Language of document : ECLI:EU:T:2017:54

Rechtssache T510/15

Roberto Mengozzi

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum

„Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Unionswortmarke TOSCORO – Ältere geschützte geografische Angabe ‚Toscano‘ – Absolutes Eintragungshindernis – Art. 142 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 – Art. 13 und 14 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 – Teilweise Nichtigerklärung“

Leitsätze – Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 2. Februar 2017

1.      Gerichtliches Verfahren – Klageschrift – Formerfordernisse – Kurze Darstellung der Klagegründe

(Satzung des Gerichtshofs, Art. 21 Abs. 1; Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 177 Abs. 1 Buchst. d)

2.      Unionsmarke – Beschwerdeverfahren – Klage beim Unionsrichter – Befugnisse des Gerichts – Überprüfung der Tatsachen im Licht erstmals vor ihm vorgelegter Beweise – Ausschluss

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 65)

3.      Gemeinschaftsmarke – Verzicht, Verfall und Nichtigkeit – Auf eine geschützte geografische Angabe gestützter Antrag auf Nichtigerklärung – Vereinbarkeit der Verordnung Nr. 40/94 mit der Verordnung Nr. 2081/92

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 142; Verordnung Nr. 2081/92 des Rates, Art. 13 und 14 Abs. 1)

4.      Landwirtschaft – Einheitliche Rechtsvorschriften – Schutz der geografischen Angaben und der Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel – Verordnung Nr. 2081/92 – Schutz eingetragener Bezeichnungen – Anspielung auf eine eingetragene Bezeichnung – Begriff – Beurteilungskriterien

(Verordnung Nr. 2081/92 des Rates, Art. 13 Abs. 1 Buchst. b)

5.      Landwirtschaft – Einheitliche Rechtsvorschriften – Schutz der geografischen Angaben und der Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel – Verordnung Nr. 2081/92 – Schutz eingetragener Bezeichnungen – Anspielung auf eine eingetragene Bezeichnung – Anspielung auf die geschützte geografische Angabe „Toscano“ durch die Bezeichnung „toscoro“

(Verordnung Nr. 2081/92 des Rates, Art. 13 Abs. 1 Buchst. b)

6.      Landwirtschaft – Einheitliche Rechtsvorschriften – Schutz der geografischen Angaben und der Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel – Verordnung Nr. 2081/92 – Kollision zwischen geografischen Angaben und Marken – Ablehnung der Eintragung einer Marke, auf die einer der in Art. 13 aufgeführten Tatbestände zutrifft und die die gleiche Art von Erzeugnis betrifft – Gleiche Art von Erzeugnis – Begriff

(Verordnung Nr. 2081/92 des Rates, Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 1)

7.      Gemeinschaftsmarke – Entscheidungen des Amtes – Grundsatz der Gleichbehandlung – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Vorherige Entscheidungspraxis des Amtes – Gebot rechtmäßigen Handelns – Erforderlichkeit einer strengen und umfassenden Prüfung in jedem Einzelfall

1.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 19)

2.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 21)

3.      Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum hat die Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke so anzuwenden, dass der den geschützten geografischen Angaben durch die Verordnung Nr. 2081/92 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel gewährte Schutz nicht beeinträchtigt wird. Insbesondere muss das Amt nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2081/92 jeder Marke, auf die einer der in Art. 13 aufgeführten Tatbestände zutrifft und die die gleiche Art von Erzeugnis betrifft, die Eintragung versagen bzw., wenn sie bereits eingetragen ist, sie für nichtig erklären.

(vgl. Rn. 29)

4.      Art. 13 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2081/92 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel bestimmt, dass eingetragene Bezeichnungen gegen jede Anspielung geschützt werden, selbst wenn der wahre Ursprung des Erzeugnisses angegeben ist.

Der Begriff der Anspielung erfasst eine Fallgestaltung, in der der zur Bezeichnung eines Erzeugnisses verwendete Ausdruck einen Teil einer geschützten Bezeichnung in der Weise einschließt, dass der Verbraucher durch den Namen des Erzeugnisses veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die die Bezeichnung trägt. Hierbei ist die klangliche und visuelle Ähnlichkeit zu berücksichtigen, die zwischen den Verkaufsbezeichnungen bestehen kann. Ebenso ist gegebenenfalls die „inhaltliche Nähe“ zwischen Begriffen aus verschiedenen Sprachen zu berücksichtigen. Es kann selbst dann eine „Anspielung“ auf eine geschützte Bezeichnung vorliegen, wenn keinerlei Gefahr der Verwechslung zwischen den betroffenen Erzeugnissen besteht, da es vor allem darauf ankommt, dass beim Publikum keine Assoziationen hinsichtlich des Ursprungs des Erzeugnisses hervorgerufen werden und es einem Wirtschaftsteilnehmer nicht ermöglicht wird, in unberechtigter Weise vom Ansehen der geschützten geografischen Angabe zu profitieren.

(vgl. Rn. 30, 31)

5.      Zwischen der Wortmarke TOSCORO und der älteren geschützten geografischen Angabe Toscano besteht eine visuelle und klangliche Ähnlichkeit. Insoweit ist die Annahme legitim, dass der Begriff „toscoro“ den Verbraucher an die geschützte geografische Angabe „Toscano“ denken lassen kann, wenn sich dieser Erzeugnissen der gleichen Art wie den von der geschützten geografischen Angabe erfassten gegenübersieht. Die visuelle und die klangliche Ähnlichkeit sind nämlich geeignet, beim Verbraucher gedanklich einen Bezug zu dem Olivenöl herzustellen, das die geschützte geografische Angabe „Toscano“ trägt, wenn er vor einem Erzeugnis der gleichen Art mit der Bezeichnung „toscoro“ steht.

(vgl. Rn. 39, 41)

6.      Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 2081/92 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel sieht vor, dass der Antrag auf Eintragung einer Marke, auf den einer der in Art. 13 aufgeführten Tatbestände zutrifft und der die gleiche Art von Erzeugnis betrifft, zurückgewiesen wird, wenn eine geografische Angabe gemäß dieser Verordnung eingetragen ist. Das fragliche Erzeugnis muss nicht notwendigerweise identisch sein mit dem Erzeugnis, das den Gegenstand der geschützten geografischen Angabe bildet, muss aber einige Eigenschaften mit ihm gemeinsam haben.

(vgl. Rn. 44)

7.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 47)