Language of document : ECLI:EU:C:2023:651

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

LAILA MEDINA

vom 7. September 2023(1)

Rechtssache C291/22 P

Debregeas et associés Pharma (D & A Pharma)

gegen

Europäische Kommission,

Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA)

„Rechtsmittel – Humanarzneimittel – Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen – Verfahren bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) – Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) – Konsultation einer wissenschaftlichen Beratergruppe (WBG) oder einer Ad-hoc-Sachverständigengruppe – Verordnung (EG) Nr. 726/2004 – Art. 56 und 62 – Leitlinien für das Überprüfungsverfahren – Unabhängigkeit der Sachverständigen – Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Recht auf eine gute Verwaltung – Gebot der objektiven Unparteilichkeit – Kriterien zur Überprüfung, dass kein Interessenkonflikt besteht – Beratertätigkeiten für ein anderes Pharmaunternehmen“






I.      Einleitung

1.        Die vorliegenden Schlussanträge betreffen ein Rechtsmittel des Pharmaunternehmens D & A Pharma, der Rechtsmittelführerin in dieser Rechtssache, auf Aufhebung des Urteils vom 2. März 2022, D & A Pharma/Kommission und EMA (T‑556/20, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2022:111).

2.        Mit diesem Urteil hat das Gericht die Klage der Klägerin auf Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses der Kommission vom 6. Juli 2020 abgewiesen, mit dem die beantragte Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen des Humanarzneimittels „Hopveus – Natriumoxybat“ nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004(2) verweigert wurde (im Folgenden: streitiger Beschluss).

3.        Insbesondere hat das Gericht zum einen die Auffassung vertreten, dass der streitige Beschluss nicht im Anschluss an ein regelwidriges Verfahren vor der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) ergangen sei; dies gelte vor allem für die Auswahl der Sachverständigengruppe, die dafür zuständig gewesen sei, den von der Rechtsmittelführerin eingereichten Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen zu überprüfen. Zum anderen hat das Gericht die Ansicht vertreten, dass für das Verfahren kein berechtigter Zweifel daran bestehe, dass die im Rahmen dieser Überprüfung tätigen Sachverständigen unabhängig gewesen seien.

4.        Das vorliegende Rechtsmittel gibt dem Gerichtshof die Gelegenheit, den Ermessensspielraum zu bestimmen, über den der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA bei der Einberufung von wissenschaftlichen Beratergruppen (im Folgenden: WBG) oder alternativ von Ad-hoc-Sachverständigengruppen anlässlich des Verfahrens zur Überprüfung eines Antrags auf Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen (im Folgenden: Zulassung) verfügt. Diese Rechtssache ermöglicht es dem Gerichtshof außerdem, sich zu den Voraussetzungen der objektiven Unparteilichkeit zu äußern, die für die Mitglieder der Gruppen gelten, die an der Überprüfung von Zulassungsanträgen beteiligt sind, und zwar insbesondere dann, wenn diese Mitglieder Beratungstätigkeiten für andere Pharmaunternehmen ausüben(3).

II.    Sachverhalt des Rechtsstreits und Ausgangsverfahren

A.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

5.        Die Vorgeschichte des Rechtsstreits wurde vom Gericht in den Rn. 2 bis 12 des angefochtenen Urteils dargelegt und lässt sich für die Zwecke der vorliegenden Schlussanträge wie folgt zusammenfassen.

6.        Am 26. Juni 2018 reichte die Rechtsmittelführerin bei der EMA einen Antrag auf Erteilung einer bedingten Zulassung für das Arzneimittel Hopveus – Natriumoxybat (im Folgenden: Arzneimittel Hopveus) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 507/2006(4) im Rahmen eines zentralisierten Verfahrens ein.

7.        Das Arzneimittel Hopveus, das als Wirkstoff Natriumoxybat enthält, soll die Alkoholabhängigkeit bekämpfen; diese Krankheit wird der vom Gericht beschriebenen Vorgeschichte zufolge allgemein als psychiatrische Störung definiert, die sich schädlich auf die körperliche, mentale und seelische Gesundheit auswirkt, schwerwiegende gesellschaftliche Folgen hat und mit einer chronischen Rückfallwahrscheinlichkeit einhergeht.

8.        Am 17. Oktober 2019 erstattete der CHMP ein ablehnendes erstes Gutachten zu dem oben genannten Antrag, da die Wirksamkeit des Arzneimittels Hopveus nicht ausreichend nachgewiesen worden sei.

9.        Im Nachgang zu dem negativen Gutachten des CHMP ersuchte die Rechtsmittelführerin am 29. Oktober 2019 gemäß Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 726/2004 um eine Überprüfung.

10.      In Reaktion auf die Anmerkungen des CHMP schlug die Rechtsmittelführerin die folgenden überarbeiteten therapeutischen Indikationen vor: zum einen die anhaltende Abstinenz, bei alkoholabhängigen Patienten unter enger medizinischer Überwachung sowie psychosozialer Unterstützung und fortlaufender sozialer Rehabilitation, und zum anderen die Behandlung von alkoholbedingten Entzugserscheinungen ohne Komplikationen oder mit Wahrnehmungsstörungen.

11.      Die Rechtsmittelführerin beantragte außerdem förmlich, dass der CHMP die wissenschaftliche Beratergruppe für den Bereich Psychiatrie (im Folgenden: WBG Psychiatrie) konsultiere. Für die Überprüfung berief der CHMP jedoch eine Ad-hoc-Sachverständigengruppe anstelle der WBG Psychiatrie ein.

12.      Nach einem weiteren ablehnenden Gutachten des CHMP vom 30. April 2020 wurde der Zulassungsantrag der Rechtsmittelführerin mit dem streitigen Beschluss abgelehnt und zur Begründung insbesondere ausgeführt, dass kein Nachweis der Wirksamkeit des Arzneimittels Hopveus erbracht worden sei.

B.      Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

13.      Die Rechtsmittelführerin reichte eine Klage gegen die Europäische Kommission und die EMA ein, mit der sie die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses begehrte.

14.      Sie stützte ihre Klage auf sechs Klagegründe. Die ersten drei Klagegründe bezogen sich auf Verfahrensfehler bei der EMA, während die Klagegründe 4 bis 6 auf einen Rechtsfehler, offensichtliche Beurteilungsfehler und Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt waren.

15.      Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage insgesamt abgewiesen, da es diese Klagegründe für unbegründet hielt.

16.      In den Rn. 21 und 22 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass der streitige Beschluss von der Kommission erlassen worden sei und die Klage daher, soweit sie sich gegen die EMA richte, unzulässig sei. Obwohl das Gericht folglich die Klagegründe nur insoweit behandelt hat, als sich die Klage gegen die Kommission richtete, hat es dennoch insofern die Rechtmäßigkeit des Verfahrens vor der EMA geprüft, als sich die Kommission auf das Gutachten des CHMP stützte, der ein integraler Bestandteil der EMA ist.

17.      Zum ersten Klagegrund, mit dem insoweit ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, als der CHMP eine Ad-hoc-Sachverständigengruppe und nicht die WBG Psychiatrie einberufen habe, hat das Gericht in Rn. 49 des angefochtenen Urteils zunächst ausgeführt, dass sich die EMA im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs durch den Erlass der Leitlinien für das Verfahren zur Überprüfung der Gutachten des CHMP(5) in der Ausübung ihres Ermessens selbst beschränkt habe.

18.      Das Gericht hat sodann in den Rn. 50 und 51 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass sich aus Rn. 6.1 der Leitlinien für das Überprüfungsverfahren in Verbindung mit Art. 11 der Verfahrensordnung des CHMP(6) sowie aus Art. 56 Abs. 2 und Art. 62 Abs. 1 letzter Satz der Verordnung Nr. 726/2004 ergebe, dass der CHMP eine WBG konsultieren müsse, wenn im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens derjenige, der eine Zulassung beantrage, dies wünsche, ohne dass dies jedoch bedeute, dass der Antragsteller das Recht habe, die Art der Sachverständigengruppe zu wählen. Diese Wahl hänge davon ab, ob eine WBG in dem betreffenden Bereich verfügbar sei und ob diese den sachdienlichsten wissenschaftlichen Beitrag leisten könne.

19.      Das Gericht hat in Rn. 58 des angefochtenen Urteils hinzugefügt, dass die Rechtsmittelführerin jedenfalls den Nachweis schuldig geblieben sei, inwiefern die Konsultation der WBG Psychiatrie, zu deren Ergänzung möglicherweise weitere Sachverständige hinzugezogen würden, anstelle der Einberufung einer Ad-hoc-Sachverständigengruppe, die namentlich Mitglieder dieser WBG umfasse, dazu hätte führen können, dass das Überprüfungsverfahren zu einem anderen Ergebnis komme.

20.      In Bezug auf den zweiten Klagegrund, mit dem die fehlende Unparteilichkeit zweier Mitglieder (A und B) der Ad-hoc-Sachverständigengruppe geltend gemacht wird, hat das Gericht in den Rn. 88 bis 92 des angefochtenen Urteils auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Recht auf eine gute Verwaltung hingewiesen, das in Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sei und insbesondere das Erfordernis der Unparteilichkeit umfasse.

21.      In den Rn. 93 bis 96 des angefochtenen Urteils hat das Gericht auf den Wortlaut von Art. 63 Abs. 2 der Verordnung Nr. 726/2004 verwiesen und festgestellt, dass die EMA gemäß dieser Bestimmung die Politik vom 6. Oktober 2016(7) erlassen habe, die in Bezug auf die Beurteilung von pharmazeutischen Produkten den Umfang des Unparteilichkeitserfordernisses klarstelle, indem sie ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der Vermeidung von Interessenkonflikten und der Bereitstellung des besten Fachwissens anstrebe. Darüber hinaus hat das Gericht in Rn. 97 des Urteils festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin nicht behaupte, dass die beiden in Rede stehenden Sachverständigen eine Voreingenommenheit oder persönliche Vorurteile gezeigt hätten. Der zweite Klagegrund war daher nach Ansicht des Gerichts so zu verstehen, dass mit ihm ein Verstoß gegen das Erfordernis der objektiven Unparteilichkeit, der sich aus Interessenkonflikten ergebe, nachgewiesen werden solle. Das Gericht hat jedoch in den Rn. 99 bis 123 des angefochtenen Urteils im Einklang mit der Politik der EMA die Behauptungen von Interessenkonflikten in Bezug auf A und B zurückgewiesen.

22.      Da die Rechtsmittelführerin schließlich auch geltend machte, die Politik vom 6. Oktober 2016 sei nicht ausreichend, um die Unparteilichkeit der im Überprüfungsverfahren tätigen Sachverständigen zu gewährleisten, hat das Gericht in den Rn. 124 bis 136 des angefochtenen Urteils klargestellt, dass unabhängig davon die Tätigkeiten von A und B keinen Anlass zu berechtigten Zweifeln an ihrer Unparteilichkeit geben könnten. In diesem Zusammenhang hat das Gericht hinzugefügt, dass die Schlussfolgerungen der Ad-hoc-Sachverständigengruppe, die für die Überprüfung des Arzneimittels Hopveus einberufen worden sei, von zehn Mitgliedern als Kollegium verabschiedet worden seien und dass nach der Rechtsprechung das Kollegialprinzip eine Garantie der Unparteilichkeit darstelle. Dies gelte umso mehr, wenn wie im vorliegenden Fall die Sachverständigen, deren Unparteilichkeit in Frage gestellt worden sei, keine Leitungs- oder Koordinierungsfunktionen ausübten, die es ihnen ermöglicht hätten, einen maßgeblichen Einfluss auf den Verlauf oder das Ergebnis des Verfahrens zu nehmen.

III. Anträge der Parteien

23.      Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Rechtsmittelführerin,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben,

–        über die vor dem Gericht erhobene Klage durch Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses endgültig zu entscheiden und

–        der Kommission und der EMA die Kosten aufzuerlegen.

24.      Die Kommission und die EMA beantragen,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen und

–        der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

IV.    Rechtliche Würdigung

25.      Die Rechtsmittelführerin stützt ihr Rechtsmittel auf zwei Gründe, mit denen sie die Beurteilung des Gerichts in Bezug auf die Rechtmäßigkeit des Überprüfungsverfahrens in Frage stellt, das von der EMA anlässlich des Erlasses des streitigen Beschlusses durchgeführt worden ist. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund wird gerügt, dass dem Gericht ein Rechtsfehler unterlaufen sei, als es die Auffassung vertreten habe, die Entscheidung, die WBG Psychiatrie nicht einzuberufen, sei nicht rechtswidrig gewesen. Der zweite Rechtsmittelgrund wird auf einen Rechtsfehler des Gerichts bei der Prüfung in Bezug auf das Erfordernis der objektiven Unparteilichkeit der Sachverständigen A und B gestützt.

26.      Zunächst muss ebenso wie in den Rn. 25 bis 30 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen werden, dass die Hauptaufgabe der durch die Verordnung Nr. 726/2004 errichteten EMA darin besteht, durch die Beurteilung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln die Gesundheit von Mensch und Tier zu schützen und zu fördern. Nach Art. 57 Abs. 1 dieser Verordnung erteilt die EMA den Mitgliedstaaten und den Organen der Union den „bestmöglichen wissenschaftlichen Rat“ in Bezug auf alle an sie herangetragenen Fragen der Beurteilung der Qualität, der Sicherheit und der Wirksamkeit von Humanarzneimitteln oder Tierarzneimitteln. Sie ist insbesondere damit betraut, die wissenschaftliche Beurteilung der Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln, die in der Union Zulassungsverfahren unterliegen, zu koordinieren.

27.      Bei Anträgen auf Zulassung von Humanarzneimitteln in der Union, die nach dem in der Verordnung Nr. 726/2004 vorgesehenen zentralisierten Verfahren gestellt werden, beinhaltet dieses Verfahren, dass das betreffende Pharmaunternehmen einen Antrag vorlegt, der von der EMA geprüft und begutachtet wird, und dass ein Beschluss der Kommission über die Zulassung ergeht.

28.      Was das Gutachten der EMA betrifft, so ergibt sich aus Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 726/2004 im Licht ihres 23. Erwägungsgrundes, dass die „alleinige Zuständigkeit“ für die Erstellung des Gutachtens dem CHMP obliegt, der durch Art. 121 der Richtlinie 2001/83/EG(8) eingerichtet wurde.

29.      Nach Art. 56 Abs. 2 der Verordnung Nr. 726/2004 kann der CHMP jedoch ständige oder nicht ständige Arbeitsgruppen einsetzen und im Zusammenhang mit der Beurteilung bestimmter Arten von Arzneimitteln oder Behandlungen wissenschaftliche Beratergruppen einrichten, denen er bestimmte Aufgaben übertragen kann, die mit der Erstellung von wissenschaftlichen Gutachten für die Zulassungsanträge zusammenhängen(9). Nach dieser Bestimmung regelt der CHMP, wenn er diese Art von Gruppen einrichtet, gemäß Art. 61 Abs. 8 der Verordnung Nr. 726/2004 die Einzelheiten ihrer Konsultation in seiner Geschäftsordnung.

30.      Das erste Gutachten des CHMP zu einem Zulassungsantrag kann überprüft werden, wenn der Antragsteller hierum gemäß Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 726/2004 ersucht. Die in Rn. 17 der vorliegenden Schlussanträge genannten Leitlinien für das Überprüfungsverfahren beschreiben, wie dieses Verfahren durchzuführen ist, und geben Hinweise für die Überprüfung der verschiedenen Arten von Stellungnahmen des CHMP, auch was die Konsultation der ständigen WBG oder alternativ von Ad-hoc-Sachverständigengruppen(10) betrifft, die nur für einen bestimmten Anlass gebildet werden. Darüber hinaus hat die EMA ein Dokument verabschiedet, in dem der Auftrag, die Ziele und die Verfahrensregeln für diese Gruppen festgelegt werden(11). Zum Zeitpunkt der Überprüfung des Zulassungsantrags für das Arzneimittel Hopveus gab es acht ständige WBG mit jeweils zwölf Mitgliedern, und zwar namentlich in den Bereichen Herz-Kreislaufprodukte, Antiinfektiva, Diabetes/Endokrinologie, Viruserkrankungen, Neurologie, Onkologie, Psychiatrie und Impfstoffe.

31.      Das endgültige Gutachten des CHMP wird zusammen mit einem Bericht, der seine Beurteilung des Arzneimittels enthält und die Gründe für seine Schlussfolgerungen darlegt, gemäß Art. 9 Abs. 3 der Verordnung Nr. 726/2004 an die Kommission, die Mitgliedstaaten und den Antragsteller übermittelt.

32.      Nach Art. 10 der Verordnung Nr. 726/2004 erstellt die Kommission, unterstützt durch den CHMP, innerhalb von 15 Tagen nach Erhalt seines Gutachtens einen Entwurf einer Entscheidung. Dieser Entscheidungsentwurf wird den Mitgliedstaaten und dem Antragsteller zugeleitet. Die Kommission erlässt anschließend nach dem in Art. 87 Abs. 3 der Verordnung genannten Verfahren einen endgültigen Beschluss, der von dem genannten Gutachten abweichen kann. In diesem Fall fügt die Kommission eine eingehende Begründung für die Abweichung bei.

33.      Die beiden von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Klagegründe sind im Licht der vorstehenden Erwägungen zu prüfen.

A.      Zum ersten Rechtsmittelgrund: rechtsfehlerhafte Auffassung des Gerichts, wonach die Entscheidung, die WBG Psychiatrie nicht einzuberufen, nicht rechtswidrig gewesen sei

34.      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, dem Gericht sei ein Rechtsfehler unterlaufen, als es die Auffassung vertreten habe, dass die Entscheidung des CHMP, die WBG Psychiatrie nicht einzuberufen, den für das Überprüfungsverfahren geltenden Vorschriften entsprochen habe und der EMA daher in diesem Verfahren kein Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften zur Last gelegt werden könne.

35.      Dieser erste Rechtsmittelgrund gliedert sich in zwei Teile, mit denen zum einen insoweit ein Rechtsfehler gerügt wird, als das Gericht die Auffassung vertreten habe, dass die Entscheidung, eine Ad-hoc-Sachverständigengruppe anstelle der WBG Psychiatrie zu konsultieren, nicht regelwidrig gewesen sei, und zum anderen insoweit ein Rechtsfehler gerügt wird, als das Gericht davon ausgegangen sei, dass die Rechtsmittelführerin jedenfalls verpflichtet gewesen sei, nachzuweisen, dass dieser Regelverstoß den Inhalt des streitigen Beschlusses hätte beeinflussen können.

1.      Zum ersten Teil: rechtsfehlerhafte Auffassung des Gerichts, dass die Konsultation einer Ad-hoc-Sachverständigengruppe anstelle der WBG Psychiatrie nicht regelwidrig gewesen sei

36.      Im Rahmen des ersten Teils macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe zu Unrecht befunden, dass die Entscheidung, im das Arzneimittel Hopveus betreffenden Überprüfungsverfahren eine Ad-hoc-Sachverständigengruppe statt der WBG Psychiatrie zu konsultieren, nicht regelwidrig gewesen sei. Im Wesentlichen macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe dadurch, dass es zu einer solchen Schlussfolgerung gelangt sei, gegen Art. 62 Abs. 1 der Verordnung Nr. 726/2004, Art. 11 der Verfahrensordnung des CHMP und Rn. 6.1 der Leitlinien für das Überprüfungsverfahren verstoßen.

37.      Zunächst ergebe sich der Fehler des Gerichts aus der Erwägung, dass dem CHMP selbst dann ein Ermessensspielraum bei der Bestimmung der im Stadium der Überprüfung zu konsultierenden Sachverständigengruppe zustehe, wenn es eine ständige WBG auf dem therapeutischen Gebiet des zu überprüfenden Arzneimittels gebe. Die Rechtsmittelführerin weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der CHMP gemäß Rn. 6.1 der Leitlinien im Fall eines Antrags auf Konsultation einer WBG durch den Antragsteller „systematisch“ die gewünschte WBG konsultieren muss.

38.      Sodann ist die Rechtsmittelführerin der Ansicht, dass selbst unter der Annahme, dass der CHMP über einen Ermessensspielraum verfüge, um eine WBG seiner Wahl zu konsultieren, das Gericht zu Unrecht zu dem Schluss gelangt sei, dass die Konsultation der WBG Psychiatrie im vorliegenden Fall angesichts der spezifischen Merkmale des zu überprüfenden Arzneimittels und der Art der vom CHMP gestellten Fragen nicht sachdienlich gewesen sei.

39.      Ferner wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht auch noch vor, ihr Argument nicht berücksichtigt zu haben, dass ständige WBG einerseits und Ad-hoc-Sachverständigengruppen andererseits demjenigen, der eine Zulassung beantrage, keine gleichwertigen Verfahrensgarantien böten.

40.      Die Kommission und die EMA treten diesem Vorbringen entgegen.

41.      Zunächst machen die Kommission und die EMA geltend, dass die Einberufung der Ad-hoc-Sachverständigengruppe zum Zweck der Überprüfung des Arzneimittels Hopveus in Einklang mit den für dieses Verfahren geltenden Regeln erfolgt sei. In diesem Zusammenhang weisen sie darauf hin, dass angesehene Sachverständige ausgewählt und auch die Mitglieder der WBG Psychiatrie zur Teilnahme eingeladen worden seien. Zudem räumten die Regeln für das Überprüfungsverfahren denjenigen, die eine Zulassung beantragten, nicht das Recht ein, dem CHMP die WBG ihrer Wahl vorzuschreiben, was auch dem Ziel dieser Regeln, nämlich dem Schutz der öffentlichen Gesundheit, entspreche.

42.      Sodann weisen die Kommission und die EMA in Bezug auf Rn. 6.1 der Leitlinien für das Überprüfungsverfahren, die in Verbindung mit Art. 62 Abs. 1 letzter Satz der Verordnung Nr. 726/2004 zu sehen sei, darauf hin, dass es keine systematische Konsultation einer WBG geben könne, wenn eine solche Gruppe für den betreffenden therapeutischen Bereich nicht eingerichtet worden sei. Darüber hinaus könne die Alkoholabhängigkeit zwar als psychiatrische Störung charakterisiert werden, doch handele es sich um eine Erkrankung, die alle medizinischen Bereiche betreffe, was die Konsultation einer Adhoc-Sachverständigengruppe rechtfertige, die durch die Einladung an die Mitglieder der WBG Psychiatrie ergänzt worden sei.

43.      Schließlich betonen die Kommission und die EMA, dass das Arzneimittel Hopveus, um das es im vorliegenden Fall gehe, eine Störung bekämpfen solle, zu der es, da der Wirkstoff dieses Arzneimittels selbst eine Abhängigkeit erzeuge, eher von Sachverständigen aus dem Bereich der Suchtmedizin als von solchen aus dem Gebiet der Psychiatrie eines fachkundigen Beitrags bedürfe.

44.      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der CHMP, wie aus den Rn. 45 bis 48 des angefochtenen Urteils hervorgeht, nach Art. 56 Abs. 2 der Verordnung Nr. 726/2004 im Zusammenhang mit der Beurteilung bestimmter Arten von Arzneimitteln oder Behandlungen WBG einrichten kann, denen er bestimmte Aufgaben übertragen kann, die mit der Erstellung von wissenschaftlichen Gutachten gemäß den Art. 5 und 30 dieser Verordnung zusammenhängen.

45.      Gemäß Art. 62 Abs. 1 Unterabs. 4 letzter Satz der Verordnung Nr. 726/2004 „[kann d]er Antragsteller … verlangen, dass der [CHMP] im Rahmen dieser Überprüfung eine [WBG] konsultiert“.

46.      Art. 11 Abs. 2 der Verfahrensordnung des CHMP bestimmt in dieser Hinsicht, dass „[d]er Antragsteller … beantragen [kann], dass der Ausschuss im Zusammenhang mit der Überprüfung eine [WBG] konsultiert (wenn und soweit diese eingerichtet ist)“ und dass „[i]n diesem Fall … der Ausschuss die Stellungnahme zusätzlicher verfügbarer Sachverständiger ein[holt]“.

47.      Rn. 6.1 der Leitlinien für das Überprüfungsverfahren sieht Folgendes vor:

„Die Entscheidung über die Konsultation einer WBG zu einem Antrag auf Überprüfung hängt unter anderem vom CHMP oder von dem [vom Antragsteller gestellten] Antrag auf Konsultation der WBG durch den CHMP ab.

Falls der Antragsteller [die Konsultation einer] WBG beantragt, sollte er den CHMP so früh wie möglich davon in Kenntnis setzen. Ein solcher Antrag ist hinreichend zu begründen. … Im Falle eines Antrags des Antragstellers auf Konsultation der WBG konsultiert der CHMP die WBG systematisch.

In einem therapeutischen Bereich, für den keine WBG eingerichtet wurde, wird die Stellungnahme zusätzlicher verfügbarer Sachverständiger in Form der Konsultation einer Ad-hoc-Sachverständigengruppe eingeholt.

In seiner Sitzung im Anschluss an den Eingang der schriftlichen Stellungnahme des Antragstellers bei der Agentur oder der ausführlichen Begründung seines Antrags auf Überprüfung der Stellungnahme entscheidet der CHMP über die Konsultation der WBG und deren Zusammensetzung (in Bezug auf Sachverständige, die nicht zum Kernbestand der WBG gehören), und der CHMP verabschiedet eine Liste mit Fragen an die WBG.

Wurde die Liste der Fragen an die WBG nicht auf der Sitzung des CHMP beschlossen, wird sie im schriftlichen Verfahren verabschiedet.

…“

48.      In Rn. 50 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass der CHMP nach dem Wortlaut der oben genannten Bestimmungen verpflichtet sei, eine WBG zu konsultieren, wenn derjenige, der die Zulassung beantrage, hierum im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens ersuche. Das Gericht hat jedoch hinzugefügt, dass aus diesen Bestimmungen nicht hervorgehe, dass sie dem Antragsteller das Recht einräumten, zu wählen, welche Art von Gruppe – d. h. ständige WBG oder Ad-hoc-Sachverständigengruppe – der CHMP konsultieren müsse, wenn der Antragsteller dies beantrage.

49.      Meines Erachtens sollte diese Auslegung der Regeln für das Überprüfungsverfahren bestätigt werden.

50.      Denn wie das Gericht in Rn. 51 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, hängt zum einen die Wahl einer ständigen WBG nach Art. 11 Abs. 2 der Verfahrensordnung des CHMP in Verbindung mit Rn. 6.1 der Leitlinien für das Überprüfungsverfahren von der Verfügbarkeit einer solchen WBG in dem betreffenden Bereich ab. Wie in Nr. 26 der vorliegenden Schlussanträge dargelegt, verpflichtet zum anderen Art. 57 Abs. 1 der Verordnung Nr. 726/2004 die EMA dazu, den Mitgliedstaaten und den Organen der Union den bestmöglichen wissenschaftlichen Rat in Bezug auf alle an sie herangetragenen Fragen der Beurteilung der Qualität, der Sicherheit und der Wirksamkeit von Humanarzneimitteln zu erteilen(12).

51.      Auch wenn, wie die Rechtsmittelführerin geltend macht, Rn. 6.1 der Leitlinien für das Überprüfungsverfahren vorschreibt, dass der CHMP „systematisch“ die gewünschte WBG konsultieren soll, wenn eine solche Konsultation beantragt wird, ist in diesem Zusammenhang davon auszugehen, dass der CHMP über einen Ermessensspielraum bei der Entscheidung darüber verfügt, ob die gewünschte WBG den sachdienlichsten wissenschaftlichen Beitrag in Bezug auf das therapeutische Gebiet des Arzneimittels, das Gegenstand des Überprüfungsverfahrens ist, leisten kann.

52.      Auf Anhieb lässt sich diese Auslegung auf den Wortlaut des ersten Satzes von Rn. 6.1 der Leitlinien für das Überprüfungsverfahren stützen, der durch die Wendung „unter anderem“ hervorhebt, dass die Entscheidung über die Konsultation einer ständigen WBG im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nicht nur davon abhängt, ob eine solche Konsultation vom Antragsteller beantragt wurde.

53.      Darüber hinaus verlangt Rn. 6.1 der Leitlinien vom Antragsteller der Überprüfung, dass er die Forderung nach Konsultation einer ständigen WBG hinreichend begründet. Eine solche Begründungspflicht wäre sinnentleert, wenn die Begründung nicht der anschließenden Beurteilung durch den CHMP unterzogen werden könnte, insbesondere im Hinblick auf die Sachdienlichkeit der geforderten WBG in Bezug auf das therapeutische Gebiet des Arzneimittels, das Gegenstand der Überprüfung ist.

54.      Schließlich ist es auch im Hinblick auf den Grundsatz der Normenhierarchie offenkundig, dass sich aus der Verfahrensordnung des CHMP und den von der EMA für das Überprüfungsverfahren angenommenen Leitlinien keinesfalls Bedingungen in Bezug auf die Verpflichtungen ergeben können, die der Agentur durch eine höherrangige Rechtsnorm wie Art. 57 Abs. 1 der Verordnung Nr. 726/2004 auferlegt werden. Dies wäre aber dann der Fall, wenn die in Art. 11 Abs. 2 der Verfahrensordnung des CHMP eingeräumte Möglichkeit, um die Konsultation einer ständigen WBG zu ersuchen, einerseits und der sich aus Rn. 6.1 der Leitlinien für das Überprüfungsverfahren ergebende Begriff „systematisch“ andererseits so auszulegen wären, dass damit verhindert werden soll, dass der CHMP den Antrag eines Zulassungsbewerbers in Bezug auf die von ihm gewünschte ständige WBG an denjenigen therapeutischen Bereich anpasst, der für das zu überprüfende Arzneimittel am sachdienlichsten ist.

55.      Daraus folgt, dass entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin davon auszugehen ist, dass der CHMP bei der Entscheidung, entweder eine ständige WBG oder eine Ad-hoc-Sachverständigengruppe zu konsultieren, auch dann über einen Ermessensspielraum verfügt, wenn der die Überprüfung des ersten Gutachtens des CHMP Begehrende insoweit einen spezifischen Antrag stellt. Dem Gericht ist meines Erachtens in dieser Hinsicht kein Fehler unterlaufen.

56.      Obwohl ich, insbesondere was den Ermessensspielraum bei der Wahl der für die Überprüfung eines Zulassungsantrags zuständigen Gruppe anbelangt, den im angefochtenen Urteil aufgestellten Prämissen beipflichten kann, halte ich die vom Gericht im Rahmen des vorliegenden Falls gezogenen Schlussfolgerungen für unzutreffend.

57.      Denn wie sich aus Rn. 49 des angefochtenen Urteils ergibt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass jedes betreffende Organ oder jede betreffende Agentur, in diesem Fall die EMA, sich bei der Ausübung ihres Ermessens durch den Erlass von Leitlinien selbst beschränken kann. In diesen Fällen darf das fragliche Organ oder die fragliche Agentur nicht von diesen Leitlinien abweichen, ohne dass dies gegebenenfalls als Verstoß gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Rechtssicherheit oder des Vertrauensschutzes geahndet würde(13).

58.      In dem angefochtenen Urteil hat das Gericht in Rn. 53 festgestellt: „Auch wenn die Bekämpfung der Alkoholabhängigkeit grundsätzlich in den Bereich der Psychiatrie fällt, für den die WBG Psychiatrie zuständig ist, waren die vom CHMP für das Überprüfungsverfahren formulierten Fragen fachspezifischer Natur und umfassten insbesondere die Bereiche Allgemeinmedizin, Psychiatrie, Gastroenterologie sowie Suchtmedizin“.

59.      Aus dieser Randnummer ergibt sich, dass nach der Feststellung des Gerichts – wie auch von der Kommission und der EMA in ihren Schriftsätzen eingeräumt wird – die Psychiatrie eigentlich der maßgebliche Fachbereich für die Beurteilung eines Arzneimittels wie Hopveus ist(14), auch wenn andere Fachbereiche für die Zwecke der Erteilung einer Zulassung für dieses Arzneimittel ebenfalls berücksichtigt werden sollten. Diese Feststellung steht im Einklang mit den Ausführungen des Gerichts in Rn. 2 des angefochtenen Urteils im Rahmen der Vorgeschichte des Rechtsstreits, in der die Alkoholabhängigkeit als eine Krankheit bezeichnet wird, die allgemein als „psychiatrische Störung“ mit schädlichen Auswirkungen auf körperlicher, mentaler und seelischer Ebene definiert wird.

60.      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass gemäß dem bereits erwähnten Art. 11 Abs. 2 der Verfahrensordnung des CHMP die Möglichkeit besteht, auch die Stellungnahme zusätzlicher verfügbarer Sachverständiger einzuholen, wenn ein Antragsteller um die Konsultation einer bestehenden ständigen WBG ersucht.

61.      Insoweit sieht Abschnitt IV der Verfahrensregeln für WBG vor, dass eine ständige WBG sowohl aus einer Hauptgruppe besteht, die für Kontinuität und Kohärenz innerhalb der Gruppe sorgt, als auch, falls erforderlich, aus zusätzlichen Sachverständigen, die zur Teilnahme an einer Sitzung oder einer Reihe von Sitzungen zu einer spezifischen Fragestellung herangezogen werden können, zu der sie über einschlägige Studien, Ausbildung und Berufserfahrung verfügen. Diesem Abschnitt zufolge sollen diese Sachverständigen von Fall zu Fall zusätzliches Fachwissen in spezifischen Bereichen einbringen.

62.      Abschnitt VII Punkt 4 der Verfahrensregeln für WBG legt seinerseits unter der Überschrift „Teilnahme von zusätzlichen Sachverständigen an WBG‑Sitzungen“ fest, dass Vorschläge für zusätzliche Sachverständige auf der Grundlage ihrer Fachkenntnisse auf dem therapeutischen Gebiet oder dem von der WBG bei ihrer Sitzung zu behandelnden Bereich entsprechend der Fragenliste des CHMP für die WBG zu erfolgen haben.

63.      Die genannten Vorschriften lassen mich zu dem Schluss kommen, dass, wenn das Gebiet, das eigentlich für die Beurteilung eines zu überprüfenden Arzneimittels maßgeblich ist, in den Zuständigkeitsbereich einer der von der EMA eingerichteten ständigen WBG fällt, die für diesen Bereich geschaffene WBG auch konsultiert werden muss, selbst wenn insbesondere dann zusätzliche, auf andere Bereiche spezialisierte Mitglieder vorgeschlagen werden können, wenn dies sich als erforderlich erweist, um den sachdienlichsten wissenschaftlichen Beitrag für das zu überprüfende Arzneimittel zu leisten.

64.      Im vorliegenden Fall bin ich der Ansicht, dass die Befassung der WBG Psychiatrie, zu deren Ergänzung noch Sachverständige aus zusätzlichen Bereichen gemäß Abschnitt IV der Verfahrensregeln für WBG hinzugezogen würden, insofern eher der Feststellung des Gerichts in Rn. 53 des angefochtenen Urteils entsprochen hätte, als die Bekämpfung der Alkoholabhängigkeit, die eigentlich in den Bereich der Psychiatrie fällt, von der für diesen Bereich eingerichteten ständigen WBG geprüft werden sollte, unbeschadet der Tatsache, dass andere Fragestellungen, die insbesondere die Allgemeinmedizin, die Gastroenterologie und die Suchtmedizin betreffen, auch die Hinzuziehung zusätzlicher Sachverständiger erforderlich machen können, um eine umfassende Beurteilung des fraglichen Arzneimittels zu gewährleisten(15).

65.      Diese Feststellung berücksichtigt die Erwägung, dass, auch wenn die für das fragliche Verfahren geltenden Bestimmungen dem Zulassungsbewerber nicht das Recht einräumen, zu wählen, welche Art von WBG konsultiert werden soll, der Ermessensspielraum des CHMP, der durch die Verpflichtung zur Erbringung des bestmöglichen wissenschaftlichen Beitrags gemäß Art. 57 der Verordnung Nr. 724/2006 gerechtfertigt ist, nicht so weit gehen darf, dass die Erwartungen der Antragsteller auf Überprüfung enttäuscht werden. Andernfalls würden, wie die Rechtsmittelführerin zu Recht anführt, die Leitlinien für das Überprüfungsverfahren bedeutungslos, und die Wahl der Sachverständigengruppe, die für die Überprüfung einer Zulassung zuständig ist, könnte beliebig werden.

66.      Die vorstehende Schlussfolgerung kann erstens nicht durch die vom Gericht in Rn. 55 des angefochtenen Urteils getroffene Feststellung entkräftet werden, wonach alle Mitglieder der WBG Psychiatrie zum Treffen der Ad-hoc-Sachverständigengruppe „eingeladen“ worden waren und dass drei von ihnen tatsächlich daran teilgenommen haben. Insoweit genügt die Feststellung, dass eine derartige Bildung oder Zusammensetzung der mit der Überprüfung beauftragten Sachverständigengruppe nicht derjenigen entspricht, die im vorliegenden Fall entsprechend meiner Analyse durch die für dieses Verfahren geltenden Bestimmungen vorgeschrieben ist.

67.      Zweitens halte ich das Argument der EMA und der Kommission, wonach Alkoholismus eher in den Bereich der Suchtmedizin und nicht in den der Psychiatrie falle, was die Einberufung einer Adhoc-Sachverständigengruppe rechtfertige, nicht für stichhaltig. Hierzu ist zu bemerken, dass diese Feststellung nicht aus Rn. 53 des angefochtenen Urteils hervorgeht, so dass sie, sofern das Gericht den Sachverhalt nicht falsch dargestellt hat, was die Parteien des Verfahrens vor dem Gerichtshof nicht behaupten, die rechtlichen Schlussfolgerungen in der vorliegenden Rechtssache nicht stützen kann.

68.      Drittens bin ich auch nicht von dem Argument der EMA und der Kommission überzeugt, dass die vom CHMP erstellte Liste von Fragen die Wahl einer Ad-hoc-Sachverständigengruppe anstelle der WBG Psychiatrie rechtfertige. Wie schon dargelegt, ist in dieser Hinsicht festzustellen, dass nach Rn. 6.1 der Leitlinien für das Überprüfungsverfahren „[der CHMP] in seiner Sitzung im Anschluss an den Eingang der schriftlichen Stellungnahme des Antragstellers bei der Agentur … über die Konsultation der WBG und deren Zusammensetzung … [entscheidet] und … eine Liste mit Fragen an die WBG [verabschiedet]“. Daraus folgt, dass die Entscheidung über die Wahl der für die Überprüfung eines Zulassungsantrags zuständigen Gruppe noch vor der Erstellung der Liste der von dieser Gruppe zu prüfenden Fragen erfolgt, was auch damit übereinstimmt, dass gemäß derselben Randnummer der Leitlinien für das Überprüfungsverfahren die Liste der Fragen an die WBG, wenn sie nicht auf der Sitzung des CHMP angenommen wurde, zu einem späteren Zeitpunkt – und damit nach der Wahl der WBG – in einem schriftlichen Verfahren angenommen wird.

69.      Aus den dargelegten Gründen schlage ich dem Gerichtshof daher vor, festzustellen, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, indem es in Rn. 56 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Entscheidung, anstelle der WBG Psychiatrie eine Adhoc-Sachverständigengruppe zu konsultieren, die möglicherweise durch weitere Sachverständige ergänzt werde, den für das Verfahren zur Überprüfung von Zulassungsanträgen geltenden Regeln entsprochen habe und dass diese Entscheidung daher nicht regelwidrig gewesen sei. Es muss nicht geprüft werden, ob die ständigen WBG und die Adhoc-Sachverständigengruppen dem Antragsteller einer Zulassung gleichwertige Verfahrensgarantien böten oder nicht, wie die Rechtsmittelführerin vorsorglich geltend macht.

70.      Dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist meines Erachtens stattzugeben.

2.      Zum zweiten Teil: rechtsfehlerhafte Auffassung des Gerichts, dass die Rechtsmittelführerin jedenfalls verpflichtet gewesen sei, nachzuweisen, dass der Regelverstoß des CHMP den Inhalt des streitigen Beschlusses hätte beeinflussen können

71.      Im Rahmen des zweiten Teils macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, indem es davon ausgegangen sei, dass die Rechtsmittelführerin, selbst wenn man einräumte, dass dem CHMP bei der Überprüfung seines ersten Gutachtens ein Verfahrensfehler unterlaufen sei, nicht habe nachweisen können, dass die Konsultation der WBG Psychiatrie anstelle einer Adhoc-Sachverständigengruppe am Ende des Verfahrens zu einem anderen Ergebnis hätte führen können.

72.      Zum einen trägt die Rechtsmittelführerin vor, dass der CHMP verpflichtet gewesen sei, hinsichtlich des Arzneimittels Hopveus die WBG Psychiatrie zu konsultieren, so wie er diese WBG auch hinsichtlich des Arzneimittels Selincro konsultiert habe. Die Rechtsmittelführerin fügt hinzu, dass das Ergebnis des streitigen Beschlusses möglicherweise anders ausgefallen wäre, wenn der CHMP die WBG Psychiatrie konsultiert hätte, wie er es bei der Bewertung des Arzneimittels Selincro getan habe. Die Rechtsmittelführerin wirft dem Gericht außerdem vor, dass es die Arzneimittel Selincro und Hopveus insoweit als nicht vergleichbar angesehen habe.

73.      Zum anderen trägt die Rechtsmittelführerin vor, dass das Gericht, selbst wenn festgestellt werden sollte, dass die Arzneimittel Hopveus und Selincro keine vergleichbaren Arzneimittel seien, dennoch einen Rechtsfehler begangen habe, indem es die Verfahrensfehler in Bezug auf die Organisation und das Fachwissen der Adhoc-Sachverständigengruppe, die mit der Überprüfung des Arzneimittels Hopveus beauftragt gewesen sei, nicht erkannt habe.

74.      Die Kommission und die EMA weisen dieses Vorbringen zurück.

75.      Die Rechtsmittelführerin trage vor, die Auswirkung auf das Gutachten des CHMP, die sich aus der Entscheidung ergebe, eine Adhoc-Sachverständigengruppe und nicht die WBG Psychiatrie einzuberufen, sei rechtlich falsch bewertet worden. Dieses Vorbringen könne nach Auffassung der Kommission und der EMA nicht durchgreifen. Insbesondere weisen die Kommission und die EMA darauf hin, dass drei Mitglieder der WBG Psychiatrie an der Sitzung der Adhoc-Sachverständigengruppe teilgenommen hätten und dass sie den Antworten, die die Gruppe auf die Fragen des CHMP gegeben habe, einstimmig zugestimmt hätten. Unter diesen Umständen könne nicht angenommen werden, dass der streitige Beschluss einen anderen Inhalt gehabt hätte, wenn die WBG Psychiatrie konsultiert worden wäre.

76.      Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Rn. 59 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass nach ständiger Rechtsprechung ein Verfahrensfehler nur dann zur Nichtigerklärung bzw. Aufhebung der Entscheidung, die am Ende des fraglichen Verwaltungsverfahrens erlassen worden sei, führe, wenn das Verfahren ohne diese Regelwidrigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Auf dieser Grundlage ist das Gericht in Rn. 65 des Urteils zu dem Schluss gekommen, dass, selbst unterstellt, dass der CHMP zu Unrecht die Ad-hoc-Sachverständigengruppe anstelle der WBG Psychiatrie einberufen hätte, eine solche Konsultation im Licht der von der Rechtsmittelführerin vorgebrachten Argumente nicht zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Insbesondere hat das Gericht befunden, dass eine Konsultation der WBG Psychiatrie für das Arzneimittel Hopveus nicht schon durch die bloße Tatsache gerechtfertigt gewesen wäre, dass eben diese ständige WBG für das Arzneimittel Selincro konsultiert worden sei, da diese beiden Arzneimittel für die Zwecke des Überprüfungsverfahrens nicht vergleichbar seien.

77.      Der Gerichtshof hat, auch in dem vom Gericht zitierten Urteil vom 18. Juni 2020, Kommission/RQ (C‑831/18 P, EU:C:2020:481), wiederholt entschieden, dass eine Verletzung der Verteidigungsrechte, insbesondere des Rechts auf Anhörung, nur dann zur Nichtigerklärung bzw. Aufhebung der Entscheidung, die am Ende des fraglichen Verwaltungsverfahrens erlassen wurde, führt, wenn das Verfahren ohne diese Regelwidrigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. In dieser Hinsicht hat der Gerichtshof auch klargestellt, dass von einem Rechtsmittelführer, der eine Verletzung seiner Verteidigungsrechte rügt, nicht der Nachweis verlangt werden darf, dass die Entscheidung des betreffenden Unionsorgans inhaltlich anders ausgefallen wäre, sondern lediglich, dass dies nicht völlig ausgeschlossen ist(16). Diese Frage ist zudem anhand der speziellen tatsächlichen und rechtlichen Umstände des konkreten Falls zu beurteilen(17).

78.      Im vorliegenden Fall ist jedoch festzustellen, dass sich der Vorwurf der Rechtsmittelführerin in Bezug auf das Verfahren zur Überprüfung des Arzneimittels Hopveus nicht auf eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte, insbesondere ihres Rechts auf Anhörung, stützte. Im Gegenteil: Die Rechtsmittelführerin machte im Rahmen ihrer Nichtigkeitsklage vor dem Gericht im Wesentlichen geltend, dass der CHMP gegen die wesentlichen Formvorschriften des Verfahrens – namentlich hinsichtlich Wahl und Zusammensetzung der Gruppe, die mit der Überprüfung des ersten ihren Zulassungsantrag betreffenden Gutachtens betraut war – verstoßen habe, indem er rechtswidrig entschieden habe, eine Ad-hoc-Sachverständigengruppe anstelle der WBG Psychiatrie zu konsultieren.

79.      In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass, wie Generalanwalt Fennelly in seinen Schlussanträgen in den Rechtssachen Kommission/ICI erläutert und veranschaulicht hat(18), die Verfahrenserfordernisse, die innerlich mit der Bildung und Ausformung des Willens der entscheidenden Behörde zusammenhängen, wesentliche Formvorschriften sind, deren Einhaltung im öffentlichen Interesse liegt. Diese Erfordernisse, die über die subjektiven Rechte oder Interessen einer Partei im Verwaltungsverfahren hinausgehen, stellen objektive Rechtmäßigkeitskriterien des Unionsrechts dar, so dass jede Nichtbeachtung die Nichtigerklärung des folgenden Rechtsakts unabhängig davon zur Folge hat, ob das Ergebnis des Verfahrens ein anderes hätte sein können, wären sie befolgt worden(19). Dies gilt insbesondere für Verfahrensregeln, die die Organe oder Agenturen der Union entweder sich selbst gegeben haben oder die ihnen vorgegeben worden sind(20).

80.      Ich merke an, dass sich die vorstehende Argumentation in der Rechtsprechung des Gerichtshofs wiederfindet, der in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, dass die Nichtbeachtung der Verfahrensvorschriften über den Erlass einer beschwerenden Maßnahme eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften darstellt. Für solche Fälle hat der Gerichtshof festgelegt, dass der Unionsrichter, wenn er bei der Untersuchung des betreffenden Rechtsakts zu dem Ergebnis kommt, dass dieser nicht ordnungsgemäß erlassen wurde, die Konsequenzen aus der Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift zu ziehen und folglich den mit einem solchen Fehler behafteten Rechtsakt für nichtig zu erklären hat(21).

81.      Daraus folgt, dass, wenn das Verhalten des betroffenen europäischen Organs oder der betroffenen europäischen Agentur einen Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften des Verfahrens darstellt, wie sie in den anwendbaren Vorschriften festgelegt sind, von der Rechtsmittelführerin nicht verlangt werden kann, nachzuweisen, dass ein anderes Ergebnis möglich gewesen wäre, wenn die Regeln befolgt worden wären.

82.      Im vorliegenden Fall wäre selbst dann, wenn dem vom Gericht gewählten Ansatz zugestimmt werden könnte, meines Erachtens davon auszugehen, dass das Ergebnis dieser Überprüfung anders hätte ausfallen können, denn die Zusammensetzung der Gruppe der im Überprüfungsverfahren konsultierten Sachverständigen wäre im Fall einer Einberufung der WBG Psychiatrie sowohl hinsichtlich der Anzahl als auch der Identität ihrer Mitglieder eine andere gewesen(22); das Gericht musste nicht wie in dem angefochtenen Urteil prüfen, ob die Arzneimittel Hopveus und Selincro vergleichbar waren oder nicht. Eine weiter gehende Nachweisführung zulasten der Rechtsmittelführerin hinsichtlich eines möglicherweise anderen Ergebnisses des Überprüfungsverfahrens könnte die oben in Rn. 80 zitierte Rechtsprechung verfälschen, die nur den Nachweis der bloßen Wahrscheinlichkeit eines solchen Ergebnisses verlangt.

83.      Jedenfalls bin ich der Ansicht, dass das Gericht es versäumt hat, die von der Rechtsmittelführerin geltend gemachte Regelwidrigkeit als Verstoß gegen die wesentlichen Formvorschriften dieses Verfahrens zu prüfen, indem es für eine Regelwidrigkeit, die die Zusammensetzung der Gruppe von Sachverständigen betrifft, die mit der wissenschaftlichen Bewertung im Verfahren zur Überprüfung von Zulassungsanträgen betraut ist, eine Rechtsprechung herangezogen hat, die sich insbesondere auf die Rechte der von einem Verwaltungsverfahren betroffenen Parteien, wie etwa die Verteidigungsrechte, bezieht.

84.      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die fehlende oder nicht ordnungsgemäße Konsultation einer Stelle oder eines Ausschusses – wie im vorliegenden Fall der WBG Psychiatrie – vom Gerichtshof allgemein als Verstoß gegen ein wesentliches Verfahrenserfordernis angesehen wurde(23), da sie den Inhalt der betreffenden Maßnahme beeinträchtigen kann und gleichzeitig ihre Rechtmäßigkeit nicht mehr gewährleistet werden kann(24). Dies gilt umso mehr, wenn wie im vorliegenden Fall, und wie ich in den Nrn. 29 bis 32 der vorliegenden Schlussanträge dargelegt habe, die Konsultation der Sachverständigengruppe – entweder einer ständigen oder einer Adhoc-Gruppe – die wissenschaftliche Stellungnahme, die die Beurteilung des CHMP am Ende des Überprüfungsverfahrens stützt, und letztlich den Beschluss über die Annahme oder Ablehnung eines Zulassungsantrags beeinflusst.

85.      Daraus folgt, dass der von der Rechtsmittelführerin im Rahmen ihrer Nichtigkeitsklage geltend gemachte Regelverstoß hinsichtlich der nicht ordnungsgemäßen Konsultation der Adhoc-Sachverständigengruppe – vorausgesetzt, dieser behauptete Verstoß erweist sich als begründet – zur Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses führen musste, ohne dass die Rechtsmittelführerin eine zusätzliche Beweislast zu tragen hätte. Auch in diesem Zusammenhang erübrigt sich die Argumentation bezüglich des Vergleichs der jeweiligen Überprüfungsverfahren für die Arzneimittel Hopveus und Selincro.

86.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof daher vor, die von der Rechtsmittelführerin im Rahmen des vorliegenden Teils erhobene Rüge als begründet anzusehen und zu entscheiden, dass das Gericht in Rn. 58 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen hat, indem es davon ausgegangen ist, dass, selbst wenn man einräumte, dass anlässlich der Überprüfung seines ersten Gutachtens der CHMP sich zu Unrecht für die Konsultation der WBG Psychiatrie anstelle einer Adhoc-Sachverständigengruppe entschieden hat, die Rechtsmittelführerin den Nachweis schuldig geblieben sei, inwiefern ein solcher Regelverstoß dazu hätte führen können, dass das Überprüfungsverfahren im vorliegenden Fall zu einem anderen Ergebnis komme.

87.      Dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist meines Erachtens stattzugeben, und ebenso ist dem ersten Rechtsmittelgrund insgesamt stattzugeben.

B.      Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler des Gerichts bei der Beurteilung in Bezug auf das Erfordernis der objektiven Unparteilichkeit der Sachverständigen A und B

88.      Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, dass es die Auffassung vertreten habe, dem Ablauf des Überprüfungsverfahrens unter Einschaltung der Adhoc-Sachverständigengruppe hafte kein Mangel an objektiver Unparteilichkeit an, insbesondere was die Sachverständigen A und B betreffe.

89.      Zunächst ist die Rechtsmittelführerin der Ansicht, dass das Gericht bei der Prüfung ihres zweiten Nichtigkeitsgrundes, mit dem sie einen Verstoß gegen den Grundsatz der objektiven Unparteilichkeit geltend gemacht habe, einen falschen rechtlichen Maßstab – genauer gesagt den der subjektiven Unparteilichkeit – angelegt habe. Sodann macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass das Gericht unzutreffend beurteilt habe, ob die Tätigkeiten der Sachverständigen A und B mit dem Grundsatz der objektiven Unparteilichkeit vereinbar seien. Schließlich ist die Rechtsmittelführerin der Auffassung, das Gericht habe insofern einen Rechtsfehler begangen, dass es nicht festgestellt habe, dass die Politik vom 6. Oktober 2016 unzureichend sei, um die objektive Unparteilichkeit der im Rahmen des Verfahrens zur Überprüfung eines Arzneimittels tätigen Sachverständigen zu gewährleisten.

90.      Die Kommission und die EMA treten diesem Vorbringen entgegen.

91.      Ihnen zufolge hat die EMA eine sehr genaue Abwägung zwischen der notwendigen Unparteilichkeit und dem Erfordernis einer fundierten Fachkenntnis vorgenommen. Anhang I der Politik vom 6. Oktober 2016 bringe diese Abwägung zum Ausdruck. Darüber hinaus habe das Gericht zu Recht festgestellt, dass die Schlussfolgerungen der Adhoc-Sachverständigengruppe von allen Mitgliedern gemeinsam angenommen worden seien und dass der Grundsatz der Kollegialität als Garantie für objektive Unparteilichkeit diene. Schließlich sei das Gericht auch zu Recht zu dem Schluss gekommen, dass keine der von der Rechtsmittelführerin in Frage gestellten Tätigkeiten von A und B einen Interessenkonflikt im Sinne der Politik vom 6. Oktober 2016 darstellen könne.

92.      Gemäß Art. 41 Charta der Grundrechte hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von der Union unparteiisch behandelt werden.

93.      Nach ständiger Rechtsprechung umfasst dieses Unparteilichkeitsgebot zum einen die subjektive Unparteilichkeit in dem Sinne, dass kein Mitglied des betroffenen Organs, das mit der Sache befasst ist, Voreingenommenheit oder persönliche Vorurteile an den Tag legen darf, und zum anderen die objektive Unparteilichkeit in dem Sinne, dass das Organ hinreichende Garantien bieten muss, um jeden berechtigten Zweifel in dieser Hinsicht auszuschließen(25).

94.      Was die objektive Unparteilichkeit des CHMP angeht, so hat der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung ausgeführt, dass diese beeinträchtigt sein kann, wenn eine Ämterkollision zu einem Interessenkonflikt bei einem seiner Mitglieder führen könnte, und zwar unabhängig vom persönlichen Verhalten dieses Mitglieds(26). Soweit der CHMP gemäß Art. 56 Abs. 2 der Verordnung Nr. 726/2004 bestimmte Aufgaben im Zusammenhang mit der Erstellung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu Zulassungsanträgen delegieren kann, ist diese Rechtsprechung so zu verstehen, dass sie entsprechend auch für Sachverständige in den zu diesen Zwecken eingesetzten Beratergruppen gilt.

95.      Darüber hinaus hat die EMA, wie das Gericht in den Rn. 93 bis 96 des angefochtenen Urteils ausführt, gemäß Art. 63 Abs. 2 der Verordnung Nr. 726/2004 die Politik vom 6. Oktober 2016 verabschiedet, ein umfassendes Dokument, das unterschiedslos alle Arzneimittel betrifft(27) und für die Mitglieder der Ausschüsse und die Sachverständigen der WBG und der Ad-hoc-Gruppen gilt(28). Ziel dieser Politik ist es, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der Vermeidung von Interessenkonflikten und der Bereitstellung des bestmöglichen Fachwissens für die Beurteilung und Überwachung von Arzneimitteln in der Union zu finden(29).

96.      Zu diesem Zweck sind in Einklang mit einem weiten Ermessensspielraum(30) Beschränkungen für die Teilnahme einer Person an der Arbeit der EMA im Hinblick auf drei Kriterien festgelegt, und zwar die Art der offengelegten Interessen, der Zeitraum, in dem die einzelnen Interessen bestanden haben, und die Art der Tätigkeiten, an denen der Sachverständige teilnimmt(31). Das letztgenannte Kriterium berücksichtigt sowohl die Gruppe, in der die Person mitarbeitet (wissenschaftlicher Ausschuss wie der CHMP, Arbeitsgruppe oder WBG), als auch ihre Funktion (insbesondere Vorsitzender oder stellvertretender Vorsitzender, Mitglied oder Sachverständiger). Diese Beschränkungen sind in einer Tabelle im Anhang der Politik vom 6. Oktober 2016 aufgeführt.

97.      Insbesondere bestimmt diese Tabelle (in englischer Sprache) für den Fall eines Sachverständigen, der ein gegenwärtiges Interesse („current interest“) durch die Erbringung von Beratungsleistungen für ein Pharmaunternehmen zu einem einzelnen Arzneimittel („consultancy to company, individual medicinal product“) verfolgt(32), dass dieser Sachverständige nicht Mitglied des CHMP sein kann, wohl aber Mitglied einer ständigen WBG oder einer Adhoc-Sachverständigengruppe für die Bewertung von Arzneimitteln. Die einzige Ausnahme, die in diesem Zusammenhang gilt, betrifft die Bewertung des Arzneimittels, für das der Sachverständige seine Beratungsdienste erbringt („No involvement with respect to procedures involving the relevant medicinal product …“).

98.      Im Gegensatz dazu darf nach dieser Tabelle ein Sachverständiger, der ein gegenwärtiges Interesse („current interest“) durch die Erbringung allgemeiner Beratungsleistungen oder strategischer Beratung für ein oder mehrere Pharmaunternehmen („consultancy to company, cross medicinal products/general“ bzw. „strategic advisory role for company, cross medicinal products/general“) verfolgt, nicht an einer WBG oder Adhoc-Sachverständigengruppe teilnehmen.

99.      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass gemäß der Tabelle im Anhang der Politik vom 6. Oktober 2016 ein Sachverständiger, wenn er ein gegenwärtiges Interesse („current interest“) als Forschungsleiter („principal investigator“) der klinischen Studie zu einem Arzneimittel verfolgt(33), einer WBG oder einer Ad-hoc-Sachverständigengruppe zum Zweck eines Überprüfungsverfahrens, auch in Bezug auf das von seinen Forschungsaufgaben betroffene Arzneimittel, angehören, aber nicht an den abschließenden Beratungen und Abstimmungen in Bezug auf dieses Arzneimittel teilnehmen darf.

100. Im vorliegenden Fall hat das Gericht, was erstens den Sachverständigen A betrifft, in Rn. 117 des angefochtenen Urteils Folgendes festgestellt:

„[A]us den Antworten des [Sachverständigen] A auf die Ersuchen der EMA um Klarstellungen vom 5. Februar und 2. April 2020 geht hervor, dass die fraglichen Beratungstätigkeiten für Servier im Januar 2016 und für Sanofi Pasteur im Februar 2015 beendet worden waren. Dagegen stellte sich heraus, dass die genannten Beratungstätigkeiten für die Unternehmen Janssen und Lundbeck zum Zeitpunkt der Sitzung des Ad-hoc-Sachverständigenausschusses am 6. April 2020 noch andauerten. In diesem Zusammenhang muss, wie die [Rechtsmittelführerin] geltend macht, die Tatsache, dass [der Sachverständige] A der EMA in seiner E‑Mail vom 2. April 2020 mitgeteilt hat, dass seine letzte Beratungstätigkeit für die beiden letztgenannten Unternehmen in den Monat März 2020 falle, nicht zwangsläufig bedeuten, dass diese Tätigkeiten im März 2020 beendet waren und dass er zum Zeitpunkt der genannten Sitzung kein gegenwärtiges Interesse innerhalb der pharmazeutischen Industrie verfolgte.“

101. Entgegen dem Vorbringen der Kommission und der EMA in der mündlichen Verhandlung führt die Feststellung des Gerichts in Rn. 117 des angefochtenen Urteils dazu, dass der Sachverständige A gemäß der Tabelle im Anhang der Politik vom 6. Oktober 2016 als Erbringer allgemeiner Beratungsleistungen für ein oder mehrere Pharmaunternehmen („consultancy to company, cross medicinal products/general“), insbesondere der Unternehmen Janssen und Lundbeck, und nicht als Erbringer von Beratungsleistungen für ein Pharmaunternehmen zu einem einzelnen Arzneimittel („consultancy to company, individual medicinal product“) einzustufen ist.

102. Entsprechend der Politik vom 6. Oktober 2016 hätte eine solche Feststellung das Gericht daher zu dem Ergebnis führen müssen, dass der Sachverständige A, solange er diese Tätigkeiten ausübte, keiner Sachverständigengruppe angehören durfte, die mit der Überprüfung eines Zulassungsantrags betraut ist.

103. Zum einen ist das Gericht jedoch in Rn. 118 des angefochtenen Urteils zu dem Schluss gelangt, dass die Tätigkeit des Sachverständigen A kein Hindernis für seine Mitgliedschaft in der Adhoc-Sachverständigengruppe, die zum Zweck der Überprüfung des Zulassungsantrags für das Arzneimittel Hopveus eingesetzt worden sei, darstelle, sofern die von diesem Sachverständigen für die Pharmaindustrie erbrachten Beratungsleistungen keine Konkurrenzprodukte beträfen.

104. Zum anderen hat das Gericht in Rn. 119 des angefochtenen Urteils hinzugefügt, dass der Sachverständige A, selbst wenn er nachweislich Beratungstätigkeiten für Konkurrenzprodukte von Hopveus ausgeübt hätte, berechtigt gewesen sei, an der Adhoc-Sachverständigengruppe teilzunehmen, die mit der Überprüfung des Arzneimittels Hopveus betraut gewesen sei, da ihm in dieser Gruppe keine leitende oder koordinierende Rolle – Vorsitzender, stellvertretender Vorsitzender, Berichterstatter oder Ähnliches – zugefallen sei.

105. Ich weise darauf hin, dass die Schlussfolgerungen, die das Gericht aus der Feststellung in Rn. 117 des angefochtenen Urteils gezogen hat, nicht mit denen der Politik vom 6. Oktober 2016 übereinstimmen, insbesondere in Bezug auf Sachverständige, die allgemeine Beratungsleistungen für ein oder mehrere Pharmaunternehmen erbringen. Denn wie in Rn. 98 der vorliegenden Schlussanträge dargelegt, verbietet diese Politik die Teilnahme solcher Sachverständigen – sei es in der Rolle eines Vorsitzenden bzw. Koordinators, sei es als einfaches Mitglied – am Überprüfungsverfahren für Arzneimittel vor der EMA, solange sie ein gegenwärtiges Interesse in der Pharmaindustrie verfolgen.

106. Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass das angefochtene Urteil nicht den in der Politik vom 6. Oktober 2016 enthaltenen Regeln folgt, da das Gericht zu dem Schluss hätte gelangen müssen, dass diese Regeln die Teilnahme des Sachverständigen A am Verfahren zur Überprüfung des Zulassungsantrags für Hopveus untersagten.

107. Im Übrigen genügt es, hinzuzufügen, dass der Begriff „Konkurrenzprodukt“(34) nach der Politik vom 6. Oktober 2016 nur in bestimmten Fallkonstellationen relevant ist, die sich von dem vom Gericht im angefochtenen Urteil festgestellten Fall unterscheiden. Das Gericht hat also, indem es davon ausging, dass es für die Beurteilung der Unparteilichkeit des Sachverständigen A erforderlich sei, zu prüfen, ob das von der Firma Lundbeck hergestellte und vertriebene Selincro ein Konkurrenzprodukt zu dem Arzneimittel Hopveus sei, seiner Prüfung ein Kriterium hinzugefügt, das für den vorliegenden Fall nicht relevant war.

108. Das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, dass der Sachverständige A keine objektive Unparteilichkeit besitze, sollte daher als begründet angesehen werden.

109. Was zweitens den Sachverständigen B betrifft, so hat das Gericht in den Rn. 103 bis 112 des angefochtenen Urteils zum einen festgestellt, dass seine Tätigkeit als Forschungsleiter für das Produkt mit dem Namen „AD 04“ seiner Teilnahme an der Bewertung des Arzneimittels Hopveus insofern nicht entgegenstehe, als diese beiden Produkte unterschiedliche klinische Ziele verfolgten und auf unterschiedliche Patientengruppen abzielten und daher keine Konkurrenzprodukte seien. Zum anderen hat das Gericht die Auffassung vertreten, dass die von der Rechtsmittelführerin gerügten Interessen des Sachverständigen B zum Zeitpunkt der Sitzung der Ad-hoc-Sachverständigengruppe nicht mehr gegenwärtig bestanden hätten und sich jedenfalls auf Produkte bezögen, die nicht mit dem Arzneimittel Hopveus konkurrierten.

110. In Anbetracht der Tabelle im Anhang der Politik vom 6. Oktober 2016 ist festzuhalten, dass die Beurteilung des Gerichts hinsichtlich des angeblichen Interessenkonflikts des Sachverständigen B zutreffend ist.

111. Denn in Bezug auf das Produkt „AD 04“ unterfiel die Tätigkeit des Sachverständigen B keinem Verbot im Sinne der Politik vom 6. Oktober 2016, da diese Politik, wie unter Rn. 99 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt, die Teilnahme eines Mitglieds einer Adhoc-Sachverständigengruppe an den abschließenden Beratungen und der Abstimmung nur dann verbietet, wenn das Überprüfungsverfahren dasselbe Produkt betrifft wie dasjenige, für das dieser Sachverständige als Forschungsleiter tätig ist, was hier nicht der Fall ist – und zwar ohne dass geprüft werden müsste, ob es sich bei den beiden Arzneimitteln um Konkurrenzprodukte handelte. Hinsichtlich der übrigen von der Rechtsmittelführerin gerügten Tätigkeiten genügt die Feststellung, dass diese, insofern sie zum Zeitpunkt der Sitzung der Adhoc-Sachverständigengruppe nicht mehr gegenwärtig bestanden, nach der Politik vom 6. Oktober 2016 ebenfalls keinen Interessenkonflikt begründen konnten.

112. Daraus folgt, dass die von der Rechtsmittelführerin in Bezug auf den Sachverständigen B erhobenen Vorwürfe unbegründet sind und ihnen daher nicht stattgegeben werden sollte.

113. Demnach muss, da die von der Rechtsmittelführerin vorgebrachten Behauptungen hinsichtlich der fehlenden objektiven Unparteilichkeit des Sachverständigen A zutreffen, die Schlussfolgerung gezogen werden, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, indem es die Auffassung vertreten hat, dem Ablauf des Überprüfungsverfahrens unter Einschaltung der Adhoc-Sachverständigengruppe hafte kein Mangel an objektiver Unparteilichkeit an. Es ist in diesem Zusammenhang nicht erforderlich, das vorsorgliche Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu prüfen, das sich darauf bezieht, ob die Politik vom 6. Oktober 2016 ausreiche, um die Einhaltung des in Art. 41 der Charta verankerten Grundsatzes der objektiven Unparteilichkeit zu gewährleisten.

114. Dem zweiten Rechtsmittelgrund sollte daher meiner Meinung nach stattgegeben werden.

C.      Schlussbemerkungen

115. In den Nrn. 69 und 114 der vorliegenden Schlussanträge schlage ich dem Gerichtshof vor, den von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Rechtsmittelgründen stattzugeben, die erstens auf die unterlassene Konsultation der WBG Psychiatrie und zweitens auf eine Missachtung des Erfordernisses der objektiven Unparteilichkeit in Bezug auf den Sachverständigen A gestützt sind, der Teil der mit der Überprüfung des von der Rechtsmittelführerin eingereichten Zulassungsantrags betrauten Ad-hoc-Sachverständigengruppe war. Das angefochtene Urteil wäre daher entweder auf der Grundlage beider Rechtsmittelgründe oder aufgrund eines der beiden Rechtsmittelgründe aufzuheben.

116. Nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof, wenn er die Entscheidung des Gerichts aufhebt, den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, sofern dieser zur Entscheidung reif ist. Wie aus meiner Analyse der beiden von der Rechtsmittelführerin vorgebrachten Gründe hervorgeht, befürworte ich das im vorliegenden Fall.

117. Schließlich entscheidet der Gerichtshof nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Rechtsmittelführerin im vorliegenden Fall beantragt hat, der Kommission und der EMA die vor dem Gericht und dem Gerichtshof entstandenen Kosten aufzuerlegen, und die Kommission und die EMA meiner Ansicht nach unterliegen müssen, sollten sie zur Tragung der Kosten der Rechtsmittelführerin und ihrer eigenen Kosten verurteilt werden.

V.      Ergebnis

118. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor,

–        das Urteil vom 2. März 2022, D & A Pharma/Kommission und EMA (T‑556/20, EU:T:2022:111), aufzuheben;

–        der Nichtigkeitsklage stattzugeben, die D & A Pharma in erster Instanz gegen den Durchführungsbeschluss der Kommission vom 6. Juli 2020 erhoben hat, mit dem der Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen des Humanarzneimittels Hopveus – Natriumoxybat gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur abgelehnt wurde, und diesen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        der Europäischen Kommission und der Europäischen Arzneimittel-Agentur die Kosten aufzuerlegen.


1      Originalsprache: Französisch.


2      Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. 2004, L 136, S. 1).


3      Zu demselben Thema vgl. das kürzlich ergangene Urteil vom 22. Juni 2023, Deutschland und Estland/Pharma Mar und Kommission (C‑6/21 P und C‑16/21 P, EU:C:2023:502).


4      Verordnung der Kommission vom 29. März 2006 über die bedingte Zulassung von Humanarzneimitteln, die unter den Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates fallen (ABl. 2006, L 92, S. 6).


5      Procedural Advice on the Re-examination of CHMP Opinions (Leitlinien für das Verfahren zur Überprüfung der Gutachten des CHMP; im Folgenden: Leitlinien für das Überprüfungsverfahren), verfügbar unter folgender Internetadresse: www.ema.europa.eu/en/documents/regulatory-procedural-guideline/procedural-advice-re-examination-chmp-opinions_en.pdf.


6      Committee for Medicinal Products for Human Use – Rules of Procedure (Ausschuss für Humanarzneimittel – Verfahrensordnung, im Folgenden: Verfahrensordnung des CHMP), verfügbar unter folgender Internetadresse: www.ema.europa.eu/documents/other/chmp-rules-procedure_en.pdf.


7      European Medicines Agency policy on the handling of competing interests of scientific committees’ members and experts (Politik der EMA zum Umgang mit konkurrierenden Interessen von Mitgliedern wissenschaftlicher Ausschüsse und Sachverständigen, im Folgenden: Politik vom 6. Oktober 2016), verfügbar unter folgender Internetadresse: www.ema.europa.eu/en/documents/other/policy-44-european-medicines-agency-policy-handling-declarations-interests-scientific-committees_en.pdf. Eine neue Version der Politik der EMA, die auf diesen Fall zeitlich nicht anwendbar ist, wurde am 15. Dezember 2022 verabschiedet und trat am 1. Januar 2023 in Kraft.


8      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. 2001, L 311, S. 67).


9      Vgl. auch 25. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 726/2004.


10      Vgl. Rn. 1 der Leitlinien für das Überprüfungsverfahren.


11      Mandate, objectives and rules of procedure for the scientific advisory groups (SAGs) and ad-hoc experts groups (Auftrag, Ziele und Verfahrensregeln für WBG und Ad-hoc-Sachverständigengruppen), verfügbar unter folgender Internetadresse: www.ema.europa.eu/en/documents/other/mandate-objectives-rules-procedure-scientific-advisory-groups-sags-Ad-hoc-experts-groups_en.pdf (im Folgenden: Verfahrensregeln für WBG). Diese Regeln wurden gemäß Art. 56 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 61 Abs. 8 der Verordnung Nr. 726/2004 verabschiedet.


12      Vgl. auch 19. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 726/2004.


13      Vgl. entsprechend Urteil vom 8. März 2016 Griechenland/Kommission (C‑431/14 P, EU:C:2016:145, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).


14      Vgl. auch die von der Rechtsmittelführerin angeführte Internationale Klassifikation der Krankheiten der Weltgesundheitsorganisation, in der die Alkoholabhängigkeit zu den „mentalen, verhaltensbezogenen oder die neurologische Entwicklung betreffenden Störungen“ gezählt wird, verfügbar unter folgender Internetadresse: https://icd.who.int/browse11/l-m/fr#/http%3a%2f%2fid.who.int%2ficd%2fentity%2f1580466198.


15      Es ist festzuhalten, dass der Ermessensspielraum des CHMP bei der Feststellung, ob die von einem Antragsteller gewünschte WBG den sachdienlichsten wissenschaftlichen Beitrag leisten kann, zwar vom Unionsrichter überprüft werden kann (vgl. entsprechend Urteil vom 8. Juli 2010, Afton Chemical, C‑343/09, EU:C:2010:419, Rn. 34), sich diese Frage im vorliegenden Fall aber nicht stellt, da die Rechtsmittelführerin die in Rn. 53 des angefochtenen Urteils getroffene Feststellung nicht in Frage stellt, sondern die vom Gericht aus dieser Feststellung gezogenen Rechtsfolgen im Licht der für das Überprüfungsverfahren geltenden Vorschriften beanstandet.


16      Vgl. u. a. Urteil vom 1. Oktober 2009, Foshan Shunde Yongjian Housewares & Hardware/Rat (C‑141/08 P, EU:C:2009:598, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).


17      Vgl. u. a. Urteil vom 10. September 2013, G. und R. (C‑383/13 PPU, EU:C:2013:533, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).


18      Schlussanträge des Generalanwalts Fennelly in den Rechtssachen Kommission/ICI (C‑286/95 P und C‑287/95 P, EU:C:1999:578, Nrn. 22 bis 26).


19      Schlussanträge des Generalanwalts Fennelly in den Rechtssachen Kommission/ICI (C‑286/95 P und C‑287/95 P, EU:C:1999:578, Nr. 28). Vgl. auch Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Spanien/Kommission (C‑114/17 P, EU:C:2018:309, Nr. 95).


20      Schlussanträge des Generalanwalts Fennelly in den Rechtssachen Kommission/ICI (C‑286/95 P und C‑287/95 P, EU:C:1999:578, Nr. 28).


21      Urteil vom 20. September 2017, Tilly-Sabco/Kommission (C‑183/16 P, EU:C:2017:704, Rn. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung).


22      Insoweit genügt es, im Hinblick auf Rn. 130 des angefochtenen Urteils festzuhalten, dass die Ad-hoc-Sachverständigengruppe, die zur Beurteilung der Überprüfung des Arzneimittels Hopveus einberufen wurde, aus zehn Mitgliedern bestand, von denen nur drei der WBG Psychiatrie angehörten, während diese ständige WBG zum Zeitpunkt ihrer Einrichtung aus zwölf Mitgliedern bestand.


23      Vgl. hierzu Urteil vom 20. September 2017, Tilly-Sabco/Kommission (C‑183/16 P, EU:C:2017:704, Rn. 115), und Schlussanträge des Generalanwalts Fennelly in den Rechtssachen Kommission/ICI (C‑286/95 P und C‑287/95 P, EU:C:1999:578, Nr. 24).


24      Vgl. Gnes, M., „Administrative Procedure and Judicial Review in the European Union“, Judicial Review of Administration in Europe, Oxford University Press, 2021, S. 49.


25      Vgl. Urteil vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission (C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 155 und die dort angeführte Rechtsprechung).


26      Urteil vom 27. März 2019, August Wolff und Remedia/Kommission (C‑680/16 P, EU:C:2019:257, Rn. 30).


27      Urteil vom 22. Juni 2023, Deutschland und Estland/Pharma Mar und Kommission (C‑6/21 P und C‑16/21 P, EU:C:2023:502, Rn. 46).


28      Vgl. Politik vom 6. Oktober 2016, Abschnitt 2, unter der Überschrift „Anwendungsbereich“.


29      Vgl. Politik vom 6. Oktober 2016, Punkt 4.1.


30      Urteil vom 22. Juni 2023, Deutschland und Estland/Pharma Mar und Kommission (C‑6/21 P und C‑16/21 P, EU:C:2023:502, Rn. 52).


31      Vgl. Politik vom 6. Oktober 2016, Punkt 4.2.1.2.


32      Für eine Definition des Begriffs „consultancy to a pharmaceutical company“ vgl. Politik vom 6. Oktober 2016, Punkt 3.2.1.1.


33      Für eine Definition des Begriffs „principal investigator“ vgl. Politik vom 6. Oktober 2016, Punkt 3.2.1.2.


34      Für eine Definition des Begriffs „rival product“ vgl. Politik vom 6. Oktober 2016, Punkt 3.2.2.