Language of document : ECLI:EU:C:2010:4

Rechtssache C-341/08

Domnica Petersen

gegen

Berufungsausschuss für Zahnärzte für den Bezirk Westfalen-Lippe

(Vorabentscheidungsersuchen des Sozialgerichts Dortmund)

„Richtlinie 2000/78/EG – Art. 2 Abs. 5 und Art. 6 Abs. 1 – Verbot der Diskriminierung wegen des Alters – Nationale Bestimmung, die das Höchstalter für die Ausübung des Berufs eines Vertragszahnarztes auf 68 Jahre festlegt – Verfolgtes Ziel – Begriff ‚für den Gesundheitsschutz erforderliche Maßnahme‘ – Kohärenz – Geeignetheit und Angemessenheit der Maßnahme“

Leitsätze des Urteils

1.        Sozialpolitik – Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf – Richtlinie 2000/78 – Verbot der Diskriminierung wegen des Alters

(Richtlinie 2000/78 des Rates, Art. 2 Abs. 5 und Art.  6 Abs. 1)

2.        Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Gleichbehandlung – Diskriminierung wegen des Alters – Verbot – Pflicht der nationalen Gerichte

1.        Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, mit der für die Ausübung des Berufs eines Vertragszahnarztes eine Höchstaltersgrenze, im vorliegenden Fall 68 Jahre, festgelegt wird, entgegensteht, wenn diese Maßnahme nur das Ziel hat, die Gesundheit der Patienten vor dem Nachlassen der Leistungsfähigkeit von Vertragszahnärzten, die dieses Alter überschritten haben, zu schützen, da diese Altersgrenze nicht für Zahnärzte außerhalb des Vertragszahnarztsystems gilt.

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass er einer solchen Maßnahme nicht entgegensteht, wenn diese die Verteilung der Berufschancen zwischen den Generationen innerhalb der Berufsgruppe der Vertragszahnärzte zum Ziel hat und wenn sie unter Berücksichtigung der Situation auf dem betreffenden Arbeitsmarkt zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist.

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, welches Ziel mit der Maßnahme zur Festlegung dieser Altersgrenze verfolgt wird, indem es den Grund für ihre Aufrechterhaltung ermittelt.

(vgl. Randnr. 78, Tenor 1)

2.        Wenn eine innerstaatliche Regelung, mit der eine auf Vertragsärzte anzuwendende Höchstaltersgrenze eingeführt wird, unter Berücksichtigung des mit ihr verfolgten Ziels gegen die Richtlinie 2000/78 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf verstößt, muss das nationale Gericht, bei dem ein Rechtsstreit zwischen einem Einzelnen und einem Verwaltungsorgan anhängig ist, diese Regelung selbst dann unangewendet lassen, wenn sie vor dem Inkrafttreten der Richtlinie erlassen wurde und das nationale Recht die Nichtanwendung einer solchen Regelung nicht vorsieht.

(vgl. Randnr. 81, Tenor 2)