Language of document : ECLI:EU:T:2013:121

BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTS

11. März 2013(*)

„Vorläufiger Rechtsschutz – Ausschreibung öffentlicher Dienstleistungsaufträge – Ausschreibungsverfahren – Dienstleistungen der Sprachausbildung – Ablehnung des Angebots eines Bieters – Antrag auf Aussetzung des Vollzugs und auf sonstige einstweilige Anordnungen – Verlust einer Chance – Fehlen eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens – Fehlende Dringlichkeit“

In der Rechtssache T‑4/13 R

Communicaid Group Ltd mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: C. Brennan, Solicitor, F. Randolph, QC, und M. Gray, Barrister,

Antragstellerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch S. Delaude und S. Lejeune als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt P. Wytinck,

Antragsgegnerin,

wegen zum einen Aussetzung des Vollzugs der Entscheidungen der Kommission, mit denen die von der Antragstellerin in Bezug auf mehrere Lose im Rahmen einer Ausschreibung von Rahmenverträgen über die Durchführung von Sprachkursen für das Personal der Institutionen, Organe und Agenturen der Europäischen Union mit Standort in Brüssel (Belgien) abgegebenen Angebote abgelehnt wurden, und zum anderen Untersagung des Abschlusses der die streitigen Lose betreffenden Verträge mit dem ausgewählten Bieter durch die Kommission

erlässt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

folgenden

Beschluss

 Vorgeschichte des Rechtsstreits, Verfahren und Anträge der Parteien

1        Die Antragstellerin, die Communicaid Group Ltd, ist eine Gesellschaft englischen Rechts, die seit einigen Jahren für mehrere Institutionen, Organe und Agenturen der Europäischen Union Dienstleistungen der Sprachausbildung (Zurverfügungstellung von Lehrern und Sprachkursunterlagen) erbringt, und zwar gegenwärtig auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung, die bis Juli 2013 gültig ist.

2        Mit Auftragsbekanntmachung vom 6. März 2012 veröffentlichte die Europäische Kommission eine Ausschreibung betreffend (Mehrfach‑)Rahmenverträge über Sprachkurse für das Personal der Institutionen, Organe und Agenturen der Europäischen Union mit Standort in Brüssel (Belgien) (Referenznr. HR/R3/PR/2012/002). Der Auftrag war in mehrere Lose aufgeteilt, und jeder Bieter durfte Angebote für ein einzelnes oder für mehrere Lose abgeben. Die Lose Nrn. 1 bis 9 umfassten den jeweils in Anzahl der Stunden bzw. Lizenzen geschätzten Umfang für sämtliche genannten Leistungen, während das Los Nr. 10 Online-Sprachkurse („E-Learning“) betraf. Die Auftragsbekanntmachung sah für jedes Los den Abschluss eines Mehrfachrahmenvertrags mit maximal drei Unternehmen oder Zusammenschlüssen für eine Laufzeit von maximal vier Jahren vor.

3        Der streitige Auftrag wurde im nicht offenen Verfahren ausgeschrieben und sollte anhand des Angebots vergeben werden, das in Bezug auf die in den Ausschreibungsunterlagen aufgeführten Kriterien das wirtschaftlich günstigste war, wobei sein Zweck darin bestand, Bewerber auszuwählen, die das Lastenheft erhalten und zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollten. Bevor die potenziellen Bieter zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden, mussten sie – um den Ausschluss aus dem Verfahren zu vermeiden – gemäß der Auftragsbekanntmachung und Art. 136 Abs. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1065/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 357, S. 1) insbesondere die Beweisanforderungen für die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit erfüllen.

4        Mit Schreiben vom 30. Mai 2012 wurde die Antragstellerin aufgefordert, Angebote für die Lose Nrn. 1, 2, 4, 5 und 7 bis 10 abzugeben. Sie gab daraufhin für jedes dieser Lose – außer für das Los Nr. 10 – ein getrenntes Angebot ab. In der Folge richtete die Kommission am 30. Oktober 2012 an die Antragstellerin mit getrennten Schreiben sieben Entscheidungen, die jeweils eines der Lose betrafen, für die sie ein Angebot abgegeben hatte, und denen zu entnehmen war, dass die Antragstellerin abgesehen von Los Nr. 5, für das sie den Zuschlag erhielt, jeweils zweitplatziert hinter dem Bieter CLL-Allingua war, der somit den Zuschlag für die sechs streitigen Lose erhielt (im Folgenden: angefochtene Entscheidungen).

5        Nach Erhalt der angefochtenen Entscheidungen erbat die Antragstellerin bei der Kommission zum einen Informationen über die Merkmale und Vorteile der Angebote von CLL-Allingua und über die Bewertung ihres eigenen Angebots und zum anderen eine detaillierte Darlegung der Preisangaben von CLL-Allingua. Sie wies ferner auf eine gewisse Anzahl von Schwierigkeiten hin. So trug sie u. a. vor, dass ein ehemaliger Bediensteter der Kommission, der in den Monaten vor Veröffentlichung der streitigen Auftragsbekanntmachung in der Personalabteilung angestellt gewesen sei und in ähnlichen Vergabeverfahren für Verträge über Sprachdienstleistungen für die Unionsorgane mit Sitz in Luxemburg (Luxemburg) an Bewertungsausschüssen teilgenommen habe, nunmehr bei CLL-Allingua angestellt sei, nachdem er bei der Vorbereitung ihrer Angebote eine Rolle gespielt habe. Daher verlangte die Antragstellerin von der Kommission eine Erklärung zur Beteiligung dieser Person an dem Ausschreibungsverfahren vor und nach ihrem Ausscheiden aus der Kommission. Die Kommission wies in ihrer Antwort darauf hin, dass die fragliche Person vor der Ausschreibung die Personalabteilung verlassen und nicht wieder versucht habe, mit ihr in Kontakt zu treten, so dass es zu keinem Interessenkonflikt gekommen sei.

6        Die Antragstellerin äußerte außerdem Zweifel an der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit von CLL-Allingua zur Durchführung des streitigen Auftrags. Da die Zuschlagsempfängerin regelmäßig erhebliche finanzielle Verluste erlitten habe, erfülle sie nicht die ursprünglichen Anforderungen der Auftragsbekanntmachung. In Anbetracht der Bewertungsmethode und des Bewertungsschlüssels, die von dem Bewertungsausschuss vorbereitet worden seien, werde schließlich deutlich, dass die angefochtenen Entscheidungen mehrere offensichtliche Beurteilungsfehler im Hinblick auf jedes der Kriterien, die der qualitativen Bewertung der abgegebenen Angebote zugrunde lägen, aufwiesen.

7        Da die Antragstellerin durch die Antwort der Kommission nicht zufrieden gestellt wurde, erhob sie mit Klageschrift, die am 9. Januar 2013 bei der Kanzlei des Gerichts einging, Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidungen. Die Antragstellerin stützt ihre Klage auf drei Klagegründe, nämlich erstens Verstoß gegen die Grundsätze der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung im Hinblick auf die Rolle, die der genannte ehemalige Bedienstete der Kommission gespielt habe (siehe oben, Randnr. 5), zweitens Nichteinhaltung der Regeln betreffend die Angemessenheit der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit der Bieter in Bezug auf CLL-Allingua (siehe oben, Randnr. 6) und drittens Vorliegen mehrerer Beurteilungsfehler durch den Bewertungsausschuss (siehe oben, Randnr. 6).

8        Mit am 10. Januar 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem besonderen Schriftsatz reichte die Antragstellerin den vorliegenden Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ein, mit dem sie den Präsidenten des Gerichts im Wesentlichen ersucht,

–        den Vollzug der angefochtenen Entscheidungen auszusetzen, bis das Gericht über die Klage entschieden hat;

–        der Kommission zu untersagen, mit CLL-Allingua die mit den Losen Nrn. 1, 2, 4 und 7 bis 9 zusammenhängenden Verträge abzuschließen oder sie durchzuführen, falls sie schon abgeschlossen sind.

9        In ihrer am 1. Februar 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Stellungnahme zu dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ersucht die Kommission den Präsidenten des Gerichts im Wesentlichen,

–        den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückzuweisen;

–        der Antragstellerin die Kosten aufzuerlegen.

10      Sie weist darin insbesondere darauf hin, dass alle für den Abschluss des streitigen Ausschreibungsverfahrens vorgesehenen Verträge im Dezember 2012 mit den ausgewählten Bietern geschlossen worden seien, einschließlich des Vertrags über das Los Nr. 5 mit der Antragstellerin.

11      Mit Schriftsatz vom 8. Februar 2013 hat die Antragstellerin zu der Stellungnahme der Kommission Stellung genommen, die darauf mit Schriftsatz vom 15. Februar 2013 erwidert hat.

 Rechtliche Würdigung

12      Nach den Art. 278 AEUV und 279 AEUV in Verbindung mit Art. 256 Abs. 1 AEUV kann der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter, wenn er dies den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung der vor dem Gericht angefochtenen Handlung aussetzen oder die erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen. Nach Art. 278 AEUV gilt jedoch der Grundsatz, dass Klagen keine aufschiebende Wirkung haben, da den Handlungen der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union die Vermutung der Rechtmäßigkeit zukommt. Daher kann der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter nur in Ausnahmefällen den Vollzug einer solchen Handlung aussetzen oder die erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 17. Dezember 2009, Vereniging Milieudefensie und Stichting Stop Luchtverontreiniging Utrecht/Kommission, T‑396/09 R, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

13      Außerdem müssen gemäß Art. 104 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts Anträge auf einstweilige Anordnungen den Streitgegenstand bezeichnen und die Umstände anführen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen. Der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter kann somit die Aussetzung des Vollzugs anordnen und einstweilige Anordnungen treffen, wenn glaubhaft gemacht ist, dass diese Anordnungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht notwendig (fumus boni iuris) und dringlich in dem Sinne sind, dass es zur Verhinderung eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens für die Interessen des Antragstellers erforderlich ist, sie bereits vor der Entscheidung zur Hauptsache zu erlassen und wirksam werden zu lassen. Diese Voraussetzungen sind kumulativ, so dass der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurückzuweisen ist, sofern es an einer von ihnen fehlt (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 14. Oktober 1996, SCK und FNK/Kommission, C‑268/96 P[R], Slg. 1996, I‑4971, Randnr. 30).

14      Im Rahmen dieser Gesamtprüfung verfügt der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter über ein weites Ermessen, und er kann im Hinblick auf die Besonderheiten des Einzelfalls die Art und Weise, in der diese verschiedenen Voraussetzungen zu prüfen sind, sowie die Reihenfolge dieser Prüfung frei bestimmen, da keine Rechtsvorschrift ihm ein feststehendes Prüfungsschema für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer vorläufigen Entscheidung vorschreibt (Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 19. Juli 1995, Kommission/Atlantic Container Line u. a., C‑149/95 P[R], Slg. 1995, I‑2165, Randnr. 23, und vom 3. April 2007, Vischim/Kommission, C‑459/06 P[R], nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 25). Der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter nimmt gegebenenfalls auch eine Abwägung der bestehenden Interessen vor (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 23. Februar 2001, Österreich/Rat, C‑445/00 R, Slg. 2001, I‑1461, Randnr. 73).

15      In Anbetracht der Aktenlage verfügt der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter seines Erachtens über alles Erforderliche, um über den vorliegenden Antrag auf einstweilige Anordnung ohne vorherige mündliche Anhörung der Verfahrensbeteiligten zu entscheiden.

16      Unter den Umständen des vorliegenden Falles ist zunächst zu prüfen, ob die Voraussetzung der Dringlichkeit erfüllt ist.

17      Die Antragstellerin macht geltend, dass ohne die beantragte einstweilige Anordnung für sie eine unmittelbare und reale Gefahr bestehe, einen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden zu erleiden. Es sei nämlich sehr wahrscheinlich, dass die mit CLL-Allingua geschlossenen Verträge über die streitigen Lose bis zur Verkündung des Urteils in der Hauptsache durchgeführt sein würden. Außerdem sei es sehr unwahrscheinlich, dass die Kommission ein neues Ausschreibungsverfahren durchführe, falls die angefochtenen Entscheidungen für nichtig erklärt werden sollten, so dass der Schaden der Antragstellerin auf diesem Weg nicht wieder gutgemacht werden könne. Unter Bezugnahme auf den Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 20. Juli 2006, Globe/Kommission (T‑114/06 R, Slg. 2006, II‑2627, Randnr. 117), fügt die Antragstellerin hinzu, es sei sehr schwer, wenn nicht unmöglich, die Chance darauf, den streitigen Auftrag zu erhalten, zu quantifizieren und somit den mit ihrem Verlust verbundenen Schaden mit der erforderlichen Genauigkeit zu bewerten.

18      In Bezug auf den ihr durch die angefochtenen Entscheidungen entgehenden Gewinn macht die Antragstellerin geltend, die Verträge, die sie mit den Institutionen, Organen und Agenturen der Union schließe, machten schon seit langem ungefähr [vertraulich](1) % ihres Umsatzes aus und stellten somit ein wichtiges Element bei der Deckung der allgemeinen Kosten ihrer Unternehmensgruppe dar. Wenn sie den Zuschlag für den streitigen Auftrag erhalten hätte, hätte die Durchführung der in der Folge geschlossenen Verträge [vertraulich] % des Umsatzes ihrer Gruppe gesichert. Die angefochtenen Entscheidungen hätten zur unmittelbaren Folge, dass die Gewinnprognose ihrer Gruppe für die nächsten drei Jahre von [vertraulich] Euro auf [vertraulich] Euro sinken würde, d. h. ein Rentabilitätsrückgang um [vertraulich] % und ein geschätzter durchschnittlicher Jahresgewinn von [vertraulich] Euro pro Jahr ([vertraulich] Euro geteilt durch 3), der nicht ausreichend erscheine, um [vertraulich].

19      Die Antragstellerin führt weiter aus, dass [vertraulich].

20      Die Antragstellerin befürchtet auch die Gefahr einer schweren und nicht wiedergutzumachenden Beeinträchtigung ihres Rufs. Die Rahmenverträge über die Durchführung von Sprachkursen für das Personal der in Brüssel ansässigen Institutionen, Organe und Agenturen der Union gälten nämlich als die bedeutendsten und prestigeträchtigsten Verträge dieser Art auf europäischer Ebene. Bei der Vorbereitung ihrer Angebote für andere öffentliche Aufträge verweise sie weitgehend auf die Erfahrung und Expertise, die sie bei der Durchführung von Sprachkursen für die Organe der Union erworben habe, da ihre Gruppe seit vielen Jahren im Rahmen vergleichbarer Verträge hochqualitative Dienstleistungen der Sprachausbildung erbringe. Schließlich macht die Antragstellerin geltend, sie befinde sich gegenüber CLL-Allingua in einer ungünstigeren Wettbewerbssituation, weil diese den Zuschlag für den streitigen öffentlichen Auftrag erhalten habe und damit zu Wettbewerbszwecken werben könne, obwohl es schwerwiegende Gründe gebe, die vermuten ließen, dass dieser öffentliche Auftrag nicht an sie hätte vergeben werden dürfen.

21      Nach ständiger Rechtsprechung ist die Dringlichkeit eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz danach zu beurteilen, ob eine vorläufige Entscheidung erforderlich ist, um zu verhindern, dass dem Antragsteller ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden entsteht (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 18. Oktober 1991, Abertal u. a./Kommission, C‑213/91 R, Slg. 1991, I‑5109, Randnr. 18, sowie Beschlüsse des Präsidenten des Gerichts vom 19. Dezember 2001, Government of Gibraltar/Kommission, T‑195/01 R und T‑207/01 R, Slg. 2001, II‑3915, Randnr. 95, und vom 3. Dezember 2002, Neue Erba Lautex/Kommission, T‑181/02 R, Slg. 2002, II‑5081, Randnr. 82). Es reicht jedoch nicht aus, dass der Antragsteller lediglich geltend macht, dass der Vollzug der Handlung, deren Aussetzung beantragt wird, unmittelbar bevorstehe, sondern er ist dafür beweispflichtig, dass er die Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache nicht abwarten kann, ohne einen solchen Schaden zu erleiden (Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 25. Juni 2002, B/Kommission, T‑34/02 R, Slg. 2002, II‑2803, Randnr. 85). Zwar braucht das unmittelbare Bevorstehen des Schadens nicht mit absoluter Sicherheit nachgewiesen zu werden, doch muss dessen Entstehung mit einem hinreichenden Grad von Wahrscheinlichkeit vorhersehbar sein (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 14. Dezember 1999, HFB u. a./Kommission, C‑335/99 P[R], Slg. 1999, I‑8705, Randnr. 67, und Beschluss Neue Erba Lautex/Kommission, Randnr. 83).

22      Nach ebenfalls gefestigter Rechtsprechung kann ein finanzieller Schaden nur unter außergewöhnlichen Umständen als ein nicht oder auch nur schwer wiedergutzumachender Schaden angesehen werden, da er in der Regel Gegenstand eines späteren finanziellen Ausgleichs sein kann. In einem solchen Fall ist die beantragte einstweilige Anordnung gerechtfertigt, wenn der Antragsteller sich ohne diese Maßnahme in einer Lage befände, die vor Erlass des Urteils in der Hauptsache seine finanzielle Lebensfähigkeit gefährden könnte, oder seine Marktanteile sich irreversibel und in bedeutendem Ausmaß im Hinblick insbesondere auf die Größe seines Unternehmens verändern würden (vgl. Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 28. April 2009, United Phosporus/Kommission, T‑95/09 R, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 33 bis 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      Was den vorliegend geltend gemachten finanziellen Schaden anbelangt, beschwert sich die Antragstellerin zwar über die ungünstigere Wettbewerbssituation, in der sie sich gegenüber CLL-Allingua befinde, weil diese den Zuschlag für den streitigen öffentlichen Auftrag erhalten habe, doch macht sie keinen Verlust ihrer Marktanteile im Bereich der Dienstleistungen der Sprachausbildung geltend. Jedenfalls hat sie zu diesem Punkt keine Zahlenangaben vorgelegt und auch nicht dargetan, dass Hindernisse struktureller oder rechtlicher Art sie daran hinderten, einen beträchtlichen Teil der Marktanteile zurückzuerobern, die sie angeblich verloren hat (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 24. März 2009, Cheminova u. a./Kommission, C‑60/08 P[R], nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 64). Der Schaden, der der Antragstellerin insofern entstanden sein soll, kann somit nicht als irreparabel angesehen werden.

24      Soweit die Antragstellerin geltend macht, sie würde sich im Fall der Zurückweisung ihres Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in einer Lage befinden, [vertraulich], ist darauf hinzuweisen, dass der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter zur Beurteilung der Frage, ob der geltend gemachte Schaden schwer und nicht wiedergutzumachen und es folglich ausnahmsweise gerechtfertigt ist, die beantragten einstweiligen Anordnungen zu erlassen, über konkrete und präzise Angaben verfügen muss, die durch ausführliche Unterlagen belegt sind, die die finanzielle Situation des Antragstellers zeigen und die genauen Auswirkungen abzuschätzen erlauben, die in Ermangelung der beantragten Maßnahmen wahrscheinlich einträten. Der Antragsteller muss somit anhand von Belegen ein getreues und umfassendes Abbild seiner finanziellen Situation erstellen (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 7. Mai 2010, Almamet/Kommission, T‑410/09 R, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 32, 57 und 61, in der Rechtsmittelinstanz bestätigt durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 16. Dezember 2010, Almamet/Kommission, C‑373/10 P[R], nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 24).

25      Dieses getreue und umfassende Abbild muss im Übrigen im Text des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erstellt werden. Ein solcher Antrag muss nämlich so klar und genau sein, dass er für sich allein dem Antragsgegner die Vorbereitung seiner Stellungnahme und dem für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richter die Entscheidung über den Antrag, gegebenenfalls ohne weitere Informationen, ermöglicht, wobei sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich der Antrag stützt, zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Antragsschrift ergeben müssen (Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 31. August 2010, Babcock Noell/Entreprise commune Fusion for Energy, T‑299/10 R, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 17; vgl. auch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 30. April 2010, Ziegler/Kommission, C‑113/09 P[R], nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 13). Die Angaben, mit denen ein getreues und umfassendes Abbild erstellt wird, müssen außerdem durch ausführliche Unterlagen belegt sein, die von einem unabhängigen und externen Sachverständigen beglaubigt sind und eine Beurteilung der Richtigkeit dieser Angaben ermöglichen (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse des Präsidenten des Gerichts vom 15. Januar 2001, Le Canne/Kommission, T‑241/00 R, Slg. 2001, II‑37, Randnr. 35; vom 13. Oktober 2006, Vischim/Kommission (T‑420/05 R II, Slg. 2006, II‑4085, Randnr. 83, und vom 15. März 2010, GL2006 Europe/Kommission, T‑435/09 R, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 34).

26      Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin zwar eine ganze Reihe von Zahlen vorgelegt, um das Ausmaß des Rückgangs ihres Umsatzes und ihres entgangenen Gewinns im Fall des Verlusts des streitigen öffentlichen Auftrags darzutun. Sie hat in ihrem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes jedoch keine vollständigen Angaben zur Struktur ihres Unternehmens gemacht. So hat sie keine Angaben zu den Folgen gemacht, die sich für ihre finanzielle Situation aus dem von der Kommission hervorgehobenen und von der Antragstellerin nicht in Frage gestellten Umstand ergeben, dass sie fast ausschließlich selbständige Sprachlehrer einsetzt und nicht Angestellte mit unbefristeten Verträgen. Eine derartige Struktur bietet der Antragstellerin aber offenbar die Möglichkeit, sich ohne hohe Fixkosten dadurch an Auftragsrückgänge anzupassen, dass sie in Perioden geringerer Tätigkeit einfach auf die Dienste des selbständigen Personals verzichtet. Folglich dürfte der in Rede stehende Verlust an Marktanteilen bei ihr keine Personalkosten verursachen, die ihr finanzielles Überleben gefährden würden. Jedenfalls hätte die Antragstellerin unter Vorlage von Buchführungsunterlagen, die von einem unabhängigen und externen Sachverständigen beglaubigt sind, darlegen müssen, warum trotz ihrer Unternehmensstruktur [vertraulich].

27      Die Antragstellerin erkennt außerdem ausdrücklich an, [vertraulich].

28      Jedenfalls ist nochmals darauf hinzuweisen, dass der von der Antragstellerin geltend gemachte Schaden bei einem Ausschreibungsverfahren für einen öffentlichen Auftrag entstanden sein soll. Ziel eines solchen Verfahrens ist es aber, der betreffenden Behörde zu ermöglichen, unter mehreren konkurrierenden Angeboten dasjenige auszuwählen, das ihr am meisten den vorbestimmten Auswahlkriterien entsprechend erscheint, wobei diese Behörde zu diesem Zweck über einen weiten Ermessensspielraum verfügt. Ein an einem solchen Verfahren teilnehmendes Unternehmen hat daher zu keinem Zeitpunkt die absolute Garantie, dass der Auftrag an es vergeben wird, sondern muss immer die Möglichkeit berücksichtigen, dass er an einen anderen Bieter vergeben werden kann. Für das fragliche Unternehmen gehören daher die sich aus der Ablehnung seines Angebots ergebenden negativen finanziellen Folgen grundsätzlich zum normalen Geschäftsrisiko, mit dem jedes auf dem Markt tätige Unternehmen zurechtkommen muss (vgl. Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 25. Januar 2012, Euris Consult/Parlament, T‑637/11 R, Randnr. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Folglich ergibt sich der Verlust der Chance, einen öffentlichen Auftrag zu erhalten und auszuführen, zwangsläufig aus dem Ausschluss vom fraglichen Ausschreibungsverfahren und kann nicht als solcher einen schweren Schaden darstellen, zumal selbst ein Bieter, dessen Angebot ausgewählt wurde, damit rechnen muss, dass nach Art. 101 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 248, S. 1) der öffentliche Auftraggeber vor der Unterzeichnung des Vertrags auf die Auftragsvergabe verzichtet oder das Vergabeverfahren annulliert, und zwar grundsätzlich ohne dass dieser Bieter eine Entschädigung beanspruchen kann (Beschluss Euris Consult/Parlament, Randnr. 20). Vor der Unterzeichnung des Vertrags mit dem ausgewählten Bieter ist der öffentliche Auftraggeber nämlich noch nicht verpflichtet und kann daher im Rahmen seines im öffentlichen Interesse wahrgenommenen Auftrags nach eigenem Ermessen auf die Auftragsvergabe verzichten oder das Vergabeverfahren annullieren, ohne diesem Bieter zu Schadensersatz verpflichtet zu sein (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 14. Mai 2008, Icuna.Com/Parlament, T‑383/06 und T‑71/07, Slg. 2008, II‑727, Randnr. 59), es sei denn, der öffentliche Auftraggeber hat bei diesem die Überzeugung geweckt, er werde einen Auftrag erhalten, und hat ihn veranlasst, nicht wieder rückgängig zu machende Investitionen zu tätigen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 1998, Embassy Limousines & Services/Parlament, T‑203/96, Slg. 1998, II‑4239, Randnrn. 76 und 80).

30      Nach Art. 101 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1605/2002 ist somit auch ausgeschlossen, dass der ausgewählte Bieter den öffentlichen Auftraggeber zum Abschluss des entsprechenden Vertrags mit der Behauptung zwingen könnte, dass sein finanzielles Wohlergehen oder sogar sein wirtschaftliches Überleben von der Durchführung des an ihn vergebenen Auftrags abhängt. Dieser naturgemäß prekäre Charakter der rechtlichen und wirtschaftlichen Situation des mit dem Auftrag bedachten Unternehmens, das trotz des Erhaltens des streitigen Auftrags von vornherein damit rechnen muss, ihn schadensersatzlos wieder zu verlieren, ist aber einer der Faktoren, die der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter bei der Beurteilung des Antrags auf einstweilige Anordnung berücksichtigen muss, den ein Bieter stellt, dessen Angebot abgelehnt wurde: Genau wie im Fall des ausgewählten Bieters kann daher die bloße Tatsache, dass die Ablehnung eines Angebots negative finanzielle Folgen – auch schwerwiegende – für den nicht ausgewählten Bieter haben kann, für sich allein die von diesem beantragte einstweilige Anordnung nicht rechtfertigen.

31      Im Übrigen darf der öffentliche Auftraggeber nach Art. 136 der Verordnung Nr. 2342/2002 das Angebot eines Unternehmens nur unter der Bedingung auswählen, dass dieses vor der Vergabe des streitigen Auftrags seine finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für dessen ordnungsgemäße Durchführung nachweist. Selbst wenn die Antragstellerin im vorliegenden Fall dieses Kriterium erfüllt haben sollte, erscheint es kaum vorstellbar, dass der bloße Verlust des streitigen Auftrags ihre wirtschaftliche und finanzielle Gesundheit unvermittelt beeinträchtigen könnte, zumal sie fast ausschließlich selbständige Sprachlehrer einsetzt [vertraulich] und zudem den Zuschlag für das Los Nr. 5 dieses Auftrags erhalten hat, sie ferner immer noch Partei mehrerer Verträge über Sprachkurse mit sonstigen Stellen der Union wie [vertraulich] und [vertraulich] ist und schließlich Vertragsverbindungen zu nicht-institutionellen Kunden unterhält, die u. a. in London (Vereinigtes Königreich), [vertraulich] (Vereinigtes Königreich) und Paris (Frankreich) niedergelassen sind.

32      Folglich hat die Antragstellerin nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass sie, sollte die beantragte einstweilige Anordnung nicht ergehen, sich in einer Situation befände, die ihre Existenz gefährden könnte.

33      Was die Frage angeht, ob der von der Antragstellerin geltend gemachte materielle Schaden Gegenstand eines späteren finanziellen Ausgleichs sein kann, ist es ständige Rechtsprechung, dass bei Zusprechung von Schadensersatz durch den Unionsrichter auf der Grundlage einer Zuweisung eines wirtschaftlichen Werts an den infolge eines entgangenen Gewinns entstandenen Schaden dieser Ersatz grundsätzlich dem in der Rechtsprechung aufgestellten Erfordernis des vollständigen Ersatzes des individuellen Schadens genügen kann, der bei dem Betroffenen aufgrund von rechtswidrigen Einzelmaßnahmen, deren Opfer er geworden ist, tatsächlich entstanden ist (Urteil des Gerichtshofs vom 21. Februar 2008, Kommission/Girardot, C‑348/06 P, Slg. 2008, I‑833, Randnr. 76, und Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 25. April 2008, Vakakis/Kommission, T‑41/08 R, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 66).

34      Folglich könnte in dem Fall, dass die Antragstellerin mit ihrer Klage Erfolg hat, dem Schaden, der durch den Verlust ihrer Chance auf den Zuschlag bei der streitigen Ausschreibung entstanden sein soll, ein wirtschaftlicher Wert zugewiesen werden, so dass ihr der finanzielle Schaden, der bei ihr tatsächlich entstanden sein soll, vollständig ersetzt werden könnte. Daher kann dem Vorbringen der Antragstellerin, wonach ihr Schaden nicht wiedergutzumachen sei, weil ihre Chance darauf, den streitigen Auftrag zu erhalten, nicht quantifizierbar sei, nicht gefolgt werden (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse des Präsidenten des Gerichts Vakakis/Kommission, Randnrn. 67 und 68, und vom 15. Juli 2008, CLL Centres de langues/Kommission, T‑202/08 R, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 79 und 80).

35      Der Standpunkt, der in dem oben genannten Beschluss Globe/Kommission (Randnrn. 117 und 127) vertreten wird, auf den sich die Antragstellerin beruft, ist daher zugunsten der jüngeren Rechtsprechung insofern aufzugeben, als in diesem Beschluss entschieden wurde, dass es sehr schwer, wenn nicht unmöglich sei, den Verlust der Chance auf Erlangung des Zuschlags für einen öffentlichen Auftrag zu quantifizieren, so dass dieser Verlust als ein nicht wiedergutzumachender Schaden eingestuft werden könne.

36      Folglich hat die Antragstellerin nicht dargetan, dass der geltend gemachte finanzielle Schaden sehr schwierig zu quantifizieren ist.

37      Die Antragstellerin hat auch nicht nachgewiesen, dass es ihr verwehrt wäre, einen späteren finanziellen Ausgleich im Wege einer Schadensersatzklage zu erlangen (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 10. November 2004, European Dynamics/Kommission, T‑303/04 R, Slg. 2004, II‑3889, Randnr. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung). Soweit dieser Schaden nämlich nicht allein durch die Durchführung des Urteils über die Klage wiedergutgemacht würde, könnte er mittels der in den Art. 268 AEUV und 340 AEUV vorgesehenen Klagen ausgeglichen werden (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 16. Januar 2004, Arizona Chemical u. a./Kommission, T‑369/03 R, Slg. 2004, II‑205, Randnr. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung), wobei die bloße Möglichkeit der Erhebung einer Schadensersatzklage ausreicht, um den grundsätzlich reparablen Charakter eines solchen Schadens zu belegen, trotz der ungewissen Erfolgsaussicht des fraglichen Rechtsstreits (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 14. Dezember 2001, Kommission/Euroalliages u. a., C‑404/01 P [R], Slg. 2001, I‑10367, Randnrn. 70 bis 75, und Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 27. Februar 2002, Euroalliages u. a./Kommission, T‑132/01 R, Slg. 2002, II‑777, Randnr. 52).

38      Infolgedessen lässt das Vorbringen der Antragstellerin nicht den Schluss zu, dass der geltend gemachte finanzielle Schaden nicht wiedergutzumachen ist.

39      Daraus folgt, dass es der Antragstellerin nicht gelungen ist, die Dringlichkeit hinsichtlich des geltend gemachten finanziellen Schadens darzutun.

40      Soweit die Antragstellerin ferner eine Beeinträchtigung ihres Rufs rügt, genügt die Feststellung, dass die Teilnahme an einer öffentlichen Ausschreibung, die ihrer Natur nach ausgeprägten Wettbewerbscharakter hat, Risiken für alle Teilnehmer mit sich bringt und der Ausschluss eines Bieters aufgrund der Ausschreibungsbedingungen als solcher nichts Schädigendes hat. Im Fall des rechtswidrigen Ausschlusses eines Unternehmens von einem Ausschreibungsverfahren gibt es umso weniger Anlass, von der Gefahr einer schweren und nicht wiedergutzumachenden Beeinträchtigung seines Rufs auszugehen, als zum einen der Ausschluss in keinem Zusammenhang mit den Kompetenzen des Unternehmens steht und zum anderen ein anschließendes Nichtigkeitsurteil grundsätzlich die Wiederherstellung seines eventuell geschädigten Rufs ermöglicht (vgl. Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 23. Januar 2009, Unity OSG FZE/Rat, T‑511/08 R, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Im vorliegenden Fall wird die geringe Erheblichkeit der Folgen des Verlusts eines öffentlichen Auftrags für den Ruf eines nicht ausgewählten Bieters dadurch veranschaulicht, dass seit 2004 die Gesellschaft CLL Centres de langues und die Antragstellerin an den verschiedenen Ausschreibungen von Sprachkursen für das Personal der Union teilgenommen haben und die betreffenden öffentlichen Aufträge an jeweils eine der beiden vergeben wurden oder beide sich sogar verschiedene Lose dieser Aufträge geteilt haben, ohne dass der wechselnde Misserfolg der einen bzw. der anderen den Ruf der jeweiligen Gesellschaft so stark beeinträchtigt hätte, dass ihr auch der nächste öffentliche Auftrag entgangen wäre. Das Vorbringen einer Beeinträchtigung des Rufs erfüllt somit nicht die Voraussetzungen der Dringlichkeit.

42      Gleiches gilt für das Vorbringen, wonach die angefochtenen Entscheidungen die Antragstellerin hinderten, zu Wettbewerbszwecken auf die bei der Durchführung des streitigen Auftrags erworbene Erfahrung und Expertise hinzuweisen, während CLL-Allingua, die Zuschlagsempfängerin dieses Auftrags, sich darauf berufen könne. Es genügt nämlich der Hinweis darauf, dass die Antragstellerin den Zuschlag für das Los Nr. 5 des streitigen Auftrags erhalten hat und sie zudem Partei mehrerer Verträge über Sprachkurse mit sonstigen Stellen der Union wie [vertraulich] und [vertraulich] ist. Folglich wurde sie keineswegs von dem fraglichen Wirtschaftssektor völlig ausgeschlossen, sondern kann sich auf die bei der Durchführung dieser Verträge erworbene Erfahrung und Expertise berufen. Da jedenfalls keiner der übrigen, von der Antragstellerin geltend gemachten Schäden die Voraussetzungen der Dringlichkeit erfüllt, kann der Verlust eines solchen Wettbewerbsvorteils, der sich auf einige Lose eines öffentlichen Auftrags beschränkt, für sich allein nicht als schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden eingestuft werden, der den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnungen rechtfertigen würde.

43      Der Antragstellerin ist es somit auch nicht gelungen, die Dringlichkeit hinsichtlich des geltend gemachten immateriellen Schadens darzutun.

44      Daraus folgt, dass die Voraussetzung der Dringlichkeit im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist.

45      Überdies ist darauf hinzuweisen, dass, auch wenn die Dringlichkeit – insbesondere bei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im Bereich des öffentlichen Auftragswesens – in der unabdingbaren Notwendigkeit bestehen kann, so schnell wie möglich einen Zustand zu beseitigen, der dem ersten Anschein nach als eine offenkundige und äußerst schwerwiegende Rechtswidrigkeit und daher als ein besonders ernsthafter fumus boni iuris erscheint (vgl. in diesem Sinne Beschluss Österreich/Rat, Randnr. 110), aus den Akten jedoch offensichtlich nicht hervorgeht, dass die angefochtenen Entscheidungen eine derartige Rechtswidrigkeit aufweisen.

46      Was die Rüge eines Verstoßes gegen die Grundsätze der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung anbelangt (siehe oben, Randnrn. 5 und 7), die insofern auf den ersten Blick allein in Betracht kommen kann, hätte eine solch schwerwiegende und offenkundige Rechtswidrigkeit möglicherweise angenommen werden können, wenn die Antragstellerin unter Vorlage von Belegen geltend gemacht hätte, dass CLL-Allingua den streitigen Auftrag aufgrund der Hilfe eines Bediensteten der Kommission erteilt bekommen habe, der als aktives Mitglied des für das streitige Ausschreibungsverfahren bestellten Bewertungsausschusses einen entscheidenden Einfluss auf die Auswahl dieses Bieters ausgeübt habe, oder der, bevor er aus der Kommission ausgeschieden und bei CLL-Allingua angestellt worden sei, selbst das streitige Ausschreibungsverfahren ausgearbeitet habe und somit seinem neuen Arbeitgeber als Insider einen entscheidenden Vorsprung gegenüber der Antragstellerin verschafft habe.

47      Die in diesem Zusammenhang von der Antragstellerin vorgebrachten Behauptungen sind jedoch deutlich weniger konkret, insofern diese lediglich geltend macht, dass der fragliche ehemalige Bedienstete vor Veröffentlichung der streitigen Auftragsbekanntmachung in der Personalabteilung der Kommission angestellt gewesen sei und in ähnlichen Vergabeverfahren für Verträge über Sprachdienstleistungen für die Unionsorgane an Bewertungsausschüssen teilgenommen habe. Sie bezieht sich zwar außerdem noch auf die Aussagen bestimmter Angehöriger ihres Personals, wonach der genannte ehemalige Bedienstete der Kommission im Verlauf von Gesprächen mit ihnen die bedeutende Rolle, die er bei der Vorbereitung der streitigen Ausschreibung gespielt habe, und seine Verbindungen zu CLL-Allingua betont habe, doch genügt für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes die Feststellung, dass diese Aussagen für sich allein nicht ausreichen, um eine schwerwiegende und offenkundige Rechtswidrigkeit nachzuweisen. Denn zum einen sind sie von geringerem Wert, weil die Angehörigen des Personals der Antragstellerin ein offensichtliches Interesse daran haben, dass der streitige Auftrag an sie vergeben wird, und damit daran, dass sie in dem Verfahren vor dem für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richter Erfolg hat. Zum anderen geht aus den Akten hervor, dass der fragliche Bedienstete Kontakt zu der Antragstellerin aufgenommen hat, um bei ihr angestellt zu werden, was ihn dazu veranlasst haben könnte, seine eigene Bedeutung zu übertreiben, um den gewünschten Posten zu erhalten, so dass hinsichtlich der Tragweite der Behauptungen, die er insofern gemacht haben soll, Vorsicht angebracht ist.

48      Soweit die Antragstellerin schließlich den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnungen unter Berufung auf den allgemeinen Grundsatz des Anspruchs auf umfassenden und effektiven gerichtlichen Rechtsschutz begehrt, ist festzustellen, dass sie ihrer Klageschrift in der Hauptsache keinen Antrag auf ein beschleunigtes Verfahren nach Art. 76a der Verfahrensordnung beigefügt hat. Da die Antragstellerin auf die Möglichkeit einer Behandlung der Hauptsache im beschleunigten Verfahren und somit auf einen beschleunigten gerichtlichen Rechtsschutz verzichtet hat, kann sie nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Zurückweisung ihres Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes als solche ihr Recht auf diesen Schutz verletzen würde.

49      Nach alledem ist der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückzuweisen.

Aus diesen Gründen hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

beschlossen:

1.      Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird zurückgewiesen.

2.      Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Luxemburg, den 11. März 2013

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      M. Jaeger


* Verfahrenssprache: Englisch.


1 – Vertrauliche Angaben unkenntlich gemacht.