Language of document : ECLI:EU:C:2015:461

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PEDRO CRUZ VILLALÓN

vom 9. Juli 2015(1)

Rechtssache C‑201/14

Smaranda Bara u. a.

gegen

Președintele Casei Naționale de Asigurări de Sănătate,

Casa Naţională de Asigurări de Sănătate,

Agenţia Naţională de Administrare Fiscală (ANAF)

(Vorabentscheidungsersuchen der Curtea de Apel Cluj [Rumänien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Wirtschafts- und Währungspolitik – Art. 124 AEUV – Bevorrechtigter Zugang zu den Finanzinstituten – Im Ausgangsrechtsstreit nicht anwendbare Vorschrift – Offensichtliche Unzulässigkeit – Rechtsangleichung – Richtlinie 95/46/EG – Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten – Art. 7 – Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Verarbeitung von Daten – Art. 10 und 11 – Einwilligung und Unterrichtung der betroffenen Personen – Art. 13 – Ausnahmen und Einschränkungen – Nationale Regelung über den Erwerb der Sozialversicherteneigenschaft – Zwischen zwei öffentlichen Einrichtungen vereinbartes Protokoll über die Überlassung personenbezogener Daten in Bezug auf die Einkünfte der betroffenen Personen“





1.        Inwieweit und zu welchen Modalitäten dürfen öffentliche Einrichtungen eines Mitgliedstaats im Rahmen der Ausübung ihrer hoheitlichen Befugnisse die personenbezogenen Daten der Personen, mit denen sie zu tun haben, und namentlich Daten im Zusammenhang mit den Einkünften dieser Personen, die von den genannten Einrichtungen zur Wahrnehmung ihrer im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben erhoben werden, miteinander teilen? Das ist im Wesentlichen die Hauptfrage, die sich im Rahmen des Ausgangsrechtsstreits stellt und die eine Auslegung verschiedener Bestimmungen der Richtlinie 95/46/EG(2) durch den Gerichtshof erfordert.

2.        Die vorliegende Rechtssache gibt dem Gerichtshof genauer gesagt Gelegenheit, sich mit den Voraussetzungen zu befassen, von denen die Richtlinie 95/46 die Übermittlung personenbezogener Daten von einer Behörde an eine andere abhängig macht, und dabei die Pflichten zu präzisieren, die zum einen den an einer solchen Übermittlung beteiligten Personen öffentlichen Rechts und zum anderen dem zur Schaffung eines Rahmens für eine solche Verwaltungspraxis – insbesondere hinsichtlich der Unterrichtung der Betroffenen – aufgerufenen nationalen Gesetzgeber obliegen.

I –    Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsrecht

3.        Für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits erscheinen hauptsächlich die Art. 7, 10, 11 und 13 der Richtlinie 95/46 relevant. Die übrigen relevanten Bestimmungen werden bei Bedarf im Zuge der Erörterungen wiedergegeben.

4.        Art. 7 der Richtlinie 95/46 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten lediglich erfolgen darf, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

a)      Die betroffene Person hat ohne jeden Zweifel ihre Einwilligung gegeben;

b)      die Verarbeitung ist erforderlich für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder für die Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen, die auf Antrag der betroffenen Person erfolgen;

c)      die Verarbeitung ist für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der für die Verarbeitung Verantwortliche unterliegt;

d)      die Verarbeitung ist erforderlich für die Wahrung lebenswichtiger Interessen der betroffenen Person;

e)      die Verarbeitung ist erforderlich für die Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt und dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder dem Dritten, dem die Daten übermittelt werden, übertragen wurde;

f)      die Verarbeitung ist erforderlich zur Verwirklichung des berechtigten Interesses, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden, sofern nicht das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die gemäß Artikel 1 Absatz 1 geschützt sind, überwie[g]en.“

5.        Art. 10 der Richtlinie 95/46 lautet:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass die Person, bei der die sie betreffenden Daten erhoben werden, vom für die Verarbeitung Verantwortlichen oder seinem Vertreter zumindest die nachstehenden Informationen erhält, sofern diese ihr noch nicht vorliegen:

a)      Identität des für die Verarbeitung Verantwortlichen und gegebenenfalls seines Vertreters,

b)      Zweckbestimmungen der Verarbeitung, für die die Daten bestimmt sind,

c)      weitere Informationen, beispielsweise betreffend

–      die Empfänger oder Kategorien der Empfänger der Daten,

–      die Frage, ob die Beantwortung der Fragen obligatorisch oder freiwillig ist, sowie mögliche Folgen einer unterlassenen Beantwortung,

–      das Bestehen von Auskunfts- und Berichtigungsrechten bezüglich sie betreffender Daten,

sofern sie unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände, unter denen die Daten erhoben werden, notwendig sind, um gegenüber der betroffenen Person eine Verarbeitung nach Treu und Glauben zu gewährleisten.“

6.        Art. 11 der Richtlinie 95/46 bestimmt:

„(1)      Für den Fall, dass die Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben wurden, sehen die Mitgliedstaaten vor, dass die betroffene Person bei Beginn der Speicherung der Daten bzw. im Fall einer beabsichtigten Weitergabe der Daten an Dritte spätestens bei der ersten Übermittlung vom für die Verarbeitung Verantwortlichen oder seinem Vertreter zumindest die nachstehenden Informationen erhält, sofern diese ihr noch nicht vorliegen:

a)      Identität des für die Verarbeitung Verantwortlichen und gegebenenfalls seines Vertreters,

b)      Zweckbestimmungen der Verarbeitung,

c)      weitere Informationen, beispielsweise betreffend

–      die Datenkategorien, die verarbeitet werden,

–      die Empfänger oder Kategorien der Empfänger der Daten,

–      das Bestehen von Auskunfts- und Berichtigungsrechten bezüglich sie betreffender Daten,

sofern sie unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände, unter denen die Daten erhoben werden, notwendig sind, um gegenüber der betroffenen Person eine Verarbeitung nach Treu und Glauben zu gewährleisten.

(2)      Absatz 1 findet – insbesondere bei Verarbeitungen für Zwecke der Statistik oder der historischen oder wissenschaftlichen Forschung – keine Anwendung, wenn die Information der betroffenen Person unmöglich ist, unverhältnismäßigen Aufwand erfordert oder die Speicherung oder Weitergabe durch Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. In diesen Fällen sehen die Mitgliedstaaten geeignete Garantien vor.“

7.        Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 95/46 sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten können Rechtsvorschriften erlassen, die die Pflichten und Rechte gemäß Artikel 6 Absatz 1, Artikel 10, Artikel 11 Absatz 1, Artikel 12 und Artikel 21 beschränken, sofern eine solche Beschränkung notwendig ist für

a)      die Sicherheit des Staates;

b)      die Landesverteidigung;

c)      die öffentliche Sicherheit;

d)      die Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten oder Verstößen gegen die berufsständischen Regeln bei reglementierten Berufen;

e)      ein wichtiges wirtschaftliches oder finanzielles Interesse eines Mitgliedstaats oder der Europäischen Union einschließlich Währungs-, Haushalts- und Steuerangelegenheiten;

f)      Kontroll-, Überwachungs- und Ordnungsfunktionen, die dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt für die unter den Buchstaben c), d) und e) genannten Zwecke verbunden sind;

g)      den Schutz der betroffenen Person und der Rechte und Freiheiten anderer Personen.“

B –    Nationales Recht

8.        Nach den Angaben in der Vorlageentscheidung bilden das Gesetz Nr. 95/2006 über die Reform im Gesundheitssektor und der zur Durchführung dieses Gesetzes ergangene Erlass Nr. 617/2007 des Präsidenten der Nationalen Kasse der Krankenversicherungen(3) vom 13. August 2007(4) den rechtlichen Rahmen für die Regelung zur Begründung der Versicherteneigenschaft der in Rumänien ansässigen rumänischen Staatsangehörigen und der ausländischen Staatsangehörigen und Staatenlosen, die eine Verlängerung des vorübergehenden Aufenthaltsrechts beantragt und erhalten haben oder die in Rumänien wohnhaft sind, sowie der ihnen obliegenden Pflichten zur Zahlung der Krankenversicherungsbeiträge.

9.        Das vorlegende Gericht führt weiter aus, dass diese beiden Rechtsakte die staatlichen Einrichtungen dazu ermächtigen, der CNAS die zur Feststellung der Versicherteneigenschaft erforderlichen Informationen zu übermitteln. Art. 315 des Gesetzes Nr. 95/2006 sieht insoweit vor:

„Die zur Feststellung der Versicherteneigenschaft erforderlichen Daten werden den Krankenkassen von Behörden, öffentlichen Einrichtungen sowie anderen Einrichtungen auf der Grundlage eines Protokolls kostenfrei übermittelt.“

10.      Mit dem am 26. Oktober 2007 vereinbarten Protokoll Nr. P 5282/26.10.2007/95896/30.10.2007(5) haben die Agenţia Naţională de Administrare Fiscală (Nationale Agentur der Steuerverwaltung)(6) und die CNAS die Modalitäten für die Übermittlung der einschlägigen Daten geregelt. Sein Art. 4 sieht vor:

„Nach dem Inkrafttreten des vorliegenden Protokolls liefert die [ANAF] durch ihre nachgeordneten Stellen in elektronischer Form den ursprünglichen Datenbestand betreffend

a)      die Einkünfte der Personen, die den Kategorien nach Art. l Abs. l des vorliegenden Protokolls angehören, und jeweils vierteljährlich die Aktualisierung dieser Daten an die [CNAS] auf Datenträgern, die eine automatisierte Verarbeitung ermöglichen, nach Maßgabe des Anhangs 1 des vorliegenden Protokolls …“

II – Ausgangsrechtsstreit

11.      Die Kläger des Ausgangsverfahrens erzielen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und wurden durch Beitragsbescheide der Krankenkasse Cluj (Rumänien), die auf der Grundlage der der CNAS von der ANAF zur Verfügung gestellten Daten über ihre Einkünfte erstellt wurden, aufgefordert, Beiträge an den Nationalen Einheitsfonds der sozialen Krankenversicherungen zu entrichten.

12.      Sie fechten beim vorlegenden Gericht die verschiedenen Verwaltungsakte an, auf deren Grundlage die ANAF der CNAS die für die Erstellung der Beitragsbescheide erforderlichen Daten, insbesondere in Bezug auf ihre Einkünfte, übermittelt hatte. Ihrer Ansicht nach ist die Übermittlung ihrer personenbezogenen Daten durch die ANAF an die CNAS unter Verstoß gegen die Richtlinie 95/46 erfolgt. Diese Daten seien auf der Grundlage eines bloßen internen Protokolls zu anderen Zwecken als denen ihrer ursprünglichen Weitergabe an die CNAS übermittelt und verwendet worden, ohne dass die Kläger ausdrücklich eingewilligt hätten und ohne dass sie zuvor darüber unterrichtet worden seien.

13.      Das vorlegende Gericht führt hierzu aus, die rumänischen Rechtsvorschriften sähen in eng begrenzter und abschließender Form die Übermittlung der zur Feststellung der Versicherteneigenschaft erforderlichen Daten (Vor- und Zuname, persönliche Identifikationsnummer, Wohnsitz oder Aufenthaltsort in Rumänien) vor; hiervon ausgenommen seien somit Daten in Bezug auf die in Rumänien erzielten Einkünfte.

III – Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

14.      Vor diesem Hintergrund hat die Curtea de Apel Cluj (Appellationsgericht Cluj, Rumänien) am 31. März 2014 beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende vier Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist die nationale Steuerbehörde in ihrer Eigenschaft als Vertreterin des zuständigen Ministeriums eines Mitgliedstaats ein Finanzinstitut im Sinne von Art. 124 AEUV?

2.      Kann die Übermittlung des Datenbestands betreffend die von den Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats erzielten Einkünfte von der nationalen Steuerbehörde an eine andere Einrichtung dieses Mitgliedstaats im Wege eines einem Verwaltungsakt gleichzusetzenden Rechtsakts, nämlich eines zwischen der nationalen Steuerverwaltung und einer anderen staatlichen Einrichtung geschlossenen Protokolls, geregelt werden, ohne dass dies einen bevorrechtigten Zugang im Sinne von Art. 124 AEUV darstellt?

3.      Stellt die Übermittlung des Datenbestands zu dem Zweck, den Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats eine Pflicht zur Zahlung von Sozialabgaben an die Einrichtung dieses Mitgliedstaats aufzuerlegen, an die die Übermittlung erfolgt, einen „aufsichtsrechtlichen Grund“ im Sinne von Art. 124 AEUV dar?

4.      Dürfen personenbezogene Daten von einer Behörde verarbeitet werden, die nicht Adressat dieser Daten war, wenn eine solche Vorgehensweise rückwirkend einen Vermögensschaden verursacht?

15.      Die CNAS, die rumänische und die tschechische Regierung sowie die Europäische Kommission haben beim Gerichtshof schriftliche Erklärungen eingereicht.

16.      Der Gerichtshof hat ferner die gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Abgabe von Erklärungen Berechtigten ersucht, in der mündlichen Verhandlung zu drei Punkten Stellung zu nehmen, und zwar dazu, wie weit die Verpflichtungen der ANAF als Senderin der übermittelten Daten sowie der CNAS als deren Empfängerin nach den Art. 10 und 11 der Richtlinie 95/46 reichen, zur Relevanz von Art. 13 der Richtlinie 95/46 für die vom vorlegenden Gericht erbetene Auslegung und schließlich zu den Kriterien, aufgrund deren das Protokoll vom 26. Oktober 2007 zwischen der CNAS und der ANAF eine „Rechtsvorschrift“ im Sinne von Art. 13 der Richtlinie 95/46 darstellen könnte.

17.      Die Kläger des Ausgangsverfahrens, die rumänische Regierung und die Kommission haben in der öffentlichen Sitzung am 29. April 2015 mündliche Erklärungen abgegeben und Fragen des Gerichtshofs beantwortet.

IV – Zur Zulässigkeit der Vorlagefragen

18.      Alle Beteiligten, die beim Gerichtshof Erklärungen eingereicht haben, halten die ersten drei Fragen des vorlegenden Gerichts zur Auslegung von Art. 124 AEUV für unzulässig, da diese Bestimmung des Primärrechts in keiner Beziehung zum Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits stehe und im Ausgangsverfahren keine Anwendung finden könne.

19.      Art. 124 AEUV, der zu dem die Wirtschaftspolitik betreffenden Kapitel des Vertrags gehört, verbietet Maßnahmen, die einen bevorrechtigten Zugang der Mitgliedstaaten zu den Finanzinstituten schaffen. Mit dieser Vorschrift, die den öffentlichen Sektor bei seinen Finanzierungsgeschäften der Disziplin der Marktmechanismen unterwirft und somit hilft, die Haushaltsdisziplin zu stärken(7), wird zusammen mit den Art. 123 AEUV und 125 AEUV ein Ziel präventiver Art verfolgt, das – wie der Gerichtshof bereits hervorgehoben hat – dazu dient, die Gefahr von Staatsverschuldungskrisen so weit wie möglich zu verringern(8).

20.      In Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3604/93 wird der Begriff „Maßnahmen, die einen bevorrechtigen Zugang schaffen“ definiert als Gesetze, Rechtsvorschriften oder sonstige zwingende Rechtsakte, die in Ausübung der öffentlichen Gewalt erlassen werden und Finanzinstitute dazu verpflichten, Forderungen u. a. gegenüber Zentralregierungen, regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften, anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstigen Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlichen Unternehmen der Mitgliedstaaten zu erwerben oder zu halten, oder Steuervergünstigungen, die nur Finanzinstituten zugutekommen können, oder finanzielle Vergünstigungen, die mit den Grundsätzen der Marktwirtschaft nicht in Einklang stehen, gewähren, um den Erwerb oder Besitz solcher Forderungen durch diese Institute zu fördern.

21.      Es liegt auf der Hand, dass der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und genauer gesagt der Zugang der CNAS zu den von der ANAF erhobenen Daten nicht als ein „bevorrechtigter Zugang“ zu „Finanzinstituten“(9) eingestuft werden kann, von dem im Übrigen in der Vorlageentscheidung überhaupt keine Rede ist.

22.      Art. 124 AEUV kann daher offenkundig auf den Ausgangsrechtsstreit keine Anwendung finden, so dass die ersten drei Fragen des vorlegenden Gerichts als unzulässig zurückzuweisen sind.

23.      Im Übrigen ist zur vierten Frage des vorlegenden Gerichts festzustellen, dass sie sehr allgemein formuliert ist, dass die unionsrechtlichen Bestimmungen, um deren Auslegung für die Zwecke der Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits ersucht wird, darin nicht genannt werden und dass sie nur eine knappe Darstellung des rechtlichen und tatsächlichen Rahmens des Ausgangsrechtsstreits enthält, so dass auch bei ihr die Zurückweisung als unzulässig in Betracht gezogen werden könnte.

24.      Die rumänische Regierung hat insoweit vorgetragen, sie sehe keinen Zusammenhang zwischen dem von den Klägern des Ausgangsverfahrens geltend gemachten Schaden infolge der Verarbeitung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Daten und der von ihnen im Rahmen des Ausgangsverfahrens begehrten Nichtigerklärung der Verwaltungsakte.

25.      Es trifft zwar zu, dass – wie eine inhaltliche Prüfung der vierten Vorlagefrage ergibt – die vom vorlegenden Gericht erwähnten Vermögensschäden, die den von der Übermittlung Betroffenen rückwirkend entstanden sein sollen, für die Prüfung der Vereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften mit den Vorgaben der Richtlinie 95/46 irrelevant sind.

26.      Aus der Vorlageentscheidung geht jedoch klar hervor, dass die vierte Frage die Auslegung von Bestimmungen der Richtlinie 95/46 betrifft. Das vorlegende Gericht führt nämlich aus, dass es sich zum einen die Frage stelle – wobei es implizit auf die von Art. 11 der Richtlinie 95/46 erfasste Fallgestaltung Bezug nimmt –, ob die von der CNAS vorgenommene Verarbeitung der von der ANAF erhobenen personenbezogenen Daten unter Einhaltung der ihr obliegenden Unterrichtungspflichten erfolgt sei. Zum anderen wirft es die Frage auf, ob die Übermittlung der Daten auf der Grundlage des Protokolls vom 26. Oktober 2007 einen Verstoß gegen die dem Mitgliedstaat obliegende Verpflichtung darstelle, die Verarbeitung personenbezogener Daten in Einklang mit den Bestimmungen der Richtlinie 95/46 zu gewährleisten, wobei es, wiederum implizit, auf deren Art. 13 verweist, der Einschränkungen der von der Richtlinie gewährten Rechte erlaubt, soweit sie durch Gesetz vorgesehen und mit gesetzlichen Garantien versehen sind.

27.      Die Ausführungen des vorlegenden Gerichts dazu, welche Fragen sich ihm stellen, ermöglichen es somit, die durch den Ausgangsrechtsstreit aufgeworfene Frage nach der Auslegung der Richtlinie 95/46 hinreichend zu konkretisieren.

28.      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach gefestigter Rechtsprechung eine Antwort auf eine Vorlagefrage nur abgelehnt werden darf, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind(10).

29.      Demzufolge bin ich der Ansicht, dass die vierte vom vorlegenden Gericht gestellte Frage zulässig ist und geprüft werden muss.

V –    Zur vierten Frage

30.      Die vierte Vorlagefrage ist im Licht der Erläuterungen in der Vorlageentscheidung und der vorstehenden Ausführungen so zu verstehen, dass das vorlegende Gericht wissen möchte, ob die Richtlinie 95/46 dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, die es einer öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaats ermöglicht, personenbezogene Daten, deren Adressat sie nicht war, und namentlich Daten in Bezug auf die Einkünfte der betroffenen Personen zu verarbeiten, ohne dass Letztere hierzu ihre Einwilligung gegeben haben oder zuvor unterrichtet wurden.

A –    Zusammenfassung der beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen

31.      Die Kläger des Ausgangsverfahrens haben in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, das vorlegende Gericht habe im Wesentlichen feststellen wollen, inwieweit die nationale Verwaltungspraxis, die sich hier im Protokoll vom 26. Oktober 2007 widerspiegele und darin bestehe, dass die ANAF die personenbezogenen Daten, einschließlich der Steuerdaten, bestimmter Kategorien von Steuerpflichtigen (Vor- und Zuname, Einkunftsarten und gezahlte Steuern) automatisch und wiederholt an die CNAS übermittele, mit den Verfahrensanforderungen der Richtlinie 95/46 vereinbar seien.

32.      In Beantwortung der vom Gerichtshof gestellten Fragen haben die Kläger des Ausgangsverfahrens die Ansicht vertreten, dass Art. 11 der Richtlinie 95/46 im Ausgangsverfahren anwendbar sei. Diese Vorschrift lege fest, welche Pflichten den für die Verarbeitung der Daten Erstverantwortlichen (die ANAF) und den dafür Zweitverantwortlichen (die CNAS) träfen, vorliegend die Pflicht, den betroffenen Personen u. a. die Identität des für die Zweitverarbeitung Verantwortlichen, den Zweck der Verarbeitung der übermittelten Daten und die übermittelten Datenkategorien mitzuteilen. Diese Pflichten träfen hauptsächlich den für die Zweitverarbeitung Verantwortlichen und müssten spätestens zum Zeitpunkt der ersten Übermittlung der Daten erfüllt sein.

33.      Sie heben insoweit hervor, das Protokoll vom 26. Oktober 2007 enthalte eine Unstimmigkeit, weil einerseits sein Art. 4 die Übermittlung des allgemeinen Datenbestands, der periodischen Änderungen unterworfen sei, vorsehe, während andererseits sein Art. 6 Abs. 1 vorschreibe, dass die Übermittlung der Daten individuell auf der Grundlage einer Niederschrift erfolgen müsse. In der tatsächlichen nationalen Praxis gebe es solche Niederschriften nicht, da die Übermittlungen automatisch unter Missachtung dieser Verfahrensanforderungen erfolgten.

34.      Im Übrigen spiele Art. 13 der Richtlinie 95/46 für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits keine Rolle, da die CNAS nicht befugt sei, die Beiträge zum Krankenversicherungsfonds festzusetzen. Die Übermittlung der Daten sei daher nur bei der kleinen Gruppe von Beitragspflichtigen notwendig, deren Beitragspflicht festgestellt worden sei und die ihr nicht freiwillig nachgekommen seien.

35.      Für den Fall, dass der Gerichtshof Art. 13 der Richtlinie 95/46 für anwendbar halten sollten, sind die Kläger des Ausgangsverfahrens der Ansicht, dass es der ANAF und der CNAS obliege, die Notwendigkeit der Übermittlung der in Rede stehenden Daten zu rechtfertigen und nachzuweisen, dass es eine Rechtsvorschrift gebe, die dies ohne Einwilligung der Betroffenen erlaube. Eine solche Rechtsvorschrift gebe es aber nicht; das Protokoll vom 26. Oktober 2007 könne sie nicht ersetzen. Da dieses Protokoll nicht im Amtsblatt veröffentlicht worden sei, entspreche es nicht den Erfordernissen der Vorhersehbarkeit und der Rechtssicherheit und könne deshalb keine Wirkung erga omnes entfalten.

36.      Die rumänische Regierung hat in ihren schriftlichen Erklärungen, denen sich die CNAS im Wesentlichen angeschlossen hat, geltend gemacht, zum einen sei die Übermittlung der Informationen über Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit zwischen der ANAF und der CNAS gesetzlich vorgesehen und notwendig gewesen, damit die CNAS ihre Funktion habe wahrnehmen können, und zum anderen sei die Verarbeitung dieser Informationen durch die CNAS im Sinne von Art. 7 der Richtlinie 95/46 zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, der sie unterlegen habe, erforderlich gewesen. Folglich bedürfe es weder einer Einwilligung der Betroffenen noch deren Unterrichtung nach Art. 10 oder Art. 11 der Richtlinie 95/46.

37.      In der mündlichen Verhandlung hat die rumänische Regierung betont, dass die Übermittlung und die Verarbeitung der streitigen personenbezogenen Daten im Rahmen von Zusammenarbeitspflichten erfolgten, die den öffentlichen Einrichtungen aufgrund des Gesetzbuchs über das Steuerverfahren, insbesondere seiner Art. 11 und 62, oblägen. Insoweit sei das Protokoll vom 26. Oktober 2007 nicht die Rechtsgrundlage dieser Pflichten, sondern regele lediglich die Modalitäten für die Übermittlung der Daten von der ANAF an die CNS. Mit diesen Verpflichtungen zur Übermittlung fiskalischer Informationen, die nur zwischen öffentlichen Einrichtungen und allein zu dem Zweck bestünden, die Höhe der geschuldeten Steuern und Beiträge, einschließlich der Krankenversicherungsbeiträge, festzulegen, werde somit das mit den Bestimmungen des Art. 13 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 95/46 anerkannte legitime Ziel des Schutzes finanzieller Interessen verfolgt. Demzufolge sei die Unterrichtung der betroffenen Personen nicht erforderlich.

38.      Die tschechische Regierung macht hauptsächlich geltend, dass die Übermittlung der streitigen Daten durch die ANAF an die CNAS aufgrund von Art. 7 Buchst. e der Richtlinie 95/46 ohne Einwilligung der betroffenen Personen und in Anwendung der in Art. 11 Abs. 2 und Art. 13 dieser Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen ohne ihre Unterrichtung erfolgen dürfe. Im Übrigen enthalte die Richtlinie keine Vorschrift, die verlange, dass die Übermittlung personenbezogener Daten zwischen öffentlichen Einrichtungen in einer Vorschrift von allgemeiner Geltung speziell vorgesehen sein müsse.

39.      Die Kommission hat in ihren schriftlichen Erklärungen zunächst hervorgehoben, dass es sich bei den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Daten um personenbezogene Daten im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46 handele, dass die beiden in Rede stehenden nationalen Einrichtungen, die ANAF und die CNAS, als für die Verarbeitung dieser Daten Verantwortliche im Sinne von Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 95/46 eingestuft werden könnten und dass sowohl die Erhebung dieser Daten als auch deren Übermittlung unter den Begriff „Verarbeitung personenbezogener Daten“ im Sinne von Art. 2 Buchst. b dieser Richtlinie fielen.

40.      In ihren schriftlichen Erklärungen hat die Kommission dem Gerichtshof außerdem vorgeschlagen, für Recht zu erkennen, dass die Art. 6 und 7 der Richtlinie 95/46 dahin auszulegen seien, dass sie der Übermittlung der Daten in Bezug auf die Einkünfte, um die es im Ausgangsverfahren gehe, nicht entgegenstünden, sofern die Übermittlung auf der Grundlage gesetzlicher Bestimmungen erfolge, die klar und bestimmt seien und deren Anwendung für die Betroffenen vorhersehbar sei, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts sei.

41.      Die Kommission hat diesen Gedankengang in der mündlichen Verhandlung bei der Beantwortung der vom Gerichtshof für diese Verhandlung gestellten Fragen weiterentwickelt. Sie hat sinngemäß geltend gemacht, dass die Voraussetzungen in Bezug auf die Einwilligung und die Unterrichtung der betroffenen Personen, von denen die Bestimmungen der Art. 7, 10, 11 und 13 der Richtlinie 95/46 die Erhebung, Übermittlung und Verarbeitung personenbezogener Daten abhängig machten, unter den Umständen des Ausgangsverfahrens nicht erfüllt seien und dass die nationale Regelung, insbesondere das zwischen der ANAF und der CNAS vereinbarte Protokoll vom 26. Oktober 2007, jedenfalls nicht die Anforderungen von Art. 13 der Richtlinie erfülle, wenn man ihn im Licht der Art. 8 und 52 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und von Art. 8 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten auslege.

42.      Die Kommission macht somit geltend, dass sich die Richtlinie 95/46 auf das Prinzip gründe, dass die von der Bearbeitung ihrer personenbezogenen Daten betroffene Person auf der Grundlage klarer, bestimmter und vorhersehbarer Rechtsvorschriften von jeder Einschränkung der ihr durch die Richtlinie 95/46 verliehenen Rechte Kenntnis haben müsse. Die Übermittlung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Daten erfolge aber auf der Grundlage eines bloßen Protokolls über die Zusammenarbeit zwischen den beiden Einrichtungen, das sich wiederum auf eine Bestimmung des Gesetzes Nr. 95/2006 stütze, die durch ihre Bezugnahme auf die zur Bestimmung der Versicherteneigenschaft erforderlichen Daten diesen Anforderungen an die Klarheit nicht genüge.

43.      Bei ihrer Prüfung der verschiedenen vom Gerichtshof zur mündlichen Beantwortung gestellten Fragen betont die Kommission, dass sowohl die ANAF als auch die CNAS den betroffenen Personen die nach den Art. 10 und 11 der Richtlinie 95/46 erforderlichen Informationen hätten zur Verfügung stellen müssen, da die rumänischen Rechtsvorschriften die für eine Ausnahme von diesen Pflichten aufgestellten Anforderungen nicht erfüllten.

44.      Sie hebt insoweit zunächst hervor, dass die rumänische Regelung offenbar nicht die Voraussetzungen von Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 95/46 erfülle, wonach dessen Abs. 1 keine Anwendung finde, wenn die nationalen Rechtsvorschriften ausdrücklich die Speicherung oder Weitergabe der Daten vorsähen; dies zu prüfen sei allerdings Sache des nationalen Gerichts.

45.      Sie betont sodann, dass jede der in den Art. 10 und 11 der Richtlinie 95/46 vorgesehenen Einschränkungen des Informationsrechts der betroffenen Person nach Art. 13 der Richtlinie in einer Rechtsvorschrift enthalten sein, eines der in dieser Bestimmung angeführten Ziele von allgemeinem Interesse verfolgen und verhältnismäßig sein müsse. In den rumänischen Rechtsvorschriften finde sich jedoch keine Vorschrift, die eine solche Ausnahme vorsehe, da die Bestimmung, die die Übermittlung der Daten von der ANAF an die CNAS vorsehe, nicht als eine Bestimmung angesehen werden könne, in der klar angegeben werde, dass die betroffenen Personen darüber nicht unterrichtet werden müssten.

46.      Insoweit könne das zwischen der ANAF und der CNAS vereinbarte Protokoll vom 26. Oktober 2007, das die Übermittlung von Informationen zwischen diesen beiden Einrichtungen regele, ohne jedoch Bestimmungen über die Unterrichtung der betroffenen Personen zu enthalten, nicht als Rechtsvorschrift im Sinne von Art. 13 der Richtlinie 95/46 angesehen werden. Es handele sich um eine schlichte bilaterale Übereinkunft, die nicht im Amtsblatt veröffentlicht worden sei, keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeuge und Dritten nicht entgegengehalten werden könne. Art. 13 der Richtlinie 95/46 spiegele insoweit die Bestimmungen von Art. 52 Abs. 1 der Charta und von Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten im speziellen Bereich des Schutzes personenbezogener Daten wider und müsse daher im Licht der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ausgelegt werden.

47.      Selbst wenn man annähme, dass die rumänischen Rechtsvorschriften die erforderliche gesetzliche Ausnahme enthielten, müsste die Beschränkung der Pflicht, die betroffenen Personen zu unterrichten, in jedem Fall dem Kriterium der Erforderlichkeit genügen und verhältnismäßig sein. Zwar könne insoweit anerkannt werden, dass das Funktionieren der öffentlichen Krankenversicherung ein Ziel von allgemeinem Interesse im Sinne des Art. 13 der Richtlinie 95/46 darstelle und dass die Übermittlung der Daten von der ANAF an die CNAS zur Erreichung dieses Ziels beitrage, doch sei schwer nachvollziehbar, weshalb es notwendig sei, auf die Unterrichtung der betroffenen Personen zu verzichten, da diese Unterrichtung die Erreichung des genannten Ziels nicht beeinträchtigen könne.

B –    Zu den einschlägigen Hauptbestimmungen der Richtlinie 95/46

48.      Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort geben zu können, ist zunächst auf die in den Art. 5 bis 7 und 10 bis 13 der Richtlinie 95/46 aufgestellten Hauptregeln einzugehen, die, soweit sie die Verarbeitung und Übermittlung personenbezogener Daten regeln, für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits relevant erscheinen.

49.      Nach Art. 5 der Richtlinie 95/46 obliegt es den Mitgliedstaaten, die Voraussetzungen, unter denen die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig ist, nach Maßgabe ihrer Art. 6 bis 21 näher zu bestimmen.

50.      Wie der Gerichtshof wiederholt ausgeführt hat, muss jede Verarbeitung personenbezogener Daten – vorbehaltlich der in Art. 13 der Richtlinie 95/46 zugelassenen Ausnahmen – den in ihrem Art. 6 aufgestellten Grundsätzen in Bezug auf die Qualität der Daten und einem der in ihrem Art. 7 enthaltenen Grundsätze in Bezug auf die Zulässigkeit der Verarbeitung von Daten genügen(11).

51.      Die Art. 6 und 7 dieser Richtlinie sehen dabei, was den vorliegenden Fall betrifft, drei erste Anforderungen für die Erhebung und die Verarbeitung personenbezogener Daten vor.

52.      Der für die Verarbeitung Verantwortliche(12) muss u. a. darauf achten, dass die personenbezogenen Daten für festgelegte, eindeutige und rechtmäßige Zwecke erhoben, nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise verarbeitet und nicht in einer mit diesen Zweckbestimmungen nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden(13).

53.      Nach Art. 7 der Richtlinie 95/46 kann eine Verarbeitung personenbezogener Daten nur dann als rechtmäßig angesehen werden und darf somit nur dann erfolgen, wenn sie einer der in diesem Artikel genannten Fallgestaltungen entspricht, u. a. – was die vorliegende Rechtssache betrifft – dann, wenn die betroffene Person ohne jeden Zweifel ihre Einwilligung dazu gegeben hat(14), wenn die Verarbeitung für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der für die Verarbeitung Verantwortliche unterliegt(15), oder wenn die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt und dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder dem Dritten, dem die Daten übermittelt werden, übertragen wurde(16).

54.      Der Gerichtshof hat entschieden, dass diese Vorschrift eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle aufstellt, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann(17). Er hat außerdem darauf hingewiesen, dass angesichts des Ziels der Richtlinie 95/46, ein gleichwertiges Schutzniveau in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten, der Begriff der Erforderlichkeit im Sinne von Art. 7 Buchst. e der Richtlinie in den einzelnen Mitgliedstaaten keinen variablen Inhalt haben kann und daher ein autonomer Begriff des Unionsrechts ist(18).

55.      Die Art. 10 und 11 der Richtlinie legen die Unterrichtungspflichten des für die Verarbeitung personenbezogener Daten Verantwortlichen fest, wobei zwischen dem Fall, dass diese Daten bei der betroffenen Person erhoben werden, und dem Fall, dass sie nicht bei der betroffenen Person erhoben werden, unterschieden wird.

56.      So sieht Art. 10 der Richtlinie 95/46 im Licht ihres 38. Erwägungsgrundes vor, dass die Personen, bei denen die Daten von dem für deren Verarbeitung Verantwortlichen erhoben wurden, in der Lage sein müssen – sofern sie nicht anderweitig unterrichtet wurden –, das Vorhandensein einer Verarbeitung zu erfahren und ordnungsgemäß und umfassend über die Erhebung informiert zu werden. Insbesondere setzt eine Verarbeitung nach Treu und Glauben voraus, dass die in Art. 10 Buchst. b und c genannten Informationen über die Zweckbestimmungen der Verarbeitung, für die die Daten bestimmt sind, sowie über die Empfänger oder Kategorien der Empfänger dieser Daten gegeben werden.

57.      Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 95/46 erfasst im Licht ihrer Erwägungsgründe 39 und 40 die Fälle, in denen die Verarbeitung Daten betrifft, die nicht bei den betroffenen Personen erhoben wurden, u. a. wenn sie rechtmäßig an einen Dritten weitergegeben wurden, obwohl ihre Weitergabe zum Zeitpunkt ihrer Erhebung nicht vorgesehen war(19). In diesen Fällen müssen die betroffenen Personen ebenfalls, sofern sie nicht anderweitig unterrichtet wurden, bei Beginn der Speicherung der Daten bzw. im Fall einer beabsichtigten Weitergabe der Daten an Dritte spätestens bei ihrer ersten Übermittlung u. a. die in Art. 11 Abs. 1 Buchst. b und c genannten Informationen über die Zweckbestimmungen der Verarbeitung, die Datenkategorien, die verarbeitet werden, sowie die Empfänger oder Kategorien der Empfänger der Daten erhalten.

58.      Nach Art. 11 Abs. 2 dieser Richtlinie finden die Bestimmungen seines Abs. 1 u. a. dann keine Anwendung, wenn die Speicherung oder Weitergabe der Daten durch Gesetz vorgesehen ist; in diesen Fällen müssen die Mitgliedstaaten geeignete Garantien vorsehen.

59.      Art. 13 („Ausnahmen und Einschränkungen“) der Richtlinie 95/46 sieht schließlich vor, dass die Mitgliedstaaten Rechtsvorschriften zur Beschränkung u. a. der in den Art. 6 Abs. 1 und 11 Abs. 1 der Richtlinie vorgesehenen Pflichten und Rechte erlassen können, sofern eine solche Beschränkung für die Wahrung höherrangiger Interessen notwendig ist, u. a. für „ein wichtiges wirtschaftliches oder finanzielles Interesse eines Mitgliedstaats oder der Europäischen Union einschließlich Währungs-, Haushalts- und Steuerangelegenheiten“(20) oder für „Kontroll-, Überwachungs- und Ordnungsfunktionen, die dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt für die unter den Buchstaben c), d) und e) [von Art. 13 Abs. 1] genannten Zwecke verbunden sind“(21).

60.      Anhand all dieser Bestimmungen ist nunmehr der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens zu prüfen.

C –    Zur Einstufung des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens anhand der Richtlinie 95/46

61.      Erstens ist festzustellen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Daten, die von der ANAF an die CNAS übermittelt wurden, personenbezogene Daten im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46 sind. Denn diese Daten, zu denen insbesondere der Vor- und Zuname der betroffenen Personen(22) sowie Informationen über ihre Einkünfte(23) gehören, sind unbestreitbar „Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person“. Ihre Übermittlung durch die ANAF und ihre Verarbeitung durch die CNAS weisen die Merkmale einer Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie auf.

62.      Im Übrigen ist unstreitig, dass der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens in den Anwendungsbereich der Richtlinie 95/46 fällt.

63.      Der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens kann zudem sowohl unter Art. 10 der Richtlinie 95/46 als auch unter ihren Art. 11 fallen. Wie sich nämlich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, hätte eine Treu und Glauben entsprechende Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Kläger des Ausgangsverfahrens durch die ANAF es gemäß Art. 10 Buchst. c der Richtlinie 95/46 erfordert, dass sie die Kläger u. a. bei der Übermittlung dieser Daten an die CNAS unterrichtet. Überdies hätte auch die von der CNAS vorgenommene Verarbeitung der von der ANAF übermittelten Daten es gemäß Art. 11 Abs. 1 Buchst. b und c der Richtlinie 95/46 erfordert, die Kläger zumindest über die Zweckbestimmungen dieser Verarbeitung sowie die verarbeiteten Datenkategorien zu unterrichten.

64.      Zweitens bezieht sich die Frage des vorlegenden Gerichts(24) nicht auf die von der ANAF vorgenommene Verarbeitung der im Ausgangsverfahren streitigen Daten, genauer gesagt auf die Voraussetzungen für die Zulässigkeit und Rechtmäßigkeit ihrer Verarbeitung im Sinne der Art. 6 und 7 der Richtlinie 95/46.

65.      Die Frage bezieht sich lediglich auf die Übermittlung der Daten einer öffentlichen Einrichtung an eine andere, genauer gesagt auf die Übermittlung der von der ANAF erhobenen Daten an die CNAS und ihre Verarbeitung durch die CNAS, wobei diese Vorgänge zum einen ohne jede Einwilligung und ohne jede Unterrichtung der betroffenen Personen stattgefunden haben sollen und zum anderen in Anwendung einer nationalen Regelung durchgeführt worden sein sollen, die nicht den Anforderungen der Richtlinie 95/46 und speziell den in ihren Art. 10 und 11 vorgesehenen Verpflichtungen zur Unterrichtung der betroffenen Personen entspreche.

66.      Die Prüfung der vierten vom vorlegenden Gericht gestellten Frage, die sich sowohl auf die Pflichten der ANAF als auch auf die der CNAS erstrecken muss, ist daher im Wesentlichen zunächst anhand der Bestimmungen der Art. 7, 10 und 11 der Richtlinie 95/46 und der darin enthaltenen Bedingungen in Bezug auf die Einwilligung und Unterrichtung der von der Verarbeitung der in Rede stehenden Daten betroffenen Personen vorzunehmen. Ihre Prüfung muss außerdem gegebenenfalls anhand der Bestimmungen des Art. 13 der Richtlinie erfolgen, der die Ausnahmen und die Einschränkungen für die u. a. in den Art. 10 und 11 Abs. 1 der Richtlinie vorgesehenen Pflichten und Rechte festlegt.

D –    Zur Einhaltung der in den Art. 10 und 11 der Richtlinie 95/46 festgelegten Anforderungen in Bezug auf die Unterrichtung der betroffenen Personen

67.      Es steht fest, dass die Kläger des Ausgangsverfahrens und –allgemeiner – diejenigen, die von der Übermittlung der von der ANAF erhobenen Daten an die CNAS und ihrer Verarbeitung durch die CNAS betroffen sind, zum einen von der ANAF nicht unter Beachtung der Vorgaben von Art. 10 der Richtlinie 95/46 von dieser Übermittlung unterrichtet wurden. Zum anderen haben die Betroffenen weder nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46 förmlich in die Verarbeitung durch die CNAS eingewilligt, noch sind sie unter Beachtung der Bestimmungen von Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie über diese Verarbeitung unterrichtet worden.

68.      In Bezug auf die Einwilligung ist klar ersichtlich, dass – wie die rumänische Regierung und die CNAS geltend gemacht haben – die Verarbeitung personenbezogener Daten von Personen mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit durch die CNAS unter Art. 7 Buchst. e der Richtlinie 95/46 fällt. Folglich war die Einwilligung dieser Personen insoweit nicht erforderlich(25).

69.      Die CNAS hat nämlich im vorliegenden Fall nach dem Gesetz Nr. 95/2006 die Pflicht, die Versicherteneigenschaft bei Personen mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit festzustellen; die Zuerkennung dieser Eigenschaft setzt voraus, dass die genannten Personen ihre Krankenversicherungsbeiträge an die Gebietskrankenkassen entrichten. Die von der CNAS vorgenommene Verarbeitung der ihr von der ANAF übermittelten personenbezogenen Daten von Personen mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit ist somit für die Feststellung der Versicherteneigenschaft der genannten Personen und letztlich für die Inanspruchnahme der sich aus dieser Eigenschaft ergebenden Rechte erforderlich. Demzufolge bedurfte es nicht der Einwilligung der Personen, die von der Verarbeitung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Daten betroffen waren.

70.      Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, sich zu vergewissern, dass die auf diese Weise übermittelten und von der CNAS verarbeiteten Daten dem Kriterium der Erforderlichkeit im Sinne dieser Vorschrift entsprechen, indem es prüft, dass sie nicht über das hinausgehen, was unbedingt erforderlich ist, damit die CNAS ihre Aufgabe erfüllen kann(26).

71.      Die Frage, auf die das Augenmerk zu richten ist, ist also im Wesentlichen die, ob die Anforderungen in Bezug auf die Unterrichtung der Personen, die von der Weitergabe personenbezogener Daten durch die ANAF und ihre Verarbeitung durch die CNAS betroffen sind, entsprechend den Vorgaben der Art. 10 und 11 der Richtlinie 95/46 eingehalten wurden.

72.      Wie bereits vorstehend dargelegt, können die Übermittlung personenbezogener Daten von Personen mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit durch die ANAF an die CNAS und die Verarbeitung dieser Daten durch die CNAS nur dann als den Anforderungen der Richtlinie 95/46 entsprechend angesehen werden, wenn die betroffenen Personen gemäß den Art. 10 und 11 Abs. 1 dieser Richtlinie davon unterrichtet wurden.

73.      Es oblag genauer gesagt dem Mitgliedstaat, die erforderlichen Maßnahmen vorzusehen, damit jede dieser zwei Einrichtungen, die beide für die Verarbeitung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Daten verantwortlich sind, den betroffenen Personen die erforderlichen Informationen übermittelt, d. h. die ANAF nach Art. 10 der Richtlinie 95/46 und die CNAS nach deren Art. 11, es sei denn, im letztgenannten Fall wäre die Speicherung oder die Weitergabe der Daten durch Gesetz vorgesehen gewesen.

74.      Insoweit ist hervorzuheben, dass – wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat – dieses Erfordernis einer Unterrichtung der von der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten betroffenen Personen, das bei jeder Verarbeitung Transparenz gewährleistet, umso wichtiger ist, als es die Voraussetzung dafür schafft, dass die Betroffenen ihr in Art. 12 der Richtlinie 95/46 geregeltes Auskunftsrecht in Bezug auf die verarbeiteten Daten und ihr in Art. 14 der Richtlinie festgelegtes Recht, der Verarbeitung der Daten zu widersprechen, ausüben können.

75.      Vorliegend steht fest, dass die Kläger des Ausgangsverfahrens von der ANAF über die Übermittlung ihrer personenbezogenen Daten an die CNAS, insbesondere der Daten in Bezug auf ihre Einkünfte, nicht förmlich und individuell unterrichtet wurden, wie es Art. 10 der Richtlinie 95/46 verlangt. Ebenso steht fest, dass die CNAS ihnen anlässlich der Speicherung der von der ANAF übermittelten Daten auch nicht die in Art. 11 Abs. 1 Buchst. a bis c der Richtlinie 95/46 genannten Informationen zur Verfügung stellte.

76.      Die rumänische Regierung hat allerdings geltend gemacht, die ANAF sei aufgrund verschiedener Bestimmungen des Gesetzbuchs über das Steuerverfahren und von Art. 315 des Gesetzes Nr. 95/2006 verpflichtet, den Gebietskrankenkassen die zur Feststellung der Versicherteneigenschaft von Personen mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit durch die CNAS erforderlichen Informationen zu übermitteln; zudem könne die Höhe der von diesen Personen geschuldeten Beiträge nur auf der Grundlage der Informationen über die genannten Einkünfte festgesetzt werden, die sich im Besitz der ANAF befänden, bei der die betreffenden Personen jährlich eine Erklärung über ihre Einkünfte abgeben müssten.

77.      Das Gesetz sehe – so die rumänische Regierung – eine Verpflichtung der CNAS zur Verarbeitung der personenbezogenen Daten von Personen mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit vor, u. a. zwecks Einleitung von Verfahren zur zwangsweisen Beitreibung nicht gezahlter Beiträge, und die ANAF habe dementsprechend die Verpflichtung, die hierfür erforderlichen Informationen in Bezug auf die Einkünfte der genannten Personen zur Verfügung zu stellen, wobei die konkreten Modalitäten der Weitergabe der in Rede stehenden Informationen zwischen den beiden nationalen Einrichtungen durch das von ihnen vereinbarte Protokoll vom 26. Oktober 2007 geregelt würden, das in Art. 315 des Gesetzes Nr. 95/2006 ausdrücklich vorgesehen sei.

78.      Hierzu ist zunächst zu bemerken, dass der Umstand, dass die Übermittlung der streitigen Daten zwischen öffentlichen Einrichtungen in Ausführung allgemeiner Pflichten zur Zusammenarbeit erfolgt, die in allgemeinen Bestimmungen des Gesetzes Nr. 95/2006 oder des Gesetzbuchs über das Steuerverfahren vorgesehen sind, als solcher den Mitgliedstaat und die betroffenen Einrichtungen nicht von den ihnen nach der Richtlinie 95/46 obliegenden Unterrichtungspflichten zu entbinden vermag.

79.      Es kann jedenfalls nicht angenommen werden, dass Art. 315 des Gesetzes Nr. 95/2006 die vorhergehende Unterrichtung der betroffenen Personen im Sinne von Art. 10 der Richtlinie 95/46 ersetzen könnte. Diese Vorschrift bezieht sich nämlich auf Informationen zur Versicherteneigenschaft, ohne in irgendeiner Weise die Einkünfte der betroffenen Personen zu erwähnen, so dass diese nicht als von der Übermittlung der Daten zu ihren Einkünften unterrichtet im Sinne von Art. 10 angesehen werden können.

80.      Die Bedeutung der Daten in Bezug auf die Einkünfte der betroffenen Personen rechtfertigt es aber bei Weitem, dass ihre Übermittlung durch die öffentliche Einrichtung, die sie erhebt, an eine andere öffentliche Einrichtung Gegenstand einer speziellen Unterrichtung unter Beachtung der Vorgaben von Art. 10 Buchst. b und c der Richtlinie 95/46 ist, was im Ausgangsverfahren nicht der Fall war.

E –    Zur Beachtung der Vorgaben des Art. 13 der Richtlinie 95/46

81.      In diesem Stadium der Prüfung des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens angelangt, bedarf somit nur noch der Prüfung, ob die unterbliebene Unterrichtung der betroffenen Personen möglicherweise in den Anwendungsbereich von Art. 13 der Richtlinie 95/46 fällt, der für die Mitgliedstaaten die Möglichkeit vorsieht, Ausnahmen und Einschränkungen hinsichtlich der Reichweite der u. a. in den Art. 10 und 11 Abs. 1 dieser Richtlinie vorgesehenen Pflichten und Rechte zu schaffen, sofern Garantien vorgesehen werden, die denen des Art. 52 Abs. 1 der Charta entsprechen(27). Diese Vorschrift setzt voraus, dass eine solche Einschränkung der Pflicht zur Unterrichtung der betroffenen Personen durch eine Rechtsvorschrift vorgesehen wird(28), dass sie durch eines der in Art. 13 der Richtlinie genannten, im Allgemeininteresse liegenden Ziele gerechtfertigt ist und dass sie in strikter Relation zu dem angestrebten Ziel steht.

82.      Vorliegend wird nicht bestritten, dass die von der ANAF vorgenommene Übermittlung der zur Feststellung der Versicherteneigenschaft von Personen mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit durch die CNAS erforderlichen Daten, wie im Übrigen auch die Verarbeitung der auf diese Weise übermittelten Informationen durch die CNAS, zur Wahrung eines wichtigen wirtschaftlichen oder finanziellen Interesses in Steuerangelegenheiten des betreffenden Mitgliedstaats im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 95/46 notwendig sein können.

83.      Weder aus der Vorlageentscheidung noch aus den schriftlichen oder mündlichen Erklärungen der rumänischen Regierung vor dem Gerichtshof geht jedoch hervor, dass die im Ausgangsverfahren einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften gesetzliche Bestimmungen einschließen, die die ANAF und/oder die CNAS eindeutig und ausdrücklich von ihren Unterrichtungspflichten entbinden.

84.      Insoweit kann dem Vorbringen der rumänischen Regierung nicht gefolgt werden, dass die gesetzlichen Vorschriften, die die ANAF verpflichteten, der CNAS die zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlichen Daten zu übermitteln, und das zwischen beiden Einrichtungen zur Durchführung dieser Übermittlung vereinbarte Protokoll vom 26. Oktober 2007 die „Rechtsvorschrift“ darstellten, die nach Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 95/46 erforderlich sei, damit die Unterrichtungspflicht der für die Verarbeitung personenbezogener Daten Verantwortlichen entfallen könne.

85.      Das Protokoll vom 26. Oktober 2007, auf das sich die rumänische Regierung beruft, entspricht nämlich – wie die Kommission hervorgehoben hat – offensichtlich nicht der ersten dieser Anforderungen, da es in keiner Hinsicht einer Rechtsvorschrift mit allgemeiner Wirkung gleichgesetzt werden kann, die ordnungsgemäß veröffentlicht wurde und den von der Übermittlung der streitigen Daten betroffenen Personen entgegengehalten werden kann.

86.      Ich bin folglich der Ansicht, dass in Beantwortung der vierten Frage des vorlegenden Gerichts für Recht zu erkennen ist, dass die Richtlinie 95/46 dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegensteht, die es einer öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaats ermöglicht, personenbezogene Daten, die ihr von einer anderen öffentlichen Einrichtung übermittelt wurden, und namentlich Daten in Bezug auf die Einkünfte der betroffenen Personen zu verarbeiten, ohne dass Letztere zuvor von dieser Übermittlung und dieser Verarbeitung unterrichtet wurden.

VI – Ergebnis

87.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die von der Curtea de Apel Cluj zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

1.      Die ersten drei Vorlagefragen zur Auslegung von Art. 124 AEUV sind unzulässig.

2.      Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegensteht, die es einer öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaats ermöglicht, personenbezogene Daten, die ihr von einer anderen öffentlichen Einrichtung übermittelt wurden, und namentlich Daten in Bezug auf die Einkünfte der betroffenen Personen zu verarbeiten, ohne dass Letztere zuvor von dieser Übermittlung und dieser Verarbeitung unterrichtet wurden.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 –      Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281, S. 31).


3 –      Casa Naţională de Asigurări de Sănătate (im Folgenden: CNAS).


4 –      Erlass zur Genehmigung der Methoden zur Ausstellung der Nachweisdokumente für den Erwerb der Eigenschaft als Versicherter oder beitragsfreier Versicherter und zur Anwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zwecks Beitreibung der dem Nationalen Einheitsfonds der sozialen Krankenversicherungen geschuldeten Beiträge.


5 –      Im Folgenden: Protokoll vom 26. Oktober 2007.


6 –      Im Folgenden ANAF.


7 –      Vgl. den ersten Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 3604/93 des Rates vom 13. Dezember 1993 zur Festlegung der Begriffsbestimmungen für die Anwendung des Verbots des bevorrechtigten Zugangs gemäß Artikel [124 AEUV] (ABl. L 332, S. 4).


8 –      Vgl. Urteile Pringle (C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 59) sowie Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 93 ff.).


9 –      Siehe hierzu die Definition von Finanzinstituten in Art. 4 der Verordnung Nr. 3604/93.


10 –      Vgl. hierzu meine Schlussanträge in der Rechtssache Delvigne (C‑650/13, EU:C:2015:363, Nr. 54).


11 –      Vgl. Urteile Österreichischer Rundfunk u. a. (C‑465/00, C‑138/01 und C‑139/01, EU:C:2003:294, Rn. 65), Huber (C‑524/06, EU:C:2008:724, Rn. 48), ASNEF und FECEMD (C‑468/10 und C‑469/10, EU:C:2011:777, Rn. 26) sowie Worten (C‑342/12, EU:C:2013:355, Rn. 33).


12 –      Vgl. Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 95/46.


13 –      Vgl. Art. 6 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 95/46.


14 –      Vgl. Art. 7 Buchst. a der Richtlinie 95/46.


15 –      Vgl. Art. 7 Buchst. c der Richtlinie 95/46.


16 –      Vgl. Art. 7 Buchst. e der Richtlinie 95/46.


17 –      Vgl. Urteil ASNEF und FECEMD (C‑468/10 und C‑469/10, EU:C:2011:777).


18 –      Vgl. Urteil Huber (C‑524/06, EU:C:2008:724, Rn. 52).


19 –      Zu dieser Vorschrift vgl. u. a. Urteile Rijkeboer (C‑553/07, EU:C:2009:293, Rn. 67 und 68), IPI (C‑473/12, EU:C:2013:715, Rn. 23, 24, 45 und 46) sowie Ryneš (C‑212/13, EU:C:2014:2428, Rn. 34).


20 –      Art. 13 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 95/46.


21 –      Art. 13 Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 95/46.


22 –      Vgl. u. a. Urteil Österreichischer Rundfunk u. a. (C‑465/00, C‑138/01 und C‑139/01, EU:C:2003:294, Rn. 64).


23 –      Vgl. u. a. Urteil Satakunnan Markkinapörssi und Satamedia (C‑73/07, EU:C:2008:727, Rn. 35).


24 –      Ebenso wenig wie im Übrigen die von den Klägern des Ausgangsverfahrens geltend gemachten Beanstandungen.


25 –      Vgl. zu diesem Aspekt u. a. die von der Artikel-29-Datenschutzgruppe am 9. April 2014 angenommene „Stellungnahme 06/2014 zum Begriff des berechtigten Interesses des für die Verarbeitung Verantwortlichen gemäß Artikel 7 der Richtlinie 95/46/EG“ (http://ec.europa.eu/justice/data-protection/article-29/documentation/opinion-recommendation/files/2014/wp217_de.pdf).


26 –      Vgl. u. a. Urteil Huber (C‑524/06, EU:C:2008:724).


27 –      Vgl. Urteil Volker und Markus Schecke und Eifert (C‑92/09 und C‑93/09, EU:C:2010:662, Rn. 65).


28 –      Vgl. hierzu meine Schlussanträge in der Rechtssache Scarlet Extended (C‑70/10, EU:C:2011:255, Nrn. 88 ff.) sowie in der Rechtssache Digital Rights Ireland u. a. (C‑293/12 und C‑594/12, EU:C:2013:845, Nrn. 108 ff.).