Language of document : ECLI:EU:C:2017:524

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

vom 6. Juli 2017(1)

Rechtssache C304/16

American Express Co.

gegen

The Lords Commissioners of Her Majesty’s Treasury,

Beteiligte:

Diners Club International Ltd,

MasterCard Europe SA

(Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice [England & Wales], Queen’s Bench Division [Administrative Court] [Hoher Gerichtshof von England & Wales, Abteilung Queen’s Bench, Verwaltungsgericht, Vereinigtes Königreich])

„Verordnung (EU) 2015/751 – Kartengebundene Zahlungsvorgänge – Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge – Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren – Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren – Begriff des Karten-Emittenten – Drei-Parteien-Zahlungskarte mit Co‑Branding – Drei-Parteien-Zahlungskarte mit Vertreter“






1.        Hinter einem so alltäglichen und scheinbar so einfachen Vorgang wie einer Bezahlung erworbener Waren und Dienstleistungen mit Karte verbirgt sich ein komplexes Geflecht von Rechtsbeziehungen, das Verbraucher nur schwer nachvollziehen können. An jeder kartengebundenen Zahlung sind neben dem Verbraucher und dem Händler mindestens noch die Bank oder die Banken dieser beiden beteiligt, ebenso wie der Kartenverwalter.

2.        Zu den wichtigsten Elementen dieses Geflechts gehören die Entgelte(2), die von den Kreditinstituten als Gegenleistung für die Verbrauchern und Händlern zur Verfügung gestellten Dienste, die die Verwendung der Zahlungskarten ermöglichen, erhoben werden. Nachdem die Europäische Kommission die Rechtsvorschriften zum Schutz der Wettbewerbsfreiheit auf „multilaterale Interbankenentgelte“(3) im MasterCard-Zahlungsverfahren angewandt hatte, bot sich dem Gerichtshof die Möglichkeit, sich hierzu zu äußern(4).

3.        Nunmehr stellt sich dem Gerichtshof ein anderes Problem, nämlich das der Unterscheidung zwischen den beiden großen Arten von Kartenzahlverfahren(5), dem Vier-Parteien-Verfahren (dem am weitesten verbreiteten Verfahren, zu dessen Vertretern MasterCard und Visa gehören) und dem Drei-Parteien-Verfahren (das u. a. American Express und Diners Club repräsentieren).

4.        Die Verordnung (EU) 2015/751(6) begrenzt die Interbankenentgelte bei Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren, während die Entgelte bei Drei-Parteien-Verfahren frei festgelegt werden können. Da sich die Unterschiede zwischen beiden Verfahren im Licht der Verordnung nicht ohne Weiteres erschließen, ist der Gerichtshof zur Klärung aufgerufen, sofern die vom vorlegenden Gericht aufgeworfene Frage zulässig ist.

I.      Rechtlicher Rahmen: Unionsrecht

5.        Die Interbankenentgelte gehören zu den wichtigsten Kosten bei Kartenzahlungen. Angesichts der zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden Unterschiede, die die Integration des europäischen Marktes für Massenzahlungsdienstleistungen (im Unterschied zu Barzahlungen) beeinträchtigen, hat die Union beschlossen, diese Entgelte zu harmonisieren, um sie zu senken und besser kontrollieren zu können.

6.        Mit diesem Ziel wurde die Verordnung angenommen. Da es sich um unmittelbar anwendbare Bestimmungen handelt, ist der Erlass nationaler Durchführungsvorschriften im Prinzip nicht erforderlich (ausgenommen zu Sanktionen, deren Festlegung und Verhängung gemäß der ausdrücklichen Verweisung in Art. 14 Abs. 1 der Verordnung den Mitgliedstaaten zukommt).

7.        Die Verordnung berücksichtigt zwei Modelle der Kartenzahlverfahren: das Vier-Parteien-Verfahren und das Drei-Parteien-Verfahren. Hierzu sehen die nachfolgend angeführten Erwägungsgründe Folgendes vor:

„(28)      Kartengebundene Zahlungsvorgänge erfolgen im Allgemeinen auf der Grundlage zweier Geschäftsmodelle, nämlich des Drei-Parteien-Kartenzahlverfahrens (Karteninhaber – Annahme- und Abrechnungs- sowie Kartenausgabeverfahren – Händler) und des Vier-Parteien-Kartenzahlverfahrens (Karteninhaber – kartenausgebende Bank – Acquirer – Händler). Viele Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren umfassen ein explizit festgelegtes – meist multilateral vereinbartes – Interbankenentgelt. Angesichts der Existenz impliziter Interbankenentgelte und im Interesse gleicher Wettbewerbsbedingungen sollten Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren, bei denen Zahlungsdienstleister als Acquirer oder Emittenten auftreten, als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren gelten und denselben Vorschriften unterliegen, während Transparenzmaßnahmen und sonstige Maßnahmen in Bezug auf Geschäftsregeln für alle Anbieter gelten sollten. Um jedoch den Besonderheiten dieser Art von Drei-Parteien-Verfahren Rechnung zu tragen, ist es angemessen, eine Übergangsfrist vorzusehen, während der die Mitgliedstaaten entscheiden können, die Obergrenzen-Regelung für das Interbankenentgelt nicht anzuwenden, wenn diese Kartenzahlverfahren in dem betreffenden Mitgliedstaat nur einen sehr begrenzten Marktanteil haben.

(29)      Die Kartenausgabe erfolgt auf der Grundlage einer Vertragsbeziehung zwischen dem Emittenten des Zahlungsinstruments und dem Zahler, unabhängig davon, ob der Emittent Gelder im Namen des Zahlers hält. Der Emittent stellt dem Zahler Zahlungskarten zur Verfügung, autorisiert Zahlungsvorgänge an Terminals oder entsprechenden Stellen und kann dem Acquirer die Zahlung für regelkonforme Zahlungsvorgänge im Rahmen des betreffenden Kartenzahlverfahrens garantieren. Deshalb handelt es sich bei dem reinen Vertrieb von Zahlungskarten oder der reinen Erbringung technischer Dienste (wie der Verarbeitung und Speicherung von Daten) nicht um eine Kartenausgabe.

(32)      Die Verbraucher sind sich der Entgelte, die Händler für das von ihnen verwendete Zahlungsinstrument zahlen, gewöhnlich nicht bewusst. Gleichzeitig bieten die Emittenten eine Reihe von Anreizen (wie z. B. Reisegutscheine, Prämien, Rabatte, Rückzahlungen, kostenlose Versicherungen usw.), um Verbraucher zur Verwendung von Zahlungsinstrumenten hinzulenken, womit sie hohe Entgelteinnahmen erzielen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, sollten Maßnahmen zur Begrenzung von Interbankenentgelten nur für Zahlungskarten gelten, die sich zu Produkten für den Massenmarkt entwickelt haben und von Händlern aufgrund ihrer weiten Verbreitung und Nutzung meist nur schwer abgelehnt werden können (d. h. Verbraucher-Debit- und -Kreditkarten). Im Interesse eines funktionierenden Marktes in den nicht reglementierten Teilen der Branche und zur Begrenzung der Verlagerung von Geschäften vom reglementierten zum nicht reglementierten Teil der Branche sind mehrere Maßnahmen erforderlich, darunter die Trennung von Kartenzahlverfahren und Infrastruktur, die Lenkung des Zahlers durch den Zahlungsempfänger und die Wahlmöglichkeit des Zahlungsempfängers, bestimmte Zahlungsinstrumente zu akzeptieren oder nicht.

(33)      Die Trennung von Kartenzahlverfahren und Infrastruktur sollte es allen abwickelnden Stellen ermöglichen, in einen Wettbewerb um Kunden der Kartenzahlverfahren zu treten. Da die Abwicklungskosten einen erheblichen Teil der Gesamtkosten für die Kartenakzeptanz darstellen, ist es wichtig, diesen Teil der Wertschöpfungskette für einen echten Wettbewerb zu öffnen. Wegen der Trennung von Kartenzahlverfahren und Infrastruktur sollten Kartenzahlverfahren und abwickelnde Stellen hinsichtlich ihrer Rechnungslegung, ihrer Organisation und ihrer Entscheidungsverfahren voneinander unabhängig sein.

…“

8.        Art. 1 in Kapitel I („Allgemeine Bestimmungen“) sieht vor:

„(1)      In dieser Verordnung werden einheitliche technische und geschäftliche Anforderungen an innerhalb der Union abgewickelte kartengebundene Zahlungsvorgänge festgelegt, bei denen sowohl der Zahlungsdienstleister des Zahlers als auch der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers in der Union niedergelassen sind.

(3)      Kapitel II gilt nicht für

a)      Firmenkartentransaktionen,

b)      Bargeldabhebungen an Geldautomaten oder am Schalter eines Zahlungsdienstleisters und

c)      Transaktionen mit Zahlungskarten, die von Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren ausgegeben werden.

(4)      Artikel 7 gilt nicht für Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren.

(5)      Vergibt ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren Lizenzen zur Ausgabe von kartengebundenen Zahlungsinstrumenten oder zur Annahme und Abrechnung von kartengebundenen Zahlungsvorgängen an andere Zahlungsdienstleister oder gibt es gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente heraus, so wird es als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren betrachtet. In Bezug auf inländische Zahlungsvorgänge kann solch ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren jedoch bis zum 9. Dezember 2018 von den Pflichten nach Kapitel II befreit werden, sofern die kartengebundenen Zahlungsvorgänge, die in einem Mitgliedstaat im Rahmen eines solchen Drei-Parteien-Kartenzahlverfahrens vorgenommen werden, in einem Jahr höchstens 3 % des Werts sämtlicher in diesem Mitgliedstaat durchgeführten kartengebundenen Zahlungsvorgänge ausmachen.“

9.        Art. 2 enthält eine umfangreiche Liste mit Begriffsbestimmungen. Für den vorliegenden Fall sind folgende, in den Nrn. 2, 10 bis 12, 15 bis 18 und 32 bestimmte Begriffe von Bedeutung:

„Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

2.      ,Emittent‘ einen Zahlungsdienstleister, der eine vertragliche Vereinbarung schließt, um einem Zahler ein Zahlungsinstrument zur Veranlassung und Verarbeitung der kartengebundenen Zahlungsvorgänge des Zahlers zur Verfügung zu stellen;

10.      ,Interbankenentgelt‘ das Entgelt, das bei einem kartengebundenen Zahlungsvorgang für jede direkte oder indirekte (d. h. über einen Dritten vorgenommene) Transaktion zwischen dem Emittenten und dem Acquirer gezahlt wird. Die Nettovergütung oder andere vereinbarte Vergütungen sind Bestandteil des Interbankenentgelts;

11.      ,Nettovergütung‘ die Gesamtnettosumme der Zahlungen, Rabatte und Anreize, die ein Emittent vom Kartenzahlverfahren, dem Acquirer oder einer zwischengeschalteten Stelle in Bezug auf einen kartengebundenen Zahlungsvorgang oder damit verbundene Tätigkeiten erhält;

12.      ,Händlerentgelt‘ das Entgelt, das der Zahlungsempfänger dem Acquirer in Bezug auf kartengebundene Zahlungsvorgänge zahlt;

15.      ,Zahlungskarte‘ eine Zahlungsinstrumentenart, die es dem Zahler ermöglicht, Debit- oder Kreditkartentransaktionen zu veranlassen;

16.      ,Kartenzahlverfahren‘ ein einheitliches Regelwerk aus Vorschriften, Praktiken, Standards und/oder Leitlinien für die Ausführung von kartengebundenen Zahlungsvorgängen, das von jeder Infrastruktur und jedem Zahlungssystem, die/das seinen Betrieb unterstützt, getrennt ist und einschließlich eines bestimmten Entscheidungsgremiums, einer bestimmten Organisation oder einer bestimmten Stelle, das bzw. die für das Funktionieren des Kartenzahlverfahrens verantwortlich ist;

17.      ,Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren‘ ein Kartenzahlverfahren, bei dem vom Zahlungskonto eines Zahlers kartengebundene Zahlungsvorgänge auf das Zahlungskonto eines Zahlungsempfängers geleistet werden, unter Zwischenschaltung des Kartenzahlverfahrens, eines Emittenten (auf der Seite des Zahlers) und eines Acquirers (auf der Seite des Zahlungsempfängers);

18.      ,Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren‘ ein Kartenzahlverfahren, bei dem das Kartenzahlverfahren selbst Annahme- und Abrechnungs- sowie Kartenausgabedienste erbringt und kartengebundene Zahlungsvorgänge von dem Zahlungskonto eines Zahlers auf das Zahlungskonto eines Zahlungsempfängers vornimmt. Vergibt ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren Lizenzen zur Ausgabe von kartengebundenen Zahlungsinstrumenten oder zur Annahme und Abrechnung von kartengebundenen Zahlungsvorgängen an andere Zahlungsdienstleister oder gibt es gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente heraus, so wird es als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren betrachtet;

32.      ,Co‑branding‘ das Aufnehmen von mindestens einer Zahlungsmarke und mindestens einer Nicht-Zahlungsmarke auf dasselbe kartengebundene Zahlungsinstrument;

…“

10.      Art. 3 Abs. 1 bestimmt:

„Das Interbankenentgelt, das Zahlungsdienstleister bei Debitkartentransaktionen pro Zahlungsvorgang bieten oder verlangen dürfen, beträgt höchstens 0,2 % des Transaktionswerts.“

11.      Art. 4 lautet:

„Das Interbankenentgelt, das Zahlungsdienstleister bei Kreditkartentransaktionen pro Zahlungsvorgang bieten oder verlangen dürfen, beträgt höchstens 0,3 % des Transaktionswerts. Für inländische Kreditkartentransaktionen können die Mitgliedstaaten eine unter diesem Wert liegende Obergrenze für das Interbankenentgelt pro Zahlungsvorgang festlegen.“

12.      Art. 5 sieht vor:

„Für die Zwecke der Anwendung der Obergrenzen nach den Artikeln 3 und 4 wird jede vereinbarte Vergütung, einschließlich Nettovergütungen, mit gleichem Zweck oder gleicher Wirkung wie ein Interbankenentgelt, die ein Emittent von dem Kartenzahlverfahren, dem Acquirer oder einer zwischengeschalteten Stelle in Bezug auf Zahlungsvorgänge oder damit verbundene Tätigkeiten erhält, als Teil des Interbankenentgelts behandelt.“

13.      Art. 7, der auf Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren nicht anwendbar ist, regelt die Trennung von Kartenzahlverfahren und abwickelnden Stellen.

II.    Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

14.      Die American Express Company (im Folgenden: Amex) ist eine internationale Dienstleistungsgesellschaft mit Sitz in New York, die mit Unterstützung ihrer Filialen Zahlungs-, Reise-, Geldwechsel- und Kundenbindungsdienstleistungen anbietet und gleichzeitig in der ganzen Welt einschließlich der Europäischen Union Annahme- und Abrechnungs- sowie Kartenausgabedienste erbringt.

15.      Amex betreibt das American-Express-Kartenzahlverfahren, ein Drei-Parteien-Verfahren. Sie hat in der Union eine bestimmte Anzahl Co‑Branding-Vereinbarungen und Dienstleistungsverträge mit anderen Gesellschaften geschlossen. Nach diesen Vereinbarungen unterliegen die Transaktionen von Amex – vorbehaltlich der Auslegung der Verordnung – den in dieser vorgesehenen Beschränkungen für Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren.

16.      In einer ähnlichen Situation befindet sich die Diners Club International Limited, eine Tochter von Discover Financial Services, die das Diners-Club-Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren betreibt und die Argumentation von Amex in dem Verfahren vor dem vorlegenden Gericht unterstützt.

17.      An diesem Verfahren ist auch die MasterCard Europe SA (im Folgenden: MasterCard) beteiligt, das europäische Haupttochterunternehmen der MasterCard Incorporated. Diese Gesellschaft betreibt weltweit Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren für Kredit- und Debitkarten unter dem Namen MasterCard. Sie wurde vom vorlegenden Gericht als Streithelferin zugelassen und tritt der Argumentation von Amex entgegen.

18.      Amex legte beim vorlegenden Gericht einen Rechtsbehelf ein, der die Verpflichtung oder die Absicht von Her Majesty’s Treasury (Wirtschafts- und Finanzministerium des Vereinigten Königreichs)(7) betrifft, in diesem Mitgliedstaat bestimmte Elemente von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung durchzuführen und anzuwenden.

19.      Der Streit bezieht sich konkret auf zwei der drei in Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung vorgesehenen Fälle, in denen bestimmte Drei-Parteien-Verfahren als Vier-Parteien-Verfahren angesehen werden.

20.      Das vorlegende Gericht merkt an, dass keine Bedenken bestünden und zwischen den Parteien Einigkeit herrsche, soweit es um die Anwendung des ersten in diesen Bestimmungen geregelten Falles gehe: Wenn ein Drei-Parteien-Verfahren Lizenzen zur Ausgabe von kartengebundenen Zahlungsinstrumenten und/oder zur Annahme und Abrechnung von kartengebundenen Zahlungsvorgängen an andere Zahlungsdienstleister vergebe, unterliege es der Verordnung genauso wie die Vier-Parteien-Verfahren.

21.      Die Zweifel beziehen sich auf die beiden anderen Fälle, in denen ein Drei-Parteien-Verfahren „gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente“ ausgibt. Das vorlegende Gericht ersucht den Gerichtshof um die Klärung der Frage, ob in diesen Fällen die Tätigkeiten eines Drei-Parteien-Verfahrens für die Zwecke der Verordnung immer mit denen eines Vier-Parteien-Verfahrens gleichzusetzen sind (ob also dafür ausreicht, dass es einen Co‑Branding-Partner oder einen Vertreter gibt) oder nur dann, wenn diese Partner oder Vertreter darüber hinaus Zahlungsdienstleister sind und die Karten ausgeben.

22.      Sollte ein Drei-Parteien-Verfahren durch die Beteiligung eines Co‑Branding-Partners oder eines Vertreters stets zu einem Vier-Parteien-Verfahren werden, stellt sich dem vorlegenden Gericht schließlich die Frage, ob Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung gültig sind.

23.      Aufgrund dieser Erwägungen hat dieses Gericht dem Gerichtshof mit Entscheidung vom 30. Mai 2016 die folgenden Fragen vorgelegt:

1.      Ist die Bestimmung in Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung 2015/751, wonach ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren, das gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente herausgibt, als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren betrachtet wird, nur anwendbar, soweit der Co‑Branding-Partner oder der Vertreter als „Emittent“ im Sinne von Art. 2 Nr. 2 und dem 29. Erwägungsgrund dieser Verordnung handelt (also, wenn der Partner oder Vertreter mit dem Zahler in einer Vertragsbeziehung steht, in deren Rahmen er sich verpflichtet, ein Zahlungsinstrument zur Veranlassung und Verarbeitung der kartengebundenen Zahlungsvorgänge des Zahlers zur Verfügung zu stellen)?

2.      Für den Fall, dass Frage 1 verneint wird: Sind Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 dieser Verordnung ungültig, soweit sie bestimmen, dass solche Vereinbarungen als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren betrachtet werden, und zwar wegen

a)      Verstoßes gegen die Pflicht zur Begründung nach Art. 296 AEUV,

b)      eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers und/oder

c)      Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit?

24.      Im Verfahren vor dem Gerichtshof haben Amex, MasterCard, die Regierung des Vereinigten Königreichs und die portugiesische Regierung, die Kommission, der Rat und das Europäische Parlament schriftliche Erklärungen eingereicht. An der mündlichen Verhandlung vom 27. April 2017 haben Amex, MasterCard, die Regierung des Vereinigten Königreichs, die Kommission, der Rat und das Europäische Parlament teilgenommen.

III. Würdigung

25.      Die Kommission, das Parlament und der Rat halten die Vorlagefragen für unzulässig. Ich werde auf ihre Einwände eingehen, bevor ich mich hilfsweise mit den Fragen in der Sache befassen werde. Einer – direkten oder subsidiären – inhaltlichen Auseinandersetzung muss zum besseren Verständnis eine Darstellung der Rechtsbeziehungen im Rahmen von Transaktionen mit Zahlungskarten vorausgehen.

A.      Zulässigkeit der Vorlagefragen

26.      Die drei Organe, die die Unzulässigkeit rügen, stützen sich auf folgende Argumente: a) Es gebe keinen wirklichen Rechtsstreit zwischen den Parteien, denn der auf eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit („judicial review“) der „Absicht und/oder Verpflichtung“ der Regierung des Vereinigten Königreichs, eine Verordnung anzuwenden, gerichtete Antrag sei in Wahrheit eine Umgehung des durch den AEUV geschaffenen Systems der Anfechtung, b) die aufgeworfene Frage sei hypothetischer Natur, und c) das vorlegende Gericht lege weder die relevanten tatsächlichen und rechtlichen Umstände noch die Gründe dar, die es dazu bewogen hätten, die Gültigkeit von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung in Frage zu stellen.

27.      Gewiss ist dieses Vorabentscheidungsersuchen atypisch und weist eine Reihe von Besonderheiten auf, die es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs und gemäß Art. 94 seiner Verfahrensordnung rechtfertigen könnten, es als unzulässig anzusehen.

28.      Erstens stellt das vorlegende Gericht den Sachverhalt des Rechtsstreits nicht dar. Es führt lediglich aus, der Antrag von Amex habe „die Verpflichtung oder die Absicht des Antragsgegners [des Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen des Vereinigten Königreichs], im Vereinigten Königreich bestimmte Aspekte von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung anzuwenden“, zum Gegenstand. Die Art und Weise, wie die britischen Behörden diese Bestimmungen anwenden wollen, wird ebenso wenig konkretisiert, wie erwähnt wird, ob eine solche Anwendung durch die Behörden bereits erfolgt ist.

29.      Zweitens geht aus dem Vorlagebeschluss hervor, dass Amex als Antragstellerin und das Wirtschafts- und Finanzministerium des Vereinigten Königreichs als Antragsgegner sich über die Lösung des Rechtsstreits einig sind. Der Antragsgegner widerspricht dem von der Gesellschaft gestellten Antrag in Wahrheit gar nicht. Er hat sogar mit der Antragstellerin zusammengearbeitet, um eine Vorabentscheidung zu erwirken.

30.      Drittens beschränkt sich das Gericht darauf, die Argumente der Parteien zu übernehmen, ohne seine eigenen Gründe für die Vorlageentscheidung zu erläutern, und es gibt auch nicht an, warum seine Fragen zur Lösung des (vorgeblichen) Rechtsstreits zwingend erforderlich sind. In Wirklichkeit übermittelt es dem Gerichtshof ein von den Parteien erstelltes Dokument, das es in seinen Beschluss aufnimmt(8).

31.      Ein unter solchen Umständen gestelltes Vorabentscheidungsersuchen sollte der Gerichtshof nicht zulassen.

32.      Allerdings gibt es hier einen außergewöhnlichen Umstand, der das Vorgehen des Gerichts vielleicht erklären kann. Die Fragen wurden im Rahmen eines Rechtsbehelfs („judicial review“) aufgeworfen, der auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der „Absicht und/oder Verpflichtung“ des Vereinigten Königreichs gerichtet ist, eine aus dem Unionsrecht abgeleitete Rechtsnorm anzuwenden. Es handelt sich um ein Verfahren sui generis des britischen Rechts, das, so wie es in der Praxis angewandt wird, den Beteiligten ermöglicht, die Auslegung oder Nichtigerklärung eines Rechtsakts zu beantragen, der (noch) nicht auf sie angewandt worden ist.

33.      Meines Erachtens ist der Gerichtshof bislang recht großzügig gewesen, was die Zulässigkeit von im Rahmen solcher Verfahren gestellten Vorlagefragen britischer Gerichte anbelangt, sofern es um die Prüfung der Gültigkeit von Unionsrecht geht(9). Dieser Ansatz bietet den Parteien eines Rechtsstreits im Vereinigten Königreich (im Gegensatz zu anderen Mitgliedstaaten) meines Erachtens die Möglichkeit, die Gültigkeit unionsrechtlicher Bestimmungen mit allgemeiner Geltung in Frage zu stellen, noch bevor diese im innerstaatlichen Recht Rechtswirkungen entfalten können(10). Auf diesen Aspekt werde ich später noch einmal zurückkommen.

34.      Gleichwohl sprechen mehrere Gründe für die Zulässigkeit. Erstens vermutet der Gerichtshof wegen des dem nationalen Gericht hinsichtlich der Erforderlichkeit der Vorlage zustehenden Ermessens die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen. Dabei handelt es sich allerdings um eine widerlegbare Vermutung(11).

35.      Darüber hinaus hat der Gerichtshof schon früher Vorlagefragen britischer Gerichte beantwortet, die im Rahmen solcher Judicial-review-Verfahren vorgelegt worden sind(12). Zwar betrafen die meisten dieser Präzedenzfälle die Auslegung von Richtlinien, ich sehe aber keine unüberwindbaren Hürden, diese Rechtsprechung auf die Auslegung und die Gültigkeit einer Verordnung zu erstrecken(13).

36.      Eine Verordnung gilt unmittelbar (Art. 288 Abs. 2 AEUV), weshalb die Mitgliedstaaten keine sie betreffenden Durchführungsbestimmungen erlassen können, es sei denn, die Verordnung selbst sieht dies vor(14). Allerdings müssen Verordnungen häufig von den nationalen Verwaltungsbehörden angewandt werden, und nicht selten kommen den nationalen Gerichten im Hinblick auf diese Anwendung Zweifel, was die Auslegung einiger Bestimmungen der Verordnung oder deren Gültigkeit anbelangt(15).

37.      Das ist auch hier der Fall, denn Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung lassen sich auf mindestens zwei Arten auslegen und auf Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren anwenden, und es gibt Gründe, die gegen die Gültigkeit dieser Bestimmungen sprechen.

38.      In der Rechtsprechung des Gerichtshofs wird die Zulässigkeit von Vorlagefragen darüber hinaus auch nicht davon abhängig gemacht, dass Maßnahmen zur Durchführung eines Rechtsakts der Union tatsächlich in das nationale Recht umgesetzt worden sind. Es genügt, dass das Gericht mit einem realen Rechtsstreit befasst ist, in dem die Auslegung oder die Gültigkeit des Rechtsakts als Vorfrage von Bedeutung und streitig ist.

39.      Drittens hat das vorlegende Gericht den Ausgangsrechtsstreit zugelassen, was bedeutet, dass dieser seiner Ansicht nach gemäß den geltenden Bestimmungen seines nationalen Rechts eingeleitet worden ist(16). Über die Auslegung und die Gültigkeit der beiden genannten Artikel schon vor ihrer Anwendung durch die Verwaltung zu entscheiden, scheint keine verfahrensrechtlichen Probleme aufzuwerfen.

40.      Schließlich ist die vom nationalen Gericht bei der Abfassung der Vorlageentscheidung angewandte Technik ohne Zweifel verbesserungswürdig, beschränkt es sich doch darauf, die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen der Parteien zu übernehmen, ohne eine eigene Darstellung zu geben(17). Insgesamt betrachtet, erlaubt es der Beschluss aber, sich von diesen tatsächlichen und rechtlichen Elementen ein Bild zu machen(18), und er hat den Beteiligten (der Kommission, dem Rat, dem Europäischen Parlament, der britischen und der portugiesischen Regierung sowie Amex und MasterCard) die Möglichkeit eröffnet, gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs Erklärungen abzugeben.

41.      Auch wenn dies starke Argumente sind, wiegen meines Erachtens zwei Argumente gegen die Zulässigkeit schwerer.

42.      Verfahren wie dieses bieten Personen, die vor britischen Gerichten Klage erheben, die Möglichkeit, die Beschränkungen der Aktivlegitimation zu „umgehen“, die für Klagen auf Nichtigerklärung von Rechtsakten der Union mit allgemeiner Geltung bestehen. Die Nutzung des Vorabentscheidungsverfahrens in der Weise, wie sie hier erfolgt ist, räumt ihnen einen unbestreitbaren prozessualen Vorteil ein, nämlich die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit solcher Rechtsakte schon vor ihrer Anwendung durch die Verwaltung und im Hinblick auf zukünftige, nicht gegenwärtige Auswirkungen auf die Rechtslage der Betroffenen in Frage zu stellen(19).

43.      Die Zulassung solcher Vorlagen könnte zu einer Diskriminierung bei der Verwendung des Instruments des Vorabentscheidungsersuchens zum Nachteil der Beteiligten aus den übrigen Mitgliedstaaten führen, die warten müssen, bis sie von einem Verwaltungshandeln betroffen sind, bevor sie dagegen vorgehen und gegebenenfalls die Nichtigerklärung sowohl des individuellen Rechtsakts als auch der unionsrechtlichen Bestimmung, die ihm als Grundlage dient, beantragen können.

44.      Nach der Systematik der Rechtsbehelfe im Unionsrecht kann die Nichtigerklärung nur von Klägern beantragt werden, die über eine allgemeine Aktivlegitimation verfügen, oder von unmittelbar und individuell von einem bestimmten Rechtsakt betroffenen Personen. Während Letztere fristgerecht Klage auf Nichtigerklärung vor dem Gericht erheben müssen, ist ihnen die Möglichkeit verwehrt, bereits vorher oder gleichzeitig darauf hinzuwirken, dass das nationale Gericht ein Vorabentscheidungsersuchen zur Frage der Gültigkeit vorlegt(20).

45.      Das zuletzt genannte Merkmal des Systems der Rechtsbehelfe gegen Rechtsakte der Union könnte meines Erachtens ausgehöhlt werden, wenn Vorabentscheidungsersuchen wie dieses allgemein zugelassen würden. Dass ich mich für die Unzulässigkeit ausspreche, soll keine – auch keine indirekte – Kritik an den Merkmalen des Judicial-review-Verfahrens sein, dessen Flexibilität ich sehr lobenswert finde. Die Autonomie der Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung des nationalen Verfahrensrechts ermöglicht ihnen, ihr System von Rechtsbehelfen so zu strukturieren, wie es ihnen am zweckmäßigsten erscheint. Allerdings sind bei Vorabentscheidungsersuchen zwingend Art. 267 AEUV und die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Bedingungen zu berücksichtigen, unter denen die Gültigkeit von Rechtsakten der Union – sowohl auf direktem Weg als auch mittels Vorabentscheidungsersuchen – angefochten werden kann.

46.      Darüber hinaus gab es hier, wie schon angemerkt, vor dem nationalen Gericht gar keinen wirklichen Streit zwischen Amex und der britischen Verwaltung. Beide vertreten dieselbe These, und sie wenden sich nicht an das Gericht, um eine wirkliche Auseinandersetzung beizulegen, über deren Lösung sie uneins sind, sondern nur, damit dieses dem Gerichtshof die Fragen vorlegt, die sie selbst vorbereitet haben.

47.      Das typische (und entscheidende) Merkmal von Rechtsstreitigkeiten ist, dass sich konträre, nicht übereinstimmende Auffassungen gegenüberstehen. Im Gegensatz dazu ist das, was sich hier zeigt, ein konstruiertes, einvernehmlich eingeleitetes Verfahren mit dem alleinigen Zweck, eine Entscheidung des Gerichtshofs herbeizuführen, ohne dass überhaupt eine wirkliche Meinungsverschiedenheit zwischen Antragstellerin und Antragsgegner besteht. In Wahrheit ähnelt es einem Ersuchen an den Gerichtshof um Erstellung eines Gutachtens zur Klärung bestimmter Zweifel betreffend die Auslegung und die Gültigkeit der Verordnung.

48.      Unter diesen Umständen spreche ich mich dafür aus, dass der Gerichtshof die Vorlagefragen als unzulässig zurückweist. Für den Fall, dass der Gerichtshof diesem Vorschlag nicht folgt, gehe ich im Folgenden auf die vorgelegten Fragen in der Sache ein.

B.      Allgemeine Erwägungen zu Kartenzahlverfahren

49.      An jedem Kauf mittels Zahlungskarte sind normalerweise beteiligt: a) der Karteninhaber, b) das Finanzinstitut – meistens eine Bank –, das diese Karte ausgibt und ihren Kunden zur Verfügung stellt (im Folgenden: kartenausgebende Bank(21)), c) der Händler, der seine Waren verkauft oder seine Dienste erbringt, die mit der Karte bezahlt werden, d) das Finanzinstitut, das diesem Händler Dienste anbietet, die ihm ermöglichen, die Karte anzunehmen, und bei dem es sich gewöhnlich ebenfalls um eine Bank handelt, die im Jargon dieser Transaktionen als „Erwerber-Bank“ oder „Acquirer“ bezeichnet wird, und e) die Betreiber von Kartenzahlverfahren wie etwa Visa, MasterCard, American Express und Diners Club. Darüber hinaus können auch lokale Netzwerke zur Verarbeitung von kartengebundenen Transaktionen beteiligt sein.

50.      Die Zahlung mit Karte schafft ein komplexes Geflecht aus Rechtsbeziehungen zwischen diesen Beteiligten(22). Erstens gibt es einen Vertrag über die Ausgabe der Zahlungskarte zwischen dem Karteninhaber und der kartenausgebenden Bank, wofür der Inhaber der Bank üblicherweise ein Entgelt zahlt. Die kartenausgebenden Banken genehmigen den Auftrag des Verbrauchers und überprüfen in diesem Zusammenhang, ob das Konto ein ausreichendes Guthaben aufweist (Debitkarte) oder der zu zahlende Betrag von dem verfügbaren Kreditlimit gedeckt ist (Kreditkarte).

51.      Zweitens besteht zwischen dem Händler und dem Acquirer ein Anschlussvertrag, auf dessen Grundlage der Acquirer für den Händler die Dienstleistungen erbringt, die für die Annahme von Karten als Zahlungsmittel unabdingbar sind. Der Händler akzeptiert einen Abzug auf den Endpreis seiner Waren oder Dienstleistungen (in dem die Interbankenentgelte enthalten sind) als Gegenleistung für die von der Bank zur Verfügung gestellte Hard- oder Software (in Form eines Kassenterminals oder eines mit der Webseite des Geschäfts verknüpften Zahlungs-Gateways), die dazu dient, die Zahlungsanweisungen des Verbrauchers entgegenzunehmen und die Zahlungen für die vom Unternehmen vorgelegten Kauftransaktionen zu tätigen. Darüber hinaus erfassen die Acquirer die Transaktionsdaten, übermitteln sie den abwickelnden Stellen und überweisen die Beträge – nach Abzug der Interbankenentgelte und des Nachlasses – an den Händler.

52.      Die Betreiber der Kartenzahlverfahren bewirken die Vergütung und die Abwicklung der Zahlungsaufträge, wofür sie von den Banken (Emittenten und Acquirern), die Lizenznehmer ihrer Marken sind, ein Entgelt erhalten.

53.      Schließlich wird durch die Einbindung der die Zahlungen abwickelnden Stellen zwischen diesen und den Betreibern der Kartenzahlverfahren ein Markenlizensierungs- und ‑nutzungvertrag geschlossen. Die abwickelnden Stellen sind ein Instrument, an dem die Finanzinstitute an deren Sitz gemeinsam beteiligt sind, und die Interbankenentgelte werden gewöhnlich kollektiv vereinbart.

54.      Je nach den Beteiligten gestalten die Betreiber der Kartenzahlverfahren ihre Aktivitäten nach zwei Modellen: Vier-Parteien- oder offene Verfahren und Drei-Parteien- oder geschlossene Verfahren.

55.      Die Vier-Parteien-Verfahren (Visa und MasterCard) sind führend auf dem Markt. Bei diesen vermittelt das Kartenzahlverfahren die Zahlungen vom Konto eines Zahlers (Verbrauchers) auf das eines Begünstigten (Händlers). Beteiligt sind die kartenausgebende Bank des Verbrauchers und der Acquirer, der die benötigte Hard- oder Software zur Verfügung stellt, durch die der Händler die Zahlung empfangen kann(23).

56.      Die Vier-Parteien-Verfahren werden so genannt, weil an ihnen vier Parteien (der Karteninhaber und seine kartenausgebende Bank sowie der Zahlungsempfänger und sein Acquirer) zusammen mit der Betreibergesellschaft des Zahlverfahrens beteiligt sind. Sie sind offen, weil neben der Betreibergesellschaft des Zahlverfahrens zwei weitere Finanzinstitute beteiligt sind.

57.      Bei diesen Verfahren erhält die kartenausgebende Bank vom Acquirer ein Entgelt („Interbankenentgelt“) für die Kosten, die sie nicht über die beim Karteninhaber erhobenen Entgelte (u. a. für die Ausgabe oder die jährliche Bereitstellung der Karte) ausgleichen kann.

58.      Dieses Interbankenentgelt wird wiederum vom Acquirer auf den Händler übergewälzt; es ist ein weiterer Kostenfaktor, der gemeinsam mit anderen für die erbrachten Finanzdienstleistungen anfallenden Kosten das sogenannte Händlerentgelt ausmacht. Das Interbankenentgelt stellt die Untergrenze und einen wichtigen Baustein der vom Acquirer auf den Händler übergewälzten Finanzierungskosten dar, und üblicherweise schlägt der Händler seinerseits diese Kosten auf die Kaufpreise für die Verbraucher auf.

59.      Das andere Modell der Kartenzahlverfahren ist das Drei-Parteien- oder geschlossene Verfahren wie z. B. American Express oder Diners Club, in dem es eine unmittelbare Rechtsbeziehung des Verbrauchers (und Karteninhabers) und des Händlers zum kartenausgebenden Zahlverfahren gibt. Dies ist der Grund für die Bezeichnung als Drei-Parteien-Verfahren, denn andere Finanzinstitute sind nicht beteiligt, es handelt sich also um geschlossene Systeme.

60.      Bei einer Transaktion mittels eines Drei-Parteien-Verfahrens ist nur ein Finanzdienstleister beteiligt, der die Rolle des Emittenten und des Acquirers übernimmt. Da es weder eine kartenausgebende Bank noch einen Acquirer gibt, gibt es folglich auch kein Interbankenentgelt. Das Drei-Parteien-Verfahren kann die Entgelte, die es von den Händlern für die erbrachten Finanzdienste verlangt, ohne Einschränkung individuell aushandeln.

61.      In der Europäischen Union erzielen die Drei-Parteien-Verfahren ein sehr viel geringeres Transaktionsvolumen als die Vier-Parteien-Verfahren und bemühen sich um die Gewinnung bestimmter Kategorien von Verbrauchern. Da die Drei-Parteien-Verfahren keine beherrschende Stellung auf dem Markt der Zahlungskarten haben, können die Händler praktisch frei entscheiden, ob sie deren Karten akzeptieren.

62.      Allerdings gibt es Verfahren, die keine echten Drei-Parteien-Verfahren sind und deren Funktionsweise sich von der soeben beschriebenen unterscheidet. Dies ist der Fall, wenn Markenlizensierungs- und ‑nutzungsverträge mit anderen Finanzinstituten geschlossen werden, damit diese als Emittenten der Zahlungskarten auftreten. In diesen Fällen sind die vereinbarten Entgelte mit den Interbankenentgelten vergleichbar.

63.      Außerdem gibt es die sogenannten „erweiterten Drei-Parteien-Verfahren“, bei denen ein Verfahren seine Aktivitäten durch eine Zusammenarbeit mit Dritten ausdehnt, indem es die Karten entweder „gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner“ (im Folgenden: Erweiterung durch Co‑Branding)(24) oder „mittels eines Vertreters“ (im Folgenden: Erweiterung durch Vertreter) ausgibt. In beiden Fällen könnten die Beträge, die zwischen dem Drei-Parteien-Verfahren und den anderen Markeninhabern oder Vertretern fließen, mit den Interbankenentgelten bei Vier-Parteien-Verfahren vergleichbare Entgelte darstellen. Um die Klärung dieser Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof.

64.      Die Interbankenentgelte erhöhen die Kosten für Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kartenzahlungen zum Nachteil der Verbraucher und sind zudem in den verschiedenen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich hoch(25). Aus diesen Gründen hat die Union zunächst eine Senkung der Beträge durch die Anwendung der Wettbewerbsschutzbestimmungen angestrebt und danach die Harmonisierung der Rechtsvorschriften im Rahmen der Weiterentwicklung der gemeinsamen Bestimmungen für den Bereich des Zahlungsverkehrs in Angriff genommen.

65.      Die Kommission wandte die Wettbewerbsbestimmungen auf die MIF von Visa(26) und von MasterCard(27) an. Diese Entgelte stellten einen gemeinsamen Kostenfaktor dar, der von allen Acquirern getragen wurde, die einem Vier-Parteien-Verfahren angehörten, und dessen Höhe als „Mindestpreis“ diente, wenn diese Banken mit ihren eigenen Kunden (den Händlern) die Preise für die von ihnen erbrachten Dienste vereinbarten.

66.      Nach Ansicht der Kommission waren die MIF‑Vereinbarungen der Vier-Parteien-Verfahren nicht mit dem Unionsrecht vereinbar, weil die Banken kollektiv einen Mindestpreis gegenüber den Händlern festgelegt hatten; dies wurde letztlich vom Gerichtshof bestätigt(28).

67.      Auf diese Weise erreichte die Kommission, dass Visa und MasterCard Verpflichtungen zu einer erheblichen Senkung der MIF eingingen, die bei Transaktionen mit Kreditkarten auf bis zu 0,3 % und bei Transaktionen mit Debitkarten auf bis zu 0,2 % reduziert wurden.

68.      Diese Maßnahmen erwiesen sich allerdings als unzureichend, um die Interbankenentgelte zu kontrollieren(29). Der Wettbewerb zwischen den Kartenzahlverfahren, die versuchen, Zahlungsdienstleister dazu zu bewegen, die jeweils eigenen Karten auszugeben, zieht paradoxerweise – im Gegensatz zur preissenkenden Wirkung, die der Wettbewerb in einer Marktwirtschaft in der Regel hat – nicht eine Senkung, sondern einen Anstieg dieser Entgelte nach sich(30). Dieser Umstand rechtfertigte den Erlass der Verordnung, die neben anderen regulatorischen Maßnahmen, die die Rechtsbeziehungen zwischen den verschiedenen an Transaktionen mit Zahlungskarten beteiligten Rechtssubjekten betreffen, eine gesetzlich vorgeschriebene Kontrolle der Obergrenzen für Interbankenentgelte vorsieht. Mit ihr soll verhindert werden, dass Interbankenentgelte ein Hindernis für die Entwicklung eines Binnenmarkts für den Zahlungsverkehr in der Union darstellen.

C.      Erste Frage: Anwendbarkeit der Verordnung auf Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Erweiterung

69.      Ich habe schon darauf hingewiesen, dass weder das vorlegende Gericht noch die Parteien die Einstufung eines Drei-Parteien-Verfahrens, das Lizenzen zur Ausgabe seiner Karten oder zur Annahme und Abrechnung von Zahlungsvorgängen mit seinen Karten oder beides an andere Zahlungsdienstleister vergibt, als Vier-Parteien-Verfahren gemäß Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung in Zweifel ziehen(31).

70.      Die Zweifel des vorlegenden Gerichts und die Ansichten der Parteien betreffen die beiden anderen in Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung vorgesehenen Fälle, d. h. die Fälle, in denen ein Drei-Parteien-Verfahren „gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente“ ausgibt. Der Gerichtshof hat darüber zu entscheiden, ob in diesen beiden Fällen Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung als Vier-Parteien-Verfahren einzuordnen sind oder ob das nur dann der Fall ist, wenn der Partner oder der Vertreter die Kartenausgabe und/oder die Annahme und Abrechnung der Zahlungsvorgänge übernimmt.

71.      Der Wortlaut von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung ist nicht ganz eindeutig, und diese Mehrdeutigkeit lässt sich auch nicht durch bloße Lektüre der Bestimmungen auflösen.

72.      Amex und die britische Regierung sprechen sich für eine enge Auslegung der beiden Bestimmungen aus. Ihrer Ansicht nach sind nur solche Drei-Parteien-Verfahren als Vier-Parteien-Verfahren einzuordnen, bei denen der Partner oder der Vertreter, der als Erweiterung des Verfahrens auftritt, Karten ausgibt oder Zahlungen annimmt. Im Gegensatz dazu vertreten MasterCard, die portugiesische Regierung und die Kommission eine weite Auslegung dieser Bestimmungen, nach der alle Fälle der Erweiterung eines Drei-Parteien-Verfahrens durch einen Co‑Branding-Partner oder einen Vertreter als Vier-Parteien-Verfahren einzuordnen sind.

73.      Die Entscheidung für die eine oder die andere Auslegungsvariante hat erhebliche Auswirkungen. Nach der engen Auslegung sind auf diese Kategorie von Drei-Parteien-Verfahren (mit Erweiterung durch Co‑Branding oder durch Vertreter) gemäß Art. 1 Abs. 3 und 4 der Verordnung diverse Beschränkungen nicht anwendbar. Insbesondere würden Entgelte, die im Rahmen solcher Verfahren vereinbart werden, nicht als Interbankenentgelte gelten, weshalb sie die erwähnten Obergrenzen (von 0,2 % für Debitkarten und 0,3 % für Kreditkarten) nicht einhalten müssten. Sie wären auch nicht vom Verbot der Umgehung dieser Obergrenzen durch Vereinbarung von Entgelten mit gleicher Wirkung wie ein Interbankenentgelt betroffen. Darüber hinaus unterlägen sie nicht der Verpflichtung zur Trennung von Kartenzahlverfahren und abwickelnden Stellen (Art. 7 der Verordnung).

74.      Ich möchte vorwegnehmen, dass ich mich für eine weite Auslegung von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung aussprechen werde. Um den Sinn dieser Bestimmungen zu erschließen, werde ich wie üblich auf die grammatikalische, die systematische und die teleologische Auslegung zurückgreifen.

1.      Grammatikalische Auslegung

75.      Der einschlägige Wortlaut von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung ist identisch, und aus ihm ergibt sich, dass die Drei-Parteien-Verfahren in drei Fällen mit den Vier-Parteien-Verfahren gleichzusetzen sind:

–        Drei-Parteien-Verfahren, die Lizenzen zur Ausgabe ihrer Karten oder zur Annahme und Abrechnung von Zahlungsvorgängen mit ihren Karten an andere Zahlungsdienstleister vergeben (unechte Drei-Parteien-Verfahren)(32),

–        Drei-Parteien-Verfahren, die gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner kartengebundene Zahlungsinstrumente ausgeben (Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung durch Co‑Branding)(33), und

–        Drei-Parteien-Verfahren, die mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente ausgeben (Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung durch Vertreter).

76.      Die beiden letzten Kategorien sind auf dem Markt am stärksten vertreten. Bei ihnen sind die Inhaber der zweiten Marke oder die Vertreter keine Finanzinstitute oder treten nicht als solche auf. Daher geben sie weder die Karten aus, noch übernehmen sie die Annahme und Abrechnung von Zahlungsvorgängen, sondern sie bieten dem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren lediglich Zugang zu ihrem Kundenstamm.

77.      Die untersuchten Bestimmungen sagen nichts dazu, ob die Dritten, die mit Drei-Parteien-Verfahren solche Vereinbarungen schließen, die „kartengebundene Zahlungsinstrumente ausgeben“ und/oder „die Annahme und Abrechnung von Zahlungsvorgängen“ übernehmen müssen. Dieser Umstand ist gerade für die unechten Drei-Parteien-Verfahren charakteristisch. Wenn in einer Vereinbarung über Co‑Branding oder Vertretung festgelegt wird, dass der Kooperationspartner als Emittent(34) oder Acquirer(35) auftritt, liegt kein Fall der Erweiterung, sondern die Vergabe einer Lizenz vor.

78.      Die portugiesische Regierung macht zu Recht geltend, dass eine andere Auslegung keinen Sinn ergäbe, weil sie dazu führen würde, dass die beiden zuletzt in Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung aufgeführten Fälle bereits von dem zuerst genannten Fall umfasst wären.

79.      Die Auslegung dieser beiden Bestimmungen nach dem Wortlaut spricht daher dafür, sämtliche Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung durch Co‑Branding oder durch Vertreter den Vier-Parteien-Verfahren gleichzusetzen, unabhängig davon, ob die Partner oder die Vertreter Zahlungsdienstleister sind(36) und ob sie Karten ausgeben oder Zahlungsvorgänge annehmen oder abrechnen.

80.      Die britische Regierung und Amex treten dieser Auslegung entgegen. Ihrer Ansicht nach sprechen Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung von Drei-Parteien-Verfahren, die kartengebundene Zahlungsinstrumente „gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner“ und „mittels eines Vertreters“ ausgeben. Die Worte „gemeinsam mit“ und „mittels“ zeigten, dass der Co‑Branding-Partner oder der Vertreter an der Kartenausgabe beteiligt sein müsse, damit diese Bestimmung gemeinsam mit anderen Bestimmungen der Verordnung in diesen rechtlichen Rahmen passe.

81.      Wie ich soeben dargelegt habe, teile ich diese Ansicht nicht, die sich in Wirklichkeit nicht auf den Wortlaut stützt, sondern auf die systematische Auslegung, zu der ich im zweiten Abschnitt kommen werde.

2.      Systematische und teleologische Auslegung

82.      In Wirklichkeit stützen sich die britische Regierung und Amex für ihre Auffassung auf die systematische Auslegung, wobei sie auf die Begriffe des Emittenten und der Kartenausgabe in Art. 2 Nr. 2 und im 29. Erwägungsgrund(37) der Verordnung verweisen. Daraus leiten sie ab, dass Co‑Branding-Partner oder Vertreter, die dem Zahler keine Zahlungskarten zur Verfügung stellten, keine Zahlungsvorgänge an Terminals oder entsprechenden Stellen autorisierten und dem Acquirer nicht die Zahlung für Zahlungsvorgänge garantierten, nicht als Partei eingeordnet werden könnten, mit der gemeinsam (oder mittels deren) ein Drei-Parteien-Verfahren kartengebundene Zahlungsinstrumente ausgebe.

83.      Auf derselben Linie argumentieren Amex und die britische Regierung, falls der Co‑Branding-Partner oder der Vertreter seine Tätigkeit auf den Vertrieb der Karten, die Erbringung technischer Dienste oder die reine Verarbeitung und Speicherung von Daten beschränke, trete er nicht als Emittent auf, so dass die Vereinbarungen über die Erweiterung des Drei-Parteien-Verfahrens nicht unter Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung fielen, weshalb diese nicht mit Vier-Parteien-Verfahren gleichgesetzt werden könnten.

84.      Dieser Ansatz wird nach Ansicht der britischen Regierung und Amex durch den 28. Erwägungsgrund(38) der Verordnung untermauert, nach dem die Drei-Parteien-Verfahren den Vier-Parteien-Verfahren nur gleichzusetzen seien, wenn bei Ersteren ein anderer Zahlungsdienstleister als Emittent oder Acquirer auftrete. Da Vereinbarungen mit Co‑Branding-Partnern oder Vertretern, die nicht als Emittenten oder Acquirer aufträten, nicht erwähnt würden, müsse man daraus folgern, dass in diesen Fällen implizite Entgelte, die mit den Interbankenentgelten vergleichbar seien, nicht anfielen. Daher sei die Gleichsetzung solcher Verfahren mit Vier-Parteien-Verfahren nicht gerechtfertigt.

85.      Amex fügt hinzu, diese Auslegung von Art. 1 Abs. 5 stehe in Einklang mit der Logik der Bestimmung, weil in den drei von ihr erfassten Fällen ein zusätzlicher, nicht zum Drei-Parteien-Verfahren gehörender Zahlungsdienstleister tätig werden müsse, der Entgelte erhalte, was dazu führe, dass diese Fälle genauso wie die Vier-Parteien-Verfahren behandelt werden müssten.

86.      Ich bin jedoch der Ansicht, dass diese Auslegung der Begriffe „Ausgabe“ (von Karten), „Co‑Branding“ und „Vertreter“ zu einem Ergebnis führt, dass zu dem Kontext, der Systematik und den Zwecken der Richtlinie in Widerspruch steht. Im Gegensatz zu anderen Begriffen sind diese Begriffe in der fraglichen Bestimmung nicht definiert, und nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs müssen sie in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten, weil für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verwiesen wird(39).

87.      Wie ich bereits angemerkt habe, unterscheiden Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung nicht zwischen Fällen der Erweiterung (durch Co‑Branding oder durch Vertreter), in denen der Partner oder der Vertreter ein Zahlungsdienstleister ist, der Karten ausgibt und/oder kartengebundene Zahlungen annimmt, und solchen, in denen der Partner oder der Vertreter sich auf Tätigkeiten anderer Art beschränkt. Die Kommission merkt zu Recht an, dass diese Differenzierung sich aus der von Amex vertretenen Auslegung ergebe; wo aber die Bestimmung keine Differenzierung vorsehe, dürfe diese nicht das Ergebnis der Auslegung sein.

88.      Gegen diese Differenzierung spricht, dass der Begriff „Co‑Branding“ in Art. 2 Nr. 32(40) der Verordnung sie nicht vorsieht. Diese Vorschrift bestimmt vielmehr, dass beim Co‑Branding die Zahlungsmarke (z. B. Amex) sowie mindestens eine „Nicht-Zahlungsmarke“ aufgenommen werden, die einem Unternehmen gehört, das kein Finanzdienstleister ist(41).

89.      Darüber hinaus stützt sich die Differenzierung der beiden Arten von Erweiterungen danach, ob der Co‑Branding-Partner oder der Vertreter als Finanzinstitut auftritt, auf eine Lektüre von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 in Verbindung mit dem 29. Erwägungsgrund der Verordnung, die mich ebenfalls nicht überzeugt.

90.      In diesen Artikeln ist von Drei-Parteien-Verfahren die Rede, „die gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente herausgeben“. Daher sind die Drei-Parteien-Verfahren die Ausgeber der Zahlungsinstrumente. Nichts in diesen beiden Bestimmungen deutet an, dass die Co‑Branding-Partner oder die Vertreter diejenigen sein müssen, die die Zahlungskarten ausgeben und/oder die mit ihnen durchgeführten Zahlungen annehmen und abrechnen.

91.      Wie das vorlegende Gericht in den Rn. 29 bis 31 seiner Entscheidung anmerkt, werden Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung durch Co‑Branding oder durch Vertreter in den meisten Fällen mit Unternehmen abgeschlossen, die keine Finanzdienstleister sind(42). Solche Erweiterungen stellen ein gemeinsames Marketing dar, bei dem beide Unternehmen ihren jeweiligen Kundenstamm miteinander teilen und die Kunden zum Verbrauch der Güter und Dienstleistungen anregen, die beide jeweils anbieten. Für Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren stellen solche Erweiterungen eine wichtige Möglichkeit dar, Zugang zu neuen Kunden zu erhalten, weil sie im Gegensatz zu Vier-Parteien-Verfahren nicht von der Zusammenarbeit mit anderen Finanzinstituten profitieren.

92.      Für die systematische Auslegung sind darüber hinaus, wie die Kommission anmerkt, auch die Begriffe „Nettovergütung“ und „Interbankenentgelt“ zu berücksichtigen, die in Art. 2 Nrn. 10 und 11 der Verordnung definiert sind, sowie wie die im 31. Erwägungsgrund(43) erwähnten impliziten Interbankenentgelte und das Verbot, die festgelegten Obergrenzen zu umgehen (Art. 5).

93.      Die systematische Auslegung dieser Bestimmungen spricht daher für eine weite Auslegung des Begriffs des Interbankenentgelts. Andernfalls wäre es für Drei-Parteien-Verfahren einfach, die Bestimmungen, die dessen Höhe begrenzen, durch den Rückgriff auf indirekte Zahlungen oder Vergütungen zu umgehen. Auf solche Umgehungen zielt Art. 5 der Verordnung ab, der von einer weiten Auslegung des Begriffs ausgeht: Das Interbankenentgelt umfasst jede vereinbarte Vergütung einschließlich der Nettovergütung, die den gleichen Zweck oder die gleiche Wirkung hat und an den Acquirer oder eine beliebige andere im Rahmen von Zahlungsvorgängen oder damit verbundenen Tätigkeiten zwischengeschaltete Stelle gezahlt wird.

94.      Der Begriff des Interbankenentgelts muss daher den Nettogesamtbetrag aller Zahlungen, Rabatte und Anreize umfassen, die vom Kartenzahlverfahren an den Co‑Branding-Partner und/oder den Vertreter geleistet werden (Nettovergütung). D. h., er muss sich auf sämtliche Entgelte oder Vergütungen erstrecken, die direkt oder indirekt gezahlt werden. Der 31. Erwägungsgrund erwähnt sowohl direkte (d. h. volumenbasierte oder vorgangsspezifische) als auch indirekte Zahlungen (einschließlich Marketing-Anreizen, Prämien, Rabatten für die Erreichung bestimmter Transaktionsvolumina usw.). Er erstreckt sich insbesondere auf Gewinne der Emittenten aus Sonderprogrammen, die gemeinsam von diesen Unternehmen und den Kartenzahlverfahren durchgeführt werden.

95.      Die Entgelte, die ein Drei-Parteien-Verfahren direkt oder indirekt an die Unternehmen oder die Vertreter zahlen könnte, mit denen die Erweiterung vereinbart wird, haben meiner Ansicht nach den gleichen Zweck und/oder die gleiche Wirkung wie die Vergütungen, die in Vier-Parteien-Verfahren als Interbankenentgelte anzusehen sind(44).

96.      Nach der Logik und dem Zweck der Verordnung ist davon auszugehen, dass Entgelte, die von einem Drei-Parteien-Verfahren an einen mit ihm zusammenarbeitenden Dritten (wie ein Co‑Branding-Unternehmen oder einen Vertreter) gezahlt werden, auf den Preis der Dienstleistungen aufgeschlagen und vom Verbraucher getragen werden. Es sind zweifellos indirekte Entgelte, die als Gegenleistung für die Möglichkeit gezahlt werden, Zugang zum Kundenstamm der kooperierenden Unternehmen zu erhalten, aber es handelt sich trotzdem um Entgelte, die die gleiche Wirkung haben wie die Interbankenentgelte in Vier-Parteien-Verfahren oder in unechten Drei-Parteien-Verfahren.

97.      Darüber hinaus gelten die Gründe, die die Nichtanwendung der Obergrenzen für Interbankenentgelte in echten Drei-Parteien-Verfahren rechtfertigen, nicht bei Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung durch Co‑Branding oder durch Vertreter.

98.      Da sie mit der Unterstützung einer zwischengeschalteten Stelle gegenüber den Verbrauchern auftreten, die Kartenzahlungen nutzen (im Unterschied zu echten Drei-Parteien-Verfahren), besteht die Gefahr, dass hohe Entgelte festgelegt werden, die die Co‑Branding-Partner oder die Vertreter an die Verbraucher weitergeben könnten, indem sie den Preis für die Dienstleistungen im Zusammenhang mit Zahlungskarten erhöhen. Dieselbe Gefahr besteht bei den Vier-Parteien-Verfahren, die sich einer Zusammenarbeit mit anderen Finanzinstituten bedienen.

99.      Der Grund für die Senkung dieser impliziten Interbankenentgelte ist meiner Ansicht nach in beiden Fällen derselbe. Daher ist eine Auslegung von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung geboten, nach der die Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung durch Co‑Branding oder durch Vertreter den Vier-Parteien-Verfahren gleichzustellen sind.

100. Zum gleichen Ergebnis kommt man, wenn man berücksichtigt, dass ein fairer Wettbewerb zwischen den unterschiedlichen Kartenzahlverfahren gewährleistet werden muss, was ein weiteres wertvolles Argument im Rahmen der systematischen und teleologischen Auslegung der Verordnung ist.

101. Würden die Obergrenzen nur für Interbankenentgelte in Vier-Parteien-Verfahren gelten, während Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung durch Co‑Branding oder durch Vertreter ihre Entgelte völlig frei vereinbaren könnten, würde dies für Letztere einen Vorteil darstellen, weil ihnen ermöglicht würde, unter günstigeren Bedingungen Dritte für die Verbreitung ihrer Karten zu gewinnen.

102. Die Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung wären, wenn sie von den für die Vier-Parteien-Verfahren geltenden Obergrenzen ausgenommen blieben, ungerechtfertigt begünstigt, weil sie den Unternehmen, die bei der Vermarktung ihrer Karten mit ihnen zusammenarbeiten, bessere Vergütungen zahlen könnten(45). Es wäre sogar denkbar, dass ein Bankinstitut als Vertreter eines Drei-Parteien-Verfahrens auftritt, ohne die Karte auszugeben oder Zahlungen anzunehmen und abzurechnen, um auf diese Weise höhere Entgelte zu erhalten(46).

103. Die geringere Verbreitung der Drei-Parteien-Verfahren rechtfertigt eine günstigere Behandlung, wenn sie auf zwischengeschaltete Stellen ganz verzichten. Wenn die Verordnung ihnen diese günstigere Behandlung angedeihen lässt, indem sie ihnen ermöglicht, Vergütungen mit Händlern unbeschadet der für Vier-Parteien-Verfahren geltenden Obergrenzen auszuhandeln, dient dies gerade der Intensivierung des Wettbewerbs in diesem Segment der kartengebundenen Zahlungen. Dieser Wettbewerbsvorteil wäre allerdings bei unechten Drei-Parteien-Verfahren oder bei solchen, in die ein Co‑Branding-Partner oder ein Vertreter eingebunden ist, nicht zu rechtfertigen(47), weil es hier eine zwischengeschaltete Stelle gibt, der das Verfahren eine Vergütung zahlen muss, so dass die Obergrenzen für Interbankenentgelte oder vergleichbare Vergütungen Anwendung finden müssen. Die Eigenschaften dieser beiden Verfahrensmodelle nähern sich in dieser Hinsicht einander an(48), weshalb es nicht sinnvoll wäre, dem einen zum Nachteil des anderen einen Vorteil zu gewähren.

104. Im Ergebnis sind deshalb Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung dahin auszulegen, dass Drei-Parteien-Verfahren, die kartengebundene Zahlungsinstrumente gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters ausgeben, unabhängig davon als Vier-Parteien-Verfahren einzustufen sind, ob der Partner oder der Vertreter an der Kartenausgabe und/oder der Annahme und Abrechnung der Zahlungen beteiligt ist.

D.      Zweite Frage: Gültigkeit von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung

105. Die Gleichstellung, für die ich mich ausgesprochen habe, eröffnet die Prüfung der zweiten Frage des vorlegenden Gerichts, die für ebendiesen Fall gestellt worden ist. Die von ihm gegen die Gültigkeit dieser Bestimmungen der Verordnung angeführten Argumente betreffen die Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und einen möglichen offensichtlichen Beurteilungsfehler des Unionsgesetzgebers.

106. Ich möchte vorausschicken, dass ich keinen dieser Nichtigkeitsgründe für begründet halte. Ich werde sie im Folgenden prüfen, wobei ich bestrebt bin, mich möglichst wenig zu wiederholen.

1.      Begründungsmangel

107. Das vorlegende Gericht, das das Vorbringen von Amex wiedergibt, zieht die Begründung von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung in Zweifel. Weder aus dem Wortlaut der Bestimmung noch aus den Erwägungsgründen ergäben sich die Gründe für die Gleichstellung des Drei-Parteien-Verfahrens mit Erweiterung durch Co‑Branding oder durch Vertreter mit dem Vier-Parteien-Verfahren.

108. Insbesondere werde in einigen der Erwägungsgründe erläutert, warum Obergrenzen für Interbankenentgelte festgelegt würden, nicht aber, warum genau diese Obergrenzen auch auf von Drei-Parteien-Verfahren verwendete Co‑Branding- oder Vertreter-Vereinbarungen anwendbar sein sollten. Der 28. Erwägungsgrund rechtfertige unter bestimmten Umständen die Erstreckung der Regelungen der Verordnung über Vier-Parteien-Verfahren auf Drei-Parteien-Verfahren, er erwähne aber nicht (nicht einmal implizit) geschlossene Co‑Branding- oder Vertreter-Vereinbarungen.

109. Nach der Vorlageentscheidung enthielten weder der Verordnungsvorschlag noch die dazugehörige Folgenabschätzung(49) die Gründe für diese Ausdehnung. Mehr noch, während der Vorarbeiten sei noch die Linie vertreten worden, angesichts solcher Faktoren wie des geringen Marktanteils der Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung, ihrer geringen Wachstumsperspektiven und ihrer Ausrichtung auf besondere Kunden die in der Verordnung für Vier-Parteien-Systeme vorgesehenen regulatorischen Obergrenzen nicht auf diese Verfahren auszudehnen(50).

110. Die nach Art. 296 Abs. 2 AEUV für Rechtsakte der Union geltende Begründungspflicht ist vom Gerichtshof bereits erschöpfend ausgelegt worden. Nach ständiger Rechtsprechung muss zwar die Begründung eines Rechtsakts klar und eindeutig sein, sie braucht aber nicht sämtliche sachlichen oder rechtlichen Gründe konkret zu nennen. Darüber hinaus ist die Beachtung der Begründungspflicht nicht nur im Hinblick auf den Wortlaut des angefochtenen Rechtsakts zu beurteilen, sondern auch anhand seines Kontexts und sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln(51).

111. Handelt es sich um einen Rechtsakt, der allgemein gelten soll, so kann sich die Begründung darauf beschränken, die Gesamtlage anzugeben, die zu seinem Erlass geführt hat, und die allgemeinen Ziele zu bezeichnen, die mit ihm erreicht werden sollen. Der Gerichtshof hat außerdem wiederholt festgestellt, dass es bei einem Rechtsakt, der allgemein gelten soll, wenn er den von dem Gemeinschaftsorgan verfolgten Zweck in seinen wesentlichen Zügen erkennen lässt, zu weit ginge, eine besondere Begründung für die einzelnen technischen Entscheidungen zu verlangen(52).

112. Im Licht dieser Rechtsprechung sehe ich hinsichtlich der Behandlung der Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung keinen Begründungsmangel der Verordnung, der ihre Gültigkeit berühren könnte. Die von mir im Rahmen der Prüfung der ersten Vorlagefrage angeführten Erwägungsgründe (vor allem der 28. Erwägungsgrund) lassen die Logik hinter der Gleichstellung der Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung mit den Vier-Parteien-Verfahren erkennen. Dies sehen auch die portugiesische Regierung, die Kommission, der Rat und das Parlament in ihren Erklärungen so.

113. Wenn die Vorarbeiten (Folgenabschätzung und Vorschlag der Kommission) der Verordnung keine Hinweise auf diese Gleichstellung erkennen lassen, so liegt das daran, dass sie erst nachträglich im Verlauf des Verabschiedungsverfahrens auf Initiative des Europäischen Parlaments aufgenommen wurde, was vollkommen rechtmäßig ist.

114. Die Erwägungsgründe legen in begründeter Form die Notwendigkeit dar, die im Rahmen von kartengebundenen Zahlungsvorgängen erhobenen Interbankenentgelte zu harmonisieren und Obergrenzen für sie festzulegen, und zwar wegen der zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden Unterschiede und der Unmöglichkeit, sie nur durch Anwendung von Wettbewerbsschutzbestimmungen zu kontrollieren.

115. Gerade der 28. Erwägungsgrund, der zusammen mit dem letzten Satz von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 vom Europäischen Parlament im Verfahren zur Verabschiedung der Verordnung eingeführt wurde, erläutert hinreichend den Unterschied zwischen Vier-Parteien-Verfahren und Drei-Parteien-Verfahren. Nach der Feststellung, dass es implizite Interbankenentgelte gibt, heißt es dort, dass Letztere, wenn sie andere Dienstleister einbinden, den Ersteren gleichzustellen sind, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.

116. Der Kreis schließt sich mit dem 31. Erwägungsgrund, in dem betont wird, wie wichtig es ist, die Umgehung der Obergrenzen für Interbankenentgelte zu verhindern. Zu einer solchen Umgehung könnte es kommen, wenn nicht sämtliche Zahlungen – direkte wie indirekte –, die ein Kartenzahlverfahren an Unternehmen leistet, die mit ihm im Rahmen der Durchführung kartengebundener Zahlungen zusammenarbeiten, als Interbankenentgelte behandelt werden.

117. Diese Begründung in der Verordnung erscheint mir angemessen und geht sogar über die vom Gerichtshof festgelegten Anforderungen an die Begründung von Rechtsakten mit allgemeiner Geltung hinaus. Sie stellt die Gesamtlage dar, die zum Erlass der Verordnung geführt hat, und die Ziele, die mit ihr erreicht werden sollen. Drüber hinaus bezieht sich die Begründung auf den größeren Teil der in der Verordnung enthaltenen technischen Entscheidungen; es ist nicht unbedingt erforderlich, dass sie sich auf sämtliche Entscheidungen erstreckt.

118. Die Begründung der Entscheidung, Vier-Parteien-Verfahren und Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung durch Co‑Branding oder durch Vertreter einander gleichzustellen, ist insbesondere aus den Erwägungsgründen 28 und 31 abzuleiten. Es liegt daher kein Begründungsmangel vor, der zur Ungültigkeit der Verordnung führen könnte.

2.      Offensichtlicher Beurteilungsfehler

119. Das vorlegende Gericht, das wiederum die Argumente von Amex aufgreift, hegt Zweifel an der Gültigkeit der Verordnung, weil den Unionsorganen bei der Verabschiedung ein offensichtlicher Beurteilungsfehler insoweit unterlaufen sein könnte, als sie die in Rede stehenden Verfahren gleichgestellt haben.

120. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs steht dem Unionsgesetzgeber ein weites Ermessen in den Bereichen zu, in denen er politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen treffen und komplexe Beurteilungen vornehmen muss. Folglich ist eine in diesen Bereichen erlassene Maßnahme nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist(53).

121. Meiner Ansicht nach ist den Unionsorganen kein (und erst recht kein offensichtlicher) Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 in die Verordnung aufgenommen haben. Die Argumente von Amex(54) gegen die Entscheidung des Unionsgesetzgebers, Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung durch Co‑Branding oder Vertreter mit Vier-Parteien-Verfahren gleichzustellen, sind Ausdruck ihres Interesses daran, dass diese Gleichstellung nicht erfolgt, weil dies ihre Möglichkeiten im Wettbewerb mit Visa und MasterCard einschränkt.

122. Dessen ungeachtet haben die Unionsorgane im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ordnungsgemäß die Argumente beider Seiten zur Kenntnis genommen und sich dann nach reiflicher Überlegung im Ergebnis für die Gleichstellung entschieden. Es handelt sich um eine gesetzgebungspolitische Option, die einen wirtschaftlich komplexen Bereich betrifft (wie es der Bereich der Interbankenentgelte bei kartengebundenen Zahlungen ist) und für die sich die zuständigen Stellen der Union zweifellos rechtmäßig entscheiden können, wenn sie sie gegenüber der entgegengesetzten Option als vorzugswürdig ansehen.

123. Wie der Rat und das Parlament ausführen, sind diese Organe zu der Auffassung gekommen, dass die Nichtanwendung der in der Verordnung vorgesehenen Obergrenzen auf Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung durch Co‑Branding oder durch Vertreter diesen in Fällen, in denen die Grenzen zwischen beiden Verfahren verschwimmen, einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil gegenüber den Vier-Parteien-Verfahren einräumen würde. Darüber hinaus würde es die Umgehung der Obergrenzen für Interbankenentgelte erleichtern.

124. Diese gesetzgeberische Entscheidung kann natürlich von ihren Adressaten kritisiert werden. Bleibt sie aber, wie hier, innerhalb des weiten Ermessens, das dem Unionsgesetzgeber zusteht, und wurde sie nach ordnungsgemäßer Würdigung der betroffenen Interessen getroffen, reichen die von Amex vorgetragenen Argumente nicht aus, um sie unplausibel erscheinen zu lassen, und aus diesen Argumenten ergibt sich mitnichten, dass die Entscheidung mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet ist.

3.      Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

125. Das vorlegende Gericht, das sich erneut des Vorbringens von Amex bedient, äußert schließlich Zweifel an der Gleichstellung der Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung durch Co‑Branding oder durch Vertreter mit den Vier-Parteien-Verfahren aus dem Blickwinkel des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

126. Für Amex stellen diese Erweiterungen, die von Drei-Parteien-Verfahren mit Partnern oder Vertretern vereinbart werden, ein angemessenes und verhältnismäßiges Mittel dar, um die Zwecke der Verordnung zu erreichen. Durch die Gleichstellung mit den Vier-Parteien-Verfahren würden die Preise in Drei-Parteien-Verfahren einer drakonischen Beschneidung unterworfen, die durch nichts gerechtfertigt sei. Diese Belastung sei offensichtlich unverhältnismäßig und weder angemessen noch unbedingt erforderlich, um die Zwecke der Verordnung zu erreichen, weshalb sie gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 EUV und Art. 5 des Protokolls Nr. 2) verstoße. Demzufolge sei sie ungültig.

127. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Handlungen der Unionsorgane zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung verfolgten legitimen Ziele geeignet sind und nicht über die Grenzen dessen hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die dadurch bedingten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen(55).

128. Die Einhaltung der sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergebenden Anforderungen unterliegt einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle durch den Gerichtshof. Nach dessen ständiger Rechtsprechung ist dem Unionsgesetzgeber ein weites Ermessen in den Bereichen zuzubilligen, in denen er politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen treffen und komplexe Beurteilungen vornehmen muss. Es geht somit nicht darum, ob eine in einem solchen Bereich erlassene Maßnahme die einzig mögliche oder die bestmögliche war; sie ist vielmehr nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist(56).

129. Meiner Ansicht nach haben die Unionsorgane auch nicht gegen die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in seiner Auslegung durch den Gerichtshof verstoßen, als sie die Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung durch Co‑Branding oder durch Vertreter den Vier-Parteien-Verfahren gleichgestellt haben.

130. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, möchte ich doch daran erinnern, dass die Verordnung das Ziel verfolgt, das Ausmaß der Weitergabe der durch Kartenzahlungen entstehenden Kosten an den Verbraucher zu verringern, von denen die Interbankenentgelte den Hauptanteil ausmachen. Da es nicht möglich ist, diese Kosten durch die Anwendung der Bestimmungen zum Schutz des Wettbewerbs zu senken, und angesichts der von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlichen Beträge hat sich der Unionsgesetzgeber dafür entschieden, gesetzliche Obergrenzen für sie festzulegen. Bei Kartenzahlungen in Vier-Parteien-Verfahren, auf die die gesamte Verordnung anwendbar ist, sind die Interbankenentgelte leicht erkennbar, während es solche bei Drei-Parteien-Verfahren nicht gibt, weshalb die Obergrenzen für Letztere nicht gelten, es sei denn, sie erfüllen bestimmte weitere in der Verordnung vorgesehene Voraussetzungen.

131. Diese Ausnahme wurde indes auf echte Drei-Parteien-Verfahren beschränkt, d. h. auf solche, bei denen das Verfahren nicht mit einem Dritten zusammenarbeitet, denn in diesem Fall gibt es keine Interbankenentgelte oder vergleichbaren Entgelte. Der Unionsgesetzgeber ist davon ausgegangen, dass das Drei-Parteien-Verfahren einem Dritten, der sich daran beteiligt, eine Vergütung anbieten müsste, die eine vergleichbare Wirkung wie die Interbankenentgelte haben könnte. Dies trifft in den drei in Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung aufgezählten Fällen zu, nämlich bei einer Zusammenarbeit des Drei-Parteien-Verfahrens mit Dritten im Wege der Vergabe von Lizenzen zur Ausgabe von Karten oder zur Annahme und Abrechnung von Zahlungen, bei Erweiterung durch Co‑Branding und bei Erweiterung durch Vertreter.

132. Wie der Rat, die Kommission und das Parlament in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt haben, hat der Unionsgesetzgeber mit dieser Vorgehensweise keine Maßnahme ergriffen, die zur Erreichung des angestrebten Ziels offensichtlich ungeeignet ist. Die in der bereits dargelegten Weise beschränkte Gleichstellung beachtet den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil es sich um eine Maßnahme handelt, die vergleichbare Wettbewerbsbedingungen für die verschiedenen Arten von Kartenzahlverfahren schaffen soll, die auf Dritte zurückgreifen, um ihr Geschäft zu erweitern, und die diesen als Gegenleistung Interbankenentgelte oder Entgelte mit gleicher Wirkung zahlen(57). Ebenso ist sie meiner Auffassung nach eine angemessene, erforderliche und verhältnismäßige Maßnahme, um die Umgehung der Obergrenzen für Interbankenentgelte zu verhindern.

133. Schließlich macht Amex geltend, die Gleichstellung sei ein unverhältnismäßiges Mittel, weil sie das in Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) geschützte Recht auf unternehmerische Freiheit verletze. Dieses Vorbringen erscheint mir allerdings nicht nachvollziehbar.

134. Die Regelung ist mit der unternehmerischen Freiheit, ausgelegt im Licht von Art. 52 Abs. 1 der Charta, nicht unvereinbar. Deren Ausübung kann beschränkt werden, solange dies durch Gesetz geschieht, ihr Wesensgehalt geachtet wird, die Beschränkungen erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und der Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen(58).

135. Die Einführung von Obergrenzen für Interbankenentgelte in der Verordnung dient dem Schutz der Interessen der Verbraucher, d. h., es soll, wie ich bereits dargelegt habe, vermieden werden, dass Kartenzahlungen unberechtigte Preissteigerungen nach sich ziehen.

136. Diese Obergrenzen berühren ebenso wenig wie andere in derselben Verordnung enthaltene Beschränkungen den Wesensgehalt der unternehmerischen Freiheit durch den bloßen Umstand, dass sie in Angleichung an die Vier-Parteien-Verfahren auf bestimmte Arten von Drei-Parteien-Verfahren erstreckt werden. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die unternehmerische Freiheit im Fall der Vier-Parteien-Verfahren gewahrt sein sollte und bei den Drei-Parteien-Verfahren nicht.

137. Es handelt sich schlicht um eine regulatorische Maßnahme in einem Bereich, der durch staatliche Eingriffe gezeichnet ist, die der Erhaltung eines gut funktionierenden Marktes und dem Schutz der Nutzer von Zahlungskarten dienen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Obergrenzen für die Interbankenentgelte vom Unionsgesetzgeber basierend auf dem „Grundsatz der Zahlungsmittelneutralität auf Händlerebene“(59) berechnet wurden, gerade um die Wirtschaftlichkeit der Kartenzahlverfahren nicht zu beeinträchtigen.

138. Jedenfalls ist zu berücksichtigen, dass Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung den Drei-Parteien-Verfahren für ihre Anpassung eine Übergangsfrist bis zum 9. Dezember 2018 einräumen.

139. Im Ergebnis hat die vorstehende Prüfung nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung berühren könnte.

IV.    Ergebnis

140. Angesichts des Vorstehenden schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des High Court of Justice of England & Wales, Queen’s Bench Division (Administrative Court) (Hoher Gerichtshof von England & Wales, Abteilung Queen’s Bench [Verwaltungsgericht], Vereinigtes Königreich) als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, sie wie folgt zu beantworten:

1.      Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge sind dahin auszulegen, dass Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren, die kartengebundene Zahlungsinstrumente gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters ausgeben, unabhängig davon als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren anzusehen sind, ob der Partner oder der Vertreter an der Kartenausgabe und/oder der Annahme und Abrechnung der Zahlungen beteiligt ist.

2.      Es hat sich nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung 2015/751 berühren könnte.


1      Originalsprache: Spanisch.


2      Der Begriff „Entgelt“ ist hier weit zu verstehen, unbeschadet der späteren Analyse seiner Merkmale und Unterkategorien. Insbesondere wird eine dieser Unterkategorien (die für den Rechtsstreit von Bedeutung ist) gewöhnlich als „Interbankenentgelt“ bezeichnet.


3      Multilateral interchange fees, im Folgenden: MIF.


4      Urteil vom 11. September 2014, MasterCard/Kommission (C‑382/12 P, EU:C:2014:2201).


5      Synonym zu „Kartenzahlverfahren“ werden auch die Begriffe „Kartenzahlungsnetze“, „Kartenzahlungsmodelle“ und „Kartenzahlungssysteme“ verwendet.


6      Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (ABl. 2015, L 123, S. 1) (im Folgenden: Verordnung).


7      Beim Wirtschafts- und Finanzministerium handelt es sich um die Verwaltungsstelle, die für die Anwendung der Verordnung im Vereinigten Königreich zuständig ist.


8      In diesem zwischen den Parteien vereinbarten Dokument werden die Gründe für das Vorabentscheidungsersuchen dargelegt, ebenso wie die Fragen, die gestellt werden sollen.


9      Urteile vom 10. Dezember 2002, British American Tobacco (Investments) und Imperial Tobacco (C‑491/01, EU:C:2002:741, Rn. 32 bis 41), vom 3. Juni 2008, Intertanko u. a. (C‑308/06, EU:C:2008:312, Rn. 30 bis 35), vom 8. Juli 2010, Afton Chemical (C‑343/09, EU:C:2010:419, Rn. 13 bis 26), vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brand u. a. (C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 30 bis 36), und vom 4. Mai 2016, Pillbox 38 (C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 14 bis 31).


10      Dies ist z. B. bei Rechtsstreitigkeiten der Fall, die die Gültigkeit oder die Auslegung von Richtlinien betreffen, für die die Umsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist.


11      Nach ständiger Rechtsprechung hat ausschließlich das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, in Anbetracht der Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass eines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über die Fragen zu befinden, wenn sie die Auslegung oder die Gültigkeit einer unionsrechtlichen Regelung betreffen. Folglich gilt für Fragen, die das Unionsrecht betreffen, eine Vermutung der Entscheidungserheblichkeit. Der Gerichtshof kann es nur dann ablehnen, über eine Vorlagefrage eines nationalen Gerichts zu befinden, wenn die erbetene Auslegung oder Beurteilung der Gültigkeit einer unionsrechtlichen Regelung offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteile vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a., C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 24 und 25, vom 4. Mai 2016, Pillbox 38, C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 15 und 16, vom 5. Juli 2016, Ognyanov, C‑614/14, EU:C:2016:514, Rn. 19, vom 15. November 2016, Ullens de Schooten, C‑268/15, EU:C:2016:874, Rn. 54, und vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 50 und 155).


12      Siehe Fn. 9.


13      Das Urteil vom 8. Juni 2010, Vodafone u. a. (C‑58/08, EU:C:2010:321), betrifft einen Fall, in dem es um die Zulässigkeit einer Vorlagefrage zu einer Verordnung ging, die im Rahmen eines britischen Judicial-review-Verfahrens vorgelegt wurde. In jenem Fall hatten Mobilfunkbetreiber das Gericht angerufen, von dem auch das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen stammt, um sich gegen die Mobile Roaming Regulations 2007 (über Roaming in der Mobilfunktelefonie) zu wenden, nach denen bestimmte Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 717/2007 im Vereinigten Königreich Rechtswirkungen entfalten konnten. Zu beachten ist allerdings, dass sich der Antrag in jenem Verfahren im Gegensatz zum vorliegenden Fall zum einen gegen nationale Rechtsvorschriften über die Anwendung einer Verordnung richtete und zum anderen auch tatsächlich Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mobilfunkbetreibern und der britischen Verwaltung bestanden. Die britische Verwaltung hielt den Antrag für unbegründet und trat der Vorlage des Vorabentscheidungsersuchens entgegen.


14      Art. 13 der Verordnung ermächtigt die Mitgliedstaaten, die für die Durchführung der Verordnung zuständigen nationalen Behörden zu benennen. Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, von den fraglichen Behörden zu verlangen, die Einhaltung der Bestimmungen der Verordnung zu überwachen, um ihre Umgehung durch die Dienstleister zu verhindern. Art. 14 verpflichtet die Mitgliedstaaten zudem, Sanktionen für Verstöße gegen die Verordnung festzulegen.


15      Ein Beispiel dafür ist das Urteil vom 8. Juni 2010, Vodafone u. a. (C‑58/08, EU:C:2010:321).


16      Auf S. 2 der englischen Fassung der Vorlageentscheidung heißt es: „And upon permission to proceed with the claim for judicial review having been granted by the Order of Mr Justice Blake of 24 September 2015“.


17      Nach ständiger Rechtsprechung ist es, da das Ersuchen um Vorabentscheidung als Grundlage für das Verfahren vor dem Gerichtshof dient, unerlässlich, dass das nationale Gericht in diesem Ersuchen selbst den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen des Ausgangsrechtsstreits erläutert und ein Mindestmaß an Erläuterungen zu den Gründen für die Wahl der Unionsbestimmungen, um deren Auslegung es ersucht, und zu dem Zusammenhang gibt, den es zwischen diesen Bestimmungen und den nationalen Rechtsvorschriften sieht, die auf den bei ihm anhängigen Rechtsstreit anzuwenden sind (vgl. insbesondere Urteil vom 10. März 2016, Safe Interenvíos, C‑235/14, EU:C:2016:154, Rn. 115, und Beschluss vom 8. September 2006, Google Ireland, C‑322/15, EU:C:2016:672, Rn. 18).


18      Hat das vorlegende Gericht bestimmte vorherige Feststellungen nicht getroffen, so führt dies nicht zwingend zur Unzulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens, sofern sich der Gerichtshof trotz dieser Unzulänglichkeiten in der Lage sieht, dem vorlegenden Gericht anhand der in der Akte enthaltenen Angaben eine sachdienliche Antwort zu geben (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 8. September 2006, Google Ireland, C‑322/15, EU:C:2016:672, Rn. 24, und Urteil vom 28. Januar 2016, CASTA u. a., C‑50/14, EU:C:2016:56, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).


19      Diese Kritik hat der Gerichtshof im Urteil vom 8. Juli 2010, Afton Chemical (C‑343/09, EU:C:2010:419, Rn. 13 bis 26), verworfen.


20      Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Person, die unzweifelhaft aktiv legitimiert ist, um einen Rechtsakt der Union durch Erhebung der Klage auf Nichtigerklärung anzufechten, die Nichtigkeit nicht im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens geltend machen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. März 1994, TWD Textilwerke Deggendorf, C‑188/92, EU:C:1994:90, Rn. 23 bis 25, vom 15. Februar 2001, Nachi Europe, C‑239/99, EU:C:2001:101, Rn. 36 und 37, vom 29. Juni 2010, E und F, C‑550/09, EU:C:2010:382, Rn. 46, und vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 128).


21      Zum besseren Verständnis werde ich diesen Beteiligten als „kartenausgebende Bank“ bezeichnen, obwohl auch andere Arten von Finanzinstituten Kartenausgeber sein können.


22      Vgl. die Analyse von Guibert Echenique, S., „Consideraciones críticas sobre la legislación de tasas de intercambio en las operaciones de pago con tarjeta de crédito y débito“, Diario La Ley, Nr. 8566, 22. Juni 2015, S. 1 bis 3.


23      Vgl. die Beschreibung dieser Verfahren in den Urteilen vom 11. September 2014, MasterCard/Kommission (C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 4), und vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission (T‑111/08, EU:T:2012:260, Rn. 17), sowie in der Entscheidung K(2007) 6474 endg. der Kommission vom 19. Dezember 2007 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/34.579 – MasterCard, Sache COMP/36.518 – EuroCommerce, Sache COMP/38.580 – Commercial Cards), Erwägungsgründe 234 bis 249.


24      Beispielsweise wird die Karte des Amex-Verfahrens als Co‑Branding-Karte Amex/Iberia und Amex/British Airways verwertet.


25      Vgl. das Dokument Europäische Kommission, Commission Staff Working Document. Impact Assessment. Accompanying the document Proposal for a directive of the European Parliament and of the Council on payment services in the internal market and amending Directives 2002/65/EC, 2013/36/EU and 2009/110/EC and repealing Directive 2007/64/EC and Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on interchange fees for card-based payment transactions, SWD(2013) 288 final, S. 96 bis 108.


26      Vgl. Beschluss 2002/914/EG vom 24. Juli 2002 (Sache COMP/29.373 – Visa International – Interbankenentgelt) (ABl. 2002, L 318, S. 17), in dem für die intraregionalen MIF von Visa innerhalb der Europäischen Union für einen Zeitraum von fünf Jahren unter bestimmten Bedingungen eine Ausnahme vorgesehen war, wobei die wichtigste Bedingung darin bestand, dass diese Entgelte an die Höhe einiger Kosten geknüpft waren und die Grenze dieser Kosten nicht überschritten. Am 8. Dezember 2010 erließ die Kommission einen zweiten Beschluss Visa (COMP/D-1/39.398, Visa MIF); darin wurden die von Visa eingegangenen Verpflichtungen, die u. a. eine Begrenzung ihrer MIF umfassten, für verbindlich erklärt.


27      Entscheidung K(2007) 6474 endg. der Kommission vom 19. Dezember 2007 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG-Vertrag] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/34.579 – MasterCard, Sache COMP/36.518 – EuroCommerce, Sache COMP/38.580 – Commercial Cards).


28      Urteil vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission (C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 112).


29      Vgl. Lista, A., EU Competition Law and Financial Service Sector, Routledge, 2013, S. 145 bis 188.


30      Vgl. die Veröffentlichung der Europäischen Kommission, The Interchange Fees Regulation, Competition Policy Brief 2015‑3, Juni 2015.


31      Es handelt sich um unechte Drei-Parteien-Verfahren, weil an ihnen ein zusätzlicher Finanzdienstleister beteiligt ist, so dass keine Dreiecksstruktur mehr vorliegt. Die Entgelte, die zwischen den verschiedenen Beteiligten dieses Geflechts fließen, sind problemlos mit Interbankenentgelten vergleichbar.


32      Es ist, wie ich schon angemerkt hatte, unstreitig, dass solche unechten Drei-Parteien-Verfahren (ein Beispiel dafür sind die Karten von Banco Santander/Amex, bei denen die fragliche Bank als Emittent auftritt) mit Vier-Parteien-Verfahren gleichzusetzen sind.


33      Beispielsweise die Karten von Amex/Air France oder Amex/Costco.


34      Art. 2 Nr. 2 der Verordnung definiert den Begriff „Emittent“ als „Zahlungsdienstleister, der eine vertragliche Vereinbarung schließt, um einem Zahler ein Zahlungsinstrument zur Veranlassung und Verarbeitung der kartengebundenen Zahlungsvorgänge des Zahlers zur Verfügung zu stellen“.


35      Art. 2 Nr. 1 der Verordnung definiert „Acquirer“ als „Zahlungsdienstleister, der mit einem Zahlungsempfänger eine vertragliche Vereinbarung über die Annahme und die Verarbeitung kartengebundener Zahlungsvorgänge schließt, was den Transfer von Geldbeträgen zum Zahlungsempfänger bewirkt“.


36      Gemäß Art. 2 Nr. 24 der Verordnung bezeichnet der Begriff „Zahlungsdienstleister“ „natürliche oder juristische Personen, die befugt sind, die im Anhang zur Richtlinie 2007/64/EG aufgeführten Zahlungsdienste zu erbringen[,] oder als E-Geld-Emittenten gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2009/110/EG anerkannt sind. Ein Zahlungsdienstleister kann ein Emittent, ein Acquirer oder beides sein“.


37      In diesem Erwägungsgrund, der in Nr. 7 angeführt ist, heißt es: „Der Emittent stellt dem Zahler Zahlungskarten zur Verfügung, autorisiert Zahlungsvorgänge an Terminals oder entsprechenden Stellen und kann dem Acquirer die Zahlung für regelkonforme Zahlungsvorgänge im Rahmen des betreffenden Kartenzahlverfahrens garantieren.“ Im letzten Satz wird klargestellt: „Deshalb handelt es sich bei dem reinen Vertrieb von Zahlungskarten oder der reinen Erbringung technischer Dienste (wie der Verarbeitung und Speicherung von Daten) nicht um eine Kartenausgabe.“


38      In diesem heißt es: „Angesichts der Existenz impliziter Interbankenentgelte und im Interesse gleicher Wettbewerbsbedingungen sollten Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren, bei denen Zahlungsdienstleister als Acquirer oder Emittenten auftreten, als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren gelten und denselben Vorschriften unterliegen …“


39      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Juli 2008, Kozłowski (C‑66/08, EU:C:2008:437, Rn. 42), vom 24. Mai 2016, Dworzecki (C‑108/16 PPU, EU:C:2016:346, Rn. 28), und vom 18. Oktober 2016, Nikiforidis (C‑135/15, EU:C:2016:774, Rn. 28).


40      „Co‑Branding“ ist danach „das Aufnehmen von mindestens einer Zahlungsmarke und mindestens einer Nicht-Zahlungsmarke auf dasselbe kartengebundene Zahlungsinstrument“.


41      In Rn. 28 des Vorlagebeschlusses werden die Marken „British Airways“, „Nectar“ und „Costco“ erwähnt.


42      Dies bestätigt die Veröffentlichung der UK Financial Conduct Authority Credits card market study: final findings report, Juli 2016, S. 252, in der „affinity or co-brand partners“ definiert werden als „typically charities, membership groups or commercial businesses not directly involved in issuing credit cards or processing transactions but lend their brands and give access to their customers or members to card issuers in return for a share of revenues or profits“.


43      „Es ist wichtig sicherzustellen, dass die Bestimmungen über die von Zahlungsdienstleistern zu zahlenden bzw. erhaltenen Interbankenentgelte nicht durch alternative Entgeltzahlungen an Emittenten umgangen werden. Um dies zu vermeiden, sollte die aus gezahlten oder erhaltenen Entgelten bestehende ‚Nettovergütung‘ einschließlich möglicher Zulassungsentgelte, die der Emittent von einem Kartenzahlverfahren, Acquirer oder einer anderen zwischengeschalteten Stelle erhält oder an diese zahlt, als Interbankenentgelt betrachtet werden. Um zu überprüfen, ob Vorschriften umgangen werden, sollte bei der Berechnung des Interbankenentgelts der Gesamtbetrag der Zahlungen oder Anreize, die der Emittent im Zusammenhang mit den reglementierten Zahlungsvorgängen von dem Kartenzahlverfahren erhält, abzüglich der von dem Emittenten an das Kartenzahlverfahren entrichteten Entgelte berücksichtigt werden. Dabei können sowohl direkte (d. h. volumenbasierte oder vorgangsspezifische) als auch indirekte Zahlungen, Anreize und Entgelte (einschließlich Marketing-Anreizen, Prämien, Rabatten für die Erreichung bestimmter Transaktionsvolumina) einfließen. Bei der Bewertung, ob eine Umgehung der Bestimmungen dieser Verordnung vorliegt, sollten insbesondere die Gewinne der Emittent[en] aus Sonderprogrammen, die gemeinsam von den Emittenten und Kartenzahlverfahren durchgeführt werden, sowie die Einnahmen aus Verarbeitung, Lizenzierung und sonstige Einkünfte der Kartenzahlverfahren berücksichtigt werden. …“


44      Die Gewährung von Punkten für Treueprogramme der Luftfahrtgesellschaften auf Co‑Branding-Karten (Amex/Alitalia, Amex/Iberia, Amex/Air France usw.) durch American Express ist ein Beispiel für solche indirekten Entgelte, die die gleiche Wirkung wie Interbankenentgelte haben.


45      In ihren schriftlichen Erklärungen führt MasterCard als Beispiel für diesen Vorteil die ungleichen Bedingungen an, die Alitalia seit dem 9. Dezember 2015 im Hinblick auf Co‑Branding-Karten mit MasterCard (0,5 Meilen je gezahlten Euro) und mit Amex (1 Meile je gezahlten Euro) anwende. Außerdem wird die Zahlkarte BNL Duo erwähnt: Obwohl die Möglichkeit bestehe, mit derselben PIN Zahlungen mit MasterCard und mit Amex zu tätigen, unterscheide die BNL-Bank in ihrem Treueprogramm BNL PAYBACK zwischen Zahlungen mit MasterCard (1 Punkt je zwei gezahlten Euro) und Zahlungen mit Amex (2 Punkte je zwei gezahlten Euro).


46      Die britische Regierung hat auf die Gefahr verwiesen, dass sich Vier-Parteien-Verfahren in Drei-Parteien-Verfahren mit Erweiterung durch Vertreter umorganisieren könnten (das Finanzinstitut wird zum Vertreter), um den in der Verordnung festgelegten Obergrenzen für Interbankenentgelte zu entgehen.


47      Die einzige Unterscheidung zugunsten von unechten Drei-Parteien-Verfahren im Verhältnis zu Vier-Parteien-Verfahren findet sich in Art. 1 Abs. 5 a. E. der Verordnung, wo es heißt: „In Bezug auf inländische Zahlungsvorgänge kann solch ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren jedoch bis zum 9. Dezember 2018 von den Pflichten nach Kapitel II befreit werden, sofern die kartengebundenen Zahlungsvorgänge, die in einem Mitgliedstaat im Rahmen eines solchen Drei-Parteien-Kartenzahlverfahrens vorgenommen werden, in einem Jahr höchstens 3 % des Werts sämtlicher in diesem Mitgliedstaat durchgeführten kartengebundenen Zahlungsvorgänge ausmachen.“


48      MasterCard erwähnt in ihren Erklärungen die Fälle, in denen ein- und dieselbe Co‑Branding-Karte sowohl in einem Drei-Parteien-Verfahren als auch in einem Vier-Parteien-Verfahren genutzt wird. Konkret verweist MasterCard auf die Karten Virgin Atlantic White Card und Virgin Atlantic Black Card, die in einem Co‑Branding-Verfahren von Amex und von Visa gemeinsam mit der Fluglinie Virgin herausgegeben werden, sowie auf die Karten TSB Avios und Premier Avios, die von Amex und von MasterCard gemeinsam mit der britischen TSB-Bank als Co‑Branding-Partner herausgegeben werden.


49      Der Vorschlag ist in dem Dokument COM(2013) 550 final vom 24. Juli 2013, Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge, enthalten. Die Folgenabschätzung findet sich im Commission Staff Working Document, SWD(2013) 288 final vom 24. Juli 2013, Impact Assessment accompanying the document Proposal for a directive of the European Parliament and of the Council on payment services in the internal market and amending Directives 2002/65/EC, 2013/36/EU and 2009/110/EC and repealing Directive 2007/64/EC and Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on interchange fees for card-based payment transactions.


50      Vgl. 22. Erwägungsgrund und Art. 1 Abs. 3 und Art. 2 Abs. 15 des Verordnungsvorschlags sowie Nr. 6.2.1.5 der Folgenabschätzung, S. 56, und Anhang 9 Nr. 2.6 der Folgenabschätzung, S. 194.


51      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. November 2013, Kommission/Rat (C‑63/12, EU:C:2013:752, Rn. 98 und 99), und vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 70).


52      Vgl. u. a. Urteile vom 18. Juni 2015, Estland/Parlament und Rat (C‑508/13, EU:C:2015:403, Rn. 60), und vom 3. März 2016, Spanien/Kommission (C‑26/15 P, EU:C:2016:132, Rn. 30 und 31).


53      Urteile vom 1. März 2016, National Iranian Oil Company/Rat (C‑440/14 P, EU:C:2016:128, Rn. 77), vom 1. Februar 2007, Sison/Rat (C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 33), vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a. (C‑127/07, EU:C:2008:728, Rn. 57), vom 8. Juni 2010, Vodafone u. a. (C‑58/08, EU:C:2010:321, Rn. 52), und vom 17. Oktober 2013, Schaible (C‑101/12, EU:C:2013:661, Rn. 47).


54      Ihrer Ansicht nach gibt es keinen logischen Grund dafür, ein Drei-Parteien-Verfahren nur deshalb wie ein Vier-Parteien-Verfahren zu behandeln, weil es eine Co‑Branding- oder Vertretervereinbarung abgeschlossen habe, da diese Mechanismen an der grundlegenden Natur des Drei-Parteien-Verfahrens nichts änderten. Die Rolle des Kartenemittenten und des Acquirers der Zahlungen würden vom Verfahren genauso übernommen wie in den Fällen des echten Drei-Parteien-Verfahrens, in derselben Art und Weise und von denselben Parteien, so als ob die fraglichen Vereinbarungen nicht bestünden. Die Gleichstellung schade den Verbrauchern und dem Wettbewerb, weil sie die Anreize zum Abschluss solcher Vereinbarungen für Drei-Parteien-Verfahren verringere. Dies werde zu einer Verminderung der Auswahlmöglichkeiten der Verbraucher und zu einem Verlust der Vorteile effektiven Wettbewerbs zwischen Zahlverfahren führen.


55      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. Dezember 2002, British American Tobacco (Investments) und Imperial Tobacco (C‑491/01, EU:C:2002:741, Rn. 122), vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 67 und 91), und vom 4. Mai 2016, Polen/Parlament und Rat (C‑358/14, EU:C:2016:323, Rn. 78 und 79).


56      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Juli 2001, Jippes u. a. (C‑189/01, EU:C:2001:420, Rn. 82 und 83), vom 10. Dezember 2002, British American Tobacco (Investments) und Imperial Tobacco (C‑491/01, EU:C:2002:741, Rn. 123), vom 8. Juni 2010, Vodafone u. a. (C‑58/08, EU:C:2010:321, Rn. 52), und vom 4. Mai 2016, Pillbox 38 (C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 49).


57      Die Argumentation des Europäischen Parlaments in Rn. 58 seiner schriftlichen Erklärungen ist interessant, und ich schließe mich ihr an: Wenn bei Erweiterungen durch Co‑Branding oder Vertreter keine direkte oder indirekte Vergütung der Partner oder Vertreter des Drei-Parteien-Verfahrens erfolgt, finden die Obergrenzen der Verordnung auch keine Anwendung, weil es weder ein Interbankenentgelt noch Entgelte mit gleicher Wirkung gibt.


58      Urteile vom 6. September 2012, Deutsches Weintor (C‑544/10, EU:C:2012:526, Rn. 54), und vom 17. Dezember 2015, Neptune Distribution (C‑157/14, EU:C:2015:823, Rn. 66 und 68).


59      Im 20. Erwägungsgrund heißt es: „Die Obergrenzen in dieser Verordnung basieren auf dem in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur entwickelten Grundsatz der Zahlungsmittelneutralität auf Händlerebene (‚Merchant Indifference Test‘), anhand dessen ermittelt wird, welche Entgelte ein Händler bereit wäre zu zahlen, wenn der Händler die Kosten der Nutzung einer Zahlungskarte durch den Kunden mit den Kosten kartenloser (Bar‑)Zahlungen vergleicht …“ Folglich sind die Obergrenzen für die Interbankenentgelte so berechnet, dass sie die Anreize zur Nutzung von Zahlungskarten im Verhältnis zur Barzahlung oder zur Zahlung mit anderen Mitteln nicht verringern.