Language of document : ECLI:EU:C:2021:985

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

9. Dezember 2021(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Verordnung (EG) Nr. 44/2001 – Art. 5 Nr. 3 – Begriff der ‚Verfahren, die eine unerlaubte Handlung, eine ihr gleichgestellte Handlung oder Ansprüche aus einer solchen Handlung zum Gegenstand haben‘ – Gerichtliches Vollstreckungsverfahren – Auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten – Art. 22 Nr. 5 – Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen – Ausschließliche Zuständigkeit“

In der Rechtssache C‑242/20

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Visoki trgovački sud (Hohes Handelsgericht, Kroatien) mit Entscheidung vom 6. Mai 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Juni 2020, in dem Verfahren

HRVATSKE ŠUME d.o.o., Zagreb, als Rechtsnachfolgerin der HRVATSKE ŠUME javno poduzeće za gospodarenje šumama i šumskim zemljištima u Republici Hrvatskoj p.o., Zagreb

gegen

BP Europa SE als Rechtsnachfolgerin der Deutsche BP AG, diese wiederum Rechtsnachfolgerin der The Burmah Oil (Deutschland) GmbH,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin der Dritten Kammer K. Jürimäe (Berichterstatterin) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, des Kammerpräsidenten S. Rodin sowie des Richters N. Piçarra,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der kroatischen Regierung, vertreten durch G. Vidović Mesarek als Bevollmächtigte,

–        der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und I. Gavrilova als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Heller und M. Mataija als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. September 2021

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Nr. 3 und Art. 22 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der HRVATSKE ŠUME d.o.o., Zagreb, einer Gesellschaft mit Sitz in Kroatien, die Rechtsnachfolgerin der HRVATSKE ŠUME javno poduzeće za gospodarenje šumama i šumskim zemljištima u Republici Hrvatskoj p.o., Zagreb ist, und der BP Europa SE Hamburg, einer Gesellschaft mit Sitz in Deutschland, die Rechtsnachfolgerin der Gesellschaft Deutsche BP AG ist, die ihrerseits wiederum Rechtsnachfolgerin der The Burmah Oil (Deutschland) GmbH ist. Gegenstand des Rechtsstreits ist ein auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützter Anspruch auf Rückgewähr eines ohne rechtlichen Grund in einem später für unzulässig erklärten Vollstreckungsverfahren überwiesenen Betrags.

 Rechtlicher Rahmen

 Verordnung Nr. 44/2001

3        In den Erwägungsgründen 2, 8, 11 und 12 der Verordnung Nr. 44/2001 heißt es:

„(2)      Die Unterschiede zwischen bestimmten einzelstaatlichen Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen erschweren das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts. Es ist daher unerlässlich, Bestimmungen zu erlassen, um die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen zu vereinheitlichen und die Formalitäten im Hinblick auf eine rasche und unkomplizierte Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen aus den durch diese Verordnung gebundenen Mitgliedstaaten zu vereinfachen.

(8)      Rechtsstreitigkeiten, die unter diese Verordnung fallen, müssen einen Anknüpfungspunkt an das Hoheitsgebiet eines der Mitgliedstaaten aufweisen, die durch diese Verordnung gebunden sind. Gemeinsame Zuständigkeitsvorschriften sollten demnach grundsätzlich dann Anwendung finden, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem dieser Mitgliedstaaten hat.

(11)      Die Zuständigkeitsvorschriften müssen in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten, und diese Zuständigkeit muss stets gegeben sein außer in einigen genau festgelegten Fällen, in denen aufgrund des Streitgegenstands oder der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium gerechtfertigt ist. Der Sitz juristischer Personen muss in der Verordnung selbst definiert sein, um die Transparenz der gemeinsamen Vorschriften zu stärken und Kompetenzkonflikte zu vermeiden.

(12)      Der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten muss durch alternative Gerichtsstände ergänzt werden, die entweder aufgrund der engen Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit oder im Interesse einer geordneten Rechtspflege zuzulassen sind.“

4        Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:

„Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.“

5        Art. 3 der Verordnung sieht vor:

„(1)      Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, können vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats nur gemäß den Vorschriften der Abschnitte 2 bis 7 dieses Kapitels verklagt werden.

(2)      Gegen diese Personen können insbesondere nicht die in Anhang I aufgeführten innerstaatlichen Zuständigkeitsvorschriften geltend gemacht werden.”

6        Art. 5, der zu Abschnitt 2 („Besondere Zuständigkeiten“) der Verordnung gehört, lautet:

„Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden:

1.      a)      wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre;

b)      im Sinne dieser Vorschrift – und sofern nichts anderes vereinbart worden ist – ist der Erfüllungsort der Verpflichtung

–        für den Verkauf beweglicher Sachen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen;

–        für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen;

c)      ist Buchstabe b) nicht anwendbar, so gilt Buchstabe a);

3.      wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht;

…“

7        Art. 22, der sich in Abschnitt 6 („Ausschließliche Zuständigkeiten“) der Verordnung Nr. 44/2001 befindet, sieht vor:

„Ohne Rücksicht auf den Wohnsitz sind ausschließlich zuständig:

5.      für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist.“

 Verordnung (EU) Nr. 1215/2012

8        Im 34. Erwägungsgrund der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1) heißt es:

„Um die Kontinuität zwischen dem Brüsseler Übereinkommen [vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32) in der Fassung der Übereinkommen über den Beitritt neuer Mitgliedstaaten zu diesem Übereinkommen, im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen], der Verordnung [Nr. 44/2001] und dieser Verordnung zu wahren, sollten Übergangsvorschriften vorgesehen werden. Dies gilt auch für die Auslegung des [Brüsseler Übereinkommens] und der es ersetzenden Verordnungen durch den Gerichtshof der Europäischen Union.“

9        Art. 66 der Verordnung Nr. 1215/2012 lautet:

„(1)      Diese Verordnung ist nur auf Verfahren, öffentliche Urkunden oder gerichtliche Vergleiche anzuwenden, die am 10. Januar 2015 oder danach eingeleitet, förmlich errichtet oder eingetragen bzw. gebilligt oder geschlossen worden sind.

(2)      Ungeachtet des Artikels 80 gilt die Verordnung [Nr. 44/2001] weiterhin für Entscheidungen, die in vor dem 10. Januar 2015 eingeleiteten gerichtlichen Verfahren ergangen sind, für vor diesem Zeitpunkt förmlich errichtete oder eingetragene öffentliche Urkunden sowie für vor diesem Zeitpunkt gebilligte oder geschlossene gerichtliche Vergleiche, sofern sie in den Anwendungsbereich der genannten Verordnung fallen.“

10      Art. 80 Satz 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 bestimmt:

„Die Verordnung [Nr. 44/2001] wird durch diese Verordnung aufgehoben.“

 Verordnung (EG) Nr. 864/2007

11      Der 7. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II) (ABl. 2007, L 199, S. 40) lautet:

„Der materielle Anwendungsbereich und die Bestimmungen dieser Verordnung sollten mit der Verordnung [Nr. 44/2001] und den Instrumenten, die das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht zum Gegenstand haben, in Einklang stehen.“

12      Art. 2 („Außervertragliche Schuldverhältnisse“) der Verordnung Nr. 864/2007 sieht in Abs. 1 vor:

„Im Sinne dieser Verordnung umfasst der Begriff des Schadens sämtliche Folgen einer unerlaubten Handlung, einer ungerechtfertigten Bereicherung, einer Geschäftsführung ohne Auftrag (‚Negotiorum gestio‘) oder eines Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (‚Culpa in contrahendo‘).“

13      Art. 10 („Ungerechtfertigte Bereicherung“) dieser Verordnung bestimmt:

„(1)      Knüpft ein außervertragliches Schuldverhältnis aus ungerechtfertigter Bereicherung, einschließlich von Zahlungen auf eine nicht bestehende Schuld, an ein zwischen den Parteien bestehendes Rechtsverhältnis – wie einen Vertrag oder eine unerlaubte Handlung – an, das eine enge Verbindung mit dieser ungerechtfertigten Bereicherung aufweist, so ist das Recht anzuwenden, dem dieses Rechtsverhältnis unterliegt.

(2)      Kann das anzuwendende Recht nicht nach Absatz 1 bestimmt werden und haben die Parteien zum Zeitpunkt des Eintritts des Ereignisses, das die ungerechtfertigte Bereicherung zur Folge hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat, so ist das Recht dieses Staates anzuwenden.

(3)      Kann das anzuwendende Recht nicht nach den Absätzen 1 oder 2 bestimmt werden, so ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem die ungerechtfertigte Bereicherung eingetreten ist.

(4)      Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass das außervertragliche Schuldverhältnis aus ungerechtfertigter Bereicherung eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen als dem in den Absätzen 1, 2 und 3 bezeichneten Staat aufweist, so ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.“

14      Art. 12 („Verschulden bei Vertragsverhandlungen“) der Verordnung sieht in Abs. 1 vor:

„Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags, unabhängig davon, ob der Vertrag tatsächlich geschlossen wurde oder nicht, ist das Recht anzuwenden, das auf den Vertrag anzuwenden ist oder anzuwenden gewesen wäre, wenn er geschlossen worden wäre.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

15      Gemäß einem Vollstreckungsbeschluss des Trgovački sud u Zagrebu (Handelsgericht Zagreb, Kroatien) ließ die Beklagte des Ausgangsverfahrens am 11. März 2003 im Wege der Zwangsvollstreckung eine Forderung in Höhe von 3 792 600,87 kroatischen Kunas (HRK) (etwa 500 000 Euro) durch Belastung des Kontos der Klägerin des Ausgangsverfahrens beitreiben. Diese leitete daraufhin ein Verfahren ein, um die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklären zu lassen. Im Rahmen dieses Verfahrens erließ der Vrhovni sud (Oberster Gerichtshof, Kroatien) am 21. Mai 2009 ein in Rechtskraft erwachsenes Urteil, in dem er feststellte, dass diese Vollstreckung unzulässig sei. Die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die ungerechtfertigt bereichert sei, sei daher verpflichtet, der Klägerin des Ausgangsverfahrens die rechtsgrundlos gezahlten Beträge zuzüglich der gesetzlichen Zinsen herauszugeben.

16      Im Anschluss an dieses Urteil konnte die Klägerin des Ausgangsverfahrens nach den nationalen Verfahrensvorschriften im Rahmen desselben Vollstreckungsverfahrens keinen Antrag auf Herausgabe stellen, da die Frist, wonach ein solcher Antrag binnen eines Jahres ab dem Tag der Vollstreckung zu stellen war, abgelaufen war. Daraufhin leitete sie am 1. Oktober 2014 ein gesondertes gerichtliches Verfahren auf Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten beim Trgovački sud u Zagrebu (Handelsgericht Zagreb, Kroatien) ein, das sich nach den Bestimmungen der Verordnung Nr. 1215/2012 für unzuständig erklärte. Es war nämlich der Ansicht, dass, da davon auszugehen sei, dass keine spezifische Zuständigkeitsnorm eingreife, die allgemeine Regel für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit anzuwenden sei und dass daher die Gerichte des Wohnsitzmitgliedstaats der Beklagten des Ausgangsverfahrens, d. h. die deutschen Gerichte, international zuständig seien.

17      Die Klägerin des Ausgangsverfahrens legte gegen den Beschluss des Trgovački sud u Zagrebu (Handelsgericht Zagreb) ein Rechtsmittel beim Visoki trgovački sud (Hohes Handelsgericht, Kroatien), dem vorlegenden Gericht in der vorliegenden Rechtssache, ein. Nach Ansicht dieses Gerichts hat das erstinstanzliche Gericht zu Unrecht die Verordnung Nr. 1215/2012 angewandt, da diese Verordnung nach ihrem Art. 66 Abs. 1 nur auf Verfahren anzuwenden sei, die am 10. Januar 2015 oder danach eingeleitet worden seien, wohingegen das Ausgangsverfahren vor diesem Datum eingeleitet worden sei. Die Verordnung Nr. 44/2001 sei daher in zeitlicher Hinsicht anwendbar.

18      Gleichwohl äußert das vorlegende Gericht erstens Zweifel an der richtigen Auslegung der Wendung „Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“, und bringt seine Bedenken hinsichtlich der Auslegung von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 zum Ausdruck. Es führt aus, dass sich das Rechtsinstitut der ungerechtfertigten Bereicherung den Handlungen, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt seien, zuordnen lasse, was grundsätzlich die Anwendung dieser Bestimmung im Ausgangsverfahren rechtfertige und die internationale Zuständigkeit der kroatischen Gerichte begründe. Die Anwendung dieser Bestimmung sei jedoch insofern schwierig, als der darin vorgesehene Anknüpfungspunkt das schädigende Ereignis sei und im Fall der ungerechtfertigten Bereicherung kein schädigendes Ereignis vorliege.

19      In der Rechtsprechung des Gerichtshofs werde diese Frage nicht beantwortet, obwohl bestimmte Gesichtspunkte von Bedeutung sein könnten. Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass sich insbesondere nach dem Urteil vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37), die Wendung „unerlaubte Handlung oder … Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“ auf jede Klage beziehe, mit der eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht werden solle und die nicht an einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 anknüpfe. Im nämlichen Sinne habe der Gerichtshof im Urteil vom 21. April 2016, Austro-Mechana (C‑572/14, EU:C:2016:286), entschieden, dass Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung dahin auszulegen sei, dass bei einer Klage auf Zahlung eines „gerechten Ausgleichs“ im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. 2001, L 167, S. 10) eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt sei, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bildeten. Hingegen habe der Generalanwalt Wahl in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Siemens Aktiengesellschaft Österreich (C‑102/15, EU:C:2016:225) dem Gerichtshof vorgeschlagen, Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen, dass bei einer auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützten Klage auf Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten keine unerlaubte Handlung und keine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt sei, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bildeten.

20      Zweitens stellt sich das vorlegende Gericht Fragen zur Auslegung von Art. 22 Nr. 5 der Verordnung Nr. 44/2001, der für Verfahren gilt, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, da die vorliegende Klage auf Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten in den Kontext eines Zwangsvollstreckungsverfahrens eingebettet sei. Das vorlegende Gericht weist insoweit darauf hin, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens nur deshalb ein gesondertes streitiges Verfahren eingeleitet habe, weil die im nationalen Recht vorgesehene Frist für einen im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens zu stellenden Antrag auf Herausgabe verstrichen sei.

21      Unter diesen Umständen hat das Visoki trgovački sud (Hohes Handelsgericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Fallen Klagen auf Herausgabe des ohne Rechtsgrund Erlangten, die sich auf ungerechtfertigte Bereicherung stützen, angesichts des Wortlauts von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001, in dem es u. a. heißt: „Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden: … 3. wenn … eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“, unter den Gerichtsstand für „eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“ nach dieser Verordnung?

2.      Fallen Zivilverfahren, die eingeleitet wurden, weil die Geltendmachung eines Anspruchs auf Herausgabe des in einem Vollstreckungsverfahren ohne Rechtsgrund Erlangten im selben Zwangsvollstreckungsverfahren einer zeitlichen Befristung unterliegt, unter den ausschließlichen Gerichtsstand nach Art. 22 Nr. 5 der Verordnung Nr. 44/2001, wonach für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist, ohne Rücksicht auf den Wohnsitz ausschließlich zuständig sind?

 Zu den Vorlagefragen

 Vorbemerkungen

22      Vorab ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 1215/2012 nach ihrem Art. 80 Satz 1 die Verordnung Nr. 44/2001 aufhebt und ersetzt, die ihrerseits das in Rn. 9 des vorliegenden Urteils erwähnte Brüsseler Übereinkommen ersetzt hat. Somit gilt die vom Gerichtshof vorgenommene Auslegung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 1215/2012 oder dieses Übereinkommens auch für die Bestimmungen der Verordnung Nr. 44/2001, soweit die betreffenden Bestimmungen als „gleichwertig“ angesehen werden können. Dies ist bei Art. 5 Nr. 3 des Brüsseler Übereinkommens und Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 einerseits und bei Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 andererseits der Fall (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2020, Wikingerhof, C‑59/19, EU:C:2020:950, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      Was zweitens die Bestimmung der in zeitlicher Hinsicht auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Rechtsvorschriften betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass Art. 66 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 vorsieht, dass die Verordnung Nr. 44/2001 weiterhin für Entscheidungen gilt, die in vor dem 10. Januar 2015 eingeleiteten gerichtlichen Verfahren ergangen sind, für vor diesem Zeitpunkt förmlich errichtete oder eingetragene öffentliche Urkunden sowie für vor diesem Zeitpunkt gebilligte oder geschlossene gerichtliche Vergleiche, sofern sie in den Anwendungsbereich der genannten Verordnung fallen.

24      Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass das Ausgangsverfahren, das die Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten zum Gegenstand hat, am 1. Oktober 2014 bei den kroatischen Gerichten eingeleitet wurde.

25      Daraus folgt, wie das vorlegende Gericht im Übrigen festgestellt hat, dass die Verordnung Nr. 44/2001 in zeitlicher Hinsicht auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbar ist.

 Zur zweiten Frage

26      Mit seiner zweiten Frage, die als Erstes zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 22 Nr. 5 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe in die in dieser Bestimmung vorgesehene ausschließliche Zuständigkeit fällt, wenn diese Klage deshalb erhoben wurde, weil die Frist verstrichen war, innerhalb deren die Herausgabe der in einem Zwangsvollstreckungsverfahren rechtsgrundlos überwiesenen Beträge im Rahmen eben dieses Vollstreckungsverfahrens geltend gemacht werden kann.

27      Während die Verordnung Nr. 44/2001 in ihrem Art. 2 Abs. 1 als allgemeine Regel festlegt, dass die Gerichte des Wohnsitzmitgliedstaats des Beklagten zuständig sind, sieht diese Verordnung auch besondere Regeln vor, die es dem Kläger erlauben, den Beklagten in bestimmten Fällen vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats zu verklagen.

28      Die besonderen Zuständigkeitsregeln, die diese alternativen Gerichtsstände vorsehen, sind allerdings eng auszulegen und erlauben keine Auslegung, die über die in der Verordnung ausdrücklich geregelten Fälle hinausgeht (Urteil vom 4. Oktober 2018, Feniks, C‑337/17, EU:C:2018:805, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Abweichend von der allgemeinen Regel bestimmt Art. 22 Nr. 5 der Verordnung Nr. 44/2001 somit lediglich, dass für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist, ohne Rücksicht auf den Wohnsitz der Parteien ausschließlich zuständig sind. Als Ausnahme von der allgemeinen Zuständigkeitsregel darf diese Bestimmung nicht weiter ausgelegt werden, als es ihre Zielsetzung erfordert (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. März 2018, E.ON Czech Holding, C‑560/16, EU:C:2018:167, Rn. 26 und 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Aus den Erwägungsgründen 2 und 11 dieser Verordnung geht aber hervor, dass mit dieser die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen durch in hohem Maße vorhersehbare Zuständigkeitsvorschriften vereinheitlicht werden sollen. Die genannte Verordnung verfolgt damit einen der Rechtssicherheit dienenden Zweck, der darin besteht, den Rechtsschutz der in der Europäischen Union ansässigen Personen in der Weise zu verbessern, dass ein Kläger ohne Schwierigkeiten festzustellen vermag, welches Gericht er anrufen kann, und ein Beklagter bei vernünftiger Betrachtung vorhersehen kann, vor welchem Gericht er verklagt werden kann (Urteil vom 7. März 2018, E.ON Czech Holding, C‑560/16, EU:C:2018:167, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      In diesem Zusammenhang fallen Rechtsbehelfe, die auf eine Entscheidung über eine Beanstandung der Inanspruchnahme von Zwangsmitteln, insbesondere bei der Herausgabe oder Pfändung von beweglichen oder unbeweglichen Sachen im Hinblick auf die Vollstreckung von Entscheidungen oder Urkunden, gerichtet sind, unter Art. 22 Nr. 5 der Verordnung Nr. 44/2001 (vgl. entsprechend Urteil vom 3. September 2020, Supreme Site Services u. a., C‑186/19, EU:C:2020:638, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Dagegen ist eine Klage, deren Gegenstand eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Herausgabe ist, nicht im Sinne der in der vorangegangenen Randnummer angeführten Rechtsprechung auf eine Entscheidung über eine Beanstandung der Inanspruchnahme von Zwangsmitteln, insbesondere bei der Herausgabe oder Pfändung von beweglichen oder unbeweglichen Sachen im Hinblick auf die Vollstreckung von Entscheidungen oder Urkunden, gerichtet. Es handelt sich um eine eigenständige Klage, die als solche weder ein Vollstreckungsverfahren noch ein Rechtsbehelf gegen ein solches Verfahren ist. Daher fällt eine solche Klage nicht in den Anwendungsbereich von Art. 22 Nr. 5 der Verordnung Nr. 44/2001, auch wenn sich diese ungerechtfertigte Bereicherung daraus ergeben sollte, dass eine Vollstreckungsmaßnahme für unzulässig erklärt wird.

33      Im vorliegenden Fall macht die kroatische Regierung im Wesentlichen geltend, dass zwischen dem Ausgangsverfahren, das sich auf die auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten richte, und dem Vollstreckungsverfahren eine enge Verbindung bestehe, denn zum einen liege die Unwirksamkeit der im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens angefochtenen gerichtlichen Entscheidung dieser ungerechtfertigten Bereicherung zugrunde, und zum anderen hätte eine Herausgabe des rechtsgrundlos erlangten Betrags im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens gefordert werden können, wenn die Frist dafür nicht abgelaufen wäre, wobei dieser letztgenannte Umstand auf keinerlei Nachlässigkeit seitens der Klägerin des Ausgangsverfahrens zurückzuführen sei.

34      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sowohl die allgemeine Systematik der Verordnung Nr. 44/2001, die zu einer engen Auslegung ihres Art. 22 führt, als auch die erforderliche Auslegung der Vorschriften dieser Verordnung im Sinne eines hohen Maßes an Vorhersehbarkeit, wie sich aus dem elften Erwägungsgrund dieser Verordnung ergibt, dazu führen, dass vom Anwendungsbereich des Art. 22 Nr. 5 dieser Verordnung eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe ausgeschlossen ist, die deshalb erhoben wurde, weil die Frist verstrichen war, innerhalb deren die Herausgabe der in einem Zwangsvollstreckungsverfahren rechtsgrundlos überwiesenen Beträge im Rahmen eben dieses Vollstreckungsverfahrens geltend gemacht werden kann.

35      Außerdem hat der Gerichtshof zu Art. 16 Abs. 5 des Brüsseler Übereinkommens, dessen Wortlaut in Art. 22 Nr. 5 der Verordnung Nr. 44/2001 übernommen wurde, entschieden, dass der Hauptgrund für die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Ortes der Vollstreckung der Entscheidung darin besteht, dass es allein Sache der Gerichte des Mitgliedstaats ist, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll, in diesem Gebiet die Vorschriften über die Tätigkeit der Vollstreckungsbehörden anzuwenden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. März 1992, Reichert und Kockler, C‑261/90, EU:C:1992:149, Rn. 26).

36      Liegt aber überhaupt kein Antrag auf Zwangsvollstreckung vor, fällt eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe nicht in den Anwendungsbereich von Art. 22 Nr. 5 der Verordnung Nr. 44/2001.

37      Nach alledem ist daher auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 22 Nr. 5 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe nicht in die in dieser Bestimmung vorgesehene ausschließliche Zuständigkeit fällt, auch wenn diese Klage deshalb erhoben wurde, weil die Frist verstrichen war, innerhalb deren die Herausgabe der in einem Zwangsvollstreckungsverfahren rechtsgrundlos überwiesenen Beträge im Rahmen eben dieses Vollstreckungsverfahrens geltend gemacht werden kann.

 Zur ersten Frage

38      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe in die in dieser Bestimmung vorgesehene Zuständigkeit fällt.

39      Während Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 festlegt, dass die Gerichte des Mitgliedstaats des Beklagten allgemein zuständig sind, sehen Art. 5 Nr. 1 Buchst. a und Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung besondere Zuständigkeitsregeln vor, die es dem Kläger erlauben, seine Klage vor den Gerichten anderer Mitgliedstaaten zu erheben, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden oder wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Diese besonderen Zuständigkeitsregeln sind, wie in Rn. 28 des vorliegenden Urteils ausgeführt, eng auszulegen.

40      Außerdem sind die beiden in diesen Bestimmungen festgelegten besonderen Zuständigkeitsregeln autonom unter Berücksichtigung der Systematik und der Ziele der Verordnung Nr. 44/2001 auszulegen, um ihre einheitliche Anwendung in allen Mitgliedstaaten zu sichern. Dieses Erfordernis, das insbesondere für die Abgrenzung des jeweiligen Anwendungsbereichs dieser beiden Regeln gilt, bedeutet, dass die Begriffe „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ und „unerlaubte Handlung oder … Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“ nicht als Verweisung darauf zu verstehen sind, wie das bei dem nationalen Gericht anhängige Rechtsverhältnis nach dem anwendbaren nationalen Recht zu qualifizieren ist (vgl. entsprechend Urteil vom 24. November 2020, Wikingerhof, C‑59/19, EU:C:2020:950, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      So ist es bei Klagen, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, dem Kläger nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung gestattet, das Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre, anzurufen, wohingegen Klagen, bei denen eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, erhoben werden können.

42      Insbesondere zu den Klagen, bei denen eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, ist darauf hinzuweisen, dass sich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Wendung „unerlaubte Handlung oder … Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“ im Sinne von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 auf jede Klage bezieht, mit der eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht werden soll und die nicht an einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung anknüpft (vgl. entsprechend Urteil vom 24. November 2020, Wikingerhof, C‑59/19, EU:C:2020:950, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Um festzustellen, ob bei einer auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützten Klage auf Herausgabe eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung im Sinne von Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung den Gegenstand des Verfahrens bilden, ist folglich zu prüfen, ob zwei Voraussetzungen erfüllt sind: nämlich zum einen, dass diese Klage nicht an einen Vertrag oder an Ansprüche aus einem Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung anknüpft, und zum anderen, dass mit der Klage eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht werden soll.

44      Was die erste Voraussetzung angeht, so umfasst der Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne dieses Artikels jede Klage, die sich auf eine von einer Person gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung stützt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. November 2020, Ellmes Property Services, C‑433/19, EU:C:2020:900, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45      Wie der Generalanwalt in Nr. 45 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ergibt sich indessen im Rahmen einer auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützten Klage auf Herausgabe im Allgemeinen die Verpflichtung zur Herausgabe, auf die sich der Kläger beruft, nicht aus einer freiwilligen Verpflichtung des Beklagten ihm gegenüber, sondern entsteht vielmehr unabhängig von dessen Willen. Mithin lässt sich eine solche Klage auf Herausgabe grundsätzlich nicht einem „Vertrag oder Ansprüche[n] aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 zuordnen.

46      Diese Auslegung wird durch Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 in Verbindung mit Art. 2 der Verordnung Nr. 864/2007 bestätigt. Der genannte Art. 2 ist auf dem Gebiet des Kollisionsrechts das Gegenstück zu Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 auf dem Gebiet der Zuständigkeitskonflikte, wobei darauf hinzuweisen ist, dass diese beiden Verordnungen nach Möglichkeit kohärent ausgelegt werden müssen. Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 864/2007 sieht nämlich vor, dass die Verpflichtung zur Herausgabe, die ihren Ursprung in einer ungerechtfertigten Bereicherung hat, als außervertragliches Schuldverhältnis im Sinne dieser Verordnung angesehen wird und nach ihrem Art. 10 speziellen Kollisionsnormen unterliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Januar 2016, ERGO Insurance und Gjensidige Baltic, C‑359/14 und C‑475/14, EU:C:2016:40, Rn. 45 und 46).

47      Um dem vorlegenden Gericht eine vollständige Antwort zu geben, ist jedoch hinzuzufügen, dass, wie der Generalanwalt in den Nrn. 48 bis 52 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, eine auf eine ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe unter bestimmten Umständen eng mit einem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien des Rechtsstreits verbunden sein kann, so dass davon ausgegangen werden kann, dass sie sich einem „Vertrag oder Ansprüche[n] aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. a dieser Verordnung zuordnen lässt.

48      Hierzu gehört die Fallkonstellation, in der die auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe an ein bereits bestehendes Vertragsverhältnis zwischen den Parteien anknüpft. Dies ist z. B. dann der Fall, wie der Generalanwalt in Nr. 50 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, wenn sich der Kläger für seinen Rückgewähranspruch auf eine ungerechtfertigte Bereicherung in engem Zusammenhang mit einer vertraglichen Verpflichtung beruft, die seiner Ansicht nach unwirksam ist oder die vom Beklagten nicht erfüllt wurde oder von der der Kläger glaubt, dass er sie über das geschuldete Maß hinaus „übererfüllt“ habe.

49      Hierzu hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass eine Klage auf Rückgewähr von Beträgen, die auf der Grundlage eines nichtigen Vertrags gezahlt wurden, vertraglich zu qualifizieren ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. April 2016, Profit Investment SIM, C‑366/13, EU:C:2016:282, Rn. 55 und 58).

50      Im Übrigen steht eine solche Anknüpfung im Einklang mit den mit Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 verfolgten Zielen der Nähe und der geordneten Rechtspflege, die implizieren, dass das für den Vertrag zuständige Gericht über die Folgen von dessen Unwirksamkeit, Nichterfüllung oder „Übererfüllung“ befinden und folglich auch über die sich daraus ergebende etwaige Rückgewähr von Leistungen entscheiden kann, da zwischen der Klage und dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre, eine besonders enge Verbindung besteht.

51      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe sich nicht einem Vertrag oder Ansprüchen aus einem Vertrag zuordnen lässt und damit die erste in Rn. 43 des vorliegenden Urteils genannte Voraussetzung erfüllt, es sei denn, es besteht eine besonders enge Verbindung zwischen dieser Klage und einem bereits bestehenden Vertragsverhältnis zwischen den Parteien.

52      Hinsichtlich der zweiten in Rn. 43 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzung ist zu prüfen, ob mit einer auf eine ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe die Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht werden soll.

53      Hierzu hat der Gerichtshof entschieden, dass dies der Fall ist, wenn dem Beklagten ein schädigendes Ereignis im Sinne von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 insoweit zugerechnet werden kann, als ihm eine Handlung oder Unterlassung vorgeworfen wird, die gegen eine Verpflichtung oder ein gesetzliches Verbot verstößt. Eine Haftung aus unerlaubter Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, kommt nämlich nur in Betracht, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Schaden und dem diesem zugrunde liegenden rechtswidrigen Ereignis feststellbar ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. April 2016, Austro-Mechana, C‑572/14, EU:C:2016:286, Rn. 40, 41 und 50 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

54      Hinzu kommt, dass diese Klarstellungen, wie der Generalanwalt in Nr. 61 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, unterschiedslos für sämtliche unerlaubten Handlungen oder Handlungen gelten, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt sind, ohne dass es erforderlich wäre, speziell zwischen einer unerlaubten Handlung und einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, zu unterscheiden. Abgesehen davon, dass die Wendung „Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“ in der dänischen, estnischen, finnischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und slowakischen Fassung von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 nicht verwendet wird, bezieht sich das Konzept der „Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“ nämlich nicht so sehr auf Fälle, die durch das Fehlen eines schädigenden Ereignisses gekennzeichnet sind, sondern vielmehr auf Fälle, in denen das schädigende Ereignis durch Unvorsichtigkeit oder Fahrlässigkeit verursacht wurde. Eine Klage kann somit keine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung zum Gegenstand haben, wenn die geltend gemachte Haftung des Beklagten nicht auf dem Vorliegen eines schädigenden Ereignisses im Sinne der vorstehenden Randnummer beruht.

55      Eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe beruht indessen auf einer Verpflichtung, deren Ursprung nicht in einem schädigenden Ereignis liegt. Diese Verpflichtung entsteht nämlich unabhängig vom Verhalten des Beklagten, so dass kein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Schaden und einer etwaigen unerlaubten Handlung oder einer unerlaubten Unterlassung des Beklagten feststellbar wäre.

56      Daher kann eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe keine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung im Sinne von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 zum Gegenstand haben.

57      Diesem Ergebnis steht das Urteil vom 21. April 2016, Austro-Mechana (C‑572/14, EU:C:2016:286), nicht entgegen, in dem der Gerichtshof festgestellt hat, dass bei einer Klage einer Verwertungsgesellschaft für Urheberrechte eine „unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung“ im Sinne von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 den Gegenstand des Verfahrens bilden, wenn sich die Klage auf die Verpflichtung zur Zahlung eines „gerechten Ausgleichs“ im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 bezieht, wozu Unternehmen nach dem nationalen Recht für das erstmalige gewerbsmäßige und entgeltliche Inverkehrbringen von Trägermaterial im Inland verpflichtet sind. Denn wie der Generalanwalt in Nr. 72 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, hatte die Verpflichtung, auf die sich diese Klage stützte, in einem schädigenden Ereignis ihren Ursprung, nämlich im Schaden der Urheberrechtsinhaber, der mit der Privatkopie des in den Verkehr gebrachten Trägermaterials in Zusammenhang steht.

58      Außerdem ist noch darauf hinzuweisen, dass es möglich ist, dass eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe weder einen Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 noch eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung im Sinne von Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung betrifft. Dies ist nämlich dann der Fall, wenn die fragliche Klage keine enge Verbindung zu einem bereits bestehenden Vertragsverhältnis zwischen den Parteien des betreffenden Rechtsstreits aufweist.

59      In einem solchen Fall fällt eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe nach der allgemeinen Regel des Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 in die Zuständigkeit der Gerichte des Wohnsitzmitgliedstaats des Beklagten.

60      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe nicht in die in dieser Bestimmung vorgesehene Zuständigkeit fällt.

 Kosten

61      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 22 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe nicht in die in dieser Bestimmung vorgesehene ausschließliche Zuständigkeit fällt, auch wenn diese Klage deshalb erhoben wurde, weil die Frist verstrichen war, innerhalb deren die Herausgabe der in einem Zwangsvollstreckungsverfahren rechtsgrundlos überwiesenen Beträge im Rahmen eben dieses Vollstreckungsverfahrens geltend gemacht werden kann.

2.      Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage auf Herausgabe nicht in die in dieser Bestimmung vorgesehene Zuständigkeit fällt.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Kroatisch.