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URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

2. Dezember 2014(*)

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Richtlinien 75/442/EWG, 91/689/EWG und 1999/31/EG – Abfallbewirtschaftung – Urteil des Gerichtshofs, mit dem eine Vertragsverletzung festgestellt wird – Nichtdurchführung – Art. 260 Abs. 2 AEUV – Finanzielle Sanktionen – Zwangsgeld – Pauschalbetrag“

In der Rechtssache C‑196/13

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 260 Abs. 2 AEUV, eingereicht am 16. April 2013,

Europäische Kommission, vertreten durch D. Recchia, A. Alcover San Pedro und E. Sanfrutos Cano als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Italienische Republik, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Fiengo, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten T. von Danwitz, A. Ó Caoimh (Berichterstatter), C. Vajda und S. Rodin sowie der Richter A. Borg Barthet, J. Malenovský, E. Levits, E. Jarašiūnas, C. G. Fernlund, J. L. da Cruz Vilaça und F. Biltgen,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juni 2014,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 4. September 2014

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission,

–        festzustellen, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 260 Abs. 1 AEUV verstoßen hat, dass sie nicht alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, die sich aus dem Urteil Kommission/Italien (C‑135/05, EU:C:2007:250) ergeben, in dem der Gerichtshof festgestellt hat, dass die Italienische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 4, 8 und 9 der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle (ABl. L 194, S. 39) in der durch die Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 (ABl. L 78, S. 32) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 75/442), aus Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/689/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 über gefährliche Abfälle (ABl. L 377, S. 20) und aus Art. 14 Buchst. a bis c der Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien (ABl. L 182, S. 1) verstoßen hat;

–        die Italienische Republik zu verurteilen, an die Kommission ab dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils ein Zwangsgeld in Höhe von 256 819,20 Euro für jeden Tag des Verzugs bei der Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) zu zahlen;

–        die Italienische Republik zu verurteilen, ihr einen Pauschalbetrag in Höhe des Produkts des Tagessatzes von 28 089,60 Euro und der Zahl der Tage der Fortdauer des Verstoßes vom Tag der Verkündung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) bis zum Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils zu zahlen;

–        der Italienischen Republik die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtlicher Rahmen

 Richtlinie 75/442

2        Art. 4 der Richtlinie 75/442 lautete:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Abfälle verwertet oder beseitigt werden, ohne dass die menschliche Gesundheit gefährdet wird und ohne dass Verfahren oder Methoden verwendet werden, welche die Umwelt schädigen können …

Die Mitgliedstaaten ergreifen ferner die erforderlichen Maßnahmen, um eine unkontrollierte Ablagerung oder Ableitung von Abfällen und deren unkontrollierte Beseitigung zu verbieten.“

3        Art. 8 dieser Richtlinie verpflichtete die Mitgliedstaaten, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit jeder Besitzer von Abfällen entweder diese einem privaten oder öffentlichen Sammelunternehmen oder einem Unternehmen übergibt, das die in Anhang II A oder II B der Richtlinie genannten Maßnahmen durchführt, oder selbst die Verwertung oder Beseitigung unter Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie sicherstellt.

4        Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 75/442 sah vor, dass für die Zwecke u. a. von Art. 4 dieser Richtlinie alle Anlagen oder Unternehmen, die Abfallbeseitigungsmaßnahmen durchführten, einer Genehmigung der für die Durchführung der Bestimmungen dieser Richtlinie zuständigen Behörde bedurften. Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 75/442 bestimmte, dass diese Genehmigungen befristet, erneuert, mit Bedingungen und Auflagen verbunden oder, insbesondere wenn die vorgesehene Beseitigungsmethode aus Umweltgründen nicht akzeptiert werden konnte, verweigert werden konnten.

5        Die Richtlinie 75/442 wurde durch die Richtlinie 2006/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 über Abfälle (ABl. L 114, S. 9) aufgehoben und ersetzt, die wiederum durch die Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (ABl. L 312, S. 3) aufgehoben und ersetzt wurde. Die Art. 4, 8 und 9 der Richtlinie 75/442 wurden im Wesentlichen in den Art. 13, 15, 23 und 36 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 übernommen.

 Richtlinie 91/689

6        Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/689 bestimmte:

„Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass gefährliche Abfälle überall dort, wo sie abgelagert (verkippt) werden, registriert und identifiziert werden.“

7        Diese Richtlinie wurde durch die Richtlinie 2008/98 aufgehoben. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/689 wurde im Wesentlichen in Art. 35 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2008/98 übernommen.

 Richtlinie 1999/31

8        Art. 14 Buchst. a bis c der Richtlinie 1999/31 sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten ergreifen Maßnahmen, die sicherstellen, dass Deponien, die zum Zeitpunkt der Umsetzung dieser Richtlinie über eine Zulassung verfügen oder in Betrieb sind, nur dann weiterbetrieben werden können, wenn [nachstehende Schritte durchgeführt werden:]

a)      Innerhalb von einem Jahr nach dem in Artikel 18 Absatz 1 genannten Zeitpunkt [, d. h. spätestens am 16. Juli 2002,] erarbeitet der Betreiber ein Nachrüstprogramm mit den in Artikel 8 genannten Angaben sowie allen von ihm als erforderlich erachteten Abhilfemaßnahmen für die Erfüllung der Anforderungen dieser Richtlinie (mit Ausnahme der Anforderungen in Anhang I Nummer 1) und legt dieses der zuständigen Behörde zur Zulassung vor.

b)      Nach Vorlage des Nachrüstprogramms trifft die zuständige Behörde eine endgültige Entscheidung auf der Grundlage des Nachrüstprogramms und der Bestimmungen dieser Richtlinie darüber, ob der Betrieb fortgesetzt werden kann. Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, damit Deponien, die keine Zulassung nach Artikel 8 für den Weiterbetrieb erhalten haben, gemäß Artikel 7 Buchstabe g) und Artikel 13 so bald wie möglich stillgelegt werden.

c)      Auf der Grundlage des autorisierten Nachrüstprogramms genehmigt die zuständige Behörde die notwendigen Arbeiten und legt eine Übergangsfrist für die Durchführung dieses Programms fest. Alle vorhandenen Deponien müssen binnen acht Jahren nach dem in Artikel 18 Absatz 1 genannten Zeitpunkt [, d. h. spätestens am 16. Juli 2009,] die Anforderungen dieser Richtlinie mit Ausnahme der Anforderungen in Anhang I Nummer 1 erfüllen.“

9        Nach Art. 18 Abs. 1 dieser Richtlinie setzen die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens bis zum 16. Juli 2001, d. h. zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten, nachzukommen, und setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

 Urteil Kommission/Italien

10      Im Urteil Kommission/Italien (EU:C:2007:250) vom 26. April 2007 hat der Gerichtshof, nachdem er festgestellt hatte, dass die Italienische Republik dadurch generell und fortgesetzt gegen ihre Verpflichtungen zur Abfallbewirtschaftung aus den Art. 4, 8 und 9 der Richtlinie 75/442, aus Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/689 und aus Art. 14 Buchst. a bis c der Richtlinie 1999/31 verstoßen hat, dass sie nicht alle Maßnahmen ergriffen hat, die zur Umsetzung dieser Bestimmungen erforderlich waren, der von der Kommission nach Art. 226 EG erhobenen Vertragsverletzungsklage stattgegeben.

 Vorverfahren

11      Die Kommission forderte die italienischen Behörden im Rahmen der Überprüfung der Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) mit Schreiben vom 8. Mai 2007 auf, zu schildern, welche Maßnahmen sie ergriffen hätten, um dieses Urteil durchzuführen. Am 11. Juni 2007 fand in Brüssel ein Treffen der Dienststellen der Kommission mit den italienischen Behörden statt, bei dem sich diese verpflichteten, der Kommission eine aktuelle Liste der zur Durchführung jenes Urteils erforderlichen Maßnahmen vorzulegen.

12      In ihren Schreiben vom 10. Juli, 26. September, 31. Oktober und 26. November 2007 legten die italienischen Behörden u. a. die innerstaatliche Regelung der Sanktionen auf dem Gebiet der Abfallbewirtschaftung und bestimmte Initiativen in diesem Bereich dar und lieferten eine nach Regionen gegliederte Zusammenfassung der Lage der in dem Bericht des Corpo Forestale dello Stato (Staatliches Forstkorps, im Folgenden: CFS) aus dem Jahr 2002 verzeichneten Anlagen.

13      Da die Kommission der Auffassung war, dass die Italienische Republik ihr die zur Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) ergriffenen Maßnahmen unvollständig mitgeteilt habe, übermittelte sie dieser am 1. Februar 2008 ein Aufforderungsschreiben, in dem sie sie aufforderte, hierzu binnen zwei Monaten Stellung zu nehmen. Vom 10. April bis 26. Mai 2008 übermittelte die Italienische Republik der Kommission mehrfach neue Daten zu jeder ihrer Regionen und zu den autonomen Provinzen Trient und Bozen sowie Informationen über das neue staatliche Landüberwachungssystem.

14      Bei einem Treffen am 24. September 2008 in Brüssel und in einem Schreiben vom 12. November 2008 bemängelte die Kommission den Inhalt der von der Italienischen Republik übermittelten Informationen. Nachdem sie die verschiedenen, ihr von diesem Mitgliedstaat daraufhin vorgelegten Unterlagen geprüft hatte, richtete die Kommission am 26. Juni 2009 an diesen eine mit Gründen versehene Stellungnahme gemäß Art. 228 Abs. 2 EG, in der sie zu dem Ergebnis kam, dass die vom Gerichtshof im Urteil Kommission/Italien (EU:C:2007:250) festgestellte allgemeine Vertragsverletzung fortbestehe.

15      Auf Antrag der Italienischen Republik wurde ihr die von der Kommission zur Beantwortung der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzte Frist bis zum 30. September 2009 verlängert. Die Antwort Italiens ging am 1. Oktober 2009 bei der Kommission ein. Im Anschluss daran ließ die Italienische Republik der Kommission in der Zeit vom 13. Oktober 2009 bis 19. Februar 2013 weitere aktuelle Unterlagen zur Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) zukommen.

16      Aufgrund der ihr von der Italienischen Republik übermittelten Angaben war die Kommission erstens der Auffassung, dass dieser Mitgliedstaat noch nicht alle Maßnahmen zur Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) ergriffen habe, da 218 sich im Gebiet von 18 der 20 Regionen Italiens befindliche Anlagen nicht mit den Art. 4 und 8 der Richtlinie 75/442 im Einklang stünden. Aus dem Bestehen dieser 218 illegalen Anlagen leitete die Kommission zweitens ab, dass es zwangsläufig Anlagen gebe, die entgegen Art. 9 dieser Richtlinie ohne eine Genehmigung arbeiteten. Drittens enthielten 16 dieser nicht den Vorschriften entsprechenden 218 Anlagen gefährliche Abfälle, ohne dass die Bestimmungen von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/689 beachtet worden seien. Schließlich war die Kommission der Meinung, dass die Italienische Republik für fünf der am 16. Juli 2001 bestehenden Deponien nicht den Nachweis erbracht habe, dass sie Gegenstand eines Nachrüstprogramms oder einer endgültigen Stilllegung nach Art. 14 der Richtlinie 1999/31 gewesen seien.

17      Da die Kommission der Ansicht war, dass die Italienische Republik nicht innerhalb der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgesetzten und von der Kommission verlängerten Frist alle sich aus dem Urteil Kommission/Italien (EU:C:2007:250) ergebenden Maßnahmen getroffen habe, hat sie am 16. April 2013 die vorliegende Klage erhoben.

 Im Lauf des vorliegenden Verfahrens eingetretene Entwicklungen

18      Mit Schreiben vom 10. April 2014 hat der Gerichtshof die Italienische Republik und die Kommission gebeten, bis spätestens 16. Mai 2014 aktuelle Auskünfte über die Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) zu geben. Ferner sollten nähere Angaben zu den nach 2002 verzeichneten neuen Deponien gemacht werden, die in den Schriftsätzen der Parteien erwähnt wurden.

19      Die Italienische Republik hat in ihrer Antwort eine aktuelle Zusammenfassung der Maßnahmen erstellt, die in den 218 von der Kommission in der Klageschrift genannten Anlagen ergriffen worden seien. Außerdem legte sie eine Aufstellung von 71 neuen Anlagen vor, die, obwohl sie im Bericht des CFS aus dem Jahr 2002 nicht verzeichnet gewesen seien, von den Rügen der Kommission betroffen seien.

20      Die Kommission hat ihrerseits in ihrer Antwort auf das Auskunftsersuchen des Gerichtshofs und in der mündlichen Verhandlung zunächst festgestellt, dass nach den jüngsten ihr vorliegenden Informationen 198 Anlagen noch nicht mit Art. 4 der Richtlinie 75/442 in Einklang stünden und dass sich zwei dieser Anlagen auch nicht mit den Art. 8 und 9 dieser Richtlinie und 14 weitere nicht mit Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/689 im Einklang befänden. Ferner ergebe sich aus den Informationen, die am 23. Mai 2014 im Rahmen eines Treffens der italienischen Behörden mit der Kommission ausgetauscht worden seien, dass nur noch zwei Anlagen nicht Art. 14 der Richtlinie 1999/31 entsprächen. Schließlich sei keine neue Anlage, die von den italienischen Behörden verzeichnet worden sei, Gegenstand der vorliegenden Klage.

 Zulässigkeit der Klage

 Vorbringen der Parteien

21      Nach Ansicht der Italienischen Republik ist die vorliegende Klage unzulässig, weil erstens die Informationsquellen auf die sich die Kommission zur Begründung ihre Klage stütze, insbesondere die Berichte des CFS und die Erklärungen des Mitgliedstaats im Rahmen der informellen Treffen mit der Kommission, eine Klage nach Art. 260 Abs. 2 AEUV nicht stützen könnten, da die finanziellen Sanktionen, die im Rahmen eines solchen Verfahrens verhängt werden könnten, sich auf spezifische Verstöße bei jeder einzelnen illegalen Deponie bezögen.

22      Zweitens habe die Kommission die vorliegende Klage erweitert, indem sie bei der Beurteilung, welche Maßnahmen die italienischen Behörden gemäß Art. 260 Abs. 2 AEUV ergreifen müssten, neue Anlagen berücksichtigt habe, die in dem Bericht des CFS nicht enthalten seien.

23      Drittens habe die Kommission in einem Schreiben vom 14. Juni 2011 an die Italienische Republik den Gegenstand des Rechtsstreits anders wiedergegeben als in ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme, so dass sie eine neue mit Gründen versehene Stellungnahme hätte abgeben müssen.

24      Viertens enthalte das Urteil Kommission/Italien (EU:C:2007:250) keinen Hinweis auf Defizite der italienischen Rechtsvorschriften, und die Kommission habe nicht angegeben, welche Bestimmungen dieser Rechtsvorschriften sie im Einzelnen als unzureichend erachte. In Ermangelung solcher Angaben sei der Italienischen Republik eine Verteidigung nicht möglich, und die Klage sei unzulässig. In jedem Fall werde die Anwendung der fraglichen innerstaatlichen Regelung durch die Komplexität der zu bereinigenden Lage erschwert.

25      Die Italienische Republik ist fünftens der Ansicht, sie habe stets die größtmögliche Sorgfalt angewandt, um die vom Gerichtshof im Urteil Kommission/Italien (EU:C:2007:250) festgestellte Vertragsverletzung zu beheben. Sie beantragt daher, die vorliegende Klage abzuweisen.

26      Die Kommission weist ihrerseits erstens darauf hin, dass der Gerichtshof im Urteil Kommission/Italien (EU:C:2007:250) bereits befunden habe, dass der Bericht des CFS eine statthafte Informationsquelle für die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens sein könne und dass die entsprechenden Gespräche bei den Treffen der Kommission mit den italienischen Behörden auf der Grundlage dieses Berichts geführt worden seien.

27      Zweitens sei es völlig legitim, im Stadium der Durchführung des Urteils weitere nicht den Vorschriften entsprechende Anlagen zu berücksichtigen, von denen die zuständigen Behörden Kenntnis hätten, da diese Anlagen zwangsläufig dem generellen und fortgesetzten Verstoß zugeordnet werden müssten, der im Urteil Kommission/Italien (EU:C:2007:250) festgestellt worden sei.

28      Drittens werde in dem Schreiben vom 14. Juni 2011 nur dargestellt, wie sich die Lage seit der mit Gründen versehenen Stellungnahme entwickelt habe. Es sei daher nicht erforderlich gewesen, eine neue mit Gründen versehene Stellungnahme an die Italienische Republik zu richten.

29      Viertens sei es von grundlegender Bedeutung, dass die Italienische Republik über einen angemessenen gesetzlichen Rahmen für eine gute Abfallbewirtschaftung verfüge. Die italienischen Behörden seien insoweit selbst der Ansicht gewesen, dass eine Änderung der Rechtsvorschriften die Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) ermöglichen würde.

30      Fünftens hätten die italienischen Behörden erst nach Übersendung der mit Gründen versehenen Stellungnahme damit begonnen, ihr kohärente und glaubhafte Informationen vorzulegen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

31      Da es nicht die Frage der Zulässigkeit der Klage der Kommission betrifft, ist das Vorbringen der Italienischen Republik zur Beweiskraft der Anhaltspunkte, auf die sich die Kommission in der vorliegenden Rechtssache gestützt hat, insbesondere der Bericht des CFS und die Erklärungen Italiens, zurückzuweisen.

32      Was die Unzulässigkeitseinrede der Italienischen Republik angeht, die darauf gestützt ist, dass in der Klageschrift der Kommission auf neue nicht den Vorschriften entsprechende Anlagen Bezug genommen werde, ist darauf hinzuweisen, dass das Verfahren nach Art. 260 Abs. 2 AEUV als ein besonderes gerichtliches Verfahren der Durchführung von Urteilen des Gerichtshofs, mit anderen Worten als ein Vollstreckungsverfahren anzusehen ist. In seinem Rahmen können daher nur Verstöße gegen Verpflichtungen des Mitgliedstaats aus den Verträgen behandelt werden, die der Gerichtshof auf der Grundlage von Art. 258 AEUV als begründet angesehen hat (vgl. Urteil Kommission/Deutschland, C‑95/12, EU:C:2013:676, Rn. 23).

33      Im vorliegenden Fall hat der Gerichtshof jedoch im Urteil Kommission/Italien (EU:C:2007:250) unter Berufung nicht nur auf den Bericht des CFS aus dem Jahr 2002, sondern auch auf andere Informationsquellen, wie Berichte nationaler parlamentarischer Untersuchungsausschüsse oder offizielle Dokumente insbesondere der Regionalbehörden, eine generelle und fortgesetzte Vertragsverletzung festgestellt. Soweit die Italienische Republik der Kommission lediglich vorwirft, die vorliegende Klage auf Anlagen erstreckt zu haben, die nicht im Bericht des CFS enthalten seien, ist dieses Argument zurückzuweisen, da solche Anlagen zwangsläufig als von der generellen und fortgesetzten Vertragsverletzung umfasst angesehen werden müssen, die im Rahmen der ersten Klage nach Art. 226 EG (jetzt Art. 258 AEUV) festgestellt worden ist (vgl. entsprechend im Rahmen einer Klage nach Art. 226 EG, Urteil Kommission/Irland, C‑494/01, EU:C:2005:250, Rn. 37 bis 39).

34      Was die Folgerung der Italienischen Republik aus dem Schreiben vom 14. Juni 2011 betrifft, dass die Kommission den Gegenstand des Rechtsstreits gegenüber dem der mit Gründen versehenen Stellungnahme erweitert habe, kann, da die Kommission nach Art. 228 Abs. 2 EG in der mit Gründen versehenen Stellungnahme darlegen muss, inwiefern der betroffene Mitgliedstaat dem Urteil des Gerichtshofs, mit dem die Vertragsverletzung festgestellt wird, nicht nachgekommen ist, nach ständiger Rechtsprechung der Gegenstand des Rechtsstreits nicht auf in der mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht genannte Verpflichtungen ausgeweitet werden, da sonst die substanziellen Formerfordernisse, die den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens gewährleisten, verletzt würden (vgl. Urteil Kommission/Portugal, C‑457/07, EU:C:2009:531, Rn. 60).

35      Im vorliegenden Fall weist die Italienische Republik jedoch, wie die Generalanwältin in Nr. 35 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, nicht nach, dass die Verpflichtungen, die Gegenstand der mit Gründen versehenen Stellungnahme waren, im Rahmen der vorliegenden Rechtssache durch das genannte Schreiben geändert worden sind. Die Einrede der Unzulässigkeit hinsichtlich dieses Schreibens ist daher zurückzuweisen.

36      Mit ihrer Aussage, dass die Italienische Republik zur Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) ihre Rechtsvorschriften ändern müsse, macht die Kommission im Übrigen keine Verpflichtung geltend, deren Verletzung der Gerichtshof in jenem Urteil nicht festgestellt hat, sondern weist, um die vorgeworfene Verletzung darzutun, lediglich darauf hin, welche Art von Maßnahmen dieser Mitgliedstaat ihres Erachtens ergreifen muss, um diesem Urteil nachzukommen.

37      Zu dem Argument, dass die Italienische Republik während des gesamten Verfahrens mit der Kommission zusammengearbeitet habe, genügt die Feststellung, dass dieser Umstand, sollte er zutreffen, bei der Festsetzung der finanziellen Sanktionen berücksichtigt werden kann, er jedoch nicht geeignet ist, die Zulässigkeit der Klage in Frage zu stellen.

38      Nach alledem ist die Klage zulässig.

 Zur Vertragsverletzung

 Vorbringen der Parteien

39      Aufgrund der Angaben der italienischen Behörden in ihrer Antwort vom 1. Oktober 2009 und der ergänzenden Informationen in einem Schreiben vom 30. Oktober 2009 schätzt die Kommission die Zahl der sich am Ende der Verlängerung der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgesetzten Frist mit den Art. 4, 8 und 9 der Richtlinie 75/442 nicht im Einklang stehenden Anlagen im gesamten Hoheitsgebiet der Italienischen Republik mit Ausnahme der Region Aostatal auf 368 bis sogar 422. Davon stünden 15 bis sogar 23 Anlagen, die gefährliche Abfälle enthielten, auch nicht mit Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/689 im Einklang. Nach diesen Angaben seien die Sanierungs- oder Renovierungsarbeiten je nach Anlage nicht abgeschlossen, nur geplant oder noch ausstehend. Andere Anlagen seien beschlagnahmt.

40      Nach Ansicht der Kommission hätte die Italienische Republik zur Beendigung der generellen und fortgesetzten Vertragsverletzung, die der Gerichtshof im Urteil Kommission/Italien (EU:C:2007:250) festgestellt habe, allgemeine und dauerhafte strukturelle Maßnahmen ergreifen müssen. Die Feststellung einer Vertragsverletzung dieser Art lasse erkennen, dass das Sanktionsgefüge der nationalen Rechtsordnung ungeeignet gewesen sei und die italienischen Behörden im Übrigen veranlasst habe, zur Durchführung dieses Urteils eine Reform in Betracht zu ziehen.

41      Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass die Parteien hinsichtlich der Verpflichtungen aus Art. 4 der Richtlinie 75/442, nicht aber hinsichtlich der Zahl der illegalen Anlagen unterschiedlicher Meinung seien. Nach Art. 4 Abs. 1 dieser Richtlinie sei die Italienische Republik nicht nur verpflichtet, die Abfälle zu beseitigen und die betreffenden Anlagen nicht mehr als Deponien zu verwenden, sondern auch dazu, für jede Anlage zu prüfen, ob Maßnahmen zur Abfallverwertung erforderlich seien. So erlege Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie den Mitgliedstaaten zwar auf, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine unkontrollierte Ablagerung oder Ableitung von Abfällen und deren unkontrollierte Beseitigung zu verbieten, doch reichten solche Maßnahmen nicht aus, um die Verpflichtungen nach Abs. 1 dieser Vorschrift zu erfüllen. Nach den Informationen, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zur Verfügung gestanden hätten, seien die Maßnahmen zur Sanierung und/oder Renovierung dieser Anlagen, die in fast allen Regionen Italiens belegen seien, noch im Gang.

42      Zu Art. 14 Buchst. a bis c der Richtlinie 1999/31 macht die Kommission geltend, dass bei Ablauf der Verlängerung der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgesetzten Frist mindestens 93 am 16. Juli 2001 bestehende Deponien in mehr als zehn Regionen nicht den Anforderungen dieser Vorschrift entsprochen hätten. Für einige Anlagen sei nach der Antwort der italienischen Behörden auf die mit Gründen versehene Stellungnahme kein Nachrüstprogramm vorgelegt oder gebilligt und noch keine endgültige Entscheidung über ihre Schließung oder Stilllegung gefasst worden. Bei anderen Anlagen seien die vorgelegten Angaben unvollständig oder unklar gewesen, so dass etwa für bestimmte Deponien der Nachweis ihrer Schließung oder Stilllegung zum Zeitpunkt des Ablaufs der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgesetzten Frist nicht erbracht gewesen sei. Zu anderen Deponien seien überhaupt keine Angaben gemacht worden.

43      Die Italienische Republik ist hingegen der Auffassung, alle erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) ergriffen zu haben.

44      Sie macht zunächst geltend, die nationalen Behörden hätten alle Anlagen gesichert und Art. 4 der Richtlinie 75/442 enthalte keine Verpflichtung zur Renovierung oder Sanierung der Anlagen. Ferner sei kein Verstoß gegen die Art. 8 und 9 der Richtlinie 75/442 dargetan worden, da alle 218 Anlagen, die in der Klageschrift als bei Klageerhebung nicht den Vorschriften entsprechend eingestuft worden seien, am Ende der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgesetzten Frist nicht in Betrieb gewesen seien. Darüber hinaus seien die meisten dieser Anlagen saniert worden oder im Begriff, wieder einer herkömmlichen Grundstücksnutzung zugeführt zu werden. Da schließlich die Deponien, die von der Kommission als nicht den Bestimmungen von Art. 14 Buchst. a bis c der Richtlinie 1999/31 entsprechend bezeichnet worden seien, geschlossen seien, sei diese Vorschrift auf sie nicht mehr anwendbar.

 Würdigung durch den Gerichtshof

45      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass, da der AEU-Vertrag im Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 260 Abs. 2 AEUV den Verfahrensschritt der Abgabe einer mit Gründen versehenen Stellungnahme abgeschafft hat, als der maßgebende Zeitpunkt zur Beurteilung des Vorliegens einer Vertragsverletzung gemäß Art. 260 Abs. 1 AEUV der Tag des Ablaufs der Frist anzusehen ist, die in dem nach dieser Bestimmung versandten Aufforderungsschreiben gesetzt wurde (vgl. Urteil Kommission/Spanien, C‑184/11, EU:C:2014:316, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46      Wenn jedoch das Vertragsverletzungsverfahren auf der Grundlage von Art. 228 Abs. 2 EG eingeleitet und vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, d. h. vor dem 1. Dezember 2009, eine mit Gründen versehene Stellungnahme abgegeben wurde, ist der maßgebende Zeitpunkt für die Beurteilung einer Vertragsverletzung das Ende der Frist, die in dieser mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde (vgl. Urteil Kommission/Spanien, EU:C:2014:316, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47      Da die Kommission in der vorliegenden Rechtssache die mit Gründen versehene Stellungnahme am 26. Juni 2009 auf der Grundlage von Art. 228 Abs. 2 EG abgegeben hat, ist der maßgebende Zeitpunkt für die Beurteilung der Vertragsverletzung das Ende der – von der Kommission verlängerten – Frist, die in dieser mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde, d. h. der 30. September 2009.

48      Im Übrigen ist es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Sache der Kommission, im Rahmen des vorliegenden Verfahrens dem Gerichtshof die Angaben zu liefern, die erforderlich sind, um zu bestimmen, welchen Stand der Durchführung eines Vertragsverletzungsurteils ein Mitgliedstaat erreicht hat. Wenn die Kommission hinreichende Anhaltspunkte für den Fortbestand der Vertragsverletzung geliefert hat, ist es Sache des betroffenen Mitgliedstaats, die vorgelegten Angaben und deren Konsequenzen substantiiert und ausführlich zu bestreiten (vgl. Urteil Kommission/Italien, C‑119/04, EU:C:2006:489, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49      Als Erstes sind in Bezug auf die Rügen der Kommission, die Bestimmungen der Richtlinie 75/442 seien nicht beachtet worden, nacheinander die Argumente zu den Art. 4, 8 und 9 dieser Richtlinie zu prüfen.

50      Im Rahmen der Rüge eines Verstoßes gegen Art. 4 der Richtlinie 75/442 macht die Kommission erstens geltend, die Einhaltung dieser Vorschrift verlange nicht nur die Schließung oder Sicherung der Anlagen, sondern auch deren Sanierung.

51      Der Gerichtshof hat insoweit in Rn. 37 des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) festgestellt, dass Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 75/442 die Maßnahmen, die getroffen werden müssen, um sicherzustellen, dass Abfälle verwertet oder beseitigt werden, ohne dass die menschliche Gesundheit gefährdet wird und ohne dass Verfahren oder Methoden verwendet werden, die die Umwelt schädigen können, zwar nicht genau inhaltlich festlegt, dass die Vorschrift aber für die Mitgliedstaaten hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist, wobei sie ihnen bei der Beurteilung der Erforderlichkeit solcher Maßnahmen allerdings ein Ermessen belässt (vgl. in diesem Sinne auch Urteile Kommission/Irland, EU:C:2005:250, Rn. 168, Kommission/Portugal, C‑37/09, EU:C:2010:331, Rn. 35, und Kommission/Griechenland, C‑600/12, EU:C:2014:2086, Rn. 51). Es ist somit grundsätzlich nicht möglich, aus der Unvereinbarkeit einer tatsächlichen Situation mit den in Art. 4 Abs. 1 dieser Richtlinie festgelegten Zielen unmittelbar abzuleiten, dass der betreffende Mitgliedstaat zwangsläufig gegen die ihm durch diese Vorschrift auferlegten Verpflichtungen verstoßen hat. Der Gerichtshof hat jedoch bereits entschieden, dass eine signifikante Beeinträchtigung der Umwelt über einen längeren Zeitraum, ohne dass die zuständigen Behörden eingreifen, grundsätzlich darauf hinweist, dass der betreffende Mitgliedstaat das ihm durch diese Vorschrift eingeräumte Ermessen überschritten hat (vgl. auch in diesem Sinne u. a. Urteile Kommission/Irland, EU:C:2005:250, Rn. 169, Kommission/Portugal, EU:C:2010:331, Rn. 36, und Kommission/Griechenland, EU:C:2014:2086, Rn. 52).

52      Hierzu hatte der Gerichtshof bereits die Gelegenheit, zu entscheiden, dass zum einen Abfälle in einer Deponie unabhängig von der Natur der fraglichen Abfälle zwangsläufig die Umwelt belasten und dass es zum anderen nicht ausreichen kann, eine Deponie zu schließen oder Abfälle mit Erde und Schutt abzudecken, um den Anforderungen von Art. 4 der Richtlinie 75/442 zu genügen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Portugal, EU:C:2010:331, Rn. 37).

53      Unter diesen Umständen ist das Argument der Italienischen Republik zurückzuweisen, dass die Schließung und Sicherung der von der Kommission in der vorliegenden Klage genannten Anlagen, unterstellt, diese Maßnahmen seien tatsächlich ergriffen worden, ausreichten, um die Anforderungen nach Art. 4 der Richtlinie 75/442 zu erfüllen. Im Gegenteil hat, wie die Kommission zu Recht geltend macht und die Generalanwältin in den Nrn. 65 und 66 ihrer Schlussanträge ausführt, ein Mitgliedstaat nach diesem Art. 4 auch zu prüfen, ob eine Sanierung der ehemaligen illegalen Anlagen erforderlich ist, und sie gegebenenfalls zu sanieren.

54      Hinzu kommt, dass die Besuche und Inspektionen der illegalen Deponien durch die italienischen Behörden sowie die zusammenfassenden Berichte, zu denen sie Anlass gegeben haben, davon zeugen, dass sich die Italienische Republik der Gefahr, die diese Deponien für die menschliche Gesundheit und die Umwelt darstellen, völlig bewusst ist. Auch hat die Italienische Republik, wie die Generalanwältin in Nr. 67 ihrer Schlussanträge betont, im Rahmen der vorliegenden Rechtssache Auskunft über die Sanierung von Deponien erteilt. Sie kann daher nicht behaupten, ihr sei nicht bekannt gewesen, dass die vollständige Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) auch Maßnahmen zur Sanierung der fraglichen Deponien umfasse.

55      Im vorliegenden Fall steht fest, dass am Ende der Verlängerung der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgesetzten Frist in bestimmten Anlagen die Sanierungsarbeiten noch andauerten oder noch nicht begonnen hatten. Für andere Anlagen legt die Italienische Republik nichts vor, dem sich entnehmen ließe, wann die Sanierungsarbeiten gegebenenfalls durchgeführt werden. Daher ist festzustellen, dass die für die von der Kommission genannten Anlagen erforderlichen Sanierungsarbeiten am Ende der Verlängerung der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgesetzten Frist nicht beendet waren.

56      Daher ist die Rüge der Kommission, mit der ein fortgesetzter Verstoß gegen Art. 4 der Richtlinie 75/442 geltend gemacht wird, begründet.

57      Zweitens ist zur Rüge eines Verstoßes gegen Art. 8 der Richtlinie 75/442 festzustellen, dass nach dieser Vorschrift, die insbesondere die Durchführung des Grundsatzes der Vorsorge sicherstellt, die Mitgliedstaaten zu überprüfen haben, ob die Besitzer von Abfällen diese einem privaten oder öffentlichen Sammelunternehmen oder einem Unternehmen übergeben, das die Abfallbeseitigung oder ‑verwertung vornimmt, oder ob sie die Verwertung oder Beseitigung unter Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie selbst vornehmen (vgl. Urteil Kommission/Irland, EU:C:2005:250, Rn. 179 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58      Im Übrigen hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass diese Verpflichtung nicht erfüllt ist, wenn ein Mitgliedstaat lediglich die Beschlagnahme der illegalen Deponie angeordnet und ein Strafverfahren gegen deren Betreiber eingeleitet hat (vgl. u. a. Urteile Kommission/Irland, EU:C:2005:250, Rn. 182 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Kommission/Portugal, EU:C:2010:331, Rn. 55).

59      In der vorliegenden Rechtssache trägt die Italienische Republik keineswegs vor, dass die fraglichen Abfälle mangels Verwertung oder Beseitigung durch ihren Besitzer einem privaten oder öffentlichen Sammelunternehmen oder einem Unternehmen übergeben worden seien, das diese Tätigkeiten vornehme. Sie macht lediglich geltend, dass die fraglichen Anlagen am Ende der Verlängerung der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgesetzten Frist geschlossen gewesen seien und dass die in den italienischen Rechtsvorschriften in dem Bereich vorgesehenen strafrechtlichen Sanktionen angemessen seien.

60      Daraus folgt, dass die Italienische Republik am Ende dieser Verlängerung weiterhin ihrer besonderen Verpflichtung aus Art. 8 der Richtlinie 75/442 nicht nachgekommen ist und dass der Rüge, mit der die Kommission einen Verstoß gegen diese Vorschrift geltend macht, stattzugeben ist.

61      Drittens ist zur Rüge eines Verstoßes gegen Art. 9 der Richtlinie 75/442 zunächst darauf hinzuweisen, dass diese Vorschrift den Mitgliedstaaten klar und eindeutig formulierte Erfolgspflichten auferlegt, wonach die Unternehmen oder Einrichtungen, die im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten Tätigkeiten zur Beseitigung von Abfällen ausüben, einer Genehmigung bedürfen. Es ist daher Sache der Mitgliedstaaten, sich zu vergewissern, dass die eingeführte Genehmigungsregelung tatsächlich angewandt und eingehalten wird, indem sie hierzu insbesondere geeignete Kontrollen vornehmen und sicherstellen, dass die ohne Genehmigung ausgeübten Tätigkeiten eingestellt und geahndet werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Irland, EU:C:2005:250, Rn. 116 und 117).

62      Außerdem ist festzustellen, dass die in Art. 9 dieser Richtlinie genannte Genehmigungsregelung, wie sich schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt, die ordnungsgemäße Anwendung von Art. 4 der Richtlinie ermöglichen soll, indem sie u. a. sicherstellt, dass die Beseitigungsmaßnahmen, die nach diesen Genehmigungen getroffen werden, den verschiedenen Anforderungen dieser Vorschrift genügen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Irland, EU:C:2005:250, Rn. 118 und 131).

63      Der bloße Umstand, dass eine Deponie geschlossen wird, genügt daher zur Erfüllung der Verpflichtung aus Art. 9 der Richtlinie 75/442 noch weniger als zur Erfüllung der Verpflichtungen aus den Art. 4 und 8 dieser Richtlinie.

64      In der vorliegenden Rechtssache trägt die Italienische Republik auch im Hinblick auf den ihr vorgeworfenen Verstoß gegen Art. 9 der Richtlinie 75/442 lediglich vor, alle von der Kommission genannten Anlagen seien bei Ablauf der gesetzten Frist geschlossen gewesen. Darüber hinaus räumt dieser Mitgliedstaat in seinen Schriftsätzen ein, dass die Betreiber einiger dieser Anlagen zu keinem Zeitpunkt eine Genehmigung im Sinne dieser Vorschrift besessen hätten. Demnach hat die Italienische Republik bei Ablauf der Verlängerung der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgesetzten Frist weiterhin gegen ihre Verpflichtung aus der genannten Vorschrift verstoßen, so dass der Rüge der Kommission bezüglich dieser Vorschrift stattzugeben ist.

65      Was als Zweites die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/689 betrifft, müssen die Mitgliedstaaten nach dieser Bestimmung die Maßnahmen ergreifen, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass gefährliche Abfälle überall dort, wo sie abgelagert werden, registriert und identifiziert werden.

66      Bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung geht hervor, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, jeden gefährlichen Abfall, der in ihrem Hoheitsgebiet abgelagert wird, systematisch zu registrieren und zu identifizieren, um sicherzustellen, dass dadurch im Einklang mit dem sechsten Erwägungsgrund dieser Richtlinie die Beseitigung und Verwertung gefährlicher Abfälle möglichst vollständig überwacht wird (Urteil Kommission/Griechenland, C‑163/03, EU:C:2005:226, Rn. 63).

67      Im vorliegenden Fall genügt die Feststellung, dass die Italienische Republik nicht geltend gemacht und erst recht nicht bewiesen hat, dass sie bei Ablauf der Verlängerung der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgesetzten Frist nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/689 eine umfassende Registrierung und Identifizierung aller gefährlichen Abfälle vorgenommen hat, die auf den von der Kommission genannten Deponien abgelagert worden sind. Die Italienische Republik hat daher zu diesem Zeitpunkt die Einhaltung der sich aus dieser Vorschrift ergebenden Verpflichtung weiterhin nicht sichergestellt.

68      Was als Drittes die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 14 Buchst. a bis c der Richtlinie 1999/31 betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass ein Mitgliedstaat dadurch, dass er eine Deponie genehmigt hat, ohne dass zuvor ein Nachrüstprogramm den zuständigen Behörden zur Genehmigung und Billigung vorgelegt worden ist, gegen seine Verpflichtungen aus dieser Vorschrift verstoßen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Slowakei, C‑331/11, EU:C:2013:271, Rn. 34 bis 39).

69      Im vorliegenden Fall behauptet die Italienische Republik keineswegs, dass für die fraglichen Anlagen bei der zuständigen Behörde Nachrüstprogramme im Sinne von Art. 14 der Richtlinie 1999/31 eingereicht worden seien. Sie macht nur geltend, dass alle im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen diese Vorschrift genannten Deponien bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgesetzten Frist geschlossen gewesen seien. Einige dieser Deponien waren jedoch, wie aus den Schriftsätzen dieses Mitgliedstaats hervorgeht, ohne Genehmigung eröffnet worden, und es ist nie eine förmliche Maßnahme zur Schließung dieser Anlagen getroffen worden. Daher ist festzustellen, dass die Italienische Republik zu diesem Zeitpunkt weiterhin auch gegen die Verpflichtungen aus Art. 14 Buchst. a bis c dieser Richtlinie verstoßen hat.

70      Nach alledem ist festzustellen, dass die Italienische Republik dadurch, dass sie am Ende der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgesetzten und von der Kommission verlängerten Frist nicht alle Maßnahmen zur Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) ergriffen hat, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 260 Abs. 1 AEUV verstoßen hat.

 Zu den finanziellen Sanktionen

 Vorbringen der Parteien

71      Die Kommission beantragt, dass die Zahlung eines Zwangsgelds und zugleich eines Pauschalbetrags angeordnet werde, da die Verhängung eines Zwangsgelds nach Art. 260 AEUV allein nicht ausreiche, um die Mitgliedstaaten zu veranlassen, nach der Feststellung von Vertragsverletzungen nach Art. 258 AEUV ihre Verpflichtungen unverzüglich zu erfüllen.

72      In Bezug auf die Höhe dieses Zwangsgelds und dieses Pauschalbetrags stützt sich die Kommission auf ihre Mitteilung vom 13. Dezember 2005 über die „Anwendung von Artikel [260 AEUV]“ (SEK[2005] 1658) in der durch die Mitteilung der Kommission vom 31. August 2012 über die „Aktualisierung der Daten zur Berechnung der Pauschalbeträge und Zwangsgelder, die die Kommission dem Gerichtshof bei Vertragsverletzungsverfahren vorschlägt“ (C[2012] 6106 final) aktualisierten Fassung.

73      Im vorliegenden Fall ist die Kommission der Ansicht, dass ein Zwangsgeld von 256 819,20 Euro pro Tag den Umständen angemessen sei. Dieser Betrag ergebe sich durch die Multiplikation eines Grundbetrags von 640 Euro pro Tag mit einem auf einer Skala von 1 bis 20 auf 8 festgesetzten Schwerekoeffizienten, einem auf einer Skala von 1 bis 3 auf 3 festgesetzten Dauerkoeffizienten und einem unveränderlichen Faktor, dem Faktor „n“, der sowohl die Zahlungsfähigkeit der Italienischen Republik als auch die Zahl ihrer Stimmen im Rat der Europäischen Union, nämlich 16,72, widerspiegele.

74      Zur Schwere des Verstoßes verweist die Kommission erstens auf die Bedeutung der in Rede stehenden Vorschriften, die ein grundlegendes Instrument für den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt seien. Angesichts der besonderen Bedeutung von Art. 4 der Richtlinie 75/442 (Kommission/Griechenland, C‑387/97, EU:C:2000:356) könne sich der Umstand, dass einige Anlagen inzwischen mit den Art. 8 und 9 dieser Richtlinie im Einklang stünden, nur in beschränktem Maße auf die Sanktion auswirken, die der Gerichtshof zu verhängen habe. Auch sei zu beachten, dass der Gerichtshof im Urteil Kommission/Italien (EU:C:2007:250) festgestellt habe, dass die Italienische Republik „generell und fortgesetzt“ gegen ihre Verpflichtungen verstoßen habe.

75      Zweitens hebt die Kommission die Auswirkungen des Verstoßes auf die öffentlichen und privaten Interessen hervor, insbesondere den mit der Ablagerung der Abfälle verbundenen Gestank und Lärm, die Umweltverschmutzung, die Risiken dieser Verschmutzung für die menschliche Gesundheit und die Veränderung der Naturlandschaften.

76      Drittens macht die Kommission geltend, dass es im Bereich der Abfallentsorgung eine ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs gebe und die Tragweite der verletzten Vorschriften daher klar und eindeutig sei.

77      Viertens habe sich die Lage seit Beginn des Verfahrens, als 5 301 illegale Anlagen erfasst worden seien, zwar erheblich verbessert, doch sei zu berücksichtigen, dass gegen die Italienische Republik weitere Vertragsverletzungsverfahren sowohl wegen der Abfallbewirtschaftung als auch in anderen Bereichen eingeleitet worden seien, von denen einige zur Verkündung von Urteilen geführt hätten, mit denen eine Vertragsverletzung festgestellt worden sei.

78      Zur Dauer des Verstoßes weist die Kommission darauf hin, dass zwischen dem 26. April 2007, dem Tag der Verkündung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250), und dem 24. Oktober 2012, dem Tag der Entscheidung der Kommission, beim Gerichtshof die vorliegende Klage zu erheben, ein Zeitraum von 65 Monaten liege.

79      Die Kommission schlägt vor, dass die Höhe des Zwangsgelds nach Maßgabe der Fortschritte der Italienischen Republik bei der Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) schrittweise sinke. Die Berechnungsmethode für dieses Zwangsgeld bestehe darin, die Zahl der bestehenden illegalen Anlagen zu ermitteln, wobei solche, die gefährliche Abfälle enthielten, doppelt zählten, und dann den Betrag des Zwangsgelds durch diese Zahl zu teilen. Die Höhe des Zwangsgelds verringere sich somit mit jeder Anlage, die mit dem Urteil in Einklang gebracht werde. Angesichts der kontinuierlichen Entwicklung der Situation der illegalen Anlagen in Italien schlägt die Kommission vor, das Zwangsgeld halbjährlich zu berechnen.

80      Auf eine Frage des Gerichtshofs in der mündlichen Verhandlung zur Wirksamkeit eines abnehmenden Zwangsgelds in Anbetracht der erheblichen Kluft zwischen den Auffassungen der Parteien hat die Kommission ferner geltend gemacht, dass sich ihr Dissens mit der Italienischen Republik auf die Frage beziehe, welche Maßnahmen dieser Mitgliedstaat ergreifen müsse, um Art. 4 der Richtlinie 75/442 nachzukommen. Unter diesen Umständen sei sie davon überzeugt, dass die Italienische Republik, sollte der Gerichtshof im vorliegenden Urteil die von der Kommission vertretene Auslegung dieses Art. 4 bestätigen, dieses Urteil beachten und ihr weiterhin Informationen über die hinsichtlich jeder einzelnen Anlage ergriffenen Maßnahmen übermitteln werde.

81      Die Kommission schlägt vor, den Pauschalbetrag nach der Methode zu berechnen, dass ein fester Grundbetrag von 210 Euro pro Tag in einem ersten Schritt mit einem Schwerekoeffizienten und einem Faktor „n“, die mit 8 bzw. 16,72 der Höhe nach den für die Berechnung des Zwangsgelds vorgeschlagenen Werten entsprächen, und in einem zweiten Schritt mit der Zahl der Tage multipliziert werde, an denen die Vertragsverletzung fortgedauert habe. Daher müsse die Höhe des Pauschalbetrags dem Produkt aus 28 089,60 Euro und der Zahl der Tage entsprechen, die zwischen dem Tag der Verkündung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) und dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils verstrichen seien.

82      Die Italienische Republik macht ihrerseits geltend, dass die Anwendung finanzieller Sanktionen die von den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften für ihr Umweltmanagement zur Verfügung gestellten Mittel schmälere.

83      Zur Schwere des Verstoßes führt sie aus, dass die Bedeutung der ihr vorgeworfenen Vertragsverletzung im Verhältnis zu der Vertragsverletzung, die dem Urteil Kommission/Italien (EU:C:2007:250) zugrunde gelegen habe, gering sei. Darüber hinaus hätten die nationalen Behörden keinen Einfluss auf die ihnen vorgeworfene Vertragsverletzung, die auf Umstände zurückzuführen sei, die sich aus einem in der Vergangenheit liegenden Verhalten ergäben, was die Fristen verlängere, die erforderlich seien, um die betroffenen Anlagen mit dem Urteil in Einklang zu bringen.

84      Hinsichtlich der Dauer der Zuwiderhandlung weist die Italienische Republik darauf hin, dass alle Anlagen, für die ihr eine illegale Nutzung vorgeworfen werde, seit Langem nicht mehr in Betrieb seien.

85      In der mündlichen Verhandlung hat sie erklärt, sie wolle zum Vorschlag der Kommission, ein abnehmendes Zwangsgeld zu verhängen, nicht Stellung nehmen, da sie die vorgeworfene Vertragsverletzung selbst in Abrede stelle.

 Würdigung durch den Gerichtshof

 Vorbemerkungen

86      Es ist Sache des Gerichtshofs, in jeder Rechtssache und anhand der Umstände des Einzelfalls, mit dem er befasst ist, sowie nach Maßgabe des ihm erforderlich erscheinenden Grades an Überzeugungs- und Abschreckungswirkung die angemessenen finanziellen Sanktionen zu bestimmen, um insbesondere die Wiederholung ähnlicher Verstöße gegen das Unionsrecht zu verhindern (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Spanien, EU:C:2014:316, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zwangsgeld

87      Da der Gerichtshof festgestellt hat, dass die Italienische Republik dem Urteil Kommission/Italien (EU:C:2007:250) nicht innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen ist, kann er gegen diesen Mitgliedstaat ein Zwangsgeld verhängen, soweit die Vertragsverletzung bis zur Prüfung des Sachverhalts durch den Gerichtshof fortdauert (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Spanien, C‑610/10, EU:C:2012:781, Rn. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung).

88      Um festzustellen, ob die der Italienischen Republik vorgeworfene Vertragsverletzung bis zu dieser Prüfung fortgedauert hat, sind die Maßnahmen zu beurteilen, die nach den Angaben dieses Mitgliedstaats nach Ablauf der Verlängerung der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgesetzten Frist ergriffen wurden.

89      Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass es 200 Anlagen gebe, die in 18 der 20 Regionen Italiens belegen seien und die noch immer nicht den relevanten Bestimmungen entsprächen. Insbesondere stünden 198 Anlagen noch nicht im Einklang mit Art. 4 der Richtlinie 75/442 und entsprächen zwei dieser Anlagen auch nicht den Art. 8 und 9 dieser Richtlinie sowie vierzehn weitere, die gefährliche Abfälle enthielten, auch nicht Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/689. Im Übrigen gebe es nur noch zwei Deponien, für die entgegen Art. 14 Buchst. a bis c der Richtlinie 1999/31 kein Nachrüstprogramm erstellt oder keine Maßnahmen zur endgültigen Stilllegung ergriffen worden seien. Die Italienische Republik bestreitet ihrerseits weiterhin jeden Verstoß gegen diese Bestimmungen, wobei sie im Wesentlichen die Argumente aus der Klagebeantwortung und der Gegenerwiderung aufgreift, und zwar u. a., dass Art. 4 der Richtlinie 75/442 keine Verpflichtung zur Sanierung illegaler Anlagen auferlege und dass alle von der Kommission genannten Anlagen seit Langem nicht mehr in Betrieb seien. Dieser Mitgliedstaat hat auch geltend gemacht, dass er eine der beiden von den Art. 8 und 9 der Richtlinie 75/442 betroffenen Anlagen nicht habe finden können, und zwar die Anlage von Altamura-Sgarrone in der Ortschaft Matera (Basilikata), da sie vom CFS schlecht beschrieben worden sei.

90      Hierzu ist zunächst festzustellen, dass es, wie in den Rn. 50 bis 63 des vorliegenden Urteils ausgeführt, zur Erfüllung der Anforderungen nach den Art. 4, 8 und 9 der Richtlinie 75/442 entgegen der Auffassung der Italienischen Republik nicht genügt, alle betroffenen Anlagen zu schließen. Speziell zur Anlage von Altamura-Sgarrone ist darauf hinzuweisen, dass die Italienische Republik in den mit ihrer Klagebeantwortung übermittelten Unterlagen Informationen über Sanierungsmaßnahmen vorgelegt hat, die für diese Anlage vorgesehen waren. Erst im Stadium der Gegenerwiderung hat sie eine Verwechslung dieser Anlage mit einer anderen geltend gemacht und im Übrigen hinzugefügt, dass sich die Gemeinde Altamura nicht in der Region Basilikata, sondern in der Region Apulien befinde. Diese Angaben der Italienischen Republik könnten, selbst wenn sie zuträfen, die Fortdauer der Vertragsverletzung nicht in Frage stellen, da diese Vertragsverletzung nicht darin besteht, dass es eine bestimmte Zahl nicht sanierter Anlagen gibt, sondern darin, dass die Verpflichtungen, die sich aus den oben genannten Vorschriften ergeben, generell und fortgesetzt nicht beachtet werden. Die Umstände im Zusammenhang mit dem Streit der Parteien vor dem Gerichtshof über diesen Gesichtspunkt rein tatsächlicher Art sind nicht für den Nachweis geeignet, dass die vorgeworfene Vertragsverletzung beendet worden ist.

91      Die Kommission hat sowohl in ihrer schriftlichen Antwort auf die Fragen des Gerichtshofs als auch in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die Italienische Republik die gefährlichen Abfälle, die sich in 14 Anlagen befänden, weiterhin nicht registriere und identifiziere. In Ermangelung eines Anhaltspunkts in den Akten dafür, dass ein solches Register existiert, muss festgestellt werden, dass dieser Mitgliedstaat hinsichtlich dieser Anlagen auch weiterhin gegen die sich aus Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/689 ergebende Verpflichtung verstößt.

92      Zu den beiden Deponien, die als noch immer nicht als Art. 14 Buchst. a bis c der Richtlinie 1999/31 entsprechend angesehen werden, genügt schließlich die Feststellung, dass sich die Italienische Republik insoweit nicht auf die Vorlage oder Billigung von Nachrüstprogrammen oder auf endgültige Stilllegungsverfügungen berufen hat.

93      Folglich ist festzustellen, dass zahlreiche Anlagen, die sich in fast allen Regionen Italiens befinden, noch nicht mit den in Rede stehenden Bestimmungen in Einklang gebracht worden sind und dass mithin die der Italienischen Republik zur Last gelegte Vertragsverletzung bis zur Prüfung des Sachverhalts im vorliegenden Fall durch den Gerichtshof fortdauert.

94      Die Verurteilung der Italienischen Republik zur Zahlung eines Zwangsgelds stellt daher ein angemessenes finanzielles Mittel dar, um sie zu veranlassen, die Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um die festgestellte Vertragsverletzung zu beenden und die vollständige Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) zu gewährleisten.

95      Was die Höhe und Form des Zwangsgelds betrifft, ist es Sache des Gerichtshofs, bei der Ausübung seines Ermessens nach ständiger Rechtsprechung das verhängte Zwangsgeld so festzusetzen, dass es einerseits den Umständen angepasst ist und andererseits in einem angemessenen Verhältnis zum festgestellten Verstoß und zur Zahlungsfähigkeit des betreffenden Mitgliedstaats steht (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Luxemburg, C‑576/11, EU:C:2013:773, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Vorschläge der Kommission zur Höhe des Zwangsgelds können den Gerichtshof nicht binden und stellen lediglich einen nützlichen Bezugspunkt dar. Auch Leitlinien wie die in den Mitteilungen der Kommission enthaltenen binden den Gerichtshof nicht, tragen jedoch dazu bei, die Transparenz, Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit des Vorgehens der Kommission zu gewährleisten, wenn dieses Organ dem Gerichtshof Vorschläge unterbreitet (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Spanien, EU:C:2012:781, Rn. 116 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Rahmen eines auf Art. 260 Abs. 2 AEUV gestützten Verfahrens wegen einer Vertragsverletzung, die bei einem Mitgliedstaat ungeachtet des Umstands fortbesteht, dass diese Vertragsverletzung bereits in einem ersten Urteil festgestellt worden ist, das nach Art. 226 EG oder Art. 258 AEUV ergangen ist, muss es dem Gerichtshof nämlich unbenommen bleiben, das verhängte Zwangsgeld auf eine Höhe und in einer Form festzusetzen, die er für angemessen erachtet, um diesen Mitgliedstaat zu veranlassen, die Nichterfüllung der sich aus diesem ersten Urteil des Gerichtshofs ergebenen Verpflichtungen zu beenden.

96      Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass eine solche Sanktion nach Maßgabe des Überzeugungsdrucks festzusetzen ist, der erforderlich ist, damit der mit der Durchführung eines Vertragsverletzungsurteils säumige Mitgliedstaat sein Verhalten ändert und die gerügte Zuwiderhandlung beendet (Urteil Kommission/Spanien, EU:C:2012:781, Rn. 117 und die dort angeführte Rechtsprechung).

97      Im Rahmen der Beurteilung durch den Gerichtshof sind daher zur Gewährleistung des Charakters des Zwangsgelds als Druckmittel im Hinblick auf die einheitliche und wirksame Anwendung des Unionsrechts grundsätzlich die Dauer der Zuwiderhandlung, ihr Schweregrad und die Zahlungsfähigkeit des betreffenden Mitgliedstaats als Kriterien heranzuziehen. Bei der Anwendung dieser Kriterien hat der Gerichtshof insbesondere zu berücksichtigen, welche Folgen die Nichterfüllung der Verpflichtungen für die öffentlichen und die privaten Interessen hat und wie dringend es ist, dass der betreffende Mitgliedstaat dazu angehalten werden muss, seinen Verpflichtungen nachzukommen (Urteil Kommission/Spanien, EU:C:2012:781, Rn. 119 und die dort angeführte Rechtsprechung).

98      Zur Schwere des Verstoßes ist festzustellen, dass die Verpflichtung, Abfälle ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit und ohne Schädigung der Umwelt zu beseitigen, zu den Zielen der Politik der Europäischen Union im Umweltbereich gehört, wie aus Art. 191 AEUV hervorgeht. Insbesondere kann die Nichtbeachtung der Verpflichtungen aus Art. 4 der Richtlinie 75/442 aufgrund der Natur dieser Verpflichtungen als solcher unmittelbar zu einer Gefährdung der menschlichen Gesundheit und einer Schädigung der Umwelt führen und ist daher als besonders schwerwiegend anzusehen (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil Kommission/Griechenland, EU:C:2000:356, Rn. 94).

99      Der Verstoß gegen die Verpflichtung aus Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/689, zu verlangen, dass auf jeder Anlage für gefährliche Abfälle diese Abfälle registriert und identifiziert werden, muss ebenfalls als schwerwiegend angesehen werden, da die Beachtung dieser Verpflichtung eine notwendige Voraussetzung dafür darstellt, die in Art. 4 der Richtlinie 75/442 genannten Ziele in vollem Umfang zu erreichen (vgl. entsprechend Urteil Kommission/Griechenland, EU:C:2000:356, Rn. 95), zumal, wie die Kommission feststellt, solche Abfälle naturgemäß eine größere Gefahr für die menschliche Gesundheit und die Umwelt in sich bergen.

100    Der Umstand, dass die vorliegende Rechtssache die Nichterfüllung eines Urteils betrifft, das sich auf eine generelle und fortbestehende Praxis bezieht, verstärkt im Übrigen noch, wie die Kommission hervorhebt, die Schwere der fraglichen Vertragsverletzung.

101    Auch wenn die Italienische Republik, wie sie behauptet, seit dem Urteil Kommission/Italien (EU:C:2007:250) bedeutende Fortschritte erzielt hat, um die Zahl der Anlagen, die mit den maßgebenden Bestimmungen nicht im Einklang stehen, zu verringern, sind, wie die Kommission geltend macht, die Fortschritte, die seit Ende der Verlängerung der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist festgestellt worden sind, doch sehr langsam erzielt worden, und es verbleibt noch eine erhebliche Zahl illegaler Anlagen, die sich in fast allen Regionen Italiens befinden.

102    Was die Dauer der Zuwiderhandlung betrifft, ist diese unter Heranziehung des Zeitpunkts zu bemessen, zu dem der Gerichtshof den Sachverhalt prüft, und nicht etwa des Zeitpunkts, zu dem die Kommission ihn damit befasst (Urteil Kommission/Spanien, EU:C:2012:781, Rn. 120 und die dort angeführte Rechtsprechung).

103    Im vorliegenden Fall konnte die Italienische Republik, wie aus den Rn. 90 bis 93 des vorliegenden Urteils hervorgeht, nicht nachweisen, dass die im Urteil Kommission/Italien (EU:C:2007:250) festgestellte Vertragsverletzung tatsächlich beendet ist. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Vertragsverletzung seit mehr als sieben Jahren andauert, was eine erhebliche Dauer darstellt.

104    Zur Zahlungsfähigkeit der Italienischen Republik hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die jüngste Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts eines Mitgliedstaats, wie es sich zum Zeitpunkt der Prüfung des Sachverhalts durch den Gerichtshof darstellt, zu berücksichtigen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Irland, C‑279/11, EU:C:2012:834, Rn. 78).

105    Um die Form des nach Art. 260 Abs. 2 AEUV verhängten Zwangsgelds zu bestimmen, obliegt es dem Gerichtshof, verschiedene Faktoren zu berücksichtigen, die sowohl mit der Art der betreffenden Vertragsverletzung als auch mit den Umständen der in Rede stehenden Rechtssache zusammenhängen. Wie in Rn. 95 des vorliegenden Urteils festgestellt, unterliegt die Form des Zwangsgelds, ganz wie die Höhe der finanziellen Sanktionen, der freien Beurteilung durch den Gerichtshof, der durch die entsprechenden Vorschläge der Kommission keineswegs gebunden ist.

106    Zum Vorschlag der Kommission, im vorliegenden Fall ein abnehmendes Zwangsgeld zu verhängen, ist festzustellen, dass das Zwangsgeld, auch wenn es zur Sicherstellung der vollständigen Durchführung des Urteils des Gerichtshofs in vollem Umfang verlangt werden muss, bis der Mitgliedstaat alle Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich sind, um die festgestellte Vertragsverletzung zu beenden, in einigen bestimmten Fällen jedoch eine Sanktion, in Betracht kommen kann, die etwaige Fortschritte des Mitgliedstaats bei der Erfüllung seiner Verpflichtungen berücksichtigt (vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission/Spanien, C‑278/01, EU:C:2003:635, Rn. 43 bis 51, Kommission/Italien, C‑496/09, EU:C:2011:740, Rn. 47 bis 55, und Kommission/Belgien, C‑533/11, EU:C:2013:659, Rn. 73 und 74).

107    Unter den Umständen des vorliegenden Falls und insbesondere angesichts der Informationen, die die Italienische Republik und die Kommission dem Gerichtshof vorgelegt haben, hält der Gerichtshof es für angebracht, ein abnehmendes Zwangsgeld zu verhängen. Es ist daher erforderlich, die Berechnungsweise dieses Zwangsgelds sowie seine Periodizität zu bestimmen.

108    Was die Periodizität betrifft, ist das abnehmende Zwangsgeld entsprechend dem Vorschlag der Kommission auf der halbjährlichen Grundlage zu bestimmen, um es diesem Organ zu ermöglichen, die Fortschritte bei der Umsetzung der Maßnahmen zur Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) nach Maßgabe der Lage am Ende des fraglichen Zeitraums zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Italien, EU:C:2011:740, Rn. 54).

109    Im Übrigen ist entsprechend dem Vorschlag der Kommission die Zahlung eines Zwangsgelds zu verlangen, dessen Höhe kontinuierlich im Verhältnis zur Zahl der Anlagen, die mit dem Urteil Kommission/Italien (EU:C:2007:250) in Einklang gebracht worden sind, abnimmt, wobei die Anlagen mit gefährlichen Abfällen doppelt zählen (vgl. entsprechend Urteile Kommission/Spanien, EU:C:2003:635, Rn. 50, und Kommission/Italien, EU:C:2011:740, Rn. 52).

110    Nach alledem hält es der Gerichtshof im Rahmen der Ausübung seines Ermessens für angebracht, ein halbjährliches Zwangsgeld in Höhe von 42 800 000 Euro festzusetzen, von dem ein Betrag abzuziehen ist, der im Verhältnis zur Zahl der Anlagen steht, die am Ende des betreffenden Halbjahrs mit dem Urteil Kommission/Italien (EU:C:2007:250) in Einklang gebracht worden sind, wobei die Anlagen mit gefährlichen Abfällen doppelt zählen.

111    Zur Berechnung der Herabsetzung des Zwangsgelds, das für jedes ab dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils abgelaufene Halbjahr anfällt, hat die Kommission nur Beweise über den Erlass von für die Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) erforderlichen Maßnahmen zu berücksichtigen, die ihr vor dem Ende des betreffenden Halbjahrs zugegangen sind.

112    Nach alledem ist die Italienische Republik zu verurteilen, beginnend mit dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils bis zur vollständigen Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) an die Kommission auf das Konto „Eigenmittel der Europäischen Union“ ein halbjährliches Zwangsgeld zu zahlen, das für das erste auf diese Verkündung folgende Halbjahr an dessen Ende auf der Grundlage eines ursprünglichen Betrags von 42 800 000 Euro berechnet wird, von dem für jede der Anlagen mit gefährlichen Abfällen, die mit jenem Urteil in Einklang gebracht worden ist, ein Betrag von 400 000 Euro und für jede der anderen mit jenem Urteil in Einklang gebrachten Anlagen ein Betrag von 200 000 Euro abgezogen wird. Für alle folgenden Halbjahre wird das für jedes Halbjahr geschuldete Zwangsgeld am Ende des Halbjahrs auf der Grundlage des für das vorhergehende Halbjahr festgesetzten Zwangsgelds berechnet und werden nach Maßgabe dessen, wie viele der von der festgestellten Vertragsverletzung betroffenen Anlagen im Lauf des betreffenden Halbjahrs mit dem Urteil in Einklang gebracht worden sind, die gleichen Abzüge vorgenommen.

 Pauschalbetrag

113    Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Ausübung seines Ermessens auf dem betreffenden Gebiet kumulativ ein Zwangsgeld und einen Pauschalbetrag verhängen darf (Urteil Kommission/Spanien, EU:C:2012:781, Rn. 140 und die dort angeführte Rechtsprechung).

114    Die Verurteilung zur Zahlung eines Pauschalbetrags und die gegebenenfalls erfolgende Festsetzung seiner Höhe muss in jedem Einzelfall von der Gesamtheit der maßgebenden Aspekte abhängig gemacht werden, die sich sowohl auf die Merkmale der festgestellten Vertragsverletzung als auch auf die Haltung beziehen, die der Mitgliedstaat eingenommen hat, der von dem auf der Grundlage von Art. 260 AEUV eingeleiteten Verfahren betroffen ist. Insoweit gewährt diese Bestimmung dem Gerichtshof ein weites Ermessen bei der Entscheidung darüber, ob es einen Grund für die Verhängung einer derartigen Sanktion gibt, und gegebenenfalls bei der Bemessung ihrer Höhe (vgl. Urteil Kommission/Spanien, EU:C:2014:316, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

115    Im vorliegenden Rechtsstreit ist es von Bedeutung, alle rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die zur festgestellten Vertragsverletzung geführt haben, insbesondere die hohe Zahl von Anlagen, die sich noch nicht mit dem Unionsrecht im Einklang befinden. Im Übrigen ist der Gerichtshof, wie die Generalanwältin in Nr. 188 ihrer Schlussanträge festgestellt hat, von der vorliegenden Rechtssache wegen der unterbliebenen Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) abgesehen, mit mehr als 20 Verfahren auf dem Gebiet des Abfallrechts befasst worden, die zur Feststellung von Verstößen dieses Mitgliedstaats gegen seine Verpflichtungen aus dem Unionsrecht geführt haben.

116    Eine derartige Wiederholung von Verstößen eines Mitgliedstaats auf einem bestimmten Gebiet der Tätigkeit der Union deutet jedoch darauf hin, dass die wirksame Verhinderung einer zukünftigen Wiederholung von entsprechenden Verstößen gegen das Unionsrecht den Erlass einer abschreckenden Maßnahme, wie etwa die Verurteilung zur Zahlung eines Pauschalbetrags, erfordern kann (vgl. Urteil Kommission/Spanien, EU:C:2014:316, Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung).

117    Unter diesen Umständen hat der Gerichtshof bei der Ausübung seines Ermessens diesen Pauschalbetrag so festzusetzen, dass er zum einen den Umständen angepasst ist und zum anderen in angemessenem Verhältnis zu der vorliegenden Vertragsverletzung steht (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Griechenland, C‑369/07, EU:C:2009:428, Rn. 146).

118    Zu den insoweit relevanten Faktoren zählen u. a. Aspekte wie die Schwere des festgestellten Verstoßes und der Zeitraum, in dem dieser seit der Verkündung des Urteils, mit dem er festgestellt wurde, fortbestanden hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Italien, EU:C:2011:740, Rn. 94), sowie die Zahlungsfähigkeit des betreffenden Mitgliedstaats (vgl. Urteil Kommission/Spanien, EU:C:2014:316, Rn. 80).

119    In Bezug auf diese Faktoren, ergeben sich die Umstände, die zu berücksichtigen sind, insbesondere aus den Erwägungen in den Rn. 98 bis 104 des vorliegenden Urteils. Insoweit ist vor allem darauf hinzuweisen, dass der fragliche Verstoß generell und fortgesetzt ist, dass sich die Anlagen, die Gegenstand dieses Verstoßes sind, in fast allen Regionen Italiens befinden und dass einige dieser Anlagen gefährliche Abfälle enthalten, die eine erhöhte Gefahr für die menschliche Gesundheit und die Umwelt darstellen.

120    Daher ist bei angemessener Würdigung der Umstände des Falls der von der Italienischen Republik zu entrichtende Pauschalbetrag auf 40 Mio. Euro festzusetzen.

121    Nach alledem ist die Italienische Republik zu verurteilen, an die Kommission auf das „Konto Eigenmittel der Europäischen Union“ einen Pauschalbetrag von 40 Mio. Euro zu zahlen.

 Kosten

122    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Italienischen Republik beantragt hat und die Vertragsverletzung festgestellt worden ist, sind der Italienischen Republik die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 260 Abs. 1 AEUV verstoßen, dass sie nicht alle Maßnahmen ergriffen hat, die sich aus dem Urteil Kommission/Italien (C‑135/05, EU:C:2007:250) ergeben.

2.      Die Italienische Republik wird verurteilt, beginnend mit dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils bis zur vollständigen Durchführung des Urteils Kommission/Italien (EU:C:2007:250) an die Europäische Kommission auf das Konto „Eigenmittel der Europäischen Union“ ein halbjährliches Zwangsgeld zu zahlen, das für das erste auf diese Verkündung folgende Halbjahr an dessen Ende auf der Grundlage eines ursprünglichen Betrags von 42 800 000 Euro berechnet wird, von dem für jede der Anlagen mit gefährlichen Abfällen, die mit jenem Urteil in Einklang gebracht worden ist, ein Betrag von 400 000 Euro und für jede der anderen mit jenem Urteil in Einklang gebrachten Anlagen ein Betrag von 200 000 Euro abgezogen wird. Für alle folgenden Halbjahre wird das für jedes Halbjahr geschuldete Zwangsgeld am Ende des Halbjahrs auf der Grundlage des für das vorhergehende Halbjahr festgesetzten Zwangsgelds berechnet und werden nach Maßgabe dessen, wie viele der von der festgestellten Vertragsverletzung betroffenen Anlagen im Lauf des betreffenden Halbjahrs mit dem Urteil in Einklang gebracht worden sind, die gleichen Abzüge vorgenommen.

3.      Die Italienische Republik wird verurteilt, an die Europäische Kommission auf das Konto „Eigenmittel der Europäischen Union“ einen Pauschalbetrag in Höhe von 40 Mio. Euro zu zahlen.

4.      Die Italienische Republik trägt die Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Italienisch.