Language of document : ECLI:EU:T:2017:60

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

3. Februar 2017(*)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionswortmarke Premeno – Ältere nationale Wortmarke Pramino – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Entscheidung, die nach Aufhebung einer früheren Entscheidung durch das Gericht ergangen ist – Recht auf Anhörung – Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑509/15

Kessel medintim GmbH mit Sitz in Mörfelden-Walldorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt A. Jacob und Rechtsanwältin U. Staudenmaier,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht

Janssen-Cilag GmbH mit Sitz in Neuss (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin M. Wenz,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 2. Juli 2015 (Sache R 349/2015‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Janssen-Cilag GmbH und der Kessel medintim GmbH

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen sowie der Richterin I. Pelikánová und des Richters E. Buttigieg (Berichterstatter),

Kanzler: A. Lamote, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 3. September 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 4. Dezember 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 30. November 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 8. November 2016

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 7. November 2007 meldete die Klägerin, die Kessel medintim GmbH (vormals: Kessel Marketing & Vertriebs GmbH), beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. 2009, L 78, S. 1]) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen Premeno.

3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klasse 5 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet: „Vaginalzäpfchen“.

4        Die Unionsmarkenanmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 14/2008 vom 7. April 2008 veröffentlicht.

5        Am 7. Juli 2008 erhob die Streithelferin, die Janssen-Cilag GmbH, gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Waren.

6        Der Widerspruch war auf die ältere deutsche Wortmarke Pramino gestützt, die für folgende Waren der Klasse 5 eingetragen ist: „verschreibungspflichtige Arzneimittel“.

7        Als Widerspruchsgrund wurde das Eintragungshindernis des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) geltend gemacht.

8        Auf entsprechenden Antrag der Klägerin erbrachte die Streithelferin nach Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 den Nachweis, dass die ältere Marke ernsthaft benutzt wurde.

9        Mit Entscheidung vom 26. Februar 2010 befand die Widerspruchsabteilung, dass die Benutzung der älteren Marke für „verschreibungspflichtige Arzneimittel, nämlich Arzneimittel zur hormonalen Schwangerschaftsverhütung“, nachgewiesen worden sei, und gab dem Widerspruch im Hinblick auf diese Waren statt. Sie lehnte demgemäß die Eintragung der angemeldeten Marke mit der Begründung ab, dass Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bestehe, da die einander gegenüberstehenden Marken visuell und phonetisch in mittlerem Grad ähnlich und die in Rede stehenden Waren identisch seien.

10      Am 26. April 2010 legte die Klägerin nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein. Sie beantragte nach Art. 43 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 insbesondere, die in der Markenanmeldung genannten Waren auf folgende Waren der Klasse 5 einzuschränken: „nicht verschreibungspflichtige Vaginalzäpfchen gegen Scheidentrockenheit und vaginale Infekte“.

11      Mit Entscheidung vom 21. September 2010 (Sache R 708/2010-4) (im Folgenden: Entscheidung vom 21. September 2010) bestätigte die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Entscheidung der Widerspruchsabteilung und wies die Beschwerde zurück, nachdem sie den Antrag auf Einschränkung der in der Anmeldung bezeichneten Waren abgelehnt hatte.

12      Mit Klageschrift, die am 23. November 2010 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Klägerin gegen die Entscheidung vom 21. September 2010 Klage und machte dabei insbesondere geltend, die Zurückweisung der Einschränkung der in der Anmeldung bezeichneten Waren verstoße gegen Art. 43 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 und Regel 2 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1995, L 303, S. 1).

13      Mit Urteil vom 8. November 2013, Kessel/HABM – Janssen-Cilag (Premeno) (T‑536/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:586), hob das Gericht die Entscheidung vom 21. September 2010 mit der Begründung auf, dass die Zurückweisung der Einschränkung der in der Anmeldung bezeichneten Waren durch die Beschwerdekammer gegen Art. 43 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoße.

14      Mit Urteil vom 11. Dezember 2014, HABM/Kessel medintim (C‑31/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2436), wies der Gerichtshof das vom EUIPO gegen das Urteil des Gerichts vom 8. November 2013, Premeno (T‑536/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:586), eingelegte Rechtsmittel zurück. Der Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass das Gericht zu Recht entschieden habe, dass der Einschränkungsantrag, wie er von der Klägerin im Rahmen ihrer Beschwerde vor der Beschwerdekammer formuliert worden sei, nicht allein mit der Begründung habe zurückgewiesen werden dürfen, dass er auf das Kriterium der fehlenden Verschreibungspflicht Bezug genommen habe, weil dieser Einschränkungsantrag jedenfalls auch auf das Kriterium der therapeutischen Indikation gestützt worden sei, das bei pharmazeutischen Erzeugnissen ein wesentliches Kriterium für die Bildung einer Untergruppe dieser Waren darstelle.

15      Mit Entscheidung vom 2. Juli 2015 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde der Klägerin zurück. Da die Beschwerdekammer davon ausging, dass die beantragte Einschränkung der in der Anmeldung bezeichneten Waren aufgrund des Urteils vom 11. Dezember 2014, HABM/Kessel medintim (C‑31/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2436), nun insgesamt zu akzeptieren sei, legte sie als in der der Anmeldung bezeichnete Waren „nicht verschreibungspflichtige Vaginalzäpfchen gegen Scheidentrockenheit und vaginale Infekte“ zugrunde. Angesichts einer überdurchschnittlichen Ähnlichkeit dieser Waren mit den von der älteren Marke erfassten Waren, für die der Nachweis der ernsthaften Benutzung erbracht worden sei, sowie einer mittleren Zeichenähnlichkeit und der erhöhten Kennzeichnungskraft der älteren Marke infolge ihrer Benutzung stellte die Beschwerdekammer das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 fest.

 Anträge der Parteien

16      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen;

–        hilfsweise, die Sache zur erneuten Entscheidung an das EUIPO zurückzuverweisen;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

17      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

18      Die Streithelferin beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die ihr entstandenen Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

19      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe, nämlich erstens einen Verstoß gegen Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009, da ihr kein rechtliches Gehör gewährt worden sei, und zweitens einen Beurteilungsfehler in Bezug auf das relative Eintragungshindernis im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009

20      Die Klägerin macht geltend, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, weil sie die angefochtene Entscheidung erlassen habe, ohne sie im Nachgang zu den Urteilen vom 8. November 2013, Premeno (T‑536/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:586), und vom 11. Dezember 2014, HABM/Kessel medintim (C‑31/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2436), zum einen zur Problematik der Einschränkung der in der Anmeldung bezeichneten Waren und zum anderen wenigstens zur Ähnlichkeit der von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren anzuhören, da erst mit dem Rechtsmittelurteil festgestanden habe, welche der von den einander gegenüberstehenden Marken gekennzeichneten Waren in die Prüfung der Warenähnlichkeit einzubeziehen seien. In der Praxis des EUIPO, wie sie in den Richtlinien für Verfahren vor diesem zum Ausdruck komme, werde der Markenanmelder zu einer teilweise zulässigen und teilweise unzulässigen Einschränkung angehört.

21      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen und tragen vor, dass deren Recht auf Anhörung im vorliegenden Fall nicht verletzt worden sei.

22      Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 stellt einen besonderen Anwendungsfall des auch in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegten allgemeinen Grundsatzes des Schutzes der Verteidigungsrechte dar, wonach Personen, deren Interessen durch eine amtliche Entscheidung berührt werden, Gelegenheit erhalten müssen, ihren Standpunkt gebührend darzulegen (vgl. Urteil vom 13. Juni 2012, XXXLutz Marken/HABM – Meyer Manufacturing [Circon], T‑542/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:294, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Anspruch auf rechtliches Gehör erstreckt sich auf alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte, die die Grundlage der Entscheidungsfindung bilden, nicht aber auf den endgültigen Standpunkt, den die Verwaltung einnehmen will (vgl. Beschluss vom 8. September 2015, DTL Corporación/HABM, C‑62/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:568, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      Die Nichtbeachtung dieser Vorschriften lässt das Verwaltungsverfahren jedoch nur dann fehlerhaft werden, wenn nachgewiesen ist, dass es ohne den Verstoß möglicherweise zu einem anderen Ergebnis geführt hätte (vgl. Urteile vom 25. Juni 2015, Copernicus-Trademarks/HABM – Maquet [LUCEA LED], T‑186/12, EU:T:2015:436, Rn. 107 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 15. Juli 2015, Australian Gold/HABM – Effect Management & Holding [HOT], T‑611/13, EU:T:2015:492, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die Beteiligten des Widerspruchsverfahrens nicht aufgefordert wurden, zu dem Urteil vom 8. November 2013, Premeno (T‑536/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:586), oder dem Urteil vom 11. Dezember 2014, HABM/Kessel medintim (C‑31/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2436), Stellung zu nehmen. Aus den Akten geht hervor, dass das EUIPO ihnen mit Schreiben vom 26. Februar 2015 schlicht die Entscheidung des Präsidiums der Beschwerdekammern vom 15. Januar 2015 über die Neuzuordnung der Sache an die Vierte Beschwerdekammer gemäß Art. 1d der Verordnung (EG) Nr. 216/96 der Kommission vom 5. Februar 1996 über die Verfahrensordnung vor den Beschwerdekammern des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (ABl. 1996, L 28, S. 11), geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2082/2004 der Kommission vom 6. Dezember 2004 (ABl. 2004, L 360, S. 8), mitgeteilt hat.

25      Dazu ist festzustellen, dass weder die Verordnung Nr. 207/2009 noch die Verordnung Nr. 2868/95 ein besonderes Verfahren für den Fall vorsehen, dass ein Verfahren vor einer Beschwerdekammer nach Aufhebung einer früheren Entscheidung einer Beschwerdekammer wieder aufgenommen wird. Folglich könnte sich eine Pflicht, die betroffenen Parteien erneut anzuhören, lediglich aus dem in Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 verankerten allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte ergeben (Urteil vom 13. April 2011, Safariland/HABM – DEF‑TEC Defense Technology [FIRST DEFENSE AEROSOL PEPPER PROJECTOR], T‑262/09, EU:T:2011:171, Rn. 83).

26      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin schreibt Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 jedoch keineswegs vor, dass diese nach der Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem EUIPO im Anschluss an eine Aufhebung der Entscheidung der Beschwerdekammern durch das Gericht erneut aufzufordern wäre, sich zu den rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten zu äußern, zu denen sie bereits im Rahmen des vorher durchgeführten schriftlichen Verfahrens jede Gelegenheit hatte, Stellung zu nehmen, da der Vorgang von der Beschwerdekammer unverändert wiederaufgenommen wurde (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 4. März 2010, Kaul/HABM, C‑193/09 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:121, Rn. 60, und Urteil vom 13. April 2011, FIRST DEFENSE AEROSOL PEPPER PROJECTOR, T‑262/09, EU:T:2011:171, Rn. 84).

27      Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Klägerin im Rahmen des Verfahrens, das zum Erlass der Entscheidung vom 21. September 2010 führte, Gelegenheit hatte, sich zu allen Gesichtspunkten der Anmeldung, einschließlich dem der Einschränkung der in der Anmeldung bezeichneten Waren sowie dem der Ähnlichkeit der von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren, zu äußern.

28      Zu, erstens, der Frage der Einschränkung der von der angemeldeten Marke erfassten Waren ergibt sich nämlich aus dem Urteil vom 8. November 2013, Premeno (T‑536/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:586), bestätigt durch das Urteil vom 11. Dezember 2014, HABM/Kessel medintim (C‑31/14, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2436), dass das Kriterium der therapeutischen Indikation, das die Klägerin in ihrem Einschränkungsantrag selbst nannte, für die Bestimmung einer Untergruppe der von der angemeldeten Marke erfassten pharmazeutischen Erzeugnisse wesentlich war. Da die Klägerin selbst ihren Einschränkungsantrag auf dieses Kriterium stützte, war sie naturgemäß voll und ganz in der Lage, sich hierzu zu äußern (vgl. in diesem Sinne entsprechend Beschluss vom 4. März 2010, Kaul/HABM, C‑193/09 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:121, Rn. 66). Der Umstand, dass das Kriterium der fehlenden Verschreibungspflicht sowohl vom Gericht als auch vom Gerichtshof für unerheblich befunden wurde, um eine Untergruppe der von der Markenanmeldung erfassten Waren zu bestimmen, erlaubt gerade aufgrund der Unerheblichkeit dieses Kriteriums nicht die Schlussfolgerung, dass die Klägerin im Nachgang zu den Urteilen vom 8. November 2013, Premeno (T‑536/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:586), und vom 11. Dezember 2014, HABM/Kessel medintim (C‑31/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2436), erneut zur Frage der Einschränkung der in der Anmeldung bezeichneten Waren hätte angehört werden müssen.

29      Diese Schlussfolgerung wird nicht durch das Vorbringen entkräftet, das die Klägerin auf die Richtlinien für Verfahren vor dem EUIPO (im Folgenden auch: Verfahrensrichtlinien), insbesondere dessen Teil C, Abschnitt 1, Punkt 5.2.1 stützt, in dem es heißt: „Ist eine Einschränkung der Anmeldung nur teilweise zulässig (z. B. weil sie eine unzulässige Erweiterung bewirkt), lässt das [EUIPO] die Einschränkung in dem Umfang zu, indem sie zulässig ist. Bevor die Einschränkung bearbeitet wird, ist dem Anmelder mitzuteilen, in welchen Teilen die Einschränkung nicht zugelassen werden kann. Ihm werden zwei Monate zur Stellungnahme eingeräumt. Der Widersprechende erhält eine Abschrift der Einschränkung sowie das Schreiben des [EUIPO] an den Anmelder. Wenn der Anmelder innerhalb der zwei Monate eine Stellungnahme einreicht, die eine zulässige Einschränkung enthält, kann [L]etztere unter Berücksichtigung des Einreichungsdatums des ersten Einschränkungsantrags bearbeitet werden. Wenn der Anmelder keine Stellungnahme einreicht, wird die Einschränkung nur insoweit bearbeitet, als sie zulässig ist.“

30      In diesem Zusammenhang genügt der Hinweis darauf, dass die Richtlinien des EUIPO lediglich eine Kodifikation der Art und Weise, in der das EUIPO vorzugehen beabsichtigt, darstellen, so dass sich hieraus eine Selbstbeschränkung dahin ergibt, dass es die sich selbst auferlegten Regeln über sein Vorgehen zu beachten hat. Diese Selbstbeschränkung setzt jedoch notwendigerweise voraus, dass diese Richtlinien den Vorschriften des geltenden Rechts entsprechen (vgl. in diesem Sinne, Urteile vom 21. Mai 2014, Eni/HABM – Emi [IP] [ENI], T‑599/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:269, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 18. September 2015, Federación Nacional de Cafeteros de Colombia/HABM – Accelerate [COLOMBIANO COFFEE HOUSE], T‑359/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:651, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Folglich dürfen die Richtlinien des EUIPO keinesfalls der Auslegung einer Rechtsnorm durch den Unionsrichter, im vorliegenden Fall Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009, zuwiderlaufen. Die Klägerin kann sich somit für ihr Vorbringen, ihr Recht auf Anhörung sei vorliegend nicht gewahrt worden, nicht mit Erfolg auf Auszüge aus den Richtlinien des EUIPO berufen.

32      Doch selbst wenn man unterstellte, dass die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall der Praxis hätte folgen müssen, die in den Richtlinien für Verfahren vor dem EUIPO ausgeführt wird, ist jedenfalls, wie sich aus den Urteilen vom 8. November 2013, Premeno (T‑536/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:586), und vom 11. Dezember 2014, HABM/Kessel medintim (C‑31/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2436), ergibt, nicht nachgewiesen, dass die Beschwerdekammer zu einer anderen Entscheidung hätte gelangen können, wenn sie die Klägerin zu der Einschränkung der in der Anmeldung bezeichneten Waren angehört hätte. Denn gemäß Art. 65 Abs. 6 der Verordnung Nr. 207/2009 ergreift das EUIPO, wie dieses und die Streithelferin im Wesentlichen geltend machen, die Maßnahmen, die sich aus den Urteilen vom 8. November 2013, Premeno (T‑536/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:586), und vom 11. Dezember 2014, HABM/Kessel medintim (C‑31/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2436), ergeben. Nach der Rechtsprechung kommt das Organ, das den angefochtenen Akt erlassen hat, einem Nichtigkeitsurteil nur dann nach und führt es nur dann voll durch, wenn es nicht nur den Tenor des Urteils beachtet, sondern auch die Begründung, die zu dem Tenor geführt hat und ihn in dem Sinne trägt, dass sie zur Bestimmung der genauen Bedeutung des Tenors unerlässlich ist. Diese Begründung benennt nämlich zum einen exakt die Bestimmung, die als rechtswidrig angesehen wird, und lässt zum anderen die spezifischen Gründe der im Tenor festgestellten Rechtswidrigkeit erkennen, die das betroffene Organ bei der Ersetzung des für nichtig erklärten Aktes zu beachten hat (vgl. Urteile vom 13. April 2011, FIRST DEFENSE AEROSOL PEPPER PROJECTOR, T‑262/09, EU:T:2011:171, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 3. Juli 2013, Cytochroma Development/HABM – Teva Pharmaceutical Industries [ALPHAREN], T‑106/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:340, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Im vorliegenden Fall ist die Beschwerdekammer den Vorgaben des Gerichts und des Gerichtshofs allerdings gerade gefolgt, indem sie in den Rn. 12 bis 14 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, dass das Kriterium der therapeutischen Indikation zur Bestimmung der Untergruppe der von der Anmeldung erfassten Waren wesentlich gewesen sei, wohingegen das Kriterium der fehlenden Verschreibungspflicht insoweit unerheblich gewesen sei, was der Anmeldung insgesamt jedoch nicht deren Erheblichkeit, Klarheit oder Bestimmtheit nahm. Die Stellungnahme der Klägerin zu diesen Fragen hätte die Beschwerdekammer nicht zu einer anderen Entscheidung im Sinne der oben in Rn. 23 angeführten Rechtsprechung führen können. Infolgedessen könnte selbst dann, wenn man unterstellte, dass das EUIPO, wie die Klägerin geltend macht, sie im Nachgang zu den Urteilen vom 8. November 2013, Premeno (T‑536/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:586), und vom 11. Dezember 2014, HABM/Kessel medintim (C‑31/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2436), entgegen der in den Verfahrensrichtlinien vorgesehenen Praxis zu dem Antrag einer „teilweise zulässigen und teilweise unzulässigen“ Einschränkung zu Unrecht nicht angehört hat, eine solche Unterlassung im vorliegenden Fall nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen.

34      Was das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung betrifft, dass sie, wäre sie vor Erlass der angefochtenen Entscheidung durch die Beschwerdekammer angehört worden, eine neue Einschränkung der in der Anmeldung bezeichneten Waren hätte vornehmen und die Zurückweisung ihrer Beschwerde hätte abwenden können, ist darauf hinzuweisen, dass Art. 43 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 den Anmelder einer Unionsmarke ermächtigt, das in der Anmeldung enthaltene Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen im Verwaltungsverfahren jederzeit einzuschränken. Die Befugnis zur Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses hat somit nur der Anmelder der Unionsmarke, der jederzeit einen entsprechenden Antrag an das EUIPO richten kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. November 2004, Storck/HABM [Form eines Bonbons], T‑396/02, EU:T:2004:329, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung). Demzufolge hätte die Klägerin, nachdem sie nach der Verkündung des Urteils vom 11. Dezember 2014, HABM/Kessel medintim (C‑31/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2436), über die Zuordnung der Sache an die Vierte Beschwerdekammer und deren neues Aktenzeichen informiert worden war, eine erneute Einschränkung der in der Anmeldung bezeichneten Waren vornehmen können, und zwar auch ohne eine Aufforderung, sich zu den Folgen dieses Urteils in Bezug auf ihren Eintragungsantrag zu äußern.

35      Zu, zweitens, der Ähnlichkeit der Waren ist darauf hinzuweisen, dass das Urteil vom 8. November 2013, Premeno (T‑536/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:586), bestätigt durch das Urteil vom 11. Dezember 2014, HABM/Kessel medintim (C‑31/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2436), die von der Beschwerdekammer im Rahmen der Beurteilung der Warenähnlichkeit zu berücksichtigenden Kriterien präzisiert hat. Insoweit hat das Gericht entschieden, dass das Kriterium, ob eine Verschreibungspflicht besteht oder nicht, kein Kriterium ist, das für die Bestimmung einer Untergruppe pharmazeutischer Erzeugnisse wie der Waren der einander gegenüberstehenden Marken erheblich ist, so dass dieses Kriterium von der Beschwerdekammer im Rahmen der Prüfung der Ähnlichkeit der Waren nicht berücksichtigt werden durfte.

36      Abgesehen von der Unerheblichkeit des Kriteriums, ob eine Verschreibungspflicht besteht oder nicht, waren der Klägerin die anderen Elemente für die Bestimmung der Untergruppen der Waren der einander gegenüberstehenden Marken, nämlich dass die von der älteren Marke erfassten Waren „Arzneimittel zur hormonalen Schwangerschaftsverhütung“ und die von der angemeldeten Marke erfassten Waren „Vaginalzäpfchen gegen Scheidentrockenheit und vaginale Infekte“ waren, wohl bekannt. Diese Elemente für die Bestimmungen der Untergruppen der Waren der einander gegenüberstehenden Marken waren von den Urteilen vom 8. November 2013, Premeno (T‑536/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:586), und vom 11. Dezember 2014, HABM/Kessel medintim (C‑31/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2436), nicht betroffen. Die Klägerin hatte, was sie nicht bestreitet, Gelegenheit, im Rahmen des Verfahrens vor den Instanzen des EUIPO, das in den Erlass der Entscheidung vom 21. September 2010 mündete, zur Ähnlichkeit der Waren unter Berücksichtigung insbesondere dieser Elemente Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme bezog sich zumindest auf das nicht erhebliche Kriterium, ob eine Verschreibungspflicht bestehe oder nicht.

37      Daraus folgt, dass nichts in den Akten die Annahme zulässt, dass es die Aktenlage nach den Urteilen vom 8. November 2013, Premeno (T‑536/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:586), und vom 11. Dezember 2014, HABM/Kessel medintim (C‑31/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2436), im vorliegenden Fall der Beschwerdekammer nicht erlaubt habe, über den fraglichen Widerspruch zu entscheiden, ohne die Klägerin zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert zu haben. Denn die angefochtene Entscheidung beruht auf tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten, zu denen die Beteiligten des Widerspruchsverfahrens im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, das dem Erlass der Entscheidung vom 21. September 2010 vorausging, hinreichend Stellung genommen hatten. Außerdem geht aus keiner Stelle der angefochtenen Entscheidung hervor, dass sich die Beschwerdekammer auf andere tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte als die gestützt hat, über die die Beschwerdekammer zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung vom 21. September 2010 verfügte (vgl. in diesem Sinne entsprechend Beschluss vom 4. März 2010, Kaul/HABM, C‑193/09 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:121, Rn. 59).

38      Daher ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

39      Die Klägerin trägt vor, die Beschwerdekammer habe einen Beurteilungsfehler in Bezug auf das relative Eintragungshindernis im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 begangen, da sie zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt sei, dass zwischen den Waren der einander gegenüberstehenden Marken eine Ähnlichkeit bestehe.

40      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Unter älteren Marken versteht man übrigens nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 207/2009 in einem Mitgliedstaat eingetragene Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke.

41      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist die Verwechslungsgefahr umfassend, gemäß der Wahrnehmung der in Rede stehenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass eine Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und zugleich eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, EU:T:2009:14, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

43      Nach der Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Rede stehenden Art von Waren abzustellen. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Grad der Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, EU:T:2007:46, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Im vorliegenden Fall ist die Beschwerdekammer in Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, das maßgebliche Gebiet, auf das bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr abzustellen sei, sei Deutschland, da die ältere Marke eine deutsche Marke sei. Ferner hat sie angenommen, die maßgeblichen Verkehrskreise setzten sich aus Endverbrauchern der fraglichen Waren und Fachleuten im Bereich der Medizin und Pharmazie zusammen. In Rn. 28 der angefochtenen Entscheidung hat sie schließlich unter Hinweis auf die Rechtsprechung festgestellt, dass im Bereich der Arzneimittel von einem erhöhten Aufmerksamkeitsgrad des angesprochenen Publikums auszugehen sei.

45      Obschon die Klägerin im Rahmen der Anfechtung der Beurteilung der Warenähnlichkeit durch die Beschwerdekammer Argumente zu den „Zielgruppen“ der Waren vorträgt, die von den einander gegenüberstehenden Marken erfasst werden, ficht sie nicht die Beurteilung der Beschwerdekammer hinsichtlich der Bestimmung der maßgeblichen Verkehrskreise an. Da diese Beurteilung nicht fehlerhaft ist (vgl. Urteil vom 13. Februar 2008, Sanofi-Aventis/HABM – GD Searle [ATURION], T‑146/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:33, Rn. 23 bis 25 und 27 und die dort angeführte Rechtsprechung), ist sie zu bestätigen.

 Zum Vergleich der Waren

46      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die deren Verhältnis zueinander kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. Auch andere Faktoren wie die Vertriebswege der betreffenden Waren können berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, EU:T:2007:219, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47      In Rn. 23 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die Waren der einander gegenüberstehenden Marken gynäkologische Präparate seien, sich ausschließlich an Patientinnen richteten, über Apotheken und Fachärzte abgegeben würden und die gleiche Darreichungsform haben könnten. Diese Waren unterschieden sich folglich nur nach ihrer therapeutischen Indikation, was nach der Beurteilung der Beschwerdekammer in Rn. 24 der angefochtenen Entscheidung „grundsätzlich“ eine mittelgradige Ähnlichkeit begründet. Außerdem ist die Beschwerdekammer davon ausgegangen, dass es zu Überschneidungen der therapeutischen Indikationen der fraglichen Waren kommen könne, da Arzneimittel zur hormonalen Schwangerschaftsverhütung, wie die von der älteren Marke erfassten, auch zur Behandlung hormonbedingter Beschwerden eingesetzt werden könnten, u. a. der Beschwerden, die mit den in der Anmeldung erfassten Waren behandelt würden. Infolgedessen hält die Beschwerdekammer die Ähnlichkeit der Waren der einander gegenüberstehenden Marken für überdurchschnittlich.

48      Die Klägerin macht geltend, dass die Beschwerdekammer einen Fehler begangen habe, indem sie nicht nur festgestellt habe, dass die in Rede stehenden Waren „grundsätzlich“ mittelgradig ähnlich seien, sondern zudem den Schluss gezogen habe, dass Überschneidungen der therapeutischen Indikationen bestünden, die eine überdurchschnittliche Ähnlichkeit dieser Waren begründeten.

49      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen und sind wie die Beschwerdekammer der Ansicht, dass die einander gegenüberstehenden Waren einen überdurchschnittlichen Ähnlichkeitsgrad aufwiesen.

50      Im vorliegenden Fall sind, wie die Beschwerdekammer in den Rn. 14 und 20 der angefochtenen Entscheidung unter Berücksichtigung der Urteile vom 8. November 2013, Premeno (T‑536/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:586), und vom 11. Dezember 2014, HABM/Kessel medintim (C‑31/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2436), ausgeführt hat, die zu vergleichenden Waren von der angemeldeten Marke erfasste „nicht verschreibungspflichtige Vaginalzäpfchen gegen Scheidentrockenheit und vaginale Infekte“ und von der älteren Marke erfasste „verschreibungspflichtige Arzneimittel, nämlich Arzneimittel zur hormonalen Schwangerschaftsverhütung“. Nachdem die Beschwerdekammer in den Rn. 23 und 24 der angefochtenen Entscheidung diese Waren für „grundsätzlich“ mittelgradig ähnlich befunden hat, hat sie in Rn. 24 der Entscheidung den Schluss gezogen, dass der Grad der Ähnlichkeit dieser Waren nach der umfassenden Beurteilung und angesichts der möglichen Überschneidungen ihrer therapeutischen Indikationen als überdurchschnittlich ähnlich zu bewerten sei.

51      Insoweit hat die Beschwerdekammer in den Rn. 23 und 24 der angefochtenen Entscheidung zu Recht darauf hingewiesen, dass die von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren durchschnittlich ähnlich seien, denn abgesehen von dem Unterschied in den therapeutischen Indikationen handelt es sich um pharmazeutische Erzeugnisse, die bei gynäkologischen Behandlungen eingesetzt werden, sich somit ausschließlich an Frauen richten und über Apotheken oder Fachärzte abgegeben werden.

52      Die Klägerin wirft der Beschwerdekammer vor, zu Unrecht zu dem Schluss gelangt zu sein, dass allein der Umstand, dass die fraglichen Waren zu der allgemeinen Produktgruppe pharmazeutischer Erzeugnisse gehörten, zu einer Warenähnlichkeit mittleren Grades führe. Hierzu ist anzumerken, dass aus der Rechtsprechung zwar hervorgeht, dass die Zugehörigkeit von Arzneimitteln zu derselben allgemeinen Produktgruppe lediglich die Feststellung eines schwachen Ähnlichkeitsgrades zwischen sämtlichen Arzneimitteln erlaubt (Urteil vom 15. Dezember 2010, Novartis/HABM – Sanochemia Pharmazeutika [TOLPOSAN], T‑331/09, EU:T:2010:520, Rn. 35).

53      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer ihre Schlussfolgerung jedoch nicht auf den Umstand gestützt, dass die fraglichen Waren zu einer allgemeinen Gruppe pharmazeutischer Erzeugnisse gehören, die in der Tat eine sehr weite Gruppe ist, die Produkte umfasst, die, wie die Klägerin geltend macht, unterschiedlich sein können, sondern insbesondere auf den Umstand, dass es sich um gynäkologische Präparate handelt, die sich ausschließlich an Patientinnen richten. Solche Klarstellungen, die die gesundheitlichen Beschwerden, für die die fraglichen Waren bestimmt sind, auf gynäkologische Beschwerden konzentrieren und mit denen sie innerhalb einer allgemeineren Gruppe von Arzneimitteln oder pharmazeutischen Erzeugnissen unterschieden werden können, indem von ihren therapeutischen Indikationen ausgegangen wird, erlauben die Feststellung, dass diese Waren mittelgradig ähnlich sind.

54      Diese Schlussfolgerung wird durch das übrige Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt.

55      Erstens ist mit der Streithelferin darauf hinzuweisen, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerin bei den von der angemeldeten Marke erfassten Waren, die nach dem klägerischen Vorbringen Medizinprodukte sind, nicht davon auszugehen ist, dass sich deren Wirkungen denen von Kosmetika annäherten. Aus Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABl. 1993, L 169, S. 1) geht nämlich hervor, dass Medizinprodukte im Wesentlichen Waren sind, die zur Anwendung für Menschen für Zwecke der Erkennung, der Verhütung, der Überwachung, der Behandlung oder der Linderung von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen und der Untersuchung, des Ersatzes oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs und der Empfängnisregelung bestimmt sind. Somit nähern sich Medizinprodukte in ihrer bestimmungsgemäßen Hauptwirkung eher Arzneimitteln als Kosmetika an, da ihr Zweck und ihre Bestimmung wie sie in der therapeutischen Indikation beschrieben sind, medizinisch und nicht rein kosmetisch sind.

56      Zweitens kann auch das klägerische Vorbringen, das auf die deutschen Gesetze über die Zulassung und das Inverkehrbringen auf dem Markt für Arzneimittel und Medizinprodukte gestützt wird, nicht durchdringen. Denn die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Beschwerdekammer im Hinblick auf die Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren der einander gegenüberstehenden Marken ist anhand von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 in seiner Auslegung durch die Rechtsprechung zu prüfen, ohne dass dabei die deutschen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet pharmazeutischer Erzeugnisse zu berücksichtigen wären. Nach der Rechtsprechung ist die Unionsregelung für Marken nämlich ein aus einer Gesamtheit von Vorschriften bestehendes autonomes System, mit dem ihm eigene Zielsetzungen verfolgt werden und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2013, Premeno, T‑536/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:586, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57      Hinsichtlich des Vorbringens der Klägerin, nach den einschlägigen deutschen Rechtsvorschriften seien die Waren der einander gegenüberstehenden Marken deshalb verschieden, weil die von der angemeldeten Marke erfassten Produkte frei verkäufliche Medizinprodukte seien, während die von der älteren Marke erfassten Produkte Arzneimittel im engeren Sinne seien, die verschreibungs- und apothekenpflichtig seien, ist jedenfalls daran zu erinnern, dass die Frage, ob eine Verschreibungspflicht besteht oder nicht, mangels einer Harmonisierung auf europäischer Ebene von den für pharmazeutische Erzeugnisse geltenden nationalen Rechtsvorschriften abhängig ist, die jederzeit vom nationalen Gesetzgeber geändert werden können. Demzufolge kann das Recht auf Schutz durch eine Unionsmarke weder von einem Kriterium abhängen, das in das nationale Recht fällt, noch von einem Kriterium, das sich im Laufe der Zeit ändern kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2013, Premeno, T‑536/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:586, Rn. 32).

58      Soweit die Klägerin mit diesem Vorbringen geltend macht, dass die Vertriebswege der fraglichen Waren unterschiedlich seien, ist festzustellen, dass sie nicht nachweist, dass die Waren der angemeldeten Marke, obschon sie Medizinprodukte und keine Arzneimittel im engeren Sinne sind, nicht – wie die Waren der älteren Marke – in Apotheken verkauft oder von einem Facharzt abgegeben werden, zumal sie Gesundheitsbeschwerden gynäkologischer Natur und nicht nur, wie die Klägerin zu behaupten scheint, Beschwerden kosmetischer Art behandeln sollen. In der mündlichen Verhandlung hat sie dagegen bestätigt, dass diese Waren auch in Apotheken verkauft werden könnten.

59      Hinsichtlich der Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, dass die umfassende Beurteilung und die möglichen Überschneidungen der therapeutischen Indikationen der in Rede stehenden Waren dazu führen müssten, dass von einem überdurchschnittlichen Ähnlichkeitsgrad dieser Waren auszugehen sei, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Faktoren, die in bei der Prüfung der Ähnlichkeit der verschiedenen Untergruppen von pharmazeutischen Erzeugnissen in Betracht zu ziehen sind, insbesondere die Eigenart von Arzneimitteln als miteinander konkurrierende und einander ergänzende Erzeugnisse sowie ihr Zweck und ihre besondere Bestimmung (Behandlung spezifischer gesundheitlicher Probleme) sind. Bei der Berücksichtigung dieser Faktoren kommt der therapeutischen Indikation eines Arzneimittels entscheidende Bedeutung zu (Urteil vom 15. Dezember 2010, TOLPOSAN, T‑331/09, EU:T:2010:520, Rn. 36).

60      Diese Besonderheit von Arzneimitteln hat in der Rechtsprechung bereits Berücksichtigung gefunden, nach der für die Auswahlentscheidung des Verbrauchers, da er vor allem eine Ware oder Dienstleistung sucht, die voraussichtlich seinen speziellen Bedürfnissen entspricht, der Zweck oder die Bestimmung der betreffenden Ware oder Dienstleistung ausschlaggebend ist. Folglich ist das Kriterium des Zwecks oder der Bestimmung, da es die Verbraucher vor jedem Kauf selbst heranziehen, ein Kriterium, das für die Definition einer Untergruppe von Waren oder Dienstleistungen maßgebend ist. Der Zweck und die Bestimmung eines pharmazeutischen Erzeugnisses kommen in seiner therapeutischen Indikation zum Ausdruck (vgl. Urteil vom 8. November 2013, Premeno, T‑536/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:586, Rn. 43 und 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

61      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer zwar ausgeführt, dass sich die in Rede stehenden Waren durch ihre therapeutischen Indikationen unterschieden, ist aber davon ausgegangen, dass insoweit auch Überschneidungen bestünden, da die zur hormonalen Schwangerschaftsverhütung bestimmten Arzneimittel der älteren Marke auch zur Behandlung hormonbedingter Beschwerden eingesetzt würden, insbesondere solcher, die in der therapeutischen Indikation der in der Anmeldung bezeichneten Waren aufgeführt seien.

62      Insoweit ist, wie die Klägerin im Wesentlichen vorträgt, darauf hinzuweisen, dass die therapeutischen Indikationen der Waren der einander gegenüberstehenden Marken unterschiedlich sind. Die Überschneidungen, zu denen es möglicherweise in Bezug auf die Wirkungen dieser Waren kommen kann, vermögen ihnen keinen überdurchschnittlichen Ähnlichkeitsgrad zu verleihen.

63      Die von der älteren Marke erfassten Waren sind nämlich hormonelle Kontrazeptiva, die in erster Linie eine Schwangerschaft verhüten sollen, während die Waren, für die die Eintragung der Marke beantragt wird, Scheidentrockenheit und vaginale Infektionen heilen sollen. Selbst wenn die zur hormonalen Schwangerschaftsverhütung bestimmten Arzneimittel der älteren Marke auch die Wirkung haben können, ebenso wie die Vaginalzäpfchen der angemeldeten Marke Scheidentrockenheit oder vaginale Infektionen zu behandeln, ändert dies nichts an der Feststellung, dass der Zweck der Arzneimittel, wie er in ihrer therapeutischen Indikation beschrieben wird, die nach der oben in Rn. 59 angeführten Rechtsprechung beim Vergleich der in Rede stehenden Waren wesentlich und maßgebend ist, in der Verhütung einer Schwangerschaft besteht und damit ein anderer ist als der Zweck der von der angemeldeten Marke erfassten Waren (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 15. Dezember 2010, TOLPOSAN, T‑331/09, EU:T:2010:520, Rn. 39).

64      Die Streithelferin macht außerdem geltend, dass die durch hormonelle Kontrazeptiva verursachte Scheidentrockenheit mit den von der angemeldeten Marke erfassten Waren behandelt werden könne. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass dies nicht aus der angefochtenen Entscheidung hervorgeht.

65      Nach der Rechtsprechung ist es jedenfalls für die Beurteilung der Ähnlichkeit von pharmazeutischen Erzeugnissen von nachrangiger Bedeutung, dass ein und dieselbe Patientin möglicherweise mehrere Arzneimittel gleichzeitig einnimmt, insbesondere hormonelle Kontrazeptiva zusammen mit Medizinprodukten zur Behandlung von Scheidentrockenheit oder vaginalen Infektionen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Dezember 2010, TOLPOSAN, T‑331/09, EU:T:2010:520, Rn. 40).

66      Sofern dieses Vorbringen der Streithelferin in dem Sinne zu verstehen ist, dass sie vorträgt, die Waren der einander gegenüberstehenden Marken ergänzten einander, ist zudem darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass diese Waren gleichzeitig vom selben Verbraucher verwendet werden können, nicht ausreicht, um sie im Sinne der Rechtsprechung als einander ergänzend anzusehen. Waren oder Dienstleistungen ergänzen einander nämlich dann, wenn zwischen ihnen ein enger Zusammenhang in dem Sinne besteht, dass die eine Ware oder Dienstleistung für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig ist, so dass die Verbraucher denken könnten, die Verantwortung für die Herstellung dieser Waren oder die Erbringung dieser Dienstleistungen liege bei demselben Unternehmen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2009, easyHotel, T‑316/07, EU:T:2009:14, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vorliegend steht jedoch nicht fest, dass die von der angemeldeten Marke erfassten Waren für die Verwendung der von der älteren Marke erfassten Waren unentbehrlich oder wichtig sind.

67      Doch selbst wenn man annähme, es bestünde eine gewisse Komplementarität zwischen den in Rede stehenden Waren, vermöchte dieser Umstand jedenfalls nicht die Schlussfolgerung zu ändern, dass der Zweck der Waren der einander gegenüberstehenden Marken, wie er in ihren therapeutischen Indikationen beschrieben wird, unterschiedlich ist.

68      Demzufolge ist die Frage, ob sich die fraglichen Waren an unterschiedliche Zielgruppen von Patientinnen richten, wie die Klägerin es behauptet, das EUIPO und die Streithelferin indes bestreiten, im vorliegenden Fall für die Beurteilung der Ähnlichkeit der fraglichen Waren nicht erheblich.

69      Folglich ist unter Berücksichtigung der oben in Rn. 51 aufgeführten ähnlichen Elemente der fraglichen Waren und der Unterschiedlichkeit in ihren therapeutischen Indikationen zu dem Ergebnis zu gelangen, dass die Waren der einander gegenüberstehenden Marken eine mittelgradige Ähnlichkeit aufweisen. Nach der Rechtsprechung kann nämlich der Grad der Ähnlichkeit der fraglichen Waren nicht als hoch eingestuft werden, wenn ihre therapeutischen Indikationen unterschiedlich sind (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile vom 13. Februar 2008, ATURION, T‑146/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:33, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 23. September 2009, GlaxoSmithkline u. a./HABM – Serono Genetics Institute [FAMOXIN], T‑493/07, T‑26/08 und T‑27/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:355, Rn. 62 bis 65, und vom 24. Mai 2011, Longevity Health Products/HABM – Tecnifar [E-PLEX], T‑161/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:244, Rn. 26). Infolgedessen hat die Beschwerdekammer einen Fehler begangen, indem sie den Grad der Ähnlichkeit zwischen den in Rede stehenden Waren als überdurchschnittlich bewertet hat.

 Zum Vergleich der Zeichen

70      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marken vom Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden. Der Durchschnittsverbraucher nimmt dabei eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71      Im vorliegenden Fall sind die zu vergleichenden Marken das angemeldete Wortzeichen Premeno und das ältere Wortzeichen Pramino. Unter Verweis auf die Ausführungen in der Entscheidung vom 21. September 2010 ist die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis gelangt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in visueller und phonetischer Hinsicht ähnlich seien. Diese Schlussfolgerung, die von der Klägerin im Übrigen nicht angegriffen wurde, weist keinen Fehler auf und ist zu bestätigen.

 Zur Verwechslungsgefahr

72      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung der berücksichtigten Faktoren, insbesondere zwischen der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der durch die Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 17, und vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, EU:T:2006:397, Rn. 74).

73      Im vorliegenden Fall ist die Beschwerdekammer in Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass unter Berücksichtigung der in der Entscheidung vom 21. September 2010 festgestellten, leicht erhöhten Kennzeichnungskraft der älteren Marke, einer Feststellung, die von der Klägerin nicht bestritten wurde, der mittleren Zeichenähnlichkeit in Schriftbild und Klang sowie der überdurchschnittlichen Ähnlichkeit der Waren die Gefahr von Verwechslungen der einander gegenüberstehenden Marken im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bestehe.

74      Die Klägerin macht geltend, die fehlende Ähnlichkeit der Waren der einander gegenüberstehenden Marken schließe vorliegend jede Verwechslungsgefahr aus.

75      Da das Gericht bei der ihm obliegenden Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung einer Beschwerdekammer des EUIPO nicht durch eine fehlerhafte Beurteilung des Sachverhalts durch die Beschwerdekammer gebunden sein kann, soweit diese Beurteilung Teil der Feststellungen ist, deren Rechtmäßigkeit vor dem Gericht bestritten wird (Urteile vom 18. Dezember 2008, Les Éditions Albert René/HABM, C‑16/06 P, EU:C:2008:739, Rn. 48, und vom 12. Mai 2010, Beifa Group/HABM – Schwan-Stabilo Schwanhäußer [Schreibgerät], T‑148/08, EU:T:2010:190, Rn. 129), ist zu prüfen, ob der oben in Rn. 69 festgestellte Fehler der Beschwerdekammer bei der Beurteilung des Ähnlichkeitsgrads der in Rede stehenden Waren die Schlussfolgerung in Frage zu stellen vermag, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Marken eine Verwechslungsgefahr besteht, und somit zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen kann.

76      Im vorliegenden Fall ist die Entscheidung der Beschwerdekammer zu bestätigen, und zwar trotz des in dieser Weise begangenen Fehlers. Unter Berücksichtigung der oben in Rn. 72 in Erinnerung gerufenen wechselseitigen Abhängigkeit der Faktoren, denen Rechnung zu tragen ist, und angesichts des mittleren Ähnlichkeitsgrads der einander gegenüberstehenden Zeichen in visueller und phonetischer Hinsicht sowie angesichts der leicht erhöhten Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die von der Klägerin nicht bestritten wird, ist der durchschnittliche Grad der Ähnlichkeit der fraglichen Waren ausreichend, um festzustellen, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Marken besteht, da die maßgeblichen Verkehrskreise glauben könnten, dass die von diesen Marken erfassten Waren aus demselben Unternehmen oder wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

77      Der von der Klägerin angeführte Umstand, dass die von der älteren Marke erfassten Waren gegebenenfalls nur auf Rezept abgegeben würden, wohingegen die von der angemeldeten Marke erfassten Waren frei verkäuflich seien, kann diese Beurteilung nicht in Frage stellen. Der Umstand, dass zwischengeschaltete Personen wie medizinische Fachleute die Wahl der Endverbraucher beeinflussen und sogar bestimmen können, ist als solcher nicht geeignet, jede Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Herkunft der in Frage stehenden Waren bei diesen Endverbrauchern auszuschließen. Da die fraglichen Waren an die Endverbraucher verkauft werden, besteht, selbst wenn die Wahl dieser Waren durch zwischengeschaltete Personen beeinflusst oder bestimmt wird, auch für diese Endverbraucher eine Verwechslungsgefahr, da diese ihrerseits mit den Waren konfrontiert werden können, wenn auch möglicherweise mit jedem Produkt einzeln bei Käufen zu unterschiedlichen Zeitpunkten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, EU:C:2007:252, Rn. 57 und 58).

78      Daher ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen und die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

79      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

80      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Kessel medintim GmbH trägt die Kosten.



Kanninen

Pelikánová

Buttigieg

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 3. Februar 2017.

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon


*      Verfahrenssprache: Deutsch.