Language of document : ECLI:EU:C:2024:228

Rechtssache C291/22 P

Debrégeas et associés Pharma SAS (D & A Pharma)

gegen

Europäische Kommission
und
Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA)

 Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 14. März 2024

„Rechtsmittel – Humanarzneimittel – Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen – Unabhängigkeit der vom Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) konsultierten Sachverständigen – Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Recht auf eine gute Verwaltung – Erfordernis der objektiven Unparteilichkeit – Kriterien zur Prüfung des Fehlens von Interessenkonflikten – Politik der EMA in Bezug auf konkurrierende Interessen – Tätigkeiten als leitender Forscher, Berater oder Strategieberater für die pharmazeutische Industrie – Konkurrierende Produkte – Überprüfungsverfahren – Verordnung (EG) Nr. 726/2004 – Art. 56, 62 und 63 – Leitlinien der EMA – Konsultation einer wissenschaftlichen Beratergruppe (WBG) oder einer Ad-hoc-Sachverständigengruppe“

1.        Rechtsangleichung – Humanarzneimittel – Genehmigung für das Inverkehrbringen – Erfordernis der objektiven Unparteilichkeit und der Unabhängigkeit der Mitglieder wissenschaftlicher Ausschüsse und der Sachverständigen der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) – Tragweite – Vom Ausschuss für Humanarzneimittel konsultierte Sachverständige – Kriterien für die Feststellung des Vorliegens eines Interessenkonflikts – Verstoß gegen das Erfordernis der objektiven Unparteilichkeit – Pflicht, konkrete Indizien für die Parteilichkeit beizubringen – Fehlen

(Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 41 Abs. 1; Verordnung Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 63 Abs. 2)

(vgl. Rn. 73-76, 78-80)

2.        Rechtsangleichung – Humanarzneimittel – Genehmigung für das Inverkehrbringen – Erfordernis der objektiven Unparteilichkeit und der Unabhängigkeit der Mitglieder wissenschaftlicher Ausschüsse und der Sachverständigen der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) – Ermessen der EMA – Grenzen

(Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 41 Abs. 1, Art. 51 Abs. 1 und Art 52 Abs. 1; Verordnung Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 57 Abs. 1)

(vgl. Rn. 84-88)

3.        Rechtsangleichung – Humanarzneimittel – Genehmigung für das Inverkehrbringen – Erfordernis der objektiven Unparteilichkeit und der Unabhängigkeit der Mitglieder wissenschaftlicher Ausschüsse und der Sachverständigen der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) – Vorliegen konkurrierender Interessen – Konkurrierendes Produkt – Begriff – Beurteilung der Austauschbarkeit oder Substituierbarkeit – Kriterien

(Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 41 Abs. 1; Verordnung Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates)

(vgl. Rn. 97-102)

4.        Rechtsangleichung – Humanarzneimittel – Genehmigung für das Inverkehrbringen – Verfahren zur Überprüfung des Gutachtens des Ausschusses für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) – Verlangen nach Konsultation einer für den therapeutischen Bereich eines Produkts errichteten wissenschaftlichen Beratergruppe – Dem Ausschuss für Humanarzneimittel obliegende Beurteilung der Errichtung einer solchen Gruppe – Keine Konsultation der genannten Gruppe, obwohl es sie gibt – Offensichtliche Ermessensüberschreitung des Ausschusses für Humanarzneimittel

(Verordnung Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 62 Abs. 1)

(vgl. Rn. 142-150, 157)

Zusammenfassung

Der Gerichtshof gibt dem von der Debrégeas et associés Pharma SAS (D & A Pharma) (im Folgenden: D & A Pharma) gegen das Urteil des Gerichts in der Rechtssache D & A Pharma/Kommission und EMA (im Folgenden: angefochtenes Urteil)(1) eingelegten Rechtsmittel statt. Dabei stellt er die Tragweite der Grundsätze klar, die bei dem von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) durchgeführten Verfahren für die Beurteilung von Arzneimitteln beachtet werden müssen.

Die Rechtsmittelführerin stellte bei der EMA einen Antrag auf bedingte Zulassung des Arzneimittels Hopveus gemäß der Verordnung Nr. 507/2006(2). Der Ausschuss für Humanarzneimittel (im Folgenden: CHMP) erstattete ein ablehnendes Gutachten zu diesem Antrag. Im Anschluss an einen gemäß der Verordnung Nr. 726/2004(3) gestellten Antrag auf Überprüfung dieses Gutachtens berief der CHMP eine Ad-hoc-Sachverständigengruppe ein, an der u. a. ein Sachverständiger mitwirkte, der zugleich leitender Forscher für das Arzneimittel AD 04 war. Diese Sachverständigengruppe erstattete ebenfalls ein ablehnendes Gutachten, woraufhin die Kommission den Antrag auf bedingte Zulassung am 6. Juli 2020 ablehnte (im Folgenden: streitiger Beschluss).

Nach der Abweisung der von der Rechtsmittelführerin gegen den streitigen Beschluss erhobenen Klage hat sie das vorliegende Rechtsmittel gegen das angefochtene Urteil eingelegt.

Würdigung durch den Gerichtshof

i) Zum Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die objektive Unparteilichkeit des CHMP und damit der EMA beeinträchtigt ist, wenn sich aus einer Ämterkollision ein Interessenkonflikt bei einem der Mitglieder des CHMP ergeben kann, und zwar unabhängig vom persönlichen Verhalten dieses Mitglieds. Ein solcher Verstoß kann zur Rechtswidrigkeit des am Ende des Verfahrens von der Kommission erlassenen Beschlusses führen. Die objektive Unparteilichkeit des CHMP wird auch dann beeinträchtigt, wenn ein Sachverständiger, der sich in einem Interessenkonflikt befindet, zu der Sachverständigengruppe gehört, die vom CHMP im Rahmen der Überprüfung konsultiert wird, die zum Gutachten der EMA und zum Beschluss der Kommission über den Zulassungsantrag führt.

Die Meinungsäußerung der vom CHMP einberufenen Sachverständigengruppe hat nämlich einen potenziell entscheidenden Einfluss auf das Gutachten der EMA und mittels dieses Gutachtens auf den Beschluss der Kommission. Jedes Mitglied dieser Gruppe kann die vertraulichen Erörterungen und Beratungen in der Gruppe, unter Umständen erheblich, beeinflussen.

Daher führt entgegen den Ausführungen des Gerichts ein Interessenkonflikt bei einem Mitglied der vom CHMP konsultierten Sachverständigengruppe zu einem wesentlichen Verfahrensfehler. Der Umstand, dass die Sachverständigengruppe am Ende ihrer Erörterungen und Beratungen ihre Meinung als Kollegium zum Ausdruck bringt, beseitigt diesen Mangel nicht.

Von Personen, deren Angelegenheiten von einem Organ, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union bearbeitet werden, kann nicht verlangt werden, dass sie konkrete Indizien für die Parteilichkeit beibringen. Die objektive Unparteilichkeit ist nämlich anhand von Kriterien zu beurteilen, die vom spezifischen Verhalten der betreffenden Sachverständigen unabhängig sind.

Zu den Kriterien, die es ermöglichen sollen, sich der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Personen, die zur Erstellung der wissenschaftlichen Gutachten der EMA beitragen, zu vergewissern, führt der Gerichtshof erstens aus, dass das weite Ermessen, über das die EMA verfügt, damit sie das ihr gesetzte Ziel angesichts der von ihr vorzunehmenden komplexen technischen Beurteilungen wirksam erreichen kann, u. a. in der Festlegung dieser Kriterien zum Ausdruck kommt.

Ungeachtet dieses weiten Ermessens und der Bedeutung des verfolgten öffentlichen Interesses ist die EMA jedoch bei der Ausübung ihrer Befugnisse an die Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gebunden, wonach jede Einschränkung der Ausübung der Rechte und Freiheiten den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren muss.

Daraus folgt, dass die EMA, auch wenn die Einhaltung der dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung, die an die Notwendigkeit anknüpft, über den bestmöglichen wissenschaftlichen Rat zu verfügen, es rechtfertigen kann, das dem Grundrecht auf eine gute Verwaltung zu entnehmende Erfordernis der objektiven Unparteilichkeit zu relativieren, den Wesensgehalt dieses Grundrechts und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten muss. Insbesondere darf sie nicht unter dem Deckmantel, die Zahl verfügbarer Sachverständiger maximieren zu wollen, Beschränkungen für die Ausübung ihres Mandats vorsehen, die unzureichend erscheinen, um ein unparteiisches Verfahren zu gewährleisten. Dies wäre der Fall, wenn Sachverständige, deren Tätigkeiten zeigen, dass ein aktuelles Interesse in Bezug auf ein Produkt besteht, das mit dem Produkt, für das ein Zulassungsantrag gestellt wurde, konkurriert, der Sachverständigengruppe angehören können, die vom CHMP zur Überprüfung dieses Zulassungsantrags einberufen wird.

Zweitens stellt der Gerichtshof fest, dass in der Politik der EMA in Bezug auf konkurrierende Interessen der Begriff „konkurrierendes Produkt“ definiert wird als „ein Arzneimittel, das mit demselben klinischen Ziel (eine bestimmte Krankheit zu behandeln, zu verhindern oder zu diagnostizieren) auf eine ähnliche Patientengruppe abzielt und potenziell im wirtschaftlichen Wettbewerb steht“.

Diese Definition spiegelt das Kriterium wider, anhand dessen in der Rechtsprechung des Gerichtshofs beurteilt wird, ob zwei Arzneimittel auf einem bestimmten Markt miteinander konkurrieren. Nach dieser Rechtsprechung ist das der Fall, wenn die Produkte für dieselbe therapeutische Indikation austauschbar oder substituierbar sind.

Daher ist auf der Grundlage einer Prüfung, mit der geklärt werden soll, welchen Grad der Austauschbarkeit oder Substituierbarkeit AD 04 und Hopveus, die beide zur Behandlung der Alkoholabhängigkeit entwickelt wurden, im Fall ihrer Vermarktung hätten, auf das Bestehen oder das Fehlen eines potenziellen wirtschaftlichen Wettbewerbs zwischen ihnen zu schließen.

Diese Beurteilung der Austauschbarkeit oder Substituierbarkeit darf nicht allein anhand der objektiven Eigenschaften der beiden Produkte vorgenommen werden. Die Prüfung des potenziellen wirtschaftlichen Wettbewerbs zwischen den in Rede stehenden Produkten muss nämlich auf einer Gesamtwürdigung der bei der Beurteilung, ob die Patienten und ihre verschreibenden Ärzte in dem einen Produkt eine echte Alternative zum anderen sehen können, in Betracht kommenden Gesichtspunkte beruhen.

Das Gericht hat keine solche Gesamtwürdigung vorgenommen, denn es hat die Möglichkeit eines wirtschaftlichen Wettbewerbs mit der Begründung ausgeschlossen, dass AD 04 und Hopveus unterschiedliche klinische Ziele verfolgten und auf unterschiedliche Patientengruppen abzielten, und zwar AD 04 auf diejenigen, die ihren Alkoholkonsum einschränken wollten, und Hopveus auf diejenigen, die ganz auf Alkohol verzichten wollten.

Insoweit geht der Gerichtshof davon aus, dass der bloße Intensitätsunterschied beim Umfang der therapeutischen Wirkung von zwei Produkten zur Behandlung derselben Erkrankung gerade dazu angetan ist, einige an dieser Erkrankung leidende Patienten zu veranlassen, im Rahmen ihrer Behandlung nach Maßgabe der Entwicklung ihrer Symptome oder von Erwägungen ihrer verschreibenden Ärzte zur therapeutischen Zweckmäßigkeit und Wirksamkeit eines der Produkte durch das andere zu ersetzen.

Daraus folgt, dass das Gericht es unterlassen hat, zu prüfen, ob die genannten Produkte in Anbetracht insbesondere des Umstands, dass die Entwicklung der Behandlung desselben Patienten seinen Arzt dazu veranlassen kann, ihm während der Behandlung nach Maßgabe der Symptome und von Erwägungen zur therapeutischen Zweckmäßigkeit und Wirksamkeit alternativ beide Produkte zu verschreiben, miteinander in Wettbewerb treten konnten.

Drittens führt der Gerichtshof aus, dass die EMA ihre Politik in Bezug auf konkurrierende Interessen jedenfalls im Einklang mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union auszulegen und anzuwenden hat.

Im vorliegenden Fall schreibt die Politik in Bezug auf konkurrierende Interessen für Sachverständige, die ein aktuelles konkurrierendes Interesse als leitender Forscher haben, eine Maßnahme zur Risikominimierung vor, wonach sie bei Verfahren, in denen es um das „betreffende Arzneimittel“ geht, „nur an den Erörterungen“ mitwirken dürfen, nicht aber an „den abschließenden Beratungen und … der Abstimmung“. Diese Maßnahme zur Risikominimierung kann nicht in dem Sinne ausgelegt oder angewandt werden, dass ein Sachverständiger, der gleichzeitig leitender Forscher für ein Produkt ist, das mit dem betreffenden Produkt konkurriert, an den Arbeiten einer Sachverständigengruppe teilnehmen kann, die vom CHMP im Verfahren zur Überprüfung eines Zulassungsantrags für das betreffende Produkt konsultiert wird, denn sonst würde der Schutz der objektiven Unparteilichkeit in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt.

Bei einer solchen Beteiligung wäre naturgemäß nicht gewährleistet, dass das fragliche Überprüfungsverfahren unparteiisch abläuft. Die Versagung einer Zulassung des konkurrierenden Produkts, das Gegenstand der Überprüfung ist, kann nämlich für das Unternehmen, das die von einem solchen Sachverständigen ausgeübte Tätigkeit als leitender Forscher initiiert und/oder fördert, von erheblichem wirtschaftlichem Interesse sein.

Daraus folgt, dass das angefochtene Urteil mit einem Rechtsfehler behaftet ist, da die vom Gericht vorgenommene Auslegung der Politik in Bezug auf konkurrierende Interessen mit dem Grundsatz der objektiven Unparteilichkeit unvereinbar ist.

Desgleichen können die für Sachverständige geltenden Einschränkungen – im Sinne der Politik in Bezug auf konkurrierende Interessen – entgegen den Ausführungen des Gerichts nicht dahin ausgelegt und angewandt werden, dass ein Berater oder Strategieberater für individuelle Arzneimittel eines pharmazeutischen Unternehmens der vom CHMP zur Überprüfung des Zulassungsantrags für ein Produkt, das mit einem dieser individuellen Arzneimittel konkurriert, einberufenen Ad-hoc-Sachverständigengruppe angehören kann. Eine solche Auslegung ist nämlich ebenfalls mit dem Grundsatz der objektiven Unparteilichkeit unvereinbar.

Mithin greift der Rechtsmittelgrund, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz der objektiven Unparteilichkeit gerügt wird, durch und rechtfertigt die Aufhebung des angefochtenen Urteils.

ii) Zur Klage vor dem Gericht

Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass sich aus den Leitlinien für das Überprüfungsverfahren eine Verpflichtung der EMA ergibt, dass der CHMP systematisch eine wissenschaftliche Beratergruppe (im Folgenden: WBG) konsultiert, wenn der Antragsteller rechtzeitig und mit hinreichender Begründung eine solche Konsultation verlangt. Ferner geht aus ihnen hervor, dass es sich dabei um die für den therapeutischen Bereich, zu dem das fragliche Produkt gehört, errichtete WBG handeln muss und dass eine Ad-hoc-Sachverständigengruppe einberufen wird, wenn es für diesen Bereich keine WBG gibt.

Der CHMP muss in seiner Eigenschaft als zuständiger Ausschuss der EMA die von ihr aufgestellten Verhaltensregeln anwenden, zu denen die Leitlinien für das Überprüfungsverfahren gehören. Nach ständiger Rechtsprechung beschränken Organe, Einrichtungen oder sonstige Stellen der Union, wenn sie Verhaltensnormen erlassen und durch deren Veröffentlichung ankündigen, dass sie diese auf die von ihnen erfassten Fälle anwenden werden, nämlich die Ausübung ihres Ermessens.

Aufgrund der von der EMA sich selbst auferlegten Beschränkung ihres Ermessens, die gleichermaßen für den CHMP gilt, geht der Gerichtshof davon aus, dass der CHMP die Grenzen seines Ermessens offensichtlich überschreitet, wenn er beschließt, eine Ad-hoc-Sachverständigengruppe einzuberufen, obwohl er festgestellt hat, dass die therapeutische Indikation des fraglichen Produkts zumindest überwiegend zu einem therapeutischen Bereich gehört, für den eine WBG errichtet wurde, oder wenn er seinen Beschluss, eine Ad-hoc-Sachverständigengruppe einzuberufen, auf Elemente stützt, die bereits seine Behandlung des Überprüfungsantrags in der Sache betreffen, oder auf hypothetische Erwägungen.

Der Gerichtshof führt hierzu aus, dass die Konsultation der WBG es dem CHMP ermöglicht, eine Stellungnahme der ständigen Sachverständigen dieser WBG zu erhalten. Zudem kann diese sogenannte „Kerngruppe“ der WBG durch zusätzliche Sachverständige ergänzt werden, die auf die Behandlung der durch die Fragen, die der CHMP zu stellen beabsichtigt, aufgeworfenen spezifischen Probleme spezialisiert sind. Die Konsultation eines solchen Kreises von Sachverständigen, der zum einen eine Gruppe umfasst, die aufgrund ihres ständigen Charakters und ihrer ausgewogenen Zusammensetzung für Kontinuität und Kohärenz bei der Behandlung der Dossiers sorgt, und zum anderen zusätzliche Sachverständige, die auf die Behandlung spezifischer, im Rahmen der Überprüfung aufgeworfener Probleme spezialisiert sind, gewährleistet die Erteilung des „bestmöglichen wissenschaftlichen Rates“ und ermöglicht es damit der EMA, der ihr übertragenen Aufgabe nachzukommen.

Unter diesen Umständen ist es nicht zulässig, in einem therapeutischen Bereich, für den eine WBG errichtet wurde, eine Ad-hoc-Sachverständigengruppe einzuberufen, weil der CHMP sie für besser geeignet hält, seine Fragen zu beantworten, als die errichtete, gegebenenfalls durch zusätzliche Sachverständige verstärkte WBG.

Der Gerichtshof schließt daraus, dass die Entscheidung, anstelle der WBG Psychiatrie eine Ad-hoc-Sachverständigengruppe einzuberufen, einen Fehler darstellt, mit dem das Verfahren zur Verabschiedung des Gutachtens der EMA behaftet ist. Aufgrund dessen ist das Verfahren zum Erlass des streitigen Beschlusses selbst mit einem Formfehler behaftet.

Der Gerichtshof erklärt den streitigen Beschluss daher für nichtig.


1      Urteil vom 2. März 2022, D & A Pharma/Kommission und EMA (T‑556/20, EU:T:2022:111).


2      Verordnung (EG) Nr. 507/2006 der Kommission vom 29. März 2006 über die bedingte Zulassung von Humanarzneimitteln, die unter den Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates fallen (ABl. 2006, L 92, S. 6).


3      Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Unionsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. 2004, L 136, S. 1).