Language of document : ECLI:EU:C:2017:286

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NILS WAHL

vom 6. April 2017 (1)

Rechtssache C177/16

Biedrība „Autortiesību un komunicēšanās konsultāciju aģentūra – Latvijas Autoru apvienība“

gegen

Konkurences padome

(Vorabentscheidungsersuchen des Augstākā tiesa [Oberster Gerichtshof, Lettland])

„Art. 102 AEUV – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Auswirkung auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten – Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung – Unangemessene Preise – Für die Verhängung einer Geldbuße relevanter Umsatz“






1.        Gibt es so etwas wie unangemessene Preise?

2.        Auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts haben verschiedene Rechtsordnungen in Bezug auf diese Frage verschiedene Entscheidungen getroffen. Beispielsweise wird in einer Reihe von ihnen, u. a. in den Vereinigten Staaten, in einem Verhalten von Unternehmen mit Marktmacht, das Kunden lediglich ausnutzt, im Allgemeinen kein Verstoß gegen diese Rechtsvorschriften gesehen. Die Entscheidung der Verfasser der EU-Verträge ist jedoch eindeutig eine andere: Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV erfasst als eine Art der verbotenen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung ein Verhalten, das in „der unmittelbaren oder mittelbaren Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen“ besteht.

3.        Allerdings ist die Kommission in ihrer Praxis äußerst zurückhaltend, von dieser Bestimmung gegen von beherrschenden Unternehmen praktizierte (angeblich) hohe Preise Gebrauch zu machen. Meines Erachtens zu Recht. Es besteht insbesondere einfach keine Notwendigkeit, diese Bestimmung auf einem freien und wettbewerbsorientierten Markt anzuwenden: Ohne Schranken für den Markteintritt sollten hohe Preise normalerweise neue Marktteilnehmer anziehen. Der Markt müsste sich dementsprechend selbst korrigieren.

4.        Anders mag es sich indes bei Märkten darstellen, auf denen Markteintritt oder ‑expansion rechtlichen Schranken unterliegen, insbesondere solchen, auf denen ein gesetzliches Monopol besteht. Es kann nämlich Märkte geben, die aufgrund ihrer Besonderheiten nicht effizient funktionieren, wenn sie für den Wettbewerb offen sind. Ebenso kann eine Regierung berechtigte politische Gründe haben, den Wettbewerb auf einem bestimmten Markt zu beschränken und hierdurch ökonomische Effizienz zu opfern, um andere öffentliche Ziele zu verfolgen.

5.        Genau dies ist im Ausgangsverfahren der Fall.

6.        Die vorliegende Rechtssache gibt dem Gerichtshof Gelegenheit, die Voraussetzungen zu klären, unter denen es gegen Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV verstoßen kann, wenn ein beherrschendes Unternehmen hohe Preise erzwingt. Die vorliegende Rechtssache betrifft mit anderen Worten Preise, die von beherrschenden Unternehmen festgesetzt werden und missbräuchlich sein können, weil sie, wenn sie überhöht sind, Kunden ausnutzen. Sie betrifft dagegen nicht Preise, die missbräuchlich sein können, weil sie eine Ausschlusswirkung auf Wettbewerber haben.

I.      Rechtlicher Rahmen

A.      Lettisches Recht

7.        Art. 13 Abs. 4 des Konkurences likums (Wettbewerbsgesetz) hat den gleichen Wortlaut wie Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV.

II.    Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

8.        Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die Autortiesību un komunicēšanās konsultāciju aģentūra – Latvijas Autoru apvienība (im Folgenden: AKKA/LAA), vergibt in ihrer Eigenschaft als Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung Lizenzen für die öffentliche Aufführung von Musikwerken in Geschäften und Dienstleistungszentren. Die Tarife für diese Lizenzen sind von der Fläche der Räumlichkeiten abhängig. AKKA/LAA verfügt in Lettland über ein gesetzliches Monopol.

9.        Bereits im Jahr 2008 verhängte die Konkurences padome (Wettbewerbsrat, Lettland) eine Geldbuße gegen AKKA/LAA wegen Missbrauchs einer beherrschenden Stellung, da Letztere überhöhte Tarife für die Urhebervergütung angewandt hatte. Die Höhe der verhängten Geldbuße wurde auf der Grundlage des Umsatzes der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung abzüglich der davon als Vergütung an Urheber weitergegebenen Beträge berechnet.

10.      Im Jahr 2011 führte AKKA/LAA sodann neue Tarife für die Urhebervergütung ein, bezüglich deren der Wettbewerbsrat im Jahr 2012 ein Verfahren einleitete. Um zu beurteilen, ob die Tarife gerechtfertigt waren, verglich diese Behörde sie sowohl mit den in den Nachbarländern Litauen und Estland geltenden Tarifen, die als in Bezug auf Verbrauchsgewohnheiten, Wirtschaft und Bruttoinlandsprodukt Lettland relativ ähnlich angesehen wurden, als auch – zu Illustrationszwecken – mit den Tarifen in anderen Mitgliedstaaten, wobei sie einen vom Bruttoinlandsprodukt abgeleiteten Kaufkraftparitätsindex berücksichtigte. Diese Behörde stellte fest, dass die Tarife der Klägerin erheblich höher (in einigen Segmenten sogar um das Doppelte höher) seien als die in den beiden Nachbarländern geltenden Tarife und zu den höchsten in der Union gehörten, da sie um 50 % bis 100 % über der durchschnittlichen Tarifhöhe in der Union lägen. Der Wettbewerbsrat kam zu dem Schluss, dass diese Tarife aufgrund dessen, dass sie die in den Nachbarländern festgesetzten Tarife erheblich überstiegen, nicht gerechtfertigt seien und AKKA/LAA sie auch nicht objektiv rechtfertigen könne.

11.      Infolgedessen stellte der Wettbewerbsrat mit Entscheidung vom 2. April 2013 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) fest, dass AKKA/LAA gegen das in Art. 13 Abs. 4 des Wettbewerbsgesetzes und Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV verankerte Verbot verstoßen habe, und verhängte gegen sie eine Geldbuße. Bei der Berechnung der Geldbuße berücksichtigte er den Umsatz der AKKA/LAA, diesmal aber einschließlich der als Urhebervergütung eingezogenen Beträge, die an die Urheber ausgeschüttet worden waren. Er verwies insoweit darauf, dass der Umsatz von Organisationen wie solchen für die kollektive Rechtewahrnehmung gemäß dem Wettbewerbsrecht nach den gleichen Grundsätzen wie bei Kapitalgesellschaften berechnet werden müsse, um zu gewährleisten, dass die Geldbuße nicht je nach der Rechtsform des Wirtschaftsteilnehmers unterschiedlich festgesetzt werde.

12.      Mit Urteil vom 9. Februar 2015 gab das Administratīvā apgabaltiesa (regionales Verwaltungsgericht, Lettland) der Klage teilweise statt, indem es die Beurteilung bestätigte, dass ungerechtfertigt hohe Tarife angewandt worden seien, die angefochtene Entscheidung aber in Bezug auf die Geldbuße aufhob und den Wettbewerbsrat nach den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit und Rechtsgleichheit verpflichtete, die gegen AKKA/LAA zu verhängende Geldbuße neu zu berechnen, ohne in den Umsatz die als Urhebervergütung eingezogenen Beträge einzubeziehen. Gegen dieses Urteil wurde von beiden Parteien Rechtsmittel zum Augstākā tiesa (Oberster Gerichtshof, Lettland) eingelegt.

13.      Aufgrund von Zweifeln im Hinblick auf die Auslegung von Art. 102 AEUV hat das vorlegende Gericht beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen vorzulegen:

1.      Ist Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV in einem Rechtsstreit über die von einer nationalen Organisation zur Wahrnehmung von Urheberrechten festgesetzten Tarife anwendbar, wenn diese Organisation auch Vergütungen für die Werke ausländischer Urheber einzieht und die von ihr festgesetzten Tarife von der Nutzung dieser Werke in dem betreffenden Mitgliedstaat abschrecken?

2.      Ist es zur Bestimmung des in Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV verwendeten Begriffs der unangemessenen Preise im Bereich der Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten angebracht und ausreichend – und in welchen Fällen –, einen Vergleich der Preise (Tarife) des betreffenden Marktes und der Preise (Tarife) angrenzender Märkte durchzuführen?

3.      Ist es zur Bestimmung des in Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV verwendeten Begriffs der unangemessenen Preise im Bereich der Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten angebracht und ausreichend, den vom Bruttoinlandsprodukt abgeleiteten Kaufkraftparitätsindex anzuwenden?

4.      Ist der Tarifvergleich für jedes der verschiedenen Segmente oder bezüglich des Durchschnittsniveaus der Tarife durchzuführen?

5.      Wann ist der Unterschied zwischen den im Hinblick auf den in Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV verwendeten Begriff der unangemessenen Preise geprüften Tarifen als erheblich anzusehen, so dass es dem Wirtschaftsteilnehmer, der eine beherrschende Stellung innehat, obliegt, nachzuweisen, dass seine Tarife angemessen sind?

6.      Welche Informationen können im Rahmen der Anwendung von Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV von einem Wirtschaftsteilnehmer für den Nachweis der Angemessenheit der Tarife für urheberrechtlich geschützte Werke vernünftigerweise erwartet werden, wenn die Kosten dieser Werke nicht wie bei materiellen Erzeugnissen bestimmt werden können? Geht es dabei ausschließlich um die Verwaltungskosten der Organisation zur Wahrnehmung von Urheberrechten?

7.      Sind die von einer Organisation zur Wahrnehmung von Urheberrechten an die Urheber ausgeschütteten Vergütungen im Fall eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht bei der Festsetzung einer Geldbuße vom Umsatz dieses Wirtschaftsteilnehmers auszunehmen?

14.      Schriftliche Erklärungen sind eingereicht worden von AKKA/LAA, der deutschen, der spanischen, der lettischen und der niederländischen Regierung sowie von der Kommission. AKKA/LAA, die spanische und die lettische Regierung sowie die Kommission haben ferner in der Sitzung vom 8. Februar 2017 mündlich vorgetragen.

III. Würdigung

A.      Einleitung

15.      Die gesamte vorliegende Rechtssache betrifft einen angeblichen Missbrauch durch Anwendung unangemessener Preise im Sinne von Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV. Es erscheint daher angezeigt, die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu dieser Bestimmung kurz in Erinnerung zu bringen.

16.      Im Urteil United Brands(2) und in mehreren späteren Entscheidungen(3) war der Gerichtshof der Auffassung, dass ein Verstoß gegen die jetzt in Art. 102 AEUV geregelte Bestimmung vorliege, wenn ein Preis angewendet werde, der überhöht sei, weil er in keinem angemessenen Verhältnis zum wirtschaftlichen Wert der erbrachten Gegenleistung stehe. Demnach könnten gegen diese Bestimmung nur „unverhältnismäßig hohe“ oder „überhöhte“ Preise verstoßen(4). Hierzu legte der Gerichtshof eine Zwei-Stufen-Prüfung fest.

17.      Auf der ersten Stufe der Prüfung ist zu ermitteln, ob eine Überhöhung – d. h. ein erheblicher Unterschied – des von dem beherrschenden Unternehmen auf dem relevanten Markt tatsächlich verlangten Preises gegenüber dem Preis vorliegt, den dieses Unternehmen hypothetisch verlangt hätte, wenn auf dem Markt ein wirksamer Wettbewerb geherrscht hätte (im Folgenden: Referenzpreis)(5).

18.      Der Gerichtshof hat anerkannt, dass verschiedene Methoden in Betracht kommen, nach denen bestimmt werden kann, ob der Preis überhöht ist(6). Beispielsweise kann, soweit möglich und angebracht, ein Vergleich zwischen dem Verkaufspreis und den Gestehungskosten angestellt werden(7). Diese Methode beruht offenbar auf dem Ansatz, dass es eine Preisschwelle gibt, die im Hinblick auf die Kosten eine angemessene Gewinnspanne gewährleistet(8), und dass der von einem beherrschenden Unternehmen über diese Schwelle hinaus verlangte Preis überhöht ist(9). Das Hauptaugenmerk der Prüfung liegt somit auf den Gewinnspannen (oder dem Ertrag) des beherrschenden Unternehmens aus dem Verkauf der betreffenden Waren oder Dienstleistungen.

19.      In anderen Fällen hat der Gerichtshof einen Vergleich vorgenommen zwischen einerseits dem Preis, den das beherrschende Unternehmen für das betreffende Produkt verlangt, und andererseits den Preisen, die auf dem gleichen Markt von nicht beherrschenden Unternehmen (Vergleich unter Wettbewerbern)(10) oder vom gleichen beherrschenden Unternehmen zu verschiedenen Zeitpunkten (Vergleich bestimmter Zeiträume)(11) oder vom gleichen beherrschenden Unternehmen(12) oder von anderen Unternehmen auf anderen räumlichen Märkten (räumlicher Vergleich) verlangt werden(13). Der dem zugrunde liegende Ansatz ist, dass bei hinreichender Homogenität der ausgewählten Produkte oder räumlichen Märkte ein Vergleich der Preise aussagefähig sein kann(14). Ebenso können auch die Preisgestaltungsmuster eines Unternehmens über bestimmte Zeiträume nützliche Hinweise liefern.

20.      Wenn anhand einer oder mehrerer dieser Methoden festgestellt worden ist, dass ein erheblicher Unterschied zwischen dem von dem beherrschenden Unternehmen tatsächlich verlangten Preis und dem Referenzpreis besteht, ist zu prüfen, inwieweit dieser tatsächliche Preis absolut oder im Vergleich zu Konkurrenzprodukten unangemessen ist(15).

21.      Auf dieser zweiten Stufe der Prüfung ist zu ermitteln, ob der Preisunterschied lediglich Folge einer missbräuchlichen Ausnutzung von Marktmacht durch das beherrschende Unternehmen ist oder ob er auf andere berechtigte Gründe zurückzuführen ist.

22.      Nur wenn es keine überzeugende Rechtfertigung für den Unterschied zwischen dem Referenzpreis und dem tatsächlichen, vom beherrschenden Unternehmen von seinen Kunden erzwungenen Preis gibt, kann ein Preis als „unangemessen“ im Sinne von Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV angesehen werden.

23.      Der Gerichtshof hat diese Zwei-Stufen-Prüfung zur Feststellung, wann ein Preis überhöht und somit unangemessen im Sinne von Art. 102 AEUV ist, auch in Fällen angewendet, die – wie das Ausgangsverfahren – das Verhalten von Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung betrafen. In diesen Rechtssachen stellte der Gerichtshof Folgendes fest: „Erzwingt ein Unternehmen, das eine beherrschende Stellung innehat, für die von ihm erbrachten Dienstleistungen Tarife, die nach einem auf einheitlicher Grundlage vorgenommenen Vergleich erheblich höher sind als die in den übrigen Mitgliedstaaten angewendeten Tarife, so ist diese Differenz als Indiz für einen Missbrauch der beherrschenden Stellung anzusehen. Es obliegt in diesem Falle dem betroffenen Unternehmen, die Differenz unter Hinweis auf etwaige objektive Unterschiede zwischen den Verhältnissen in dem in Rede stehenden Mitgliedstaat und denen in allen übrigen Mitgliedstaaten zu rechtfertigen.“(16)

24.      Vor diesem Hintergrund werde ich die vom vorlegenden Gericht aufgeworfenen Rechtsfragen prüfen.

B.      Erste Frage

25.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob das Verhalten einer Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung, die mit der Einziehung von Vergütungen auch für die Werke ausländischer Urheber beauftragt ist, im Sinne von Art. 102 AEUV dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

26.      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten in den Art. 101 und 102 AEUV vom Zweck dieses Merkmals ausgehen muss, auf dem Gebiet der Wettbewerbsregeln den Geltungsbereich des Unionsrechts von dem des Rechts der Mitgliedstaaten abzugrenzen. In den Geltungsbereich des Unionsrechts fallen dabei alle Kartelle und alle Verhaltensweisen, die geeignet sind, die Freiheit des Handels zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise zu gefährden, die für die Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen Marktes zwischen den Mitgliedstaaten nachteilig sein kann, indem insbesondere die nationalen Märkte abgeschottet werden oder die Wettbewerbsstruktur im einheitlichen Markt verändert wird. Ein Beschluss, eine Vereinbarung oder eine Verhaltensweise kann den Handel zwischen Mitgliedstaaten nur dann beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit tatsächlicher und rechtlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell die Handelsströme zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise beeinflussen können, die für die Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteilig sein kann(17).

27.      Dabei reicht allein der Umstand, dass die Tätigkeit eines Unternehmens in beherrschender Stellung nur den Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen in einem einzigen Mitgliedstaat umfasst, nicht aus, um die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten auszuschließen. Ein solches Verhalten kann nämlich dazu führen, dass Abschottungen auf nationaler Ebene verfestigt und somit die vom Vertrag gewollte wirtschaftliche Verflechtung behindert wird(18).

28.      In der vorliegenden Rechtssache betrifft, wie das vorlegende Gericht selbst feststellt, die von AKKA/LAA betriebene Preispolitik auch die Werke ausländischer Urheber und wirkt sich daher in der Tat auf die Verbreitung dieser Werke in Lettland aus. Da diese Einrichtung über ein gesetzliches Monopol verfügt, hätten ihre Entscheidungen, ob, wie und zu welchem Preis sie die Vervielfältigung geschützter Werke gestattet, unvermeidlich Auswirkungen sowohl auf die Verhaltensmuster der Verbraucher in Lettland als auch auf die Entscheidungen der Inhaber von Urheberrechten in Bezug auf den Markt dieses Landes.

29.      Der Gerichtshof hat in der Tat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Wettbewerbsregeln der Union für die in der Lizenzvergabe für Musikwerke bestehenden Tätigkeiten der Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung gelten, auch wenn diese Tätigkeiten sich ausschließlich auf einen Mitgliedstaat beschränkten(19).

30.      Insoweit ist ohne Bedeutung, dass das Gericht 2013(20), wie im Vorabentscheidungsersuchen angesprochen, eine Entscheidung der Kommission (im Folgenden: CISAC‑Entscheidung)(21) im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 101 AEUV teilweise für nichtig erklärt hat, die sich an 24 Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung (einschließlich der AKKA/LAA) richtete. Das Gericht erklärte die CISAC‑Entscheidung für nichtig, weil die Kommission rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen hatte, dass es zwischen den Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise gab. Die Urteile des Gerichts berühren an keinem Punkt die Frage, ob das Verhalten der Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

31.      Daraus muss daher das Ergebnis folgen, dass das Verhalten einer Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung, die mit der Einziehung von Vergütungen auch für die Werke ausländischer Urheber beauftragt ist, auch dann, wenn sie in nur einem Mitgliedstaat ausgeübt wird, im Sinne von Art. 102 AEUV dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

C.      Zweite Frage

32.      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob es im Fall des Ausgangsverfahrens angebracht und ausreichend war, dass die nationale Wettbewerbsbehörde einen Vergleich zwischen den Preisen (Tarifen) des betreffenden nationalen Marktes und den Preisen (Tarifen) angrenzender Märkte durchgeführt hat.

33.      Diese zweite Frage betrifft – ebenso wie die dritte, die vierte und die fünfte Frage – die erste Stufe der oben in den Nrn. 17 bis 19 angesprochenen Prüfung: die Beurteilung, ob der von dem beherrschenden Unternehmen auf dem relevanten Markt tatsächlich verlangte Preis gegenüber dem Referenzpreis überhöht ist. Erinnert sei daran, dass der letztere Preis derjenige ist, den dieses Unternehmen hypothetisch verlangt hätte, wenn auf dem Markt Wettbewerb geherrscht hätte.

34.      Diese zweite Frage berührt eindeutig den Kern der durch das vorliegende Verfahren aufgeworfenen Fragestellungen, da sie vom Gerichtshof eine Klärung der Methoden und Kriterien verlangt, nach denen die Wettbewerbsbehörden den Referenzpreis zu ermitteln haben. Bevor ich diesen Aspekt im Einzelnen prüfe, möchte ich noch einmal daran erinnern, dass der Fall des Ausgangsverfahrens angeblich unangemessene Preise in einer Fallgestaltung betrifft, in dem ein gesetzliches Monopol besteht.

1.      Allgemeine Anmerkungen

35.      Wie oben in den Nrn. 18 und 19 erläutert, hat der Gerichtshof den Wettbewerbsbehörden der Union und den nationalen Wettbewerbsbehörden in Bezug auf die Methoden, die zur Ermittlung eines überhöhten Preises angewendet werden können, einen gewissen Handlungsspielraum belassen. Aus den folgenden Gründen ist dies meines Erachtens ein sehr vernünftiger Ansatz.

a)      Keine einheitliche Methode und keine einheitliche Prüfung

36.      Es lässt sich mit Sicherheit sagen, dass es nach dem derzeitigen rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnisstand keine einheitliche Methode, keine einheitliche Prüfung und keinen einheitlichen Kriterienkatalog gibt, die zu diesem Zweck in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur oder rechtsordnungsübergreifend allgemein anerkannt wären. Von verschiedenen Stellen und Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlern werden eine Reihe von Prüfmethoden (sowie eine Vielzahl von Kriterien, Prüfungen oder „Filtern“) hierzu vertreten. Jede dieser Methoden offenbart jedoch in tatsächlicher Hinsicht gewisse mit ihr verbundene Schwächen.

37.      Erstens kann keine dieser Methoden für sämtliche Fälle Verwendung finden, da ihre Eignung (und bisweilen schon ihre Anwendbarkeit selbst) sehr stark von den besonderen Merkmalen des jeweiligen Einzelfalls abhängt. Um ein Beispiel zu geben, ist ein Kosten-Preis-Vergleich wenig sinnvoll, wenn es um Leistungen in Bezug auf bestimmte immaterielle Güter wie – im Fall des Ausgangsverfahrens – urheberrechtlich geschützte Musikwerke geht.

38.      Zweitens können die Informationen, die zur Vornahme der notwendigen Schritte zur Berechnung des Referenzpreises erforderlich sind, fehlen oder unvollständig oder ihrem Wert nach widersprüchlich sein. Beispielsweise ist die Ermittlung von Kosten und ihre Verknüpfung mit einem bestimmten Produkt bei den meisten Arten von Unternehmen und für viele Unternehmen hochgradig komplex(22). Die Berechnung von Gewinnspannen ist somit durchaus mit Unsicherheiten behaftet. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Buchführungsstandards und ‑ansätze sich aufgrund unterschiedlicher Rechtsvorschriften oder Buchführungskonventionen zwischen Branchen und Ländern anders gestalten können und dass sie zudem möglicherweise nicht immer die relevanten wirtschaftlichen Begrifflichkeiten widerspiegeln(23).

39.      Drittens können mit einem Vergleich der Preise zwischen verschiedenen räumlichen Märkten, Wettbewerbern und/oder Zeiträumen auch Risiken verbunden sein. Märkte sind selten so homogen, dass ein aussagefähiger Vergleich sofort und ohne Weiteres vorgenommen werden kann. Es können eine Reihe von „Anpassungen“ der Daten erforderlich sein, die sich aus dem oder den als Vergleichsmaßstab herangezogenen Märkten ergeben, bevor diese Daten zur Ermittlung des Referenzpreises verwendet werden können.

40.      Zunächst können im Hinblick auf räumliche Vergleiche Gesichtspunkte wie – um nur wenige zu nennen – inländische Steuern, die Besonderheiten des nationalen Arbeitsmarkts und Präferenzen der örtlichen Verbraucher die Endpreise der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen erheblich beeinflussen(24). Im Hinblick auf Vergleiche zwischen Wettbewerbern sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass unterschiedliche Preise schlicht eine unterschiedliche Qualität widerspiegeln können: Ein teureres Produkt kann objektiv (oder lediglich in seiner Wahrnehmung) von höherer Qualität sein.

41.      Schließlich ist im Hinblick auf Vergleiche zwischen bestimmten Zeiträumen im Blick zu behalten, dass Faktoren, die den letztendlichen Preis einer Ware oder Dienstleistung beeinflussen können, sich auf dem Markt recht schnell ändern können. Diese Faktoren können im Zusammenhang stehen mit legitimen Geschäftsstrategien (z. B. kann ein Unternehmen einen neuen Markt erschließen wollen und für einige Zeit einen sehr niedrigen Preis verlangen und damit minimale Gewinnspannen hinnehmen), mit Kostensteigerungen (aufgrund externer Faktoren wie Änderungen der örtlichen Besteuerung oder Kreditfinanzierungskosten oder mit unternehmerischen Entscheidungen des Unternehmens selbst, etwa in Bezug auf Werbekampagnen oder Forschung und Entwicklung) oder auch mit Verbraucherpräferenzen (z. B. einer veränderten Kundenwahrnehmung eines Produkts infolge neuer Marketingstrategien). Alle diese Faktoren können zu (normalerweise legitimen) plötzlichen und erheblichen Preisänderungen führen.

42.      Angesichts dieser Einschränkungen stimmen Kartellbehörden und Wirtschaftswissenschaftler im Allgemeinen darin überein, dass bei der Ermittlung des Referenzpreises im Fall eines möglicherweise überhöhten Preises ein hohes Risiko besteht, dass es zu Fehlern sowohl des Typs I (d. h. falschen positiven Erkenntnissen: ein Preis wird fälschlicherweise als über dem wettbewerbsorientierten Preis liegend angesehen) als auch des Typs II (d. h. falschen negativen Erkenntnissen: ein Preis wird fälschlicherweise als nicht über dem Wettbewerbspreis liegend angesehen) kommt(25).

b)      Kombination verschiedener Methoden

43.      In Ermangelung einer allgemeingültigen Prüfung und angesichts der mit allen bestehenden Methoden verbundenen Einschränkungen ist somit meines Erachtens von zentraler Bedeutung, dass die Wettbewerbsbehörden zur Vermeidung (oder richtiger zur Minimierung) des Fehlerrisikos eine Prüfung des Einzelfalls anstreben, bei der verschiedene derjenigen Methoden, die nach allgemeiner wirtschaftswissenschaftlicher Ansicht anerkannt sind und im konkreten Einzelfall geeignet und heranziehbar erscheinen, miteinander kombiniert werden. Hierfür dürften meines Erachtens diejenigen in Betracht kommen, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs Niederschlag gefunden haben (und oben in den Nrn. 18 und 19 näher dargestellt sind)(26).

44.      Die Entscheidung für eine Kombination verschiedener Methoden ist in der Tat der von einer Reihe von Kartellbehörden weltweit verfolgte Ansatz: z. B. der des UK Office of Fair Trading (OFT) in der Rechtssache Napp(27). Er steht auch im Einklang mit der in internationalen Beratungsgremien dieser Behörden(28) und in der aktuellen wirtschaftswissenschaftlichen Literatur vertretenen Auffassung(29).

45.      Dieser Ansatz wird allerdings mit der Begründung kritisiert, dass die Anwendung verschiedener unpräziser Methoden in Kombination miteinander, selbst wenn ihre Ergebnisse miteinander im Einklang ständen, möglicherweise kein zuverlässigeres Ergebnis herbeiführe(30). Zugestandenermaßen werden die Schwächen der einen Methode nicht notwendigerweise durch Anwendung einer anderen, gleichermaßen schwachen Methode ausgeglichen. Wenn jedoch die Methoden unabhängig voneinander angewandt werden, lässt eine bestimmte, mit einer von ihnen verbundene Einschränkung die aus der Verwendung anderer Methoden folgenden Ergebnisse unberührt. Sofern die verwendeten Methoden nicht in sich mangelhaft sind und alle streng und objektiv angewendet werden, können übereinstimmende Ergebnisse dementsprechend als Indikator für den möglichen Referenzpreis in einem bestimmten Einzelfall angesehen werden.

c)      Weitere Indikatoren

46.      Allerdings kann es Fälle geben, in denen nur eine dieser Methoden zur Ermittlung des Referenzpreises heranziehbar oder geeignet sein mag. In diesen Fällen ist es meines Erachtens von äußerster Wichtigkeit, dass die Behörde sonstige Indikatoren berücksichtigt, die das Ergebnis dieser Methode bestätigen oder umgekehrt in Zweifel ziehen können.

47.      Relevant sind meines Erachtens die folgenden Indikatoren.

48.      Erstens kann ein Preis nicht ohne Weiteres erheblich über dem Wettbewerbsniveau festgesetzt werden, wenn der Markt nicht durch hohe Zugangs- oder Expansionsschranken geschützt ist. Ansonsten müsste der Markt, wie oben erwähnt, grundsätzlich kurz- bis mittelfristig zu einer Selbstkorrektur in der Lage sein: Hohe Preise müssten normalerweise neue Marktteilnehmer anziehen oder eine Expansion vorhandener Wettbewerber fördern. Daher können – wie zu Beginn der vorliegenden Schlussanträge erwähnt – meines Erachtens unangemessene Preise im Sinne von Art. 102 AEUV nur auf regulierten Märkten bestehen, auf denen die Behörden eine gewisse Form von Kontrolle über die Kraft des Angebots ausüben, so dass ein freier und offener Wettbewerb in seinem Umfang gemindert ist. Selbstverständlich wird ein beherrschendes Unternehmen seine Marktmacht umso mehr ausüben können, je höher und langfristiger die vom Gesetzgeber geschaffenen Schranken sind.

49.      Zweitens tritt ein gegenüber dem Wettbewerbspreis erheblich überhöhter Preis mit geringerer Wahrscheinlichkeit auf Märkten auf, für die eine sektorale Regulierungsstelle besteht, zu deren Aufgaben u. a. die Festlegung oder Kontrolle der Preise gehören kann, die von den in diesem Sektor tätigen Unternehmen praktiziert werden. Sektorale Behörden sind eindeutig besser dafür gerüstet als Wettbewerbsbehörden, Preise zu überwachen und gegebenenfalls tätig zu werden, um etwaige Missbräuche abzustellen(31). Kartellverstöße dürften in diesen Fällen daher hauptsächlich auf Fälle von Fehlentscheidungen oder allgemeiner auf Regulierungsversäumnisse beschränkt sein, also auf Fälle, in denen die sektorale Behörde hätte eingreifen müssen und fehlerhaft nicht eingegriffen hat.

50.      Drittens kann ein Unternehmen mit Marktmacht seine Stellung zweifelsohne weniger stark ausnutzen, wenn es mit mächtigen Käufern verhandelt. Um ein Beispiel zu geben, wird im Bereich von Lizenzen für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Musikwerke die Verhandlungsposition kleiner Geschäfte wahrscheinlich eine andere sein als diejenige internationaler Plattformen (wie etwa Spotify) oder diejenige von Verbänden großer und hochentwickelter Unternehmen (wie etwa der großen Konzerne aus Hollywood). Die Größe und Finanzkraft eines Unternehmens (oder Konzerns) kann nämlich in Verhandlungen ein erhebliches Gewicht haben. Allerdings kann in diesem Zusammenhang auch von großer Wichtigkeit sein, inwieweit die geschützten Produkte eine wichtige (oder gar unverzichtbare) Ergänzung für das Geschäft der Kunden darstellen.

51.      Selbstverständlich kann es je nach den besonderen Umständen des Einzelfalls weitere relevante Faktoren geben.

d)      Exkurs

52.      Zum Abschluss dieses Punktes erscheinen die folgenden beiden Anmerkungen wichtig. Erstens ist daran zu erinnern, dass es der Kartellbehörde obliegt, eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Union nachzuweisen(32). Zweitens gelten nach ständiger Rechtsprechung Grundsätze wie die Unschuldsvermutung auch für Unternehmen, gegen die wegen mutmaßlicher Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union ermittelt wird(33).

53.      Daraus ergibt sich meines Erachtens, dass das mögliche Fehlen zuverlässiger Daten oder die Komplexität der mit der Berechnung (oder Bestätigung) des Referenzpreises verbundenen Vorgänge eine unvollständige, oberflächliche oder zweifelbehaftete Prüfung durch eine Wettbewerbsbehörde nicht rechtfertigen können. Mit anderen Worten dürfen die sich einer Behörde bei ihrer Beurteilung stellenden Schwierigkeiten sich nicht zum Nachteil des Unternehmens auswirken, gegen das ermittelt wird.

54.      Unabhängig von dem im Einzelfall gegebenen Sachverhalt müssen der Behörde aufgrund der angewandten Methode(n) und des oder der sonstigen untersuchten Indikator(en) hinreichend vollständige und zuverlässige Erkenntnisse vorliegen, die in dieselbe Richtung weisen: das Vorliegen eines Unterschieds(34) zwischen dem (hypothetischen) Referenzpreis und dem (tatsächlichen) Preis, der von dem betreffenden beherrschenden Unternehmen verlangt wird.

55.      Vor diesem Hintergrund werde ich die besonderen Aspekte des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Falles prüfen.

2.      Vorliegender Fall

56.      In der angefochtenen Entscheidung hat sich der Wettbewerbsrat für einen Vergleich der von AKKA/LAA angewendeten Tarife mit denjenigen ähnlicher Einrichtungen, die in anderen räumlichen Märkten tätig sind, entschieden. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob diese Methode im vorliegenden Fall angebracht und ausreichend war.

a)      Geeignetheit der Methode

57.      Wie oben in den Nrn. 19 und 23 erwähnt, hat der Gerichtshof die Methode des räumlichen Vergleichs – grundsätzlich – als zulässige Methode anerkannt. Sie ist zudem in Fällen bestätigt worden, die gerade das Verhalten von Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung betrafen.

58.      Ich stimme somit mit der deutschen, der spanischen, der lettischen und der niederländischen Regierung sowie der Kommission darin überein, dass ein räumlicher Vergleich zwischen den von verschiedenen Einrichtungen in verschiedenen Mitgliedstaaten für genau die gleiche Dienstleistung praktizierten Preisen in einer Fallgestaltung wie der des Ausgangsverfahrens(35) eine geeignete Methode zur Ermittlung des Referenzpreises im Sinne von Art. 102 AEUV sein kann.

59.      Dies gilt selbstverständlich nur dann, wenn die Behörde die Methode richtig angewendet hat.

b)      Richtigkeit der Methode

60.      Die Feststellung, ob eine bestimmte Methode im Einzelfall richtig angewendet worden ist, ist eindeutig grundsätzlich Sache der zuständigen nationalen Gerichte. Der Gerichtshof kann diesen Gerichten jedoch, soweit möglich, Hinweise geben, so dass sie Art. 102 AEUV richtig und einheitlich anwenden können.

61.      Insoweit muss eine Behörde meines Erachtens erstens die Referenzmitgliedstaaten nach objektiven, geeigneten und überprüfbaren Kriterien auswählen.

62.      Dem vorlegenden Gericht zufolge wählte der Wettbewerbsrat die Nachbarländer Litauen und Estland aus, weil sie Lettland in Bezug auf Verbrauchsgewohnheiten, Wirtschaft und Wohlstand der Bevölkerung (Bruttoinlandsprodukt) relativ ähnlich seien und das gleiche historische und kulturelle Erbe haben.

63.      Entgegen der Ansicht von AKKA/LAA halte ich diese Kriterien für objektiv und überprüfbar. Sie erscheinen auch relevant, da sie sicherstellen sollen, dass die Märkte sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite homogen sind. Von zentraler Bedeutung ist insoweit nämlich die Berücksichtigung der folgenden beiden Faktoren, die meines Erachtens den wirtschaftlichen Wert der von AKKA/LAA erbrachten Dienstleistung beeinflussen könnten: i) die Zahlungsfähigkeit und ‑bereitschaft der Kunden von AKKA/LAA für die ihnen erbrachte Dienstleistung und ii) der wirtschaftliche Nutzen, der den Kunden von AKKA/LAA aus dieser Dienstleistung erwachsen kann, wenn sie ihrerseits ihren eigenen Kunden Waren liefern oder Dienstleistungen erbringen.

64.      Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die mutmaßlichen Ähnlichkeiten zwischen Lettland einerseits und Litauen und Estland andererseits tatsächlich bestehen und für die vom Wettbewerbsrat vorgenommene Prüfung wirklich relevant sind.

65.      Vor allem hat dieses Gericht auch sicherzustellen, dass die vom Wettbewerbsrat herangezogenen Kriterien von keinem anderen Mitgliedstaat erfüllt werden, selbst wenn es sich nicht um ein Nachbarland handelt(36). Mit anderen Worten hat, wie von der deutschen Regierung vorgetragen, das Augstākā tiesa (Oberster Gerichtshof) auch zu prüfen, ob der Wettbewerbsrat Länder nicht willkürlich oder, noch schlimmer, aus dem Grund ausgeschlossen hat, dass sie Daten lieferten, die nicht zu seinem Standpunkt „passten“.

66.      Insoweit teilt das vorlegende Gericht mit, dass der Wettbewerbsrat in seiner Entscheidung – zu Illustrationszwecken – auch die Gebühren in anderen Mitgliedstaaten (sowohl einzeln als auch zur Berechnung des Durchschnitts in der Union) berücksichtigt habe, wobei er einen vom Bruttoinlandsprodukt abgeleiteten Kaufkraftparitätsindex herangezogen habe. Die Ergebnisse dieser Prüfung bestätigen offenbar die Schlussfolgerungen aus der Untersuchung der Märkte Litauens und Estlands.

67.      Diese „Erweiterung“ der Gruppe von Ländern, mit denen der lettische Markt verglichen worden ist, ist äußerst wichtig. Ein Vergleich, der sich auf nur zwei Länder beschränkt – so homogen sie im Verhältnis zu Lettland auch sein mögen – könnte möglicherweise nicht zu zuverlässigen Ergebnissen führen. Wie AKKA/LAA betont, würde sich jeder auf einem dieser beiden Märkte möglicherweise bestehende atypische Faktor besonders gravierend auf die von der Wettbewerbsbehörde vorgenommenen Berechnungen auswirken. Die für einen Vergleich herangezogene Auswahl von Ländern muss meines Erachtens so breit wie möglich sein(37).

68.      Allerdings muss jedem bedeutenden Unterschied zwischen dem relevanten Mitgliedstaat und den anderen, für einen Vergleich ausgewählten Mitgliedstaaten Rechnung getragen werden. Wie oben erwähnt, hat der Gerichtshof nämlich klargestellt, dass ein Vergleich zwischen Ländern möglich ist, wenn er auf einheitlicher Grundlage vorgenommen wird. Das vorlegende Gericht hat daher zu prüfen, ob die notwendigen Anpassungen vorgenommen worden sind, um die zwischen den verschiedenen Ländern bestehenden Unterschiede zu berücksichtigen.

c)      Hinlänglichkeit der Methode

69.      Die letzte Frage, die geprüft werden muss, um dem vorlegenden Gericht eine Antwort geben zu können, ist, ob der vom Wettbewerbsrat zugrunde gelegte räumliche Vergleich ausreichend war, um den Referenzpreis zu ermitteln.

70.      Dies ist wiederum eine Frage, deren Entscheidung grundsätzlich Sache des nationalen Gerichts ist. Um dem vorlegenden Gericht Hinweise zu geben, möchte ich gleichwohl folgende Anmerkungen machen.

71.      Das vorlegende Gericht muss zunächst prüfen, ob neben dem räumlichen Vergleich auch alternative Methoden zur Ermittlung des Referenzpreises hätten angewendet werden können. Vorbehaltlich der Überprüfung durch das nationale Gericht werden meinem Eindruck nach wahrscheinlich bestimmte andere Methoden nicht heranziehbar oder geeignet gewesen sein.

72.      Erstens dürfte eine Kosten-Preis-Prüfung in der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Fallgestaltung undurchführbar sein (Was sind die Kosten der Komposition eines Musikwerks?)(38).

73.      .

74.      So regelt beispielsweise Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100/EWG(39), dass bei Nutzung eines zu Handelszwecken veröffentlichten Tonträgers oder eines Vervielfältigungsstücks eines solchen Tonträgers für drahtlos übertragene Rundfunksendungen oder eine öffentliche Wiedergabe den Inhabern der Urheberrechte von den Nutzern eine „angemessene Vergütung“ zu zahlen ist. Der Begriff „angemessene Vergütung“ ist vom Gerichtshof dahin ausgelegt worden, dass diese es erlauben muss, „zwischen dem Interesse der ausübenden Künstler und der Hersteller von Tonträgern, eine Vergütung für die Sendung eines bestimmten Tonträgers zu erhalten, und dem Interesse Dritter, diese Tonträger unter angemessenen Bedingungen senden zu können, ein angemessenes Gleichgewicht herzustellen“. Der Gerichtshof hat ferner festgestellt, dass die Angemessenheit der Vergütung „insbesondere anhand des wirtschaftlichen Wertes dieser Nutzung zu ermitteln [ist]“(40).

75.      Ferner sieht Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2014/26/EU(41), der die Lizenzvergabe durch Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung betrifft, vor, dass „[d]ie Rechtsinhaber … eine angemessene Vergütung für die Nutzung ihrer Rechte [erhalten]“(42).

76.      Der Ansatz der niederländischen Regierung erscheint durchaus attraktiv: Wenn unangemessene Preise solche sind, die Kunden zum Vorteil des beherrschenden Unternehmens übermäßig ausnutzen, mag der Schluss logisch sein, dass Tarife, die die Interessen der Inhaber der Urheberrechte und diejenigen der Kunden nicht in ein faires Gleichgewicht bringen, möglicherweise unter das Verbot nach Art. 102 AEUV fallen. Der Ansatz des Gerichtshofs im Urteil Kanal 5 dürfte in der Tat in gewissem Maß für diese Ansicht sprechen(43).

77.      Ich habe allerdings Zweifel, ob die durch die Richtlinien 92/100 und 2014/26 einerseits und Art. 102 AEUV andererseits gesetzten rechtlichen Rahmen völlig deckungsgleich sind: Sie verfolgen unterschiedliche Ziele und entsprechen einer unterschiedlichen Logik. Die Richtlinien sollen u. a. sicherstellen, dass Urheber und ausübende Künstler ein angemessenes Einkommen als Grundlage für weiteres schöpferisches und künstlerisches Arbeiten erhalten(44). Hingegen soll Art. 102 AEUV sicherstellen, dass Unternehmen mit einer beherrschenden Stellung (einschließlich Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung) ihre Marktmacht nicht missbrauchen.

78.      Jedenfalls denke ich nicht, dass Begriffe wie „angemessene“ Vergütung einer Wettbewerbsbehörde eine große Hilfe sein können. Sie dürften meines Erachtens ebenso vage sein wie die Begriffe „überhöhte“ oder „unangemessene“ Preise.

79.      Zweitens werden aufgrund des Umstands, dass AKKA/LAA eine gesetzliche Monopolstellung hat, in Lettland von Wettbewerbern keine ähnlichen Dienstleistungen angeboten, die für einen Vergleich herangezogen werden könnten. Außerdem ist AKKA/LAA außerhalb Lettlands nicht tätig. Was den Vergleich von AKKA/LAA praktizierter Tarife zwischen verschiedenen Zeiträumen angeht, ist unklar, ob sich hieraus nutzbringende Referenzpunkte hätten ergeben können, weil der Wettbewerbsrat schon in der Vergangenheit Tarife als überhöht angesehen hatte.

80.      Es ist gleichwohl Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob andere Methoden zur Ermittlung des Referenzpreises, die theoretisch in Kombination mit dem Vergleich zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten hätten verwendet werden können, heranziehbar und geeignet waren. Es ist auch Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Ergebnisse, zu denen der Wettbewerbsrat in Bezug auf die Referenztarife gelangt ist, durch weitere Indikatoren bestätigt wurden.

3.      Antwort auf die zweite Frage

81.      Aufgrund der vorstehenden Ausführungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die zweite Frage wie folgt zu beantworten: In einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens ist es grundsätzlich angebracht, einen Vergleich zwischen den Tarifen auf dem betreffenden Markt und den Tarifen auf anderen Märkten vorzunehmen. Es ist jedoch Sache des nationalen Gerichts, anhand aller relevanten Umstände zu prüfen, ob dieser Vergleich einerseits richtig durchgeführt wurde und andererseits ausreichend war.

D.      Dritte Frage

82.      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob es angebracht und ausreichend ist, beim Vergleich der von verschiedenen Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung verlangten Tarife den Kaufkraftparitätsindex anzuwenden.

83.      Das vorlegende Gericht erläutert, dass der Wettbewerbsrat bei seinem Vergleich der von AKKA/LAA in Lettland angewendeten Tarife mit den in 19 anderen Mitgliedstaaten (d. h. anderen Mitgliedstaaten als den Nachbarländern) angewendeten Tarifen den Kaufkraftparitätsindex angewendet habe, um diese Tarife zu „berichtigen“.

84.      Zunächst ist noch einmal daran zu erinnern, dass der Gerichtshof in den Urteilen Tournier und Lucazeau festgestellt hat, dass ein räumlicher Vergleich der Tarife möglich sein kann, wenn er „auf einheitlicher Grundlage“ vorgenommen wird(45). Meines Erachtens setzt die Einheitlichkeit eines Vergleichs nicht nur voraus, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen die gleichen oder sehr ähnlich sein müssen, sondern auch, dass der wirtschaftliche Kontext, in dem diese Waren geliefert oder Dienstleistungen erbracht werden, weitgehend ähnlich sein muss.

85.      Es ist jedoch unbestreitbar, dass innerhalb der Union erhebliche Unterschiede zwischen den Preisniveaus bestehen, d. h., dass Menschen für die gleiche Ware oder Dienstleistung in unterschiedlichen Ländern verschiedene Preise bezahlen. Selbst wenn Länder die gleiche Währung haben, kann die Kaufkraft der Verbraucher unterschiedlich sein.

86.      Daher stimme ich mit dem Vorbringen der deutschen, der spanischen, der lettischen und der niederländischen Regierung darin überein, dass der Kaufkraftparitätsindex ein sachdienliches Instrument sein kann, um zu gewährleisten, dass ein Vergleich der Tarife, die für genau die gleiche Dienstleistung in verschiedenen Ländern gelten, auf homogener Grundlage vorgenommen wird.

87.      Ein Kaufkraftparitätsindex wird nämlich üblicherweise in ökonomischen Untersuchungen – u. a. durch Einrichtungen wie Eurostat, die OECD oder die Weltbank – verwendet, wenn ein Vergleich zwischen Ländern, z. B. ein Vergleich der Lebensstandards, vorgenommen werden soll. Hierzu werden Kaufkraftparitäts-Umrechnungsfaktoren angewendet, um Wirtschaftsindikatoren aus einer nationalen Währung in eine künstliche einheitliche Währung, den sogenannten Kaufkraftstandard, umzurechnen, der die Kaufkraft verschiedener nationaler Währungen angleicht und aussagefähige Vergleiche zwischen Ländern ermöglicht. Dieses Vorgehen ermöglicht somit die Anpassung der zu vergleichenden Daten entsprechend den verschiedenen, in den unterschiedlichen Ländern bestehenden Preisniveaus.

88.      AKKA/LAA und die Kommission wenden jedoch ein, dass ein solches Instrument nur für den Teil der Tarife sachdienlich sein könne, der von der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung einbehalten werde, und nicht für den Teil der Tarife, der die Vergütung der Inhaber der Urheberrechte darstelle.

89.      Ich bin anderer Auffassung.

90.      Es sind nicht nur die Kosten der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung, die von der wirtschaftlichen Situation des Landes beeinflusst werden, in dem sie tätig ist. Die Zahlungsfähigkeit und, in gewissem Maß, die Zahlungsbereitschaft der Kunden der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung (im vorliegenden Fall der Geschäfte) und wiederum der Kunden der Letzteren (im vorliegenden Fall der Kunden der Geschäfte) werden ebenso vom Lebensstandard und von der Kaufkraft der Bevölkerung beeinflusst. Um es ganz einfach auszudrücken: Wenn ein Euro in einem Land nicht gleich einem Euro in einem anderen Land ist, dann gilt dies unabhängig davon, ob dieses Geld in die Finanzierung der Kosten der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung oder in die Vergütung der Urheber fließt. Wenn nämlich die Prüfung im Wesentlichen zur Ermittlung des wirtschaftlichen Wertes eines bestimmten Geschäfts dient, kann diese Beurteilung nicht abstrakt vorgenommen werden, sondern muss notwendigerweise den wirtschaftlichen und finanziellen Kontext berücksichtigen, in dem das Geschäft stattfindet.

91.      Die Anwendung eines Kaufkraftparitätsindexes kann somit ein sachdienliches Instrument sein, um die von einer Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung angewendeten Tarife in ihrer Gesamtheit zu prüfen. Es besteht keine Notwendigkeit, zwischen den verschiedenen Komponenten dieser Tarife zu unterscheiden.

92.      Soweit eine Behörde einen räumlichen Vergleich der von unterschiedlichen Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung angewendeten Tarife vornimmt, muss dementsprechend meines Erachtens die unterschiedliche wirtschaftliche Situation der Länder berücksichtigt werden, in denen diese Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung tätig sind. Hierzu dürfte die Anwendung eines Kaufkraftparitätsindexes meines Erachtens ein geeignetes Instrument sein.

93.      Ob dieses Instrument ausreichend ist, hängt jedoch davon ab, ob die sonstigen Faktoren, die den Endpreis einer Ware oder Dienstleistung in einem bestimmten Land beeinflussen können, ebenfalls berücksichtigt werden. Es kann nämlich andere – insbesondere nicht makroökonomische – Faktoren geben, die die Nachfragestruktur in einem Land beeinflussen können. Insbesondere dürfte in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens meines Erachtens die Frage, ob und inwieweit Kunden der Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung (z. B. Geschäfte) in einem bestimmten Land ihre Geschäftstätigkeiten aufgrund der öffentlichen Wiedergabe von Musik in ihren Räumlichkeiten steigern können, in dieser Hinsicht von wesentlicher Bedeutung sein.

94.      Dies sind jedenfalls Faktoren, die auch auf der zweiten Stufe der rechtlichen Prüfung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs geprüft werden können. Ich werde auf diese Frage daher im Rahmen der Prüfung der sechsten Vorlagefrage eingehen.

95.      Aufgrund der vorstehenden Ausführungen ist die dritte Vorlagefrage dahin zu beantworten, dass beim Vergleich der von verschiedenen Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung verlangten Tarife die Anwendung eines Kaufkraftparitätsindexes angebracht sein kann. Ob dieses Instrument ausreichend ist, hängt davon ab, ob die sonstigen Faktoren, die den Endpreis einer Ware oder Dienstleistung in einem bestimmten Land beeinflussen können, ebenfalls berücksichtigt werden.

E.      Vierte Frage

96.      Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens der Vergleich der von verschiedenen Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung verlangten Tarife für jedes der verschiedenen Marktsegmente oder bezüglich des Durchschnittsniveaus der Tarife durchzuführen ist.

97.      Diese Frage ist meines Erachtens recht einfach zu beantworten.

98.      Ob ein bestimmtes Verhalten eines oder mehrerer Unternehmen gegen die Art. 101 oder 102 AEUV verstößt, ist aufgrund einer Betrachtung des relevanten Marktes zu beurteilen.

99.      Wenn somit davon auszugehen ist, dass jedes einzelne Marktsegment (d. h. eine von der geschäftlich genutzten Fläche abhängige Kategorie von Nutzern) ein relevanter Produktmarkt im Sinne von Art. 102 AEUV ist – dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts – ist ein Vergleich der von verschiedenen Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung verlangten Tarife für jedes einzelne Marktsegment vorzunehmen.

F.      Fünfte Frage

100. Mit seiner fünften Frage ersucht das vorlegende Gericht um Hinweise dazu, unter welchen Umständen ein Preisunterschied als im Sinne von Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV überhöht anzusehen ist.

101. Zunächst sollten wir uns noch einmal die ökonomische Motivation vor Augen führen, die hinter dem Missbrauch in Form unangemessener Preise steht: Wenn ein beherrschendes Unternehmen Preise über den Wettbewerbsniveaus anwendet, kommt es zu einer ineffizienten Ressourcenverteilung und zu einer Beeinträchtigung des Wohles der Verbraucher (der Wohlstand geht zum Teil auf das beherrschende Unternehmen über und zum Teil einfach verloren). Dementsprechend könnte theoretisch betrachtet bei jeder Abweichung vom Wettbewerbspreis auf einem regulierten Markt ein Einschreiten der Wettbewerbsbehörden gerechtfertigt sein. Jeder Unterschied zwischen dem Referenzpreis und dem tatsächlichen Preis führt nämlich zu einer gewissen Minderung des Wohles der Verbraucher, zu der es nicht gekommen wäre, wenn auf dem Markt Wettbewerb geherrscht hätte.

102. Ein solcher Ansatz wäre jedoch für eine Wettbewerbsbehörde weder realistisch noch ratsam.

103. Erstens ist, wie oben in den Nrn. 36 bis 42 erläutert, die Berechnung eines Referenzpreises durchaus komplex und mit Unsicherheiten behaftet. Wenn eine Wettbewerbsbehörde bei jeder – noch so kleinen – Differenz zwischen diesen beiden Preisen einschritte, wäre das Risiko falscher positiver Erkenntnisse einfach zu groß. Dies ist nicht nur deshalb problematisch, weil gegen das verantwortliche Unternehmen eine hohe Geldbuße verhängt werden kann, sondern auch weil ein neutrales – oder möglicherweise wettbewerbsförderndes – Verhalten verboten wird. Insoweit wird zu Recht die Ansicht vertreten, dass Fehler des Typs I in Wettbewerbsentscheidungen im Bereich einseitiger Verhaltensweisen für die Gesellschaft weit höhere Kosten verursachen als Fehler des Typs II: „Das Wirtschaftssystem korrigiert Monopole leichter als rechtliche Fehler … Eine einmal missbilligte Praxis wird wahrscheinlich missbilligt bleiben, auch wenn sie Vorteile mit sich bringt. Eine zu Unrecht geduldete monopolistische Praxis wird jedoch schließlich dem Wettbewerb nachgeben, da die höheren Preise des Monopolisten Konkurrenz anziehen.“(46)

104. Zweitens ist wegen dieser Schwierigkeiten und Unsicherheiten auch anzuerkennen, dass es für ein beherrschendes Unternehmen häufig schwierig sein kann, im Vorhinein mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einzuschätzen, wo die Grenze zwischen einem legitimen Wettbewerbspreis und einem verbotenen überhöhten Preis verläuft. Aus Gründen der Rechtssicherheit darf diese Schwelle somit nicht zu nah am Referenzpreis festgelegt werden.

105. Drittens müssten die Wettbewerbsbehörden bei einem strengen Ansatz im Wesentlichen zu Preisregulierern werden und (möglicherweise alle) regulierten Märkten fortlaufend überwachen und in diese eingreifen. Anders als sektorale Behörden haben Wettbewerbsbehörden hierfür eindeutig weder die Ressourcen noch die Fachkenntnis(47). Außerdem mag die Beeinträchtigung des Wohles der Verbraucher gelegentlich geringfügig sein und ein komplexes, zeit- und kostenaufwändiges Eingreifen der Behörden nicht rechtfertigen. Wie Verbraucher auf eine Preiserhöhung reagieren, ist nämlich von Markt zu Markt sehr unterschiedlich, und nicht einmal ein Monopolist kann Preise unabhängig von seinen Kunden festlegen(48). Der Umfang des Schadens, den das Wohl der Verbraucher durch hohe Preise nimmt, kann daher unterschiedlich sein.

106. Daher bin ich – in Übereinstimmung mit dem von den zuständigen Behörden und Gerichten sowohl auf der Unionsebene als auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten vertretenen Ansatz und mit der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur – der Ansicht, dass ein Preis nur dann als überhöht im Sinne von Art. 102 AEUV anzusehen ist, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Er muss sowohl erheblich als auch dauerhaft über dem Referenzpreis liegen.

107. Was den ersten Aspekt angeht, möchte ich betonen, dass nicht jeder Preisunterschied als im Sinne von Art. 102 AEUV relevant anzusehen ist, sondern nur gewichtige Abweichungen. Diesen Ansatz hat der Gerichtshof ausdrücklich bestätigt: So hat der Gerichtshof beispielsweise in den Urteilen Tournier und Lucazeau von gegenüber denjenigen, mit denen sie verglichen wurden, „erheblich höheren“ Tarifen gesprochen. Dieser Standpunkt wird auch in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur weitgehend geteilt(49).

108. Was den zweiten Aspekt angeht, ist meines Erachtens kaum von Bedeutung, wenn der Preis einer bestimmten Ware oder Dienstleistung gelegentlich über dem Referenzpreis liegt. Dass es Zeiträume mit hohen Preisen und Zeiträume mit niedrigen Preisen geben kann, wird in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur als „Zeichen eines gut geölten wettbewerbsorientierten Marktes“ betrachtet(50). Ein Preis, der sich fortlaufend ändert und nur von Zeit zu Zeit über den Wettbewerbsniveaus liegt, dürfte somit meines Erachtens keinen Anlass zu ernsthaften wettbewerbsrechtlichen Bedenken geben. Nur wenn ein Preis über einen erheblichen Zeitraum über dem Referenzpreis bleibt (oder wiederkehrend darüber liegt), kann dieser Preis im Sinne von Art. 102 AEUV missbräuchlich sein. Dieser Ansatz wird durch das Urteil General Motors(51) gestützt.

109. Nach alledem stellt sich die Frage: Wie erheblich und wie dauerhaft muss dieser Unterschied sein, um einen Eingriff nach Art. 102 AEUV zu rechtfertigen?

110. Dies ist keineswegs eine leicht zu beantwortende Frage. Die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofs gibt hierzu keine ganz eindeutigen Hinweise Auch der Praxis der nationalen Behörden oder der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur sind keine klaren Muster zu entnehmen(52).

111. Dies ist alles andere als verwunderlich. Wie von der deutschen Regierung und von der Kommission vorgetragen, ist es nämlich unmöglich, im Vorhinein abstrakt genaue Schwellenwerte festzulegen, die für alle Fälle Geltung haben könnten. Ein bestimmter Preisunterschied könnte nach Art. 102 AEUV je nach der betreffenden Ware oder Dienstleistung und den Besonderheiten des Marktes mehr oder weniger erheblich sein.

112. Hierzu möchte ich nur die folgenden beiden Erwägungen ergänzen. Zum einen sollte eine Behörde nach Art. 102 AEUV nur eingreifen, wenn sie Gewissheit darüber zu haben glaubt, dass unabhängig von den Einschränkungen und Unsicherheiten im Umfeld der Berechnung des Referenzpreises der Unterschied zwischen diesem Preis und dem tatsächlichen Preis eine solche Größenordnung hat, dass an der Missbräuchlichkeit des letzteren Preises nahezu kein Zweifel mehr bestehen kann. Zum anderen sollte es für eine Behörde umso leichter sein, der ihr obliegenden Beweislast nachzukommen, je erheblicher der Unterschied zwischen dem Referenzpreis und dem tatsächlichen Preis und je länger der Zeitraum ist, über den dieser hohe Preis angewendet wird(53).

113. Die fünfte Frage ist daher wie folgt zu beantworten: Als von dem Verbot nach Art. 102 AEUV erfasst können nur Preise angesehen werden, die erheblich und dauerhaft über dem Referenzpreis liegen.

G.      Sechste Frage

114. Mit seiner sechsten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, wie eine Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung die Angemessenheit der verlangten Tarife nachweisen kann.

115. Mit dieser Frage wird der Gerichtshof im Wesentlichen um weitere Erläuterungen der zweiten Stufe der nach Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV erforderlichen rechtlichen Prüfung ersucht.

116. Wie oben erwähnt, reicht das Vorliegen – selbst einer wesentlichen – Überhöhung des tatsächlichen Preises gegenüber dem Referenzpreis nicht aus, um diesen Preis ohne Weiteres als unangemessen im Sinne von Art. 102 AEUV ansehen bzw. jedenfalls ein Eingreifen nach dieser Bestimmung rechtfertigen zu können.

117. Hohe Preise sind normalerweise nicht per se missbräuchlich. Sie erfüllen im Gegenteil eine wichtige Funktion im Prozess des Wettbewerbs. Der Supreme Court der Vereinigten Staaten führte in der Rechtssache Trinko aus: „Dass Monopolpreise verlangt werden, ist für sich genommen nicht nur nicht rechtswidrig; es ist ein wichtiges Element des Systems der freien Marktwirtschaft. Es ist die Möglichkeit – zumindest über einen kurzen Zeitraum – Monopolpreise verlangen zu können, die den ‚Geschäftssinn‘ erst anregt; sie veranlasst dazu, Risiken einzugehen, die Innovation und Wirtschaftswachstum hervorbringen. Um den Anreiz zu Innovationen zu sichern, wird das Verfügen über eine Monopolmacht nicht als rechtswidrig angesehen, sofern es nicht von einem Element wettbewerbswidrigen Verhaltens begleitet wird.“(54)

118. Das Hauptaugenmerk dieser zweiten Stufe der Prüfung muss somit auf dem Verhalten des beherrschenden Unternehmens und seinen wirtschaftlichen Motiven liegen. Höchst relevant sind insbesondere die hinter seiner Preispolitik stehenden objektiven Gründe.

119. Der Gerichtshof hat im Urteil United Brands und in späterer Rechtsprechung konkretisiert, dass ein Preis „absolut … [oder] im Vergleich zu den Konkurrenzprodukten“ unangemessen sein kann(55).

120. Welche Gründe stehen hinter diesen alternativen Voraussetzungen(56)?

1.      Absolut unangemessener Preis

121. Die erste dieser beiden Voraussetzungen (absolut unangemessener Preis) soll diejenigen Fälle erfassen, in denen die Unangemessenheit eines Preises festgestellt werden kann, ohne dass es eines Vergleichs mit ähnlichen oder konkurrierenden Produkten bedarf. Der Missbrauch ergibt sich aus dem besonders hohen Preis selbst.

122. Dies kann beispielsweise bei Preisen der Fall sein, die von Kunden verlangt werden, ohne dass diese eine Ware oder Dienstleistung als Gegenleistung erhalten. Beispielsweise hat der Gerichtshof im Urteil Merci Convenzionali Porto di Genova eine nationale Regelung als mit (dem jetzigen) Art. 102 AEUV unvereinbar angesehen, aufgrund deren ein mit besonderen Rechten ausgestattetes Unternehmen geneigt war, u. a. die Bezahlung nicht verlangter Dienstleistungen zu fordern(57). Ebenso hat der Gerichtshof im Urteil Der Grüne Punkt eine Entscheidung der Kommission bestätigt, wonach die Befugnis eines beherrschenden Unternehmens, von seinen Vertragspartnern eine Vergütung für Leistungen zu verlangen, die es nicht erbracht hatte, gegen (den jetzigen) Art. 102 AEUV verstieß(58).

123. Ebenso kann dies der Fall sein, wenn ein beherrschendes Unternehmen einen Preis besonders hoch ansetzt, weil es in Wahrheit nicht daran interessiert ist, die betreffende Ware oder Dienstleistung zu verkaufen, sondern ein anderes, wettbewerbswidriges Ziel verfolgt. Diese Fallgestaltung kommt in den Rechtssachen General Motors und British Leyland(59) zum Ausdruck. In jenen Rechtssachen hatten die Unternehmen mit einer beherrschenden Stellung (Automobilhersteller) sehr hohe Preise für die Durchführung technischer Prüfungen und die Erteilung von Konformitätsbescheinigungen festgesetzt. Der Grund hierfür war – wie der Gerichtshof in seinen Urteilen erläuterte –, dass die Autohersteller Parallelimporte in das Vereinigte Königreich dadurch behindern wollten, dass das in anderen Gebieten der damaligen Gemeinschaft bestehende günstigere Preisniveau ausgeglichen werden sollte. Die von den Autoherstellern verlangten Preise standen eindeutig nicht in einem vernünftigen Verhältnis zu Umfang und Art der den Importeuren erbrachten Leistungen.

2.      Im Vergleich zu Konkurrenzprodukten unangemessener Preis

124. Die zweite Voraussetzung (im Vergleich zu Konkurrenzprodukten unangemessener Preis) ist häufig eine „Plausibilitätsprüfung“ der im Hinblick auf den Referenzpreis vorgenommenen Beurteilung: Es kann relevante Faktoren geben, die entweder in diesem Kontext übersehen oder bewusst nicht berücksichtigt wurden, weil sie nicht ohne Weiteres finanziell quantifizierbar waren.

125. Es kann nämlich vielfältige – möglicherweise legitime – Gründe dafür geben, dass ein Unternehmen den Preis einer bestimmten Ware oder Dienstleistung möglicherweise oberhalb des Preises ansetzt, den die Behörde als (hypothetischen) Wettbewerbspreis berechnet hat. Das heißt, dass selbst wenn auf dem Markt Wettbewerb bestanden hätte, der von dem beherrschenden Unternehmen angewendete Preis vielleicht immer noch nicht dem Referenzpreis entsprechen würde, wenn seine Waren oder Dienstleistungen einen höheren wirtschaftlichen Wert haben.

126. Solche Gründe für einen höheren Preis können insbesondere mit Herstellung und Vertrieb der betreffenden Ware oder Dienstleistung, aber auch mit der Kundennachfrage nach dieser Ware oder Dienstleistung in Verbindung stehen.

127. Was den ersten Aspekt angeht, möchte ich betonen, dass die Kosten eines beherrschenden Unternehmens für die Herstellung und den Vertrieb seiner jeweiligen Ware oder Dienstleistung höher sein können als diejenigen anderer Unternehmen, die keine beherrschende Stellung haben oder in anderen Produktmärkten oder räumlichen Märkten tätig sind. Eine Behörde sollte nicht nur die direkten und indirekten Herstellungskosten für die jeweilige Ware oder Dienstleistung und die Kapitalkosten, sondern auch alle Arten von allgemeinen Betriebskosten (einschließlich z. B. Werbung, Forschung und Entwicklung, usw.) berücksichtigen(60). Ein beherrschendes Unternehmen kann seine höheren Preise zwar nicht einfach durch eine möglicherweise ineffiziente oder unwirtschaftliche Kostenstruktur rechtfertigen(61), die tatsächlichen Kosten dieses Unternehmens sind in dieser Hinsicht jedoch selbstverständlich von zentraler Bedeutung. Manche Arten von Kosten, die einem bestimmten Unternehmen möglicherweise entstanden sind, mögen nicht unmittelbar offenkundig oder der Lieferung eines bestimmten Produkts oder der Erbringung einer bestimmten Dienstleistung ohne Weiteres zurechenbar sein (z. B. nicht umgesetzte Forschung und Entwicklung)(62), können aber dennoch nicht außer Betracht bleiben. Ein anderer Ansatz brächte die ernsthafte Gefahr einer abschreckenden Wirkung auf Investitionen und Innovation mit sich.

128. Was den zweiten Aspekt angeht, möchte ich darauf hinweisen, dass der wirtschaftliche Wert der von einem beherrschenden Unternehmen gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistung aus Sicht der Kunden höher sein kann als der Referenzpreis. Auch hierfür kann es vielfältige Gründe geben: Die betreffende(n) Waren oder Dienstleistung können beispielsweise von höherer Qualität sein (oder, vielleicht aufgrund von Werbung oder Investitionsaufwendungen in die Markenentwicklung, auch nur in dieser Weise wahrgenommen werden). Bestimmte Merkmale des Produkts oder der Dienstleistung mögen von Kunden (oder bestimmten Kundengruppen) als besonders wertvoll angesehen werden, obwohl sie sich auf der Kostenseite nicht widerspiegeln. In diesen Fällen rechtfertigen der zusätzliche Nutzen oder die zusätzlichen Vorteile für die Kunden einen höheren Aufschlag auf die Kosten(63). Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Praxis der Kommission diesem Ansatz zu folgen scheint(64).

129. Dem hinzufügen möchte ich allerdings, dass es im Hinblick auf den Fall des Ausgangsverfahrens meines Erachtens wesentlich auf Folgendes ankommen dürfte: Die Nachfrage nach Lizenzen von Seiten der Kunden von AKKA/LAA wie Geschäften oder anderen ähnlichen Unternehmen hängt direkt von dem wirtschaftlichen Nutzen ab, den sie aus diesen Lizenzen ziehen können. Dementsprechend könnten höhere Tarife in Lettland gerechtfertigt sein, wenn nachgewiesen würde, dass der den Kunden von AKKA/LAA aus der Musikvervielfältigung erwachsende Nutzen größer wäre als derjenige, der gleichartigen Kunden in anderen Ländern erwächst. Es kann beispielsweise nicht ausgeschlossen werden, dass Geschäfte und sonstige geschäftliche Unternehmungen in einigen Ländern wegen unterschiedlicher Kaufgewohnheiten und kultureller Traditionen ihr Geschäft aufgrund der öffentlichen Aufführung von Musik in ihren Räumlichkeiten stärker steigern können als in anderen Ländern. In diesem Fall wäre der wirtschaftliche Wert der von der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung gewährten Lizenzen in den ersteren natürlich höher als in den letzteren Ländern.

130. Dieser Aspekt mag zugestandenermaßen nicht leicht zu ermitteln sein. Deshalb werden häufig andere Indikatoren (wie die Kaufkraft der Bevölkerung und das Bruttoinlandsprodukt der Länder) herangezogen, um zu bestimmen, ob und inwieweit zwei oder mehr Länder im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation vergleichbar sind.

131. Im Ergebnis kann ein Preis nur dann als missbräuchlich im Sinne von Art. 102 AEUV angesehen werden, wenn – außer der bloßen Fähigkeit und Bereitschaft zur Ausnutzung von Marktmacht, selbst wenn dies missbräuchlich geschieht – keine vernünftige ökonomische Erklärung für den von einem beherrschenden Unternehmen angewendeten hohen Preis feststellbar ist.

3.      Beweislast

132. Vor Abschluss dieses Komplexes ist noch einem letzten Punkt Aufmerksamkeit zu widmen. Die Zwei-Stufen-Prüfung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Verstößen gegen Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV hat auch einen prozessualen Aspekt.

133. Wie oben in Nr. 23 erwähnt, hat der Gerichtshof nämlich wiederholt festgestellt, dass es im Fall einer festgestellten Überhöhung eines Preises gegenüber dem Referenzpreis „dem betroffenen Unternehmen [obliegt], die Differenz unter Hinweis auf etwaige objektive Unterschiede“ zwischen den verglichenen Waren oder Dienstleistungen „zu rechtfertigen“(65).

134. Diese Feststellung des Gerichtshofs ist meines Erachtens vor dem Hintergrund einer gefestigten Rechtsprechung zu verstehen, wonach es zwar der Behörde obliegt, ihrer Beweislast dafür nachzukommen, dass alle Voraussetzung für die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 102 AEUV erfüllt sind(66), die beherrschenden Unternehmen jedoch die Möglichkeit haben müssen, eine objektive Rechtfertigung für ihr Verhalten nachzuweisen(67).

135. Hat somit eine Behörde eine Überhöhung des tatsächlichen Preises gegenüber dem Referenzpreis verzeichnet, obliegt es dem betreffenden beherrschenden Unternehmen, der Behörde mögliche Rechtfertigungen für den (tatsächlich oder scheinbar) höheren Preis vorzutragen.

136. Dies ist vernünftig: Der ermittelnden Behörde fehlen häufig die Informationen, die notwendig sein können, um zu beurteilen, ob ein Preis, der über dem Wettbewerbspreis zu liegen scheint, in Wahrheit nicht lediglich den höheren Wert des zugrunde liegenden Geschäfts widerspiegelt. Solche Informationen können u. a. in Verbindung stehen mit der Kostenstruktur des beherrschenden Unternehmens, seiner Preispolitik, der Nachfragestruktur auf dem relevanten Markt, usw.

137. Die Behörde muss die vom betreffenden Unternehmen vorgetragenen Gesichtspunkte vor ihrer Entscheidung über die mögliche Unangemessenheit des Preises sorgfältig und unparteiisch prüfen.

138. In der vorliegenden Rechtssache bedeutet das, dass es erstens dem Wettbewerbsrat oblag, hinreichend nachzuweisen, dass die von AKKA/LAA angewendeten Tarife erheblich höher waren als der Wettbewerbspreis. Hierzu war diese Behörde verpflichtet, im Rahmen einer objektiven und gründlichen Untersuchung alle relevanten Faktoren zu berücksichtigen, um den zutreffenden Referenzpreis zu ermitteln.

139. Sodann oblag AKKA/LAA der Nachweis, dass die angewendeten Tarife angemessen waren, obwohl sie höher waren als der vom Wettbewerbsrat gefundene Referenzpreis. AKKA/LAA könnte beispielsweise auf relevante Faktoren hinweisen, die vom Wettbewerbsrat bei der Berechnung des Referenzpreises fehlerhaft übersehen wurden, oder jedenfalls nachweisen, dass die ihren Kunden erbrachte Leistung einen höheren wirtschaftlichen Wert hatte als diejenigen ähnlicher Einrichtungen in anderen Mitgliedstaaten.

140. Im Ergebnis schlage ich vor, die sechste Frage dahin zu beantworten, dass ein beherrschendes Unternehmen die Angemessenheit der angewendeten Preise auf Grundlage insbesondere höherer Herstellungs- und Vertriebskosten oder allgemeiner eines höheren wirtschaftlichen Wertes der gelieferten Ware oder erbrachten Dienstleistung nachweisen kann.

H.      Siebte Frage

141. Mit seiner siebten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob bei der Festsetzung der Geldbuße, die gegen eine Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Union zu verhängen ist, die an die Urheber ausgeschütteten Vergütungen vom Umsatz dieser Einrichtung auszunehmen sind.

142. In diesem Punkt stimme ich mit der spanischen Regierung und der Kommission überein: Ich sehe keinen Grund, warum die an die Urheber ausgeschütteten Vergütungen von dem Umsatz ausgenommen werden sollten, der die Grundlage für die Berechnung der gegen eine Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung verhängten Geldbuße bildet.

143. Der Gerichtshof hat in einer Reihe von Urteilen, kürzlich noch einmal im Urteil OSA(68) festgestellt, dass Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung im Sinne der Wettbewerbsregeln der Union als Unternehmen anzusehen sind. Für diese Unternehmen umfasst der – u. a. in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und in den Leitlinien der Kommission(69) erwähnte – „Gesamtumsatz“ den auf die Vergütungen der Urheber entfallenden Teil der Tarife. Dass dieser Teil anschließend an die Urheber ausgeschüttet wird, ist irrelevant. In diesem Sinne könnten die an die Urheber ausgeschütteten Vergütungen als „Kosten“-Position der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung angesehen werden.

144. Schließlich wäre im Fall der Annahme, dass sich der relevante Umsatz lediglich auf den Teil der Erlöse beschränkt, den die Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung einbehalten kann, der Betrag der Geldbuße relativ gering. Dies könnte Zweifel im Hinblick darauf aufwerfen, ob diese Geldbuße hinreichend abschreckend, angesichts des den Verbrauchern verursachten Schadens verhältnismäßig und im Vergleich zu den Geldbußen gerecht wäre, die gegen andere Unternehmen verhängt werden, die ähnliche Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Union begangen haben.

IV.    Ergebnis

145. Im Ergebnis schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Augstākā tiesa (Oberster Gerichtshof, Lettland) zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

–        Das Verhalten einer Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung, die mit der Einziehung von Vergütungen auch für die Werke ausländischer Urheber beauftragt ist, kann im Sinne von Art. 102 AEUV dazu führen, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

–        In einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens ist es grundsätzlich angebracht, einen Vergleich zwischen den Tarifen auf dem betreffenden Markt und den Tarifen auf anderen Märkten vorzunehmen. Es ist jedoch Sache des nationalen Gerichts, anhand aller relevanten Umstände zu prüfen, ob der angestellte Vergleich einerseits richtig durchgeführt wurde und andererseits ausreichend war.

–        Beim Vergleich der von verschiedenen Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung verlangten Tarife kann die Anwendung eines vom Bruttoinlandsprodukt abgeleiteten Kaufkraftparitätsindexes angebracht sein; ob dieses Instrument ausreichend ist, hängt davon ab, ob die sonstigen Faktoren, die den Endpreis einer Ware oder Dienstleistung in einem bestimmten Land beeinflussen können, ebenfalls berücksichtigt werden.

–        Ein Vergleich der von verschiedenen Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung verlangten Tarife ist für jeden relevanten Markt vorzunehmen.

–        Als überhöht können nur Preise angesehen werden, die erheblich und dauerhaft über dem Referenzwert liegen.

–        Ein beherrschendes Unternehmen kann die Angemessenheit der angewendeten Preise auf Grundlage insbesondere höherer Herstellungs- und Vertriebskosten oder allgemeiner eines höheren wirtschaftlichen Wertes der gelieferten Ware oder erbrachten Dienstleistung nachweisen.

–        Bei der Festsetzung der Geldbuße, die gegen eine Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung wegen eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln der Union zu verhängen ist, sind die an die Urheber ausgeschütteten Vergütungen vom Umsatz dieser Einrichtung nicht auszunehmen.


1      Originalsprache: Englisch.


2      Urteil vom 14. Februar 1978, United Brands und United Brands Continentaal/Kommission (27/76, EU:C:1978:22) (im Folgenden: Urteil United Brands).


3      Vgl. z. B. Urteil vom 17. Juli 1997, GT‑Link (C‑242/95, EU:C:1997:376, Rn. 39).


4      Vgl. z. B. Urteil vom 5. Oktober 1994, Centre d’insémination de la Crespelle (C‑323/93, EU:C:1994:368, Rn. 19 und 21).


5      Vgl. in diesem Sinne Urteil United Brands (Rn. 249).


6      Urteil United Brands (Rn. 253).


7      Vgl. insbesondere Urteil United Brands (Rn. 251).


8      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. April 1989, Saeed Flugreisen und Silver Line Reisebüro (66/86, EU:C:1989:140, Rn. 43).


9      Vgl. z. B. Motta, M., de Streel, A., „Excessive Pricing in Competition Law: Never say Never?“, The Pros and Cons of High Prices, Konkurrensverket (schwedische Wettbewerbsbehörde), Kalmar, 2007, S. 33.


10      Vgl. u. a. Urteile vom 29. Februar 1968, Parke, Davis and Co. (24/67, EU:C:1968:11), und vom 5. Oktober 1988, CIRCA und Maxicar (53/87, EU:C:1988:472).


11      Vgl. Urteile vom 13. November 1975, General Motors Continental/Kommission (26/75, EU:C:1975:150), und vom 11. November 1986, British Leyland/Kommission (226/84, EU:C:1986:421).


12      Ebd.


13      Vgl. Urteile vom 8. Juni 1971, Deutsche Grammophon Gesellschaft (78/70, EU:C:1971:59), und vom 4. Mai 1988, Bodson (30/87, EU:C:1988:225).


14      Vgl. in diesem Sinne Organisation for Economic Co-operation and Development, Roundtables on Competition Policy, „Excessive Prices“, 2012 (DAF/COMP[2011]18) (im Folgenden: OECD-Bericht), S. 70.


15      Urteil United Brands (Rn. 249 bis 253). Vgl. auch Beschluss vom 25. März 2009, Scippacercola und Terezakis/Kommission (C‑159/08 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:188, Rn. 47).


16      Vgl. Urteile vom 13. Juli 1989, Tournier (395/87, EU:C:1989:319, im Folgenden: Urteil Tournier, Rn. 38), und vom 13. Juli 1989, Lucazeau u. a. (110/88, 241/88 und 242/88, EU:C:1989:326, im Folgenden: Urteil Lucazeau, Rn. 25).


17      Vgl. Urteil vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission (C‑407/04 P, EU:C:2007:53, Rn. 89 und 90 und die dort angeführte Rechtsprechung).


18      Vgl. Urteil vom 1. Juli 2008, MOTOE (C‑49/07, EU:C:2008:376, Rn. 42).


19      Vgl. z. B. Urteile Tournier und Lucazeau. Vgl. auch Urteile vom 25. Oktober 1979, Greenwich film production (22/79, EU:C:1979:245, Rn. 11 bis 13), und vom 2. März 1983, GVL/Kommission (7/82, EU:C:1983:52, Rn. 37 bis 39).


20      Vgl. insbesondere Urteil des Gerichts vom 12. April 2013, Autortiesību un komunicēšanās konsultāciju aģentūra/Latvijas Autoru apvienība/Kommission (T‑414/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:174).


21      Entscheidung der Kommission K(2008) 3435 endgültig vom 16. Juli 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/C2/38.698 – CISAC).


22      Einige dieser Fragen habe ich in Wahl, N., „Exploitative high prices and European competition law – a personal reflection“, Konkurrensverket, siehe oben, Fn. 9, S. 71 und 72, umrissen.


23      Vgl. Edwards, J., Kay, J., Mayer, C., The Economic Analysis of Accounting Profitability, Clarendon Press, 1987.


24      Vgl. z. B. O’Donoghue, R., Padilla, A. J., The Law and Economics of Article 82 EC, 2. Aufl., Hart Publishing, 2013, S. 617.


25      Vgl. OECD-Bericht, S. 10 und 26 bis 28.


26      Selbstverständlich mag es weitere Methoden geben, die jedoch im vorliegenden Verfahren nicht Gegenstand der Erörterung waren und die ich daher in den vorliegenden Schlussanträgen nicht prüfen werde.


27      Dieser Ansatz wurde im Rechtsmittelverfahren auch vom UK Competition Appeal Tribunal bestätigt, vgl. Urteil vom 15. Januar 2002, Napp Pharmaceutical Holdings Limited and Subsidiaries/Director General of Fair Trading [2002] CAT 1, Rn. 56 bis 69 und 390 bis 405.


28      Vgl. OECD-Bericht, S. 12.


29      Vgl. Röller, L. H., „Exploitative Abuses“, in Ehlermann, Marquis (Hrsg.), European Competition Law Annual 2007: A Reformed approach to Article 82, Hart Publishing, Oxford, 2008, S. 525 bis 532, und Motta, de Streel, siehe oben, Fn. 9, S. 367 ff.


30      Vgl. z. B. Evans, D. S., Padilla, J. A., „Excessive Prices: Using Economics to Define Administrable Legal Rules“, Journal of Competition Law and Economics, 2005, S. 109.


31      Vgl. z. B. Geradin, D., Layne-Farrar, A., Petit, N., EU Competition Law and Economics, Oxford University Press, Oxford, 2012, S. 270 mit weiteren Nachweisen.


32      Vgl. Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) und Urteil United Brands (Rn. 264). Hierauf komme ich unten in den Nrn. 132 bis 139 der vorliegenden Schlussanträge zurück.


33      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Januar 2016, Eturas u. a. (C‑74/14, EU:C:2016:42, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).


34      Genau gesagt: das Vorliegen eines erheblichen und dauerhaften Unterschieds, wie im Rahmen der Prüfung der fünften Vorlagefrage erläutert werden wird (Nrn. 101 bis 113).


35      Ich gehe davon aus, dass den Lizenznehmern in den verschiedenen Ländern Zugang zu ähnlichen Repertoires gewährt wird. Dies zu prüfen ist Sache des nationalen Gerichts.


36      Der geografischen Nähe eines Landes kommt meines Erachtens an sich kein besonderes Gewicht zu. Dieser Faktor ist nur von Gewicht, soweit er sich auf Gesichtspunkte auswirkt, die für die Prüfung relevant sind, wie z. B. die Kundengewohnheiten oder ‑präferenzen und die Struktur der Märkte.


37      Wenn ich dies richtig verstehe, besteht in allen (oder fast allen) der für den Vergleich in der angefochtenen Entscheidung ausgewählten Länder ein dem in Lettland ähnliches gesetzliches Monopol. Es kann demnach nicht ausgeschlossen werden, dass auch in diesen Ländern die von den Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung angewendeten Gebühren über dem Wettbewerbspreis liegen könnten. Dies würde sich natürlich auf den von der Behörde berechneten Referenzpreis auswirken. Diese Unzulänglichkeit der von der Behörde verwendeten Daten würde sich jedoch allenfalls zugunsten des Unternehmens auswirken, gegen das ermittelt wird: Der Referenzpreis läge höher als der Wettbewerbspreis.


38      Siehe oben, Nr. 37. Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache Tournier (395/87, EU:C:1989:215, Nr. 53).


39      Richtlinie des Rates vom 19. November 1992 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl. 1992, L 346, S. 61).


40      Urteil vom 6. Februar 2003, SENA (C‑245/00, EU:C:2003:68, Rn. 36 und 37).


41      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt (ABl. 2014, L 84, S. 72).


42      Diese Bestimmung gibt auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 102 AEUV wieder, indem sie ergänzend Folgendes vorsieht: „Tarife für ausschließliche Rechte und Vergütungsansprüche stehen in einem angemessenen Verhältnis unter anderem zu dem wirtschaftlichen Wert der Nutzung der Rechte unter Berücksichtigung der Art und des Umfangs der Nutzung des Werks und sonstiger Schutzgegenstände sowie zu dem wirtschaftlichen Wert der von der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung erbrachten Leistungen. Die Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung informieren die betroffenen Nutzer über die der Tarifaufstellung zugrunde liegenden Kriterien“ (Hervorhebung nur hier).


43      Urteil vom 11. Dezember 2008, Kanal 5 und TV 4 (C‑52/07, EU:C:2008:703).


44      Vgl. siebter Erwägungsgrund der Richtlinie 92/100 und Erwägungsgründe 1 und 31 der Richtlinie 2014/26.


45      Vgl. Urteile Tournier (Rn. 38) und Lucazeau (Rn. 25).


46      Easterbrook, F. H., „The limits of antitrust“, Texas Law Review, 1984, S. 15.


47      Nach verbreiteter Ansicht können vielmehr die Errichtung einer sektoralen Behörde oder die Einführung einer Preisregulierung wirksamere Wege zur Vermeidung überhöhter Preise auf einem Markt sein. Allgemeiner wird davon ausgegangen, dass das wirksamste Mittel gegen überhöhte Preise darin liegen könne, dass der Gesetzgeber ex ante eingreift, um die rechtlichen Hindernisse zu beseitigen, die einen normalen Wettbewerb behindern, anstatt ex post tätig zu werden, um die Einhaltung durchzusetzen.


48      Vgl. Fletcher, A., Jardine, A., „Toward an Appropriate Policy for Excessive Pricing“, in Ehlermann, C. D., Marquis, M. (Hrsg.), European Competition Law Annual 2007: A Reformed Approach to Article 82, Hart Publishing, 2007, S. 536.


49      Vgl. z. B. Paulis, E., „Article 82 EC and Exploitative Conduct“, in Ehlermann, C. D., Marquis, M. (Hrsg.), siehe oben, Fn. 48.


50      Vgl. Lyons B., „The Paradox of the Exclusion of Exploitative Abuse“, in Konkurrensverket, siehe oben, Fn. 9, S. 74.


51      Urteil vom 13. November 1975, General Motors Continental/Kommission (26/75, EU:C:1975:150, Rn. 16 bis 20).


52      Mit Verweisen auf Rechtssachen in den Mitgliedstaaten der Union: Williams, M., „Excessive Pricing“, in Konkurrensverket, siehe oben, Fn. 9, S. 152 und 153, und O’Donoghue, R., Padilla, A. J., siehe oben, Fn. 24, S. 619 bis 621.


53      Vgl. Paulis, siehe oben, Fn. 49.


54      Urteil des US Supreme Court Verizon Communications Inc./Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP (02-682) (540 U.S. 398, 2004) (Hervorhebung im Original). Diese Feststellungen wurden zwar in einem anderen Zusammenhang getroffen als dem des Ausgangsverfahrens, sie haben meines Erachtens jedoch allgemeingültigen Wert.


55      Siehe oben, Nr. 20.


56      Zum alternativen Charakter dieser Voraussetzungen vgl. Beschluss vom 25. März 2009, Scippacercola und Terezakis/Kommission (C‑159/08 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:188, Rn. 47).


57      Urteil vom 10. Dezember 1991, Merci convenzionali Porto di Genova (C‑179/90, EU:C:1991:464, Rn. 19).


58      Urteil vom 16. Juli 2009, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission (C‑385/07 P, EU:C:2009:456, Rn. 141 bis 147).


59      Urteile vom 13. November 1975, General Motors Continental/Kommission (26/75, EU:C:1975:150), und vom 11. November 1986, British Leyland/Kommission (226/84, EU:C:1986:421).


60      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. April 1989, Saeed Flugreisen und Silver Line Reisebüro (66/86, EU:C:1989:140, Rn. 43), und Schlussanträge des Generalanwalts Mischo in der Rechtssache CIRCA und Maxicar (53/87, EU:C:1988:330, Nr. 62).


61      Vgl. in diesem Sinne Urteil Lucazeau (Rn. 28 und 29).


62      Vgl. Korah, V., An Introductory Guide to EC Competition Law and Practice, 6. Aufl., Hart Publishing, 1999, S. 114, und Bishop, S., Walker, M., The Economics of EC Competition Law, 3. Aufl., Sweet & Maxwell, 2010, S. 238.


63      Vgl. OECD-Bericht, S. 57.


64      Vgl. insbesondere Entscheidung der Kommission in der Sache Scandlines Sverige AB/Port of Helsingborg (COMP/A.36.568/D3).


65      Siehe oben, Nr. 23.


66      Siehe oben, Nr. 52.


67      Vgl. u. a. Urteil United Brands (Rn. 184), Urteile vom 3. Oktober 1985, CBEM (311/84, EU:C:1985:394, Rn. 27), und vom 15. März 2007, British Airways/Kommission (C‑95/04 P, EU:C:2007:166, Rn. 69 und 86).


68      Vgl. Urteil vom 27. Februar 2014, OSA (C‑351/12, EU:C:2014:110, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).


69      Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2).