URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)
27. November 1997(1)
[234s„Wettbewerb Urheberrechte Zurückweisung einer Beschwerde
Durchführung eines Nichtigkeitsurteils Abschottung des Marktes Begründung
Ermessensmißbrauch“[s
In der Rechtssache T-224/95
Roger Tremblay, Vernantes (Frankreich),
Harry Kestenberg, Saint-André-Les-Vergers (Frankreich),
und
Syndicat des exploitants de lieux de loisirs (SELL), Verband französischen Rechts
mit Sitz in Paris,
Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Jean Claude Fourgoux, Paris,
Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Pierrot Schiltz, 4, rue Béatrix de
Bourbon, Luxemburg,
Kläger,
unterstützt durch
Music User's Council of Europe (MUCE),Verband englischen Rechts mit Sitz in
Uxbridge (Vereinigtes Königreich), Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt
Jean-Louis Fourgoux, Paris, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Pierrot
Schiltz, 4, rue Béatrix de Bourbon, Luxemburg, und
Associazione italiana imprenditori locali da ballo (SILB),Verband italienischen
Rechts mit Sitz in Rom, Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Jean Claude
Fourgoux, Paris, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Pierrot Schiltz,
4, rue Béatrix de Bourbon, Luxemburg,
Streithelfer,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater
Giuliano Marenco und durch Guy Charrier, zur Kommission abgeordneter
nationaler Beamter, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos
Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
Beklagte,
unterstützt durch
Französische Republik,vertreten durch Kareen Rispal-Bellanger, Abteilungsleiterin
in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige
Angelegenheiten, und Jean-Marc Belorgey, Chargé de mission in dieser Direktion,
als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift: Französische Botschaft, 8b, boulevard
Joseph II, Luxemburg,
Streithelferin,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 13. Oktober 1995
über die Zurückweisung des Teils der am 4. Februar 1986 u. a. von Herrn
Tremblay und Herrn Kestenberg gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17
des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln
85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, 13, S. 204), eingelegten Beschwerden, der das
Vorliegen einer Marktaufteilung unter den Gesellschaften zur Wahrnehmung von
Urheberrechten der verschiedenen Mitgliedstaaten und die daraus resultierende
völlige Abschottung des Marktes betrifft, und Verpflichtung der Kommission zur
Vornahme der zum Nachweis des gerügten Kartells erforderlichen Ermittlungen
erläßt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten C. W. Bellamy sowie der Richter
A. Kalogeropoulos und J. D. Cooke,
Kanzler: A. Mair, Verwaltungsrat
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29.
Mai 1997,
folgendes
Urteil
Sachverhalt und Verfahren
Sachverhalt
- Am 4. Februar 1986 wurde die Kommission gemäß Artikel 3 Absatz 2 der
Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste
Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, 13,
S. 204), mit einem Antrag einer Vereinigung von Diskothekenbetreibern namens
BEMIM (Bureau européen des médias de l'industrie musicale), der Herr Tremblay
und Herr Kestenberg, die beide eine Diskothek betreiben, damals angehörten, auf
Feststellung von Zuwiderhandlungen gegen die Artikel 85 und 86 EWG-Vertrag
befaßt. Dieser Antrag richtete sich gegen die Société des auteurs, compositeurs et
éditeurs de musique (SACEM), die französische Gesellschaft zur Wahrnehmung
von Urheberrechten an Musikwerken. Die Kommission wurde darüber hinaus
zwischen 1979 und 1988 mit ähnlichen Beschwerden anderer Beschwerdeführer
befaßt.
- In der oben genannten Beschwerde vom 4. Februar 1986 wurden im wesentlichen
folgende Rügen vorgebracht. Mit der ersten, auf eine Verletzung von Artikel 85
Absatz 1 des Vertrages gestützten Rüge wurde geltend gemacht, daß die
Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten der verschiedenen
Mitgliedstaaten durch den Abschluß von Verträgen über die gegenseitige
Vertretung, nach denen es diesen Gesellschaften untersagt sei, mit den in einem
anderen Mitgliedstaat ansässigen Benutzern unmittelbar Geschäfte zu tätigen, den
Markt untereinander aufgeteilt und ihn damit völlig abgeschottet hätten. Die beiden
anderen Rügen, die aus einer Verletzung von Artikel 86 des Vertrages abgeleitet
wurden, betrafen den überhöhten und diskriminierenden Charakter des von der
SACEM angewandten Gebührensatzes und deren Weigerung, den französischen
Diskotheken die Nutzung nur ihres ausländischen Bestandes zu gestatten.
- Im Anschluß an die bei ihr eingelegten Beschwerden begann die Kommission mit
Ermittlungen in Form von Auskunftsersuchen gemäß Artikel 11 der
Verordnung Nr. 17.
- Die Untersuchung der Kommission wurde ausgesetzt, als dem Gerichtshof zwischen
Dezember 1987 und August 1988 Vorabentscheidungsersuchen der Cours d'appel
Aix-en-Provence und Poitiers und des Tribunal de grande instance Poitiers
vorgelegt wurden, die insbesondere die Frage aufwarfen, wie die Höhe der von der
SACEM erhobenen Gebühren, der Abschluß von Verträgen über die gegenseitige
Vertretung zwischen nationalen Gesellschaften zur Wahrnehmung von
Urheberrechten und der umfassende, die gesamten Bestände einschließende
Charakter der Aufführungsverträge der SACEM im Hinblick auf die Artikel 85 und
86 des Vertrages zu beurteilen seien. In seinen Urteilen vom 13. Juli 1989 in der
Rechtssache 395/87 (Tournier, Slg. 1989, 2521, 2580) und in den Rechtssachen
110/88, 241/88 und 242/88 (Lucazeau u. a., Slg. 1989, 2811, 2834) stellte der
Gerichtshof u. a. folgendes fest: „Artikel 85 EWG-Vertrag ist dahin auszulegen,
daß er jegliche zwischen nationalen Gesellschaften zur Wahrnehmung von
Urheberrechten abgestimmte Verhaltensweise untersagt, die bezweckt oder bewirkt,
daß jede Gesellschaft den in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Benutzern den
unmittelbaren Zugang zu ihren Beständen verweigert. Es ist Sache der
innerstaatlichen Gerichte, festzustellen, ob eine derartige Abstimmung zwischen den
Verwertungsgesellschaften tatsächlich stattgefunden hat.“
- Im Anschluß an diese Urteile nahm die Kommission ihre Ermittlungen
insbesondere bezüglich der Unterschiede bei der Höhe der von den verschiedenen
Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten in der Gemeinschaft
erhobenen Gebühren wieder auf. Die Ergebnisse der Untersuchung der
Kommission wurden in einem Bericht vom 7. November 1991 festgehalten.
- Am 18. Dezember 1991 wurde u. a. im Namen von Herrn Tremblay und Herrn
Kestenberg sowie des BEMIM ein Mahnschreiben gemäß Artikel 175 EWG-Vertrag an die Kommission gerichtet, in dem sie aufgefordert wurde, zu den
Beschwerden Stellung zu nehmen.
- Am 20. Januar 1992 richtete die Kommission eine Mitteilung gemäß Artikel 6 der
Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung
nach Artikel 19 Absätze (1) und (2) der Verordnung Nr. 17 des Rats (ABl. 1963,
127, S. 2268) an das BEMIM. In diesem Schreiben teilte die Kommission mit, daß
sie in Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Dezentralisation
angesichts des fehlenden Gemeinschaftsinteresses aufgrund der im wesentlichen
nationalen Auswirkungen der gerügten Praktiken und der Tatsache, daß bereits
mehrere französische Gerichte mit ihnen befaßt seien, die Auffassung vertreten
wolle, daß die in den Beschwerden angeführten Umstände ihr nicht erlaubten,
ihnen stattzugeben.
- Am 20. März 1992 nahm der Anwalt der Kläger zu der Mitteilung vom 20. Januar
1992 Stellung und beantragte die Fortführung der Untersuchung durch die
Kommission und die Absendung einer Mitteilung der Beschwerdepunkte.
- Mit Schreiben des für Wettbewerbsfragen zuständigen Mitglieds der Kommission
vom 12. November 1992 wurden die Beschwerdeführer über die endgültige
Zurückweisung ihres Antrags auf Feststellung von Zuwiderhandlungen gegen die
Artikel 85 und 86 des Vertrages informiert.
- Die Entscheidung vom 12. November 1992 war Gegenstand einer beim Gericht am
11. Januar 1993 erhobenen Nichtigkeitsklage.
- Mit Urteil vom 24. Januar 1995 in der Rechtssache T-5/93 (Tremblay
u. a./Kommission, Slg. 1995, II-188; im folgenden: Urteil Tremblay I) erklärte das
Gericht (Zweite Kammer) die Entscheidung vom 12. November 1992 wegen
Verletzung von Artikel 190 des Vertrages insoweit für nichtig, als mit ihr die Rüge
einer Abschottung des Marktes infolge eines angeblichen Kartells zwischen der
SACEM und den Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten der
anderen Mitgliedstaaten zurückgewiesen wurde, und wies die Klage im übrigen ab.
- Mit Schriftsatz, der am 24. März 1995 bei der Kanzlei des Gerichtshofes einging,
legten Herr Tremblay und Herr Kestenberg sowie das Syndicat des exploitants des
lieux de loisirs (SELL) ein Rechtsmittel ein, mit dem sie die Aufhebung des
genannten Urteils des Gerichts begehrten, soweit darin die Klage gegen den Teil
der Entscheidung der Kommission vom 12. November 1992 abgewiesen wurde, der
die Zurückweisung der Rügen einer Verletzung von Artikel 86 des Vertrages
betraf.
- Im Anschluß an das Urteil Tremblay I richtete die Kommission am 23. Juni 1995
an den Anwalt der Kläger eine Mitteilung gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr.
99/63 (im folgenden: Schreiben gemäß Artikel 6).
- In ihrem Schreiben wies die Kommission vorab darauf hin, daß das Gericht im
vorgenannten Urteil die Ansicht vertreten habe, daß die Kläger der Begründung
der Entscheidung vom 12. November 1992 nicht die Gründe für die Zurückweisung
ihrer Beschwerde hätten entnehmen können, soweit sich diese auf eine
Abschottung des Marktes infolge von Verträgen über die gegenseitige Vertretung
zwischen den Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten der
verschiedenen Mitgliedstaaten bezogen habe.
- Im Abschnitt „Rechtliche Würdigung“ ihres Schreibens gemäß Artikel 6 gab die
Kommission zunächst die vom Gerichtshof in seinen oben genannten Urteilen
Tournier und Lucazeau u. a. gegebenen Antworten auf die Fragen nach dem von
den nationalen Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten aufgebauten
Netz von Verträgen über die gegenseitige Vertretung und der Praxis dieser
Gesellschaften wieder, gemeinsam den in anderen Mitgliedstaaten ansässigen
Benutzern von aufgezeichneter Musik jeden unmittelbaren Zugang zu ihren
Beständen zu verweigern.
- Die Kommission wies in diesem Zusammenhang darauf hin, daß der Gerichtshof
in seinen Urteilen entschieden habe, daß Verträge über die gegenseitige
Vertretung, die eine Ausschließlichkeitsregelung in dem Sinne schüfen, daß die
Verwertungsgesellschaften verpflichtet wären, den im Ausland ansässigen Benutzern
von aufgezeichneter Musik den unmittelbaren Zugang zu ihren Beständen zu
verwehren, unter das Verbot in Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages fallen könnten.
Sie fügte jedoch hinzu, da die Ausschließlichkeitsklauseln in den Verträgen über
die gegenseitige Vertretung abgeschafft worden seien, ohne daß sich das in der
Weigerung, einer anderen als der im betreffenden Gebiet ansässigen Gesellschaft
ihren Bestand zu überlassen, bestehende Verhalten der Verwertungsgesellschaften
geändert hätte, habe der Gerichtshof anschließend geprüft, ob diese Gesellschaften
ihre Ausschließlichkeitsregelung nicht faktisch durch eine abgestimmte
Verhaltensweise aufrechterhalten hätten. Der Gerichtshof habe insoweit zwar die
Ansicht vertreten, daß eine Abstimmung zwischen nationalen Gesellschaften zur
Wahrnehmung von Urheberrechten, die bewirken würde, daß ausländischen
Benutzern systematisch der unmittelbare Zugang zu den Beständen dieser
Gesellschaften verweigert würde, als eine den Wettbewerb einschränkende
abgestimmte Verhaltensweise anzusehen wäre, die geeignet sei, den Handel
zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen; er habe jedoch auch festgestellt, daß
eine derartige Abstimmung nicht vermutet werden könne, wenn sich das
Parallelverhalten durch andere Gründe als das Vorliegen einer Abstimmung
erklären lasse. Dies könnte nach Ansicht des Gerichtshofes „der Fall sein, wenn die
Verwertungsgesellschaften der anderen Mitgliedstaaten im Fall eines unmittelbaren
Zugangs zu ihren Beständen genötigt wären, in einem anderen Land ein eigenes
Verwertungs- und Kontrollsystem aufzubauen“.
- Ausgehend von diesen Grundsätzen teilte die Kommission sodann in ihrem
Schreiben mit, sie sei weiterhin der Ansicht, daß die gewisse Parallelität, die bei der
Weigerung der einzelnen Verwertungsgesellschaften in der Gemeinschaft
festzustellen sei, den in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Diskotheken
unmittelbaren Zugang zu ihren Beständen zu gewähren, nur darauf zurückzuführen
sei, daß sich diese verschiedenen Gesellschaften zur Wahrnehmung von
Urheberrechten in einer ähnlichen Lage befänden. Die Kommission nahm insoweit
auf die Schlußanträge von Generalanwalt Jacobs zu den vorgenannten Urteilen
Tournier und Lucazeau u. a. (Slg. 1989, 2536) Bezug, in denen er den
Ausnahmecharakter des Marktes für Urheberrechte hervorgehoben habe, deren
wirksamer Schutz eine ständige Überwachung und Verwaltung innerhalb der
nationalen Hoheitsgebiete erfordere. Sie wies in diesem Zusammenhang darauf hin,
daß jede Gesellschaft zur Wahrnehmung von Urheberrechten, die in einem
fremden Hoheitsgebiet tätig werden wolle, Verwaltungsstrukturen aufbauen müßte,
die es ihr gestatten würden, mit Kunden zu verhandeln, die Faktoren für die
Bemessung der Gebühren zu prüfen, die Nutzung ihrer Bestände zu überwachen
und die notwendigen Maßnahmen gegen Mißbräuche zu ergreifen, während sie die
Verwertung ihrer Bestände auf weniger aufwendige und wirksamere Weise dadurch
sicherstellen könne, daß sie diese der dort ansässigen Gesellschaft anvertraue.
- Die Kommission führte ferner unter Bezugnahme auf das „Zellstoff-Urteil“ des
Gerichtshofes vom 31. März 1993 in den Rechtssachen C-89/85, C-104/85, C-114/85,
C-116/85, C-117/85 und C-125/85 bis C-129/85 (Ahlström Osakeythiöu. a./Kommission, Slg. 1993, I-1307) aus, daß die Annahme einer abgestimmten
Verhaltensweise nicht die einzige einleuchtende Erklärung für das Verhalten der
besagten Verwertungsgesellschaften darstelle, da diese Gesellschaften kein Interesse
an der Verwendung einer anderen Methode als der Betrauung der im betreffenden
Gebiet ansässigen Gesellschaft hätten.
- Sie kam daher zu folgendem Ergebnis:
„Da die Kommission weder von den anderen Beschwerdeführern noch von Ihnen
selbst konkrete Beweise oder Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen
abgestimmten Verhaltensweise erhalten hat und ihrerseits keine finden konnte,
kann sie dieses Parallelverhalten nicht auf das Vorliegen eines Kartells oder einer
abgestimmten Verhaltensweise der Gesellschaften zur Wahrnehmung von
Urheberrechten zurückführen.“
- Im Abschnitt „Schlußfolgerungen“ des Schreibens vom 23. Juni 1995 heißt es:
„Unter diesen Umständen ist die Kommission der Ansicht, daß der Teil der
Beschwerden von Roger Tremblay, François Lucazeau und Harry Kestenberg, der
das Vorliegen einer Abschottung der nationalen Märkte im Bereich der
Urheberrechte an Musikwerken betrifft, die sich aus einem Kartell oder einer
abgestimmten Verhaltensweise der Gesellschaften zur Wahrnehmung von
Urheberrechten der verschiedenen Mitgliedstaaten ergeben soll, nicht begründet
ist.
Sie teilt Ihnen daher gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63/EWG der
Kommission vom 25. Juli 1963 mit, daß sie beabsichtigt, diesen Teil der
Beschwerden von Roger Tremblay, François Lucazeau und Harry Kestenberg
offiziell zurückzuweisen.“
- Am 24. Juli 1995 nahm der Anwalt der Kläger im Namen von Herrn Tremblay und
Herrn Kestenberg zu der Mitteilung vom 23. Juni 1995 Stellung und trug
insbesondere vor, die Kommission habe sich in ihrem Schreiben gemäß Artikel 6
„auf den Hinweis beschränkt, daß sie keinen konkreten Anhaltspunkt für das
Vorliegen einer abgestimmten Verhaltensweise finden konnte, ohne den Nachweis
für die Suche nach solchen Anhaltspunkten zu erbringen“, und habe nicht belegt,
„daß sie die Untersuchung wiederaufgenommen hat, wie sie es nach dem Urteil des
Gerichts erster Instanz hätte tun müssen“. Er fügte hinzu, es gebe eine Absprache
zwischen nationalen Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten über
die Abschottung des Marktes durch den Abschluß von Verträgen über die
gegenseitige Vertretung sowie ein Kartell dieser Gesellschaften zur Festschreibung
der Preise auf hohem Niveau; die von der Kommission genannten Gründe für die
Zurückweisung des Teils der Beschwerde, der das Vorliegen eines Kartells betreffe,
seien daher nicht stichhaltig, und die Kommission müsse entweder die
Untersuchung fortsetzen oder das Verfahren bis zum Urteil des Gerichtshofes über
das Rechtsmittel gegen das Urteil Tremblay I aussetzen.
- Mit Schreiben vom 13. Oktober 1995, das von dem für Wettbewerbsfragen
zuständigen Mitglied der Kommission unterzeichnet ist, wurden Herr Tremblay und
Herr Kestenberg über die endgültige Zurückweisung ihrer am 4. Februar 1986
eingelegten Beschwerden unterrichtet.
- In ihrem Schreiben vom 13. Oktober 1995 teilt die Kommission mit, aus den bereits
im Schreiben gemäß Artikel 6 vom 23. Juni 1995 dargelegten Erwägungen gebe es
keine hinreichenden Gründe, den Beschwerden stattzugeben; die Ausführungen der
Kläger im Schreiben vom 24. Juli 1995 enthielten keine neuen tatsächlichen oder
rechtlichen Gesichtspunkte, die an diesem Ergebnis etwas ändern könnten.
Insbesondere sei von ihr in diesem Schreiben die Erbringung des Nachweises für
nicht nur ein Kartell verlangt worden, das in einer Marktaufteilung zwischen den
Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten der verschiedenen
Mitgliedstaaten durch den Abschluß von Verträgen über die gegenseitige
Vertretung bestehen solle, sondern auch für ein zweites Kartell derselben
Gesellschaften zur Festschreibung der Musikpreise auf hohem Niveau.
- Hinsichtlich des ersten angeblichen Kartells verweist die Kommission auf die bereits
in ihrem Schreiben gemäß Artikel 6 dargelegten Gründe. In bezug auf das zweite
angebliche Kartell trägt die Kommission zunächst unter Hinweis auf das Urteil
Tremblay I vor, daß diese Rüge nicht in der Beschwerde formuliert worden sei,
sondern erst in der Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 20. März 1992 zum
vorangegangenen Schreiben gemäß Artikel 6 vom 20. Januar 1992. Sie leitet daraus
ab, daß sie nicht verpflichtet gewesen sei, auf diese Rüge zu antworten, und vertritt
die Ansicht, daß das Gericht diesen Teil der Entscheidung in seinem Urteil nicht
geprüft habe. Die von ihr bereits in Punkt 12 ihrer Entscheidung vom 12.
November 1992 gegebene Begründung treffe jedoch nach wie vor zu; sie laute, daß
zwar das Vorliegen eines Kartells oder einer abgestimmten Verhaltensweise der im
Groupement européen des sociétes d'auteurs et de compositeurs (GESAC)
vertretenen Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten nicht
ausgeschlossen werden könne, auch wenn ein Nachweis dafür fehle, daß ihm aber
jedenfalls offenbar keine konkreten Auswirkungen auf die Tarife beigemessen
werden könnten, die seit dem Erlaß der vorgenannten Urteile Tournier und
Lucazeau u. a. zum Teil gesunken und zum Teil gestiegen seien und vor allem nach
wie vor untereinander erhebliche Abweichungen aufwiesen.
Verfahren
- Mit Schriftsatz, der am 13. Dezember 1995 bei der Kanzlei des Gerichts
eingegangen ist, haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben.
- Mit Schreiben, das am 28. Mai 1996 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist,
hat die Französische Republik beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der
Anträge der Beklagten zugelassen zu werden. Der Präsident der Zweiten
erweiterten Kammer des Gerichts hat diesem Antrag mit Beschluß vom 2. Juli 1996
stattgegeben. Im Anschluß an den Streithilfeschriftsatz der Französischen Republik
haben die Kläger innerhalb der ihnen gesetzten Frist keine Stellungnahme
abgegeben.
- Mit Schreiben, das am 30. Mai 1996 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist,
hat der Verband Music User's Council of Europe (MUCE) beantragt, als
Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kläger zugelassen zu werden. Mit
Schreiben, das am 3. Juni 1996 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat
auch die Associazione italiana impreditori locali da ballo (SILB) beantragt, als
Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kläger zugelassen zu werden. Mit
Beschlüssen vom 9. Oktober 1996 hat der Präsident der Zweiten erweiterten
Kammer des Gerichts diesen Streithilfeanträgen stattgegeben.
- Mit Urteil vom 24. Oktober 1996 hat der Gerichtshof das von Herrn Tremblay und
Herrn Kestenberg sowie dem SELL eingelegte Rechtsmittel gegen das Urteil
Tremblay I als unbegründet zurückgewiesen (Urteil in der Rechtssache C-91/95 P,
Tremblay u. a./Kommission, Slg. 1996, I-5547).
- Am 6. November 1996 hat das Plenum des Gerichts gemäß den Artikeln 14 und
51 der Verfahrensordnung beschlossen, die zunächst der Zweiten erweiterten
Kammer zugewiesene Rechtssache an die Zweite Kammer zu verweisen.
- Da die Streithelfer MUCE und SILB innerhalb der ihnen gesetzten Fristen keinen
Streithilfeschriftsatz eingereicht haben, hat das schriftliche Verfahren am 21.
November 1996 geendet.
- Das Gericht (Zweite Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen,
die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Die
Parteien haben in der öffentlichen Sitzung vom 29. Mai 1997 mündlich verhandelt
und mündliche Fragen beantwortet.
Anträge der Parteien
- Die Kläger beantragen,
- die Entscheidung der Kommission vom 13. Oktober 1995 für nichtig zu
erklären, soweit darin die Beschwerde zurückgewiesen wird;
- der Kommission infolgedessen aufzugeben, die zur Erbringung des
Nachweises für das Kartell erforderlichen Ermittlungen anzustellen;
- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
- Die Kommission beantragt,
- die Klage als in allen Punkten unbegründet abzuweisen;
- den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
- Die Französische Republik beantragt,
- die von Herrn Tremblay und Herrn Kestenberg sowie dem SELL erhobene
Klage abzuweisen.
Zum Antrag auf Erteilung einer Anordnung an die Kommission
- Die Kläger ersuchen das Gericht in ihren Anträgen, der Kommission aufzugeben,
die zur Erbringung des Nachweises für das angebliche Kartell erforderlichen
Ermittlungen anzustellen.
- Nach ständiger Rechtsprechung ist der Gemeinschaftsrichter nicht befugt, im
Rahmen der von ihm ausgeübten Rechtmäßigkeitskontrolle den Organen
Anordnungen zu erteilen. Gemäß Artikel 176 des Vertrages ist es nämlich Sache
des Organs, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die Maßnahmen
zu ergreifen, die sich aus einem auf eine Nichtigkeitsklage ergangenen Urteil
ergeben (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 24. Juni 1986 in der Rechtssache 53/85,
Akzo Chemie/Kommission, Slg. 1986, 1965, Randnr. 23, und Urteil des Gerichts
vom 13. Dezember 1995 in der Rechtssache T-109/94, Windpark
Groothusen/Kommission, Slg. 1995, II-3007, Randnr. 61).
- Deshalb ist der Antrag der Kläger, der Kommission eine Anordnung zu erteilen,
als unzulässig zurückzuweisen.
Zum Antrag auf Nichtigerklärung
- Die Kläger berufen sich zur Stützung ihrer Klage auf drei Gründe. Der erste
Klagegrund beruht auf einer Verletzung von Artikel 176 des Vertrages, der zweite
auf einer unzureichenden Begründung der angefochtenen Entscheidung und der
dritte auf einer Verletzung des Vertrages und einem Ermessensmißbrauch.
- Nach Ansicht des Gerichts ist zunächst der zweite, eine unzureichende Begründung
betreffende Klagegrund zu prüfen, bevor die Prüfung des ersten und des dritten
Klagegrundes erfolgt.
Zum Klagegrund einer unzureichenden Begründung der angefochtenen Entscheidung
Vorbringen der Parteien
- Die Kläger machen zunächst geltend, die Begründung der Entscheidung sei
unzureichend, da sie nicht auf einer Untersuchung beruhe, die die Kommission
hätte vornehmen müssen. Die Kommission habe sich in der angefochtenen
Entscheidung mit dem Versuch einer allgemeinen juristischen Rechtfertigung des
Verhaltens der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten begnügt, der
zum einen auf der Unterscheidung zwischen Parallelverhalten und Kartell und zum
anderen auf einer Verweisung der Beurteilung der Absprache an die nationalen
Gerichte beruhe. Die Kommission habe sich hinter der fehlenden Mitteilung von
Beweisen für das Vorliegen einer abgestimmten Verhaltensweise verschanzt und
damit den Beschwerdeführern die Sammlung dieser Informationen aufgebürdet,
obwohl sie über wirksamere Mittel hierfür verfüge und die Pflicht habe,
Beschwerden sorgfältig, ernsthaft und umsichtig zu prüfen.
- Ferner sind die Kläger der Ansicht, daß die Begründung der Entscheidung insofern
unzureichend sei, als sich die Prüfung der Kommission auf die bloße Beurteilung
der die Ausschließlichkeit des Zugangs der Gesellschaften zur Wahrnehmung von
Urheberrechten zu ausländischen Beständen betreffenden Klauseln der Verträge
über die gegenseitige Vertretung beschränkt habe.
- Schließlich werfen die Kläger der Kommission in bezug auf die Rüge des
Vorliegens eines Kartells zur Festschreibung der Gebühren auf hohem Niveau vor,
die bereits in Punkt 12 ihrer ursprünglichen Entscheidung vom 12. November 1992
gegebene Begründung trotz der Nichtigerklärung durch das Gericht im Urteil
Tremblay I in ihrer neuen Entscheidung wörtlich wiederholt zu haben. Diese
Begründung sei deshalb besonders unzureichend, weil sie keine vergleichende
Untersuchung der von den verschiedenen Gesellschaften zur Wahrnehmung von
Urheberrechten angewandten Tarife enthalte. Dem Vorbringen der Kommission,
daß die Einwände gegen diesen Teil der angefochtenen Entscheidung unzulässig
seien, da die ursprüngliche Entscheidung der Kommission im Urteil Tremblay I nur
hinsichtlich des Begründungsmangels bei der Zurückweisung der Rüge des
Vorliegens eines Kartells zur Marktabschottung für nichtig erklärt worden sei, sei
entgegenzuhalten, daß sich das fragliche Urteil auf die gesamte gerügte Absprache
beziehe, ohne daß zwischen dieser Rüge und der Rüge des Vorliegens eines
Kartells über die Höhe der Gebühren zu unterscheiden sei.
- Die Kommission trägt erstens vor, der Klagegrund sei unzulässig, soweit er den Teil
der Entscheidung betreffe, der sich mit der Zurückweisung der Rüge des
Vorliegens eines Kartells der Verwertungsgesellschaften über die Höhe der
Gebühren befasse. Das Gericht habe ihre ursprüngliche Entscheidung nur
hinsichtlich der Zurückweisung der Rüge des Vorliegens eines Kartells zur
Aufteilung und Abschottung des Marktes für nichtig erklärt, da nur sie in der
ursprünglichen Beschwerde enthalten gewesen sei, während die Behauptung eines
zweiten Kartells über die Preise erstmals in der Stellungnahme der
Beschwerdeführer zu ihrem Schreiben gemäß Artikel 6 vom 20. Januar 1992
erwähnt worden sei. Folglich habe sie auf diese Rüge nicht antworten müssen, so
daß es mangels einer Beschwerde keine Entscheidung über diesen Punkt gegeben
habe.
- Zweitens führt die Kommission zur Zurückweisung der die Marktabschottung
betreffenden Rüge aus, in der angefochtenen Entscheidung habe sie die
Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen, weil sie den Nachweis für das
angebliche Kartell als nicht erbracht angesehen habe, und nicht auch wie die
Kläger behaupteten mit der Begründung, daß die Beurteilung der Absprache den
nationalen Gerichten obliege. Unter Hinweis auf alle in ihrem Schreiben gemäß
Artikel 6 sowie in ihrer Entscheidung angeführten Gesichtspunkte trägt die
Kommission sodann vor, die Entscheidung sei rechtlich hinreichend begründet, und
mangels ernsthafter Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Kartells sei sie nicht
verpflichtet gewesen, Ermittlungen anzustellen. Die Kläger hätten insoweit
insbesondere in ihrer Stellungnahme vom 24. Juli 1995 zum Schreiben gemäß
Artikel 6 keinen neuen Gesichtspunkt genannt, und im übrigen deckten sich die
Ergebnisse der Kommission mit denen des französischen Conseil de la concurrence.
- Auf das Vorbringen der Kläger, daß sich die streitige Entscheidung auf die
Beurteilung der Ausschließlichkeitsklauseln in den Verträgen über die gegenseitige
Vertretung beschränke, erwidert die Kommission, sie habe im Gegenteil dieFunktionsweise des gesamten Systems gegenseitiger Vertretung untersucht.
- Die Französische Republik trägt erstens vor, es sei nicht zulässig, daß die Kläger
gegen den Teil der angefochtenen Entscheidung vorgingen, der sich auf die
Zurückweisung der Rüge eines die Höhe der Gebühren betreffenden Kartells der
Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten beziehe. Da das Gericht die
ursprüngliche Entscheidung der Kommission in diesem Punkt nicht für nichtig
erklärt habe, habe sie den Beschwerdeführern nur vorsorglich geantwortet; diese
machten die Rüge in ihrer Stellungnahme zum Schreiben gemäß Artikel 6 allein
deshalb erneut geltend, um eine Bestätigung der Gründe zu erhalten, aus denen
diese Rüge erfolglos geblieben sei. Die Kläger wendeten sich jedenfalls nicht gegen
die sachliche Beurteilung der Kommission, sondern beschränkten sich darauf, zu
Unrecht das Fehlen einer vergleichenden Untersuchung der Höhe der von den
Verwertungsgesellschaften angewandten Gebühren geltend zu machen.
- Zweitens vertritt die Französische Republik zur Zurückweisung der die
Marktabschottung betreffenden Rüge die Ansicht, daß die Kommission ihre
Entscheidung ordnungsgemäß begründet habe. Das Schreiben gemäß Artikel 6 und
die endgültige Entscheidung über die Zurückweisung seien hinreichend ausführlich
und beruhten auf einer eindeutigen Rechtsprechung des Gerichtshofes. Das
Ergebnis, zu dem die Kommission gelangt sei, hätten im übrigen auch der
französische Conseil de la concurrence sowie die Cour de cassation in einem Urteil
vom 14. Mai 1991 bestätigt. Unter diesen Umständen und in Anbetracht dessen,
daß es weder einen Anfangsbeweis noch ein konkretes Indiz zur Entkräftung des
Standpunkts der Kommission gebe, habe diese keine zusätzlichen Ermittlungen
anstellen müssen.
Würdigung durch das Gericht
- Im Rahmen dieses Klagegrundes machen die Kläger geltend, die angefochtene
Entscheidung sei zum einen hinsichtlich der Zurückweisung der Rüge einer
Abschottung des Marktes aufgrund der Verträge über die gegenseitige Vertretung
zwischen den Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten und zum
anderen hinsichtlich der Zurückweisung der Rüge des Vorliegens eines Kartells
dieser Gesellschaften zur Festschreibung der Gebührensätze auf hohem Niveau
unzureichend begründet. Da sowohl die Kommission als auch die Französische
Republik die Zulässigkeit des Klagegrundes bezweifeln, soweit er sich gegen den
Teil der Entscheidung richtet, in dem die letztgenannte Rüge zurückgewiesen
wurde, ist als erstes zu prüfen, ob es zulässig ist, daß sich die Kläger in diesem
Punkt gegen die angefochtene Entscheidung wenden.
- Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, daß Entscheidungen, durch die frühere
Entscheidungen lediglich bestätigt werden, nach ständiger Rechtsprechung nicht
anfechtbar sind (Urteile des Gerichtshofes vom 15. Dezember 1988 in den
Rechtssachen 166/86 und 220/86, Irish Cement/Kommission, Slg. 1988, 6473,
Randnr. 16, und vom 11. Januar 1996 in der Rechtssache C-480/93 P, Zunis
Holding u. a./Kommission, Slg. 1996, I-1, Randnr. 14). Ein Rechtsakt, mit dem
lediglich ein früherer Rechtsakt bestätigt wird, kann den Beteiligten nämlich nicht
die Möglichkeit eröffnen, die Rechtmäßigkeit des bestätigten Aktes erneut in Frage
zu stellen (Urteil vom 22. März 1961 in den Rechtssachen 42/59 und 49/59,
Snupat/Hohe Behörde, Slg. 1961, 111, 158).
- Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, daß die Kommission die fraglichen
Beschwerden bereits durch eine Entscheidung vom 12. November 1992
zurückgewiesen hatte (siehe oben, Randnr. 9). In seinem Urteil Tremblay I hat das
Gericht im Rahmen der Beurteilung der Frage, ob die Kommission diese
Entscheidung insoweit unzureichend begründet hatte, als darin die Rüge eines
gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßenden abgestimmten Verhaltens
der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten der verschiedenen
Mitgliedstaaten zurückgewiesen wurde, folgendes ausgeführt: „Nach Auffassung des
Gerichts enthalten die Punkte 12 und 13 der streitigen Entscheidung die Gründe
der Zurückweisung zweier anderer Rügen, die die Kläger in ihren Bemerkungen
zum Schreiben nach Artikel 6 erhoben haben. Diese Rügen bezogen sich auf das
Vorliegen eines angeblichen Kartells zwischen den nationalen Gesellschaften zur
Wahrnehmung von Urheberrechten, die im Rahmen des GESAC vertreten sind,
um ihre Gebühren auf dem höchstmöglichen Niveau zu vereinheitlichen, und eines
solchen zwischen der SACEM und bestimmten französischen Verbänden von
Diskothekenbetreibern“ (Randnr. 39 des Urteils).
- Das Gericht hat dagegen festgestellt, daß die Kläger der Begründung der streitigen
Entscheidung nicht die Gründe für die Zurückweisung ihrer Beschwerden
entnehmen konnten, soweit sich diese auf eine Abschottung des Marktes infolge
von Verträgen über die gegenseitige Vertretung zwischen den Gesellschaften zur
Wahrnehmung von Urheberrechten der verschiedenen Mitgliedstaaten bezogen,
und daraus geschlossen, daß die Kommission „folglich in diesem Punkt die ihr nach
Artikel 190 EWG-Vertrag obliegende Pflicht, ihre Entscheidungen mit Gründen zu
versehen, nicht erfüllt“ hatte (Randnr. 40). Das Gericht hat die Entscheidung
deshalb nur insoweit für nichtig erklärt, als mit ihr die Rüge einer Abschottung des
Marktes infolge des Vorliegens eines angeblichen Kartells zwischen den
Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten, das die französischen
Diskotheken am unmittelbaren Zugang zu den Beständen dieser Gesellschaften
hindert, zurückgewiesen wurde (Randnr. 49 des Urteils). Im übrigen wurde die
Klage abgewiesen.
- Im Anschluß an die teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung vom 12. November
1992 durch das Gericht haben sich die Beschwerdeführer in ihrer Stellungnahme
vom 24. Juli 1995 zum Schreiben gemäß Artikel 6 der Kommission vom 23. Juni
1995 nicht nur gegen die Absicht der Kommission gewandt, die Rüge einer
Abschottung des Marktes infolge von Verträgen über die gegenseitige Vertretung
zurückzuweisen, sondern auch ihre Behauptung wiederholt, daß es ein zweites
Kartell der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten „zur
Festschreibung des Musikpreises auf hohem Niveau“ gebe. In der angefochtenen
Entscheidung hat die Kommission geltend gemacht, daß sie auf diese von den
Beschwerdeführern erneut erhobene Rüge nicht zu antworten brauche, sodann
ausdrücklich auf die in Punkt 12 ihrer Entscheidung vom 12. November 1992
genannten Gründe Bezug genommen und dabei darauf hingewiesen, daß sie diese
jedenfalls immer noch für gültig halte. Hierzu ist festzustellen, daß in der
angefochtenen Entscheidung wie die Kläger im übrigen einräumen die bereits
in der vorangegangenen Entscheidung enthaltenen Gründe wörtlich wiederholt
werden.
- In Anbetracht dieser Gesichtspunkte war die Kommission, da das Gericht in seinem
Urteil Tremblay I ihre ursprüngliche Entscheidung nur insoweit wegen
unzureichender Begründung aufgehoben hat, als die Rüge einer Abschottung des
Marktes infolge von Verträgen über die gegenseitige Vertretung zurückgewiesen
wurde, zugleich aber die Auffassung vertreten hat, daß die Entscheidung die
Gründe für die Zurückweisung der Rüge des Vorliegens eines Kartells über die
Gebührensätze enthielt, nicht verpflichtet, in ihrer neuen Entscheidung die Gründe
zu überprüfen, aus denen sie der Ansicht war, daß der letztgenannten Rüge nicht
gefolgt werden könne. Gemäß Artikel 176 des Vertrages muß die Kommission zwar
dafür sorgen, daß der Rechtsakt, der den für nichtig erklärten Akt ersetzen soll,
nicht ebenfalls mit den im Nichtigkeitsurteil festgestellten Rechtsverstößen behaftet
ist (Urteil des Gerichts vom 2. Februar 1995 in der Rechtssache T-106/92,
Frederiksen/Parlament, Slg. ÖD 1995, II-99, Randnr. 32); von ihr kann jedoch nicht
verlangt werden, daß sie sich erneut zu Aspekten ihrer Entscheidung äußert, die
im Nichtigkeitsurteil nicht in Frage gestellt wurden.
- Unter diesen Umständen stellt, wie die Französische Republik zu Recht geltend
macht, die im Schreiben der Kommission vom 13. Oktober 1995 enthaltene
Antwort, soweit sie die Zurückweisung der Rüge des Vorliegens eines Kartells der
Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten hinsichtlich der
Gebührensätze betrifft, eine bloße Bestätigung ihrer vorangegangenen
Entscheidung vom 12. November 1992 dar. In diesem Schreiben beschränkt sie sich
nämlich darauf, die Beschwerdeführer auf die schon in ihrer ersten Entscheidung,
deren Rechtmäßigkeit in diesem Punkt im Urteil Tremblay I nicht in Frage gestellt
worden war, gegebene Begründung hinzuweisen und an ihr unmißverständlich
festzuhalten.
- Diese Beurteilung wird im übrigen dadurch bestätigt, daß die Umstände und
Bedingungen, unter denen die Kommission die Rüge des Vorliegens eines Kartells
über die Gebührensätze zurückgewiesen hat, mit denen übereinstimmen, die für
den Erlaß der Entscheidung vom 12. November 1992 ausschlaggebend waren. Der
einzige von den Beschwerdeführern zur Stützung dieser Rüge in ihrem Schreiben
an die Kommission vom 24. Juli 1995 angeführte konkrete Gesichtspunkt beruhte
nämlich auf Auszügen aus Erklärungen des Präsidenten der SACEM und des
GESAC auf einer Urheberrechtskonferenz am 16. und 17. März 1992, an der ein
der Generaldirektion Industrie (GD III) angehörender Kommissionsbeamter
teilnahm. Wie die Kläger in Beantwortung einer Frage des Gerichts in der Sitzung
eingeräumt haben, waren der Kommission diese Erklärungen, die in Randnummer
92 des Urteils Tremblay I erwähnt werden, aber bereits bekannt, als sie ihre
Entscheidung vom 12. November 1992 traf, so daß es sich jedenfalls nicht um eine
neue Tatsache handelte, die der Kommission beim Erlaß ihrer ursprünglichen
Entscheidung noch nicht bekannt war (vgl. hierzu das vorgenannte Urteil Zunis
Holding u. a./Kommission, Randnr. 12).
- Da eine Entscheidung, durch die eine vorangegangene Entscheidung lediglich
bestätigt wird, kein anfechtbarer Rechtsakt ist, ist es folglich nicht zulässig, daß sich
die Kläger im Rahmen der vorliegenden Klage gegen den Teil der angefochtenen
Entscheidung wenden, der die Zurückweisung der Rüge des Vorliegens eines
Kartells der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten über die
Gebührensätze betrifft, und insoweit eine Verletzung von Artikel 190 des Vertrages
geltend machen.
- Zweitens ist hinsichtlich der Begründung der streitigen Entscheidung, soweit darin
die Rüge einer Marktabschottung zurückgewiesen wird, darauf hinzuweisen, daß
die Begründung nach ständiger Rechtsprechung die Überlegungen der
Gemeinschaftsbehörde, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen hat, so klar und
unzweideutig wiedergeben muß, daß der Kläger zur Wahrnehmung seiner Rechte
die tragenden Gründe für die Maßnahme erkennen und der Gemeinschaftsrichter
seine Kontrolle ausüben kann (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1995 in der
Rechtssache C-360/92 P, Publishers Association/Kommission, Slg. 1995, I-23,
Randnr. 39, Urteile des Gerichts vom 29. Juni 1993 in der Rechtssache T-7/92, Asia
Motor France u. a./Kommission, Slg. 1993, II-669, Randnr. 30, und vom 9. Januar
1996 in der Rechtssache T-575/93, Koelman/Kommission, Slg. 1996, II-1, Randnr.
83). Insoweit braucht die Kommission in der Begründung von Entscheidungen, die
sie erläßt, um die Anwendung der Wettbewerbsregeln sicherzustellen, nicht auf alle
Argumente einzugehen, die die Betroffenen für ihren Antrag vorbringen, sondern
es reicht aus, daß sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen
nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl.
u. a. das vorgenannte Urteil Asia Motor France u. a./Kommission, Randnr. 31).
- Im vorliegenden Fall stellen die Kläger die angefochtene Entscheidung
unzutreffend dar, wenn sie insbesondere geltend machen, daß die Kommission ihre
Prüfung allein auf die Ausschließlichkeitsklauseln in den Verträgen über die
gegenseitige Vertretung zwischen den Gesellschaften zur Wahrnehmung von
Urheberrechten der verschiedenen Mitgliedstaaten beschränkt habe.
- Die Kommission hat nämlich, vor allem in ihrem Schreiben gemäß Artikel 6, auf
das in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich Bezug genommen wird, die
Antworten des Gerichtshofes in seinen vorgenannten Urteilen Tournier und
Lucazeau u. a. zur Beurteilung der Verträge über die gegenseitige Vertretung
zwischen den Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten im Hinblick
auf Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages ausführlich wiedergegeben. Wie die
Kommission in diesem Schreiben ausgeführt hat (siehe oben, Randnr. 16), hat der
Gerichtshof bei seiner Beurteilung aber der Tatsache Rechnung getragen, daß die
Ausschließlichkeitsklauseln in den Verträgen über die gegenseitige Vertretung
abgeschafft worden waren, ohne daß sich jedoch das in der Weigerung,
ausländischen Benutzern unmittelbaren Zugang zu ihrem Bestand zu gewähren,
und der ausschließlichen Überlassung ihres Bestandes an die im betreffenden
Gebiet ansässige Gesellschaft bestehende Verhalten der Gesellschaften zur
Wahrnehmung von Urheberrechten geändert hätte.
- Die Kommission hat sodann klar darauf hingewiesen, daß in diesem
Zusammenhang nach der vorgenannten Rechtsprechung des Gerichtshofes das
bloße Parallelverhalten der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten,
das die Beschwerdeführer angesprochen hätten, mangels entsprechender Nachweise
nicht den Schluß auf das Vorliegen eines Kartells oder einer abgestimmten
Verhaltensweise dieser Gesellschaften zulasse, da es eine plausible Erklärung für
ihr Verhalten gebe, die darin bestehe, daß es beim gegenwärtigen Stand des
Systems zur Wahrnehmung von Urheberrechten nicht im Interesse dieser
Gesellschaften liege, den in anderen Staaten ansässigen Benutzern einen
unmittelbaren Zugang zu ihrem Bestand zu gewähren, weil mit einem solchen
Zugang erhebliche Verwaltungs- und Prüfungskosten verbunden seien.
- Schließlich hat die Kommission in ihrer Entscheidung festgestellt, daß die
Beschwerdeführer in ihrer Stellungnahme vom 24. Juli 1995 keine neuen
tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte vorgetragen hätten, die geeignet
wären, die in ihrem Schreiben gemäß Artikel 6 angestellten Erwägungen zu ändern,
und daraus geschlossen, daß die von den Beschwerdeführern geltend gemachten
Verhaltensweisen der Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten nicht
das Vorliegen einer gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßenden
Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise dieser Gesellschaften
voraussetzten. Entgegen dem weiteren Vorbringen der Kläger hat die Kommission
die Prüfung der Angelegenheit somit nicht den nationalen Gerichten zugewiesen,sondern das Fehlen eines gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßenden
Kartells festgestellt, und zwar mangels entsprechender Beweismittel.
- Die Kläger versuchen darüber hinaus, sich zum Beleg einer unzureichenden
Begründung der angefochtenen Entscheidung auf den angeblich unzulänglichen
Charakter der Untersuchung der Kommission zu berufen. Sie werfen der
Kommission insbesondere vor, die ihr für ihre eigene Untersuchung der gerügten
Verhaltensweisen zur Verfügung stehenden Mittel allein deshalb nicht genutzt zu
haben, weil die Beschwerdeführer ihr keine Beweismittel oder konkreten Indizien
für das Vorliegen eines Kartells geliefert hätten.
- Die mangelnde Beweiskraft der von den Beschwerdeführern der Kommission
übermittelten Anhaltspunkte wird jedoch von den Klägern nicht in Abrede gestellt;
diese machen insoweit keinen Rechts- oder Ermessensfehler geltend und haben im
übrigen in der Sitzung eingeräumt, daß die gelieferten Anhaltspunkte weder
ausreichend noch entscheidend gewesen seien. Da die Beschwerdeführer keine
Beweismittel oder ausreichenden ernsthaften Indizien zum Nachweis des Vorliegens
eines gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßenden Kartells geliefert
haben, kann der Kommission aber nicht allein deshalb mangelnde Sorgfalt bei der
Prüfung der Beschwerde vorgeworfen werden, weil sie keine zusätzlichen
Ermittlungen angeordnet hat. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Kommission,
wenn sie gemäß Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 angerufen wird, nicht zur
Durchführung einer Untersuchung verpflichtet, sondern zur aufmerksamen Prüfung
der ihr vom Beschwerdeführer mitgeteilten tatsächlichen und rechtlichen
Gesichtspunkte, um zu ermitteln, ob diese eine Verhaltensweise erkennen lassen,
die geeignet ist, den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes zu
verfälschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen
(Urteil des Gerichtshofes vom 19. Oktober 1995 in der Rechtssache C-19/93 P,
Rendo u. a./Kommission, Slg. 1995, I-3319, Randnr. 27, und Urteil des Gerichts
vom 18. September 1992 in der Rechtssache T-24/90, Automec/Kommission,
„Automec II“, Slg. 1992, II-2223, Randnr. 79).
- In Anbetracht all dieser Gesichtspunkte ist das Gericht der Ansicht, daß die
Kommission der ihr obliegenden Verpflichtung nachgekommen ist, im Fall der
Zurückweisung einer Beschwerde klar anzugeben, weshalb die aufmerksame
Prüfung der ihr von den Beschwerdeführern vorgetragenen tatsächlichen und
rechtlichen Gesichtspunkte sie nicht veranlaßt hat, ein Verfahren zur Feststellung
eines Verstoßes gegen Artikel 85 des Vertrages einzuleiten (vgl. Beschluß des
Gerichtshofes vom 16. September 1997 in der Rechtssache C-59/96 P,
Koelman/Kommission, Slg. 1997, I-0000, Randnr. 42, und Urteil
Koelman/Kommission des Gerichts, a. a. O., Randnr. 40).
- Nach alledem ist der Klagegrund einer unzureichenden Begründung der
angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen.
Zum Klagegrund einer Verletzung von Artikel 176 des Vertrages
Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien
- Die Kläger tragen vor, die Kommission habe durch den Erlaß der streitigen
Entscheidung gegen die ihr gemäß Artikel 176 des Vertrages obliegenden
Verpflichtungen verstoßen.
- Erstens sei die angefochtene Entscheidung unter Verstoß gegen das Urteil
Tremblay I getroffen worden, da die Kommission im Anschluß an dieses Urteil
nicht die vom Gericht geforderte Untersuchung durchgeführt habe. Das Gericht
habe nämlich in seinem Urteil sowohl die Unzulänglichkeit der dem Erlaß der
Entscheidung vorangegangenen Untersuchung als auch die Unzulänglichkeit der
Begründung der Entscheidung beanstandet. Um dieser zumindest
stillschweigenden Aufforderung des Gerichts zum Tätigwerden nachzukommen,
habe die Kommission folglich die ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen
müssen, um Ermittlungen anzustellen.
- Zweitens werfen die Kläger der Kommission vor, die streitige Entscheidung
erlassen zu haben, ohne das Urteil des Gerichtshofes über das Rechtsmittel gegen
das Urteil Tremblay I abzuwarten, obwohl die Verfahren im Rahmen des
Rechtsmittels und der vorliegenden Klage voneinander abhingen.
- Die Kommission erwidert, das Vorbringen, daß sie durch die Unterlassung der nach
dem Urteil Tremblay I gebotenen aktiven Ermittlungen den Forderungen des
Gerichts nicht nachgekommen sei, beruhe auf unzutreffenden Prämissen, da das
Gericht den die Rüge einer Marktabschottung betreffenden Teil der streitigen
Entscheidung wegen Verletzung von Artikel 190 des Vertrages und nicht wegen
eines Rechtsfehlers für nichtig erklärt habe. Die angefochtene Entscheidung, die
im Ergebnis der am 12. November 1992 getroffenen Entscheidung entspreche,
diesmal aber gemäß den Anforderungen von Artikel 190 des Vertrages begründet
sei, sei in keiner Weise zu beanstanden.
- Dem Vorbringen der Kläger, daß die Kommission hätte warten müssen, bis der
Gerichtshof über das Rechtsmittel gegen das Urteil Tremblay I entschieden habe,
hält die Kommission entgegen, daß das Verfahren vor dem Gerichtshof und die
vorliegende Rechtssache einen unterschiedlichen Gegenstand hätten, da das
Rechtsmittel der Kläger nur auf die teilweise Nichtigerklärung des Urteils
Tremblay I gerichtet sei, und zwar nur insoweit, als der Teil der Entscheidung, in
dem die nicht das Vorliegen eines Kartells betreffenden Rügen zurückgewiesen
worden seien, nicht für nichtig erklärt worden sei. Sie sei daher verpflichtet
gewesen, die Prüfung des Artikel 85 des Vertrages betreffenden Teils der
Beschwerde wiederaufzunehmen, ohne das Urteil des Gerichtshofes abzuwarten.
- Die Französische Republik als Streithelferin macht geltend, der Teil des Urteils
Tremblay I, in dem die ursprüngliche Entscheidung der Kommission für nichtig
erklärt worden sei, habe Rechtskraft erlangt, da gegen ihn kein Rechtsmittel
eingelegt worden sei, und die Kommission sei deshalb gemäß Artikel 176 des
Vertrages verpflichtet gewesen, in diesem Punkt auf die Beschwerde zu antworten.
Im übrigen wäre die Kommission nach Ansicht der Französischen Republik selbst
dann, wenn gegen das gesamte Urteil Tremblay I Rechtsmittel eingelegt worden
wäre, berechtigt gewesen, eine neue Entscheidung zu erlassen, wenn sie geglaubt
hätte, hierfür über ausreichende Angaben zu verfügen, denn ein Rechtsmittel habe
außer in hier nicht einschlägigen Sonderfällen keine aufschiebende Wirkung.
Würdigung durch das Gericht
- Erklärt das Gericht eine Handlung eines Organs für nichtig, so hat das Organ
gemäß Artikel 176 die sich aus dem Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen.
Hierzu haben der Gerichtshof und das Gericht entschieden, daß das Organ, um
dem Urteil nachzukommen und es vollständig durchzuführen, nicht nur den Tenor
des Urteils zu beachten hat, sondern auch die Begründung, die zu dem Tenor
geführt hat und die dessen notwendige Stütze in dem Sinne darstellt, daß sie
unerläßlich ist, um die genaue Bedeutung dessen, was im Tenor entschieden
worden ist, zu bestimmen. Es ist nämlich diese Begründung, aus der sich zum einen
genau ergibt, welche Vorschrift als rechtswidrig angesehen wird, und die zum
anderen die genauen Gründe für die im Tenor festgestellte Rechtswidrigkeit
erkennen läßt, die das betreffende Organ bei der Ersetzung der für nichtig
erklärten Handlung zu beachten hat (Urteil des Gerichtshofes vom 26. April 1988
in den Rechtssachen 97/86, 99/86, 193/86 und 215/86, Asteris u. a./Kommission, Slg.
1988, 2181, Randnr. 27, und Urteil Frederiksen/Parlament des Gerichts, a. a. O.,
Randnr. 31).
- Im vorliegenden Fall berufen sich die Kläger zunächst auf einen Verstoß gegen das
Urteil Tremblay I, in dem von der Kommission die Durchführung einer
Untersuchung verlangt worden sei. Sowohl aus dem Tenor als auch aus den
Gründen dieses Urteils geht jedoch hervor, daß das Gericht die vorangegangene
Entscheidung der Kommission vom 12. November 1992 wegen Verletzung von
Artikel 190 des Vertrages mit der Begründung teilweise für nichtig erklärt hat, daß
die Kläger ihr nicht die Gründe für die Zurückweisung ihrer Beschwerden
entnehmen konnten, soweit sich diese auf eine Abschottung des Marktes bezogen.
Mit diesem Ergebnis war somit keine Aufforderung des Gerichts an die
Kommission zur Durchführung von Ermittlungen verbunden, und das Gericht hat
ihr erst recht nicht aufgegeben, insoweit tätig zu werden, zumal es dazu im Rahmen
seiner Rechtmäßigkeitskontrolle nicht befugt ist (siehe oben, Randnr. 36). Da das
Gericht im übrigen im Rahmen der vorliegenden Klage festgestellt hat (siehe oben,
Randnr. 64), daß die Kommission die ihr gemäß Artikel 190 des Vertrages
obliegende Verpflichtung, ihre Entscheidung hinsichtlich der Rüge einer
Marktabschottung zu begründen, nunmehr erfüllt hat, greift das Vorbringen eines
Verstoßes gegen das Urteil Tremblay I und damit einer Verletzung von Artikel 176
des Vertrages somit nicht durch.
- Das Vorbringen, daß die Kommission mit dem Erlaß der angefochtenen
Entscheidung hätte warten müssen, bis der Gerichtshof über das Rechtsmittel der
Kläger gegen das Urteil Tremblay I entschieden habe, ist im vorliegenden Fall als
unerheblich anzusehen. Dieses Rechtsmittel war nämlich nur auf die teilweise
Nichtigerklärung des Urteils Tremblay I gerichtet, soweit darin die Klage gegen den
die Rügen einer Verletzung von Artikel 86 des Vertrages betreffenden Teil der
ursprünglichen Entscheidung der Kommission abgewiesen wurde (siehe oben,
Randnr. 12, und Urteil Tremblay u. a./Kommission des Gerichtshofes vom 24.
Oktober 1996, a. a. O.). Dagegen ist kein Rechtsmittel gegen das Urteil Tremblay I
eingelegt worden, soweit darin der Teil der Entscheidung der Kommission für
nichtig erklärt wurde, der die Zurückweisung der Rüge einer Marktabschottung
infolge eines angeblichen Kartells der Gesellschaften zur Wahrnehmung von
Urheberrechten unter Verletzung von Artikel 85 des Vertrages betraf. Da das
Urteil des Gerichts somit im letztgenannten Punkt Rechtskraft erlangt hat, war die
Kommission nicht verpflichtet, das Urteil des Gerichtshofes abzuwarten, bevor sie
insoweit eine neue Entscheidung traf.
- Aus diesen Erwägungen folgt, daß der Klagegrund zurückzuweisen ist.
Zum dritten Klagegrund einer Verletzung des Vertrages und eines
Ermessensmißbrauchs
Vorbringen der Parteien
- Nach Ansicht der Kläger stellt das Verhalten der Kommission eine Verletzung des
Vertrages und einen Ermessensmißbrauch dar. Indem es die Kommission trotz
ihrer Ersuchen bewußt unterlassen habe, die Angelegenheit zu untersuchen, oder
sich zumindest auf „passive“ Ermittlungen beschränkt habe, habe sie den
Fortbestand des geltend gemachten Kartells begünstigt und damit andere Ziele
verfolgt als die, zu denen ihr die im Vertrag vorgesehenen Befugnisse eingeräumt
worden seien (Urteile des Gerichtshofes vom 8. Juli 1965 in den Rechtssachen 3/64
und 4/64, Chambre syndicale de la sidérurgie française u. a./Hohe Behörde, Slg.
1965, 596, vom 8. Juni 1988 in der Rechtssache 135/87, Vlachou/Rechnungshof, Slg.
1988, 2901, und vom 17. Januar 1992 in der Rechtssache C-107/90 P,
Hochbaum/Kommission, Slg. 1992, I-157). Zur Stützung dises Klagegrundes
verweisen die Kläger auf Auszüge aus Erklärungen des Präsidenten der SACEM
und des GESAC auf einer Urheberrechtskonferenz in Madrid am 16. und 17. März
1992.
- Die Kommission trägt vor, die Behauptung eines Ermessensmißbrauchs könne nur
dann Berücksichtigung finden, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und
übereinstimmender Indizien anzunehmen sei, daß die fragliche Handlung
ausschließlich oder zumindest vorwiegend zu anderen als den angegebenen
Zwecken oder mit dem Ziel vorgenommen worden sei, ein Verfahren zu umgehen,
das der Vertrag speziell vorsehe, um die konkrete Sachlage zu bewältigen (Urteil
des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1994 in den Rechtssachen C-133/93, C-300/93
und C-362/93, Crispoltoni u. a., Slg. 1994, I-4863). Im übrigen könne der Umstand,
daß den Argumenten, die die Beschwerdeführer im Lauf der Untersuchung
vorgetragen hätten, in der streitigen Entscheidung nicht gefolgt worden sei, als
solcher keinen Ermessensmißbrauch begründen (Urteil des Gerichtshofes vom 7.
Mai 1991 in der Rechtssache C-69/89, Nakajima/Rat, Slg. 1991, I-2069). Im
vorliegenden Fall hätten die Kläger keinen Nachweis für ihre Behauptung einer
mangelnden Untersuchung oder passiver Ermittlungen mit dem Ziel, ein
Preiskartell zugunsten der SACEM zu schützen, erbracht.
- Die Französische Republik nimmt insoweit nicht gesondert Stellung.
Würdigung durch das Gericht
- Zunächst ist in bezug auf die Rüge einer angeblichen Verletzung des Vertrages
durch die Kommission darauf hinzuweisen, daß die Klageschrift gemäß Artikel 19
Absatz 1 des Protokolls über die EG-Satzung des Gerichtshofes, der gemäß
Artikel 46 Absatz 1 dieser Satzung auf das Gericht anzuwenden ist, und Artikel 44
§ 1 der Verfahrensordnung des Gerichts eine kurze Darstellung der Klagegründe
enthalten muß. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, daß dem Beklagten
die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die
Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. In der
Klageschrift ist deshalb darzulegen, worin der Klagegrund besteht, auf den die
Klage gestützt wird, so daß seine bloß abstrakte Nennung den Erfordernissen der
Satzung des Gerichtshofes und der Verfahrensordnung nicht entspricht (Urteil des
Gerichts vom 12. Januar 1995 in der Rechtssache T-102/92, Viho/Kommission, Slg.
1995, II-17, Randnr. 68).
- Im vorliegenden Fall ist festzustellen, daß die Kläger eine Verletzung des Vertrages
durch die Kommission geltend machen, ohne genau anzugeben, welche
Bestimmungen sie als verletzt ansehen. In ihrer Klageschrift machen sie nämlich
folgende generelle Ausführungen: „Die unzureichende Begründung, die wie im
vorliegenden Fall häufig dazu dient, die Verletzung des Vertrages zu verschleiern,
kann ... Ausdruck einer unzulänglichen Behandlung einer Angelegenheit sein ... Das
zur Verletzung des Vertrages hinzukommende Verhalten der Kommission stellt
ebenfalls einen Ermessensmißbrauch dar.“
- In der von den Klägern aufgestellten Form erlauben es diese Behauptungen nicht,
Art und Gegenstand der gegenüber der Kommission erhobenen Rüge hinreichend
genau zu bestimmen oder gar die Vertragsvorschriften zu ermitteln, die die
Kommission verletzt haben soll. Hinzu kommt, daß das Vorbringen der Kläger es
der Kommission nicht ermöglicht hat, sich speziell zur angeblichen Verletzung des
Vertrages zu äußern und ihre Interessen in diesem Punkt wirksam zu verteidigen.
- Unter diesen Umständen ist die Rüge einer angeblichen Verletzung des Vertrages
durch die Kommission als unzulässig zurückzuweisen.
- Hinsichtlich der Rüge eines Ermessensmißbrauchs berufen sich die Kläger zur
Stützung ihrer Behauptungen auf Auszüge aus dem Protokoll einerUrheberrechtskonferenz, die am 16. und 17. März 1992 in Madrid stattfand (siehe
oben, Randnr. 55). Das Gericht hat jedoch bereits in seinem Urteil Tremblay I
entschieden, daß es diesen Auszügen nicht die notwendigen Anhaltspunkte für das
Vorliegen eines Ermessensmißbrauchs entnehmen kann (vgl. Randnr. 92 des
Urteils). Folglich ist der Klagegrund zurückzuweisen.
- Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, daß die Klage in vollem Umfang
abzuweisen ist.
Kosten
- Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag
zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger mit ihrem Vorbringen
unterlegen sind und die Kommission einen entsprechenden Antrag gestellt hat, sind
ihnen die Kosten aufzuerlegen.
- Die Französische Republik, die dem Rechtsstreit als Streithelferin beigetreten ist,
trägt jedoch gemäß Artikel 87 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung ihre eigenen
Kosten.
Aus diesen Gründen
hatDAS GERICHT (Zweite Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
- Die Französische Republik trägt ihre eigenen Kosten.
BellamyKalogeropoulos
Cooke
|
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. November 1997.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
A. Kalogeropoulos
1: Verfahrenssprache: Französisch.