Language of document : ECLI:EU:T:2015:862

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

18. November 2015(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftsbildmarke Mustang – Ältere nationale Wort- bzw. Bildmarken MUSTANG – Keine Gefahr der Beeinträchtigung der Wertschätzung der älteren Marken – Art. 8 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑606/13

Mustang – Bekleidungswerke GmbH & Co. KG mit Sitz in Künzelsau (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwalt S. Völker, dann Rechtsanwälte C. Roos und S. Speckmann,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider und M. Fischer als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:

Dubek Ltd mit Sitz in Petach Tikva (Israel), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt C. Thomas,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 13. September 2013 (Sache R 416/2012‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Mustang – Bekleidungswerke GmbH & Co. KG und der Dubek Ltd

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Prek, der Richterin I. Labucka und des Richters V. Kreuschitz (Berichterstatter),

Kanzler: A. Lamote, Verwaltungsrätin, 

aufgrund der am 15. November 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 26. Februar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 18. Februar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 2015

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 3. Juli 2007 meldete die Streithelferin im vorliegenden Verfahren, die Dubek Ltd, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der Anmeldemarke handelt es sich um folgendes Bildzeichen:

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3        Die Marke wurde für folgende Waren in Klasse 34 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet: „Zigaretten, roher und verarbeiteter Tabak, Raucherzubehör, Feuerzeuge und Streichhölzer; alle vorstehend genannten Waren, soweit sie in Klasse 34 enthalten sind“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 67/2007 vom 17. Dezember 2007 veröffentlicht.

5        Am 17. März 2008 erhob die Klägerin, die Mustang – Bekleidungswerke GmbH & Co. KG, nach Art. 42 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke.

6        Der Widerspruch war auf folgende ältere Marken gestützt:

–        die am 2. März 1959 unter der Nr. 722702 für „Bekleidungsstücke (ausgenommen gewirkte und gestrickte)“ der Klasse 25 eingetragene deutsche Wortmarke MUSTANG;

–        die nachstehend wiedergegebene deutsche Bildmarke in schwarz und weiß, die am 10. Februar 1992 unter der Nr. 2009149 eingetragen wurde und folgende Waren erfasst: „Brillen, Sonnenbrillen“ der Klasse 9, „Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren“ der Klasse 14, „Waren aus Leder und Lederimitationen, nämlich Taschen und Kleinlederwaren, insbesondere Geldbeutel, Brieftaschen und Schlüsseltaschen; Handtaschen, Einkaufsbeutel und Reisenecessaires“ der Klasse 18 und „Bekleidungsstücke, auch aus Leder, Sportbekleidungsstücke, Anoraks, Hosen, Jeans, Jacken, Pullover, Hemden, T‑Shirts, Schals, Mützen, Krawatten, Schuhe; Gürtel für Bekleidungsstücke“ der Klasse 25:

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7        Als Widerspruchsgrund wurde das Eintragungshindernis nach Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009) geltend gemacht.

8        Am 19. Januar 2012 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch mit der Begründung vollständig zurück, dass die Klägerin keine Tatsachen oder Nachweise beigebracht habe, die die Schlussfolgerung stützen könnten, dass die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der älteren Marken in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen könnte.

9        Am 24. Februar 2012 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde ein.

10      Am 13. September 2013 erließ die Vierte Beschwerdekammer des HABM eine Entscheidung (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), mit der die Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen wurde. Sie begründete diese Zurückweisung insbesondere damit, dass die Klägerin keinen Nachweis dafür erbracht habe, dass das negative Image der Tabakindustrie die Wertschätzung für die Bekleidungsstücke schmälern könne, die sie unter ihrer älteren Marke verkaufe.

 Anträge der Parteien

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

12      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

13      Die Streithelferin beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

14      Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 geltend. Sie meint, die Verbraucher würden eine gedankliche Verknüpfung zwischen den betreffenden Marken herstellen, was die Gefahr mit sich brächte, dass die angemeldete Zigarettenmarke die Wertschätzung ihrer Bekleidungsmarken beeinträchtige.

15      Das HABM und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Die Streithelferin bestreitet insbesondere die Zulässigkeit der Nachweise, die die Klägerin erstmals vor dem Gericht vorgelegt hat. Das HABM und die Streithelferin sind außerdem der Ansicht, dass die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt habe, dass die Klägerin die Gefahr einer Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung ihrer Marke nicht nachgewiesen habe.

 Zulässigkeit der erstmals vor dem Gericht vorgelegten Nachweise

16      Die Streithelferin bestreitet die Zulässigkeit der Nachweise, die die Klägerin erstmals vor dem Gericht vorgelegt hat.

17      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es nach Art. 65 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 dem Gericht obliegt, die Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des HABM erlassenen Entscheidungen dadurch zu überprüfen, dass es die von den Beschwerdekammern vorgenommene Anwendung des Unionsrechts insbesondere auf den ihnen vorliegenden Sachverhalt einer Kontrolle unterzieht. Folglich können Tatsachen, die die Beteiligten nicht vor den Stellen des HABM vorgetragen haben, im Stadium der Klage beim Gericht nicht mehr vorgetragen werden und das Gericht kann den Sachverhalt nicht im Licht erstmals bei ihm vorgelegter Nachweise neu prüfen, es sei denn, es handelt sich um Tatsachen, die die Dienststellen des HABM nach Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 von Amts wegen hätten ermitteln müssen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. November 2011, LG Electronics/HABM, C‑88/11 P, EU:C:2011:727, Rn. 23 bis 26 und die dort angeführte Rechtsprechung; vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑346/04, Slg, EU:T:2005:420, Rn. 19, und vom 29. September 2010, Interflon/HABM – Illinois Tool Works [FOODLUBE], T‑200/08, EU:T:2010:414, Rn. 11).

18      Im vorliegenden Fall enthalten die Anlagen A11 bis A16 zur Klageschrift Nachweise, mit denen die Benutzung von Zigarettenmarken, deren Wechselwirkung mit dem Bekleidungsbereich und die Wahrnehmung des Rauchens durch Jugendliche und junge Erwachsene belegt werden sollen. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin bestätigt, dass diese Nachweise erstmals vor dem Gericht vorgelegt worden sind. Die Klägerin hat nichts vorgetragen, was die Vorlage dieser Nachweise in diesem Stadium des Verfahrens rechtfertigen würde.

19      Folglich sind diese Nachweise gemäß der in Rn. 17 angeführten Rechtsprechung zurückzuweisen, ohne dass ihre Beweiskraft geprüft zu werden braucht.

 Verstoß gegen Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009

 Einleitende Erwägungen

20      Die Klägerin meint, die angefochtene Entscheidung verstoße gegen Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009, weil die Gefahr bestehe, dass die Eintragung der angemeldeten Marke die Wertschätzung ihrer älteren Marken beeinträchtige.

21      Nach Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie der älteren Marke ähnlich oder mit dieser identisch ist und für Waren oder Dienstleistungen eingetragen werden soll, die nicht denen ähnlich sind, für die die ältere Marke eingetragen ist, wenn es sich im Fall einer älteren nationalen Marke um eine in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannte Marke handelt und die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.

22      Der Zweck von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 besteht nicht darin, die Eintragung jeder Marke zu verhindern, die mit einer bekannten Marke identisch oder ihr ähnlich ist. Er liegt vielmehr insbesondere darin, es dem Inhaber einer bekannten älteren Marke zu ermöglichen, sich der Eintragung von Marken zu widersetzen, durch die die Wertschätzung oder die Unterscheidungskraft der älteren Marke entweder beeinträchtigt oder in unlauterer Weise ausgenutzt werden könnte. Dabei ist der Inhaber der älteren Marke nicht verpflichtet, das Vorliegen einer tatsächlichen und gegenwärtigen Beeinträchtigung seiner Marke nachzuweisen. Er muss allerdings Anhaltspunkte anführen, aus denen dem ersten Anschein nach auf die nicht nur hypothetische Gefahr einer künftigen unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung geschlossen werden kann (Urteil vom 25. Mai 2005, Spa Monopole/HABM – Spa-Finders Travel Arrangements [SPA-FINDERS], T‑67/04, Slg, EU:T:2005:179, Rn. 40).

23      Im Übrigen kann der von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 gewährte Schutz zwar auch eingreifen, wenn die mit den streitigen Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen identisch oder ähnlich sind, er ist aber in erster Linie zur Anwendung gegenüber nicht ähnlichen Waren oder Dienstleistungen gedacht (vgl. Urteil vom 11. Juli 2007, Mülhens/HABM – Minoronzoni [TOSCA BLU], T‑150/04, Slg, EU:T:2007:214, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Der erweiterte Schutz, der der älteren Marke durch Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 gewährt wird, erfordert daher das Zusammentreffen folgender Voraussetzungen: erstens Identität oder Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, zweitens Bekanntheit der älteren Marke, auf die sich der Widerspruch stützt, und drittens das Vorliegen der Gefahr, dass die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde. Da diese Voraussetzungen kumulativ sind, scheidet die Anwendung der Bestimmung aus, wenn nur eine von ihnen nicht vorliegt (Urteil vom 22. März 2007, Sigla/HABM – Elleni Holding [VIPS], T‑215/03, Slg, EU:T:2007:93, Rn. 34).

25      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer angenommen, dass zwar die deutschen Verkehrskreise die ältere Wortmarke MUSTANG für Bekleidungsstücke kennen würden, dass aber die vorgelegten Nachweise nicht den Schluss erlaubten, dass die Bekanntheit dieser Marke in Deutschland überragend sei. Außerdem lasse sich mit den vorgelegten Nachweisen die Bekanntheit der älteren Bildmarke nicht belegen. Demzufolge beschränkte die Beschwerdekammer ihre Prüfung auf die ältere Wortmarke. Zur Ähnlichkeit der betreffenden Marken führte die Beschwerdekammer aus, dass die Zeichenähnlichkeit trotz der Unterschiede im bildlichen Gesamteindruck aufgrund der Ähnlichkeit im Schriftbild sowie der klanglichen und der begrifflichen Identität insgesamt überdurchschnittlich sei. Schließlich ging sie davon aus, dass die Klägerin die Gefahr einer Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung ihrer Marke nicht nachgewiesen habe. Diese habe insbesondere nicht nachgewiesen, dass sich ihre Marke einer so außergewöhnlich hohen Wertschätzung erfreue, dass die Wahrscheinlichkeit einer gedanklichen Verknüpfung mit jedweder anderen Ware so offensichtlich sei, dass es keiner weiteren Nachweise bedurft habe. Außerdem habe die Klägerin den Nachweis des behaupteten negativen Images der Tabakindustrie und der Auswirkungen dieses Images auf Käufer von Bekleidungsstücken nicht erbracht.

26      Nach Ansicht der Klägerin sind der Beschwerdekammer bei der Beurteilung der Bekanntheit der älteren Marke, der Ähnlichkeit der Zeichen, der Verknüpfung zwischen den betreffenden Marken und der Gefahr einer Beeinträchtigung der Marke der Klägerin Fehler unterlaufen.

 Zur Bekanntheit der älteren Marke

27      Die Klägerin ist der Auffassung, die Beschwerdekammer habe fehlerhaft festgestellt, dass die Bekanntheit der Marke MUSTANG in Deutschland nicht „überragend“ sei. Zunächst einmal erfordere die Anwendung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 lediglich die Bekanntheit der älteren Marke. Außerdem belegten die von ihr vorgelegten Nachweise, dass diese Marke in Deutschland überragend bekannt sei. Die Marke MUSTANG sei seit vielen Jahren in Deutschland eine der bekanntesten Modemarken. Die Argumente der Beschwerdekammer stellten diese Feststellung nicht in Frage.

28      Vor diesem Hintergrund ist zu bestätigen, dass die Anwendung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 lediglich verlangt, dass die ältere Marke bekannt ist, nicht aber, dass ihre Bekanntheit „überragend“ sei. Diese Einschätzung ist übrigens von der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung nicht in Frage gestellt worden. Allerdings kann, wie die Beschwerdekammer in Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung angedeutet hat, der Grad der Bekanntheit ein aussagekräftiger Beleg für die Wahrscheinlichkeit sein, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die in Rede stehenden Marken gedanklich miteinander verknüpfen. So kann nach der Rechtsprechung insbesondere dann, wenn der Widerspruch auf eine Marke mit außergewöhnlich hoher Wertschätzung gestützt ist, die Wahrscheinlichkeit einer nicht nur hypothetischen Gefahr der künftigen Beeinträchtigung oder unlauteren Ausnutzung der Widerspruchsmarke durch die angemeldete Marke so offensichtlich sein, dass der Widersprechende insoweit keinen weiteren tatsächlichen Umstand geltend machen und beweisen muss (vgl. Urteil VIPS, oben in Rn. 24 angeführt, EU:T:2007:93, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Zur Frage, ob die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall davon hätte ausgehen müssen, dass die ältere Wortmarke eine „überragende“ Bekanntheit genießt, ist darauf hinzuweisen, dass bei der Beurteilung der Bekanntheit einer Marke auf die Verkehrskreise abzustellen ist, die von den von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen angesprochen werden. Vorliegend steht außer Streit, dass sich diese Verkehrskreise aus den deutschen Durchschnittsverbrauchern zusammensetzen, von denen anzunehmen ist, dass sie normal informiert sowie angemessen aufmerksam und verständig sind.

30      Für diese Verkehrskreise hat die Beschwerdekammer angenommen, dass die ältere Marke bekannt sei, ohne dass eine „überragende“ Bekanntheit vorliege, da sich anhand der von der Klägerin vorgelegten Dokumente der von dieser Marke gehaltene Marktanteil nicht ermitteln lasse und in den „Outfit“-Marktstudien des Spiegel-Verlags, die im Verwaltungsverfahren vorgelegt worden seien, die Art und Auswertung der erhobenen Daten nicht erläutert werde. Die Klägerin rügt diese Würdigung mit der Begründung, dass aus der „Outfit“-Studie für das Jahr 2007 hervorgehe, dass von rund 250 Bekleidungsmarken nur sieben einen höheren Bekanntheitsgrad erreichten als ihre. Außerdem rechtfertige das Fehlen von Angaben zum Marktanteil nicht die Herangehensweise der Beschwerdekammer, da zum einen in Anbetracht der sehr hohen Zahl von Anbietern auf dem Bekleidungsmarkt der Frage des Marktanteils für die Beurteilung der Bekanntheit einer Bekleidungsmarke eher untergeordnete Bedeutung zukomme und zum anderen die betreffende Marktstudie zeige, dass 27 % der deutschen Bevölkerung Waren der Marke MUSTANG besäßen, wodurch sie im Vergleich mit anderen Bekleidungsmarken einen Spitzenplatz in der Kategorie „Markenbesitz“ einnehme.

31      Bei der Würdigung der Rüge der Klägerin ist zu beachten, dass die Bekanntheit einer Marke anhand aller relevanten Umstände des Falles zu beurteilen ist, also insbesondere des von der älteren Marke gehaltenen Marktanteils, der Intensität, der geografischen Verbreitung und der Dauer ihrer Benutzung sowie des Werbeaufwands des Unternehmens für diese Marke, ohne dass verlangt würde, dass die Marke einem bestimmten Prozentsatz der maßgeblichen Verkehrskreise bekannt ist oder dass sich ihre Bekanntheit auf das gesamte in Rede stehende Gebiet erstreckt, sofern sie in einem wesentlichen Teil davon vorliegt (vgl. entsprechend Urteile vom 14. September 1999, General Motors, C‑375/97, Slg, EU:C:1999:408, Rn. 24, 25 und 27 bis 29, sowie vom 19. Juni 2008, Mülhens/HABM – Spa Monopole [MINERAL SPA], T‑93/06, EU:T:2008:215, Rn. 33).

32      In Anbetracht der von der Klägerin vor der Beschwerdekammer vorgelegten Unterlagen steht fest, dass ihre Wortmarke bei den maßgeblichen deutschen Verkehrskreisen einen hohen Bekanntheitsgrad genießt. Wie die Beschwerdekammer in Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, geht aus den vorgelegten Unterlagen für diese Marke über einen Zeitraum von 17 Jahren ein kontinuierlicher Bekanntheitsgrad von mehr als 80 % hervor.

33      Dennoch hat die Beschwerdekammer fehlerfrei festgestellt, dass die Bekanntheit der betreffenden Marke nicht im Sinne der oben in Rn. 28 angeführten Rechtsprechung „überragend“, d. h. außergewöhnlich hoch sei. Der oben in Rn. 32 genannte Prozentsatz reicht nämlich nicht aus, um diese außergewöhnliche Bekanntheit der betreffenden Marke zu belegen, da – wie die Beschwerdekammer ausführt – in den vorgelegten Unterlagen die Methode zur Erhebung und Auswertung der in Rede stehenden Daten nicht hinreichend erläutert wird.

34      Im Übrigen leitet die Klägerin aus der Tatsache, dass es auf dem Bekleidungsmarkt eine sehr hohe Zahl von Anbietern gibt, zu Unrecht ab, dass dem Marktanteil für die Beurteilung der Bekanntheit einer Bekleidungsmarke nur untergeordnete Bedeutung zukomme. Wie oben in Rn. 31 ausgeführt, gehört nämlich der Marktanteil zu den für die Beurteilung der Bekanntheit einer Marke relevanten Umständen. Die Tatsache, dass es auf einem Markt eine sehr hohe Zahl von Anbietern gibt, bedeutet nicht, dass der Marktanteil ein nachrangiges Kriterium für die Beurteilung der Bekanntheit einer Marke darstellt. Das Fehlen von Daten zu den Marktanteilen, die die Klägerin auf einem Markt hält, auf dem nach ihrem eigenem Eingeständnis eine hohe Zahl von Anbietern tätig ist, trägt im vorliegenden Fall dazu bei, dass die Belege für die „überragende“ Bekanntheit der älteren Wortmarke unzureichend sind.

35      Die Klägerin rügt ferner, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht den Bekanntheitsschutz ihrer älteren Bildmarke verneint. Daraus, dass die „Outfit“-Studien lediglich den Bestandteil „mustang“ ohne galoppierendes Pferd betroffen hätten, könne nicht im Umkehrschluss hergeleitet werden, dass der in der älteren Bildmarke enthaltene Bildbestandteil eines galoppierenden Pferdes nicht eine mit ihrer älteren Wortmarke vergleichbare Bekanntheit genieße. Die über längere Zeit hin stets gemeinsam mit der Wortmarke verwendete Bildkomponente habe eine mit der Wortmarke vergleichbare Bekanntheit bei den Verbrauchern erlangt.

36      Angesichts dieser Rüge ist darauf hinzuweisen, dass es dem Inhaber der älteren Marke obliegt, Anhaltspunkte anzuführen, aus denen dem ersten Anschein nach auf die nicht nur hypothetische Gefahr einer künftigen unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung geschlossen werden kann (siehe oben, Rn. 22).

37      Vorliegend steht außer Streit, dass sich die „Outfit“-Studien auf Marken mit dem Wortbestandteil „mustang“ ohne das galoppierende Pferd der betreffenden älteren Bildmarke beziehen. Der Umstand, dass das galoppierende Pferd für die Zusammensetzung der älteren Bildmarke nicht unbeachtlich ist, entbindet die Klägerin nicht von ihrer Obliegenheit, die Bekanntheit dieser Marke bei den maßgeblichen Verkehrskreisen nachzuweisen. Die von der Klägerin im Verfahren vor dem HABM als Nachweise vorgelegten Studien und Werbeanzeigen in Zeitschriften beziehen sich nicht auf die ältere Bildmarke als solche. Die Bezugnahmen auf die ältere Bildmarke in den anderen im Verlauf des Verfahrens vor dem HABM vorgelegten Unterlagen reichen zum Nachweis der Bekanntheit dieser Bildmarke nicht aus.

38      Es reicht zudem nicht, dass die Klägerin einige Anzeigen vorgelegt hat, in denen ähnliche Bildmarken, insbesondere folgende Bildmarke dargestellt sind:

Image not found

39      Der Umstand, dass diese Bildmarke die Abbildung des Pferdes enthält, erlaubt nämlich nicht den Schluss auf eine Bekanntheit der älteren Bildmarke. Zum einen ist der Bildbestandteil in Gestalt eines Pferdes – wie die Beschwerdekammer in Rn. 25 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat – sehr klein und im Gesamteindruck von untergeordneter Bedeutung, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise in dieser Benutzungsform nicht mehr die eingetragene Bildmarke erkennen. Zum anderen hat die Klägerin die Bekanntheit der oben in Rn. 38 wiedergegebenen Bildmarke nicht nachgewiesen. Sie hat den Umfang der Werbekampagnen mit dieser Marke nicht hinreichend dargetan. So hat sie nicht angegeben, von wie vielen Personen die Zeitschrift Sportswear, in der mehrere Anzeigen veröffentlicht wurden, gelesen wird, um welche Zielgruppe es geht und wie häufig die Anzeigen geschaltet wurden oder an wie viele Personen die Modekataloge gegangen sind. Da in den betreffenden Modekatalogen auch der Kaufpreis für Vertriebshändler genannt wird, ist nicht sicher, dass diese Kataloge den für die betreffende Marke maßgeblichen, aus Durchschnittsverbrauchern bestehenden Verkehrskreisen (siehe oben, Rn. 29) zur Verfügung gestellt wurden. Die vorgelegten Unterlagen, die andere Bildmarken mit der Darstellung eines Pferdes enthalten, lassen ebenfalls keinen Schluss auf die Bekanntheit der älteren Bildmarke zu. Folglich ist die Rüge der Klägerin, die Bekanntheit der älteren Bildmarke habe keine Berücksichtigung gefunden, zurückzuweisen.

 Zur Ähnlichkeit der in Rede stehenden Zeichen

40      Nach Ansicht der Klägerin ist die Ähnlichkeit der in Rede stehenden Zeichen aufgrund ihrer klanglichen und begrifflichen Identität und ihrer überdurchschnittlichen bildlichen Ähnlichkeit hochgradig und nicht nur überdurchschnittlich, wie die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung behaupte.

41      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass zur Erfüllung der die Ähnlichkeit der Marken betreffenden Voraussetzung gemäß Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht der Nachweis erforderlich ist, dass für die betroffenen Verkehrskreise zwischen der älteren bekannten Marke und der Anmeldemarke Verwechslungsgefahr besteht. Es genügt, dass der Grad der Ähnlichkeit zwischen diesen beiden Marken bewirkt, dass die beteiligten Verkehrskreise die Marken gedanklich miteinander verknüpfen (Urteile vom 24. März 2011, Ferrero/HABM, C‑552/09 P, Slg, EU:C:2011:177, Rn. 53, vom 20. November 2014, Intra-Presse/Golden Balls, C‑581/13 P und C‑582/13 P, EU:C:2014:2387, Rn. 72, und vom 16. April 2008, Citigroup und Citibank/HABM – Citi [CITI], T‑181/05, Slg, EU:T:2008:112, Rn. 64 und 65).

42      Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Anmeldemarke den maßgeblichen Verkehrskreisen die bekannte ältere Marke in Erinnerung ruft, umso größer, je ähnlicher diese Marken einander sind (vgl. entsprechend Urteil vom 27. November 2008, Intel Corporation, C‑252/07, Slg, EU:C:2008:655, Rn. 44).

43      Bei der umfassenden Beurteilung zum Nachweis des Bestehens einer Verknüpfung zwischen den betreffenden Marken ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Bestandteile zu berücksichtigen sind (Urteile vom 16. Mai 2007, La Perla/HABM – Worldgem Brands [NIMEI LA PERLA MODERN CLASSIC], T‑137/05, EU:T:2007:142, Rn. 35, und vom 25. März 2009, L’Oréal/HABM – Spa Monopole [SPALINE], T‑21/07, EU:T:2009:80, Rn. 18).

44      Außerdem darf sich die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken nicht darauf beschränken, dass nur ein Bestandteil einer zusammengesetzten Marke berücksichtigt und mit einer anderen Marke verglichen wird. Vielmehr sind die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. entsprechend Urteil vom 15. Dezember 2009, Trubion Pharmaceuticals/HABM – Merck [TRUBION], T‑412/08, EU:T:2009:507, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45      Im vorliegenden Fall steht außer Streit, dass die Anmeldemarke und die ältere Wortmarke klanglich und begrifflich identisch sind. Bei der Prüfung ihrer bildlichen Ähnlichkeit hat die Beschwerdekammer zu Recht eine insgesamt durchschnittliche bildliche Ähnlichkeit der in Rede stehenden Marken festgestellt. Das Wort „mustang“ der Anmeldemarke ist nämlich mit der älteren Wortmarke identisch. Zudem überwiegt dieses Wort gegenüber der Darstellung eines galoppierenden Pferdes und den anderen Bestandteilen der Anmeldemarke, nämlich den unterschiedlichen Farben, der schwarzen Umrandung, dem Emblem mit dem Großbuchstaben „T“ und den Worten „20 class a filter cigarettes“, ohne dass diese Bestandteile deswegen unbeachtlich würden. Die Anmeldemarke unterscheidet sich allerdings aufgrund der Darstellung eines Pferdes und der anderen genannten Elemente von der älteren Wortmarke.

46      In Anbetracht der durchschnittlichen bildlichen Ähnlichkeit infolge der Unterschiede beim bildlichen Gesamteindruck sowie der klanglichen und der begrifflichen Identität der in Rede stehenden Marken konnte die Beschwerdekammer in Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung fehlerfrei eine insgesamt überdurchschnittliche Zeichenähnlichkeit feststellen.

47      Diese Schlussfolgerung wird nicht durch das Vorbringen in Frage gestellt, auf das die Klägerin ihre Wertung stützt, die Ähnlichkeit der Zeichen sei hochgradig. So wird die schwarze Umrandung, die Platz für die gesetzlich vorgeschriebenen Warnhinweise über die gesundheitsschädlichen Auswirkungen von Tabak lässt, von den maßgeblichen Verkehrskreisen wahrgenommen. Der Umstand, dass die Umrandung diese Funktion hat, beeinträchtigt nicht ihre Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise und macht sie – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – nicht zu einem rein beschreibenden Bestandteil. Schließlich meint die Klägerin zu Unrecht, dass das Emblem mit dem Großbuchstaben „T“ den maßgeblichen Verkehrskreisen kaum ins Auge springe. Angesichts der Größe dieses Emblems kann es nicht als für die maßgeblichen Verkehrskreise unbeachtlich angesehen werden.

 Zur Verknüpfung zwischen den in Rede stehenden Marken

48      In der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer im Wesentlichen angenommen, die Klägerin habe das Vorliegen einer Verknüpfung zwischen den in Rede stehenden Marken nicht hinreichend nachgewiesen. Die Beschwerdekammer hat die Waren nämlich als unähnlich angesehen. Mit den Internetseiten, die die Klägerin zum Beleg dafür anführt, dass Bekleidung, u. a. bei Marlboro und Camel, in Lizenz hergestellt werde, lasse sich nicht der Nachweis führen, dass es sich bei der Vergabe einer Lizenz für Bekleidung um eine allgemeine Übung in der Tabakbranche handele. Der Beschwerdekammer zufolge ist den maßgeblichen Verkehrskreisen zwar bewusst, dass große Unternehmen Lizenzen für unterschiedlichste Produkte vergeben; trotzdem nähmen die maßgeblichen Verkehrskreise nicht allein aufgrund dieser Tatsache eine Nähe zwischen diesen Produkten an. Die Klägerin habe außerdem keine außergewöhnlich hohe Wertschätzung ihrer älteren Marke nachgewiesen, so dass die Wahrscheinlichkeit einer Verknüpfung mit anderen Waren offensichtlich wäre. Die Beschwerdekammer hat ferner angenommen, dass es mangels einer Übung der Bekleidungshersteller, Lizenzen für Zigaretten zu vergeben, auch keinen Grund für den Verbraucher gebe, von einer solchen Lizenz auszugehen, wenn er der Anmeldemarke begegne. Schließlich sei der Tabakkonsum wegen der Beschränkungen für Tabakwerbung in der Wahrnehmung des angesprochenen Verbrauchers nicht mit einem bestimmten Kleidungsstil oder einer durch bestimmte Kleidungsstücke zum Ausdruck kommenden Lebenshaltung verknüpft, so dass es keinen relevanten „Imagetransfer“ zwischen beiden Warengruppen gebe.

49      Die Klägerin wendet sich gegen diese Beurteilung. Ihrer Ansicht nach stellen die maßgeblichen Verkehrskreise, wenn sie mit einer Ware der Anmeldemarke konfrontiert werden, eine gedankliche Verknüpfung zu den mit ihren älteren Marken gekennzeichneten Waren her. Für die Gefahr einer gedanklichen Verknüpfung komme es auf die Bekanntheit und nicht auf die Wertschätzung der Marke an. Ein Bekanntheitsgrad von 80 % bei den maßgeblichen Verkehrskreisen sei hoch genug, um die Gefahr einer gedanklichen Verknüpfung zwischen Marken, die klanglich und begrifflich identisch und bildlich fast identisch seien, ohne Weiteres zu bejahen. Zudem bestehe zwischen den in Rede stehenden Produkten ein spezifischer Zusammenhang, der dazu führe, dass die angesprochenen Verkehrskreise eine Verknüpfung zwischen den mit den in Rede stehenden Marken gekennzeichneten Produkten herstellen würden, da es sich um Produkte handele, die für einen „Imagetransfer“ (Brand-Stretching) geeignet seien. Der Imagetransfer sei eine indirekte Werbemaßnahme, die von Herstellern von Tabakwaren wie Marlboro und Camel genutzt werde, um Werbebeschränkungen für Zigaretten zu umgehen. Beim Imagetransfer werde die Marke auf andere Produkte übertragen. So hätten Marlboro und Camel ihr bestehendes Image als Zigarettenmarke genutzt, um Bekleidung zu bewerben, wovon anschließend die Zigarettenmarke profitiere. Die Klägerin betont, die angesprochenen Verkehrskreise wüssten, dass Unternehmen, die Inhaber bekannter Marken seien, Lizenzen für unterschiedlichste Produkte vergäben. Sie nennt in diesem Zusammenhang die Marken Davidoff und Dunhill. Entgegen der Ansicht der Beschwerdekammer lasse sich aus dem Umstand, dass es an einer Übung der Bekleidungshersteller fehle, Lizenzen für Zigaretten zu vergeben, nicht ableiten, dass die angesprochenen Verkehrskreise nicht vom Vorliegen einer solchen Lizenz ausgingen, da Hersteller wie Cartier bereits Lizenzen für Zigaretten vergeben hätten. Deshalb sei anzunehmen, dass eine Lizenzbeziehung zwischen der Klägerin und der Streithelferin bestehe und die angesprochenen Verkehrskreise infolgedessen eine gedankliche Verknüpfung zwischen ihnen herstellten.

50      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die in Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Beeinträchtigungen, wenn sie auftreten, die Folge eines bestimmten Grades der Ähnlichkeit zwischen der älteren und der jüngeren Marke sind, aufgrund dessen die beteiligten Verkehrskreise einen Zusammenhang zwischen den beiden Marken sehen, d. h. die beiden gedanklich miteinander verknüpfen, ohne sie jedoch zu verwechseln (vgl. Urteil vom 6. Juli 2012, Jackson International/HABM – Royal Shakespeare [ROYAL SHAKESPEARE], T‑60/10, EU:T:2012:348, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51      Ob die angesprochenen Verkehrskreise die einander gegenüberstehenden Marken gedanklich miteinander verknüpfen, ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falles umfassend zu beurteilen. Zu diesen Umständen gehören der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, die Art der Waren und Dienstleistungen, die von diesen Marken erfasst werden, einschließlich des Grades der Nähe oder der Unähnlichkeit dieser Waren und Dienstleistungen, sowie die betreffenden Verkehrskreise, das Ausmaß der Bekanntheit der älteren Marke, der Grad der der älteren Marke innewohnenden oder von ihr durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft und das Bestehen einer Verwechslungsgefahr (vgl. entsprechend Urteile Intel Corporation, oben in Rn. 42 angeführt, EU:C:2008:655, Rn. 42; ROYAL SHAKESPEARE, oben in Rn. 50 angeführt, EU:T:2012:348, Rn. 21, und vom 12. Februar 2015, Compagnie des montres Longines, Francillon/HABM – Staccata [QUARTODIMIGLIO QM], T‑76/13, EU:T:2015:94, Rn. 124 und die dort angeführte Rechtsprechung). Fehlt es an einer solchen gedanklichen Verknüpfung durch die Verkehrskreise, kann die Benutzung der jüngeren Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke nicht in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen (Urteil QUARTODIMIGLIO QM, EU:T:2015:94, Rn. 125).

52      Nach der Rechtsprechung ist zwar die Wahrscheinlichkeit, dass die jüngere Marke den maßgeblichen Verkehrskreisen die bekannte ältere Marke in Erinnerung ruft, umso größer, je ähnlicher diese Marken einander sind; jedoch reicht die bloße Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken nicht aus, um auf eine gedankliche Verknüpfung zwischen diesen Marken zu schließen (Urteil vom 25. Januar 2012, Viaguara/HABM – Pfizer [VIAGUARA], T‑332/10, EU:T:2012:26, Rn. 44).

53      Im vorliegenden Fall steht fest, dass die in Rede stehenden Marken einander überdurchschnittlich ähnlich sind (siehe oben, Rn. 46). Außerdem genießt die ältere Wortmarke der Klägerin einen hohen, wenn auch keinen überragenden Bekanntheitsgrad (siehe oben, Rn. 32 ff.). Die von den von der älteren Marke erfassten Waren und die von den von der Anmeldemarke erfassten Waren angesprochenen maßgeblichen Verkehrskreise überschneiden sich, da beide Marken den Durchschnittsverbraucher ansprechen.

54      Die von der Anmeldemarke erfassten Tabakwaren und die von der älteren Marke beanspruchten Bekleidungswaren sind jedoch wegen ihrer unterschiedlichen Art einander unähnlich. Es wird zwar nicht bestritten, dass große Unternehmen Lizenzen für unterschiedlichste Produkte vergeben. Dieser Umstand allein genügt jedoch nicht – wie die Beschwerdekammer ausführt –, um eine Nähe zwischen den in Rede stehenden Produkten festzustellen. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nach den Feststellungen der Beschwerdekammer nicht nachgewiesen, dass die Vergabe einer Lizenz für Bekleidung eine allgemeine Übung in der Tabakbranche ist. Denn selbst wenn als bekannt anzunehmen wäre, dass die Inhaber der Zigarettenmarken Marlboro und Camel Bekleidung unter diesen Marken verkauft hätten, reichte dies nicht für die Feststellung einer allgemeinen Übung aus. Die Klägerin weist ebenso wenig nach, dass Zigarettenmarken generell Gegenstand von Markentransfers sind, die den Bekleidungsbereich einschließen. Darüber hinaus räumt die Klägerin in ihrer Klageschrift ein, dass es nicht üblich ist, dass Bekleidungshersteller Lizenzen für Zigaretten vergeben. Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass bestimmte Inhaber von Bekleidungsmarken dies bereits getan haben, wäre dies kein ausreichender Beleg dafür, dass die maßgeblichen Verkehrskreise darin eine allgemeine Übung sehen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin durfte die Beschwerdekammer daher annehmen, dass zwischen den in Rede stehenden Waren kein spezifischer Zusammenhang besteht.

55      Im Übrigen zeigt eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände, dass die Beschwerdekammer fehlerfrei feststellen konnte, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die in Rede stehenden Marken nicht gedanklich miteinander verknüpfen. Denn trotz der Ähnlichkeiten zwischen den betreffenden Marken und der hohen Bekanntheit der älteren Wortmarke durfte die Beschwerdekammer infolge der unterschiedlichen Art der von den betreffenden Marken beanspruchten Waren und ihrer fehlenden Nähe zueinander annehmen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise keine gedankliche Verknüpfung zwischen diesen Marken herstellen werden. Die von den betreffenden Marken beanspruchten Waren sind einander so unähnlich, dass die Anmeldemarke nicht geeignet ist, den maßgeblichen Verkehrskreisen die ältere Marke in Erinnerung zu rufen.

56      Jedenfalls hat die Beschwerdekammer, selbst wenn anzunehmen wäre, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die in Rede stehenden Marken gedanklich miteinander verknüpfen, aus den nachfolgenden Gründen nicht gegen Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen.

 Zur Gefahr einer Beeinträchtigung

57      In der angefochtenen Entscheidung ist die Beschwerdekammer davon ausgegangen, dass die Klägerin ihre Behauptung, die Tabakindustrie habe ein negatives Image, nicht bewiesen habe. Unter Hinweis auf bekannte Bier- und Spirituosenmarken hat die Beschwerdekammer die Auffassung vertreten, dass aus der gesundheitsschädigenden Wirkung eines Produkts nicht zwangsläufig eine geringe Wertschätzung folge. Was die von der Klägerin in Auszügen vorgelegte Studie „Reader’s Digest Europe Health 2005“ angeht, wonach im Bereich des Gesundheitswesens Tabakunternehmen gegenüber Apotheken schlechter abschnitten, meint die Beschwerdekammer, dass diese Feststellung, die im Rahmen einer wie auch immer gearteten Befragung getroffen worden sei, nichts über die Wertschätzung von Zigaretten- und Tabakmarken bei Käufern von Bekleidungsstücken besage, zumal nicht unerhebliche Teile der maßgeblichen Verkehrskreise in Deutschland weiterhin Zigaretten und Tabak konsumierten.

58      Nach Ansicht der Klägerin besteht die Gefahr, dass die geplante Benutzung der angemeldeten Marke die Wertschätzung ihrer Marken beeinträchtigt. Die Beschwerdekammer könne nicht Spirituosenmarken zum Beleg dafür anführen, dass aus der gesundheitsschädigenden Wirkung von Tabak nicht zwangsläufig eine geringe Wertschätzung folge. Anders als bei alkoholischen Getränken sei bei Zigaretten selbst ein gelegentlicher Konsum gesundheitsschädlich. Die Tabakindustrie habe ein negatives Image aufgrund der Tatsache, dass Zigaretten gesundheitsschädlich seien, Suchtpotential hätten und die Tabakindustrie die Gesundheitsgefahren und das Suchtpotential über viele Jahre hin geleugnet habe. Der schlechte Ruf der Tabakindustrie komme auch darin zum Ausdruck, dass sich medizinische Fachzeitschriften mittlerweile weigerten, von der Tabakindustrie finanzierte Studien zu veröffentlichen. Das Image von Freiheit, Coolness und Attraktivität, das ursprünglich mit Zigaretten in Verbindung gebracht worden sei, sei in der jüngeren Vergangenheit immer mehr verblasst. Im Internet veröffentlichte Informationen und als Anlage zur Klageschrift beigefügte Umfragen zeigten, dass Rauchen aus Sicht der meisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen „uncool“ sei. Einer aktuellen Umfrage zufolge bezeichneten sich 70 % der deutschen Bevölkerung ab einem Alter von 14 Jahren als Nichtraucher. Nach einer weiteren als Anlage beigefügten Umfrage würde sich über die Hälfte der Raucher gerne das Rauchen abgewöhnen, die Mehrzahl von ihnen wegen drohender oder bereits eingetretener Gesundheitsschäden.

59      Angesichts dieses Vorbringens ist darauf hinzuweisen, dass der Inhaber der älteren Marke nicht verpflichtet ist, das Vorliegen einer tatsächlichen und gegenwärtigen Beeinträchtigung seiner Marke im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 nachzuweisen; er muss aber Anhaltspunkte anführen, aus denen dem ersten Anschein nach auf die nicht nur hypothetische Gefahr einer künftigen unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung geschlossen werden kann. Eine solche Schlussfolgerung kann insbesondere auf der Grundlage logischer Ableitungen erreicht werden, die auf einer Wahrscheinlichkeitsprognose beruhen und für die die Gepflogenheiten der einschlägigen Branche sowie alle anderen Umstände des betreffenden Falles berücksichtigt worden sind. Ist nämlich vorhersehbar, dass sich eine solche Beeinträchtigung aus einer möglichen Benutzung der jüngeren Marke durch deren Inhaber ergeben würde, kann der Inhaber der älteren Marke nicht dazu verpflichtet sein, das tatsächliche Eintreten dieser Beeinträchtigung abzuwarten, um diese Benutzung untersagen lassen zu können. Der Inhaber der älteren Marke muss allerdings das Vorliegen von Anhaltspunkten dartun, aus denen auf die ernsthafte Gefahr einer künftigen Beeinträchtigung geschlossen werden kann (vgl. Urteil ROYAL SHAKESPEARE, oben in Rn. 50 angeführt, EU:T:2012:348, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

60      Was die Beeinträchtigung der Wertschätzung der älteren Marke durch die nicht gerechtfertigte Benutzung der angemeldeten Marke betrifft, so ist eine derartige Beeinträchtigung dann zu bejahen, wenn die mit der angemeldeten Marke beanspruchten Waren oder Dienstleistungen auf die Öffentlichkeit in einer solchen Weise wirken können, dass die Anziehungskraft der älteren Marke geschmälert wird. Die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung kann insbesondere dann bestehen, wenn die entsprechenden Waren oder Dienstleistungen Merkmale oder Eigenschaften aufweisen, die sich negativ auf das Bild einer bekannten älteren Marke auswirken können, weil sie mit der angemeldeten Marke identisch oder ihr ähnlich ist (vgl. Urteil VIPS, oben in Rn. 24 angeführt, EU:T:2007:93, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

61      Vorliegend ist zunächst aus den in den oben in den Rn. 17 ff. genannten Gründen daran zu erinnern, dass die im Stadium des Verfahrens vor dem Gericht beigebrachten Beweismittel unzulässig sind.

62      Darüber hinaus lässt sich zwar nicht bestreiten, dass Rauchen gesundheitsschädlich ist; die Klägerin trägt jedoch nichts vor, was die Feststellung erlaubte, dass in Bezug auf die maßgeblichen Verkehrskreise die ernsthafte Gefahr besteht, dass die unter der Anmeldemarke verkauften Zigaretten die Anziehungskraft ihrer älteren Marke für Bekleidung schmälern werden.

63      Die Beschwerdekammer hat zutreffend festgestellt, dass die Studie „Reader’s Digest Europe Health 2005“ nichts darüber aussagt, wie Zigaretten- und Tabakmarken von Käufern von Bekleidungsstücken wahrgenommen werden. Auch wenn wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass Tabak gesundheitsschädlich ist, und allgemein bekannt ist, dass Tabak in Deutschland heute gedanklich mit etwas für die Gesundheit Schlechtem in Verbindung gebracht wird, bedeutet das nicht automatisch, dass sich die Wertschätzung von Waren der Bekleidungsbranche, die gedanklich mit einer Zigarettenmarke in Verbindung gebracht wird, verringert.

64      Es kann nicht unterstellt werden, dass, weil Tabak gesundheitsschädlich ist, die Gefahr besteht, dass eine Marke, die gedanklich mit Tabak in Verbindung gebracht wird, an Anziehungskraft verliert.

65      Im Übrigen weist das Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die Klägerin in der Klageschrift als Beispiel die Marke Davidoff anführt, die, obschon es sich ursprünglich um eine Tabakmarke handelt, nunmehr möglicherweise eher gedanklich mit Parfüm in Verbindung gebracht wird. Dass eine Marke wie Davidoff, bei der es sich um eine Marke für Tabakerzeugnisse handelt, von dem Unternehmen für andere Waren, wie Parfüm, verwendet worden ist und dass sie von den Verbrauchern auch mit diesen anderen Waren gedanklich in Verbindung gebracht werden kann, ist ein Indiz dafür, dass die Schädlichkeit von Tabak nicht automatisch dazu führt, dass eine Marke, die gedanklich mit Tabakerzeugnissen in Verbindung gebracht wird, an Anziehungskraft verliert, wenn sie für andere Produkte verwendet wird.

66      Die Klägerin hat somit nicht genügend Anhaltspunkte vorgetragen, aus denen geschlossen werden kann, dass infolge der Eintragung der angemeldeten Gemeinschaftsmarke die ernsthafte Gefahr einer künftigen Beeinträchtigung der Wertschätzung ihrer älteren Wortmarke besteht.

67      Nach alledem ist der einzige Klagegrund zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

68      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

69      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr entsprechend den Anträgen des HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Mustang – Bekleidungswerke GmbH & Co. KG trägt die Kosten.

Prek   Labucka   Kreuschitz

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. November 2015.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.