Language of document : ECLI:EU:C:2021:97

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

4. Februar 2021(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Landwirtschaft – Gemeinsame Marktorganisation – Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 – Milchquoten – Überschussabgaben – Milch, die für die Herstellung von zur Ausfuhr in Drittländer bestimmtem Käse mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g.U.) verwendet wird – Nichteinbeziehung – Art. 32 Buchst. a, Art. 39 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a, Art. 40 Abs. 2 und Art. 41 Buchst. b AEUV – Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung – Gültigkeit“

In der Rechtssache C‑640/19

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionales Verwaltungsgericht für Latium, Italien) mit Entscheidung vom 21. Mai 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 28. August 2019, in dem Verfahren

Azienda Agricola Ambrosi Nicola Giuseppe,

Azienda Agricola Castagna Giovanni,

Azienda Agricola Castellani Enio Nereo e Giuliano Ss,

Azienda Agricola De Fanti Maria Teresa,

Azienda Agricola Giacomazzi Vilmare,

Azienda Agricola Iseo di Lunardi Giampaolo e Silvano Ss,

Azienda Agricola Mastrolat di Mastrotto Franco e Luca Ss,

Azienda Agricola Righetti Michele e Damiano,

Azienda Agricola Scandola Stefano e Gianni,

Azienda Agricola Tadiello Roberto,

Azienda Agricola Turazza Mario,

Azienda Agricola Zuin Tiziano,

2 B Società Agricola Srl,

Azienda Agricola Fracasso Claudio,

Azienda Agricola Pozzan Mirko

gegen

Agenzia per le Erogazioni in Agricoltura (AGEA),

Ministero delle Politiche agricole e forestali

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen (Berichterstatter), der Richterin C. Toader und des Richters M. Safjan,

Generalanwalt: J. Richard de la Tour,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Azienda Agricola Ambrosi Nicola Giuseppe, der Azienda Agricola Castagna Giovanni, der Azienda Agricola Castellani Enio Nereo e Giuliano Ss, der Azienda Agricola De Fanti Maria Teresa, der Azienda Agricola Giacomazzi Vilmare, der Azienda Agricola Iseo di Lunardi Giampaolo e Silvano Ss, der Azienda Agricola Mastrolat di Mastrotto Franco e Luca Ss, der Azienda Agricola Righetti Michele e Damiano, der Azienda Agricola Scandola Stefano e Gianni, der Azienda Agricola Tadiello Roberto, der Azienda Agricola Turazza Mario, der Azienda Agricola Zuin Tiziano, der 2 B Società Agricola Srl, vertreten durch F. Manzo und P. Romano, avvocati,

–        der Azienda Agricola Pozzan Mirko, vertreten durch E. Ermondi und M. Aldegheri, avvocatesse,

–        der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Bianchi und F. Moro als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung und Gültigkeit der Art. 1 bis 3 der Verordnung (EWG) Nr. 856/84 des Rates vom 31. März 1984 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. 1984, L 90, S. 10), des Art. 1 und des Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (ABl. 1992, L 405, S. 1), des Art. 1 Abs. 1 und des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates vom 29. September 2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor (ABl. 2003, L 270, S. 123) und der Art. 55, 64 und 65 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) (ABl. 2007, L 299, S. 1) sowie deren Anhänge.

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Azienda Agricola Ambrosi Nicola Giuseppe und mehreren anderen italienischen Milcherzeugern (im Folgenden für alle: betroffene Erzeuger) auf der einen Seite und der Agenzia per le Erogazioni in Agricoltura (AGEA) (Agentur für Agrarzahlungen, Italien) und dem Ministero delle Politiche agricole e forestali (Ministerium für Land- und Forstwirtschaft, im Folgenden: Ministerium) auf der anderen Seite über die Verfahren für den Ausgleich und für die Berechnung der einzelstaatlichen Erzeugungen zur Ermittlung der Zusatzabgaben für den Vermarktungszeitraum für Milch und Milcherzeugnisse 2008/2009.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Aus dem ersten und dem vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 856/84 geht hervor, dass der Unionsgesetzgeber wegen des Fortbestehens eines Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage im Milchsektor mit dieser Verordnung eine Zusatzabgabenregelung in diesem Sektor eingeführt hat, nach der auf die Milch- und/oder Milchäquivalentmengen, die eine zu ermittelnde Referenzmenge überschritten, eine Abgabe zu entrichten war.

4        Am 31. März 1984 wurde die Verordnung (EWG) Nr. 857/84 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. 1984, L 90, S. 13) erlassen.

5        Die Zusatzabgabenregelung wurde mehrmals verlängert, insbesondere durch die Verordnung Nr. 3950/92, die mehrfach geändert wurde.

6        Insbesondere zum Zweck der Vereinfachung und Klarstellung wurde die letztgenannte Verordnung durch die Verordnung Nr. 1788/2003 aufgehoben und ersetzt, die ihrerseits mit Wirkung vom 1. April 2008 durch die Verordnung Nr. 1234/2007 aufgehoben und ersetzt wurde.

7        Die Verordnung Nr. 1234/2007, die ebenfalls mehrfach geändert wurde, wurde durch die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 des Rates (ABl. 2013, L 347, S. 671) aufgehoben. Gemäß Art. 230 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1308/2013 galten jedoch für das System der Milchproduktionsregulierung Teil II Titel I Kapitel III, Art. 55 und Art. 85 sowie die Anhänge IX und X der Verordnung Nr. 1234/2007 bis zum 31. März 2015 weiter.

8        Da es im Ausgangsrechtsstreit um das Wirtschaftsjahr zwischen dem 1. April 2008 und dem 31. März 2009 geht, gilt für dieses in zeitlicher Hinsicht die Verordnung Nr. 1234/2007 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 248/2008 des Rates vom 17. März 2008 (ABl. 2008, L 76, S. 6) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung über die einheitliche GMO), die zur Erleichterung der Erzeugung größerer Milchmengen innerhalb der Europäischen Union und zur Erfüllung der neuen Anforderungen des Milchmarktes die Quoten aller Mitgliedstaaten, die in Anhang IX der Verordnung Nr. 1234/2007 angeführt sind, ab dem 1. April 2008 um 2 % anhob.

 Die Verordnung über die einheitliche GMO

9        In den Erwägungsgründen 36, 37, 51 und 105 der Verordnung über die einheitliche GMO hieß es:

„(36)      Hauptziel der Milchquotenregelung ist weiterhin[,] das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem entsprechenden Markt und die daraus resultierenden strukturellen Überschüsse zu verringern und so ein besseres Marktgleichgewicht zu erreichen. Auf die Milchlieferungen oder ‑direktverkäufe sollte daher bei Überschreiten einer bestimmten Garantieschwelle weiterhin eine Abgabe erhoben werden. Im Einklang mit dem Ziel dieser Verordnung besteht in einem gewissen Maß die Notwendigkeit, insbesondere eine terminologische Harmonisierung der Zucker- und der Milchquotenregelung vorzunehmen, dabei jedoch deren rechtlichen Status quo uneingeschränkt zu wahren. … Die Begriffe ‚einzelstaatliche Referenzmenge‘ und ‚einzelbetriebliche Referenzmenge‘ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 sollten daher durch die Begriffe ‚einzelstaatliche Quote‘ und ‚einzelbetriebliche Quote‘ ersetzt werden, wobei der Rechtsbegriff, der definiert wird, unverändert bleibt.

(37)      Im Wesentlichen sollte die Milchquotenregelung in der vorliegenden Verordnung der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 entsprechen. …

(51)      Zur Regelung der Vermarktung und Bezeichnung von Milch, Milcherzeugnissen und Fetten sind verschiedene Rechtsinstrumente eingeführt worden. Sie verfolgen das Ziel, zum einen die Marktstellung von Milch und Milcherzeugnissen zu verbessern und zum anderen einen fairen Wettbewerb zwischen aus Milch und nicht aus Milch gewonnenen Streichfetten zu gewährleisten, was beides den Erzeugern und Verbrauchern zugutekommen dürfte. Mit den Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 1898/87 des Rates vom 2. Juli 1987 über den Schutz der Bezeichnung der Milch und Milcherzeugnisse bei ihrer Vermarktung [(ABl. 1987, L 182, S. 36)] sollen die Verbraucher geschützt und unverfälschte Wettbewerbsbedingungen zwischen Milcherzeugnissen und konkurrierenden Erzeugnissen auf den Gebieten Bezeichnung, Etikettierung und Werbung geschaffen werden. … Entsprechend den Zielen der vorliegenden Verordnung sind diese Vorschriften beizubehalten.

(105)      In diese Verordnung werden … [a]ußerdem … die Bestimmungen der folgenden Verordnungen … aufgenommen:

–        [Verordnung Nr. 1898/87]

…“

10      Art. 55 der Verordnung über die einheitliche GMO bestimmte:

„(1)      Für die folgenden Erzeugnisse gilt ein Quotensystem:

a)      Milch und andere Milcherzeugnisse im Sinne von Artikel 65 Buchstaben a und b,

(2)      Überschreitet ein Erzeuger die maßgebliche Quote …, so ist nach Maßgabe der Abschnitte II und III auf diese Mengen eine Überschussabgabe zu zahlen.

…“

11      Art. 65 der Verordnung über die einheitliche GMO, der im Wesentlichen die Begriffsbestimmungen des Art. 5 der Verordnung Nr. 1788/2003 übernahm, sah Folgendes vor:

„Im Sinne dieses Abschnitts sind:

a)      ‚Milch‘: das Gemelk einer oder mehrerer Kühe;

b)      ‚andere Milcherzeugnisse‘: jedes Milcherzeugnis außer Milch, insbesondere entrahmte Milch, Rahm, Butter, Joghurt und Käse; diese Erzeugnisse werden gegebenenfalls mit Hilfe von Koeffizienten, die von der Kommission festzusetzen sind, in ‚Milchäquivalente‘ umgerechnet;

c)      ‚Erzeuger‘: ein Betriebsinhaber, der einen Betrieb im geografischen Gebiet eines Mitgliedstaats bewirtschaftet sowie Milch erzeugt und vermarktet oder Vorbereitungen trifft, um dies in nächster Zukunft zu tun;

d)      ‚Betrieb‘: ein Betrieb im Sinne der Begriffsbestimmung des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 [des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (ABl. 2003, L 270, S. 1)];

e)      ‚Käufer‘: Unternehmen oder Unternehmensgemeinschaften, die Milch bei Erzeugern kaufen, um

–        sie, auch im Rahmen eines Lohnvertrags, einem oder mehreren Sammel‑, Verpackungs‑, Lagerungs‑, Kühlungs- oder Verarbeitungsvorgängen zu unterziehen,

–        sie an eines oder mehrere Unternehmen abzugeben, die Milch oder andere Milcherzeugnisse behandeln oder verarbeiten.

f)      ‚Lieferung‘: jede Lieferung von Milch – unter Ausschluss aller anderen Milcherzeugnisse – von einem Erzeuger an einen Käufer, gleichgültig ob die Beförderung vom Erzeuger, vom Käufer, vom behandelnden oder verarbeitenden Unternehmen oder von einem Dritten übernommen wird;

g)      ‚Direktverkauf‘: jeder Verkauf bzw. jede Abgabe von Milch von einem Erzeuger direkt an den Verbraucher sowie jeder Verkauf bzw. jede Abgabe anderer Milcherzeugnisse durch einen Erzeuger. …

…“

12      Art. 66 Abs. 1 bis 3 der Verordnung über die einheitliche GMO bestimmte:

„(1)      Die einzelstaatlichen Quoten für die Erzeugung von Milch und anderen Milcherzeugnissen, die in sieben aufeinander folgenden Zeiträumen (im Folgenden ‚Zwölfmonatszeiträume‘ genannt) beginnend mit dem 1. April 2008 vermarktet werden, werden in Anhang IX Nummer 1 festgesetzt.

(2)      Die in Absatz 1 genannten Quoten werden gemäß Artikel 67 auf die Erzeuger aufgeteilt, wobei zwischen Lieferungen und Direktverkäufen unterschieden wird. Jegliche Überschreitung der einzelstaatlichen Quoten wird im Einklang mit diesem Abschnitt und getrennt nach Lieferungen und Direktverkäufen in jedem Mitgliedstaat auf nationaler Ebene festgestellt.

(3)      Die einzelstaatlichen Quoten gemäß Anhang IX Nummer 1 werden vorbehaltlich einer etwaigen Überprüfung auf der Grundlage der allgemeinen Marktlage und besonderen Bedingungen in bestimmten Mitgliedstaaten festgesetzt.“

13      Art. 67 Abs. 1 der Verordnung über die einheitliche GMO sah vor:

„Die einzelbetriebliche(n) Quote(n) der Erzeuger zum 1. April 2008 entspricht (entsprechen) der (den) einzelbetrieblichen Referenzmenge(n) zum 31. März 2008, und zwar unbeschadet der Quotenübertragungen, ‑verkäufe und ‑umwandlungen, die zum 1. April 2008 wirksam werden.“

14      Art. 68 dieser Verordnung bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sehen die erforderlichen Bestimmungen vor, nach denen die Quoten aus der nationalen Reserve gemäß Artikel 71 den Erzeugern ganz oder teilweise anhand von objektiven, der Kommission mitzuteilenden Kriterien zugeteilt werden.“

15      Art. 71 Abs. 1 der Verordnung über die einheitliche GMO bestimmte:

„Jeder Mitgliedstaat bildet im Rahmen der in Anhang IX festgesetzten einzelstaatlichen Quoten eine nationale Reserve insbesondere im Hinblick auf die in Artikel 68 vorgesehenen Zuteilungen. …“

16      Art. 75 derselben Verordnung über besondere Maßnahmen zur Übertragung von Quoten sah in seinem Abs. 2 vor, dass die in seinem Absatz 1 genannten Maßnahmen auf nationaler Ebene, auf der geeigneten Gebietsebene oder in den spezifischen Erfassungszonen durchgeführt werden konnten.

17      Art. 78 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung über die einheitliche GMO lautete wie folgt:

„Auf Milch und Milcherzeugnisse, die über die gemäß Unterabschnitt II festgesetzte einzelstaatliche Quote hinaus vermarktet werden, wird eine Überschussabgabe erhoben.“

18      Art. 114 Abs. 1 der Verordnung über die einheitliche GMO sah vor:

„Als Milch und Milcherzeugnisse dürfen nur Lebensmittel vermarktet werden, die den Begriffsbestimmungen und Bezeichnungen gemäß Anhang XII entsprechen.“

19      In Art. 201 dieser Verordnung heißt es:

„(1)      Vorbehaltlich des Absatzes 3 werden folgende Verordnungen aufgehoben:

b)      die Verordnungen … Nr. 1788/2003 … mit Wirkung vom 1. April 2008;

c)      die Verordnungen … Nr. 1898/87 … mit Wirkung vom 1. Juli 2008;

(3)      Die Aufhebung der in Absatz 1 genannten Verordnungen erfolgt unbeschadet

a)      der weiteren Geltung von Gemeinschaftsrechtsakten, die auf der Grundlage dieser Verordnungen angenommen wurden, und

b)      der weiteren Gültigkeit von Änderungen, die durch diese Verordnungen an anderen Gemeinschaftsrechtsakten, die durch diese Verordnung nicht aufgehoben werden, eingeführt wurden.“

20      Gemäß Art. 204 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung über die einheitliche GMO galt diese Verordnung für die Milchproduktionsregulierung nach Teil II Titel I Kapitel III ab dem 1. April 2008.

21      Nr. 1 des Anhangs IX der Verordnung über die einheitliche GMO, in der die jedem Mitgliedstaat zugeteilten Milchquoten aufgeführt waren, teilte der Italienischen Republik 10 740 661,200 Tonnen zu.

22      Anhang XII („Begriffsbestimmungen und Bezeichnungen für Milch und Milcherzeugnisse gemäß Artikel 114 Absatz 1“) der Verordnung über die einheitliche GMO sah vor:

„…

II. Verwendung der Bezeichnung ‚Milch‘

(1)      Die Bezeichnung ‚Milch‘ ist ausschließlich dem durch ein- oder mehrmaliges Melken gewonnenen Erzeugnis der normalen Eutersekretion, ohne jeglichen Zusatz oder Entzug, vorbehalten.

Jedoch kann die Bezeichnung ‚Milch‘

a)      für Milch verwendet werden, die einer ihre Zusammensetzung nicht verändernden Behandlung unterzogen worden ist, wie auch für Milch, deren Fettgehalt gemäß Artikel 114 Absatz 2 in Verbindung mit Anhang XIII standardisiert worden ist;

b)      zusammen mit einem oder mehreren Worten verwendet werden, um den Typ, die Qualitätsklasse, den Ursprung und/oder die vorgesehene Verwendung der Milch zu bezeichnen oder um die physikalische Behandlung, der die Milch unterzogen worden ist, oder die in der Zusammensetzung der Milch eingetretenen Veränderungen zu beschreiben, sofern diese Veränderungen lediglich in dem Zusatz und/oder dem Entzug natürlicher Milchbestandteile bestehen.

(2)      Milcherzeugnisse im Sinne dieses Anhangs sind ausschließlich aus Milch gewonnene Erzeugnisse, wobei jedoch für die Herstellung erforderliche Stoffe zugesetzt werden können, sofern diese nicht verwendet werden, um einen der Milchbestandteile vollständig oder teilweise zu ersetzen.

Folgende Bezeichnungen sind ausschließlich Milcherzeugnissen vorbehalten:

a)      folgende Bezeichnungen:

(viii)      Käse,

b)      die tatsächlich für Milcherzeugnisse verwendeten Bezeichnungen im Sinne von Artikel 5 der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür [(ABl. 2000, L 109, S. 29)].

(3)      Die Bezeichnung ‚Milch‘ und die für Milcherzeugnisse verwendeten Bezeichnungen können auch zusammen mit einem oder mehreren Worten für die Bezeichnung von zusammengesetzten Erzeugnissen verwendet werden, bei denen kein Bestandteil einen beliebigen Milchbestandteil ersetzt oder ersetzen soll und bei dem die Milch oder ein Milcherzeugnis einen nach der Menge oder nach der für das Erzeugnis charakteristischen Eigenschaft wesentlichen Teil darstellt.

(4)      Die Herkunft der Milch und der von der Kommission festzulegenden Milcherzeugnisse muss, falls es sich nicht um Kuhmilch handelt, spezifiziert werden.“

 Verordnung (EG) Nr. 510/2006

23      Der zweite Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. 2006, L 93, S. 12) lautete:

„Um ein besseres Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu erreichen, sollte der Schwerpunkt Diversifizierung der Agrarproduktion unterstützt werden. Die Förderung von Erzeugnissen mit bestimmten Merkmalen kann vor allem in benachteiligten oder abgelegenen Gebieten von großem Vorteil für die ländliche Wirtschaft sein, indem sie zur Steigerung des Einkommens der Landwirte beiträgt und der Abwanderung der ländlichen Bevölkerung aus diesen Gebieten entgegenwirkt.“

24      Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 510/2006, dessen Wortlaut mit Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. 1992, L 208, S. 1) identisch war, sah den Schutz der „eingetragenen Namen“ vor.

25      Mit der Verordnung Nr. 510/2006, die gemäß ihrem Art. 20 Abs. 1 am 31. März 2006 in Kraft trat, wurde die Verordnung Nr. 2081/92 aufgehoben.

 Verordnung (EG) Nr. 248/2008

26      Die Erwägungsgründe 3, 4 und 5 der Verordnung Nr. 248/2008 lauten:

„(3)      Der Rat hat die Kommission aufgefordert, einen Bericht über die Marktperspektiven auszuarbeiten, sobald die Reformen 2003 der gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse vollständig durchgeführt sind, damit beurteilt werden kann, ob die Zuweisung zusätzlicher Quoten angebracht ist.

(4)      Der nun vorliegende Bericht enthält die Schlussfolgerung, dass angesichts der derzeitigen Lage auf dem Gemeinschaftsmarkt und auf den Weltmärkten sowie der voraussichtlichen Lage bis 2014 eine zusätzliche Anhebung der Quoten um 2 % zur Erleichterung einer größeren Milcherzeugung in der Gemeinschaft und zur Erfüllung der neuen Anforderungen des Milchmarktes gerechtfertigt ist.

(5)      Daher ist es angebracht, die in Anhang IX der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 festgesetzten Quoten aller Mitgliedstaaten ab 1. April 2008 um 2 % anzuheben.“

 Italienisches Recht

 Gesetzesdekret Nr. 49/2003

27      Art. 2 Abs. 1 bis 2 bis des Decreto-legge n. 49, recante riforma della normativa in tema di applicazione del prelievo supplementare nel settore del latte e dei prodotti lattiero-caseari (Gesetzesdekret Nr. 49 zur Reform der Rechtsvorschriften über die Anwendung der Zusatzabgabe im Sektor für Milch und Milcherzeugnisse) vom 28. März 2003, durch das Gesetz Nr. 119 vom 30. Mai 2003 (GURI Nr. 124 vom 30. Mai 2003) mit Änderungen in ein Gesetz umgewandelt (im Folgenden: Gesetzesdekret Nr. 49/2003) sieht vor:

„(1)      Ab dem ersten Anwendungszeitraum dieses Dekrets werden die auf Lieferungen und Direktverkäufe aufgeteilten einzelbetrieblichen Referenzmengen durch die Summe der Quote A und der Quote B gemäß Art. 2 des Gesetzes Nr. 468 vom 26. November 1992 unter Berücksichtigung der Kürzungen gemäß dem Gesetzesdekret Nr. 727 vom 23. Dezember 1994 … und der ergänzenden Zuteilungen gemäß Art. 1 Abs. 21 des Gesetzesdekrets Nr. 43 vom 1. März 1999 … bestimmt.

(2)      Bei der AGEA … wird ein öffentliches Quotenregister eingerichtet, in das für jeden Erzeuger die auf Lieferungen und Direktverkäufe aufgeteilten einzelbetrieblichen Referenzmengen eingetragen werden.

(2 bis)      Vor Beginn jedes Vermarktungszeitraums ermitteln und aktualisieren die Regionen und die autonomen Provinzen die einzelbetriebliche Referenzmenge jedes einzelnen Erzeugers …“

 Gesetz Nr. 468/1992

28      Art. 2 Abs. 2 und 3 der Legge n. 468 – Misure urgenti nel settore lattiero-caseario (Gesetz Nr. 468 über Dringlichkeitsmaßnahmen im Sektor für Milch und Milcherzeugnisse) vom 26. November 1992 (GURI Nr. 286 vom 4. Dezember 1992) (im Folgenden: Gesetz Nr. 468/1992) bestimmte:

„(2)      Für die Erzeuger, die Mitglieder von Verbänden sind, die zur Unione nazionale fra le associazioni di produttori di latte bovino (Unalat) (Nationale Vereinigung der Verbände von Kuhmilcherzeugern) gehören, sowie für die Mitglieder der Associazione produttori latte (Azoolat) (Verband der Milcherzeuger) werden die Quoten für Lieferungen und Direktverkäufe in zwei verschiedene Teile aufgeteilt:

a)      Eine Quote A, die der für 1991/92 zugeteilten Erzeugungskapazität entspricht, die der Menge des von den Erzeugern im Zeitraum 1988/89 vermarkteten Erzeugnisses entspricht. Bei Erzeugern, deren Erzeugung im Zeitraum 1988/1989 durch die in Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 857/84 genannten Ereignisse beeinträchtigt wurde, wird die Menge des im Zeitraum 1985/1986 bis 1987/1988 vermarkteten Erzeugnisses berücksichtigt.

b)      Eine Quote B, die der positiven Differenz zwischen der Menge, die von den unter Buchst. a genannten Erzeugern im Zeitraum 1991/1992 vermarktet wurde, und der Menge, die von ihnen im Zeitraum 1988/89 vermarktet wurde, entspricht. Erzeugern, die die Erklärung gemäß Art. 2 des [Dekrets des Ministers für Land- und Forstwirtschaft vom 30. September 1985], veröffentlicht in der GURI Nr. 237 vom 8. Oktober 1985, eingereicht haben und die nicht unter Buchst. a fallen, wird eine Quote B zugeteilt, die der Menge des im Zeitraum 1991/92 vermarkteten Erzeugnisses entspricht.

(3)      Den Erzeugern, die keinem Verband angehören, werden die Quoten zugeteilt, die in den Anhängen des im Supplemento ordinario zur GURI Nr. 130 vom 4. Juni 1992 veröffentlichten Dekrets des Ministers für Land- und Forstwirtschaft vom 26. Mai 1992 sowie in den späteren Ergänzungen dieser Anhänge als Quote A angegeben sind. Die Zuteilung darf nicht höher sein als die in den Zeiträumen 1990/91 oder 1991/92 tatsächlich erzeugten und vermarkteten Mengen, es sei denn, der Erzeuger hat seine Tätigkeit vor dem Zeitraum 1990/91 eingestellt, ohne eine Vergütung bei der endgültigen Aufgabe der Milcherzeugung oder eine Schlachtprämie zu erhalten. …“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

29      Für den Vermarktungszeitraum 2008/2009 für Milch und Milcherzeugnisse übermittelte die AGEA jedem der betroffenen italienischen Erzeuger Mitteilungen über die Verfahren für den Ausgleich und für die Berechnung der nationalen Erzeugung zum Zwecke der Ermittlung der von ihnen zu zahlenden Zusatzabgaben.

30      Diese Erzeuger erhoben Klage auf Nichtigerklärung der gegen sie erlassenen Zahlungsanordnungen sowie aller Schreiben der AGEA oder des Ministeriums, die mit diesen Anordnungen in Zusammenhang stehen.

31      Sie halten diese Rechtsakte für rechtswidrig, insbesondere wegen Nichtbeachtung des Unionsrechts. Zur Stützung ihres Vorbringens machen sie u. a. geltend, dass die Daten, anhand deren sich die Höhe der nationalen Erzeugung im Sektor für Milch und Milcherzeugnisse bestimmen lasse, nicht zuverlässig seien. Die Milchmengen, die für die Erzeugung von zur Ausfuhr in Drittländer bestimmtem Käse mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g.U.) verwendet würden, müssten aus der Berechnung der den Mitgliedstaaten zugeteilten Gesamtgarantiemenge ausgenommen werden.

32      Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass im Bereich der Milchquoten die Notwendigkeit, das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei Milch und Milcherzeugnissen zu schützen, nur den Binnenmarkt der Union betreffe. Daher müsse Milch, die der Herstellung von zur Ausfuhr aus der Union bestimmten Milcherzeugnissen mit g.U. diene, aus der Berechnung der Milchquoten und einzelstaatlichen Referenzmengen ausgenommen werden, so dass sich die Zusatzabgabe nur auf die Mengen von Kuhmilch oder anderen Milcherzeugnissen beziehen dürfe, die bloß auf dem Unionsmarkt im Zwölfmonatszeitraum vermarktet würden.

33      Eine solche Auslegung ergebe sich aus der Verordnung Nr. 856/84, deren Regeln durch die ihr nachfolgenden Verordnungen bestätigt worden seien und die nur den „Markt für Milcherzeugnisse in der Gemeinschaft“ betreffe, sowie aus dem 51. Erwägungsgrund der Verordnung über die einheitliche GMO, der sich nicht ausdrücklich auf die Herstellung und Vermarktung von zur Ausfuhr aus der Union bestimmten Erzeugnissen beziehe. Im Übrigen stelle das Urteil vom 25. März 2004, Azienda Agricola Ettore Ribaldi u. a. (C‑480/00, C‑482/00, C‑484/00, C‑489/00 bis C‑491/00 und C‑497/00 bis C‑499/00, EU:C:2004:179), eine solche Auslegung der genannten Verordnungen nicht in Frage.

34      Das vorlegende Gericht verweist insoweit auf die Einzigartigkeit der g.U.‑Erzeugnisse. Die für die Herstellung solcher Erzeugnisse verwendete Milch weise spezifische Merkmale auf, da sowohl ihre Herstellung als auch ihre Verwendung auf das Gebiet der g.U. beschränkt bleiben müssten. Außerdem hätte diese Milch weder einen anderen Markt noch andere eigene Nutzer als die Betriebe, die dieses Erzeugnis herstellten. Zudem könne das Endprodukt, wenn es zur Ausfuhr aus der Union bestimmt sei und soweit es tatsächlich ausgeführt werde, keine Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Nachfrage und Angebot bei Milcherzeugnissen auf den Binnenmärkten der Mitgliedstaaten haben.

35      Daher würde die Berücksichtigung derjenigen Mengen, die für die Herstellung von zur Ausfuhr in Drittländer bestimmten Milcherzeugnissen erforderlich seien, bei der Bestimmung der jedem Mitgliedstaat zugeteilten Milchmengen dazu führen, dass die Zuteilung der einzelstaatlichen Referenzmengen und damit der einzelbetrieblichen Referenzmengen nicht zuverlässig wäre. Außerdem hätte es zur Folge, dass unterschiedliche Sachverhalte gleichbehandelt würden, wenn die Milchmengen, die für die Herstellung von zur Ausfuhr in Drittländer bestimmtem Käse mit g.U. erforderlich seien, der gleichen Milchquotenregelung unterworfen würden wie die Milchmengen, die innerhalb der Union abgesetzt werden sollten.

36      Das vorlegende Gericht fragt sich daher, ob die nationale Regelung, die in die Berechnung der einzelstaatlichen Quoten die Milchmengen einbezieht, die für die Herstellung von zur Ausfuhr in Drittländer bestimmtem Käse mit g.U. verwendet werden, mit den einschlägigen Bestimmungen der Verordnungen zur Einführung der Zusatzabgaben im Milchsektor vereinbar ist.

37      Vorsorglich wirft das vorlegende Gericht die Frage nach der Gültigkeit einer solchen Milchquotenregelung im Hinblick auf die Ziele des Schutzes der g.U., Art. 32 Buchst. a, Art. 39 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a, Art. 40 Abs. 2 und Art. 41 Buchst. b AEUV sowie die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes, der Verhältnismäßigkeit, der Nichtdiskriminierung und der unternehmerischen Freiheit auf.

38      In diesem Zusammenhang hat das Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionales Verwaltungsgericht für Latium, Italien) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Sind die Art. 1 bis 3 der Verordnung Nr. 856/84, Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3950/92, Art. 1 Abs. 1 und Art. 5 der Verordnung Nr. 1788/2003 sowie die Art. 55, 64 und 65 der Verordnung über die einheitliche GMO samt Anhängen, soweit mit diesen Verordnungen der Schutz des Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage bei Milcherzeugnissen auf dem Unionsmarkt bezweckt wird, dahin auszulegen, dass sie von der Berechnung der „Milchquoten“ die für die Ausfuhr in Drittländer bestimmte Erzeugung von Käse mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g.U.) ausschließen, und zwar im Einklang mit den Schutzzielen für letztere Erzeugnisse, die in Art. 13 der Verordnung Nr. 2081/92, bestätigt durch Art. 4 und 13 der Verordnung Nr. 510/2006 und der Verordnung [(EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. 2012, L 343, S. 1)], in Anwendung der in den Art. 32, 39, 40 und 41 AEUV verankerten Grundsätze festgelegt wurden?

2.      Steht, falls diese Frage bejaht wird, die so ausgelegte Rechtsvorschrift der aus Art. 2 des Gesetzesdekrets Nr. 49/2003 und aus Art. 2 des Gesetzes Nr. 468/1992, soweit der genannte Art. 2 des Gesetzesdekrets Nr. 49/2003 darauf verweist, abgeleiteten Einbeziehung der für die Erzeugung von Käse mit g.U. zur Ausfuhr in Drittländer bestimmten Milchquoten in die einzelbetrieblichen Referenzmengen entgegen?

3.      Für den Fall, dass diese Auslegung nicht als richtig anzusehen ist: Stehen die Art. 1 bis 3 der Verordnung Nr. 856/84, Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3950/92, Art. 1 Abs. 1 und Art. 5 der Verordnung Nr. 1788/2003 sowie die Art. 55, 64 und 65 der Verordnung über die einheitliche GMO samt Anhängen (zusammen mit den italienischen nationalen Umsetzungsbestimmungen, d. h. Art. 2 des Gesetzesdekrets Nr. 49/2003 und Art. 2 des Gesetzes Nr. 468/1992, soweit der genannte Art. 2 des Gesetzesdekrets Nr. 49/2003 darauf verweist), die die Milch, die für die Erzeugung von Käse mit g.U. verwendet wird, der auf den Markt von Drittländern ausgeführt wird oder dafür bestimmt ist, in die Berechnung der den Mitgliedstaaten zugeteilten Milchmenge im Umfang dieser Ausfuhr einbeziehen und nicht davon ausschließen, im Widerspruch zu den Schutzzielen der Verordnung Nr. 2081/92, die die Erzeugnisse mit g.U. schützt, insbesondere im Hinblick auf Art. 13, bestätigt durch die Verordnung Nr. 510/2006 und die Verordnung Nr. 1151/2012, sowie auch im Hinblick auf den Schutzzweck von Art. 4 der letztgenannten Verordnung, und stehen sie auch im Widerspruch zu den Art. 32 und 39 bis 41 AEUV sowie den Grundsätzen der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes, der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung sowie der unternehmerischen Freiheit, Ausfuhren in Drittländer zu tätigen?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

39      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 55, 65 und 78 der Verordnung über die einheitliche GMO dahin auszulegen sind, dass sie die Milchmengen, die für die Erzeugung von zur Ausfuhr in Drittländer bestimmtem Käse mit g.U. verwendet werden, aus der Berechnung der einzelstaatlichen Quoten für die Herstellung von Milch und Milcherzeugnissen sowie der Überschussabgaben ausnehmen.

40      Hierzu ist festzustellen, dass Art. 65 Buchst. a und b der Verordnung über die einheitliche GMO „Milch“ und „andere Milcherzeugnisse“ nicht nach Maßgabe ihrer Verwendung für die Herstellung bestimmter daraus gewonnener Erzeugnisse wie z. B. Käse mit g.U. definiert.

41      Außerdem ist festzustellen, dass zum einen nach Art. 55 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung für Milch und Milcherzeugnisse im Sinne von Art. 65 Buchst. a und b dieser Verordnung ein Quotensystem gilt, das in den Art. 66 bis 78 dieser Verordnung näher ausgeführt ist. Zum anderen ist gemäß Art. 55 Abs. 2 der Verordnung über die einheitliche GMO nach Maßgabe der Abschnitte II und III eine Überschussabgabe auf diese Mengen zu zahlen, wenn ein Erzeuger die entsprechende Quote überschreitet.

42      Unter diesen Umständen sind diese Bestimmungen nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrem Kontext und den Zielen auszulegen, die mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgt werden (vgl. entsprechend Urteil vom 11. September 2019, Lexitor, C‑383/18, EU:C:2019:702, Rn. 26).

43      Festzustellen ist aber, dass sowohl die Vorschriften über die Milchquotenregelung als auch jene über die Regelung der Abgaben auf die über diese Quoten hinaus vermarkteten Milchmengen keine spezifischen Bestimmungen über die Milchmengen umfassen, die für die Herstellung von zur Ausfuhr in Drittländer bestimmten anderen Milcherzeugnissen mit g.U. verwendet werden. Insbesondere legen diese Vorschriften die genannten Regelungen nicht nach Maßgabe der Bezeichnung, die diesen Milcherzeugnissen zugewiesen werden kann, und ihres endgültigen Bestimmungsorts fest.

44      Diese Feststellung wird durch das Ziel der Verordnung über die einheitliche GMO bestätigt, wie es sich insbesondere aus ihrem 36. Erwägungsgrund ergibt, sowie durch das Ziel der durch die Verordnung Nr. 856/84 eingeführten und mehrfach verlängerten Regelung über die Abgaben auf Milchmengen, die eine Referenzmenge überschreiten. Dieses Ziel besteht darin, das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem entsprechenden Markt und die daraus resultierenden strukturellen Überschüsse zu verringern und so ein besseres Marktgleichgewicht zu erreichen. Im Rahmen der Milchquoten- und der Überschussabgabenregelung wollte der Unionsgesetzgeber nämlich unabhängig von den Absatzmöglichkeiten für diese Erzeugnisse bei der Kontrolle des Wachstums der gesamten Milcherzeugung innerhalb der Union tätig werden.

45      Das vom Unionsgesetzgeber verfolgte Ziel ergibt sich, wie die italienische Regierung und die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen hervorgehoben haben, ausdrücklich aus dem fünften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 856/84, wonach die für die Gemeinschaft festgesetzte Gesamtgarantiemenge unter Berücksichtigung sowohl des Binnenverbrauchs als auch der Ausfuhrmöglichkeiten festgelegt wurde.

46      Außerdem stützte sich der Unionsgesetzgeber, wie auch aus dem vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 248/2008 hervorgeht, zur Rechtfertigung der zusätzlichen Erhöhung der jedem Mitgliedstaat zugeteilten Milchquoten um 2 %, die die Erzeugung größerer Milchmengen innerhalb der Union erleichtern und den Anforderungen des Marktes für Milcherzeugnisse genügen soll, auf den Bericht der Kommission über die Marktaussichten, der sowohl die Situation auf dem Markt der Union als auch die auf dem „Weltmarkt“ betraf.

47      Schließlich ist davon auszugehen, dass die von den Klägern des Ausgangsverfahrens vertretene Auslegung, wonach die für die Herstellung von zur Ausfuhr in Drittländer bestimmtem Käse mit g.U. verwendeten Milchmengen von der Berechnung der nationalen Quoten für die Erzeugung von Milch und anderen Milcherzeugnissen sowie der Überschussabgaben auszunehmen sind, voraussetzt, dass die von den Erzeugern an die Verarbeiter gelieferte Milch, die der Herstellung von Käse mit g.U. zur Ausfuhr in Drittländer dient, genau identifizierbar und auf den einzelnen Erzeuger rückverfolgbar ist. Wie die italienische Regierung und die Kommission hervorheben, verpflichtet das Unionsrecht für die Zwecke der Anwendung der Milchquoten- und der Überschussabgabenregelung die Milcherzeuger nicht, eine solche Rückverfolgbarkeit, je nachdem, ob die Milch für die Erzeugung von Käse mit g.U., der in Drittländer ausgeführt werden soll, bestimmt ist oder nicht, vorzusehen.

48      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Art. 55, 65 und 78 der Verordnung über die einheitliche GMO dahin auszulegen sind, dass sie die Milchmengen, die für die Erzeugung von zur Ausfuhr in Drittländer bestimmtem Käse mit g.U. verwendet werden, nicht von der Berechnung der einzelstaatlichen Quoten für die Herstellung von Milch und anderen Milcherzeugnissen sowie der Überschussabgaben ausnehmen.

 Zur zweiten Frage

49      In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage braucht die zweite Frage nicht beantwortet zu werden.

 Zur dritten Frage

50      Mit seiner dritten Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Prüfung der Gültigkeit der Art. 55, 65 und 78 der Verordnung über die einheitliche GMO, soweit diese Artikel Milchmengen, die für die Erzeugung von zur Ausfuhr in Drittländer bestimmtem Käse mit g.U. verwendet werden, nicht von der Berechnung der einzelstaatlichen Quoten für die Herstellung von Milch und anderen Milcherzeugnissen sowie der Überschussabgaben ausnehmen, im Hinblick sowohl auf die Schutzziele der g.U., wie sie sich aus Art. 13 der Verordnung Nr. 510/2006 ergeben, als auch auf Art. 32 Buchst. a, Art. 39 Abs. 1, Art. 39 Abs. 2 Buchst. a, Art. 40 Abs. 2 und Art. 41 Buchst. b AEUV sowie die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes, der Verhältnismäßigkeit, der Nichtdiskriminierung und der unternehmerischen Freiheit.

51      Was vorweg die Fragen des vorlegenden Gerichts zur Vereinbarkeit der Art. 55, 65 und 78 der Verordnung über die einheitliche GMO mit den sich insbesondere aus Art. 13 der Verordnung Nr. 510/2006 ergebenden Schutzzielen für Erzeugnisse mit g.U. betrifft, ist zum einen festzustellen, dass die Milchquotenregelung und die g.U.‑Regelung gemeinsame Ziele verfolgen, wie etwa die Erreichung eines besseren Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Markt. Die zu diesem Zweck eingesetzten Mittel sind zwar nicht identisch, doch ergibt sich insbesondere aus dem 36. Erwägungsgrund der Verordnung über die einheitliche GMO und aus dem zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 510/2006, dass sie einander nicht entgegenstehen.

52      Es ist nämlich daran zu erinnern, dass wie der Gerichtshof in Rn. 36 des Urteils vom 17. Oktober 2019, Caseificio Cirigliana u. a. (C‑569/18, EU:C:2019:873), entschieden hat, die geltende g.U.‑Regelung ihre Inhaber vor einer missbräuchlichen Verwendung dieser Bezeichnungen durch Dritte schützt, die aus dem Ansehen, das die Bezeichnungen erworben haben, einen Vorteil ziehen wollen.

53      Diese Regelung ist somit ein Mittel zur Aufwertung der Qualität eines Erzeugnisses nach im Voraus festgelegten Kriterien. Das Milchquotensystem umfasst seinerseits Bestimmungen, die auf die Erzeugungsmenge Einfluss nehmen.

54      Zum anderen beruft sich das vorlegende Gericht für die Gründe, aus denen die Erzeugung von Milch, die der Herstellung von zur Ausfuhr in Drittländer bestimmtem Käse mit g.U. dient, von der Berechnung der betreffenden Quoten ausgenommen werden soll, auf die Verordnung (EWG) Nr. 1898/87, deren Bestimmungen gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung über die einheitliche GMO mit Wirkung vom 1. Juli 2008 durch Letztere aufgehoben und in Letztere aufgenommen wurden, wie sich auch aus deren 105. Erwägungsgrund ergibt.

55      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 114 Abs. 1 der Verordnung über die einheitliche GMO als Milch und Milcherzeugnisse nur Lebensmittel vermarktet werden dürfen, die den Begriffsbestimmungen und Bezeichnungen gemäß Anhang XII entsprechen, der die Definitionen und Bezeichnungen für Milch und Milcherzeugnisse im Sinne dieser Bestimmung enthält.

56      Diese Bestimmung kann jedoch nicht dahin ausgelegt werden, dass sie Milchmengen, die für die Herstellung von zur Ausfuhr in Drittländer bestimmten Erzeugnissen mit g.U. verwendet werden, ausschließt. Diese Regeln über den Schutz der Bezeichnung der Milch und der Milcherzeugnisse sollten diese Bezeichnung nämlich im Hinblick auf deren natürliche Zusammensetzung im Interesse der Erzeuger und der Verbraucher schützen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 1999, UDL, C‑101/98, EU:C:1999:615, Rn. 15 und 32) und sind für die Auslegung des Anwendungsbereichs der Milchquotenregelung unerheblich, da sie, wie sich aus dem 51. Erwägungsgrund der Verordnung über die einheitliche GMO ergibt, zu den Maßnahmen gehörten, die die Regelung der Vermarktung und Bezeichnung von Milch, Milcherzeugnissen und Fetten betrafen.

57      Daraus folgt, dass die Ziele des Schutzes der g.U., wie sie sich aus Art. 13 der Verordnung Nr. 510/2006 ergeben, nicht verlangen, dass die für die Herstellung von zur Ausfuhr in Drittländer bestimmtem Käse mit g.U. verwendeten Milchmengen aus der Berechnung der einzelstaatlichen Quoten für die Herstellung von Milch und anderen Milcherzeugnissen nach der Verordnung über die einheitliche GMO ausgenommen werden.

58      Zu den Fragen des vorlegenden Gerichts hinsichtlich der Vereinbarkeit der Milchquoten- und der Überschussabgabenregelung, wie sie sich aus den Art. 55, 65 und 78 der Verordnung über die einheitliche GMO ergeben, mit den vom vorlegenden Gericht angeführten und in Rn. 50 des vorliegenden Urteils genannten Artikeln des AEU-Vertrags ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik über ein weites Ermessen verfügt, das seiner politischen Verantwortung, die ihm die Art. 40 bis 43 AEUV übertragen, entspricht (Urteil vom 14. Mai 2009, Azienda Agricola Disarò Antonio u. a., C‑34/08, EU:C:2009:304, Rn. 44).

59      In diesem Zusammenhang betreffen die Fragen des vorlegenden Gerichts einen etwaigen Verstoß der Milchquotenregelung und der Überschussabgabenregelung, wie sie in Rn. 48 des vorliegenden Urteils ausgelegt worden sind, gegen die in Art. 32 Buchst. a AEUV verankerten Ziele. Das vorlegende Gericht fragt sich nämlich, ob solche Regelungen mit dem sich aus dieser Bestimmung des AEU-Vertrags ergebenden Ziel der Förderung des Handelsverkehrs zwischen Mitgliedstaaten und dritten Ländern vereinbar sind.

60      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission zwar nach Art. 32 Buchst. a AEUV bei der Ausübung der ihr aufgrund des zu Titel II des Dritten Teils des AEU-Vertrags gehörenden Kapitels 1 („Die Zollunion“) übertragenen Aufgaben von der Notwendigkeit ausgeht, den Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern zu fördern, der Vorlageentscheidung aber nicht zu entnehmen ist, dass bei Erlass der Milchquotenregelung Gründe in Bezug auf die Notwendigkeit, den Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern zu fördern, nicht berücksichtigt worden seien.

61      Selbst wenn Art. 32 Buchst. a AEUV den Unionsgesetzgeber verpflichten sollte, die Milchmengen, die für die Herstellung von zur Ausfuhr in Drittländer bestimmten Milcherzeugnissen mit g.U. verwendet werden, auszuschließen, kann jedenfalls in Anbetracht des weiten Ermessens, über das der Unionsgesetzgeber im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik verfügt, nicht davon ausgegangen werden, dass er dadurch, dass er diese Milch nicht aus der Berechnung der Quoten und der Überschussabgaben ausgenommen hat, das ihm bei der Durchführung dieser Politik eingeräumte Ermessen überschritten hätte.

62      Was einen etwaigen Verstoß gegen die in Art. 39 AEUV aufgeführten Ziele angeht, müssen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Unionsorgane ständig den Ausgleich sicherstellen, den etwaige Widersprüche zwischen diesen Zielen, wenn sie isoliert betrachtet werden, erforderlich machen können, und gegebenenfalls dem einen oder anderen unter ihnen zeitweiligen Vorrang einräumen, sofern die wirtschaftlichen Gegebenheiten und Umstände, die den Gegenstand ihrer Beschlussfassung bilden, dies gebieten (Urteil vom 14. Mai 2009, Azienda Agricola Disarò Antonio u. a., C‑34/08, EU:C:2009:304, Rn. 45, sowie Beschluss vom 3. Dezember 2019, Fruits de Ponent/Kommission, C‑183/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:1039, Rn. 25).

63      Zum einen hat aber der Rat, wie der Gerichtshof in Bezug auf die Verordnung Nr. 1788/2003 entschieden hat, sein Ermessen nicht überschritten, als er dem Ziel der Stabilisierung der Märkte zeitweilig Vorrang eingeräumt hat (Urteil vom 14. Mai 2009, Azienda Agricola Disarò Antonio u. a., C‑34/08, EU:C:2009:304, Rn. 51).

64      Im Übrigen zielt die Abgabenregelung darauf ab, auf dem durch strukturelle Überschüsse gekennzeichneten Milchmarkt durch eine Beschränkung der Milcherzeugung das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wiederherzustellen, und hält sich daher im Rahmen der Ziele, die Milcherzeugung zu rationalisieren und für die betroffene landwirtschaftliche Bevölkerung durch einen Beitrag zur Stabilisierung ihres Einkommens eine angemessene Lebenshaltung aufrechtzuerhalten (vgl. u. a. Urteil vom 14. Mai 2009, Azienda Agricola Disarò Antonio u. a., C‑34/08, EU:C:2009:304, Rn. 53).

65      Gleiches gilt für die Verordnung über die einheitliche GMO. Insbesondere aus den Erwägungsgründen 36 und 37 dieser Verordnung ergibt sich nämlich, dass sie die mit der Verordnung Nr. 1788/2003 verfolgten Ziele und die zu ihrer Erreichung durch die Verordnung Nr. 1788/2003 eingeführten Mittel nahtlos weiterverfolgt.

66      Zum anderen ist zu dem Vorbringen, der Rat habe angeblich unter Verstoß gegen Art. 39 Abs. 2 Buchst. a AEUV bei der Einführung der Milchquoten- und der Überschussabgabenregelung die besonderen Merkmale der Erzeugung von Milch, die für die Herstellung von Käse mit g.U. verwendet wird, nicht berücksichtigt, obwohl die g.U. eng an ein bestimmtes geografisches Gebiet gebunden seien, darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung eine Verpflichtung vorsieht, bei der Gestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik und der hierfür anzuwendenden besonderen Methoden insbesondere „die besondere Eigenart der landwirtschaftlichen Tätigkeit, die sich aus dem sozialen Aufbau der Landwirtschaft und den strukturellen und naturbedingten Unterschieden der verschiedenen landwirtschaftlichen Gebiete ergibt“ zu berücksichtigen. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Besonderheiten der g.U. zu diesen strukturellen und naturbedingten Unterschieden der verschiedenen landwirtschaftlichen Gebiete im Sinne dieser Bestimmung gehören, da diese Besonderheiten insbesondere mit der Entscheidung des Unionsgesetzgebers zusammenhängen, die Diversifizierung der Agrarproduktion durch Aufwertung des Ursprungs der Erzeugnisse zu fördern.

67      Die Verordnung über die einheitliche GMO enthält vielmehr Bestimmungen, die eine gewisse Flexibilität gewährleisten, die u. a. die Berücksichtigung struktureller und naturbedingter Unterschiede der verschiedenen landwirtschaftlichen Gebiete ermöglicht, wie z. B. die Anpassung der einzelstaatlichen Quoten auf der Grundlage der allgemeinen Marktlage und besonderen Bedingungen in bestimmten Mitgliedstaaten, wie Art. 66 Abs. 3 dieser Verordnung zu entnehmen ist, oder die Möglichkeit, die Quoten aus der nationalen Reserve den Erzeugern ganz oder teilweise zuzuteilen, wie sie sich aus Art. 68 dieser Verordnung ergibt, oder aber die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, besondere Maßnahmen zur Übertragung von Quoten auf nationaler Ebene, auf der geeigneten Gebietsebene oder in den spezifischen Erfassungszonen vorzusehen, wie dies Art. 75 dieser Verordnung vorsieht.

68      Ebenso wenig kann mit der Begründung, dass sich die Erzeuger von Käse mit g.U. nicht in einer vergleichbaren Situation wie andere Käseerzeuger befänden, angenommen werden, dass die Einbeziehung der für die Herstellung von zur Ausfuhr in Drittländer bestimmtem Käse mit g.U. verwendeten Milchmengen in die Berechnung der einzelstaatlichen Quoten und der Abgaben auf die über diese Quoten hinaus vermarkteten Mengen die in Art. 40 Abs. 2 AEUV gesteckten Grenzen überschreite.

69      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach dieser Bestimmung die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte alle zur Erreichung der Ziele des Art. 39 AEUV erforderlichen Maßnahmen einschließen kann und jede Diskriminierung zwischen Erzeugern oder Verbrauchern innerhalb der Union auszuschließen hat.

70      Nach ständiger Rechtsprechung erfordert das Diskriminierungsverbot, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (Urteil vom 14. Mai 2009, Azienda Agricola Disarò Antonio u. a., C‑34/08, EU:C:2009:304, Rn. 67).

71      Wie die italienische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen ausführt, lässt sich aber Käse mit g.U. nicht allein aus dem Grund von den anderen Milcherzeugnissen unterscheiden, dass er auf einem Markt für Milcherzeugnisse außerhalb der Union verkauft werden kann.

72      Jedenfalls hat der Gerichtshof entschieden, dass selbst wenn man annähme, dass die Verordnung Nr. 1788/2003, die unterschiedslos für alle Erzeuger gilt, denen Referenzmengen zugeteilt wurden, eine Ungleichbehandlung zwischen den Milchproduktionen, die zur Herstellung von Erzeugnissen mit g.U. bestimmt sind, und solchen, die der Herstellung anderer Milcherzeugnisse dienen, schafft und damit bestimmte Erzeuger schwerer trifft, eine solche Ungleichbehandlung keine Diskriminierung bewirken könnte, wenn die im Rahmen einer gemeinsamen Marktorganisation getroffene Maßnahme, mit der sie eingeführt wird und die für die Erzeuger je nach der individuellen Ausrichtung ihrer Erzeugung unterschiedliche Auswirkungen hat, auf objektiven, den Erfordernissen des allgemeinen Funktionierens der gemeinsamen Marktorganisation angepassten Kriterien beruht. Dies ist bei der Milchquotenregelung und der Überschussabgabenregelung der Fall, die so ausgestaltet sind, dass die einzelbetrieblichen Referenzmengen in der Weise festgesetzt sind, dass ihre Gesamthöhe die jeweilige Gesamtgarantiemenge der einzelnen Mitgliedstaaten nicht überschreitet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Mai 2009, Azienda Agricola Disarò Antonio u. a., C‑34/08, EU:C:2009:304, Rn. 69).

73      Folglich kann die Einbeziehung der für die Herstellung von zur Ausfuhr in Drittländer bestimmtem Käse mit g.U. verwendeten Milchmengen in die diesen Regelungen unterliegende Produktion nicht als gegen das Diskriminierungsverbot verstoßend angesehen werden.

74      Was einen eventuellen Verstoß gegen Art. 41 Buchst. b AEUV betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach dieser Bestimmung, um die Ziele des Art. 39 AEUV zu erreichen, im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik u. a. gemeinsame Maßnahmen zur Förderung des Verbrauchs bestimmter Erzeugnisse vorgesehen werden können. Diese Bestimmung enthält aber keine Verpflichtungen, die als solche den Unionsorganen auferlegt würden.

75      Es kann auch nicht angenommen werden, dass diese Milchquotenregelung und diese Überschussabgabenregelung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Rn. 83 des Urteils vom 14. Mai 2009, Azienda Agricola Disarò Antonio u. a. (C‑34/08, EU:C:2009:304), entschieden hat, dass die Prüfung der Verordnung Nr. 1788/2003 im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nichts ergeben hatte, was die Gültigkeit dieser Verordnung berühren könnte.

76      Dasselbe muss für die Verordnung über die einheitliche GMO gelten. Die in dieser Verordnung vorgesehene Beschränkung der gesamten Milchproduktion innerhalb der Union ermöglicht es nämlich, den Absatz der in der Union vorhandenen Überschüsse bei der Milcherzeugung zu erleichtern und so das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei Milch und Milcherzeugnissen sowie die sich daraus ergebenden strukturellen Überschüsse zu verringern. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Maßnahme zur Erreichung des im 36. Erwägungsgrund dieser Verordnung genannten Ziels der Stabilisierung und Verbesserung des Marktgleichgewichts offensichtlich ungeeignet ist.

77      Zwar könnten die Milchquotenregelung und die Überschussabgabenregelung die Erzeuger von für die Herstellung von Käse mit g.U. verwendeter Milch, die verpflichtet wären, sich nur mit Milch aus einem bestimmten geografischen Gebiet zu versorgen, stärker betreffen, während der Mechanismus des Agrarmarkts voraussetzt, dass ein Mitgliedstaat, wenn die Nachfrage nach Milch in diesem Staat das Milchangebot übersteigt, die erforderliche Milchmenge aus anderen Mitgliedstaaten einführen kann. Diese Folge lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass die Milchquotenregelung angesichts des Ermessens des Unionsgesetzgebers im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik zur Erreichung des mit ihr verfolgten Hauptziels offensichtlich ungeeignet ist.

78      Zur angeblichen Unvereinbarkeit der Art. 55, 65 und 78 der Verordnung über die einheitliche GMO mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und der unternehmerischen Freiheit ist festzustellen, dass der Gerichtshof anhand der Angaben in der Vorlageentscheidung keine Prüfung der Vereinbarkeit der Milchquotenregelung und der Überschussabgabenregelung, wie sie in diesen Bestimmungen vorgesehen ist, mit diesen Grundsätzen in Betracht ziehen kann. Insbesondere legt das vorlegende Gericht nicht die Gründe dar, die es veranlasst hätten, an der Gültigkeit dieser Regelungen im Hinblick auf diese Grundsätze zu zweifeln.

79      Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass deren Prüfung nichts ergeben hat, was die Gültigkeit der Art. 55, 65 und 78 der Verordnung über die einheitliche GMO berühren könnte.

 Kosten

80      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:

1.      Die Art. 55, 65 und 78 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse in der durch die Verordnung (EG) Nr. 248/2008 des Rates vom 17. März 2008 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie die Milchmengen, die für die Erzeugung von zur Ausfuhr in Drittländer bestimmtem Käse mit geschützter Ursprungsbezeichnung verwendet werden, nicht von der Berechnung der einzelstaatlichen Quoten für die Herstellung von Milch und anderen Milcherzeugnissen sowie der Überschussabgaben ausnehmen.

2.      Die Prüfung der dritten Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Art. 55, 65 und 78 der Verordnung Nr. 1234/2007 in der durch die Verordnung Nr. 248/2008 geänderten Fassung berühren könnte.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Italienisch.