Language of document : ECLI:EU:C:2024:440

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)

30. Mai 2024(*)

„Rechtsmittel – Dumping – Einfuhren bestimmter gewebter und/oder genähter Erzeugnisse aus Glasfasern mit Ursprung in der Volksrepublik China und Ägypten – Durchführungsverordnung (EU) 2020/492 – Endgültiger Antidumpingzoll – Berechnung des Normalwerts – Verordnung (EU) 2016/1036 – Art. 2 Abs. 5 – Berechnung der mit der Produktion und dem Verkauf der untersuchten Ware verbundenen Kosten auf der Grundlage der Aufzeichnungen der untersuchten Partei – Kosten, die in den Aufzeichnungen nicht angemessen widergespiegelt sind – Berichtigung anhand der Kosten anderer Hersteller oder Ausführer in demselben Land bzw. auf einer anderen angemessenen Grundlage – Ermessen der Europäischen Kommission“

In der Rechtssache C‑261/23 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 23. April 2023,

Hengshi Egypt Fiberglass Fabrics SAE mit Sitz in Ain Sukhna (Ägypten),

Jushi Egypt for Fiberglass Industry SAE mit Sitz in Ain Sukhna,

vertreten durch V. Crochet und B. Servais, Avocats,

Rechtsmittelführerinnen,

andere Parteien des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch L. Di Masi, G. Luengo und P. Němečková als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

Tech-Fab Europe e. V. mit Sitz in Frankfurt am Main (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwälte J. Beck und L. Ruessmann,

Streithelfer im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen sowie des Richters J. Passer (Berichterstatter) und der Richterin M. L. Arastey Sahún,

Generalanwältin: T. Ćapeta,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Rechtsmittelführerinnen, die Hengshi Egypt Fiberglass Fabrics SAE (im Folgenden: Hengshi) und die Jushi Egypt for Fiberglass Industry SAE (im Folgenden: Jushi), die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 1. März 2023, Hengshi Egypt Fiberglass Fabrics und Jushi Egypt for Fiberglass Industry/Kommission (T‑301/20, EU:T:2023:93) (im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) 2020/492 der Kommission vom 1. April 2020 zur Einführung endgültiger Antidumpingzölle betreffend die Einfuhren bestimmter gewebter und/oder genähter Erzeugnisse aus Glasfasern mit Ursprung in der Volksrepublik China und Ägypten (ABl. 2020, L 108, S. 1) (im Folgenden: streitige Verordnung), soweit sie sie betrifft, als unbegründet abgewiesen hat.

 Rechtlicher Rahmen

 WTO-Recht

2        Mit Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986–1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. 1994, L 336, S. 1) genehmigte der Rat der Europäischen Union das am 15. April 1994 in Marrakesch unterzeichnete Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) sowie die Übereinkünfte in dessen Anhängen 1 bis 3, darunter das Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 (ABl. 1994, L 336, S. 103) (im Folgenden: Antidumping-Übereinkommen).

3        In Art. 2 („Feststellung des Dumpings“) des Antidumping-Übereinkommens heißt es:

„2.1.      Im Sinne dieses Übereinkommens gilt eine Ware als gedumpt, das heißt als unter ihrem Normalwert auf den Markt eines anderen Landes gebracht, wenn ihr Preis bei Ausfuhr von einem Land in ein anderes niedriger ist als der vergleichbare Preis der zum Verbrauch im Ausfuhrland bestimmten gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr.

2.2.      Wird die gleichartige Ware auf dem Inlandsmarkt des Ausfuhrlandes nicht im normalen Handelsverkehr verkauft oder lassen die Verkäufe auf dem Inlandsmarkt des Ausfuhrlandes wegen der besonderen Marktlage oder der geringen Verkaufsmenge … keinen angemessenen Vergleich zu, so wird die Dumpingspanne entweder durch Vergleich mit einem vergleichbaren Preis der in ein geeignetes Drittland ausgeführten gleichartigen Ware bestimmt, sofern dieser Preis repräsentativ ist, oder durch Vergleich mit den Herstellungskosten im Ursprungsland zuzüglich eines angemessenen Betrags für Verwaltungs‑, Vertriebs- und Gemeinkosten sowie für Gewinne.

2.2.1.      Verkäufe der gleichartigen Ware auf dem Inlandsmarkt des Ausfuhrlandes oder Verkäufe in ein Drittland zu Preisen, die unter den (fixen und variablen) Stückkosten zuzüglich der Verwaltungs‑, Vertriebs- und Gemeinkosten liegen, können nur dann aus preislichen Gründen als nicht im normalen Handelsverkehr getätigt angesehen und bei der Bestimmung des Normalwertes unberücksichtigt gelassen werden, wenn die Behörden … feststellen, dass solche Verkäufe während eines längeren Zeitraums … in erheblichen Mengen … und zu Preisen getätigt werden, die während eines angemessenen Zeitraums nicht die Deckung aller Kosten ermöglichen. Wenn die Preise, die zum Zeitpunkt des Verkaufs unter den Stückkosten liegen, die gewogenen durchschnittlichen Stückkosten im Untersuchungszeitraum übersteigen, gelten sie als Preise, die während eines angemessenen Zeitraums die Deckung der Kosten ermöglichen.

2.2.1.1.      Für die Zwecke des Absatzes 2 werden die Kosten normalerweise anhand der Aufzeichnungen des untersuchten Ausführers oder Herstellers berechnet, sofern diese Aufzeichnungen den allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen des Ausfuhrlandes entsprechen und die mit der Produktion und dem Verkauf der fraglichen Ware zusammenhängenden Kosten angemessen darstellen. …

…“

 Unionsrecht

 Grundverordnung

4        In Art. 2 („Feststellung des Dumpings“) der Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (ABl. 2016, L 176, S. 21) (im Folgenden: Grundverordnung) heißt es:

„(1)      Der Normalwert stützt sich normalerweise auf die Preise, die im normalen Handelsverkehr von unabhängigen Abnehmern im Ausfuhrland gezahlt wurden oder zu zahlen sind.

Wird jedoch die gleichartige Ware von dem Ausführer im Ausfuhrland weder hergestellt noch verkauft, so kann der Normalwert anhand der Preise der anderen Verkäufer oder Hersteller ermittelt werden.

Die Preise zwischen Parteien, zwischen denen eine geschäftliche Verbindung oder eine Ausgleichsvereinbarung besteht, können nur dann als im normalen Handelsverkehr angesehen und für die Ermittlung des Normalwerts herangezogen werden, wenn festgestellt wird, dass sie durch diese Geschäftsbeziehung nicht beeinflusst werden.

Bei der Prüfung der Frage, ob zwischen zwei Parteien eine geschäftliche Verbindung besteht, kann die Bestimmung des Begriffs ‚verbundene Personen‘ in Artikel 127 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission [vom 24. November 2015 mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. 2015, L 343, S. 558)] berücksichtigt werden.

(5)      Die Kosten werden normalerweise anhand der Aufzeichnungen der Partei berechnet, sofern diese Aufzeichnungen den allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen des betreffenden Landes entsprechen und nachgewiesen wird, dass diese Aufzeichnungen die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten in angemessener Weise widerspiegeln.

Spiegeln die Aufzeichnungen der betreffenden Partei die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten nicht in angemessener Weise wider, so werden diese Kosten berichtigt oder anhand der Kosten anderer Hersteller oder Ausführer in demselben Land bzw., wenn solche Informationen nicht zur Verfügung stehen oder nicht verwendet werden können, auf einer anderen angemessenen Grundlage einschließlich Informationen aus anderen repräsentativen Märkten ermittelt.

(6)      Die Beträge für Vertriebs‑, Verwaltungs- und Gemeinkosten sowie für Gewinne werden anhand der Zahlen festgesetzt, die der untersuchte Ausführer oder Hersteller bei der Produktion und dem Verkauf der gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr tatsächlich verzeichnet. Ist dies nicht möglich, so können die Beträge festgesetzt werden:

a)      anhand des gewogenen Durchschnitts der tatsächlichen Beträge, die für andere untersuchte Ausführer oder Hersteller bei der Produktion und dem Verkauf der gleichartigen Ware auf dem Inlandsmarkt des Ursprungslandes ermittelt wurden;

…“

5        Art. 9 („Abschluss ohne Maßnahmen; Einführung endgültiger Zölle“) Abs. 4 der Grundverordnung bestimmt:

„Ergibt sich aus der endgültigen Feststellung des Sachverhalts, dass Dumping und eine dadurch verursachte Schädigung vorliegen und im [Interesse der Europäischen Union] ein Eingreifen gemäß Artikel 21 erforderlich ist, so führt die [Europäische] Kommission gemäß dem in Artikel 15 Absatz 3 vorgesehenen Prüfverfahren einen endgültigen Antidumpingzoll ein. Sind bereits vorläufige Zölle in Kraft, leitet die Kommission dieses Verfahren spätestens einen Monat vor Außerkrafttreten dieser Zölle ein.

Der Antidumpingzoll darf die festgestellte Dumpingspanne nicht übersteigen; er sollte jedoch unter der Dumpingspanne liegen, wenn ein niedrigerer Zoll ausreicht, um die Schädigung des Wirtschaftszweigs der [Europäischen] Union zu beseitigen.“

 Verordnung (EU) 2016/1037

6        Art. 29 Abs. 6 Unterabs. 1 der Verordnung (EU) 2016/1037 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (ABl. 2016, L 176, S. 55) sieht vor:

„Die gemäß dieser Verordnung eingeholten Informationen können nur zu dem Zweck verwendet werden, zu dem sie eingeholt wurden.“

 Streitige Verordnung

7        Die Erwägungsgründe 52, 312 und 331 der streitigen Verordnung lauten:

„(52)      Bei der betroffenen Ware … handelt es sich um Erzeugnisse aus durch Weben und/oder durch Nähen zusammengefügten Endlosfilamenten (Rovings) und/oder Garnen aus Glasfasern, auch mit weiteren Elementen – ausgenommen Erzeugnisse, die imprägniert oder vorimprägniert (Prepreg) sind, und ausgenommen offenmaschige Gewebe mit einer Maschenweite von mehr als 1,8 x 1,8 mm und einem Gewicht von mehr als 35 g/m2 – (im Folgenden ‚GFF‘ (glass fibre fabrics)) mit Ursprung in der [Volksrepublik] China und Ägypten, die derzeit unter den KN-Codes ex 7019 39 00, ex 7019 40 00, ex 7019 59 00 und ex 7019 90 00 (TARIC‑Codes 7019390080, 7019400080, 7019590080 und 7019900080) eingereiht werden (im Folgenden ‚betroffene Ware‘).

(312)      Entgegen dem Vorbringen der ausführenden Hersteller wurden die Preise, zu denen Hengshi … [Glasfaserrovings (im Folgenden: GFR)] von Jushi … bezog, nicht als marktüblich bewertet, da sie durchweg und erheblich unter den Preisen lagen, die Jushi … unabhängigen Abnehmern auf dem ägyptischen Inlandsmarkt für dieselbe Ware in Rechnung stellte. Angesichts des erheblichen Unterschieds zwischen diesen Preisen kam die Kommission zu dem Schluss, dass die von Hengshi … an Jushi … gezahlten Preise nicht als marktüblich angesehen werden konnten. Obwohl mit diesen Preisen Gewinne erzielt wurden, spiegelten sie nicht die Marktpreise in Ägypten wider, und ohne die Unternehmenszugehörigkeit hätte Hengshi … einen wesentlich höheren Preis für GFR gezahlt. Darüber hinaus wurde der Einwand, dass bei der Festsetzung der Preise der Ausgangsmaterialien keine verzerrende staatliche Maßnahme gegeben war, als irrelevant befunden, da in diesem Fall die Prüfung marktüblicher Bedingungen ausschlaggebend ist.

(331)      Diese ausführenden Hersteller scheinen auch den Kostenbegriff in Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung falsch zu verstehen. Dabei geht es um die Kosten, die dem Hersteller der untersuchten Ware (und nicht dem Hersteller des Inputs) entstehen. Aus der Sicht eines Käufers handelt es sich bei dem Gewinn des Verkäufers um Kosten, die in den Input-Preis einfließen. Die Kommission hat korrekt geprüft, ob die Aufzeichnungen von Hengshi die mit der Produktion von GFF verbundenen Kosten angemessen widerspiegelten, und festgestellt, dass die Verrechnungspreise für GFR im Verhältnis zum Marktpreis für dieselben Warentypen in Ägypten erheblich deflationiert, d. h. nicht marktüblich waren. Infolgedessen berichtigte sie die GFR-Kosten auf der Grundlage der Preise, die Jushi unabhängigen Unternehmen auf dem ägyptischen Markt in Rechnung stellte.“

 Verordnung (EG) Nr. 1972/2002

8        Im vierten Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1972/2002 des Rates vom 5. November 2002 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 384/96 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 2002, L 305, S. 1) hieß es:

„Es sollten bestimmte Verfahrensregeln für den Fall festgelegt werden, dass die Aufzeichnungen gemäß Artikel 2 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 [des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 1996, L 56, S. 1)] die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten nicht in angemessener Weise widerspiegeln, insbesondere dann, wenn die Verkäufe der gleichartigen Ware wegen einer besonderen Marktlage keinen angemessenen Vergleich zulassen. In diesem Fall sind die erforderlichen Informationen aus Quellen einzuholen, die von diesen Verzerrungen nicht betroffen sind. Dabei kann es sich um die Kosten anderer Hersteller oder Ausführer in demselben Land handeln oder, wenn solche Angaben nicht verfügbar sind oder nicht verwendet werden können, um jede andere angemessene Grundlage einschließlich Informationen aus anderen repräsentativen Märkten. Die entsprechenden Informationen können entweder zur Berichtigung bestimmter Posten der Aufzeichnungen der betroffenen Partei oder, wenn dies nicht möglich ist, zur Ermittlung der Kosten der betroffenen Partei herangezogen werden.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

9        In den Rn. 2 bis 15 des angefochtenen Urteils wird die Vorgeschichte des Rechtsstreits wie folgt zusammengefasst:

„2      Hengshi und Jushi sind zwei nach den Rechtsvorschriften der Arabischen Republik Ägypten gegründete Unternehmen. Beide gehören zur Gruppe China National Building Material (CNBM). Die Tätigkeit der Klägerinnen besteht insbesondere in der Produktion und Ausfuhr [von GFF], die u. a. in der Europäischen Union verkauft werden.

3      Im Untersuchungszeitraum (vom 1. Januar bis 31. Dezember 2018) produzierte Jushi sowohl GFF als auch … GFR … – das wichtigste Ausgangsmaterial für die Produktion von GFF. Jushi nutzte ihre selbst hergestellten GFR, um GFF zu produzieren, verkaufte aber auch GFR an unabhängige Kunden sowohl in Ägypten als auch im Ausland sowie an Hengshi. Diese stellte GFF aus GFR her, die sie bei Jushi, einem anderen verbundenen Unternehmen und einem unabhängigen Unternehmen, Letztere beide mit Sitz in China, gekauft hatte.

4      Jushi verkaufte GFF direkt an unabhängige Kunden in Ägypten und der Union. Sie führte auch GFF aus, die für drei verbundene Kunden in der Union, nämlich die Jushi Spain SA, die Jushi France SAS und die Jushi Italia Srl, bestimmt waren. Jushi verkaufte außerdem GFF in der Union über ein außerhalb der Union ansässiges verbundenes Unternehmen, die Jushi Group (HK) Sinosia Composite Materials Co. Ltd.

5      Hengshi verkaufte auf dem ägyptischen Markt keine GFF. Sie verkaufte GFF in der Union direkt an unabhängige Kunden und über ein außerhalb der Union ansässiges verbundenes Unternehmen, die Huajin Capital Ltd.

6      Auf einen Antrag hin, der am 8. Januar 2019 vom Streithelfer [im ersten Rechtszug] Tech-Fab Europe e. V. im Namen von Herstellern eingereicht worden war, auf die mehr als 25 % der Unionsgesamtproduktion von GFF entfallen, leitete die Europäische Kommission gemäß Art. 5 der [Grundverordnung] eine Antidumpinguntersuchung betreffend die Einfuhren von GFF mit Ursprung in China und Ägypten in die Union ein. Am 21. Februar 2019 veröffentlichte sie eine Einleitungsbekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2019, C 68, S. 29).

7      Wie sich aus dem 52. Erwägungsgrund der [streitigen] Durchführungsverordnung ergibt, handelte es sich bei den Waren, die Gegenstand der Antidumpinguntersuchung waren, um Erzeugnisse aus durch Weben oder durch Nähen zusammengefügten Endlosfilamenten (Rovings) oder Garnen aus Glasfasern, auch mit weiteren Elementen – ausgenommen Erzeugnisse, die imprägniert oder vorimprägniert (Prepreg) sind, und ausgenommen offenmaschige Gewebe mit einer Maschenweite von mehr als 1,8 x 1,8 mm und einem Gewicht von mehr als 35 g/m2 – mit Ursprung in China und Ägypten, die derzeit unter den KN-Codes ex 7019 39 00, ex 7019 40 00, ex 7019 59 00 und ex 7019 90 00 (TARIC‑Codes 7019390080, 7019400080, 7019590080 und 7019900080) eingereiht werden.

8      Die Dumping- und Schadensuntersuchung erstreckte sich auf den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018. Die Untersuchung der für die Schadensanalyse und den ursächlichen Zusammenhang relevanten Entwicklungen betraf den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum Ende des Untersuchungszeitraums.

9      Am 8. April 2019 reichten die Klägerinnen ihre Antworten auf die Fragen im Antidumping-Fragebogen und die Antworten ihrer verbundenen Unternehmen auf die Fragen in Anhang I des Fragebogens ein.

10      Am 16. Mai 2019 leitete die Kommission eine gesonderte Antisubventionsuntersuchung betreffend die Einfuhren von GFF mit Ursprung in China und Ägypten in die Union ein (im Folgenden: parallele Antisubventionsuntersuchung zu den GFF). Am 7. Juni 2019 leitete die Kommission auch eine Antisubventionsuntersuchung zu den GFR ein (im Folgenden: parallele Antisubventionsuntersuchung zu den GFR).

11      Die Kommission führte Kontrollbesuche bei den Klägerinnen und ihren verbundenen Unternehmen durch. Nach diesen Besuchen legten die Klägerinnen am 30. Mai 2019 eine ergänzende Stellungnahme vor.

12      Am 19. Dezember 2019 teilte die Kommission die wesentlichen Tatsachen und Erwägungen mit, auf deren Grundlage sie beabsichtigte, endgültige Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von GFF mit Ursprung in China und Ägypten einzuführen (im Folgenden: endgültige Unterrichtung). Am 9. Januar 2020 nahmen die Klägerinnen zu dieser Unterrichtung Stellung. Am 16. Januar 2020 fand in den Räumlichkeiten der Kommission eine Anhörung zu dieser Unterrichtung statt. Am selben Tag übermittelten die Klägerinnen schriftlich ergänzende Stellungnahmen.

13      Am 10. Februar 2020 veröffentlichte die Kommission ein Dokument zur zusätzlichen endgültigen Unterrichtung (im Folgenden: zusätzliche endgültige Unterrichtung). In dieser Unterrichtung wurden bestimmte Argumente berücksichtigt, die die Klägerinnen in Bezug auf die endgültige Unterrichtung vorgetragen hatten. Diese reichten am 13. Februar 2020 ihre Stellungnahmen zur zusätzlichen endgültigen Unterrichtung ein. Am 17. Februar 2020 fand in den Räumlichkeiten der Kommission eine Anhörung zu dieser Unterrichtung statt.

14      Auf Antrag der Klägerinnen führte der Anhörungsbeauftragte am 25. Februar 2020 eine weitere Anhörung durch.

15      Am 1. April 2020 erließ die Kommission die [streitige] Durchführungsverordnung. Mit dieser Verordnung wird ein endgültiger Antidumpingzoll von 20 % auf die Einfuhren von GFF in die Union durch die Klägerinnen eingeführt.“

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

10      Mit Klageschrift, die am 19. Mai 2020 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhoben die Rechtsmittelführerinnen eine Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Verordnung.

11      Mit Beschluss vom 11. November 2020 ließ das Gericht Tech-Fab Europe als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zu.

12      Die Rechtsmittelführerinnen stützten ihre Klage auf zwei Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund rügten sie, dass die Methode der Kommission zur Ermittlung der GFF‑Produktionskosten von Hengshi, der Vertriebs‑, Verwaltungs- und sonstigen Gemeinkosten (im Folgenden: VVG-Kosten) und des für die rechnerische Ermittlung ihres Normalwerts heranzuziehenden Gewinns gegen Art. 2 Abs. 3, 5, 6, 11 und 12 sowie gegen Art. 9 Abs. 4 der Grundverordnung verstoße, und mit dem zweiten, dass die Methode der Kommission zur Bestimmung der Preisunterbietungs- und Zielpreisunterbietungsspannen der Rechtsmittelführerinnen gegen Art. 3 Abs. 1 bis 3 und 6 sowie gegen Art. 9 Abs. 4 der Grundverordnung verstoße.

13      Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht diese beiden Klagegründe zurückgewiesen und folglich die Klage insgesamt abgewiesen. Zum ersten Klagegrund hat das Gericht u. a. festgestellt, die Kommission habe ohne Rechtsfehler oder offensichtlichen Beurteilungsfehler feststellen können, dass, da der in den Aufzeichnungen von Hengshi angegebene Preis für die GFR nicht marktüblich gewesen sei, nicht davon habe ausgegangen werden können, dass dieser Preis die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten in angemessener Weise berücksichtigt habe, und dass er folglich zu berichtigen sei. Der zweite Klagegrund ging nach Auffassung des Gerichts ins Leere. Das Gericht hat nämlich entschieden, dass, selbst wenn die Rechtsmittelführerinnen einen Grund hätten, die Methode, die die Kommission im Rahmen der Berechnung der Preisunterbietungs- und der Zielpreisunterbietungsspanne zur Ermittlung des Ausfuhrpreises von Jushi angewandt habe, zu beanstanden, ein solcher Fehler nicht zur Nichtigerklärung der streitigen Verordnung führen könnte. Denn die von der Kommission unter Berücksichtigung der Beanstandungen der Rechtsmittelführerinnen erstellten neuen Berechnungen würden, selbst wenn sie heranzuziehen wären, jedenfalls nicht zu einer Änderung der gegenüber den Rechtsmittelführerinnen festgesetzten Antidumpingzölle führen, was die Rechtsmittelführerinnen selbst eingeräumt hätten.

 Anträge der Parteien

14      Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Rechtsmittelführerinnen,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben,

–        dem ersten, dem dritten und dem fünften Teil des ersten Klagegrundes stattzugeben sowie

–        der Kommission und allen Streithelfern die Kosten des Rechtsmittelverfahrens und des Verfahrens vor dem Gericht aufzuerlegen.

15      Die Kommission beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen und

–        den Rechtsmittelführerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

16      Tech-Fab Europe beantragt,

–        das Rechtsmittel als unbegründet zurückzuweisen und

–        den Rechtsmittelführerinnen die Kosten aufzuerlegen, die ihm im Rahmen des vorliegenden Verfahrens und seiner Streithilfe im ersten Rechtszug entstanden sind.

 Zum Rechtsmittel

17      Die Rechtsmittelführerinnen stützen ihr Rechtsmittel auf drei Gründe.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung

 Vorbringen der Parteien

18      Mit dem ersten Rechtsmittelgrund, der sich auf die Rn. 31 bis 34 und 36 bis 43 des angefochtenen Urteils bezieht, machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe gegen Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung verstoßen. Insbesondere habe es rechtsfehlerhaft entschieden, dass der in den Aufzeichnungen von Hengshi angegebene Preis für die GFR nicht marktüblich gewesen sei und daher nicht davon ausgegangen werden könne, dass er die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten in angemessener Weise widerspiegele, so dass er zu berichtigen sei.

19      Zur Stützung dieses ersten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen als Erstes geltend, dass Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung bei einer engen Auslegung in Anbetracht seines Kontexts der Kommission nicht gestatte, die in den Aufzeichnungen des ausführenden Herstellers ausgewiesenen Kosten allein deshalb außer Acht zu lassen, weil ein Kostenbestandteil nicht unter marktüblichen Bedingungen entstanden sei.

20      Folglich habe das Gericht mit seiner Feststellung, dass die Kommission in Ausübung des ihr zustehenden weiten Ermessens zur Vornahme einer Berichtigung von den Kosten abweichen könne, die in den Aufzeichnungen der untersuchten Partei ausgewiesen seien, wenn der Preis des Ausgangsmaterials, das für die Produktion der betreffenden Ware verwendet werde, nicht marktüblich sei, einen Rechtsfehler begangen, indem es Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung eine Tragweite beigemessen habe, die er nicht habe. Folglich habe das Gericht in Rn. 29 des angefochtenen Urteils ebenfalls zu Unrecht entschieden, dass seine Nachprüfung sich wegen dieses weiten Ermessens in diesem Kontext auf die Frage habe beschränken müssen, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden seien, ob der Sachverhalt, der der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegt worden sei, zutreffend festgestellt worden sei und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorlägen.

21      Da nämlich die zweite in Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung genannte Voraussetzung zu einer Ausnahmeregelung gehöre, sei diese Voraussetzung eng auszulegen, so dass sich die Kommission bei ihrer Anwendung auf objektive Faktoren stützen müsse, bei denen sie kein Ermessen habe. Da somit die Ausnahme, die durch die zweite Voraussetzung von Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung vorgesehen sei, ausdrücklich auf Fälle abziele, in denen die Aufzeichnungen die dem betreffenden Hersteller entstandenen Kosten nicht in angemessener Weise widerspiegelten, und die Fälle erfasse, in denen die Kosten durch eine besondere Marktlage beeinflusst würden, könne sie nicht auf andere Umstände als die dort abschließend vorgesehenen ausgedehnt werden, also nicht z. B. darauf, dass die fraglichen Kosten aufgrund einer konzerninternen Beziehung nicht unter marktüblichen Bedingungen entstanden seien.

22      Des Weiteren habe das Gericht in Rn. 41 des angefochtenen Urteils den Anwendungsbereich von Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung, der die Qualität der Buchführungsunterlagen betreffe, zu Unrecht ausgedehnt, indem es sich im Wege der Analogie auf Art. 2 Abs. 1 der Grundverordnung gestützt habe, der die Qualität und die Angemessenheit der von den verbundenen Parteien aufgewendeten Kosten betreffe.

23      Als Zweites machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, die Rechtsprechung des Streitbeilegungsorgans der WTO bestätige, dass das Gericht Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung rechtsfehlerhaft ausgelegt habe. Diese Bestimmung sei nämlich im Licht von Art. 2.2.1.1 des Antidumping-Übereinkommens in seiner Auslegung durch das Streitbeilegungsorgan der WTO zu lesen. Dieses habe jedoch bereits in einem Bericht vom 12. September 2019 die Auffassung vertreten, dass die zweite in Art. 2.2.1.1 Satz 1 genannte Voraussetzung die Frage betreffe, ob die Aufzeichnungen des untersuchten Ausführers oder Herstellers die ihm entstandenen Kosten, die mit der Produktion und dem Verkauf der spezifischen fraglichen Ware in einem echten Zusammenhang stünden, angemessen und ausreichend darstellten oder wiedergäben. Auch habe das Berufungsgremium der WTO in einem am 26. Oktober 2016 angenommenen Bericht u. a. ausgeführt, dass diese zweite Voraussetzung erfordere, die Kosten, die in den Aufzeichnungen des Herstellers oder Ausführers angegeben seien, mit den diesem entstandenen Kosten zu vergleichen.

24      Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung sei somit dahin auszulegen, dass sich die Kommission darauf beschränken müsse, zu überprüfen, ob die von dem untersuchten Hersteller aufbewahrten Unterlagen die ihm bei der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware entstandenen Kosten „angemessen und ausreichend“ widerspiegelten. Sie dürfe daher nicht prüfen, ob die Aufzeichnungen des betreffenden Herstellers bestimmte hypothetische Kosten angemessen widerspiegelten, die hätten entstehen können, wenn er das Ausgangsmaterial nicht von einer verbundenen Partei gekauft hätte. Vorliegend hätte das Gericht jedoch aus dem in Rn. 37 des angefochtenen Urteils angeführten Umstand, dass Jushi unter Erzielung eines Gewinns GFR an Hengshi verkauft habe, folgern müssen, dass alle bei der Herstellung von GFR und GFF angefallenen Kosten ordnungsgemäß in den Aufzeichnungen von Hengshi ausgewiesen worden seien. Das Gericht habe daher zu Unrecht entschieden, dass die Kommission die Aufzeichnungen von Hengshi bei der Ermittlung von deren Produktionskosten nach Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung habe außer Acht lassen dürfen.

25      Die Kommission und Tech-Fab Europe vertreten die Auffassung, dass der erste Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen sei.

 Würdigung durch den Gerichtshof

26      Was erstens das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen betrifft, Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung enthalte eine eng auszulegende Ausnahme, ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung die Kosten normalerweise anhand der Aufzeichnungen der untersuchten Partei berechnet werden, sofern diese Aufzeichnungen den allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen des betreffenden Landes entsprechen und nachgewiesen wird, dass diese Aufzeichnungen die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten in angemessener Weise widerspiegeln.

27      Wie das Gericht in Rn. 27 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat und die Rechtsmittelführerinnen zu Recht geltend machen, stellt diese Regelung eine Ausnahme von einer allgemeinen Regel dar und ist daher eng auszulegen.

28      Gleichwohl wird die Kommission durch Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung nicht dazu verpflichtet, die in den Aufzeichnungen des untersuchten Herstellers oder Ausführers enthaltenen Informationen bedingungslos und ohne die erforderlichen Überprüfungen zu akzeptieren.

29      Wie das Gericht in Rn. 29 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, verfügen die Organe im Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen wegen der Komplexität der von ihnen zu prüfenden wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Situationen über ein weites Ermessen. Die Nachprüfung von Rechtsakten der Organe, die diese im Rahmen ihres weiteren Ermessens erlassen, durch das Unionsgericht ist daher auf die Prüfung der Frage beschränkt, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, ob der Sachverhalt, der der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen. Diese beschränkte gerichtliche Kontrolle erstreckt sich insbesondere auf die Wahl zwischen verschiedenen Methoden zur Berechnung der Dumpingspanne und auf die Ermittlung des Normalwerts einer Ware (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. September 2007, Ikea Wholesale, C‑351/04, EU:C:2007:547, Rn. 40 und 41 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Vorliegend hat das Gericht in den Rn. 34 und 40 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Kommission deswegen von den Kosten abgewichen sei, die in den Aufzeichnungen der von der Untersuchung betroffenen Partei ausgewiesen gewesen seien, weil die Preise des Ausgangsmaterials, das für die Produktion der betreffenden Ware verwendet worden sei, aufgrund einer konzerninternen Beziehung scheinbar nicht marktüblich seien. Ferner hätten, wie die Kommission im 312. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung ausgeführt habe, die Preise, zu denen Hengshi von Jushi GFR bezogen habe, durchweg und erheblich unter den Preisen gelegen, zu denen Jushi dieselbe Ware an auf dem ägyptischen Markt tätige unabhängige Abnehmer verkauft habe.

31      Die Rechtsmittelführerinnen sind im Wesentlichen der Ansicht, dass die in Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung vorgesehene Ausnahme dahin auszulegen sei, dass die Kommission nur dann, wenn die von dem untersuchten Hersteller aufbewahrten Unterlagen die ihm bei der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware entstandenen Kosten nicht „angemessen und ausreichend“ widerspiegelten, die mit der Produktion und dem Verkauf verbundenen Kosten anders als allein anhand der Aufzeichnungen des Herstellers berechnen könne.

32      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts nicht nur ihr Wortlaut und die mit ihr verfolgten Ziele zu berücksichtigen, sondern auch ihr Kontext und das gesamte Unionsrecht. Die Entstehungsgeschichte einer Vorschrift des Unionsrechts kann ebenfalls relevante Anhaltspunkte für ihre Auslegung liefern (Urteile vom 10. Dezember 2018, Wightman u. a., C‑621/18, EU:C:2018:999, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 1. Oktober 2019, Planet49, C‑673/17, EU:C:2019:801, Rn. 48).

33      Was das Ziel von Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 und 2 der Grundverordnung betrifft, so besteht dieses darin, zu gewährleisten, dass die mit der Produktion und dem Verkauf der gleichartigen Ware verbundenen Kosten, die in die Berechnung des Normalwerts dieser Ware Eingang finden, die Kosten widerspiegeln, die einem Hersteller auf dem Inlandsmarkt des Ausfuhrlands entstanden wären.

34      Was den Kontext angeht, dienen die Bestimmungen von Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 3 und 4 der Grundverordnung, die ausdrücklich auf Fälle verweisen, in denen die Preise aufgrund einer konzerninternen Beziehung beeinflusst sind, als Grundlage für andere Bestimmungen von Art. 2, die sich auf die Ermittlung des Normalwerts beziehen, einschließlich der Bestimmungen in Art. 2 Abs. 5. Die Tatsache, dass diese Gesichtspunkte in diesem Art. 2 Abs. 5 nicht wiederholt werden, bedeutet nicht, dass der Unionsgesetzgeber diese Fälle ausschließen wollte.

35      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass Art. 2 Abs. 5 der Verordnung Nr. 384/96, die durch die Grundverordnung aufgehoben und ersetzt wurde, im Wesentlichen den gleichen Wortlaut hatte wie Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung.

36      Aus dem vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1972/2002, mit der diese Bestimmung in die Verordnung Nr. 384/96 eingefügt wurde, geht hervor, dass der Unionsgesetzgeber bestimmte Verfahrensregeln für den Fall festlegen wollte, dass die Aufzeichnungen des Herstellers die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten nicht in angemessener Weise widerspiegeln, insbesondere dann, wenn die Verkäufe der gleichartigen Ware wegen einer besonderen Marktlage keinen angemessenen Vergleich zulassen. In einem solchen Fall müssen diesem Erwägungsgrund zufolge die erforderlichen Informationen aus Quellen stammen, die von „diesen Verzerrungen“ nicht betroffen sind.

37      Daraus folgt, dass die Kommission insbesondere dann in der Lage sein muss, die Kosten, die mit der Produktion und dem Verkauf einer untersuchten Ware verbunden sind, nach Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung zu beurteilen, wenn die Verkäufe der gleichartigen Ware wegen einer Verzerrung keinen angemessenen Vergleich zulassen.

38      Folglich hat das Gericht die Tragweite von Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung nicht verkannt, als es festgestellt hat, dass diese Bestimmung die Kommission nicht daran hindert, von den Kosten abzuweichen, die in den Aufzeichnungen der von der Untersuchung betroffenen Partei ausgewiesen gewesen sind, wenn die Preise des Ausgangsmaterials, das für die Produktion der betreffenden Ware verwendet wird, aufgrund einer konzerninternen Beziehung scheinbar nicht marktüblich sind.

39      Zweitens rügen die Rechtsmittelführerinnen, dass das Gericht die Rechtsprechung des Streitbeilegungsorgans der WTO zu Art. 2.2.1.1 des Antidumping-Übereinkommens nicht angemessen berücksichtigt habe.

40      Insoweit ist zum einen darauf hinzuweisen, dass der Vorrang der von der Union geschlossenen völkerrechtlichen Verträge vor den Bestimmungen des abgeleiteten Unionsrechts gebietet, diese Bestimmungen nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit diesen Verträgen auszulegen, und zum anderen, dass der Gerichtshof zur Stützung seiner Auslegung von Vorschriften von Übereinkommen im Anhang des WTO-Übereinkommens bereits auf Berichte eines Panels oder des Berufungsgremiums der WTO Bezug genommen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. April 2022, Yieh United Steel/Kommission, C‑79/20 P, EU:C:2022:305, Rn. 101 und 102 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Folglich hat das Gericht in Rn. 32 des angefochtenen Urteils zu Recht auf einen Bericht des Berufungsgremiums der WTO in der Sache „Europäische Union – Antidumpingmaßnahmen gegen Biodiesel aus Argentinien“ (WT/DS 473/AB/R) vom 26. Oktober 2016, in dem u. a. die Tragweite von Art. 2.2.1.1 des Antidumping-Übereinkommens erläutert wird, Bezug genommen, um die im Wesentlichen identische Bestimmung von Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung auszulegen und zu bestätigen, dass diese letztere Bestimmung es nicht ausschließt, dass die Kommission von den Kosten abweichen kann, die in den Aufzeichnungen der von der Untersuchung betroffenen Partei ausgewiesen sind, wenn der Preis des Ausgangsmaterials, das für die Produktion der betreffenden Ware verwendet wird, nicht marktüblich ist.

42      Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen ergibt sich nämlich aus Nr. 6.33 dieses Berichts, dass festgestellt werden kann, dass die Aufzeichnungen die mit der Herstellung und dem Verkauf der betroffenen Ware verbundenen Kosten nicht angemessen widerspiegeln, wenn bestimmte mit der Herstellung und dem Verkauf dieser Ware verbundenen Geschäfte mit Vorleistungen nicht zu marktüblichen Bedingungen abgewickelt werden.

43      Nach alledem hat das Gericht nicht gegen Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung verstoßen, als es entschieden hat, dass diese Bestimmung die Kommission nicht daran hindert, von den Kosten abzuweichen, die in den Aufzeichnungen der von der Untersuchung betroffenen Partei ausgewiesen gewesen sind, wenn die Preise des Ausgangsmaterials, das für die Produktion der betreffenden Ware verwendet wird, aufgrund einer konzerninternen Beziehung scheinbar nicht marktüblich sind.

44      Nach alledem ist der erste Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 der Grundverordnung

45      Der zweite Rechtsmittelgrund, der sich auf die Rn. 72 bis 76, 80 und 82 bis 88 des angefochtenen Urteils bezieht, ist in zwei Teile gegliedert.

 Zum ersten Teil

–       Vorbringen der Parteien

46      Mit dem ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass das Gericht in Rn. 84 des angefochtenen Urteils Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 der Grundverordnung falsch ausgelegt und angewandt habe, indem es festgestellt habe, dass die Kommission die GFR-Kosten von Hengshi „auf einer anderen angemessenen Grundlage“ habe berichtigen dürfen. Insbesondere habe das Gericht die Tragweite der Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 der Grundverordnung verkannt, wonach die Kommission grundsätzlich die Kosten berichtigen müsse, die sich in den Aufzeichnungen dieses Herstellers nicht angemessen widerspiegelten. Da diese Bestimmung jedoch klarstelle, dass sich die Kommission nur dann, „wenn solche Informationen nicht zur Verfügung stehen oder nicht verwendet werden können“, „auf [eine andere angemessene] Grundlage“ stützen könne, handele es sich bei dieser Regelung um eine Ausnahme, so dass sie eng auszulegen sei.

47      Insoweit tragen die Rechtsmittelführerinnen vor, das Gericht habe auf der Grundlage einer fehlerhaften Auslegung dieser Bestimmung in Rn. 86 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Kommission, obwohl nach Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 der Grundverordnung die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten, wenn die Aufzeichnungen der betreffenden Partei sie nicht in angemessener Weise widerspiegeln, „anhand der Kosten anderer Hersteller oder Ausführer in demselben Land“ berichtigt werden müssten, im vorliegenden Fall berechtigt gewesen sei, die Berechnung auf „eine andere angemessene Grundlage“ zu stützen, und zwar deshalb, weil die Kosten anderer Hersteller angesichts der Beziehung zwischen Jushi und Hengshi und der Kostenstruktur von Jushi, einem vertikal integrierten Unternehmen, nicht „vergleichbar“ seien. Die „Vergleichbarkeit“ der Kosten anderer Hersteller falle nicht unter die Ausnahmen von der in Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 der Grundverordnung aufgestellten Regel der Berichtigung von Kosten, die sich in den Aufzeichnungen nicht in angemessener Weise widerspiegelten.

48      Der Rechtsfehler, den das Gericht dadurch begangen habe, dass es festgestellt habe, dass die Kommission berechtigt gewesen sei, die Ausnahme des Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 der Grundverordnung anzuwenden, werde in Rn. 87 des angefochtenen Urteils bestätigt. Das Gericht habe es nämlich zu Unrecht als unerheblich angesehen, dass sich die Kommission bei der Ermittlung des Normalwerts der GFF von Hengshi gemäß Art. 2 Abs. 6 Buchst. a der Grundverordnung auf die VVG-Kosten und den Gewinn von Jushi bei ihren GFF‑Inlandsverkäufen gestützt habe, und zwar mit der Begründung, dass Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung eine andere Frage betreffe. Diese Bestimmungen beträfen jedoch durchaus dieselbe Frage, nämlich die Bestimmung der für die Ermittlung des Normalwerts zu verwendenden Kostenbestandteile. Daher sollten auch die Produktionskosten von Jushi gemäß Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 der Grundverordnung zur Ermittlung der Produktionskosten von Hengshi herangezogen werden können.

49      Des Weiteren vertreten die Rechtsmittelführerinnen die Auffassung, das Gericht hätte zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die GFR-Produktionskosten von Jushi zur Bestimmung der Produktionskosten von Hengshi gemäß Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 der Grundverordnung hätten herangezogen werden dürfen. Es sei falsch, davon auszugehen, wie das Gericht es in Rn. 83 des angefochtenen Urteils getan habe, dass die Kommission die GFR-Produktionskosten von Jushi nicht „anerkannt“ habe, obwohl sie zur Berechnung der Dumpingspanne von Jushi die eigenen Produktionskosten der von Jushi hergestellten GFF, die definitionsgemäß ihre GFR-Produktionskosten mit einschlössen, herangezogen habe. Dass Jushi und Hengshi miteinander verbunden seien, habe keine Auswirkungen auf die Produktionskosten der von Jushi hergestellten GFR gehabt, da Jushi weder Ausgangsmaterialien noch Inputs bei Hengshi eingekauft habe.

50      Nach Ansicht der Kommission und von Tech-Fab Europe ist der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes der Rechtsmittelführerinnen als unbegründet zurückzuweisen.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

51      Spiegeln die Aufzeichnungen der betreffenden Partei die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten nicht in angemessener Weise wider, so werden gemäß Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 der Grundverordnung diese Kosten berichtigt oder anhand der Kosten anderer Hersteller oder Ausführer in demselben Land bzw., wenn solche Informationen nicht zur Verfügung stehen oder nicht verwendet werden können, auf einer anderen angemessenen Grundlage einschließlich Informationen aus anderen repräsentativen Märkten ermittelt.

52      Vorliegend hat die Kommission von dieser Ausnahme Gebrauch gemacht, um die GFR-Kosten von Hengshi zu berichtigen, indem sie diese Kosten auf „einer anderen angemessenen Grundlage“ berichtigt hat, anstatt eine Berichtigung „anhand der Kosten anderer Hersteller oder Ausführer in demselben Land“ vorzunehmen, nämlich anhand der Kosten, die Jushi, die die einzige andere GFR-Herstellerin in Ägypten ist, für die Produktion dieser GFR entstanden sind.

53      Zunächst ist festzustellen, dass das Gericht in Rn. 79 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat, dass die Entscheidung, auf „eine andere angemessene Grundlage“ zurückzugreifen, eng auszulegen sei, da sie eine Ausnahmeregelung zur allgemeinen Regel des Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 der Grundverordnung darstelle; dies machen die Rechtsmittelführerinnen im Übrigen zur Stützung dieses ersten Teils ihres zweiten Rechtsmittelgrundes geltend. Die Kommission muss sich somit, um von der Regel abzuweichen, wonach die Kosten, wenn die Aufzeichnungen der betreffenden Partei die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten nicht in angemessener Weise widerspiegeln, anhand der Kosten anderer Hersteller oder Ausführer in demselben Land berichtigt oder bestimmt werden müssen, auf Beweise oder zumindest auf Anhaltspunkte stützen, die die Existenz des Faktors belegen, aufgrund dessen die Berichtigung vorgenommen wird.

54      Vorliegend hat das Gericht in Rn. 80 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Kommission ihre Entscheidung, die GFR-Produktionskosten von Jushi nicht zur Berichtigung der GFR-Kosten von Hengshi heranzuziehen und folglich auf eine andere angemessene Grundlage zurückzugreifen, damit gerechtfertigt habe, dass Jushi ein mit Hengshi verbundenes und ein vertikal integriertes Unternehmen sei, d. h. seine eigenen GFR für die Herstellung von GFF herstelle und verbrauche, was bei Hengshi, die GFR von Jushi und anderen verbundenen chinesischen Lieferanten für die Herstellung von GFF beziehe, nicht der Fall sei.

55      Auf der Grundlage dieser Tatsachenfeststellungen, die die Rechtsmittelführerinnen nicht bestreiten, durfte das Gericht den Schluss ziehen, dass die GFR-Produktionskosten von Jushi von der Kommission nicht für die fragliche Berichtigung verwendet werden konnten. Denn unter solchen Umständen konnte die Kommission, wie das Gericht in Rn. 86 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, diese Kosten nicht berücksichtigen, da Jushi im Gegensatz zu Hengshi ein vertikal integriertes Unternehmen war. Daher hat das Gericht zu Recht entschieden, dass die Kommission angesichts dieser tatsächlichen Umstände die GFR-Produktionskosten von Jushi unberücksichtigt lassen und eine Berichtigung auf „einer anderen angemessenen Grundlage“ vornehmen durfte.

56      Sodann bringen die Rechtsmittelführerinnen vor, dass, wenn die VVG-Kosten und der Gewinn von Jushi bei der Ermittlung des Normalwerts der GFF von Hengshi gemäß Art. 2 Abs. 6 Buchst. a der Grundverordnung hätten herangezogen werden können, auch die Produktionskosten von Jushi nach Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 der Grundverordnung zur Ermittlung der Produktionskosten von Hengshi hätten herangezogen werden können.

57      Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen hat das Gericht in Rn. 87 des angefochtenen Urteils dadurch, dass es dieses Vorbringen mit der Begründung zurückgewiesen hat, dass die fraglichen Bestimmungen unterschiedliche Fragen beträfen, keinen Fehler begangen. Das Gericht hat nämlich zu Recht darauf hingewiesen, dass Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung die Berechnung der mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten betrifft, wohingegen Art. 2 Abs. 6 der Grundverordnung die Berechnung der VVG-Kosten und des Gewinns zum Gegenstand hat, der auf den Inlandsverkäufen der gleichartigen Ware im Rahmen des normalen Handelsverkehrs beruht. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Bestandteile bei der rechnerischen Ermittlung des Normalwerts.

58      Was schließlich Rn. 83 des angefochtenen Urteils angeht, stellen die Rechtsmittelführerinnen die Tatsachenwürdigung des Gerichts in Frage, wonach die Kommission die GFR-Produktionskosten von Jushi nicht „anerkannt“ habe. Dass diese Würdigung unzutreffend sei, ergebe sich eindeutig aus den dem Gericht vorgelegten Verfahrensschriftstücken, in denen die Kommission erkläre, dass zur rechnerischen Ermittlung des Normalwerts von in nicht repräsentativen Mengen verkauften Warentypen „die eigenen Produktionskosten von Jushi Egypt verwendet wurden“.

59      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof nach seiner ständigen Rechtsprechung im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens weder für die Feststellung der Tatsachen zuständig noch grundsätzlich befugt ist, die Beweise zu prüfen, auf die das Gericht seine Feststellungen gestützt hat. Sind diese Beweise ordnungsgemäß erhoben und die allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie die Vorschriften über die Beweislast und das Beweisverfahren eingehalten worden, ist es nämlich allein Sache des Gerichts, den Wert der ihm vorgelegten Beweise zu würdigen, sofern sie nicht verfälscht werden (Urteil vom 11. Januar 2024, Foz/Rat, C‑524/22 P, EU:C:2024:23, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

60      Eine solche Verfälschung liegt vor, wenn ohne Erhebung neuer Beweise die Würdigung der vorhandenen Beweise offensichtlich unzutreffend ist. Diese Verfälschung muss sich jedoch in offensichtlicher Weise aus den Prozessakten ergeben, ohne dass es einer erneuten Würdigung der Tatsachen und Beweise bedarf. Außerdem muss ein Rechtsmittelführer, der eine Verfälschung von Beweisen behauptet, genau angeben, welche Beweise das Gericht verfälscht haben soll, und die Beurteilungsfehler darlegen, die das Gericht seines Erachtens zu dieser Verfälschung veranlasst haben (Urteil vom 11. Januar 2024, Foz/Rat, C‑524/22 P, EU:C:2024:23, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

61      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten, dass die Kommission bei der Berechnung der GFR-Kosten von Hengshi entschieden hat, die GFR-Produktionskosten von Jushi nicht zu verwenden, und dass sie daher auf eine andere angemessene Grundlage zurückgegriffen hat. Das von den Rechtsmittelführerinnen angeführte Verfahrensschriftstück, in dem die Kommission erklärt, dass „die eigenen Produktionskosten von Jushi Egypt verwendet wurden“, bezieht sich jedoch nicht auf die Kosten der von Hengshi, sondern der von Jushi hergestellten GFR. Wie das Gericht in Rn. 80 des angefochtenen Urteils, auf die dessen Rn. 83 ausdrücklich verweist, insoweit festgestellt hat, hat die Kommission die GFR-Produktionskosten von Jushi aufgrund der zwischen diesen beiden Gesellschaften bestehenden Verbindung nicht anerkannt, nämlich weil Jushi, obwohl sie die einzige andere GFR-Herstellerin in Ägypten sei, zum einen ein mit Hengshi verbundenes Unternehmen und zum anderen ein vertikal integriertes Unternehmen sei, was bei Hengshi nicht der Fall sei.

62      In diesem Zusammenhang beschränken sich die Rechtsmittelführerinnen jedoch auf das Vorbringen, dass die Feststellung des Gerichts in Rn. 83 des angefochtenen Urteils sachlich unrichtig sei, ohne näher auszuführen, welche Beweise das Gericht verfälscht haben soll, oder die Beurteilungsfehler darzulegen, die das Gericht ihres Erachtens zu dieser Verfälschung veranlasst haben. Somit ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerinnen, da sie keine Beweise für ihre Behauptung einer Verfälschung der fraglichen Tatsachen durch das Gericht vorgelegt haben, der ihnen insoweit obliegenden Beweislast nicht nachgekommen sind.

63      Diese Rüge ist daher zurückzuweisen.

64      Nach alledem ist der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil

–       Vorbringen der Parteien

65      Mit dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass das Gericht zum einen rechtsfehlerhaft entschieden habe, dass die Kommission ihre Begründungspflicht nicht verletzt habe, und zum anderen zu Unrecht Gründen gefolgt sei, die die Kommission erstmals vor ihm geltend gemacht habe. Im 331. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung werde nicht erläutert, weshalb die Kommission zur Ermittlung der Produktionskosten von Hengshi auf die in Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 der Grundverordnung vorgesehene Ausnahme habe zurückgreifen müssen. Außerdem erläutere die Kommission in der streitigen Verordnung nicht, warum zum einen diese Bestimmung zu einem Erfordernis der „Vergleichbarkeit“ führe und zum anderen Jushi damals nicht mit Hengshi vergleichbar gewesen sei, so dass der Rückgriff auf diese Ausnahme gerechtfertigt gewesen sei. Die Kommission habe erstmals in ihrer Klagebeantwortung vor dem Gericht dargelegt, weshalb sie beschlossen habe, von der in Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 der Grundverordnung vorgesehenen Ausnahme Gebrauch zu machen.

66      Die Kommission hält diesen Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes für unbegründet, hilfsweise für ins Leere gehend.

67      Tech-Fab Europe trägt vor, der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes sei als unbegründet zurückzuweisen.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

68      Zu dem von den Rechtsmittelführerinnen geltend gemachten Begründungsmangel ist festzustellen, dass sich aus dem 331. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung ergibt, dass die Kommission dort ausgeführt hat, dass sie, nachdem sie geprüft habe, ob die Aufzeichnungen von Hengshi die mit der Produktion von GFF verbundenen Kosten angemessen widerspiegelten, festgestellt habe, dass die Verrechnungspreise für GFR-Käufe durch Hengshi bei Jushi im Verhältnis zum Marktpreis für dieselben Warentypen in Ägypten erheblich deflationiert, d. h. nicht marktüblich gewesen seien.

69      Da die Kommission somit dargelegt hat, aus welchen Gründe sie auf Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 der Grundverordnung zurückgegriffen hat, hat das Gericht in Rn. 76 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden, dass die Rüge einer Verletzung der Begründungspflicht zurückzuweisen ist.

70      Schließlich geht das Argument der Vergleichbarkeit, das die Kommission erstmals in der Klagebeantwortung vorgebracht haben soll, ins Leere, da der 331. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung bereits eine Begründung für die Heranziehung einer „anderen angemessenen Grundlage“ im Sinne von Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 der Grundverordnung enthielt.

71      Nach alledem ist der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes der Rechtsmittelführerinnen als teils unbegründet und teils ins Leere gehend zurückzuweisen. Folglich ist der zweite Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum dritten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

72      Mit dem dritten Rechtsmittelgrund, der sich auf die Rn. 97 und 98 des angefochtenen Urteils bezieht, machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass die Kommission nicht gegen Art. 9 Abs. 4 der Grundverordnung verstoßen habe, als sie den Rechtsmittelführerinnen einen die Dumpingspanne übersteigenden endgültigen Antidumpingzoll von 20 % auferlegt habe. Denn aus den Rügen, die sie im Rahmen des ersten und des zweiten Rechtsmittelgrundes erhoben hätten, ergebe sich, dass das Gericht zu Unrecht angenommen habe, dass sie nicht nachgewiesen hätten, dass der Kommission Rechtsfehler oder offensichtliche Beurteilungsfehler unterlaufen seien. Das Gericht habe daher auch rechtsfehlerhaft festgestellt, dass die Kommission keine über die Dumpingspanne hinausgehenden Antidumpingzölle eingeführt und damit nicht gegen Art. 9 Abs. 4 der Grundverordnung verstoßen habe.

73      Nach Ansicht der Kommission und von Tech-Fab Europe geht der dritte Rechtsmittelgrund ins Leere.

 Würdigung durch den Gerichtshof

74      Wie die Rechtsmittelführerinnen geltend machen, setzt der dritte Rechtsmittelgrund voraus, dass der erste und der zweite Rechtsmittelgrund für begründet erklärt wurden. Da diese aber zurückgewiesen worden sind, kann der dritte Rechtsmittelgrund, selbst wenn er begründet wäre, für sich allein nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen, so dass er ins Leere geht.

75      Da keiner der Rechtsmittelgründe der Rechtsmittelführerinnen durchgreift, ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

 Kosten

76      Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach ihrem Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

77      Da die Kommission und Tech-Fab Europe beantragt haben, Henshi und Jushi die Kosten aufzuerlegen, und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission und von Tech-Fab Europe aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Die Hengshi Egypt Fiberglass Fabrics SAE und die Jushi Egypt for Fiberglass Industry SAE tragen neben ihren eigenen Kosten die der Europäischen Kommission und dem Tech-Fab Europe e. V. entstandenen Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.