Language of document : ECLI:EU:C:2021:728

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

HENRIK SAUGMANDSGAARD ØE

vom 9. September 2021(1)

Rechtssache C242/20

HRVATSKE ŠUME d.o.o., Zagreb, als Rechtsnachfolgerin der HRVATSKE ŠUME javno poduzeće za gospodarenje šumama i šumskim zemljištima u Republici Hrvatskoj p.o., Zagreb,

gegen

BP EUROPA SE als Rechtsnachfolgerin der DEUTSCHE BP AG, diese als Rechtsnachfolgerin der THE BURMAH OIL (Deutschland) GmbH

(Vorabentscheidungsersuchen des Visoki trgovački sud Republike Hrvatske [Hohes Handelsgericht, Kroatien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – Justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen – Gerichtliche Zuständigkeit – Verordnung (EG) Nr. 44/2001 – Auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe – Einstufung – Art. 5 Nrn. 1 und 3 – Besondere Zuständigkeiten, wenn ‚ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag‘ und ‚eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung‘ den Gegenstand des Verfahrens bilden“






I.      Einleitung

1.        Mit dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen hat das Visoki trgovački sud Republike Hrvatske (Hohes Handelsgericht, Kroatien) dem Gerichtshof zwei Fragen zur Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen(2) (im Folgenden: Brüssel‑I-Verordnung) vorgelegt.

2.        Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der HRVATSKE ŠUME d.o.o., Zagreb, einer Gesellschaft kroatischen Rechts, und der BP EUROPA SE, einer Gesellschaft mit Sitz in Hamburg (Deutschland), wegen eines Geldbetrags, dessen Pfändung auf dem Bankkonto der erstgenannten Gesellschaft erfolgte und der im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens in das Vermögen der letztgenannten Gesellschaft überging. Nachdem dieses Verfahren später für unzulässig erklärt worden ist, begehrt die Klägerin des Ausgangsverfahrens die Herausgabe des fraglichen Betrags wegen ungerechtfertigter Bereicherung.

3.        In dem Anfangsstadium, in dem sich der Ausgangsrechtsstreit befindet, muss das vorlegende Gericht ermitteln, ob die kroatischen Gerichte für die Entscheidung über diesen Anspruch auf Herausgabe zuständig sind oder ob die deutschen Gerichte als Gerichte des Mitgliedstaats, in dem BP EUROPA ihren Sitz hat, angerufen werden müssen. Die Antwort hängt namentlich davon ab, ob bei einer solchen Klage „eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“ im Sinne von Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung den Gegenstand des Verfahrens bilden.

4.        Es ist nicht das erste Mal, dass der Gerichtshof über die Einstufung von Klagen aus ungerechtfertigter Bereicherung im Hinblick auf die Brüssel‑I-Verordnung zu entscheiden hat. Er hat jedoch noch nicht eindeutig beantwortet, ob die in Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung vorgesehene Zuständigkeitsregel für „unerlaubte Handlung[en] oder … Handlung[en], die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt [sind], oder … Ansprüche aus [solchen Handlungen]“ auf diese Klagen anwendbar ist. Da diese Vorschrift systematisch mit der Vorschrift über „[Verträge] oder Ansprüche aus einem Vertrag“ nach Art. 5 Nr. 1 dieser Verordnung in Zusammenhang steht, gibt die vorliegende Rechtssache dem Gerichtshof die Möglichkeit, für diese beiden Vorschriften eine kompakte Antwort zu geben.

5.        In den vorliegenden Schlussanträgen werde ich erläutern, dass auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klagen auf Herausgabe zum einen nicht an einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ nach Art. 5 Nr. 1 dieser Verordnung anknüpfen, es sei denn, sie sind eng mit einem Vertragsverhältnis verbunden, das zwischen den Parteien des Rechtsstreits besteht oder bestehen soll, und dass sie zum anderen nicht unter die Wendung „unerlaubte Handlung oder … Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“ nach Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung fallen.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      BrüsselI-Verordnung

6.        Im elften und zwölften Erwägungsgrund der Brüssel‑I-Verordnung heißt es:

„(11)      Die Zuständigkeitsvorschriften müssen in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten, und diese Zuständigkeit muss stets gegeben sein außer in einigen genau festgelegten Fällen, in denen aufgrund des Streitgegenstands oder der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium gerechtfertigt ist. …

(12)      Der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten muss durch alternative Gerichtsstände ergänzt werden, die entweder aufgrund der engen Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit oder im Interesse einer geordneten Rechtspflege zuzulassen sind.“

7.        Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:

„Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.“

8.        Art. 5 dieser Verordnung sieht in seinen Nrn. 1 und 3 vor:

„Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden:

1.      a)      wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre;

3.      wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht;“

9.        Die Brüssel‑I-Verordnung wurde durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen(3) (im Folgenden: Brüssel‑Ia-Verordnung) ersetzt. Gemäß Art. 66 der letztgenannten Verordnung ist diese nur auf Verfahren anzuwenden, die am 10. Januar 2015 oder danach eingeleitet worden sind. Da die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Klage am 1. Oktober 2014 erhoben wurde, ist auf sie die Brüssel‑I-Verordnung ratione temporis anwendbar.

B.      Kroatisches Recht

10.      Im kroatischen Recht finden sich die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung in den Art. 1111 bis 1120 des Zakon o obveznim odnosima (Gesetz über das Schuldrecht, Narodne novine, br. 35/05, 41/08, 125/11, 78/15 und 29/18).

11.      Art. 1111 dieses Gesetzes bestimmt:

„(1)      Wenn ein Teil des Vermögens einer Person auf irgendeine Weise in das Vermögen einer anderen Person übergeht und dieser Übergang nicht auf einem Rechtsgeschäft, einer gerichtlichen Entscheidung, einer Entscheidung einer anderen zuständigen Behörde oder dem Gesetz beruht, ist der Erwerber verpflichtet, das Erlangte herauszugeben bzw., falls dies nicht möglich ist, Wertersatz zu leisten.

(2)      Unter Vermögensübergang versteht man auch die Vorteilsnahme aus der Vornahme einer Handlung.

(3)      Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Wertersatz besteht auch, wenn der Vorteil auf einer Grundlage erlangt wurde, die unwirksam oder später in Wegfall geraten ist.“

III. Ausgangsrechtsstreit, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

12.      Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass das Trgovački sud u Zagrebu (Handelsgericht Zagreb, Kroatien) auf Antrag der THE BURMAH OIL (Deutschland) GmbH die Zwangsvollstreckung wegen einer Verbindlichkeit der FUTURA d.o.o., Zagreb (Kroatien) im Wege der Pfändung einer Geldforderung der zweitgenannten Gesellschaft gegen eine dritte Gesellschaft, nämlich HRVATSKE ŠUME, zugunsten der erstgenannten Gesellschaft anordnete(4).

13.      Die letztgenannte Gesellschaft legte beim Vrhovni sud Republike Hrvatske (Oberster Gerichtshof, Kroatien) einen außerordentlichen Rechtsbehelf auf Feststellung der Unzulässigkeit der ihr gegenüber angeordneten Vollstreckungsmaßnahmen ein. Da dieser Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hatte, erfolgte am 11. März 2003 die Zwangsvollstreckung, und es wurde ein Betrag von 3 792 600,87 kroatischen Kuna (HRK) (ungefähr 503 331 Euro) von ihrem Bankkonto abgebucht und an die DEUTSCHE BP AG – die inzwischen Rechtsnachfolgerin der THE BURMAH OIL (Deutschland) geworden war – zum Zweck der Befriedigung der fraglichen Forderung überwiesen.

14.      Auf den von HRVATSKE ŠUME erhobenen Rechtsbehelf hin entschied der Vrhovni sud (Oberster Gerichtshof) mit Urteil vom 21. Mai 2009, dass die gegen diese Gesellschaft betriebenen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen unzulässig gewesen seien.

15.      Mit Klageschrift vom 1. Oktober 2014 erhob HRVATSKE ŠUME gegen BP EUROPA, die inzwischen Rechtsnachfolgerin von DEUTSCHE BP geworden war, nach Maßgabe der ungerechtfertigten Bereicherung vor dem Trgovački sud u Zagrebu (Handelsgericht Zagreb) Klage auf Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten(5). In diesem Zusammenhang machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, durch das Urteil des Vrhovni sud (Oberster Gerichtshof) vom 21. Mai 2009 sei die Rechtsgrundlage für die Überweisung der gepfändeten Forderung in das Vermögen von DEUTSCHE BP entfallen und habe sich diese Gesellschaft somit ungerechtfertigt bereichert. BP EUROPA sei daher verpflichtet, HRVATSKE ŠUME den fraglichen Betrag zuzüglich gesetzlicher Zinsen zu erstatten.

16.      Mit ihrer Klageerwiderung rügte BP EUROPA die fehlende Zuständigkeit der kroatischen Gerichte. Mit Beschluss vom 20. März 2019 wies das Trgovački sud u Zagrebu (Handelsgericht Zagreb) die von HRVATSKE ŠUME erhobene Klage aus diesem Grund ab. Im Wesentlichen stellte dieses Gericht fest, dass mangels einer besonderen Zuständigkeitsvorschrift für ungerechtfertigte Bereicherung in der Brüssel‑Ia-Verordnung nur die in Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehene allgemeine Regel anwendbar sei, nach der die Gerichte des Wohnsitzmitgliedstaats des Beklagten zuständig seien. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hätte daher ihre Klage vor den deutschen Gerichten erheben müssen.

17.      HRVATSKE ŠUME legte gegen diesen Beschluss vor dem Visoki trgovački sud Republike Hrvatske (Hohes Handelsgericht der Republik Kroatien) ein Rechtsmittel ein. Dieses Gericht führt aus, dass das Trgovački sud u Zagrebu (Handelsgericht Zagreb) die Brüssel‑Ia-Verordnung insofern zu Unrecht angewandt habe, als auf die von der Klägerin im Hauptverfahren erhobene Klage die Brüssel‑I-Verordnung ratione temporis anwendbar sei(6). Zudem fragt sich das Berufungsgericht, ob aus Art. 5 Nr. 3 oder aus Art. 22 Nr. 5 der Brüssel‑I-Verordnung eine Zuständigkeit der kroatischen Gerichte für die Entscheidung über diese Klage ableitbar ist. In diesem Zusammenhang möchte dieses Gericht zum einen wissen, ob eine Klage auf Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten, die sich auf ungerechtfertigte Bereicherung stützt, unter den Begriff „unerlaubte Handlung oder … Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“ im Sinne der erstgenannten Vorschrift fällt. Zum anderen möchte es wissen, ob die fragliche Klage in Anbetracht der Tatsache, dass die geltend gemachte Bereicherung im Zusammenhang mit einem Zwangsvollstreckungsverfahren eingetreten ist, unter „Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben“, im Sinne der zweitgenannten Vorschrift fällt.

18.      Unter diesen Umständen hat das Visoki trgovački sud (Hohes Handelsgericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1)      Fallen Klagen auf Herausgabe des ohne Rechtsgrund Erlangten, die sich auf ungerechtfertigte Bereicherung stützen, angesichts des Wortlauts von Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung, in dem es u. a. heißt: „Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden: … 3. wenn … eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“, unter den Gerichtsstand für „eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist [oder Ansprüche aus einer solchen Handlung]“ nach dieser Verordnung?

2) Fallen Zivilverfahren, die eingeleitet wurden, weil die Geltendmachung eines Anspruchs auf Herausgabe des in einem Vollstreckungsverfahren ohne Rechtsgrundlage Erlangten im selben Zwangsvollstreckungsverfahren einer zeitlichen Befristung unterliegt, unter den ausschließlichen Gerichtsstand nach Art. 22 Nr. 5 der Verordnung Nr. 44/2001, wonach für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist, ohne Rücksicht auf den Wohnsitz ausschließlich zuständig sind?

19.      Das Vorabentscheidungsersuchen vom 6. Mai 2020 ist am 8. Juni 2020 beim Gerichtshof eingegangen. Die kroatische und die tschechische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht. Eine mündliche Verhandlung hat in der vorliegenden Rechtssache nicht stattgefunden.

IV.    Analyse

20.      Bei den beiden Fragen des vorlegenden Gerichts geht es um die Zuständigkeit der Gerichte der Mitgliedstaaten der Union nach der Brüssel‑I-Verordnung(7) für eine Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung. Entsprechend der Aufforderung des Gerichtshofs werden sich die vorliegenden Schlussanträge auf die erste Frage konzentrieren.

21.      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung als allgemeine Regel die Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats vorsieht, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat. Im vorliegenden Fall steht fest, dass sich der für BP EUROPA für die Zwecke der Anwendung dieser Verordnung zugrunde zu legende Wohnsitz in Deutschland befindet(8). Diese Vorschrift verleiht daher den deutschen Gerichten die Zuständigkeit.

22.      Die Brüssel‑I-Verordnung sieht jedoch auch Regeln vor, die es dem Kläger in bestimmten Fällen erlauben, den Beklagten in einem anderen Mitgliedstaat zu verklagen(9). Diese Verordnung sieht u. a. in ihrem Art. 5 besondere Zuständigkeiten für verschiedene „Streitgegenstände“ vor, die dem Kläger für seine Klage einen oder mehrere zusätzliche Gerichtsstände zur Wahl stellen.

23.      Solche Vorschriften bestehen insbesondere für Fälle, in denen ein „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ und in denen „eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“ den Gegenstand des Verfahrens bilden. Bei Klagen, die unter die erste Kategorie fallen, erlaubt es Art. 5 Nr. 1 der Brüssel‑I-Verordnung dem Kläger, das Gericht des „Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre“, anzurufen. Für Klagen, die unter die zweite Kategorie fallen, sieht Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung vor, dass sie vor dem Gericht „des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“, erhoben werden können.

24.      Ob ein Kläger von diesen Zuständigkeitsoptionen Gebrauch machen kann, hängt von der Einstufung der von ihm erhobenen Klage ab. Das vorlegende Gericht wirft eben diese Frage der Einstufung auf. Es möchte im Wesentlichen wissen, ob eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe wie die von HRVATSKE ŠUME erhobene in Ermangelung einer speziellen Vorschrift in der Brüssel‑I-Verordnung an eine „unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“ nach Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung anknüpft. Letztlich ist zu klären, ob das von dieser Gesellschaft angerufene kroatische Gericht seine Zuständigkeit aus dieser Vorschrift ableiten kann.

25.      Wie ich in der Einleitung der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt habe, ist eigentlich die Einstufung von Klagen aus ungerechtfertigter Bereicherung im Hinblick auf die Brüssel‑I-Verordnung in der Rechtsprechung des Gerichtshofs keine neue Frage(10). Der Gerichtshof ist nämlich bereits mit mehreren Rechtssachen befasst worden, die diese Problematik in Bezug auf verschiedene Bestimmungen dieser Verordnung aufwarfen(11). Gleichwohl hat er die in der vorliegenden Rechtssache gestellte Frage noch nicht eindeutig entschieden(12).

26.      Das vorlegende Gericht neigt ebenso wie die tschechische Regierung und die Kommission zu der Ansicht, dass eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage unter Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung fällt. Ebenso wie die kroatische Regierung teile ich diese Ansicht nicht. In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass die erste Vorlagefrage zwar nur Art. 5 Nr. 3 betrifft, dass diese Vorschrift jedoch systematisch mit Art. 5 Nr. 1 dieser Verordnung in Verbindung steht, wie im Folgenden erläutert werden wird. Man kann sich nämlich zur ersten Vorschrift nicht äußern, ohne zuvor die zweite ausgeschlossen zu haben. Ich werde sie daher der Reihe nach prüfen (Abschnitt B). Vorher werde ich kurz auf das Rechtsinstitut der ungerechtfertigten Bereicherung, wie es sich aus den nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten ergibt, eingehen (Abschnitt A).

A.      Grundzüge der ungerechtfertigten Bereicherung

27.      Meines Wissens ist das Rechtsinstitut der ungerechtfertigten Bereicherung in allen nationalen Rechtssystemen der Mitgliedstaaten in irgendeiner Form bekannt (und wird auch „ungerechte“, „unrechtmäßige“ oder auch „rechtswidrige“ Bereicherung genannt)(13). Demgemäß ist eine Person, die zum Nachteil eines anderen eine ungerechtfertigte Bereicherung erlangt, verpflichtet, das Erlangte diesem anderen zurückzugewähren(14). Es ist allgemein anerkannt, dass dieses Institut Ausdruck des Billigkeitsgrundsatzes ist, wonach sich niemand auf Kosten eines anderen bereichern darf(15).

28.      Die Konturen dieses Rechtsinstituts sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden. Insbesondere enthalten bestimmte nationale Rechtsordnungen wie das ungarische und das polnische Recht ein umfassendes Konzept der ungerechtfertigten Bereicherung, dem eine einzige Klage entspricht, die historisch „de in rem verso“ genannt wird. Andere nationale Rechtsordnungen, darunter das dänische, das spanische, das französische oder auch das österreichische Recht, spalten dieses Institut in verschiedene Varianten und entsprechende Klagen auf, wobei dort namentlich der Anspruch auf Herausgabe des auf eine nicht bestehende Schuld Geleisteten (condictio indebiti) von anderen Formen der ungerechtfertigten Bereicherung unterschieden wird. Zudem wird dieses Rechtsinstitut und werden seine etwaigen Varianten unterschiedlichen rechtlichen Kategorien zugeordnet. Beispielsweise fällt im französischen Recht die ungerechtfertigte Bereicherung (und fällt die Zahlung einer Nichtschuld) unter die „Quasikontrakte“, ein Konzept, das überdies in anderen Rechtsordnungen wie etwa dem deutschen Recht unbekannt ist, während die ungerechtfertigte Bereicherung im Common Law zu einem neueren Rechtszweig gehört, der als Law of Restitution bezeichnet wird(16).

29.      Diese Feinheiten sind jedoch für die Anwendung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts der Union nicht entscheidend. Vor allem halte ich es nicht für erforderlich, zwischen Zahlung einer Nichtschuld und ungerechtfertigter Bereicherung zu unterscheiden – denn das zweitgenannte Konzept, in seinem weiten Sinne verstanden, schließt das erstgenannte ein. Im Übrigen kommt es nicht so sehr auf die konkrete Einordnung des Rechtsinstituts im nationalen Recht jedes Mitgliedstaats an, sondern vielmehr auf die Tatsache, dass es allgemein zu einer Kategorie sui generis gehört, die insbesondere weder an das Vertragsrecht noch an die Vorschriften über die zivilrechtliche Haftung anknüpft.

30.      In den nationalen Rechtssystemen der Mitgliedstaaten stellt die ungerechtfertigte Bereicherung ein Schuldverhältnis eigenständigen Ursprungs dar. Genauer gesagt entsteht durch den Erhalt einer solchen Bereicherung eine Verpflichtung zur Herausgabe. Der Bereicherte ist verpflichtet, dem Entreicherten den Vermögensvorteil (oder gegebenenfalls den Gegenwert dieses Vorteils in Geld) herauszugeben, von dem der Erstgenannte zu Unrecht zum Nachteil des Letztgenannten profitiert hat. Von Gesetzes wegen soll somit eine unbillige Situation beseitigt werden, indem die Wiederherstellung des Status quo ante herbeigeführt wird. Auf eine Verpflichtung beruft sich der Kläger im Rahmen einer Klage wegen ungerechtfertigter Bereicherung(17). Ich werde daher in den vorliegenden Schlussanträgen im Folgenden der Einfachheit halber von auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützten Klagen oder Anträgen auf Herausgabe sprechen.

31.      In den verschiedenen nationalen Rechtsordnungen setzt die Erhebung einer solchen Klage voraus, dass vier Bedingungen erfüllt sind, und zwar 1) die Bereicherung des Beklagten, 2) die Entreicherung des Klägers, 3) das Vorliegen eines Zusammenhangs zwischen Bereicherung und Entreicherung sowie 4) das Fehlen einer die Bereicherung rechtfertigenden „Causa“ (mit anderen Worten eines rechtlichen Grundes)(18).

32.      HRVATSKE ŠUME trägt vor, diese Voraussetzungen, wie sie im kroatischen Recht festgelegt seien, seien im vorliegenden Fall erfüllt. Wie das vorlegende Gericht ausführt, hat die Pfändung von mehreren Millionen HRK auf dem Bankkonto der Klägerin des Ausgangsverfahrens und der Übergang dieses Betrags in das Vermögen von THE BURMAH OIL (Deutschland) zur Bereicherung der zweitgenannten Gesellschaft und zur korrelierenden Entreicherung der Klägerin geführt. Zwar bestand für diesen Vermögensübergang ursprünglich ein „rechtlicher Grund“ in dem von THE BURMAH OIL (Deutschland) gegen FUTURA betriebenen Vollstreckungsverfahren und insbesondere in den vom Trgovački sud u Zagrebu (Handelsgericht Zagreb) gegen HRVATSKE ŠUME angeordneten Vollstreckungsmaßnahmen, allerdings hat der Vrhovni sud Republike Hrvatske (Oberster Gerichtshof der Republik Kroatien) diese Maßnahmen für unzulässig erklärt und diesen „rechtlichen Grund“ dadurch rückwirkend in Wegfall gebracht(19).

B.      Einstufung von auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützten Klagen auf Herausgabe im Hinblick auf Art. 5 Nr. 1 und Art. 5 Nr. 3 der BrüsselI-Verordnung

33.      Nachdem die Grundzüge der ungerechtfertigten Bereicherung umrissen worden sind, geht es nun darum, die Einstufung der darauf gestützten Klagen im Hinblick auf Art. 5 Nr. 1 und Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung zu prüfen. Insoweit sind einige methodische Hinweise angezeigt.

34.      Da in der Brüssel‑I-Verordnung keine Definitionen enthalten sind, hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass die in der erstgenannten Vorschrift enthaltene Wendung „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ und die in der zweitgenannten Vorschrift enthaltene Wendung „unerlaubte Handlung oder Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung“ autonome Begriffe des Unionsrechts darstellen, bei deren Auslegung in erster Linie(20) die Systematik und die Zielsetzungen dieser Verordnung zu berücksichtigen sind, um eine einheitliche Anwendung der darin vorgesehenen Zuständigkeitsvorschriften in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Die Zuordnung einer Klage zu der einen oder anderen Kategorie hängt daher weder von den Lösungen ab, die das innerstaatliche Recht des angerufenen Gerichts (lex fori) vorsieht, noch von der Einstufung nach dem anwendbaren Recht (lex causae)(21).

35.      Was zum einen die Systematik der Brüssel‑I-Verordnung betrifft, so hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass diese auf der in Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehenen allgemeinen Regel der Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats beruht, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, wohingegen die u. a. in Art. 5 dieser Verordnung bestimmten besonderen Zuständigkeitsregeln Ausnahmen von dieser allgemeinen Regel darstellen, die als solche eng auszulegen sind(22).

36.      Was zum anderen die Zielsetzungen der Brüssel‑I-Verordnung betrifft, so geht aus dem zwölften Erwägungsgrund dieser Verordnung hervor, dass die in Art. 5 Nr. 1 und in Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung vorgesehenen besonderen Zuständigkeitsregeln insbesondere(23) die Ziele der räumlichen Nähe und der geordneten Rechtspflege verfolgen. In dieser Hinsicht hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass die dem Kläger durch diese Bestimmungen gewährte Wahlmöglichkeit im Interesse einer sachgerechten Prozessführung im Hinblick darauf eingeführt worden ist, dass bei den Streitgegenständen, auf die diese Vorschiften abstellen, eine besonders enge Verbindung zwischen der Klage und dem zur Entscheidung über sie berufenen Gericht besteht(24).

37.      Im Licht dieser allgemeinen Erwägungen hat der Gerichtshof im Lauf seiner Rechtsprechung Definitionen der Konzepte „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ und „unerlaubte Handlung oder Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung“ entwickelt.

38.      Zum einen ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, die mit dem Urteil Handte(25) eingeleitet worden ist, dass die Anwendung von Art. 5 Nr. 1 der Brüssel‑I-Verordnung „[voraussetzt], dass eine von einer Person gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene rechtliche Verpflichtung bestimmt werden kann, auf die sich die betreffende Klage stützt“(26). Mit anderen Worten: Unter „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne dieser Vorschrift fällt jede Klage, die auf eine solche Verpflichtung gestützt ist(27).

39.      Zum anderen bezieht sich nach der ebenfalls ständigen, sich aus dem Urteil Kalfelis ergebenden und im Urteil Wikingerhof jüngst präzisierten Rechtsprechung die Wendung „unerlaubte Handlung oder Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung“ im Sinne von Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung auf „jede Klage, mit der eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht werden soll und die nicht an einen ‚Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag‘“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 dieser Verordnung „anknüpft … d. h. nicht auf eine rechtliche Verpflichtung gestützt ist, die eine Person gegenüber einer anderen freiwillig eingegangen ist“(28).

40.      Wie ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Wikingerhof(29) erläutert habe und wie der Gerichtshof in dem gleichnamigen Urteil(30) entschieden hat, ergibt sich aus einer Zusammenschau dieser Definitionen, dass die Einstufung einer Klage als eine solche, die einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Brüssel‑I-Verordnung zum Gegenstand hat, oder aber als eine solche, die „eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung“ im Sinne von Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung zum Gegenstand hat, von der Verpflichtung abhängt, auf die sie gestützt wird.

41.      Im Wesentlichen besteht der „Einstufungstest“ darin, die Verpflichtung zu ermitteln, auf die sich der Kläger gegenüber dem Beklagten beruft, sodann die Natur dieser Verpflichtung zu bestimmen, die ihrerseits von dem Ereignis oder der Handlung abhängt, das bzw. die den Ursprung dieser Verpflichtung darstellt. Wie ich noch ausführen werde, sind diese Verpflichtung und folglich die Klage „vertraglicher“ Natur im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Brüssel‑I-Verordnung, wenn die fragliche Verpflichtung in einem Vertrag oder einer anderen Form der freiwilligen Verpflichtung einer Person gegenüber einer anderen Person ihren Ursprung hat. Wenn hingegen die in Rede stehende Verpflichtung ihren Ursprung in einem „schädigenden Ereignis“ hat, handelt es sich um eine Verpflichtung und um eine Klage aus „unerlaubter Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder [wegen] Ansprüchen aus einer solchen Handlung“(31). Bei Vorliegen eines anderen Ursprungs ist schließlich die Anwendung beider Vorschriften ausgeschlossen.

42.      In diesem Zusammenhang liefern zum einen die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I)(32) (im Folgenden: Rom‑I-Verordnung) und zum anderen die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II)(33) (im Folgenden: Rom‑II-Verordnung) nützliche Hinweise für die Bestimmung der Natur einer konkreten Verpflichtung und somit für die Frage, wie eine auf sie gestützte Klage einzustufen ist. Wenngleich diese Verordnungen nicht genau den gleichen Anwendungsbereich haben wie Art. 5 Nr. 1 und Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung(34), bilden sie nämlich dennoch im Bereich des Kollisionsrechts Gegenstücke zu diesen Vorschriften und müssen diese drei Verordnungen so weit wie möglich kohärent ausgelegt werden(35).

43.      Nach diesen Hinweisen werde ich in den folgenden Abschnitten erläutern, weshalb auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Herausgabeklagen abgesehen von bestimmten Fällen (Abschnitt 1) grundsätzlich nicht an einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ anknüpfen und warum sie nicht unter die Wendung „unerlaubte Handlung oder Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung“ fallen (Abschnitt 2).

1.      Die auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützten Klagen auf Herausgabe fallen grundsätzlich nicht unter die Wendung „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“

44.      Wie ich in Nr. 38 der vorliegenden Schlussanträge erläutert habe, umfasst das Konzept „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Brüssel‑I-Verordnung jede Klage, die auf eine „freiwillig eingegangene rechtliche Verpflichtung“ gestützt ist, d. h. auf eine „vertragliche Verpflichtung“ im autonomen Sinn, in dem das Internationale Privatrecht der Union diesen Begriff versteht(36). Eine solche Verpflichtung hat ihren Ursprung in einem Vertrag oder einer anderen Form der freiwilligen Verpflichtung einer Person gegenüber einer anderen Person(37).

45.      Im Rahmen einer Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung ergibt sich im Allgemeinen die Verpflichtung zur Herausgabe, auf die sich der Kläger beruft, nicht aus einer solchen freiwilligen Verpflichtung des Beklagten ihm gegenüber. Diese Verpflichtung ist vielmehr unabhängig vom Willen des Bereicherten entstanden. Zwar hat im vorliegenden Fall die Rechtsvorgängerin von BP EUROPA das zu ihrer Bereicherung führende Vollstreckungsverfahren eingeleitet, doch hierin erschöpfte sich ihr Willen. Sie hatte nicht die Absicht, gegenüber HRVATSKE ŠUME eine Verpflichtung einzugehen. Die fragliche Verpflichtung zur Herausgabe ergibt sich in Wirklichkeit unmittelbar aus dem Gesetz, das aus Gründen der Billigkeit an das Fehlen eines die Bereicherung rechtfertigenden „rechtlichen Grundes“ Rechtswirkungen knüpft.

46.      Folglich stellt die Verpflichtung, die ihren Ursprung in einer ungerechtfertigten Bereicherung hat, im Allgemeinen keine „freiwillig eingegangene rechtliche Verpflichtung“ im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 5 Nr. 1 der Brüssel‑I-Verordnung dar. Die auf eine solche Bereicherung gestützten Herausgabeklagen knüpfen daher grundsätzlich nicht an einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne dieser Vorschrift an(38).

47.      Ein Blick in die Rom‑II-Verordnung bestätigt diese Auslegung. Aus Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung geht nämlich hervor, dass die Verpflichtung zur Herausgabe, die ihren Ursprung in einer ungerechtfertigten Bereicherung hat, als „außervertragliches Schuldverhältnis“ im Sinne dieser Verordnung angesehen wird(39) und nach ihrem Art. 10 speziellen Kollisionsnormen unterliegt.

48.      Allerdings muss die vorstehende Auslegung relativiert werden. Wie die Kommission zu Recht anmerkt, können auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klagen in verschiedenen Zusammenhängen vorkommen. Insbesondere kann eine solche Klage zwar zwischen Personen erhoben werden, zwischen denen im Übrigen keinerlei Rechtsbeziehung besteht, wie dies a priori bei HRVATSKE ŠUME und BP EUROPA der Fall ist(40), doch kann eine solche Klage auch eng mit einem Vertragsverhältnis verbunden sein, das zwischen den Parteien des Rechtsstreits besteht oder bestehen soll.

49.      Wie der Gerichtshof in seinem Urteil Profit Investment SIM(41) entschieden hat, fällt eine Klage auf Rückgewähr von Leistungen, die im Rahmen eines ungültigen (nichtigen, unwirksam gewordenen etc.) Vertrags erbracht wurden, unter die Wendung „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Brüssel‑I-Verordnung. Die gleiche Auslegung ist meines Erachtens bei Klagen auf Rückgewähr infolge eines Rücktritts vom Vertrag wegen Nichterfüllung oder wegen einer im Rahmen eines Vertrags auf eine nicht bestehende Schuld geleisteten Zahlung geboten, beispielsweise wenn ein Schuldner bei der Erfüllung einer vertraglichen Verbindlichkeit mehr als den tatsächlich geschuldeten Betrag zahlt.

50.      Zwar beruhen solche Klagen auf Rückgewähr im materiellen Recht manchmal (aber nicht immer) auf den Vorschriften über ungerechtfertigte Bereicherung(42), doch ist für die Zwecke der Anwendung der Zuständigkeitsregeln der Brüssel‑I-Verordnung davon auszugehen, dass sie ihren Ursprung in einem Vertrag haben. Im Wesentlichen beruft sich der Kläger nämlich für seinen Rückgewähranspruch und der damit geforderten „Abhilfe“ (remedy) auf eine „vertragliche Verpflichtung“, die seiner Ansicht nach unwirksam ist oder vom Beklagten nicht erfüllt wurde oder von der er glaubt, dass er sie „übererfüllt“ hat. Einer solchen Klage liegt daher im Wesentlichen die in Rede stehende „vertragliche Verpflichtung“ zugrunde, da der vom Kläger geltend gemachte Rückgewähranspruch nicht eigenständig besteht(43).

51.      Überdies entspricht es den mit Art. 5 Nr. 1 der Brüssel‑I-Verordnung verfolgten Zielen der räumlichen Nähe und einer geordneten Rechtspflege, dass das für den Vertrag zuständige Gericht über die Folgen seiner Ungültigkeit, seiner Nichterfüllung oder seiner „Übererfüllung“ und insbesondere über die daraus folgende Rückgewähr befinden kann(44). Insbesondere darf die Zuständigkeit nicht davon abhängen, ob der Kläger als Reaktion auf die Nichterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung durch den Beklagten Schadensersatz begehrt oder vom Vertrag zurücktritt und die Rückgewähr der ausgetauschten Leistungen begehrt(45). Darüber hinaus geht die Entscheidung über solche Klagen auf Rückgewähr im Wesentlichen damit einher, dass sich das angerufene Gericht bei der Würdigung der entsprechenden Beweise mit Fragen vertraglicher Art befassen muss (so beispielsweise gegebenenfalls mit dem Inhalt der in Rede stehenden vertraglichen Verpflichtung, ihrer Gültigkeit oder der Art, wie sie vom Beklagten zu erfüllen war). Es besteht mithin im Sinne der genannten Vorschrift ein besonders enger Zusammenhang zwischen der Klage und dem Gericht des „Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre“(46).

52.      Außerdem bestimmt zum einen Art. 12 Abs. 1 Buchst. c und e der Rom‑I-Verordnung, dass das auf einen Vertrag anzuwendende Recht (die sogenannte „lex contractus“) jeweils für die Folgen der Nichterfüllung der vertraglichen Verpflichtungen und für die Folgen der Nichtigkeit des Vertrags maßgeblich ist. Der Unionsgesetzgeber hat sich daher für den „vertraglichen“ Charakter von Klagen auf Rückgewähr infolge von Rücktritt oder Ungültigkeit eines Vertrags sowie der ihnen zugrunde liegenden Verpflichtungen ausgesprochen. Zum anderen geht aus Art. 10 Abs. 1 der Rom‑II-Verordnung hervor, dass dann, wenn ein außervertragliches Schuldverhältnis aus ungerechtfertigter Bereicherung an ein bereits zwischen den Parteien bestehendes Vertragsverhältnis anknüpft – typischerweise, wenn ein Vertragsschuldner bei der Begleichung einer Schuld eine Überzahlung leistet –, dasjenige Recht anzuwenden ist, dem dieses Rechtsverhältnis unterliegt, d. h. die lex contractus. Die Kohärenz zwischen diesen beiden Verordnungen und der Brüssel‑I-Verordnung ist somit weitestgehend gewährleistet.

2.      Auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klagen auf Herausgabe fallen nicht unter die Wendung „unerlaubte Handlung oder Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“

53.      Was nun Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung anbelangt, so weise ich darauf hin, dass sich aus der oben in Nr. 39 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechungslinie im Nachgang des Urteils Kalfelis zwei kumulative Voraussetzungen ergeben: Bei einer Klage bilden „eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“ im Sinne von Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung den Gegenstand des Verfahrens, wenn zum einen „mit [ihr] eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird“ und sie zum anderen „nicht an einen ‚Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag‘ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 dieser Verordnung anknüpft“.

54.      Aus dem vorangegangenen Abschnitt ergibt sich, dass auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klagen auf Herausgabe nicht an die Wendung „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ anknüpfen, da sie auf keiner „freiwillig eingegangenen rechtlichen Verpflichtung“, sondern auf einer „außervertraglichen Verpflichtung“ beruhen – es sei denn, sie sind eng mit einem früheren Vertragsverhältnis verbunden, das zwischen den Parteien des Rechtsstreits besteht oder bestehen soll.

55.      Es bleibt daher zu prüfen, ob mit einer solchen Klage im Sinne der Rechtsprechungslinie Kalfelis „eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird“.

56.      Wie ich bereits ausgeführt habe, teile ich diese Ansicht ebenso wenig, wie dies die kroatische Regierung tut(47).

57.      Erstens weise ich darauf hin, dass Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung dem Gericht „des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“, die Zuständigkeit verleiht, wenn „eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden“. Die Feststellung eines solchen „schädigenden Ereignisses“ ist daher bei der Anwendung dieser Vorschrift unerlässlich. Es handelt sich somit um eine Voraussetzung für jede Klage, bei der „eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“ den Gegenstand des Verfahrens bilden.

58.      Beginnend mit dem Urteil Bier(48) hat der Gerichtshof den Begriff „schädigendes Ereignis“ im Sinne von Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung in zwei verschiedene gedankliche Konzepte unterteilt: den „Schaden“ (bzw. anders ausgedrückt, die „Schädigung“) und das „dem Schaden zugrunde liegende ursächliche Geschehen“(49). In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof auf die Tatbestandsmerkmale der außervertraglichen Haftung Bezug genommen, wie sie aus den allgemeinen Grundsätzen hervorgehen, die sich aus den nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten ergeben(50). Er hat somit entschieden, dass „eine Haftung aus unerlaubter Handlung [oder aus einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist,] nur in Betracht [kommt], wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Schaden und dem ihm zugrunde liegenden Ereignis feststellbar ist“(51).

59.      Folglich soll mit einer Klage im Sinne des Urteils Kalfelis „eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht werden“, wenn sie sich auf ein „schädigendes Ereignis“ stützt, das dem Beklagten zugerechnet werden kann und dem Kläger einen Schaden verursacht hat(52). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs und den in der vorigen Randnummer genannten allgemeinen Grundsätzen ist solch ein „schädigendes Ereignis“ ein rechtswidriges Handeln, d. h eine Handlung oder Unterlassung, die gegen eine Pflicht oder ein Verbot verstößt, die bzw. das jedermann gesetzlich auferlegt ist, und einem anderen einen Schaden zufügt(53).

60.      Das vorlegende Gericht möchte jedoch wissen, ob die in Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung in mehreren Sprachfassungen vorgenommene Unterscheidung zwischen der „unerlaubten Handlung“ und der „Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist“, es nicht erfordert, den Anwendungsbereich dieser Vorschrift in einem weiteren Sinne auszulegen. In diesem Zusammenhang neigt es zu der Auffassung, dass der zweite Begriff, anders als der erste, auch andere Rechtstatsachen als „schädigende Ereignisse“ umfassen könnte.

61.      Meiner Ansicht nach ist dies nicht der Fall. Der Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung zu Recht niemals zwischen „unerlaubter Handlung“ und „Handlungen, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt sind“, unterschieden. Abgesehen davon, dass diese Unterscheidung nicht in allen Sprachfassungen dieser Verordnung gemacht wird(54), soll dadurch, dass mehrere Sprachfassungen die Wendung „Handlungen, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt sind“, enthalten, der Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht erweitert werden. Es handelt sich hier in Wirklichkeit um ein dem französischen Recht entliehenes Konzept, das die Besonderheit aufweist, dass die zivilrechtliche Haftung für vorsätzliche Handlungen (délits) von der Haftung für schädigende Ereignisse getrennt wird, die durch Unvorsichtigkeit oder Fahrlässigkeit verursacht werden (quasi-délits)(55). Alles in allem soll dieser Begriff in den betreffenden Sprachfassungen bloß ausdrücken, dass diese Vorschrift „schädigende Ereignisse“ abdeckt, unabhängig davon, ob sie aufgrund von Vorsatz oder Fahrlässigkeit eingetreten sind(56). „Unerlaubte Handlungen“ und „Handlungen, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt sind“, sind zwei Ausprägungen der genannten „Ereignisse“. Wie das vorlegende Gericht selbst ausführt, würde dieser Art. 5 Nr. 3 kein Zuständigkeitskriterium für die betreffenden Klagen liefern, wenn der Begriff „Handlungen, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt sind“, andere Arten von Rechtstatsachen umfasste.

62.      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass im Sinne des Urteils Kalfelis mit einer Klage „eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird“ und dass sie daher an „unerlaubte Handlungen oder Handlungen, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt sind“, im Sinne von Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung anknüpft, wenn die Klage sich auf eine außervertragliche Verpflichtung stützt, die, wie ich in Nr. 41 der vorliegenden Schlussanträge erläutert habe, ihren Ursprung in einem „schädigenden Ereignis“ („unerlaubte Handlung“ oder „Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist“) im Sinne der Definition in Nr. 59 der vorliegenden Schlussanträge hat(57). Hingegen fällt eine auf eine außervertragliche Verpflichtung gestützte Klage, die ihren Ursprung in einer anderen Rechtstatsache als einem „schädigenden Ereignis“ hat, nicht unter diese Vorschrift. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Vorschrift nicht alle außervertraglichen Verpflichtungen umfasst, sondern eine Unterkategorie von ihnen, die ich als „Verpflichtungen aus unerlaubter Handlung oder aus Handlungen, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt sind“, einstufen werde.

63.      Wenn sich auch somit die Kategorie der „unerlaubten Handlung oder Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist“, in ihrer Auslegung im Urteil Kalfelis auf sehr vielfältige Typen der Schadensersatzpflicht erstreckt(58), handelt es sich indessen entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht um eine „Auffangkategorie“, in der alle auf eine zivilrechtliche oder handelsrechtliche Verpflichtung gestützten Klagen enthalten sind, die nicht im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Brüssel‑I-Verordnung einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ zum Gegenstand haben(59). In diesem Urteil hat der Gerichtshof einzig und allein festgestellt, dass sich die vorgenannte Vorschrift und Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung gegenseitig ausschließen, da ein und derselbe zivilrechtliche Haftungsanspruch nicht gleichzeitig unter beide Vorschriften fallen kann(60). Dessen ungeachtet gibt es auch Klagen, die an keine dieser beiden Bestimmungen anknüpfen, weil sie sich auf Verpflichtungen stützen, die weder „vertraglich“ noch „deliktisch oder quasideliktisch“ sind.

64.      Zweitens beruht eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe zwar im Prinzip auf einer außervertraglichen Verpflichtung(61), doch hat diese Verpflichtung ihren Ursprung nicht in einem dem Beklagten zurechenbaren „schädigenden Ereignis“ im Sinne von Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung(62). Wie das vorlegende Gericht im Wesentlichen ausgeführt hat, kann nämlich die ungerechtfertigte Bereicherung nicht als ein solches „Ereignis“ angesehen werden. Entgegen dem Vorbringen der tschechischen Regierung und der Kommission handelt es sich daher im Sinne dieser Vorschrift nicht um eine „Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist“.

65.      Die Verpflichtung zur Herausgabe, auf der eine solche Klage beruht, ergibt sich aus der Bereicherung des Beklagten bei gleichzeitigem Fehlen (bzw. im vorliegenden Fall bei nachträglichem Wegfall) eines sie rechtfertigenden „rechtlichen Grundes“(63). Mithin setzt eine solche Klage, wie die kroatische Regierung zu Recht geltend macht, keinerlei dem Beklagten zuzurechnende schadensstiftende Handlung oder Unterlassung voraus. Die fragliche Verpflichtung entsteht spontan und ist unabhängig von seinem Verhalten(64).

66.      Die tschechische Regierung entgegnet im Wesentlichen, das die Bereicherung verursachende Ereignis, nämlich im vorliegenden Fall das von der Beklagten betriebene Vollstreckungsverfahren, das später für unzulässig erklärt worden sei, sei einem „schädigenden Ereignis“ im Sinne von Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung gleichzusetzen.

67.      Meiner Ansicht nach ist diese Gleichstellung jedoch nicht geboten. Zunächst hat die Verpflichtung, die einer auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützten Klage auf Herausgabe zugrunde liegt, streng genommen ihren Ursprung nicht in dem diese Bereicherung verursachenden Ereignis, sondern in der Bereicherung selbst. Sodann ist dieses verursachende Ereignis nicht immer dem Beklagten zurechenbar. Sehr oft wird es vielmehr dem Kläger zuzurechnen sein – der beispielsweise irrtümlich einen nicht geschuldeten Geldbetrag überwiesen hat. Schließlich ist im vorliegenden Fall zwar die Durchführung des Vollstreckungsverfahrens auf Veranlassung der Beklagten des Ausgangsverfahrens erfolgt, allerdings kann dies nicht als „schädigendes Ereignis“ angesehen werden, da eine solche Handlung nicht rechtswidrig ist und im rechtlichen Sinn des Wortes die Klägerin des Ausgangsverfahrens nicht „geschädigt“ hat.

68.      Die Kommission wiederum erwidert, das „schädigende Ereignis“ im Sinne von Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung bestehe darin, dass es die Beklagte des Ausgangsverfahrens unter Verstoß gegen Art. 1111 des Gesetzes über das Schuldrecht versäumt habe, die streitige Bereicherung an die Klägerin des Ausgangsverfahrens herauszugeben(65).

69.      Dieses Vorbringen vermag nicht durchzudringen. Die vermeintliche Verpflichtung zur Herausgabe bestand nämlich definitionsgemäß schon vor einer etwaigen Weigerung der Beklagten des Ausgangsverfahrens, sie zu erfüllen. Davon auszugehen, dass sich diese Verpflichtung aus dem Verhalten Letzterer ergibt, liefe somit auf einen Zirkelschluss hinaus. Die fragliche Verpflichtung wurzelt schon im Vorfeld: Ich weise darauf hin, dass sie zum Zeitpunkt des Eintritts der ungerechtfertigten Bereicherung (bzw. im vorliegenden Fall zu dem Zeitpunkt, als das Vollstreckungsverfahren ex tunc für unzulässig erklärt wurde) entstand.

70.      Wenn im Übrigen schon die bloße Tatsache, dass ein Beklagter eine zuvor bestehende Verpflichtung nicht erfüllt hat, als „schädigendes Ereignis“ einzustufen wäre, hätte Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung einen überaus weiten Anwendungsbereich, da eine Klage in Zivil- und Handelssachen im Allgemeinen mit der Nichterfüllung einer angeblichen Verpflichtung durch den Beklagten begründet wird(66).

71.      Entgegen dem Vorbringen der Kommission ist der Sachverhalt nicht mit dem vergleichbar, der in der Rechtssache in Rede stand, in der das Urteil Austro-Mechana(67) ergangen ist, auf das sich das vorlegende Gericht ebenfalls beruft. Die Umstände dieser Rechtssache sind meines Erachtens sehr speziell.

72.      Es ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in diesem Urteil entschieden hat, dass bei einer Klage auf Zahlung eines „gerechten Ausgleichs“ nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft(68), wie sie von Austro-Mechana, einer Verwertungsgesellschaft für Urheberrechte, gegen die Amazon-Gesellschaften erhoben wurde, eine „unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“ im Sinne von Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung den Gegenstand des Verfahrens bilden(69). Diese Klage war auf die Verpflichtung, diesen „Ausgleich“ zu zahlen, gestützt, die Amazon im österreichischen Recht aufgrund des gewerbsmäßigen Inverkehrbringens von Trägermaterial im österreichischen Hoheitsgebiet auferlegt wurde(70). Dabei ging es nicht um ein rechtswidriges Handeln. Gleichwohl trug dieses Verhalten zu dem Schaden bei, der den Rechtsinhabern durch das Anfertigen von Privatkopien ihrer Schutzgegenstände entstand. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs besteht der Zweck dieses „Ausgleichs“ aber darin, den Schaden wiedergutzumachen. Austro-Mechana als Verwertungsgesellschaft zog diesen „Ausgleich“ für die von ihr vertretenen Rechtsinhaber ein. Der von dieser Gesellschaft geltend gemachte Schaden war daher in Wirklichkeit der Schaden dieser Rechtsinhaber. Wenn man alle Faktoren berücksichtigt, hatte die Verpflichtung, auf die sich die Klage stützte, letztlich durchaus in einem „schädigenden Ereignis“ ihren Ursprung(71). Abgesehen davon waren die österreichischen Gerichte am besten in der Lage, den diesen Rechtsinhabern durch die von den österreichischen Verbrauchern angefertigten Privatkopien entstandenen Schaden zu beurteilen (der vom Umfang des von den Amazon-Gesellschaften in Österreich verkauften Trägermaterials abhing) und somit über die Höhe des von diesen Gesellschaften zu zahlenden „gerechten Ausgleichs“ zu entscheiden(72).

73.      Drittens wird die Auslegung, wonach eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe nicht unter Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung fällt, meines Erachtens durch eine weitere Passage des Urteils Kalfelis bestätigt. Ich weise darauf hin, dass in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, ein Kunde nach erfolglosen Börsengeschäften seine Bank in Anspruch genommen und in diesem Zusammenhang kumulativ Ansprüche geltend gemacht hatte, die auf drei Arten von Grundlagen gestützt waren, und zwar auf vertragliche Haftung, auf Haftung aus unerlaubter Handlung und schließlich auf ungerechtfertigte Bereicherung. In diesem Zusammenhang wollte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof insbesondere wissen, ob eine Annexzuständigkeit des nach Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung für die Entscheidung über einen Anspruch aus unerlaubter Handlung zuständigen Gerichts für Klageansprüche bestand, die auf die vertragliche Haftung und auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützt waren.

74.      Der Gerichtshof hat auf diese Frage geantwortet, „dass ein Gericht, das nach [Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung] für die Entscheidung über eine Klage unter einem auf deliktischer Grundlage beruhenden Gesichtspunkt zuständig ist, nicht auch zuständig ist, über diese Klage unter anderen, nicht deliktischen Gesichtspunkten zu entscheiden“(73). In dem in der vorstehenden Nummer dargestellten Kontext verweist der Ausdruck „nicht deliktische Gesichtspunkte“ implizit, aber notwendigerweise auf die vertragliche Haftung und auf die ungerechtfertigte Bereicherung.

75.      Viertens bin ich im Gegensatz zur tschechischen Regierung und zur Kommission der Ansicht, dass die Rom‑II-Verordnung die in den vorliegenden Schlussanträgen vorgeschlagene Auslegung nicht entkräftet, sondern vielmehr untermauert.

76.      Wenngleich nämlich, wie ich in Nr. 47 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt habe, diese Verordnung in die in ihren Anwendungsbereich fallenden „außervertraglichen Schuldverhältnisse“ auch Verpflichtungen einbezieht, die ihren Ursprung in einer ungerechtfertigten Bereicherung haben, fallen diese innerhalb der Verordnung in eine spezielle Kategorie(74).

77.      Genauer gesagt, enthält die Rom‑II-Verordnung zum einen in ihrem Kapitel II die auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus „unerlaubter Handlung“ anwendbaren Vorschriften. Dieser Begriff muss meines Erachtens die gleiche Bedeutung haben wie der in Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung enthaltene(75). Daher geht es dort um die „Verpflichtungen aus unerlaubter Handlung oder aus Handlungen, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt sind“, von denen ich in Nr. 62 der vorliegenden Schlussanträge gesprochen habe(76). Das genannte Kapitel II deckt daher insgesamt die gleichen Verpflichtungen ab wie dieser Art. 5 Nr. 3(77).

78.      Zum anderen sind in der Rom‑II-Verordnung in Kapitel III die Regeln für außervertragliche Schuldverhältnisse aufgeführt, die sich aus „einer anderen Handlung als aus unerlaubter Handlung“ ergeben(78). Klagen, die auf die fraglichen Verpflichtungen gestützt werden, sollten definitionsgemäß nicht von Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung erfasst werden(79). Dieses Kapitel III beinhaltet aber die ungerechtfertigte Bereicherung. Diese Einstufung bestätigt mithin, dass die Verpflichtung zur Herausgabe, die einer auf eine solche Bereicherung gestützten Klage zugrunde liegt, ihren Ursprung nicht in einem „schädigenden Ereignis“ im Sinne dieses Art. 5 Nr. 3 hat(80).

79.      Nach alledem bin ich der Ansicht, dass auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klagen auf Herausgabe nicht unter Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung fallen(81).

80.      Entgegen dem Vorbringen der tschechischen Regierung führt diese Auslegung zu keiner Rechtsverweigerung. In den Situationen, in denen Art. 5 Nr. 1 dieser Verordnung nicht anwendbar ist(82), folgt daraus lediglich, dass für den Rechtsuchenden bei der Erhebung einer Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung, die nach der allgemeinen in Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehenen Regel vor den Gerichten des Mitgliedstaats zu erheben sein wird, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, eine Zuständigkeitsoption wegfällt(83).

81.      Im Übrigen steht dieses Ergebnis erstens völlig im Einklang mit dem System der Brüssel‑I-Verordnung. Ich weise darauf hin, dass diese gerade auf dem Grundsatz des Gerichtsstands des Wohnsitzes des Beklagten beruht(84). Insoweit hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass diese allgemeine Regel, die Ausdruck des Rechtssprichworts actor sequitur forum rei ist(85), dadurch zu erklären ist, dass sich der Beklagte grundsätzlich vor den Gerichten seines Wohnorts leichter verteidigen kann(86). Diese Entscheidung, den Beklagten zu bevorzugen, wird wiederum dadurch gerechtfertigt, dass er sich im Allgemeinen im Verfahren in einer schwächeren Position befindet, da er nicht die Initiative ergriffen hat und der Klage des Klägers ausgesetzt ist(87).

82.      Somit kann man nicht, wie die Kommission es tut, behaupten, dass im Bereich von zivil- und handelsrechtlichen Schuldverhältnissen kein „rechtliches Vakuum“ zwischen Art. 5 Nr. 1 und Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung bestehen sollte und dass es daher stets eine Alternative zur Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats des Wohnsitzes des Beklagten geben sollte. Wenn die in diesen Vorschriften vorgesehenen zusätzlichen Gerichtsstände stets verfügbar wären, würde die allgemeine Regelung in den Hintergrund treten und der Kläger entgegen dem Willen des Unionsgesetzgebers in großem Umfang bevorzugt(88).

83.      Vielmehr hat der Gerichtshof, wie ich soeben erläutert habe, wiederholt entschieden, dass Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung als Ausnahme von der allgemeinen Regel eng auszulegen ist, so dass „eine Auslegung …, die über die in dieser Verordnung ausdrücklich geregelten Fälle hinausgeht“, unzulässig ist(89). Eine derart weit gefasste Lesart des Begriffs „schädigendes Ereignis“, wie sie die tschechische Regierung oder die Kommission vorschlägt, liefe aber gerade darauf hinaus, diese Vorschrift auf einen Fall anzuwenden, den sie nicht ausdrücklich vorsieht, nämlich auf die ungerechtfertigte Bereicherung(90).

84.      Zweitens bin ich nicht davon überzeugt, dass die Ziele der räumlichen Nähebeziehung und einer geordneten Rechtspflege, die Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung(91) zugrunde liegen, eine andere Auslegung verlangen.

85.      Abgesehen davon, dass es diese Ziele jedenfalls nicht erlauben, sich über den Wortlaut dieses Art. 5 Nr. 3 hinwegzusetzen, bezweifle ich nämlich, dass es im vorliegenden Fall eine „besonders enge“ Verbindung zwischen der in Rede stehenden Klage des Ausgangsverfahrens und dem von der Klägerin des Ausgangsverfahrens angerufenen kroatischen Gericht gibt und dass dieses Gericht daher notwendigerweise geeigneter wäre als die deutschen Gerichte, über das Vorbringen dieser Gesellschaft zu entscheiden, d. h. festzustellen, ob die Voraussetzungen für eine solche Bereicherung erfüllt sind(92), vor allem im Hinblick auf die Erhebung und Würdigung der insoweit relevanten Beweise.

86.      Das vorlegende Gericht, dem sich die tschechische Regierung und die Kommission anschließen, ist der Auffassung, dass dies deswegen der Fall sei, weil das diese Bereicherung verursachende Ereignis, nämlich das von der Rechtsvorgängerin von BP EUROPA eingeleitete Vollstreckungsverfahren, in Kroatien stattgefunden habe. Alle relevanten Tatsachen seien daher mit diesem Land verbunden, während sich nur der Wohnsitz der Beklagten des Ausgangsverfahrens in Deutschland befinde.

87.      Allerdings geht es bei der Entscheidung über eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe vor allem darum, zu ermitteln, ob eine solche Bereicherung überhaupt stattgefunden hat. Somit scheinen nicht die Gerichte des Ortes, an dem das die Bereicherung verursachende Ereignis stattgefunden hat, sondern jene des Ortes, an dem sich der Beklagte angeblich bereichert hat, am besten geeignet zu sein, über eine solche Klage zu entscheiden.

88.      Entsprechend sieht Art. 10 Abs. 3 der Rom‑II-Verordnung vor, dass auf das außervertragliche Schuldverhältnis das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem „die ungerechtfertigte Bereicherung eingetreten ist“, wenn es zwischen den Parteien kein bestehendes Rechtsverhältnis gibt und sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in demselben Staat haben. Es geht somit nicht um das Land, in dem das die Bereicherung verursachende Ereignis stattgefunden hat, sondern um das Land, in dem der Beklagte den in Rede stehenden wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat. Bei einer Überweisung auf ein Bankkonto wie im vorliegenden Fall ist das Land der Bereicherung jenes, in dem sich das Bankinstitut befindet, bei dem dieses Konto geführt wird(93).

89.      Es ist wahrscheinlich, dass sich dieser Ort im vorliegenden Fall in Deutschland befindet(94). Die Gerichte des Mitgliedstaats des Wohnsitzes der Beklagten sind somit am besten in der Lage, zu beurteilen, ob diese Bereicherung tatsächlich stattgefunden hat, soweit sie dem Ort entsprechen, an dem die Bereicherung erfolgt ist(95). Daraus folgt meines Erachtens, dass es im Allgemeinen keine „besonders enge“ Verbindung zwischen Klagen aus ungerechtfertigter Bereicherung und einem anderen Gerichtsstand als dem des Wohnsitzes des Beklagten gibt(96).

90.      Im Übrigen wird die praktische Unannehmlichkeit für HRVATSKE ŠUME, BP EUROPA vor den Gerichten des Wohnsitzmitgliedstaats der Beklagten verklagen zu müssen (eine Unannehmlichkeit, die, wie ich betonen möchte, auf dem Willen des Unionsgesetzgebers beruht(97)) durch einen verfahrensrechtlichen Vorteil kompensiert: Sollte die Klage begründet sein und sofern sich das Vermögen der Beklagten des Ausgangsverfahrens in Deutschland befindet, verfügt die Klägerin des Ausgangsverfahrens dann (mit dem von den deutschen Gerichten erlassenen Urteil) bereits über einen nationalen Vollstreckungstitel zur Beitreibung des streitigen Betrags – und muss nicht auf das Exequaturverfahren zurückgreifen, um in diesem Mitgliedstaat ein etwaiges kroatisches Urteil für vollstreckbar erklären zu lassen(98).

V.      Ergebnis

91.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die erste Frage des Visoki trgovački sud Republike Hrvatske (Hohes Handelsgericht, Kroatien) wie folgt zu beantworten:

Art. 5 Nr. 1 und Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sind dahin auszulegen, dass eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe

–        nicht unter die Wendung „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne der erstgenannten Vorschrift fällt, es sei denn, sie ist eng mit einem früheren Vertragsverhältnis verbunden, das zwischen den Parteien des Rechtsstreits besteht oder bestehen soll, und

–        nicht unter die Wendung „unerlaubte Handlung oder … Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“ im Sinne der zweitgenannten Vorschrift fällt.


1      Originalsprache: Französisch.


2      Verordnung des Rates vom 22. Dezember 2000 (ABl. 2001, L 12, S. 1).


3      Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 (ABl. 2012, L 351, S. 1).


4      Genauer gesagt handelte es sich damals um die HRVATSKE ŠUME javno poduzeće za gospodarenje šumama i šumskim zemljištima u Republici Hrvatskoj p.o., Zagreb, deren Rechtsnachfolgerin später die HRVATSKE ŠUME d.o.o., Zagreb, wurde. Da dieser Umstand für die vorliegende Rechtssache ohne Bedeutung ist, werde ich der Einfachheit halber beide Unternehmen als HRVATSKE ŠUME bezeichnen.


5      Das vorlegende Gericht erklärt, dass nach den kroatischen Rechtsvorschriften über das Vollstreckungsverfahren (vgl. insbesondere Art. 58 Nr. 5 des Ovršni zakon [Zwangsvollstreckungsgesetz, Narodne novine, br. 57/96, 29/99, 42/00, 173/03, 194/03, 151/04, 88/05, 121/05, 67/08, 139/10, 154/11 und 70/12)] noch im Rahmen desselben Zwangsvollstreckungsverfahrens ein Antrag auf Herausgabe der rechtsrundlos beigetriebenen Vermögenswerte gestellt werden kann, wenn eine Forderungsvollstreckung betrieben wurde und später die Vollstreckungsmaßnahmen für unzulässig erklärt werden. Ein solcher Antrag muss jedoch spätestens innerhalb eines Jahres nach Abschluss dieses Verfahrens gestellt werden. Im vorliegenden Fall wurde das Urteil des Vrhovni sud (Oberster Gerichtshof) jedoch sechs Jahre nach der Durchführung der streitigen Zwangsvollstreckung erlassen. Folglich musste HRVATSKE ŠUME eine vom ursprünglichen Zwangsvollstreckungsverfahren gesonderte Klage auf Herausgabe erheben.


6      Vgl. Nr. 9 der vorliegenden Schlussanträge.


7      Es ist unstreitig, dass die von HRVATSKE ŠUME erhobene Klage unter die Brüssel‑I-Verordnung fällt. Zunächst fällt diese Klage in ihren sachlichen Anwendungsbereich, weil sie zum einen im Rahmen einer grenzüberschreitenden Streitigkeit erhoben wurde und es dabei zum anderen (a priori) um „Zivil- und Handelssachen“ im Sinne von Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung geht. Sodann fällt diese Klage in den persönlichen Anwendungsbereich dieser Verordnung, da die darin vorgesehenen Zuständigkeitsvorschriften grundsätzlich gelten, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat (vgl. achter Erwägungsgrund dieser Verordnung), und sich der Sitz von BP EUROPA in Deutschland befindet (vgl. Nr. 21 der vorliegenden Schlussanträge). Schließlich fällt diese Klage, wie bereits in Nr. 9 dieser Schlussanträge erläutert, in den zeitlichen Anwendungsbereich dieser Verordnung.


8      Nach Art. 60 Abs. 1 der Brüssel‑I-Verordnung haben Gesellschaften für die Anwendung dieser Verordnung ihren Wohnsitz u. a. an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz befindet.


9      Vgl. in diesem Sinne Art. 3 Abs. 1 der Brüssel‑I-Verordnung.


10      Ich werde in den vorliegenden Schlussanträgen auf Rechtssachen Bezug nehmen, bei denen es um das am 27. September 1968 in Brüssel unterzeichnete Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32) (im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen), die Brüssel‑I-Verordnung (die dieses Übereinkommen ersetzt hat) und die Brüssel‑Ia-Verordnung ging, ohne zwischen diesen Instrumenten zu unterscheiden. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs lässt sich nämlich dessen Auslegung der Bestimmungen des Brüsseler Übereinkommens und der Brüssel‑I-Verordnung auf die der Brüssel‑Ia-Verordnung übertragen (und umgekehrt), soweit sie „gleichwertig“ sind. Dies ist namentlich zum einen bei Art. 5 Nrn. 1 und 3 der ersten beiden Rechtsinstrumente und zum anderen bei Art. 7 Nrn. 1 und 2 des dritten Rechtsinstruments der Fall (vgl. insbesondere Urteil vom 24. November 2020, Wikingerhof [C‑59/19, im Folgenden: Urteil Wikingerhof, EU:C:2020:950, Rn. 20 sowie die dort angeführte Rechtsprechung]).


11      Vgl. Urteile vom 27. September 1988, Kalfelis (189/87, im Folgenden: Urteil Kalfelis, EU:C:1988:459), vom 28. März 1995, Kleinwort Benson (C‑346/93, EU:C:1995:85), vom 11. April 2013, Sapir u. a. (C‑645/11, EU:C:2013:228), vom 20. April 2016, Profit Investment SIM (C‑366/13, EU:C:2016:282), vom 28. Juli 2016, Siemens Aktiengesellschaft Österreich (C‑102/15, EU:C:2016:607), sowie vom 12. Oktober 2016, Kostanjevec (C‑185/15, EU:C:2016:763).


12      Diese Frage war bereits in den Rechtssachen aufgeworfen worden, in denen die Urteile vom 28. März 1995, Kleinwort Benson (C‑346/93, EU:C:1995:85), und vom 28. Juli 2016, Siemens Aktiengesellschaft Österreich (C‑102/15, EU:C:2016:607), ergangen sind. Im ersten Urteil hat sich der Gerichtshof allerdings für unzuständig erklärt, während er im zweiten Urteil die Ansicht vertreten hat, dass sie nicht zu beantworten war, da die in Rede stehende Klage nicht in den Anwendungsbereich der Brüssel‑I-Verordnung fiel. Jedoch hat Generalanwalt Wahl in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Siemens Aktiengesellschaft Österreich (C‑102/15, EU:C:2016:225, Nrn. 48 bis 75), wichtige Ausführungen zu dieser Frage gemacht, auf die ich mich stützen werde. Schließlich enthält das Urteil Kalfelis diesbezügliche Hinweise, ohne jedoch eine eindeutige Antwort auf diese Frage zu geben (vgl. Nrn. 73 und 74 der vorliegenden Schlussanträge).


13      Zu einer vergleichenden Analyse vgl. Von Bar, C. u. a. (Hrsg.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law. Draft Common Frame of Reference (DCFR) – Interim Outline Edition; prepared by the Study Group on a European Civil Code and the Research Group on EC Private Law (Acquis Group), Sellier, European Law Publishers, München, 2008, Bd. IV, Buch VII („Unjustified enrichment“), S. 3843 ff., insbesondere S. 3850 bis 3874. Die ungerechtfertigte Bereicherung gibt es auch im materiellen Unionsrecht (vgl. insbesondere Urteil vom 18. Dezember 2014, Somvao, C‑599/13, EU:C:2014:2462, Rn. 35 und 36, und Urteil des Gerichts vom 16. November 2006, Masdar [UK]/Kommission, T‑333/03, EU:T:2006:348, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).


14      Vgl. für eine ähnliche Definition Art. VII.‑1:101 Abs. 1 DCFR.


15      Vgl. insbesondere Schlussanträge des Generalanwalts Mazák in der Rechtssache Masdar (UK)/Kommission (C‑47/07 P, EU:C:2008:342, Nr. 47). Wie das vorlegende Gericht ausführt, geht die ungerechtfertigte Bereicherung auf Condictiones (Condictio indebiti, Condictio sine causa etc.) des Römischen Rechts zurück (vgl. insbesondere Romani, A.‑M., „Enrichissement injustifié“, Répertoire de droit civil, Dalloz, Februar 2018, § 21).


16      Vgl. insbesondere Von Bar, C. u. a., a. a. O., S. 3860 bis 3865.


17      Vgl. Urteil vom 16. Dezember 2008, Masdar (UK)/Kommission (C‑47/07 P, EU:C:2008:726, Rn. 44 und 47), sowie Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Siemens Aktiengesellschaft Österreich (C‑102/15, EU:C:2016:225, Nr. 61).


18      Der Bereicherung liegt eine „Causa“ (im Folgenden: rechtlicher Grund) zugrunde, wenn sie ihre Rechtfertigung in einem Vertrag, einer einseitigen Handlung, einer Rechtspflicht, einer Gerichtsentscheidung etc. findet (vgl. insbesondere Urteil vom 16. Dezember 2008, Masdar [UK]/Kommission, C‑47/07 P, EU:C:2008:726, Rn. 46). Zudem wird eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe regelmäßig nur subsidiär erhoben, d. h. dann, wenn der Entreicherte über keinen anderen Rechtsbehelf verfügt, das ihm Zustehende zu erlangen (vgl. insbesondere Schlussanträge des Generalanwalts Mazák in der Rechtssache Masdar [UK]/Kommission, C‑47/07 P, EU:C:2008:342, Nrn. 47 und 48).


19      Vgl. Nrn. 12 bis 15 der vorliegenden Schlussanträge.


20      Auch die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die sich aus den nationalen Rechtsordnungen ergeben, sind von Bedeutung (vgl. Fn. 50 der vorliegenden Schlussanträge).


21      Vgl. insbesondere Urteile vom 22. März 1983, Peters Bauunternehmung (34/82, EU:C:1983:87, Rn. 9 und 10), Kalfelis (Rn. 15 und 16) sowie Wikingerhof (Rn. 25).


22      Vgl. insbesondere Urteil Kalfelis (Rn. 19), Urteil vom 27. Oktober 1998, Réunion européenne u. a. (C‑51/97, EU:C:1998:509, Rn. 16), sowie Urteil Wikingerhof (Rn. 26).


23      Die in der Brüssel‑I-Verordnung vorgesehenen Zuständigkeitsregeln zielen allgemein darauf ab, Rechtssicherheit zu gewährleisten und in diesem Zusammenhang den Rechtsschutz der im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten niedergelassenen Personen zu stärken. Aus diesem Grund müssen diese Regeln in hohem Maße vorhersehbar sein: Der Kläger muss unschwer feststellen können, vor welchen Gerichten er klagen kann, und der Beklagte muss hinreichend sicher voraussehen können, vor welchen Gerichten er verklagt werden kann (vgl. elfter Erwägungsgrund dieser Verordnung sowie Urteil vom 17. Juni 2021, Mittelbayerischer Verlag, C‑800/19, EU:C:2021:489, Rn. 25 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).


24      Vgl. insbesondere Urteile vom 6. Oktober 1976, Industrie Tessili Italiana Como (12/76, EU:C:1976:133, Rn. 13), vom 20. Februar 1997, MSG (C‑106/95, EU:C:1997:70, Rn. 29), sowie Wikingerhof (Rn. 28 und 37).


25      Urteil vom 17. Juni 1992 (C‑26/91, EU:C:1992:268, Rn. 15).


26      Urteile vom 20. Januar 2005, Engler (C‑27/02, EU:C:2005:33, Rn. 50 und 51), vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 39), sowie vom 11. November 2020, Ellmes Property Services (C‑433/19, EU:C:2020:900, Rn. 37).


27      Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Wikingerhof (C‑59/19, im Folgenden: meine Schlussanträge in der Rechtssache Wikingerhof, EU:C:2020:688, Nr. 36).


28      Vgl. insbesondere Urteil Kalfelis (Rn. 18), Urteil vom 1. Oktober 2002, Henkel (C‑167/00, EU:C:2002:555, Rn. 36), sowie Urteil Wikingerhof (Rn. 23).


29      Vgl. insbesondere Nrn. 6, 39, 46, 49, 90 und 118.


30      Vgl. Urteil Wikingerhof (Rn. 31).


31      Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Wikingerhof (Nr. 49 sowie die dort angeführten Verweise). Zu einer kürzlich erfolgten Anwendung dieses „Tests“ vgl. Urteil vom 25. März 2021, Obala i lučice (C‑307/19, EU:C:2021:236, Rn. 88 und 89).


32      Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 (ABl. 2008, L 177, S. 6).


33      Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 (ABl. 2007, L 199, S. 40).


34      Vgl. Nrn. 77 und 78 der vorliegenden Schlussanträge.


35      Vgl. siebter Erwägungsgrund der Rom‑I-Verordnung und der Rom‑II-Verordnung sowie meine Schlussanträge in der Rechtssache Wikingerhof (Nr. 5).


36      Der Gerichtshof hat diese Definition im Übrigen auch auf die Rom‑I-Verordnung übertragen (vgl. Urteil vom 21. Januar 2016, ERGO Insurance und Gjensidige Baltic, C‑359/14 und C‑475/14, EU:C:2016:40, Rn. 44).


37      Ich weise darauf hin, dass jede Verpflichtung, einschließlich der „vertraglichen Verpflichtung“, ihren Ursprung letztlich im Gesetz hat. Es geht jedoch um die Frage, ob die Verpflichtung dem Schuldner nach dem Gesetz aufgrund eines Vertrags oder einer anderen von ihm freiwillig eingegangenen Verpflichtung auferlegt wird oder unabhängig von einer solchen Verpflichtung besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil Wikingerhof, Rn. 33 und 34). Zu den verschiedenen Arten von freiwilligen Verpflichtungen, die vom Gerichtshof in seiner Rechtsprechung anerkannt wurden, vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Wikingerhof (Nr. 37).


38      Vgl. in diesem Sinne Minois, M., Recherche sur la qualification en droit international privé des obligations, LGDJ, Paris, 2020, S. 263. Ich bin mir durchaus bewusst, dass der Gerichtshof in seinem Urteil vom 14. Mai 2009, Ilsinger (C‑180/06, EU:C:2009:303, Rn. 57), als obiter dictum zu verstehen gegeben hat, dass Klagen „vorvertraglicher oder quasivertraglicher“ Natur systematisch unter Art. 5 Nr. 1 der Brüssel‑I-Verordnung fallen. Meiner Ansicht nach handelt es sich hier jedoch um eine unglückliche Formulierung. Abgesehen davon, dass seit dem Urteil vom 17. September 2002, Tacconi (C‑334/00, EU:C:2002:499), feststeht, dass die vorvertragliche Haftung nicht unter diesen Art. 5 Nr. 1, sondern unter Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung fällt (vgl. Nr. 80 der vorliegenden Schlussanträge), kann die Kategorie der „Quasikontrakte“, die in bestimmten nationalen Rechtsordnungen die ungerechtfertigte Bereicherung beinhaltet (vgl. Nr. 28 der vorliegenden Schlussanträge), aus den von mir dargelegten Gründen nicht generell unter diesen Art. 5 Nr. 1 fallen.


39      Vgl. Urteil vom 21. Januar 2016, ERGO Insurance und Gjensidige Baltic (C‑359/14 und C‑475/14, EU:C:2016:40, Rn. 45 und 46). Vgl. auch entsprechend Urteil vom 16. Dezember 2008, Masdar (UK)/Kommission (C‑47/07 P, EU:C:2008:726, Rn. 48).


40      Die Vorlageentscheidung enthält keine Angaben zu etwaigen Vertragsbeziehungen, die den Hintergrund des Ausgangsverfahrens bilden. Aus ihr geht hervor, dass zum einen THE BURMAH OIL (Deutschland) Gläubigerin von FUTURA war. Die fragliche Forderung hatte vielleicht ihren Ursprung in einem zwischen diesen beiden Gesellschaften bestehenden Vertrag. Zum anderen war FUTURA angeblich Gläubigerin von HRVATSKE ŠUME. Es bestand daher vielleicht auch ein Vertrag zwischen diesen beiden Gesellschaften. Hingegen bestand von vornherein keine vertragliche Beziehung zwischen THE BURMAH OIL (Deutschland) und HRVATSKE ŠUME (vgl. Nr. 12 der vorliegenden Schlussanträge).


41      Urteil vom 20. April 2016 (C‑366/13, EU:C:2016:282, Rn. 55 und 58).


42      Wenn ein Vertrag, aufgrund dessen Leistungen erbracht wurden, für ungültig erklärt wird, verliert die Bereicherung des Empfängers dieser Leistungen ihren „rechtlichen Grund“ (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2008, Masdar [UK]/Kommission, C‑47/07 P, EU:C:2008:726, Rn. 55). In ähnlicher Weise besteht auch für eine Überzahlung, die der Schuldner einer vertraglichen Verpflichtung erbringt, kein „rechtlicher Grund“, weil diese Zahlung gerade über das nach dem rechtlichen Grund Gebotene hinausgeht. Indessen fällt die Rückgewähr infolge des Wegfalls eines Vertrags in bestimmten Rechtsordnungen, u. a. im französischen und im ungarischen Recht, unter besondere vertragliche Vorschriften (vgl. insbesondere Von Bar, C. u. a., a. a. O., S. 3860).


43      Vgl. entsprechend meine Schlussanträge in der Rechtssache Wikingerhof (Nr. 99). Es lässt sich auch vertreten, dass in diesem Zusammenhang die Rückgewährverpflichtung aufgrund des Vertrags, der zwischen den Parteien besteht oder bestehen soll, von Gesetzes wegen auferlegt wird (vgl. Fn. 37 der vorliegenden Schlussanträge).


44      Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache Profit Investment SIM (C‑366/13, EU:C:2015:274, Nrn. 69 bis 82); Briggs, A., Civil Jurisdiction and Judgments, Informa Law, Oxon, 2009, 5. Ausgabe, S. 225 bis 227; Magnus, U., und Mankowski, P., Brussels Ibis Regulation – Commentary, Otto Schmidt, Köln, 2016, S. 174 bis 176; Hartley, T., Civil Jurisdiction and Judgments in Europe – The Brussels I Regulation, the Lugano Convention, and the Hague Choice of Court Convention, Oxford University Press, Oxford, 2017, S. 111; Grušić, U., „Unjust enrichment and the Brussels I Regulation“, International & Comparative Law Quarterly, 2019, Bd. 68, Nr. 4, S. 837 bis 868, insbesondere S. 849 bis 861, sowie Minois, M., a. a. O., S. 322.


45      Im Allgemeinen sollte die Einstufung nicht von der vom Kläger geforderten „Abhilfe“ (remedy) abhängen (vgl. Fn. 82 der vorliegenden Schlussanträge).


46      Vgl. Nr. 36 der vorliegenden Schlussanträge. Da im Rahmen solcher Klagen auf Rückgewähr die „[als Grundlage für die Klage dienende] Verpflichtung“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Brüssel‑I-Verordnung meines Erachtens die vertragliche Verpflichtung ist, die in der Klage als ungültig, vom Beklagten nicht erfüllt oder vom Kläger „übererfüllt“ bezeichnet wird (vgl. Nr. 50 der vorliegenden Schlussanträge), ist das zuständige Gericht das Gericht desjenigen Ortes, an dem diese Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kostanjevec, C‑185/15, EU:C:2016:397, Nr. 64).


47      Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Siemens Aktiengesellschaft Österreich (C‑102/15, EU:C:2016:225, Nr. 58) und meine Schlussanträge in der Rechtssache Wikingerhof (Fn. 66). Vgl. im Gegensatz dazu Schlussanträge des Generalanwalts Darmon in der Rechtssache Shearson Lehman Hutton (C‑89/91, nicht veröffentlicht, EU:C:1992:410, Nr. 102).


48      Urteil vom 30. November 1976 (21/76, EU:C:1976:166).


49      Vgl. Urteil vom 30. November 1976, Bier (21/76, EU:C:1976:166, Rn. 13 bis 15).


50      Vgl. Urteil vom 30. November 1976, Bier (21/76, EU:C:1976:166, Rn. 17). Insoweit hat der Gerichtshof bisweilen entschieden, dass bei der Auslegung der in der Brüssel‑I-Verordnung verwendeten Begriffe die Zielsetzungen und die Systematik der genannten Verordnung sowie die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die sich aus der Gesamtheit der nationalen Rechtsordnungen ergeben, berücksichtigt werden müssen (vgl. insbesondere Urteil vom 25. März 2021, Obala i lučice, C‑307/19, EU:C:2021:236, Rn. 60 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Die in der Brüssel‑I-Verordnung enthaltenen Kategorien übernehmen Begriffe des Zivil‑, Handels- und Verfahrensrechts („Vertrag“, „unerlaubte Handlung“ etc.), deren Sinn sich nicht allein aus den Zielen und dem System dieser Verordnung ableiten lässt. Um diesen Begriffen eine autonome Definition zu geben, lässt sich der Gerichtshof ausdrücklich oder implizit vor allem von diesen allgemeinen Grundsätzen leiten, die es ermöglichen, den „Kern“ jedes dieser Begriffe herauszuarbeiten. In allen unklaren Fällen muss die Einstufung Vorrang haben, die der Zielsetzung und dem System dieser Verordnung am ehesten entspricht (vgl. entsprechend meine Schlussanträge in der Rechtssache Verein für Konsumenteninformation, C‑272/18, EU:C:2019:679, Nr. 47).


51      Urteil vom 30. November 1976, Bier (21/76, EU:C:1976:166, Rn. 16). Vgl. auch Urteile vom 16. Juli 2009, Zuid-Chemie (C‑189/08, EU:C:2009:475, Rn. 28), vom 18. Juli 2013, ÖFAB (C‑147/12, EU:C:2013:490, Rn. 34), sowie vom 21. April 2016, Austro-Mechana (C‑572/14, EU:C:2016:286, Rn. 41).


52      Vgl. Urteil vom 21. April 2016, Austro-Mechana (C‑572/14, EU:C:2016:286, Rn. 39 und 40).


53      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. September 2002, Tacconi (C‑334/00, EU:C:2002:499, Rn. 25 und 27), vom 1. Oktober 2002, Henkel (C‑167/00, EU:C:2002:555, Rn. 41 und 42), vom 18. Juli 2013, ÖFAB (C‑147/12, EU:C:2013:490, Rn. 35 bis 38), sowie vom 21. April 2016, Austro-Mechana (C‑572/14, EU:C:2016:286, Rn. 50) sowie Wikingerhof (Rn. 33, 34 und 36). Die Vorstellung eines rechtswidrigen Handelns ergibt sich aus verschiedenen Sprachfassungen der Brüssel‑I-Verordnung (vgl. insbesondere die Fassung in italienischer Sprache [„in materia di illeciti civili dolosi o colposi“] und die Fassung in niederländischer Sprache [„onrechtmatige daad“] [Hervorhebung hinzugefügt]). Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung auch für bestimmte Fälle verschuldensunabhängiger Haftung gilt, in denen das Gesetz vorsieht, dass bestimmte Tätigkeiten, die ansonsten rechtmäßig sind, bei besonderen Schäden, die anderen zugefügt werden, eine auf der Risikotheorie beruhende Haftung nach sich ziehen. Um diesen besonderen Fall geht es jedoch hier nicht.


54      Nach meinen Untersuchungen ist der Begriff „Handlungen, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt sind“, in Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung in der bulgarischen, der spanischen, der tschechischen, der deutschen, der griechischen, der englischen, der französischen, der kroatischen, der italienischen, der lettischen, der litauischen, der ungarischen, der maltesischen, der polnischen, der rumänischen und der slowenischen Sprachfassung enthalten. Dieser Begriff ist in der dänischen, estnischen, niederländischen, portugiesischen, slowakischen, finnischen und schwedischen Sprachfassung dieser Verordnung nicht enthalten.


55      Vgl. Art. 1241 des französischen Code civil (Bürgerliches Gesetzbuch). Diese Unterscheidung geht im Übrigen klar aus der italienischen Sprachfassung der Brüssel‑I-Verordnung hervor („in materia di illeciti civili dolosi o colposi“) (Hervorhebung hinzugefügt).


56      Vgl. insbesondere Dickinson, A., The Rome II Regulation, Oxford University Press, 2008, S. 347 und 348, sowie Magnus, U., und Mankowski, P., a. a. O., S. 271. Darüber hinaus fallen meines Erachtens auch die Fälle der verschuldensunabhängigen Haftung, die unabhängig von jeglicher Schuldfrage einzig und allein von der Feststellung des schadensstiftenden Ereignisses abhängen, unter diese Vorschrift.


57      Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Wikingerhof (Nr. 46). Aus umgekehrter Sicht hat der Gerichtshof bereits den Begriff „Forderung aus unerlaubter Handlung“ verwendet (Urteil vom 25. Oktober 2012, Folien Fischer und Fofitec, C‑133/11, EU:C:2012:664, Rn. 43).


58      Vgl. Urteil vom 30. November 1976, Bier (21/76, EU:C:1976:166, Rn. 18). Zu verschiedenen Beispielen vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Wikingerhof (Nr. 48).


59      Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Gulmann in der Rechtssache Reichert und Kockler (C‑261/90, nicht veröffentlicht, EU:C:1992:78, Slg. S. 2169), Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache Engler (C‑27/02, EU:C:2004:414, Nrn. 53 bis 57) sowie Schlussanträge des Generalanwalts Bobek in der Rechtssache Feniks (C‑337/17, EU:C:2018:487, Nr. 98). Zwar hat der Gerichtshof in den Urteilen vom 27. Oktober 1998, Réunion européenne u. a. (C‑51/97, EU:C:1998:509, Rn. 24), vom 13. März 2014, Brogsitter (C‑548/12, EU:C:2014:148, Rn. 27), und vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 44), festgestellt, dass für Klagen der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gilt, wenn sie nicht an einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ anknüpfen. Allerdings hat der Gerichtshof dies damit begründet, dass diese Klagen jedenfalls auf einem rechtswidrigen Handeln beruhen, das dem Beklagten zugerechnet werden kann und dem Kläger einen Schaden zufügt. Die einzige Frage war, ob diese Haftung „vertraglich“ oder „deliktisch“ war.


60      Vgl. Urteil Wikingerhof (Rn. 26).


61      Vgl. Nr. 54 der vorliegenden Schlussanträge.


62      Vgl. in diesem Sinne House of Lords (Vereinigtes Königreich), Urteil vom 30. Oktober 1997, Kleinwort Benson Ltd v. City of Glasgow District Council [1997] UKHL 43; Magnus, U., und Mankowski, P., a. a. O., S. 272; Gaudemet-Tallon, H., Compétence et exécution des jugements en Europe, LGDJ, Paris, 4e édition, 2010, S. 219; Grušić, U., a. a. O., S. 86; sowie Minois, M., a. a. O., S. 262 bis 265.


63      Vgl. Nr. 32 der vorliegenden Schlussanträge.


64      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2008, Masdar (UK)/Kommission (C‑47/07 P, EU:C:2008:726, Rn. 49) und Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Siemens Aktiengesellschaft Österreich (C‑102/15, EU:C:2016:225, Nr. 62).


65      Wiedergegeben in Nr. 11 der vorliegenden Schlussanträge.


66      Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Siemens Aktiengesellschaft Österreich (C‑102/15, EU:C:2016:225, Nr. 61). Ein solches Ergebnis stünde im Widerspruch zum Grundsatz der engen Auslegung dieser Vorschrift (vgl. Nr. 83 der vorliegenden Schlussanträge).


67      Urteil vom 21. April 2016 (C‑572/14, EU:C:2016:286).


68      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 (ABl. 2001, L 167, S. 10).


69      Ich weise darauf hin, dass die Mitgliedstaaten, die sich für die Aufnahme der in Bezug auf Kopien zum privaten Gebrauch vorgesehenen Ausnahme vom Vervielfältigungsrecht (sogenannte Privatkopieausnahme) in ihre Rechtsvorschriften entscheiden, verpflichtet sind, die Zahlung eines „gerechten Ausgleichs“ an diese Rechtsinhaber vorzusehen. Wenngleich diesen „Ausgleich“ grundsätzlich die Nutzer, die diese Kopien anfertigen, leisten müssten, können die Mitgliedstaaten auch Personen, die das Trägermaterial für diese Kopien in Verkehr bringen, damit belasten (vgl. Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 und Urteil vom 21. April 2016, Austro-Mechana, C‑572/14, EU:C:2016:286, Rn. 17 bis 26 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).


70      Vgl. Urteil vom 21. April 2016, Austro-Mechana (C‑572/14, EU:C:2016:286, Rn. 37).


71      Dieses Urteil fällt somit in die Kategorie der in Fn. 53 dieser Schlussanträge angesprochenen besonderen Fälle.


72      Vgl. in diesem Sinne meine Schlussanträge in der Rechtssache Austro-Mechana (C‑572/14, EU:C:2016:90, Nr. 93). Eine solche Nähebeziehung gibt es hingegen meines Erachtens im vorliegenden Fall nicht (vgl. Nrn. 84 bis 89 der vorliegenden Schlussanträge).


73      Urteil Kalfelis (Rn. 19) (Hervorhebung hinzugefügt).


74      Dies steht im Einklang damit, dass im materiellen Recht der Mitgliedstaaten die ungerechtfertigte Bereicherung zu einer Kategorie sui generis gehört. (vgl. Nr. 29 der vorliegenden Schlussanträge).


75      In Anbetracht des vom Unionsgesetzgeber zum Ausdruck gebrachten Wunsches nach Kohärenz bei der Auslegung dieser beiden Verordnungen (vgl. Nr. 42 der vorliegenden Schlussanträge).


76      Im Gegensatz zu einigen Sprachfassungen der Brüssel‑I-Verordnung nimmt die Rom‑II-Verordnung nicht auf den Begriff „Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist“, Bezug. Im elften und zwölften Erwägungsgrund der letztgenannten Verordnung wird jedoch klargestellt, dass die darin enthaltenen Kollisionsnormen vor allem für die „Haftung aus unerlaubter Handlung“ und für die „Gefährdungshaftung“ gelten.


77      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juli 2016, Verein für Konsumenteninformation (C‑191/15, EU:C:2016:612, Rn. 39). Nur dass der materielle Anwendungsbereich der Brüssel‑I-Verordnung Ausnahmen enthält, die in der Rom‑II-Verordnung nicht enthalten sind, und umgekehrt.


78      Vgl. 29. Erwägungsgrund der Rom‑II-Verordnung.


79      Ich weise erneut auf Nr. 62 der vorliegenden Schlussanträge hin. Insofern ist der Anwendungsbereich der Rom‑II-Verordnung meines Erachtens weiter als der von Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung. Zwar hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 17. September 2002, Tacconi (C‑334/00, EU:C:2002:499), entschieden, dass bei einer Klage aus vorvertraglicher Haftung eine „unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung“ im Sinne dieser Vorschrift den Gegenstand des Verfahrens bilden, während der Unionsgesetzgeber in Art. 12 der Rom‑II-Verordnung das „Verschulden bei Vertragsverhandlungen“ als „andere Handlung als eine unerlaubte Handlung“ einstuft. Daraus ergibt sich eine gewisse Inkohärenz. Wie der Gerichtshof entschieden hat, ergibt sich die Verpflichtung zum Ersatz des Schadens, der durch einen ungerechtfertigten Abbruch der Verhandlungen verursacht wurde, aus dem dem Beklagten zurechenbaren „schädigenden Ereignis“, nämlich dem Verstoß gegen Rechtsvorschriften, wonach die Parteien bei solchen Verhandlungen nach Treu und Glauben verfahren müssen (vgl. Rn. 25 und 27 dieses Urteils).


80      Die Behauptung der Kommission auf S. 8 der Begründung des am 22. Juli 2003 vorgelegten Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II) [KOM(2003) 427 endg.], wonach die ungerechtfertigte Bereicherung zu den „quasideliktischen“ Schuldverhältnissen gehöre, ist meiner Meinung nach unrichtig. Die „quasideliktischen“ Schuldverhältnisse gehören als „unerlaubte Handlungen“ im Gegensatz zur ungerechtfertigten Bereicherung zu Kapitel II der Rom‑II-Verordnung.


81      Ich weise darauf hin, dass es nicht entscheidend ist, dass eine solche Klage die Herausgabe eines Vermögenswerts zum Gegenstand hat. Wie ich in Nr. 41 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt habe, hängt die Einstufung einer Klage vom Ursprung der Verpflichtung ab, auf die sich diese Klage stützt, nicht von der vom Kläger geforderten „Abhilfe“ (remedy). Somit fallen meines Erachtens auf ein „schädigendes Ereignis“ gestützte Klagen auf Herausgabe (vgl. den Begriff „restitution for wrongdoing“ im Common law) unter Art. 5 Nr. 3 der Brüssel‑I-Verordnung (vgl. in diesem Sinn Magnus, U., und Mankowski, P., a. a. O., S. 272). Gleiches gilt mutatis mutandis im Rahmen der Rom‑II-Verordnung (vgl. Dickinson, A., a. a. O., S. 301 bis 307, 496 und 497).


82      Vgl. Nrn. 44 bis 52 der vorliegenden Schlussanträge.


83      Die Situation unterscheidet sich daher beträchtlich von der, um die es in dem von der tschechischen Regierung angeführten Urteil vom 16. Dezember 2008, Masdar (UK)/Kommission (C‑47/07 P, EU:C:2008:726), ging. In diesem Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass die Unionsgerichte, die nach den Art. 268 und 340 Abs. 2 AEUV für gegen die Union gerichtete Klagen „im Bereich der außervertraglichen Haftung“ ausschließlich zuständig sind, insoweit auch für eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage zuständig sind (vgl. Rn. 48 dieses Urteils). Die gegenteilige Auslegung könnte nach Ansicht des Gerichtshofs zu einer Rechtsverweigerung führen. Da im System des AEU‑Vertrags die nationalen Gerichte für Entscheidungen über die „vertragliche Haftung“ der Union und jene der Union für Entscheidungen über ihre „außervertragliche Haftung“ zuständig sind, hätte eine enge Auslegung des zweiten Begriffs möglicherweise einen negativen Kompetenzkonflikt zur Folge, da dann weder die nationalen noch die Unionsgerichte befugt wären, über eine solche Klage zu entscheiden (vgl. Rn. 49 dieses Urteils). Dieses Problem stellt sich hingegen im System der Brüssel‑I-Verordnung nicht.


84      Vgl. Nr. 35 der vorliegenden Schlussanträge.


85      Diese Maxime drückt den Gedanken aus, dass der Kläger den Beklagten vor den Gerichten des Wohnsitzes des Beklagten verklagen muss.


86      Vgl. insbesondere Urteile vom 17. Juni 1992, Handte (C‑26/91, EU:C:1992:268, Rn. 14), vom 13. Juli 2000, Group Josi (C‑412/98, EU:C:2000:399, Rn. 35), sowie vom 19. Februar 2002, Besix (C‑256/00, EU:C:2002:99, Rn. 52).


87      Vgl. Urteil vom 20. März 1997, Farrell (C‑295/95, EU:C:1997:168, Rn. 19).


88      Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache Engler (C‑27/02, EU:C:2004:414, Nr. 55).


89      Vgl. insbesondere Urteil vom 18. Juli 2013, ÖFAB (C‑147/12, EU:C:2013:490, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).


90      Diese logische enge Auslegung ist umso mehr geboten, als die gegenteilige Lösung in vielen Fällen dazu führen würde, dass dem Gerichtsstand am Wohnsitz des Klägers die Zuständigkeit verliehen würde, wodurch ein forum actoris geschaffen würde, das der in der Brüssel‑I-Verordnung aufgestellten allgemeinen Regel diametral zuwiderliefe (vgl. Urteil vom 19. September 1995, Marinari, C‑364/93, EU:C:1995:289, Rn. 13). Die Kommission schlägt nämlich vor, als „Ort, an dem der Schaden eingetreten ist“, den Ort anzusehen, an dem die Bereicherung dem Kläger hätte herausgegeben werden müssen – was meines Erachtens in den meisten Fällen auf den Wohnsitz des Klägers hinausliefe.


91      Vgl. Nr. 36 der vorliegenden Schlussanträge.


92      Wie in Nr. 31 der vorliegenden Schlussanträge aufgeführt.


93      Vgl. insoweit Commercial Court, Queen’s Bench Division (Vereinigtes Königreich), Urteil vom 15. Juli 2015, Banque Cantonale de Genève v. Polevent Ltd u. a., [2016] 2 W.L.R. 550, § 18, sowie Dickinson, A., a. a. O., S. 503 bis 508. Im Übrigen hat das Parlament im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens als Anknüpfungskriterium das „Recht des Landes, in dem das die ungerechtfertigte Bereicherung begründende Ereignis eingetreten ist, unabhängig davon, in welchem Land die Bereicherung stattgefunden hat“ (Hervorhebung hinzugefügt), vorgeschlagen (vgl. in erster Lesung am 6. Juli 2005 festgelegter Standpunkt des Europäischen Parlaments im Hinblick auf den Erlass der Verordnung [EG] Nr. …/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht [„Rom II“], Dokument P6_TC1-COD[2003]0168). Dieser Vorschlag wurde jedoch letztlich vom Unionsgesetzgeber nicht angenommen.


94      Die Vorlageentscheidung enthält jedoch insoweit keine Klarstellungen.


95      Was den Nachweis der entsprechenden Entreicherung der Klägerin des Ausgangsverfahrens und das Fehlen eines „rechtlichen Grundes“ anbelangt, so scheint mir, dass er im vorliegenden Fall im Urteil des Vrhovni sud (Oberster Gerichtshof) (vgl. Nr. 14 der vorliegenden Schlussanträge) zu finden ist, das in Deutschland anerkannt werden kann, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf (vgl. Art. 33 der Brüssel‑I-Verordnung).


96      Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Siemens Aktiengesellschaft Österreich (C‑102/15, EU:C:2016:225, Nr. 69) sowie House of Lords (Vereinigtes Königreich), Kleinwort Benson Limited v. City of Glasgow District Council, Ausführungen von Lord Goff.


97      Vgl. Nr. 81 der vorliegenden Schlussanträge.


98      Vgl. Art. 38 bis 41 der Brüssel‑I-Verordnung.