Language of document : ECLI:EU:T:2007:334

Rechtssache T-194/04

The Bavarian Lager Co. Ltd

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

„Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Dokumente betreffend ein Vertragsverletzungsverfahren – Entscheidung, den Zugang zu verweigern – Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten – Verordnung (EG) Nr. 45/2001 – Begriff ‚Privatsphäre‘“

Leitsätze des Urteils

1.      Nichtigkeitsklage – Befugnisse des Gemeinschaftsrichters

(Art. 230 EG)

2.      Nichtigkeitsklage – Anfechtbare Handlungen

(EG-Vertrag, Art. 169 [jetzt Art. 226 EG])

3.      Rechtsangleichung – Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten – Verarbeitung dieser Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft – Verordnung Nr. 45/2001

(Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates Nr. 45/2001, Art. 5 Buchst. a und b, und Nr. 1049/2001)

4.      Europäische Gemeinschaften – Organe – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001

(Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates Nr. 45/2001, Art. 8 Buchst. b, und Nr. 1049/2001, Art. 2 und 6 Abs. 1)

5.      Europäische Gemeinschaften – Organe – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001

(Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates Nr. 45/2001, Art. 8 Buchst. b, und Nr. 1049/2001, Art. 4 Abs. 1 Buchst. b)

6.      Rechtsangleichung – Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten – Verarbeitung dieser Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft – Verordnung Nr. 45/2001

(Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates Nr. 45/2001, Art. 5 Buchst. b und 18, und Nr. 1049/2001, Art. 4 Abs. 1 Buchst. b)

7.      Rechtsangleichung – Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten – Verarbeitung dieser Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft – Verordnung Nr. 45/2001

(Art. 6 Abs. 2 EU; Verordnung Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates)

8.      Europäische Gemeinschaften – Organe – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001

(Art. 6 Abs. 2 EU; Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates Nrn. 45/2001, Art. 10, und 1049/2001, Art. 4 Abs. 1 Buchst. b; Richtlinie 95/46 des Europäischen Parlaments und des Rates)

9.      Rechtsangleichung – Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten – Verarbeitung dieser Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft – Verordnung Nr. 45/2001

(EG-Vertrag, Art. 169 [jetzt Art. 226 EU]; Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates Nr. 45/2001, Art. 2 Buchst. a, und Nr. 1049/2001, Art. 4 Abs. 1 Buchst. b)

10.    Europäische Gemeinschaften – Organe – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001

(Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Abs. 2 3. Gedankenstrich)

11.    Europäische Gemeinschaften – Organe – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001

(Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates)

1.      Anträge im Rahmen einer Nichtigkeitsklage, die darauf gerichtet sind, dass der Kommission der Erlass spezifischer Maßnahmen aufgegeben wird, sind unzulässig. Der Gemeinschaftsrichter ist nämlich im Rahmen der von ihm ausgeübten Rechtmäßigkeitskontrolle nicht befugt, den Organen Weisungen zu erteilen oder sich an ihre Stelle zu setzen. Diese Beschränkung der Rechtmäßigkeitskontrolle gilt für alle Arten von Rechtsstreitigkeiten, für deren Entscheidung das Gericht zuständig ist, einschließlich solcher über den Zugang zu Dokumenten.

(vgl. Randnrn. 47-48)

2.      Eine Klage, mit der ein Einzelner die Nichtigerklärung der Weigerung der Kommission beantragt, gegen einen Mitgliedstaat ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, ist unzulässig.

Aus Art. 169 EG-Vertrag (jetzt Art. 226 EG) folgt nämlich, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, sondern insoweit über ein Ermessen verfügt, das ein Recht Einzelner, von ihr eine Stellungnahme in einem bestimmten Sinne zu verlangen und gegen ihre Weigerung, tätig zu werden, eine Nichtigkeitsklage zu erheben, ausschließt.

(vgl. Randnrn. 54-55)

3.      Die Verarbeitung muss rechtmäßig im Sinne von Art. 5 Buchst. a oder b der Verordnung Nr. 45/2001 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr sein, wonach die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse ausgeführt wird, oder für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, der der für die Verarbeitung Verantwortliche unterliegt, erforderlich sein muss. Das Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe, das Art. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission den Unionsbürgern sowie jeder natürlichen oder juristischen Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat zuerkennt, entspricht einer rechtlichen Verpflichtung im Sinne von Art. 5 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001. Schreibt also die Verordnung Nr. 1049/2001 die Weitergabe von Daten vor, die eine „Verarbeitung“ im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 darstellt, ist die Weitergabe nach Art. 5 dieser Verordnung insoweit rechtmäßig.

(vgl. Randnr. 106)

4.      Für den Zugang zu Dokumenten, die personenbezogene Daten enthalten, ist die Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission maßgeblich. Nach Art. 6 Abs. 1 dieser Verordnung ist derjenige, der den Zugang begehrt, nicht verpflichtet, Gründe für seinen Antrag anzugeben, und braucht daher kein wie auch immer geartetes Interesse nachzuweisen, um Zugang zu den angeforderten Dokumenten zu erhalten. In den Fällen, in denen im Rahmen der Anwendung des Art. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001, der das Recht aller Unionsbürger auf Zugang zu Dokumenten vorsieht, personenbezogene Daten übermittelt werden, fällt also der betreffende Sachverhalt unter diese Verordnung, so dass der Antragsteller nicht die Notwendigkeit der Verbreitung im Sinne von Art. 8 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr nachweisen muss. Wenn nämlich als eine durch die Verordnung Nr. 45/2001 vorgeschriebene zusätzliche Voraussetzung verlangt würde, dass der Antragsteller die Notwendigkeit der Übermittlung nachweist, würde diese Voraussetzung dem Zweck der Verordnung Nr. 1049/2001 zuwiderlaufen, der Öffentlichkeit den größtmöglichen Zugang zu den Dokumenten der Organe zu verschaffen.

(vgl. Randnr. 107)

5.      Da nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission der Zugang zu einem Dokument in den Fällen verweigert wird, in denen durch dessen Verbreitung der Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen beeinträchtigt würde, kann eine Übermittlung personenbezogener Daten, die nicht unter diese Ausnahme fällt, grundsätzlich nicht die berechtigten Interessen des Betroffenen gemäß Art. 8 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr beeinträchtigen.

(vgl. Randnr. 108)

6.      Art. 18 der Verordnung Nr. 45/2001 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr sieht vor, dass der Betroffene das Recht hat, jederzeit aus zwingenden, schutzwürdigen, sich aus seiner besonderen Situation ergebenden Gründen gegen die Verarbeitung von ihn betreffenden Daten Widerspruch einzulegen, außer in den u. a. unter Art. 5 Buchst. b dieser Verordnung fallenden Fällen. Da die in der Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission genannte Verarbeitung eine gesetzliche Verpflichtung im Sinne des Art. 5 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 darstellt, steht dem Betroffenen daher grundsätzlich kein Widerspruchsrecht zu. Angesichts des Umstands jedoch, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 eine Ausnahme von dieser gesetzlichen Verpflichtung vorsieht, sind auf dieser Grundlage die Auswirkungen einer Verbreitung von Daten über die betreffende Person zu berücksichtigen. Insoweit ist festzustellen, dass, wenn die Weitergabe dieser Daten nicht den Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Betroffenen beeinträchtigt, wie es Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 verlangt, die Weigerung des Betroffenen diese Weitergabe nicht verhindern kann.

(vgl. Randnrn. 109-110)

7.      Die Bestimmungen der Verordnung Nr. 45/2001 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr sind, soweit sie die Verarbeitung personenbezogener Daten betreffen, die zu Beeinträchtigungen der Grundfreiheiten und insbesondere des Rechts auf Achtung des Privatlebens führen kann, im Licht der Grundrechte auszulegen, die zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gehören, deren Wahrung Gerichtshof und Gericht zu sichern haben, und die als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ausdrücklich in Art. 6 Abs. 2 EU übernommen worden sind.

(vgl. Randnrn. 111-112)

8.      Gemäß Art. 6 Abs. 2 EU muss jede nach der Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission ergangene Entscheidung Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention beachten. Insoweit legt diese Verordnung gemäß Art. 255 Abs. 2 EG die allgemeinen Grundsätze und die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung des Rechts auf Zugang zu Dokumenten fest. Daher sieht Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 eine Ausnahme zum Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen vor. Da die Ausnahmen vom Grundsatz des Zugangs zu Dokumenten eng auszulegen sind, betrifft diese Ausnahme nur personenbezogene Daten, die geeignet sind, konkret und tatsächlich die Achtung der Privatsphäre und die Integrität des Einzelnen zu beeinträchtigen.

Der Umstand, dass der Begriff „Privatleben“ nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte weit gefasst ist und dass das Recht auf Schutz personenbezogener Daten einer der Aspekte des Rechts auf Achtung des Privatlebens sein kann, bedeutet nicht, dass alle personenbezogenen Daten notwendig unter den Begriff „Privatsphäre“ fallen.

Erst recht sind nicht alle personenbezogenen Daten ihrer Art nach geeignet, die Privatsphäre des Betroffenen zu beeinträchtigen. Im 33. Erwägungsgrund der Richtlinie 95/46 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr wird nämlich auf Daten Bezug genommen, die aufgrund ihrer Art geeignet sind, die Grundfreiheiten oder die Privatsphäre zu beeinträchtigen, und nicht ohne ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person verarbeitet werden dürfen, was darauf hindeutet, dass nicht alle Daten von gleicher Art sind. Solche sensiblen Daten können in denen enthalten sein, auf die sich Art. 10 der Verordnung Nr. 45/2001 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr bezieht, der die Verarbeitung besonderer Kategorien von Daten betrifft, wie solchen, aus denen die rassische oder ethnische Herkunft oder religiöse oder philosophische Überzeugungen hervorgehen, oder solche über Gesundheit oder Sexualleben.

(vgl. Randnrn. 116-119)

9.      Eine im Protokoll eines im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 169 EG-Vertrag (jetzt Art. 226 EG) stattfindenden Treffens enthaltene Liste der Teilnehmer dieses Treffens, die nach den Körperschaften, in deren Namen und zu deren Vertretung sie am Treffen teilgenommen haben, unter Angabe ihres Titels, des Anfangsbuchstabens ihres Vornamens, ihres Familiennamens und gegebenenfalls der Dienststelle, Einrichtung oder Vereinigung, der sie innerhalb der betreffenden Körperschaft angehören, aufgeführt sind, enthält personenbezogene Daten im Sinne des Art. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 45/2001 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr, da die Personen, die an diesem Treffen teilgenommen haben, im Protokoll identifiziert werden können. Allerdings bedeutet die bloße Tatsache, dass ein Dokument, zu dem der Zugang nach der Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission beantragt wird, personenbezogene Daten enthält, nicht notwendig, dass die Privatsphäre oder die Integrität der Betroffenen beeinträchtigt wäre, auch wenn berufliche Tätigkeiten grundsätzlich nicht vom Begriff „Privatleben“ im Sinne des Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention ausgenommen sind.

Durch die Tatsache, dass das Protokoll die Namen dieser Repräsentanten enthält, wird nicht die Privatsphäre der betreffenden Personen berührt, da sie als Vertreter ihrer Körperschaften am Treffen teilgenommen haben. Außerdem enthält das Protokoll keine diesen Personen zuzuschreibenden Einzelmeinungen, sondern Stellungnahmen, die den von diesen Personen vertretenen Körperschaften zuzurechnen sind. Jedenfalls ist die Bekanntgabe der Namen der Vertreter nicht geeignet, den Schutz der Privatsphäre und der Integrität der Betroffenen konkret und tatsächlich zu beeinträchtigen. Die bloße Nennung des Namens eines Betroffenen in der Liste der Teilnehmer eines Treffens für die Körperschaft, die er vertritt, stellt keine solche Beeinträchtigung dar, und der in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgeschriebene Schutz der Privatsphäre und der Integrität der Betroffenen wird hierdurch nicht in Frage gestellt.

(vgl. Randnrn. 121-123, 125-126)

10.    Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, der „[den Zweck] von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten“ schützen soll, ist nur anwendbar, wenn die Zugänglichmachung der betreffenden Dokumente dazu führen könnte, dass die Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten nicht abgeschlossen werden können. Dazu ist festzustellen, dass diese Ausnahme, wie sich aus ihrer Formulierung ergibt, nicht die Untersuchungstätigkeiten als solche, sondern deren Zweck schützen soll, der im Fall eines Vertragsverletzungsverfahrens darin besteht, den betreffenden Mitgliedstaat dazu zu bewegen, das Gemeinschaftsrecht zu beachten.

In einem Fall, in dem die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen einen Mitgliedstaat schon sechs Jahre vor der Beantragung des Zugangs zu Dokumenten eingestellt hatte, weil dieser Mitgliedstaat seine einschlägigen Rechtsvorschriften geändert hatte, war jedoch der Zweck der Untersuchungstätigkeiten erreicht. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung der Kommission, mit der sie den Zugang zum Protokoll eines im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens stattfindenden Treffens verweigert hatte, war also keine Untersuchungstätigkeit mehr im Gange, deren Zweck durch eine Offenlegung des Protokolls, das die Namen einiger Vertreter von Körperschaften enthielt, die an dem Treffen teilgenommen hatten, hätte gefährdet werden können; daher kann die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 nicht eingreifen.

(vgl. Randnrn. 148-149)

11.    Die Prüfung, die im Rahmen der Bearbeitung eines Antrags auf Zugang zu Dokumenten, der in dem in der Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission vorgesehenen Verfahren gestellt wird, erforderlich ist, muss konkret sein. Zum einen kann der bloße Umstand, dass ein Dokument ein durch eine Ausnahme geschütztes Interesse betrifft, nicht ausreichen, um die Anwendung der Ausnahme zu rechtfertigen. Zum anderen muss die Gefahr einer Beeinträchtigung eines geschützten Interesses absehbar und darf nicht rein hypothetisch sein. Die Prüfung, die das Organ durchführen muss, um eine Ausnahme anzuwenden, muss daher konkret sein und aus der Begründung der Entscheidung hervorgehen.

So stellt zwar die Notwendigkeit, die Anonymität der Personen zu wahren, die der Kommission Informationen über etwaige Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht erteilen, einen schutzwürdigen Zweck dar, der die Weigerung der Kommission, einen vollständigen oder auch nur teilweisen Zugang zu bestimmten Dokumenten zu gewähren, rechtfertigen kann; jedoch hat sich die Kommission im vorliegenden Fall zum möglichen Eingriff in ihre Untersuchungstätigkeit durch Offenlegung des alle Namen enthaltenden fraglichen Dokuments nur abstrakt geäußert, ohne rechtlich hinreichend darzutun, dass die Weitergabe dieses Dokuments konkret und tatsächlich den Schutz des Zwecks von Untersuchungstätigkeiten beeinträchtigen würde. Mithin ist im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen worden, dass der Zweck der Untersuchungstätigkeiten durch Weitergabe von sechs Jahre nach Abschluss dieser Tätigkeiten verlangten Daten konkret und tatsächlich gefährdet worden wäre.

(vgl. Randnrn. 151-152)