Language of document : ECLI:EU:C:2022:867

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

10. November 2022(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste – Universaldienst und Nutzerrechte – Richtlinie 2002/22/EG (Universaldienstrichtlinie) – Art. 12 – Berechnung der Kosten der Universaldienstverpflichtungen und Finanzierung der Universaldienstverpflichtungen – Markt mit einem einzigen Universaldienstanbieter und mehreren Anbietern von Telekommunikationsdiensten – Feststellung der unzumutbaren Belastung“

In der Rechtssache C‑494/21

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom High Court (Hoher Gerichtshof, Irland) mit Entscheidung vom 30. Juli 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 11. August 2021, in dem Verfahren

Eircom Limited

gegen

Commission for Communications Regulation,

Beteiligte:

Vodafone Ireland Limited,

Three Ireland (Hutchison) Limited,

Three Ireland Services (Hutchison) Limited,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter D. Gratsias (Berichterstatter), M. Ilešič, I. Jarukaitis und Z. Csehi,

Generalanwalt: P. Pikamäe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Eircom Limited, vertreten durch J. Newman, SC, J. O’Connell, BL, und J. Whelan, Solicitor,

–        der Commission for Communications Regulation, vertreten durch A. Brick, Solicitor, R. Byrne, Solicitor, D. Dodd, BL, und B. Kennedy, SC,

–        der Three Ireland Services (Hutchison) Limited und der Three Ireland (Hutchison) Limited, vertreten durch D. Hardiman, BL,

–        der tschechischen Regierung, vertreten durch J. Očková, M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, L. Malferrari und J. Samnadda als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. 2002, L 108, S. 51).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Eircom Limited, die 2003 als das Unternehmen benannt wurde, das in Irland als einziger Anbieter den Universaldienst bereitstellt, und der Commission for Communications Regulation (Regulierungsbehörde für Telekommunikation, Irland) (im Folgenden: Regulierungsbehörde) wegen der Weigerung Letzterer, Eircom zum Ausgleich der nach deren Auffassung unzumutbaren Belastung durch die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen eine Finanzierung zu gewähren.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        In den Erwägungsgründen 4, 18 und 21 der Universaldienstrichtlinie heißt es:

„(4)      Zu der Gewährleistung des Universaldienstes (d. h. der Bereitstellung eines festgelegten Mindestangebots an Diensten für alle Endnutzer zu einem erschwinglichen Preis) kann auch die Bereitstellung von einigen Diensten für bestimmte Endnutzer zu Preisen gehören, die von denen, die sich aus den üblichen Marktbedingungen ergeben, abweichen. Die Entschädigung der Unternehmen, die für die Bereitstellung solcher Dienste unter diesen Voraussetzungen benannt werden, müssen jedoch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen, sofern die benannten Unternehmen für die entstandenen spezifischen Nettokosten entschädigt werden und sofern die Nettokostenbelastung wettbewerbsneutral angelastet wird.

(18)      Die Mitgliedstaaten sollten bei Bedarf Verfahren für die Finanzierung der Nettokosten von Universaldienstverpflichtungen in den Fällen einrichten, in denen nachgewiesen wird, dass die Verpflichtungen nur mit Verlust oder zu Nettokosten, die außerhalb der üblichen geschäftlichen Standards liegen, erfüllt werden können. Es ist wichtig sicherzustellen, dass die Nettokosten von Universaldienstverpflichtungen ordnungsgemäß berechnet werden und jede Finanzierung möglichst geringe verfälschende Auswirkungen auf den Markt und die Unternehmen hat und mit Artikel [107 und 108 AEUV] vereinbar ist.

(21)      Stellt eine Universaldienstverpflichtung eine unzumutbare Belastung für ein Unternehmen dar, so sollten die Mitgliedstaaten Mechanismen zur effektiven Anlastung der Nettokosten festlegen können. Deckung durch öffentliche Mittel ist ein mögliches Verfahren zur Anlastung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen. Vertretbar ist auch, dass festgestellte Nettokosten von allen Nutzern in transparenter Weise durch Abgaben auf die Unternehmen getragen werden. Die Mitgliedstaaten sollten in der Lage sein, die Nettokosten unterschiedlicher Bestandteile des Universaldienstes durch unterschiedliche Mechanismen zu finanzieren und/oder die Nettokosten einiger oder aller Bestandteile über jeden Mechanismus oder eine Kombination der Mechanismen zu finanzieren. Bei Kostenanlastung durch Abgaben auf die Unternehmen sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass das Aufteilungsverfahren auf objektiven und nichtdiskriminierenden Kriterien beruht und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Dieser Grundsatz hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, neue Anbieter, die noch keine nennenswerte Marktpräsenz erlangt haben, von dieser Regelung zu befreien. Bei dem Finanzierungsmechanismus sollte gewährleistet sein, dass die Marktteilnehmer nur zur Finanzierung der Universaldienstverpflichtungen beitragen, nicht aber zu anderen Tätigkeiten, die nicht unmittelbar mit der Erfüllung von Universaldienstverpflichtungen zusammenhängen. Bei den Anlastungsmechanismen sollten in allen Fällen die Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, bei Aufteilungsmechanismen insbesondere die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. …“

4        Art. 1 („Anwendungsbereich und Ziele“) der Universaldienstrichtlinie bestimmt in Abs. 1:

„Innerhalb des Rahmens der Richtlinie 2002/21/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. 2002, L 108, S. 33)] betrifft diese Richtlinie die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste für Endnutzer. Sie zielt ab auf die Gewährleistung der Verfügbarkeit gemeinschaftsweiter hochwertiger, öffentlich zugänglicher Dienste durch wirksamen Wettbewerb und Angebotsvielfalt und regelt gleichzeitig die Fälle, in denen die Bedürfnisse der Endnutzer durch den Markt nicht ausreichend befriedigt werden können.“

5        Art. 3 („Verfügbarkeit des Universaldienstes“) der Universaldienstrichtlinie bestimmt in Abs. 2:

„Die Mitgliedstaaten legen den effizientesten und am besten geeigneten Ansatz fest, mit dem der Universaldienst sichergestellt werden kann, wobei die Grundsätze der Objektivität, Transparenz, Nichtdiskriminierung und Verhältnismäßigkeit einzuhalten sind. Sie tragen dafür Sorge, Marktverfälschungen zu minimieren, insbesondere die Erbringung von Diensten zu Preisen oder sonstigen Bedingungen, die von normalen wirtschaftlichen Gegebenheiten abweichen, und berücksichtigen dabei die Wahrung des öffentlichen Interesses.“

6        Art. 8 („Benennung von Unternehmen“) der Universaldienstrichtlinie bestimmt:

„(1)      Die Mitgliedstaaten können ein oder mehrere Unternehmen benennen, die die Erbringung des Universaldienstes gemäß den Artikeln 4, 5, 6 und 7 und – sofern anwendbar – Artikel 9 Absatz 2 gewährleisten, so dass das gesamte Hoheitsgebiet versorgt werden kann. Die Mitgliedstaaten können verschiedene Unternehmen oder Unternehmensgruppen für die Erbringung verschiedener Bestandteile des Universaldienstes und/oder zur Versorgung verschiedener Teile des Hoheitsgebiets benennen.

(2)      Verpflichten die Mitgliedstaaten eines oder mehrere Unternehmen zu Universaldiensten im gesamten Hoheitsgebiet oder einem Teil davon, erfolgt dies unter Anwendung eines effizienten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Benennungsverfahrens, wobei kein Unternehmen von vornherein von der Benennung ausgeschlossen wird. Diese Benennungsverfahren gewährleisten, dass der Universaldienst auf kostengünstige Weise erbracht wird, und können für die Ermittlung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen gemäß Artikel 12 herangezogen werden.“

7        Art. 12 („Berechnung der Kosten der Universaldienstverpflichtungen“) der Universaldienstrichtlinie bestimmt:

„(1)      Wenn nach Auffassung der nationalen Regulierungsbehörden die Bereitstellung des Universaldienstes gemäß den Artikeln 3 bis 10 möglicherweise eine unzumutbare Belastung für die Unternehmen darstellt, die zur Erbringung des Universaldienstes benannt sind, berechnen sie die Nettokosten für die Bereitstellung des Universaldienstes.

Zu diesem Zweck

a)      berechnet die nationale Regulierungsbehörde die Nettokosten der Universaldienstverpflichtung gemäß Anhang IV Teil A, wobei der den zur Bereitstellung des Universaldienstes benannten Unternehmen entstehende Marktvorteil berücksichtigt wird, oder

b)      wendet die nationale Regulierungsbehörde die nach dem Benennungsverfahren gemäß Artikel 8 Absatz 2 ermittelten Nettokosten für die Bereitstellung des Universaldienstes an.

(2)      Die zur Berechnung der Nettokosten von Universaldienstverpflichtungen nach Absatz 1 Buchstabe a) dienenden Konten und/oder weiteren Informationen sind von der nationalen Regulierungsbehörde oder einer von den jeweiligen Parteien unabhängigen und von der nationalen Regulierungsbehörde zugelassenen Behörde zu prüfen oder zu kontrollieren. Die Ergebnisse der Kostenberechnung und die Ergebnisse der Prüfung müssen der Öffentlichkeit zugänglich sein.“

8        Art. 13 („Finanzierung der Universaldienstverpflichtungen“) der Universaldienstrichtlinie bestimmt:

„(1)      Wenn die nationalen Regulierungsbehörden auf der Grundlage der Berechnung der Nettokosten nach Artikel 12 feststellen, dass ein Unternehmen unzumutbar belastet wird, beschließen die Mitgliedstaaten auf Antrag eines benannten Unternehmens,

a)      ein Verfahren einzuführen, mit dem das Unternehmen für die ermittelten Nettokosten unter transparenten Bedingungen aus öffentlichen Mitteln entschädigt wird, und/oder

b)      die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen unter den Betreibern von elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten aufzuteilen.

(2)      Wenn die Nettokosten gemäß Absatz 1 Buchstabe b) aufgeteilt werden, haben die Mitgliedstaaten ein Aufteilungsverfahren einzuführen, das von der nationalen Regulierungsbehörde oder einer Stelle verwaltet wird, die von den Begünstigten unabhängig ist und von der nationalen Regulierungsbehörde überwacht wird. Es dürfen nur die gemäß Artikel 12 ermittelten Nettokosten der in den Artikeln 3 bis 10 vorgesehenen Verpflichtungen finanziert werden.

(3)      Bei einem Aufteilungsverfahren sind die Grundsätze der Transparenz, der geringstmöglichen Marktverfälschung, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit entsprechend den Grundsätzen des Anhangs IV Teil B einzuhalten. Es steht den Mitgliedstaaten frei, von Unternehmen, deren Inlandsumsatz unterhalb einer bestimmten Grenze liegt, keine Beiträge zu erheben.

(4)      Die eventuell im Zusammenhang mit der Aufteilung der Kosten von Universaldienstverpflichtungen erhobenen Entgelte müssen ungebündelt sein und für jedes Unternehmen gesondert erfasst werden. Solche Entgelte dürfen Unternehmen, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats mit Kostenteilung keine Dienste erbringen, nicht auferlegt oder von ihnen erhoben werden.“

9        Anhang IV („Berechnung etwaiger Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen und Schaffung eines Verfahrens zur Kostenanlastung oder Kostenteilung gemäß den Artikeln 12 und 13“ enthält einen Teil A („Berechnung der Nettokosten“) in dem es heißt:

„Universaldienstverpflichtungen beziehen sich auf diejenigen Verpflichtungen, die einem Unternehmen von einem Mitgliedstaat auferlegt werden und die Bereitstellung eines Netzes sowie die Erbringung von Diensten in einem bestimmten räumlichen Gebiet betreffen, gegebenenfalls einschließlich Durchschnittspreisen in diesem räumlichen Gebiet für die Erbringung des Dienstes oder einschließlich der Bereitstellung bestimmter Tarifoptionen für einkommensschwache Verbraucher oder für Verbraucher mit besonderen sozialen Bedürfnissen.

Die nationalen Regulierungsbehörden ziehen alle Mittel in Erwägung, um (benannten und nicht benannten) Unternehmen angemessene Anreize zu geben, die Universaldienstverpflichtungen auf kosteneffiziente Weise zu erfüllen. Bei der Berechnung sind die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen als Differenz zwischen den Nettokosten eines benannten Unternehmens für den Betrieb unter Einhaltung der Universaldienstverpflichtungen und den Nettokosten für den Betrieb ohne Universaldienstverpflichtungen zu ermitteln. … Die Kosten, die ein benanntes Unternehmen vermieden hätte, wenn die Universaldienstverpflichtungen nicht bestanden hätten, sind ordnungsgemäß zu ermitteln. Bei der Nettokostenberechnung sollten die Vorteile für den Universaldienstbetreiber, einschließlich der immateriellen Vorteile, berücksichtigt werden.

Den Berechnungen sind die Kosten zugrunde zu legen, die Folgendem zurechenbar sind:

i)      den Bestandteilen der ermittelten Dienste, die nur mit Verlust oder in einer Kostensituation außerhalb normaler wirtschaftlicher Standards erbracht werden können.

Zu dieser Kategorie können Dienstbestandteile wie der Zugang zu Notrufdiensten, die Bereitstellung bestimmter öffentlicher Münz- oder Kartentelefone, die Erbringung bestimmter Dienste oder Bereitstellung von Geräten für Behinderte usw. gehören;

ii)      besonderen Endnutzern oder Gruppen von Endnutzern, die in Anbetracht der Kosten für die Bereitstellung des besonderen Netzes und der besonderen Dienste, der erwirtschafteten Erträge und einer vom Mitgliedstaat möglicherweise auferlegten räumlichen Durchschnittsbildung bei den Preisen nur mit Verlust oder in einer Kostensituation außerhalb normaler wirtschaftlicher Standards bedient werden können.

Zu dieser Kategorie gehören diejenigen Endnutzer oder Gruppen von Endnutzern, die von einem gewinnorientierten Unternehmen ohne Verpflichtung zur Erbringung eines Universaldienstes nicht bedient würden.

Die Berechnung der Nettokosten bestimmter Aspekte der Universaldienstverpflichtungen erfolgt getrennt und auf eine Weise, bei der eine Doppelzählung mittelbarer oder unmittelbarer Vorteile und Kosten vermieden wird. Die gesamten Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen für ein Unternehmen sind als Summe der Nettokosten zu berechnen, die sich aus den speziellen Bestandteilen der Universaldienstverpflichtungen ergeben, wobei alle immateriellen Vorteile zu berücksichtigen sind. Die nationale Regulierungsbehörde ist für die Überprüfung der Nettokosten verantwortlich.“

10      Art. 1 („Änderungen der Richtlinie 2002/22/EG [Universaldienstrichtlinie]“) der Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/22, der Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation und der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (ABl. 2009, L 337, S. 11) bestimmt in den Nrn. 1 und 7:

„Die Richtlinie [2002/22] (Universaldienstrichtlinie) wird wie folgt geändert:

1.      Artikel 1 erhält folgende Fassung:

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

(1)      Innerhalb des Rahmens der Richtlinie [2002/21] (Rahmenrichtlinie) betrifft diese Richtlinie die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste für Endnutzer. Ziel dieser Richtlinie ist es, die Verfügbarkeit gemeinschaftsweiter hochwertiger, öffentlich zugänglicher Dienste durch wirksamen Wettbewerb und Angebotsvielfalt zu gewährleisten und die Fälle zu regeln, in denen die Bedürfnisse der Endnutzer durch den Markt nicht ausreichend befriedigt werden können. Die Richtlinie enthält auch Bestimmungen für bestimmte Aspekte von Endeinrichtungen, einschließlich Bestimmungen zur Erleichterung des Zugangs für behinderte Endnutzer.

…‘

7.      In Artikel 8 wird folgender Absatz angefügt:

‚(3)      Beabsichtigt ein gemäß Absatz 1 benanntes Unternehmen die Veräußerung eines wesentlichen Teils oder der Gesamtheit der Anlagen seines Ortsanschlussnetzes an eine gesonderte juristische Person mit anderem Eigentümer, so unterrichtet es davon die nationale Regulierungsbehörde rechtzeitig im Voraus, damit diese die Folgen des beabsichtigten Geschäfts auf die Bereitstellung des Zugangs an einem festen Standort und die Erbringung von Telefondiensten gemäß Artikel 4 abschätzen kann. Die nationale Regulierungsbehörde kann hierfür spezifische Verpflichtungen gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 2002/20/EG (Genehmigungsrichtlinie) festlegen, ändern oder zurückziehen.‘

…“

11      Art. 4 („Umsetzung“) der Richtlinie 2009/136 bestimmt in Abs. 1 Unterabs. 1:

„Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen bis zum 25. Mai 2011 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie teilen der [Europäischen] Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.“

12      Die Änderungen, die Art. 1 Abs. 1 und Art. 8 der Universaldienstrichtlinie durch Art. 1 Nrn. 1 und 7 der Richtlinie 2009/136 erfahren haben, sind für die Beantwortung der Vorlagefrage nicht von Belang.

 Irisches Recht

13      Die European Communities (Electronic Communications Networks and Services) (Universal Service and Users‘ Rights) Regulations 2011 (Verordnung Europäische Gemeinschaften [Elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste] [Universaldienst und Nutzerrechte] von 2011) (S.I. Nr. 337, im Folgenden: innerstaatliche Universaldienstverordnung) enthält eine Regulation 11 („Berechnung der Kosten der Universaldienstverpflichtungen“), die bestimmt:

„(1)      Begehrt ein Unternehmen, das als Unternehmen mit einer [Universaldienstverpflichtung] benannt ist, eine Finanzierung der durch die Erfüllung dieser Verpflichtung entstehenden Nettokosten, kann es bei der Regulierungsbehörde schriftlich einen entsprechenden Antrag stellen.

(2)      Der Antrag gemäß Paragraph (1) muss die Angaben enthalten, die von der Regulierungsbehörde für die Zwecke von Paragraph (3) vernünftigerweise verlangt werden können. Die Angaben können sich auf einen von der Regulierungsbehörde festgelegten Zeitraum beziehen.

(3)      Die Regulierungsbehörde stellt anhand der von ihr insoweit für ausreichend erachteten Angaben – einschließlich der Angaben gemäß Paragraph (2) – fest, ob die Verpflichtung gemäß Paragraph (1) für das betreffende Unternehmen möglicherweise eine unzumutbare Belastung darstellt.

(4)      Stellt die Regulierungsbehörde fest, dass eine Verpflichtung gemäß Paragraph (1) für das betreffende Unternehmen möglicherweise eine unzumutbare Belastung darstellt, berechnet sie die Nettokosten der Verpflichtung

a)      gemäß Anhang 2 Teil A, wobei der dem Unternehmen entstehende Marktvorteil berücksichtigt wird

oder

b)      gegebenenfalls nach einem Benennungsverfahren gemäß Regulation 7 (3).

(5)      Ein benanntes Unternehmen im Sinne von Paragraph (1) macht die Angaben, die von der Regulierungsbehörde für die Zwecke von Paragraph (4) vernünftigerweise verlangt werden.

(6)      Stellt die Regulierungsbehörde fest, dass eine Verpflichtung gemäß Paragraph (1) keine unzumutbare Belastung darstellt, stellt sie dem betreffenden Unternehmen ihre Entscheidung samt Begründung so schnell wie vernünftigerweise möglich zu.

…“

14      Regulation 12 („Finanzierung der Universaldienstverpflichtungen“) der innerstaatlichen Universaldienstverordnung bestimmt:

„(1)      Stellt die Regulierungsbehörde auf der Grundlage der Berechnung der Nettokosten gemäß Regulation 11 fest, dass die Nettokosten der [Universaldienstverpflichtung] für ein Unternehmen eine unzumutbare Belastung darstellen, teilt er die Nettokosten der Universaldienstverpflichtung unter den Betreibern von elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten auf.

(2)      Die Regulierungsbehörde führt ein Aufteilungsverfahren ein, das von ihr selbst oder einer von ihr überwachten Stelle verwaltet wird, die von den benannten Unternehmen unabhängig ist. Es dürfen nur die gemäß Regulation 11 ermittelten Nettokosten der [Universaldienstverpflichtungen] finanziert werden.

(3)      Bei einem Aufteilungsverfahren gemäß Paragraph (2) sind … die Grundsätze der Transparenz, der geringstmöglichen Marktverfälschung, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit einzuhalten. Es steht der Regulierungsbehörde frei, von Unternehmen keine Beiträge zu erheben, deren geprüfter Inlandsumsatz nachweislich unterhalb einem bestimmten Betrag liegt, den sie von Zeit zu Zeit unter Berücksichtigung der ihr gegenüber bei Anhörungen gemäß Regulation 26 geäußerten Ansichten festlegt.

…“

15      Am 31. Mai 2011 veröffentlichte die Regulierungsbehörde die Entscheidung 04/11 mit einer Reihe von durchnummerierten Entscheidungen, in denen geregelt ist, nach welchen Grundsätzen und Methoden die Nettokosten und die Erträge sowie die sonstigen Vorteile der Universaldienstverpflichtung zu ermitteln sind und wie festgestellt wird, ob der Universaldienstanbieter durch die Nettokosten unzumutbar belastet worden ist.

16      Die Entscheidungen Nrn. 38 bis 41 lauten:

„38.      Eine unzumutbare Belastung des [Universaldienstanbieters] setzt voraus:

i.      Es müssen unmittelbare, überprüfbare und überprüfte Nettokosten vorliegen,

ii.      die Vorteile der [Universaldienstverpflichtung] dürfen die Nettokosten nicht übersteigen, d. h. es müssen positive Nettokosten festgestellt werden,

iii.      und die positiven Nettokosten müssen a) im Verhältnis zu den Verwaltungskosten eines Aufteilungsverfahrens erheblich sein und b) für [das Unternehmen, das den Universaldienst bereitstellt] einen erheblichen Wettbewerbsnachteil bedeuten.

39.      Sind die positiven Nettokosten vergleichsweise gering, ermittelt [die Regulierungsbehörde] anhand der überprüften Kosten der Universaldienstverpflichtung, ob deren Finanzierung gerechtfertigt ist; dabei berücksichtigt sie die Verwaltungskosten der Einrichtung und Verwaltung eines Aufteilungsverfahrens (im Verhältnis zu den positiven Nettokosten der [Universaldienstverpflichtung]) und die Frage, ob die positiven Nettokosten in Bezug auf Nettoübertragungen zugunsten eines [Universaldienstanbieters] unverhältnismäßig sind.

40.      Sind die positiven Nettokosten nicht verhältnismäßig gering, prüft [die Regulierungsbehörde], ob die positiven Nettokosten die Rentabilität eines [Universaldienstanbieters] und/oder dessen Fähigkeit, eine angemessene Rendite zu erzielen, erheblich beeinträchtigen.

41.      Beeinträchtigen die positiven Nettokosten die Rentabilität eines [Universaldienstanbieters] erheblich, prüft die Regulierungsbehörde, ob die positiven Nettokosten die Fähigkeit eines [Universaldienstanbieters], in Zukunft auf Augenhöhe mit seinen Wettbewerbern zu konkurrieren, erheblich beeinträchtigen.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

17      Eircom ist der etablierte Monopolanbieter auf dem irischen Markt für Telekommunikationsdienste. Das Unternehmen wurde von der Regulierungsbehörde 2003 als einziger Universaldienstanbieter benannt. Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts ist Eircom in Irland nach wie vor der einzige Anbieter, der den Zugang an einem festen Standort, Sprachtelefondienste und öffentliche Münz- oder Kartentelefone bereitstellt.

18      Eircom stellte gemäß Regulation 11 der innerstaatlichen Universaldienstverordnung Anträge auf Finanzierung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtung. Sie beantragte, die Kosten der Universaldienstverpflichtungen gemäß Regulation 12 der innerstaatlichen Universaldienstverordnung unter den verschiedenen auf dem Markt tätigen Anbietern aufzuteilen. Die Regulierungsbehörde erließ daraufhin am 18. April 2019 fünf Entscheidungen (im Folgenden: streitige Entscheidungen), mit denen festgestellt wurde, dass die Nettokosten, die Eircom in dem Zeitraum von 2010 bis 2015 durch die Universaldienstverpflichtungen entstanden seien, keine unzumutbare Belastung dargestellt hätten. Entsprechend lehnte die Regulierungsbehörde es mit den streitigen Entscheidungen ab, das Aufteilungsverfahren gemäß Regulation 12 der innerstaatlichen Universaldienstverordnung durchzuführen.

19      Das vorlegende Gericht, das über eine gegen die streitigen Entscheidungen erhobene Klage zu entscheiden hat, stellt fest, dass aus diesen Entscheidungen hervorgehe, dass die Regulierungsbehörde eine Berechnung angestellt habe, nach der die Nettokosten, die Eircom durch die Universaldienstverpflichtungen in den betreffenden fünf Jahren entstanden seien, etwas unter 43 Mio. Euro gelegen hätten. Eircom habe in dem untersuchten Zeitraum mit der Festnetz-Sparte ein Betriebsergebnis von 1,397 Mrd. Euro erzielt.

20      Die Regulierungsbehörde habe sich in den streitigen Entscheidungen jeweils auf einen Unfair Burden Report (Gutachten über die unzumutbare Belastung) eines von ihr beauftragten Beratungsunternehmens gestützt. Aus den Gutachten gehe, was die Voraussetzungen gemäß der Entscheidung Nr. 38 angehe, hervor, dass Eircom in den untersuchten Jahren jeweils positive Nettokosten gehabt habe, dass die Vorteile, die Eircom durch die Universaldienstverpflichtungen entstanden seien, die Nettokosten dieser Verpflichtungen nicht überstiegen hätten und dass die positiven Nettokosten im Vergleich zu den Verwaltungskosten eines Aufteilungsverfahrens erheblich seien.

21      Was die nach der Entscheidung Nr. 40 erforderliche Beurteilung angehe, ergebe sich aus den Gutachten, dass die Rentabilität von Eircom und/oder ihre Fähigkeit, eine angemessene Rendite zu erzielen, im relevanten Zeitraum durch die Nettokosten ihrer Universaldienstverpflichtungen nicht signifikant beeinträchtigt worden seien.

22      Bei der Prüfung der Frage, ob Eircom in der Lage gewesen sei, eine angemessene Rendite zu erzielen, sei in den Gutachten darauf abgestellt worden, in welchem Verhältnis die Eigenkapitalrendite der finanziellen Erträge von Eircom zu den von der Regulierungsbehörde zuvor ermittelten gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten gestanden habe. Die Regulierungsbehörde habe sich diesen Ansatz zu eigen gemacht. Bei der Festnetz-Sparte von Eircom etwa habe die Eigenkapitalrendite die gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten unter Berücksichtigung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen von Eircom in jedem der untersuchten Jahre überstiegen. In Anbetracht der entsprechenden Feststellungen gehe aus den Gutachten hervor, dass die Belastung von Eircom durch die Nettokosten in dem Zeitraum, auf den sich die von Eircom gestellten Anträge auf Finanzierung bezögen, in Anbetracht der Belastbarkeit von Eircom nicht übermäßig gewesen sei.

23      Das von der Regulierungsbehörde beauftragte Beratungsunternehmen habe darauf hingewiesen, dass es bei der Erstellung der Gutachten zu dem untersuchten Zeitraum daher nicht gemäß der Entscheidung Nr. 41 geprüft habe, ob die Eircom durch die Universaldienstverpflichtungen entstandenen Nettokosten einen Einfluss auf die Fähigkeit von Eircom gehabt hätten, in Zukunft mit den Wettbewerbern auf dem betreffenden Markt auf Augenhöhe zu konkurrieren.

24      In den streitigen Entscheidungen habe die Regulierungsbehörde jedoch angenommen, dass das Fehlen signifikanter Auswirkungen auf die Rentabilität von Eircom und die Fähigkeit dieses Unternehmens, eine angemessene Eigenkapitalrendite zu erzielen, bewiesen, dass Eircom durch die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen kein signifikanter Wettbewerbsnachteil entstanden sei. Die Regulierungsbehörde sei deshalb zu dem Schluss gelangt, dass es nicht erforderlich sei, gemäß der Entscheidung Nr. 41 zu prüfen, ob eine Wettbewerbsverzerrung vorliege.

25      Sowohl in den Gutachten des von der Regulierungsbehörde beauftragten Beratungsunternehmens als auch in den streitigen Entscheidungen werde allein auf die Merkmale von Eircom abgestellt. Weder die Regulierungsbehörde noch das Beratungsunternehmen hätten die Marktstellung der Wettbewerber von Eircom bewertet.

26      In dem Zeitraum von 2010 bis 2014 sei der Anteil von Eircom am Festnetzmarkt von 74,5 auf 47,2 % gesunken, während ein Wettbewerber von Eircom seinen Anteil auf dem nationalen Markt in demselben Zeitraum etwa von 5 auf 21,7 % gesteigert habe. Aus einer Marktanalyse, die die Regulierungsbehörde 2014 im Rahmen einer 2013 in Dublin (Irland) durchgeführten Befragung von Haushalten vorgenommen habe, gehe hervor, dass der Marktanteil dieses Wettbewerbers 42 % betragen habe, der von Eircom 44 %.

27      Es sei unstreitig, dass es ein Merkmal des Wettbewerbsmarkts für Telekommunikationsdienste sei, dass die Anbieter ohne Universaldienstverpflichtungen „davon profitieren, dass Verbraucher an das Netz angeschlossen werden, die andernfalls unversorgt blieben (… positive externe Effekte), und dass es auch ein anerkanntes Merkmal solcher wettbewerbsorientierter Märkte ist, dass alle Diensteanbieter sich theoretisch in profitableren geografischen Zentren ‚die Rosinen herauspicken‘ können.“

28      Vor diesem Hintergrund seien sich die Parteien nicht darüber einig, welche Tragweite das Urteil des Gerichtshofs vom 6. Oktober 2010, Base u. a. (C‑389/08, EU:C:2010:584), habe und wie die darin aufgestellten Kriterien für eine unzumutbare Belastung in einem Fall wie dem von Eircom, in dem nur ein Unternehmen Universaldienstverpflichtungen habe, anzuwenden seien.

29      Eircom vertrete die Auffassung, dass dieses Urteil im Zusammenhang mit den Rechtsvorschriften zu sehen sei, die in der betreffenden Rechtssache einschlägig gewesen seien, und dass bei der Beurteilung der relativen Fähigkeit eines Unternehmens mit Universaldienstverpflichtungen, die Nettokosten dieser Verpflichtungen zu tragen, nicht nur die ihm eigenen Merkmale, sondern auch die seiner Wettbewerber zu berücksichtigen seien. Sonst bestehe das erhebliche Risiko, dass alle Anbieter von den positiven externen Effekten eines solchen Unternehmens profitierten, aber nur Letzteres die Kosten trage, obwohl seine Situation nicht wesentlich besser sei als die seiner Wettbewerber.

30      Die Regulierungsbehörde vertrete hingegen die Auffassung, dass nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 6. Oktober 2010, Base u. a. (C‑389/08, EU:C:2010:584), bei der Beurteilung der Frage, ob die einem Anbieter durch die Universaldienstverpflichtungen entstehenden Nettokosten eine unzumutbare Belastung darstellten, auf die Belastungsfähigkeit des Anbieters aufgrund aller ihm eigenen Merkmale abzustellen sei. Es ergebe sich weder aus den einschlägigen Rechtsvorschriften noch aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass zur Beurteilung der Frage, ob eine unzumutbare Belastung vorliege, eine Marktanalyse durchzuführen wäre.

31      Der High Court (Hoher Gerichtshof, Irland) hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

In einem Fall, in dem

(i)      der Markt für Telekommunikationsdienste liberalisiert wurde und es mehrere Anbieter von Telekommunikationsdiensten gibt, die auf dem Markt tätig sind,

(ii)      die nationale Regulierungsbehörde zur Erfüllung von Universaldienstverpflichtungen einen Diensteanbieter ausgewählt hat,

(iii)      die nationale Regulierungsbehörde festgestellt hat, dass durch die Erfüllung der Universaldienstverpflichtungen positive Nettokosten entstehen, und

(iv)      die nationale Regulierungsbehörde festgestellt hat, dass die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen im Vergleich zu den Verwaltungskosten für die Einrichtung eines Verfahrens zur Aufteilung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen auf die Marktteilnehmer erheblich sind,

ist es dann, wenn die nationale Regulierungsbehörde aufgrund ihrer Verpflichtungen nach der Universaldienstrichtlinie zu prüfen hat, ob sich die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen angesichts der Belastungsfähigkeit des Universaldienstanbieters aufgrund aller seiner Merkmale, insbesondere des Stands seiner Einrichtungen, seiner wirtschaftlichen und finanziellen Situation sowie seines Marktanteils, als unzumutbar im Sinne von übermäßig darstellen (wie in Rn. 42 des Urteils vom 6. Oktober 2010, Base u. a., C‑389/08, EU:C:2010:584, ausgeführt), nach den Richtlinien zulässig, dass sie diese Prüfung ausschließlich unter Berücksichtigung der Merkmale/Situation des Universaldienstanbieters vornimmt, oder muss sie die Merkmale/Situation des Universaldienstanbieters im Vergleich zu seinen Wettbewerbern auf dem relevanten Markt prüfen?

 Zur Vorlagefrage

32      Zunächst ist festzustellen, dass das Gericht in seiner Vorlagefrage formal nicht auf bestimmte Vorschriften der Universaldienstrichtlinie Bezug genommen hat. In einem solchen Fall ist der Gerichtshof jedoch nicht daran gehindert, dem vorlegenden Gericht unabhängig davon, worauf es in seinen Fragen Bezug genommen hat, alle Auslegungshinweise zu geben, die ihm bei der Entscheidung der bei ihm anhängigen Rechtssache von Nutzen sein können. Der Gerichtshof hat insoweit aus dem gesamten von dem einzelstaatlichen Gericht vorgelegten Material, insbesondere der Begründung der Vorlageentscheidung, diejenigen Elemente des Unionsrechts herauszuarbeiten, die unter Berücksichtigung des Gegenstands des Rechtsstreits einer Auslegung bedürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. November 2021, Governor of Cloverhill Prison u. a., C‑479/21 PPU, EU:C:2021:929, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Im vorliegenden Fall geht aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervor, dass das vorlegende Gericht mit seiner Frage im Wesentlichen wissen möchte, ob die Art. 12 und 13 der Universaldienstrichtlinie dahin auszulegen sind, dass die zuständige nationale Regulierungsbehörde danach bei der Prüfung der Frage, ob die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen für einen Universaldienstanbieter eine unzumutbare Belastung darstellen, im Rahmen der Untersuchung der eigenen Merkmale des Universaldienstanbieters zu berücksichtigen hat, in welcher Situation sich dieser im Vergleich mit seinen Wettbewerbern auf dem betreffenden Markt befindet.

34      Mit der Universaldienstrichtlinie soll ein harmonisierter Rechtsrahmen geschaffen werden, der im Sektor der elektronischen Kommunikation die Bereitstellung eines Universaldienstes garantiert, also eines festgelegten Mindestangebots an Diensten für alle Endnutzer zu einem erschwinglichen Preis. Eines der Ziele der Richtlinie besteht nach deren Art. 1 Abs. 1 darin, in der gesamten Europäischen Union die Verfügbarkeit hochwertiger, öffentlich zugänglicher Dienste durch wirksamen Wettbewerb und Angebotsvielfalt zu gewährleisten (Urteil vom 6. Oktober 2010, Base u. a., C‑389/08, EU:C:2010:584, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Nach Art. 3 Abs. 2 der Universaldienstrichtlinie legen die Mitgliedstaaten den effizientesten und am besten geeigneten Ansatz fest, mit dem der Universaldienst sichergestellt werden kann, wobei die Grundsätze der Objektivität, Transparenz, Nichtdiskriminierung und Verhältnismäßigkeit einzuhalten sind; sie tragen dafür Sorge, Marktverfälschungen zu minimieren, und berücksichtigen dabei die Wahrung des öffentlichen Interesses (Urteil vom 6. Oktober 2010, Base u. a., C‑389/08, EU:C:2010:584, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      Zur Gewährleistung des Universaldienstes kann, wie es im vierten Erwägungsgrund der Universaldienstrichtlinie heißt, auch die Bereitstellung einiger Dienste für bestimmte Endnutzer zu Preisen gehören, die von denen, die sich aus den üblichen Marktbedingungen ergeben, abweichen. Deshalb hat der Unionsgesetzgeber, wie aus dem 18. Erwägungsgrund der Richtlinie hervorgeht, vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten bei Bedarf Verfahren für die Finanzierung der Nettokosten von Universaldienstverpflichtungen in den Fällen einrichten sollten, in denen nachgewiesen wird, dass die Verpflichtungen nur mit Verlust oder zu Nettokosten, die außerhalb der üblichen geschäftlichen Standards liegen, erfüllt werden können (Urteil vom 6. Oktober 2010, Base u. a., C‑389/08, EU:C:2010:584, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Entsprechend müssen die nationalen Regulierungsbehörden nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 1 der Universaldienstrichtlinie, wenn nach ihrer Auffassung die Bereitstellung des Universaldienstes gemäß den Art. 3 bis 10 der Richtlinie möglicherweise eine unzumutbare Belastung für die Unternehmen darstellt, die zur Erbringung des Universaldienstes benannt sind, die Nettokosten für die Bereitstellung des Universaldienstes berechnen.

38      Mit den Bestimmungen des Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 sowie des Anhangs IV Teil A der Universaldienstrichtlinie werden zwar die Regeln festgelegt, nach denen die Nettokosten für die Bereitstellung des Universaldienstes zu berechnen sind, wenn die nationalen Regulierungsbehörden zu der Auffassung gelangt sind, dass diese möglicherweise eine unzumutbare Belastung darstellt. Es ergibt sich aber weder aus Art. 12 Abs. 1 noch aus irgendeiner anderen Bestimmung der Richtlinie, dass der Unionsgesetzgeber selbst die Voraussetzungen festlegen wollte, unter denen diese Behörden zuvor zu dem Schluss zu kommen haben, dass die Bereitstellung des Universaldienstes möglicherweise eine solche unzumutbare Belastung darstellt. Hingegen ergibt sich aus Art. 13 der Richtlinie, dass die nationalen Regulierungsbehörden nur auf der Grundlage der Berechnung der Nettokosten für die Bereitstellung des Universaldienstes gemäß Art. 12 der Richtlinie feststellen können, dass ein Unternehmen, das zur Erbringung des Universaldienstes benannt ist, tatsächlich einer unzumutbaren Belastung ausgesetzt ist, und dass die Mitgliedstaaten dann auf Antrag des entsprechenden Unternehmens über den Erlass von Entschädigungsmodalitäten nach Maßgabe dieser Kosten zu entscheiden haben (Urteil vom 6. Oktober 2010, Base u. a., C‑389/08, EU:C:2010:584, Rn. 36 und 37).

39      Der Begriff der unzumutbaren Belastung ist in der Universaldienstrichtlinie nicht definiert. Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 6. Oktober 2010, Base u. a. (C‑389/08, EU:C:2010:584, Rn. 42), bereits festgestellt hat, geht aus dem 21. Erwägungsgrund der Richtlinie aber hervor, dass der Unionsgesetzgeber die Mechanismen zur Anlastung der Nettokosten, die die Bereitstellung des Universaldienstes einem Unternehmen verursachen kann, vom Vorliegen einer unzumutbaren Belastung für dieses Unternehmen abhängig machen wollte. Indem er in diesem Zusammenhang den Standpunkt vertreten hat, dass die Nettokosten des Universaldienstes nicht unbedingt für alle betroffenen Unternehmen eine unzumutbare Belastung darstellen, wollte er ausschließen, dass alle Nettokosten des Universaldienstes automatisch ein Recht auf Entschädigung eröffnen. Der Gerichtshof hat daraus gefolgert, dass die unzumutbare Belastung, deren Vorliegen die nationale Regulierungsbehörde vor jeder Entschädigung feststellen muss, die Belastung ist, die sich für das einzelne betroffene Unternehmen angesichts seiner Belastungsfähigkeit aufgrund aller ihm eigenen Merkmale, insbesondere des Stands seiner Einrichtungen, seiner wirtschaftlichen und finanziellen Situation sowie seines Marktanteils, als unzumutbar im Sinne von übermäßig darstellt.

40      In Ermangelung einer entsprechenden Präzisierung in der Universaldienstrichtlinie ist es zwar Sache der nationalen Regulierungsbehörde, in allgemeiner und von konkreten Personen unabhängiger Weise die Kriterien festzulegen, mit denen die Schwellen bestimmt werden können, bei deren Überschreitung eine Belastung unter Berücksichtigung der in der vorstehenden Randnummer genannten Merkmale als unzumutbar angesehen werden kann, doch kann die nationale Regulierungsbehörde nur dann feststellen, dass die Belastung durch die Bereitstellung des Universaldienstes im Hinblick auf die Anwendung von Art. 13 der Richtlinie unzumutbar ist, wenn sie die Situation jedes betroffenen Unternehmens anhand dieser Kriterien gesondert prüft (Urteil vom 6. Oktober 2010, Base u. a., C‑389/08, EU:C:2010:584, Rn. 43).

41      Stellt die nationale Regulierungsbehörde fest, dass ein oder mehrere Unternehmen, die zur Erbringung des Universaldienstes benannt sind, unzumutbar belastet werden, und wird von diesem oder diesen Unternehmen eine Entschädigung beantragt, hat der entsprechende Mitgliedstaat daher nach Art. 13 der Universaldienstrichtlinie die dazu erforderlichen Verfahren einzuführen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2010, Base u. a., C‑389/08, EU:C:2010:584, Rn. 44).

42      Ausgehend von diesen Erwägungen ist der Gerichtshof in seinem Urteil vom 6. Oktober 2010, Base u. a. (C‑389/08, EU:C:2010:584, Rn. 45), zu dem Schluss gelangt, dass die Mitgliedstaaten ohne Verstoß gegen die sich aus der Universaldienstrichtlinie ergebenden Verpflichtungen nicht feststellen können, dass die Bereitstellung des Universaldienstes tatsächlich eine zu entschädigende unzumutbare Belastung darstellt, ohne die Nettokosten berechnet zu haben, die diese Bereitstellung für jedes damit betraute Unternehmen bedeutet, und ohne beurteilt zu haben, ob diese Kosten für dieses Unternehmen eine unzumutbare Belastung darstellen, und auch keine Entschädigungsregelung vorsehen können, bei der sich die Entschädigung nicht auf die Nettokosten bezieht.

43      Insoweit ist zunächst festzustellen, dass der Prüfung der Frage, ob der Universaldienstanbieter durch die Universaldienstverpflichtungen unzumutbar belastet wird, wenn dessen Marktanteil berücksichtigt wird, stets zwangsläufig eine vergleichende Komponente immanent ist, die von der nationalen Regulierungsbehörde nicht außer Acht gelassen werden kann. Denn aus Feststellungen zum Marktanteil des Universaldienstanbieters lassen sich für sich genommen ohne Vergleich mit den Marktanteilen der Wettbewerber keine sinnvollen Schlüsse ziehen. Diese können je nach der Zahl der Wettbewerber auf dem Markt, der gegebenenfalls zwischen diesen bestehenden Verbindungen oder der verschiedenen Sektoren des betreffenden Markts, in denen die Wettbewerber präsent sind, durchaus unterschiedlich ausfallen.

44      Wie Eircom, die tschechische Regierung und die Kommission geltend machen, ergibt sich aus den einschlägigen Bestimmungen der Universaldienstrichtlinie mithin, dass die zuständige nationale Regulierungsbehörde bei der Prüfung der Frage, ob der Universaldienstanbieter durch die Universaldienstverpflichtungen unzumutbar belastet wird, die Situation zu berücksichtigen hat, in der sich der Universaldienstanbieter im Vergleich mit den Wettbewerbern auf dem betreffenden Markt befindet.

45      Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 34 und 35), besteht das Hauptziel der Universaldienstrichtlinie nach deren Art. 1 Abs. 1 nämlich darin, die unionsweite Verfügbarkeit hochwertiger, öffentlich zugänglicher Dienste durch wirksamen Wettbewerb und Angebotsvielfalt zu gewährleisten. Und die Mitgliedstaaten müssen nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie bei der Durchführung des Universaldiensts dafür Sorge tragen, Marktverfälschungen zu minimieren, insbesondere die Erbringung von Diensten zu Preisen oder sonstigen Bedingungen, die von normalen wirtschaftlichen Gegebenheiten abweichen, und dabei die Wahrung des öffentlichen Interesses berücksichtigen.

46      Was speziell die Berechnung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen und ihre etwaige Finanzierung angeht, heißt es im vierten Erwägungsgrund der Universaldienstrichtlinie, dass die Entschädigung der Unternehmen, die für die Bereitstellung von einigen Diensten für bestimmte Endnutzer zu Preisen, die von denen, die sich aus den üblichen Marktbedingungen ergeben, abweichen, benannt werden, nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen müssen, sofern die benannten Unternehmen für die entstandenen spezifischen Nettokosten entschädigt werden und sofern die Nettokostenbelastung wettbewerbsneutral angelastet wird.

47      Die Bewertung der Wettbewerbssituation auf den betreffenden Markt ist also integraler Bestandteil der Voraussetzungen der Anwendung der Art. 12 und 13 der Universaldienstrichtlinie (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Juni 2008, Kommission/Frankreich, C‑220/07, nicht veröffentlicht, EU:C:2008:354, Rn. 45 und 46, und vom 21. Dezember 2016, TDC, C‑327/15, EU:C:2016:974, Rn. 49).

48      Im Übrigen steht die Beurteilung der einem Universaldienstanbieter eigenen Merkmale im Lichte des Wettbewerbsumfelds, in dem er tätig ist, auch mit den Zielen der Universaldienstrichtlinie in Einklang.

49      Dies gilt insbesondere für die Merkmale, die die wirtschaftliche und finanzielle Situation eines Universaldienstanbieters betreffen. Aus der bloßen Feststellung, dass ein Universaldienstanbieter trotz der Belastung durch die Nettokosten seiner Universaldienstverpflichtungen rentabel bleibt, lassen sich nämlich keine Schlüsse hinsichtlich der Frage ziehen, wie sich diese Kosten auf seine Fähigkeit auswirken, mit den übrigen Anbietern, die auf einem dynamischen Markt präsent sind, zu konkurrieren. Es ist durchaus denkbar, dass die Belastung, die die Nettokosten der Universaldienstverpflichtung für einen Universaldienstanbieter darstellen, die Finanzierung von Investitionen in neue Technologien oder konnexe Märkte unmöglich, schwieriger oder komplexer macht. Die Wettbewerber des Universaldienstanbieters sind eventuell in der Lage, solche Investition zu tätigen, und können sich auf diese Weise unter Umständen erhebliche Wettbewerbsvorteile verschaffen.

50      Die nationale Regulierungsbehörde vermag deshalb nur dann zu beurteilen, ob die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen für den Universaldienstanbieter wegen der Wettbewerbsverzerrungen, die sich daraus auf dem betreffenden Markt zu seinen Lasten ergeben, eine unzumutbare Belastung im Sinne der Art. 12 und 13 der Universaldienstrichtlinie darstellen, wenn sie berücksichtigt, in welcher Situation sich der Universaldienstanbieter im Vergleich zu seinen Wettbewerbern befindet.

51      Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 45), ist Hauptziel der Universaldienstrichtlinie nach deren Art. 1 Abs. 1 die unionsweite Verfügbarkeit hochwertiger, öffentlich zugänglicher Dienste durch wirksamen Wettbewerb und Angebotsvielfalt. Die Verschlechterung der Wettbewerbsposition eines Universaldienstanbieters aufgrund der Unzumutbarkeit der Belastung durch die Universaldienstverpflichtungen würde aber den effektiven Wettbewerb auf dem betreffenden Markt und damit unter Umständen die Bedingungen der Bereitstellung des Universaldienstes beeinträchtigen, was letztlich dem genannten Ziel abträglich wäre.

52      Nach Anhang IV Teil A der Universaldienstrichtlinie sind bei der Berechnung der Nettokosten des Universaldienstanbieters daher die Kosten zu ermitteln, die ein benanntes Unternehmen vermieden hätte, wenn die Universaldienstverpflichtungen nicht bestanden hätten. Die nationale Regulierungsbehörde hat die Situation des Universaldienstanbieters im Vergleich zu der der Wettbewerber auf den betreffenden Markt im Zusammenhang mit den Ergebnissen dieser Berechnung zu berücksichtigen.

53      Bei dieser Prüfung hat die nationale Regulierungsbehörde, die über einen Antrag gemäß Art. 13 der Universaldienstrichtlinie zu entscheiden hat, auch den Umfang des Antrags und die Angaben des Anbieters, der die Überprüfung der Bedingungen der Finanzierung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen begehrt, zu berücksichtigen.

54      Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die Art. 12 und 13 der Universaldienstrichtlinie dahin auszulegen sind, dass die zuständige nationale Regulierungsbehörde danach bei der Prüfung der Frage, ob die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen für einen Universaldienstanbieter eine unzumutbare Belastung darstellen, im Rahmen der Untersuchung der eigenen Merkmale des Universaldienstanbieters zu berücksichtigen hat, in welcher Situation sich dieser im Vergleich mit seinen Wettbewerbern auf dem betreffenden Markt befindet.

 Kosten

55      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

Die Art. 12 und 13 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und diensten (Universaldienstrichtlinie)

sind wie folgt auszulegen:

Die zuständige nationale Regulierungsbehörde hat danach bei der Prüfung der Frage, ob die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen für einen Universaldienstanbieter eine unzumutbare Belastung darstellen, im Rahmen der Untersuchung der eigenen Merkmale des Universaldienstanbieters zu berücksichtigen, in welcher Situation sich dieser im Vergleich mit seinen Wettbewerbern auf dem betreffenden Markt befindet.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.