschechischen Republik bestehen“, die Bezeichnung Bud ein Gebiet oder einen Ort in diesem Staat bezeichnet. Ist dies der Fall und ist „ihr Schutz nach den Kriterien des Artikels 30 EG gerechtfertigt“, so ist ihre Erstreckung auf das Gebiet eines Mitgliedstaats mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar; andernfalls würde Art. 28 EG verletzt.

1.      Zur Art und Weise der Feststellung, ob Bud mit einem bestimmten Ort verbunden ist

66.      Der erste Zweifel des Wiener Gerichts besteht darin, ob die Bezeichnung als solche eine konkrete geografische Hinweisfunktion auf einen bestimmten Ort oder ein bestimmtes Gebiet erfüllen muss oder ob es genügt, dass sie den Verbraucher darauf hinweist, dass das Produkt eine bestimmte Herkunft hat.

67.      In Randnr. 101 des Urteils Bud I empfiehlt der Gerichtshof dem vorlegenden Gericht, festzustellen, ob die Bezeichnung Bud ein Gebiet oder einen Ort „bezeichnet“, was im Rahmen einer ersten Annäherung bedeuten würde, dass sie einem Ortsnamen entspricht. Randnr. 107 jedoch widerlegt diesen Gedanken, indem sie auf eine unmittelbare oder unmittelbare Bezeichnung Bezug nimmt; darüber hinaus stützt sich diese Entscheidung auf die Annahme, das Bud eine „einfache und mittelbare“ geografische Angabe(36) ist.

68.      Geografische Angaben und Ursprungsbezeichnungen bestehen nicht immer aus geografischen Namen: sie heißen „unmittelbare“, wenn dies der Fall ist, und „mittelbare“ im entgegengesetzten Fall, sofern sie jedenfalls den Verbraucher darauf hinweisen, dass das Lebensmittel, auf das sie sich beziehen, aus einem bestimmten Ort, einer bestimmten Region oder einem bestimmten Land stammt. Die Verordnung Nr. 510/2006 lässt die letztgenannte Möglichkeit zu, wenn sie in Art. 2 Abs. 2 „traditionelle Bezeichnungen“ gestattet, auch wenn sie nichtgeografisch sind(37).

69.      Für die Erfüllung der Voraussetzungen des Urteils Bud I reicht es daher aus, dass der Begriff den Herkunftsort des Produkts identifiziert. Im vorliegenden Fall ist festzustellen, ob Bud für den tschechischen Bürger klarstellt, dass Bier mit dieser Bezeichnung aus der Stadt České Budějovice stammt; dies bedeutet nicht, dass der Name nur dann die Rolle einer geografischen Angabe erfüllt, wenn er gemeinsam mit dem jeweiligen Erzeugnis genannt wird.

70.      Einige Einwände der Beklagten greifen durch. In den Nrn. 25 und 26 ihrer schriftlichen Erklärungen vertritt Ammersin die Ansicht, dass ihre Wettbewerberin Budvar de facto das Wort Bud als Marke und nicht als geografische Angabe benutze(38), ein Gesichtspunkt, der die objektive Würdigung der Aufgabe, die die Vokabel Bud erfülle, trüben könne, denn „Biertrinker kennen normalerweise – wie auch Autofahrer – den Ort, das Gebiet oder das Land, in denen das Bier oder das Auto, das sie gekauft haben, hergestellt wird“, was nicht zu einer Verwechslung dieser Marken mit Herkunftsangaben führen dürfe. Es werden einige sehr anschauliche Beispiele angeführt, wie Coca-Cola oder Volkswagen: Die Mehrzahl der Amerikaner wisse, dass Coca-Cola in Atlanta hergestellt werde, und ein Großteil der Deutschen brächten den Volkswagen mit der Stadt Wolfsburg in Verbindung, aber weder die eine noch die andere würden dadurch zu geografischen Angaben.

71.      Unabhängig davon, dass das tschechische Publikum die Herkunft von „Bud-Bier“ erraten kann, ist zu prüfen, ob die Wendung Bud hinreichend klar ist, um an ein Erzeugnis, Bier, und seine Herkunft, die Stadt České Budějovice, denken zu lassen.

72.      So wie die Substantive „Cava“ oder „Grappa“ auf den spanischen bzw. italienischen Ursprung eines Schaumweins bzw. eines Schnapses hinweisen und „Feta“ einen griechischen Käse identifiziert(39), müsste der tschechische Verbraucher, wenn man die Ansicht vertritt, dass Bud eine geografische Angabe darstellt, diesen Begriff mit einem bestimmten Ort und dem Bierbrauen in Verbindung bringen.

2.      Zur Frage, ob es sich um drei voneinander unabhängige Voraussetzungen handelt

73.      Im zweiten Teil der ersten Vorlagefrage fragt das Handelsgericht Wien, ob das Urteil Bud I bei der Feststellung, dass alles von „den tatsächlichen Gegebenheiten und [von] dem begrifflichen Verständnis, die in der Tschechischen Republik bestehen“, abhängt und dass der Schutz der Bezeichnung Bud in diesem Staat nach den Kriterien des Art. 30 EG gerechtfertigt ist, „eine Differenzierung derart bezweckt, dass drei verschiedene Kriterien zu prüfen sind, oder ob damit nur ausgedrückt werden soll, dass die tschechischen Verbraucher mit der Bezeichnung ‚Bud‘ (in oder ohne Verbindung mit dem damit bezeichneten Produkt, je nach Beantwortung der ersten Frage) einen Ort, ein Gebiet oder ein bestimmtes Land assoziieren“.

74.      Letztere Auslegung ist zutreffender. Der Wortlaut des Urteils Bud I scheint von Randnr. 12 des Urteils Exportur inspiriert zu sein, nach der der Schutz von Herkunftsangaben dem Recht des Einfuhrlands unterliegt und sich „nach den tatsächlichen Umständen und den Auffassungen dieses Landes“ richtet. Im Urteil Bud I sind jedoch die Umstände im Land der Herkunft der Waren (der Tschechischen Republik) und nicht im Einfuhrland (Österreich) zu berücksichtigen, denn in dieser Entscheidung wurde die Erstreckung des Schutzes der Bezeichnung Bud im erstgenannten Staat in den zweitgenannten aufgrund eines bilateralen Vertrags untersucht.

75.      Randnr. 101 bedeutet demzufolge, dass die tschechischen Verbraucher Bud mit einem bestimmten Ort oder einer bestimmten Region unter den in der Antwort auf die Frage 1.1 dargestellten Voraussetzungen assoziieren müssen, ohne dass spezifische „Umstände“ gegeben zu sein brauchen.

76.      Wird diese Bedingung festgestellt, wäre zu prüfen, ob die Bezeichnung Bud im Ursprungsstaat nicht eine Gattungsbezeichnung ist, eine Voraussetzung, von der die Rechtsprechung die Klassifizierung einer Herkunftsangabe unter dem Begriff „gewerbliches Eigentum“ im Sinne von Art. 30 EG abhängig macht(40). In diesem Fall wäre ihr Schutz nach den Kriterien dieser Bestimmung gerechtfertigt.

3.      Zur Notwendigkeit, eine Befragung durchzuführen

77.      Im dritten Teil der Vorlagefrage wird der Gerichtshof nach einem geeigneten Mechanismus „für die Ermittlung des begrifflichen Verständnisses im Ursprungsland“ und insbesondere nach der Erforderlichkeit einer Umfrage gefragt.

78.      Die Rechtsprechung hat die Möglichkeit, eine Meinungsumfrage durchzuführen, sowohl für die Feststellung in Betracht gezogen, ob eine Werbeaussage irreführend ist(41), als auch für den Nachweis der Unterscheidungskraft einer Marke(42). In beiden Fällen hat der Gerichtshof klargestellt, dass die Entscheidung über die Anwendung des einen oder des anderen Instruments Sache des nationalen Gerichts ist, das diese Entscheidung nach Maßgabe des Rechts des Mitgliedstaats zu treffen hat.

79.      In Anwendung des Grundsatzes der Prozessautonomie bleibt es daher auch im vorliegenden Fall den nationalen Gerichten überlassen, nach Maßgabe ihrer eigenen Vorschriften zu bestimmen, ob ein Sachverständigengutachten einzuholen oder eine Meinungsumfrage in Auftrag zu geben ist, um sich über die Eignung der Bezeichnung Bud als Herkunftsangabe zu informieren sowie den Prozentsatz der Verbraucher zu ermitteln, der hierfür ausreichend repräsentativ ist.

4.      Zur Benutzung von Bud durch ein einziges Unternehmen

80.      Im vierten und letzten Teil der ersten Vorlagefrage fragt das Handelsgericht Wien, ob das Urteil Bud I verlangt, dass eine geografische Angabe im Ursprungsland als solche von mehreren Unternehmen benutzt worden ist, so dass die Benutzung als Marke durch ein einziges Unternehmen dem Schutz entgegensteht.

81.      Die Zweifel des nationalen Gerichts rühren daher, dass „die Bezeichnung ‚Bud‘ … eine für die klagende Partei in der Tschechischen Republik registrierte Marke [ist], die auch in anderen Ländern Markenschutz genießt“, wobei die Klägerin darüber hinaus das einzige Unternehmen ist, das sie in der Tschechischen Republik benutzt, „obwohl es in der Natur einer Herkunftsangabe liegt, von allen berechtigten Herstellern einer gewissen Region benützt zu werden“.

82.      Geografische Angaben und Marken sind unterschiedliche, wenn auch miteinander verwandte Figuren. Beide schützen das geschäftliche Ansehen eines Artikels gegenüber eventuellen widerrechtlichen Aneignungen durch einen Dritten, indem sie Aufschluss über seine –geografische bzw. betriebliche – Herkunft geben. Sie unterscheiden sich darin, dass die Marke ein privates Interesse gewährleistet, das ihres Inhabers, während eine geografische Angabe alle Hersteller des jeweiligen Gebiets schützt.

83.      Meiner Meinung nach impliziert diese Nuance nicht, dass eine geografische Angabe gleichzeitig von mehreren Unternehmen aus der Region benutzt werden muss, um ihre Wirksamkeit zu erhalten; dies hängt von anderen Faktoren ab. Zumindest glaube ich nicht, dass sich dies, wie das Vorabentscheidungsersuchen nahezulegen scheint, aus Randnr. 101 des Urteils Bud I ergibt, in der die Verpflichtung genannt wird, „die tatsächlichen Gegebenheiten“ festzustellen, die in Verbindung mit der streitigen Bezeichnung in der Tschechischen Republik bestehen.

84.      Es geht jedoch an dieser Stelle weder um eine Marke noch um eine geografische Angabe, die auf Gemeinschaftsebene eingetragen sind. Folglich ist die Anzahl der Personen, die die Bezeichnung tatsächlich benutzen müssen, damit sie wirksam bleibt, durch das innerstaatliche Recht und anhand des bilateralen Vertrags zu klären.

85.      Gleiches gilt im Hinblick auf die Frage, ob die Benutzung von Bud als Marke durch ein einziges Unternehmen dem Schutz als geografische Angabe widerspricht.

86.      Die Gemeinschaftsvorschriften sehen einige Regeln für die Lösung möglicher Konflikte zwischen geografischen Angaben und Marken vor, Regeln, denen eine gewisse Präferenz zugunsten Ersterer zugrunde liegt, vielleicht, weil sie das öffentliche Interesse daran schützen, dass die Verbraucher Herkunft und Eigenschaften der Waren kennen(43). Gemäß Art. 14 der Verordnung Nr. 510/2006 wird daher der Antrag auf Eintragung einer Marke, die einer geschützten Ursprungsbezeichnung oder geografischen Angabe entspricht, abgelehnt, während Marken, die vorher eingetragen oder in gutem Glauben erworben wurden, neben den später nach europäischem Recht eingetragenen Angaben weiter benutzt werden dürfen. Die Gemeinschaftsbestimmungen über Marken verbieten auch die Benutzung von Zeichen, die geeignet sind, über die geografische Herkunft der Ware zu täuschen(44). 

87.      Im vorliegenden Fall hat jedoch das nationale Gericht über eine eventuelle Kollision zwischen der Benutzung der Marke Bud und ihrer Anerkennung als geografische Angabe nach Maßgabe des bilateralen Vertrags zu entscheiden.

C –    Zur zweiten Vorlagefrage

88.      Mit seiner zweiten Vorlagefrage möchte das österreichische Gericht wissen, ob durch den Umstand, dass eine Bezeichnung der Kommission nicht für ihre Anmeldung notifiziert wurde, ein bestehender nationaler Schutz bzw. ein bilateral in einen anderen Mitgliedstaat erstreckter Schutz unwirksam wird, wenn es sich bei der Bezeichnung nach dem nationalen Recht des Ursprungsstaats (im vorliegenden Fall der Tschechischen Republik) um eine qualifizierte geografische Bezeichnung handelt(45). 

89.      Zusammenfassend wird der Gerichtshof gebeten, sich zur abschließenden Wirkung des gemeinschaftlichen Systems des Schutzes der geografischen Angaben und der Ursprungsbezeichnungen zu äußern, einem der umstrittensten Punkte auf diesem Gebiet, zu dem die Rechtsprechung bislang nur partiell Stellung genommen hat.

90.      Zu Bezeichnungen, die keinen territorialen Bezug aufweisen, d. h. weder unmittelbar noch mittelbar auf die geografische Herkunft des Produkts hinweisen, ist im Urteil Bud I festgestellt worden, dass sie nicht mit Art. 28 vereinbar sind. Es gibt somit keinen Schutz für diese Bezeichnungen(46). Sie werden auch nicht durch das Gemeinschaftsrecht geschützt.

91.      Was die einfachen geografischen Angaben betrifft, ergibt sich aus dem Urteil Bud I und dem Urteil Warsteiner(47), dass ihr Schutz auf nationaler Ebene mit Art. 28 EG vereinbar ist, denn sie gehören zu den in Art. 30 EG unter dem Begriff „gewerbliches Eigentum“ vorgesehenen Ausnahmen. Angaben dieser Art fallen nicht in den Regelungsbereich der Gemeinschaftsverordnung (die voraussetzt, dass der Begriff eine topografische Bedeutung hat und dass die Produkte darüber hinaus ein besonderes Merkmal aufweisen oder aufgrund ihres Herkunftsorts einen besonderen Ruf genießen).

92.      Es bleiben die Ursprungsbezeichnungen und die qualifizierten geografischen Angaben, die die Voraussetzungen der europäischen Bestimmungen erfüllen und demzufolge eingetragen werden und den Schutz der Verordnung Nr. 510/2006 in Anspruch nehmen können. Werden sie aber nicht auf Gemeinschaftsebene eingetragen, ist es zweifelhaft, ob die Mitgliedstaaten sie durch ein eigenes System schützen können oder ob die zitierte Verordnung abschließend ist und jeden staatlichen Eingriff in ihren formellen und materiellen Anwendungsbereich untersagt.

93.      Die Frage ist komplex(48). Letztlich zeigt sich hier die Diskussion über die gemeinschaftliche „preemption“, also darüber, in welchem Maße und unter welchen Voraussetzungen die konkurrierenden Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten auf einem Gebiet durch das Handeln des Gemeinschaftsgesetzgebers verdrängt werden können(49).

94.      Die Diskussion wird im vorliegenden Fall umso unübersichtlicher, als die nationale Regelung unter Art. 30 EG fällt. Die Rechtsprechung hat wiederholt darauf hingewiesen, dass diese Vorschrift „nicht bestimmte Sachgebiete der ausschließlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten vorbehalten [soll, sie] lässt vielmehr Ausnahmen vom Grundsatz des freien Warenverkehrs durch innerstaatliche Normen insoweit zu, als dies zur Erreichung der in diesem Artikel bezeichneten Ziele gerechtfertigt ist und weiterhin gerechtfertigt bleibt“(50). Der Rückgriff auf Art. 30 EG kann jedoch seine Rechtfertigung verlieren, wenn eine Gemeinschaftsbestimmung bereits dieselben Interessen schützt wie die nationale Regelung, wenn die Harmonisierung abgeschlossen ist(51).

95.      Die Verordnung Nr. 510/2006 beseitigt den Zweifel nicht vollständig, was zu einer Spaltung in der Lehre(52) und zur Einnahme abweichender Standpunkte durch die Mitgliedstaaten geführt hat.

96.      Mir erscheint die Ausschließlichkeit des Gemeinschaftssystems besser mit dem Wortlaut der Gemeinschaftsregelung, ihrer Zielsetzung und der Rechtsprechung des Gerichtshofs übereinzustimmen.

1.      Der Wortlaut der Verordnung Nr. 510/2006 und der Verordnung Nr. 918/2004

97.      Im Gegensatz zum Bereich der Marken, für den man sich klar für ein doppeltes nationales und gemeinschaftliches Schutzsystem entschieden hat(53), hat sich der europäische Gesetzgeber auf dem Gebiet der geografischen Angaben darauf beschränkt, eine Verordnung für ihren Schutz durch die Gemeinschaft zu schaffen, ohne gleichzeitig die nationalen Regelungen zu harmonisieren.

98.      Vielleicht liegt dieser Regelungsstrategie der Gedanke zugrunde, dass staatliche Vorschriften, die potenziell im Anwendungsbereich der Gemeinschaftsverordnung gelten, nicht aufrechterhalten werden können. Im Wortlaut der Verordnung Nr. 510/2006 finden sich einige Hinweise.

99.      Art. 5 Abs. 6 der Verordnung ist ziemlich aufschlussreich, wenngleich er einiger Präzisionen bedarf.

100. Die Bestimmung sieht vor, dass der Mitgliedstaat ab dem Zeitpunkt der Einreichung eines Eintragungsantrags bei der Kommission „auf nationaler Ebene einen lediglich übergangsweisen“ Schutz im Sinne der Verordnung gewähren kann (Unterabs. 1). Sodann heißt es, dass „[d]er übergangsweise gewährte nationale Schutz … mit dem Zeitpunkt [endet], zu dem über die Eintragung nach dieser Verordnung entschieden wird“ (Unterabs. 3), und es wird präzisiert, dass, „[s]ollte die Bezeichnung nicht nach dieser Verordnung eingetragen werden, … allein der betreffende Mitgliedstaat die Verantwortung für die Folgen eines solchen nationalen Schutzes [trägt]“ (Unterabs. 4).

101. Der Gerichtshof hat in der Rechtssache Warsteiner bestätigt, dass Art. 5 Abs. 6(54) „nichts mit der Frage zu tun [hat], ob ein Mitgliedstaat nach seinem innerstaatlichen Recht eine geographische Bezeichnung in seinem Gebiet schützen kann, deren Eintragung im Rahmen der Verordnung Nr. 2081/92 er nicht beantragt oder die nicht die Voraussetzungen für den durch diese Verordnung vorgesehenen Schutz erfüllt“ (Randnr. 53).

102. Gewiss enthält Art. 5 Abs. 6 keine Aussage zur abschließenden Wirkung der Gemeinschaftsverordnung, sondern beschränkt sich darauf, die Risiken abzudecken, die vor Erlass der Entscheidung der Gemeinschaft über die Eintragung entstehen, doch hindert dieser Umstand nicht daran, auf die Bestimmung als hermeneutisches Instrument zurückzugreifen, denn eine Vorschrift dieses Typs hätte keinen Sinn, wenn die Mitgliedstaaten ihre eigenen Regelungen im Anwendungsbereich der Gemeinschaftsverordnung aufrechterhalten könnten, da die Bezeichnung in diesem Fall während der Übergangszeit von der nationalen Regelung gedeckt wäre.

103. Der Gedanke, dass der nationale Schutz der geografischen Angaben nur vorläufig fortbesteht, scheint den Übergangsbestimmungen zum Schutz der Ursprungsbezeichnungen und der geografischen Angaben für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel der Verordnung Nr. 918/2004 zugrunde zu liegen.

104. Art. 1 gestattet der Tschechischen Republik und den übrigen im Jahr 2004 beigetretenen Staaten, den „[nationalen] Schutz von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92“ bis zum 31. Oktober 2004 beizubehalten. Er fügt hinzu, dass parallel zu der Regelung des Art. 5 Abs. 6 der Verordnung Nr. 510/2006 der genannte Schutz bis zum Erlass einer Entscheidung beibehalten werden darf, sollte „bei der Kommission … eine Eintragung … beantragt werden“.

105. Diese Vorschrift, die eindeutiger ist als Art. 5 der Verordnung Nr. 510/2006, bezieht sich nicht nur auf die zeitliche Verlängerung der Wirksamkeit einer nationalen Regelung bis zum Erlass einer Entscheidung über einen Eintragungsantrag, sondern bestimmt ausdrücklich, dass die von den Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt des Beitritts bestehenden Systeme nur bis zum 31. Oktober 2004 fortbestehen. Daraus ergibt sich, dass es nach Erreichen des einen oder anderen Datums keinen zur Gemeinschaftsverordnung parallelen und in ihrem Anwendungsbereich wirkenden staatlichen Schutz gibt.

106. Die vorstehende Schlussfolgerung wird meiner Ansicht nach nicht durch den Hinweis darauf widerlegt, dass der betreffende Staat „für den Fall, dass die Bezeichnung nicht auf Gemeinschaftsebene eingetragen wird, … die Verantwortung für die Folgen eines solchen Schutzes [trägt]“ (und auch nicht durch die gleichlautende Bestimmung des Art. 5 Abs. 6 Unterabs. 4 der Verordnung Nr. 510/2006). Dieser Absatz regelt die Folgen der nationalen Regelung während der Übergangszeit für den Fall, dass die beantragte Bezeichnung nicht eingetragen wird, und nicht diejenigen, die sich aus der Aufrechterhaltung der staatlichen Regelung über diesen provisorischen Charakter hinaus ergeben.

2.      Der Zweck der Gemeinschaftsregelung und die vorbereitenden Arbeiten

107. Nur mit einem einheitlichen europäischen Instrument zum Schutz der Ursprungsbezeichnungen und der geografischen Angaben können die Ziele der Verordnung Nr. 510/2006 erreicht werden.

108. Diese Regelung war von Anfang an der Notwendigkeit eines „gemeinschaftlichen Ansatzes“ für diesen Bereich geschuldet.

109. Dies ergibt sich aus dem sechsten und dem siebten Erwägungsgrund der Verordnung aus dem Jahr 1992, in denen festgestellt wird, dass „in dem Bemühen um den Schutz von landwirtschaftlichen Erzeugnissen oder Lebensmitteln, die nach ihrer geographischen Herkunft identifizierbar sind, … einige Mitgliedstaaten ‚kontrollierte Ursprungsbezeichnungen‘ eingeführt [haben]“. Es wurde eingeräumt, dass die einzelstaatlichen Verfahren „unterschiedlich“ seien und daher „ein gemeinschaftliches Konzept“ erforderlich sei, da „gemeinschaftliche Rahmenvorschriften über den Schutz geografischer Angaben und von Ursprungsbezeichnungen diesen förderlich wären, da sie über ein einheitlicheres Vorgehen gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Hersteller derart gekennzeichneter Erzeugnisse sicherstellen und dazu führen, dass solche Erzeugnisse beim Verbraucher mehr Vertrauen genießen“ (der sechste Erwägungsgrund der Verordnung aus dem Jahr 2006 hat einen ganz ähnlichen Wortlaut).

110. Es wird folglich eine für alle Verbraucher identische Qualitätsgarantie innerhalb der Grenzen des Vertrags angestrebt, ein Ziel, das kaum zu erreichen wäre, wenn Bezeichnungen mit Eigenschaften, die den in einem Gemeinschaftsregister eingetragenen entsprechen – wenn auch nur für einen eingeschränkten geografischen Bereich – unterschiedlich behandelt würden(55). 

111. Wahrscheinlich wurde aus diesem Grund in der Einleitung der beiden Verordnungen so viel Nachdruck auf die Zweckmäßigkeit einer Regelung der qualifizierten geografischen Angaben gelegt, insbesondere, weil nicht parallel dazu eine Harmonisierungsrichtlinie für die nationalen Systeme erlassen wurde. Hätte man deren Geltung unbeschadet dieser „Uniformität“ verewigen wollen, hätte man wie bei den Marken eine Harmonisierung vorgenommen.

112. Die Vorarbeiten für die Verordnung Nr. 2081/92 geben ebenfalls gewisse Hinweise auf den Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers.

113. Der Standpunkt der Kommission war immer klar. In ihrem Vorschlag aus dem Jahr 1990(56) hob sie hervor, dass der gemeinschaftliche Schutz die nationalen Schutzmechanismen ersetzen müsse, ein Kriterium, das sie später in ihren verschiedenen Stellungnahmen gegenüber dem Gerichtshof bestätigt hat. Der Wirtschafts‑ und Sozialausschuss hingegen hat in seinem Bericht festgestellt, dass er die Koexistenz beider Ebenen bevorzuge(57).

114. Im Verhandlungsprozess wurde der Streit fortgesetzt, aber der Rat entschied sich schließlich dafür, von einer ausdrücklichen Bezugnahme auf das Fortbestehen der nationalen Regelungen abzusehen. Er spielte allerdings auf den abschließenden Charakter der Verordnung an, als er im zwölften Erwägungsgrund Folgendes feststellte: „Um den Schutz geografischer Angaben und von Ursprungsbezeichnungen in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten, müssen diese auf Gemeinschaftsebene eingetragen sein.“

3.      Die Rechtsprechung

115. Wenngleich der Gerichtshof, wie ich zuvor ausgeführt habe, zu diesem Aspekt noch nicht Stellung genommen hat, wird in einigen Entscheidungen angedeutet, dass die Gemeinschaftsregelung abschließend ist.

116. In den Urteilen Gorgonzola(58) und Chiciak und Fol(59) sind die Beschränkungen hervorgehoben worden, denen die Mitgliedstaaten von dem Zeitpunkt an unterlagen, in dem sie bei der Kommission die Eintragung einer Bezeichnung beantragten.

117. Im Urteil Gorgonzola ist festgestellt worden, dass das Argument, dass der Schutz, der einer Ursprungsbezeichnung von einem Mitgliedstaat gewährt worden sei, nach Eintragung dieser Bezeichnung weiter bestehe, sofern er eine größere Tragweite als der gemeinschaftsrechtliche Schutz habe, schon durch den Wortlaut der Verordnung widerlegt wird, „wonach die Mitgliedstaaten den einzelstaatlichen Schutz einer Bezeichnung nur bis zu dem Zeitpunkt beibehalten dürfen, zu dem über deren Eintragung als geschützte Bezeichnung auf Gemeinschaftsebene entschieden worden ist“.

118. Im Urteil Chiciak und Fol ist entschieden worden, dass ein Mitgliedstaat eine Ursprungsbezeichnung, deren Eintragung er nach der Verordnung beantragt hat, nicht durch den Erlass nationaler Rechtsvorschriften ändern und auf nationaler Ebene schützen kann, wobei der Gerichtshof aber auch einschränkend das Streben der Verordnung nach Vereinheitlichung und ihren ausschließlichen Charakter mit den Worten festgestellt hat, dass sie „einen einheitlichen Schutz der ihr entsprechenden geografischen Bezeichnungen in der Gemeinschaft sicherstellen [soll]. Dieser einheitliche Schutz beruht auf der Eintragung, die gemäß den in der Verordnung vorgesehenen besonderen Vorschriften erfolgt“ (Randnr. 25). In diesem Sinn hat er festgestellt, dass durch die Gemeinschaftsvorschrift „die Eintragung geografischer Bezeichnungen auf Gemeinschaftsebene als Voraussetzung dafür eingeführt [wurde], dass diese in jedem Mitgliedstaat Schutz genießen können“, und den Gemeinschaftsrahmen festgelegt, der für diesen Schutz künftig gelten soll (Randnr. 26).

119. Eine ähnliche Festestellung findet sich in Randnr. 50 des Urteils Warsteiner. Auch ist Randnr. 49 dieser Entscheidung anzuführen, wonach „der Zweck der Verordnung Nr. 2081/92 nicht dadurch gefährdet werden [kann], dass neben ihr nationale Regelungen zum Schutz solcher geografischer Herkunftsangaben angewandt werden, die nicht in ihren Geltungsbereich fallen“. Diese Feststellung bedeutet im Umkehrschluss, dass eine nationale Regelung der qualifizierten geografischen Angaben, auf die sich die Gemeinschaftsverordnung erstreckt, die Erreichung des Zwecks der europäischen Bestimmung gefährden könnte.

120. Die Rechtsprechung scheint daher den im 12. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2081/92 enthaltenen Gedanken, dass die Eintragung auf Gemeinschaftsebene zwingend ist, übernommen zu haben.

121. Wenn also die Eintragung für Bezeichnungen, die vom Geltungsbereich der Verordnung erfasst werden, verpflichtend ist und darüber hinaus ausschließlichen Charakter hat, genießt eine Angabe mit diesen Eigenschaften, die nicht zum Zweck ihrer Eintragung auf Gemeinschaftsebene in der entsprechenden Frist mitgeteilt wurde, keinen Schutz, denn es existiert kein paralleler nationaler Schutz, da die nationale Regelung unwirksam geworden ist.

4.       Zum Fortbestehen eines bilateral auf einen anderen Mitgliedstaat erstreckten Schutzes

122. Wenn die mit der Gemeinschaftsverordnung eingeführte Regelung mit der Aufrechterhaltung eines nationalen Schutzes in demselben Bereich unvereinbar ist, ist dessen Erstreckung in andere Mitgliedstaaten erst recht auszuschließen.

123. Dieser Gedanke stützt sich auf Art. 5 Abs. 6 der Verordnung Nr. 510/2006, dessen Unterabs. 5 regelt, dass übergangsweise Schutzmaßnahmen der Mitgliedstaaten für Bezeichnungen, deren Eintragung auf Gemeinschaftsebene beantragt wurde, „nur auf nationaler Ebene wirksam [sind] und … den innergemeinschaftlichen oder den internationalen Handel nicht beeinträchtigen [dürfen]“.

124. Durch diese Bestimmung soll verhindert werden, dass der Schutz von Bezeichnungen, die in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen, nach der Stellung eines Eintragungsantrags ausgesetzt wird. Jedoch grenzt sie die Wirksamkeit der übergangsweisen nationalen Garantie in zeitlicher und territorialer Hinsicht im Einklang mit dem Willen ein, die Behandlung der geografischen Angaben im Bereich der Europäischen Union zu „vereinheitlichen“.

125. Der „gemeinschaftliche Ansatz“ der Verordnung Nr. 510/2006 impliziert nicht nur das Verschwinden aller nationalen Systeme qualifizierter geografischer Angaben, sondern auch a fortiori die Unanwendbarkeit eines jeden bilateralen Vertrags zwischen zwei Mitgliedstaaten für ihren Schutz außerhalb der Verordnung. Das Fortbestehen eines Netzes innereuropäischer Verträge, die der Gemeinschaftsregelung vorgehen, würde zu einer Undurchsichtigkeit führen, die mit den Zielen dieses Mechanismus unvereinbar wäre.

126. Die Tschechische Republik bringt jedoch vor, dass jede Argumentation zugunsten der Ausschließlichkeit der Verordnung 510/2006 bedeuten würde, die internationalen Verpflichtungen der Beitrittsländer zu negieren, insbesondere im Zusammenhang mit dem Schutz, den der Lissabonner Verband den Mitgliedstaaten gewährt, und dass dadurch Art. 307 EG verletzt werde(60).

127. Die Berufung auf Art. 307 EG ist in dieser Rechtssache jedoch nicht statthaft, in der die Rechte von Staaten außerhalb der Union nicht in Rede stehen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Bestimmung, nach der „die Rechte und Pflichten aus Übereinkünften, die vor dem 1. Januar 1958 oder, im Falle später beigetretener Staaten, vor dem Zeitpunkt ihres Beitritts zwischen einem oder mehreren Mitgliedstaaten einerseits und einem oder mehreren dritten Ländern andererseits geschlossen wurden, … durch [die Bestimmungen des EG-Vertrags] nicht berührt [werden]“. Der Gerichtshof hat im Urteil Matteuci(61) darauf hingewiesen, dass der alte Artikel (früher Art. 234 EG) „nicht die nur zwischen Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünfte“ betrifft. Aufgrund dessen ist er auf einen Vertrag, bei dem nur zwei Mitgliedstaaten (unabhängig davon, ob sie es bei seinem Abschluss waren) Partei sind, nicht anwendbar, wenn er keine Verbindung zu einem Drittstaat aufweist.

5.      Schlussfolgerung

128. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat sich in diesem Bereich nicht für den Weg der gegenseitigen Anerkennung entschieden, sondern für die Zentralisierung der gemeinschaftlichen Schutzinstrumente. Das Institut hat nur Sinn, wenn das Siegel „geschützte geografische Angabe“ eine konkrete Bedeutung hat, die mit Qualität in Verbindung gebracht werden kann und die für alle Konsumenten gleich ist, ein Ziel, das mit einem eventuellen Nebeneinanderbestehen der europäischen Regelung mit Systemen, die zwar unterschiedliche räumliche Geltungsbereiche haben, aber auf Bezeichnungen mit denselben Eigenschaften anwendbar sind, nicht zu erreichen ist.

129. Ich bin der Auffassung, dass die Verordnung Nr. 510/2006 jeden nationalen oder bilateralen Schutz von qualifizierten geografischen Angaben, die von ihrem Anwendungsbereich erfasst werden, ausschließt. Folglich kann eine Bezeichnung, die innerhalb dieses Bereichs liegt und der Kommission nicht mitgeteilt wurde, nicht durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten unabhängig geschützt werden und bleibt dadurch ohne Schutz; doch ergibt sich dieser Umstand nicht allein, wie die Formulierung der Vorlagefrage nahe zu legen scheint, aus dem Fehlen der Eintragung der Angabe, sondern aus dem abschließenden Charakter des Gemeinschaftssystems.

D –    Zur dritten Vorlagefrage

130. Mit der dritten Frage des Handelsgerichts Wien soll festgestellt werden, ob der Umstand, dass der Vertrag über den Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union den Schutz verschiedener qualifizierter geografischer Angaben für Bier aus der Stadt České Budějovice vorsieht, im Hinblick auf die Wirksamkeit der nationalen und bilateralen Schutzsysteme für eine andere Bezeichnung für dasselbe Erzeugnis relevant ist.

131. Die Beantwortung dieser letzten Vorlagefrage erscheint unnötig, wenn man den abschließenden Charakter der Verordnung Nr. 510/2006 bejaht, denn jeder nationale oder vertragliche Schutz in demselben Bereich muss zurücktreten, unabhängig davon, dass andere Angaben für ein Lebensmittel auf Gemeinschaftsebene eingetragen wurden.

132. Unbeschadet der vorstehenden Ausführungen bedarf die Beantwortung dieser Frage einer Analyse des bereits zitierten Urteils Chiciak und Fol, das in einer Rechtssache ergangen ist, die gewisse Ähnlichkeiten zur vorliegenden aufweist.

133. Durch Dekret vom 14. Mai 1991 schuf die französische Regierung die Ursprungsbezeichnung „Epoisses de Bourgogne“ für bestimmte Käsesorten aus dieser Region und beantragte bei der Europäischen Kommission die Eintragung aufgrund der Verordnung Nr. 2081/92. Im Jahr 1995 wurde das Dekret geändert, um als Ursprungsbezeichnung „Epoisses“ einzutragen. Im Urteil Chiciak und Fol wurde entschieden, dass ein Mitgliedstaat eine Ursprungsbezeichnung, deren Eintragung er gemäß der Gemeinschaftsverordnung beantragt hat, nicht durch den Erlass von Rechtsvorschriften ändern und auf nationaler Ebene schützen kann.

134. Durch diese Entscheidung wurden die Befugnisse der Mitgliedstaaten im Hinblick auf geografische Angaben, die der Kommission zum Zweck der Eintragung notifiziert wurden, eingeschränkt. Die Gemeinschaftsverordnung lässt es zu, dass in einem Mitgliedstaat ein übergangsweiser Schutz für diese Bezeichnungen fortbesteht (der, wie ich oben darlegte, zeitlich und räumlich beschränkt ist); das zitierte Urteil ergänzt, dass die nationalen Behörden die angemeldete Angabe nicht ändern können.

135. In der Rechtssache „Epoisses“ bestand die vom Gerichtshof beanstandete staatliche Maßnahme jedoch in der Änderung einer Bezeichnung, deren Eintragung zwar beantragt, aber noch nicht erfolgt war, so dass das Urteil grundsätzlich nicht unmittelbar auf den Schutz einer Bezeichnung anwendbar ist, die denselben Herkunftsort bezeichnet wie andere Bezeichnungen, die bereits für dasselbe Erzeugnis auf Gemeinschaftsebene eingetragen sind.

136. Dem Urteil Chiciak und Fol liegt der Gedanke zugrunde, dass der Handlungsspielraum der Mitgliedstaaten in diesem Bereich eingeschränkt werden muss, doch es wäre angesichts des meiner Ansicht nach zweifellos abschließenden Charakters der Verordnung unnötig, es so weit auszulegen.

137. Die Heranziehung des Urteils Chiciak und Folin in der vorliegenden Rechtssache wäre daher nur dann angebracht, wenn die Bezeichnung Bud ein Bestandteil einer Abkürzung einer der auf Gemeinschaftsebene geschützten geografischen Angabe für Bier aus České Budějovice (nach dem Beitrittsvertrag Budějovické pivo, Českobudějovické pivo und Budějovický měšt’anský var)(62) wäre. Doch es ist Sache der nationalen Gerichte, diese Frage zu beantworten.

138. Wenn daher eine Bezeichnung anders als andere für dasselbe Lebensmittel mit identischer Herkunft benutzte Bezeichnungen zum Zweck ihres Schutzes auf Gemeinschaftsebene nicht in die Liste des Beitrittsvertrags aufgenommen wurde, stellt dies grundsätzlich kein Hindernis für ihren nationalen oder bilateralen Schutz dar, es sei denn, es handelt sich um eine Kurzfassung oder einen Bestandteil der mitgeteilten geografischen Angabe. Angesichts der abschließenden Wirkung der Verordnung Nr. 510/2006 hat diese Feststellung jedoch keine praktischen Auswirkungen.

VI – Ergebnis

139. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, das Vorabentscheidungsersuchen des Handelsgerichts Wien wie folgt zu beantworten:

1.      Nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 18. November 2003, Budějovický Budvar, gilt für die Voraussetzungen für den Schutz einer Bezeichnung als geografische Angabe, die im Ursprungsland weder der Name eines Orts noch eines Gebiets ist,

1.1      dass die Bezeichnung klar genug sein muss, um auf ein Erzeugnis und seinen Ursprung hinzuweisen;

1.2      dass es sich nicht um drei gesondert zu prüfende unterschiedliche Voraussetzungen handelt;

1.3      dass sie weder eine Meinungsumfrage erforderlich machen noch das Ergebnis bestimmen, das erreicht werden muss, um ihren Schutz zu rechtfertigen;

1.4      dass sie in der Praxis nicht voraussetzen, dass die Bezeichnung im Ursprungsland von mehreren Unternehmen als geografische Angabe benutzt wird oder dass zu ihrer Benutzung als Marke durch ein einziges Unternehmen Stellung bezogen wird.

2.      Wird eine Bezeichnung nicht im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel der Kommission notifiziert, werden ein bestehender nationaler Schutz bzw. ein bilateral in einen anderen Mitgliedstaat erstreckter Schutz aufgrund der abschließenden Wirkung der Verordnung Nr. 510/2006 hinsichtlich der von ihrem Anwendungsbereich erfassten Angaben unwirksam, wenn es sich bei der Bezeichnung nach dem Recht des Ursprungsstaats um eine qualifizierte geografische Angabe handelt.

3.      Der Umstand, dass im Rahmen des Beitrittsvertrags zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und einem neuen Mitgliedstaat von diesem Mitgliedstaat der Schutz mehrerer qualifizierter geografischer Angaben für ein Lebensmittel gemäß Verordnung Nr. 510/206 in Anspruch genommen wurde, hat nicht zur Folge, dass ein nationaler oder ein bilateral in einen anderen Mitgliedstaat erstreckter Schutz einer weiteren Bezeichnung für dasselbe Produkt nicht mehr aufrecht erhalten werden darf, es sei denn, es handelt sich dabei um eine Abkürzung oder einen Bestandteil einer auf Gemeinschaftsebene für dieselbe Ware geschützten geografischen Angabe. Der Verordnung Nr. 510/20 kommt insofern keine abschließende Wirkung zu, unbeschadet der Antwort auf die zweite Vorlagefrage.


1 – Originalsprache: Spanisch.


2 – Urteil Budějovický Budvar (C‑216/01, Slg. 2003, I‑13617).


3 – ABl. L 93, S. 12.


4 – Vom 31. Oktober 1958, revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967 und geändert am 28. September 1979 (United Nations Treaties Series, Band 828, Nr. 13172, S. 205).


5 – Derzeit bilden 26 Länder den sogenannten „Lissabonner Verband“ (http://www.wipo.int/treaties/en), unter ihnen die Tschechische Republik.


6 – Veröffentlicht im Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich vom 19. Februar 1981 (BGBl. Nr. 1981/751) und am 26. Februar 1981 unbefristet in Kraft getreten.


7 – Verordnung des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. L 208, S. 1).


8 – Verordnung der Kommission vom 29. April 2004 zum Erlass von Übergangsbestimmungen zum Schutz von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel infolge des Beitritts der Tschechischen Republik, Estlands, Zyperns, Lettlands, Litauens, Ungarns, Maltas, Polens, Sloweniens und der Slowakei (ABl. L 163, S. 88).


9 – Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. L 236, S. 33).


10 – Ihr vollständiger Name lautet „Budĕjovický Budvar, národní podnik, Budweiser Budvar, National Corporation, Budweiser Budvar, Entreprise Nationale“, dies bedeutet: „Brauerei Bud in Budweis, Staatsunternehmen“.


11 – Einige führen sie bis auf das 13. Jahrhundert zurück, als der böhmische König Přemysl Ottokar II diesen Ort gründete und seinen Bewohnern das Privileg gewährte, Bier zu brauen (O’Connor, B., „Case C‑216/01 Budejovický Budvar, Judgement of the Court of Justice of 18 November 2003“, European Business Organization Law Review 5, 2004, S. 581).


12 – Deutscher Name von České Budějovice.


13– Auf Tschechisch „Budĕjovické pivo“, d. h. „Bier aus Budweis“.


14 – [Betrifft die spanische Fassung.]


15 – Anheuser ging aus einem älteren Unternehmen hervor, der im Jahr 1852 gegründeten Bavarian Brewery. Später wurde sie infolge der Eingliederung der Firma von Adolphus Busch, dem Schwiegersohn des Eigentümers der Gesellschaft und ebenfalls deutscher Einwanderer, in Anheuser-Busch umbenannt. Diese und weitere Angaben zur Geschichte können in www.anheuser-busch.com/History.html und in www.budweiser.com konsultiert werden.


16 – Dies ergibt sich aus den Angaben Adolphus Buschs im Jahr 1894 im Rahmen des Rechtsstreits der Anheuser-Busch gegen die Fred Miller Brewing Company: „The idea was simply to brew similar in quality, colour, flavour and taste to beer then made at Budweis, or in Bohemia … The Budweiser beer is brewed according to the Budweiser Bohemian process” (O’Connor, a. a. O., S. 582).


17 – O’Connor (a. a. O., S. 585) verzeichnet weltweit 44 verschiedene Prozesse.


18 – In einigen Fällen sprachen die Gerichte Anheuser-Busch das ausschließliche Recht auf die Verwendung des Namens Bud zu, während vor anderen Gerichten das tschechische Unternehmen obsiegte. In England fand der Court of Appeal in London im Jahr 2002 zu einer Kompromisslösung und entschied, dass beide Unternehmen die streitigen Marken verwenden dürfen. Auf derselben Linie entschied der Oberste Gerichtshof Japans im Jahr 2004, dass sowohl die tschechischen als auch die amerikanischen Hersteller ihre Biere Budweiser nennen dürfen (O’Connor, a. a. O., S. 586). Auch die Besonderheiten des Prozesses in Portugal verdienen es, erwähnt zu werden. Die Entscheidung seines Supremo Tribunal vom 23. Juli 2001, durch die Anheuser-Busch die Eintragung der Marke Budweiser in Portugal verwehrt wurde, da es sich um eine durch das bilaterale Abkommen zwischen Portugal und der Tschechoslowakei geschützte Ursprungsbezeichnung handele, wurde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angefochten, der zu dem Ergebnis kam, dass die angefochtene Entscheidung nicht gegen Art. 1 des Protokolls Nr. 1 zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte verstößt (Urteil des EuGHMR, Anheuser-Busch Inc./Portugal vom 11. Januar 2007, noch nicht im Recueil des arrêts et décisions veröffentlicht, Randnr. 87).


19 – Rechtssachen R 1000/2001‑2 und R 1024/2001‑2.


20 – Urteil des Gerichts erster Instanz vom 12. Juni 2007, Budějovický Budvar/OAMI‑Anheuser-Busch (T‑71/04,Slg. 2007, II‑1829, Randnr. 228).


21 – Rechtssachen R 234-2005‑2, R 241/2005‑2, R 802/2004‑2 und R 305/2005‑2.


22 – Die portugiesischen, die italienischen und die französischen Gerichte haben jedoch die Eintragungen von Bud als Ursprungsbezeichnungen aufgrund der zitierten Lissabonner Abkommen für nichtig erklärt.


23 – Budějovický Budvar (T‑225/06, T‑255/06, T‑257/06 und T‑309/06, Slg. 2008, II‑0000).


24 – C‑245/02, Slg. 2004, I‑10989.


25 – Dieses Übereinkommen findet sich in Anhang 1 C des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation und wurde im Namen der Europäischen Gemeinschaft durch den Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 (ABl. L 336, S. 1) angenommen.


26 – 135/77, Slg. 1978, 855.


27 – Council of the City of Stoke-on-Trent und Norwich City Council (C‑169/91, Slg. 1992, I‑6635).


28 – U. a. Cortés Martín, J. M., La protección de las indicaciones geográficas en el comercio internacional e intracomunitario, Ministerio de Agricultura, Pesca y Alimentación, Madrid, 2003, S. 347.


29 – Urteile vom 10. November 1992, Exportur (C‑3-91, Slg. 1992, I‑5529, Randnr. 11), und vom 7. November 2000, Warsteiner (C‑312/98, Slg. 2000, I‑9187, Randnrn. 43 und 44), sowie das Urteil Bud I, Randnr. 54.


30 – Da das ersuchende Gericht diese Formulierung aufgrund einer früheren Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gewählt hatte.


31 – Urteile vom 16. Juli 1992, Meilicke (C‑83/91, Slg. 1992, I‑4871, Randnr. 23), vom 18. März 2004, Siemens und ARGE Telekom (C‑314/01, Slg. 2004, I‑2549, Randnr. 34), vom 22. November 2005, Mangold (C‑144/04, Slg. 2005, I‑9981, Randnr. 34), vom 18. Juli 2007, Lucchini (C‑119/05, Slg. 2007, I‑6199, Randnr. 43), und vom 6. November 2008, Trespa International (C‑248/07, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 32).


32 – Urteil vom 16. Dezember 1981, Foglia (244/80, Slg. 1981, 3045, Randnr. 21).


33 – Urteile vom 13. März 2001, Preussen Elektra (C‑379/98, Slg. 2001, I‑2099, Randnr. 39), vom 22. Januar 2002, Canal Satélite Digital (C‑390/99, Slg. 2002, I‑607, Randnr. 19), vom 5. Februar 2004, Schneider (C‑380/01, Slg. 2004, I‑1389, Randnr. 22), und vom 12. Juni 2008, Skatteverket (C‑458/06, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 25).


34 – Urteile vom 16. Dezember 1981, Foglia, Randnrn. 18 und 20, vom 3. Februar 1983, Robards (149/82, Slg. 1983, 171, Randnr. 19), Meilike, Randnr. 64, und vom 18. Dezember 2007, ZF Zefeser (C‑62/06, Slg. 2007, I‑11995, Randnr. 15).


35 – Urteil vom 10. März 1981, Irish Creamery Milk Suppliers Association (36/80 und 71/80, Slg. 1981, 735, Randnr. 6).


36 – Urteil Bud I, Randnr. 54.


37 – Die Verordnung Nr. 2081/92 ließ sie (zumindest ausdrücklich) nur für Ursprungsbezeichnungen zu.


38 – Ich werde dies weiter unten eingehender untersuchen.


39 – Vgl. hierzu meine Schlussanträge in den Rechtssachen Canadane Cheese Trading vom 24. Juni 1997, Nr. 73 (Urteil vom 8. August 1997, C‑ 317/95, Slg. 1997, I‑468), sowie Deutschland und Dänemark/Kommission vom 10. Mai 2005, Nr. 188 (Urteil vom 25. Oktober 2005, C‑465/02 und C‑466/02, Slg. 2005, I‑9115).


40 – Urteile Bud I, Randnr. 99, Exportur, Randnr. 37, und vom 4. März 1999, Consorzio per la tutela del formaggio Gorgonzola (C‑87/97, Slg. 1999, I‑1301, Randnr. 20). Hinsichtlich des Gattungscharakters einer Bezeichnung verweise ich auf meine Schlussanträge in der Rechtssache Deutschland und Dänemark/Kommission, Nrn. 46 bis 49.


41 – Urteile vom 16. Juli 1998, Gut Springenheide und Tusky (C‑ 210/96, Slg. 1998, I‑4657, Randnr. 35), und vom 13. Januar 2000, Estée Lauder Cosmetics (C‑220/98, Slg. 2000, I‑117, Randnr. 31).


42 – Urteile vom 4. Mai 1999, Windsurfing Chiemsee (C‑108/97 und C‑109/97, Slg. 1999, I‑2779, Randnr. 53).


43 – Resinek, N., „Geographical indications and trademarks: Coexistence or ‚first in time, first in right‘ principle?“, European intellectual property review, Bd. 29 (2007), issue 11, S. 446 bis 455, von Mühlendahl, A., „Geographical indications and trademarks in the European Union: conflict or coexistence“, Festskrift till Marianne Levin, 2008, S. 401 bis 410, und Martínez Gutiérrez, A., „La tutela comunitaria de las denominaciones geográficas protegidas ante las marcas registradas“, Noticias de la Unión Europea, Jahrgang XIX (2003), Nr. 219, S. 27 bis 36.


44 – Art. 3 Abs. 1 Buchst. c und g Art. 12 Abs. 2 Buchst. b der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. L 40, S. 1). Genaueres zur Auslegung dieser Bestimmungen Urteil vom 4. Mai 1999, Windsurfing Chiemsee (C‑108/97 und C‑109/97, Slg. 1999, I‑2779). Vgl. zu den Konflikten zwischen Marken und Herkunftsbezeichnungen Urteil vom 7. Januar 2004, Gerolsteiner Brunnen (C‑100/02, Slg. 2004, I‑691).


45 – Im Vorlagebeschluss wird wörtlich ausgeführt, dass „eine Bezeichnung [nicht] innerhalb der in der Verordnung (EG) Nr. 918/2004 vorgesehenen Sechsmonatsfrist … notifiziert oder angemeldet wurde“. Diese Frist, die Art. 17 der alten Verordnung Nr. 2081/92 vorsah, begann mit deren Inkrafttreten und ist logischerweise in der neuen Verordnung Nr. 510/2006 nicht mehr enthalten. Die Verordnung Nr. 918/2004 bezieht sich wiederum nur auf den Antrag auf Eintragung „vor dem 31. Oktober 2004 …gemäß Verordnung (EG) Nr. 2081/92“. Diese Bestimmung steht jedoch nicht der Möglichkeit entgegen, vom ordentlichen Eintragungsverfahren Gebrauch zu machen, das der Verordnung Nr. 510/2006 zufolge an keine Frist gebunden ist. Aus diesem Grund gehe ich in meinen Erwägungen zum Fortbestand der nationalen Regelungen auf die Sechsmonatsfrist nicht ein.


46 – Ebenso das Urteil vom 7. Mai 1997, Pistre (C‑321/94, C‑322/94, C‑323/94 und C‑324/94, Slg. 1997, I‑2343, Randnrn. 35 und 36).


47 – Urteil vom 7. November 2000 (C‑312/98, Slg. 2000, I‑9187).


48 – Ich stimme in diesem Punkt mit Generalanwalt Jacobs in Nr. 41 seiner Schlussanträge vom 25. Mai 2000 in der Rechtssache Warsteiner überein. Die Frage einer Koexistenz der Gemeinschaftsverordnung mit nationalen Systemen, die von der Verordnung erfasst werden, stellte sich allerdings in jenem Fall nicht, in dem es nur um die Rechtmäßigkeit eines nationalen Systems zum Schutz einfacher geografischer Herkunftsangaben ging, die eindeutig nicht unter die Verordnung fallen.


49 – S. Weatherill misst dem Gerichtshof bei der Beschränkung der Reichweite dieses eventuellen Vorrangs eine wichtige Rolle zu, doch bestehe seine Funktion nicht in der Auswahl zwischen den Vorzügen zweier miteinander im Wettbewerb stehender Regelungen, sondern in der Auslegung der Gemeinschaftsvorschrift, um feststellen zu können, ob der gesamte Anwendungsbereich ausgeschöpft worden sei (Weatherill, S., „Beyond preemption? Shared competence and constitutional change in the European Community“, Legal Issues of the Maastricht Treaty, Ed. Wiley, 1999, S. 18).


50 – Urteil vom 5. Oktober 1977, Tedeschi (5/77, Slg. 1977, 1555, Randnr. 34).


51 – Die Rechtsprechung bietet verschiedene Beispiele auf dem Gebiet der gemeinsamen Agrarpolitik: Urteile vom 5. Oktober 1977, Tedeschi (5/77, Slg. 1977, 155), Randnr. 35), vom 5. April 1979, Ratti, (148/78, Slg. 1979, 1629, Randnr. 36), vom 8. November 1979, Denkavit, (215/78, Slg. 1979, 3369, Randnr. 14), vom 20. September 1988, Moormann, (190/87, Slg. 1988, 4689, Randnr. 10), und vom 5. Oktober 1994, Centre d'insémination de la Crespelle (C‑323/93, Slg.1994, I‑5077, Randnr. 31).


52 – Die Beklagte des Ausgangsverfahrens beruft sich auf mehr als zehn Autoren, die sich für den Grundsatz der ausschließlichen Anwendbarkeit der gemeinschaftlichen Regelung für qualifizierte geografische Herkunftsangaben aussprechen. Es gibt auch zahlreiche Meinungen im entgegengesetzten Sinn. Cortés Martín, J. M., a. a. O.., S. 452, fasst die verschiedenen Lehrmeinungen ausführlich zusammen.


53 – So wurde mit der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 11, S. 1) ein Gemeinschaftssystem eingeführt, und parallel erfolgte die Angleichung der Rechtsordnungen durch die Erste Richtlinie 98/104/EWG.


54 – Das Urteil bezieht sich auf Art. 5 Abs. 5 Unterabs. 2 der damals geltenden Verordnung Nr. 2081/92, dessen Inhalt in Art. 5 Abs. 6 der Verordnung Nr. 510/2006 übernommen wurde.


55 – López Escudero, M., zufolge wurde mit der Richtlinie Nr. 2081/92 ein „Binnenmarkt für geografische Bezeichnungen geschaffen, ein Schutz für die Bezeichnung, der im gesamten Gebiet der Gemeinschaft wirksam und wesentlich günstiger für die Erzeuger ist als der Schutz, den nationale Vorschriften gewähren. Durch die Verordnung Nr. 2081/92 hat die EG ein besonderes Schutzsystem für geografische Bezeichnungen geschaffen, um die Probleme des innergemeinschaftlichen Handels aufgrund der Unterschiede in den bestehenden nationalen Systemen zu verringern“, die als beseitigt gelten (López Escudero, M., „Parmigiano, feta, epoisse y otros manjares en Luxemburgo – Las denominaciones geográficas ante el TJCE“, Une communauté de droit, Festschrift für Gil Carlos Rodríguez Iglesias, BWV 2003, S. 410 und 419).


56 – Vorschlag der Kommission, SEK (90) 2415 (ABl. 1990, C 30).


57 – ABl. C 269/63.


58 – Urteil vom 4. März 1999, Consorzio per la tutela del formaggio Gorgonzola (C‑87/97, Slg. 1999, I‑1301, Randnr. 18).


59 – Urteil vom 9. Juni 1998, Chiciak und Fol (C‑129/97 und C‑130/97, Slg. 1998, I‑3315).


60 – Überraschenderweise zitiert auch die Kommission diesen Artikel in ihren schriftlichen Erklärungen, in denen sie ausführt, dass die Verordnung der Erstreckung des streitigen Schutzes in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats „unbeschadet des Art. 307 EG“ entgegenstehe. In der mündlichen Verhandlung hierzu befragt, hat sie geantwortet, dass der Satz als Schutzmechanismus in Situationen eingeführt worden sei, in denen ein Mitgliedstaat sich gezwungen sehen könne, vor seinem Beitritt geschlossene Verträge mit Drittstaaten aufrechtzuerhalten. Dies ist der Fall bei den Drittstaaten, die Parteien des Lissabonner Abkommens sind.


61 – Urteil vom 27. September 1988 (235/87, Slg. 5589, Randnr. 21).


62 – Die Klage im Ausgangsverfahren verneint diese Möglichkeit. In jedem Fall ist der Umstand, auf den sich auch Ammersin beruft, dass die Bezeichnung „Bud“ bereits vor dem Beitritt geschützt gewesen sei, insoweit irrelevant.