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Vorabentscheidungsersuchen des Conseil d’État (Frankreich), eingereicht am 7. März 2024 – Coyote System/Ministre de l’Intérieur et des outre-mer, Premier ministre

(Rechtssache C-190/24, Coyote System)

Verfahrenssprache: Französisch

Vorlegendes Gericht

Conseil d’État

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerin: Coyote System

Beklagte: Ministre de l’Intérieur et des outre-mer, Premier ministre

Vorlagefragen

Ist das den Betreibern eines elektronischen, auf Geolokalisierung gestützten Fahrerassistenz- oder Navigationsdienstes auferlegte Verbot, Nachrichten oder Hinweise von Nutzern, die es anderen Nutzern ermöglichen könnten, sich bestimmten Verkehrskontrollen zu entziehen, mittels dieses Dienstes weiterzuverbreiten, als Teil des „koordinierten Bereichs“ im Sinne der Richtlinie 2000/31/EG1 anzusehen, obwohl es zwar die Ausübung der Tätigkeit eines Dienstes der Informationsgesellschaft betrifft, da es sich auf das Verhalten des Diensteanbieters oder die Qualität oder den Inhalt des Dienstes bezieht, jedoch weder die Niederlassung der Diensteanbieter noch kommerzielle Kommunikationen, elektronische Verträge, die Verantwortlichkeit von Vermittlern, Verhaltenskodizes, Systeme zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten, Klagemöglichkeiten oder die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten betrifft und sich somit auf keinen der Bereiche bezieht, die durch die Harmonisierungsbestimmungen ihres Kapitels II geregelt sind?

Fällt ein Verbot der Weiterverbreitung, das u. a. verhindern soll, dass Personen, die wegen Verbrechen oder Vergehen gesucht werden oder eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen, sich Verkehrskontrollen entziehen können, unter die Anforderungen an die Ausübung der Tätigkeit eines Dienstes der Informationsgesellschaft, die ein Mitgliedstaat Anbietern aus einem anderen Mitgliedstaat nicht auferlegen könnte, obwohl die Richtlinie 2003/31/EG ihrem 26. Erwägungsgrund zufolge den Mitgliedstaaten nicht die Möglichkeit nimmt, ihre nationalen strafrechtlichen Vorschriften und Strafprozessvorschriften anzuwenden, um Ermittlungs- und andere Maßnahmen zu ergreifen, die zur Aufklärung und Verfolgung von Straftaten erforderlich sind?

Ist Art. 15 der Richtlinie 2000/31/EG, der es verbietet, den von ihm erfassten Diensteanbietern abgesehen von Pflichten in spezifischen Fällen eine allgemeine Überwachungspflicht aufzuerlegen, dahin auszulegen, dass er der Anwendung einer Regelung entgegensteht, die lediglich vorsieht, dass den Betreibern eines elektronischen, auf Geolokalisierung gestützten Fahrerassistenz- oder Navigationsdienstes vorgeschrieben werden kann, im Rahmen dieses Dienstes bestimmte Kategorien von Nachrichten oder Hinweisen punktuell nicht weiterzuverbreiten, ohne dass der Betreiber hierfür Kenntnis von deren Inhalt nehmen müsste?

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1     Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (ABl. 2000, L 178, S. 1).