Language of document : ECLI:EU:C:2018:646

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

7. August 2018(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 2001/23/EG – Anwendungsbereich – Art. 1 Abs. 1 – Übergang von Unternehmen – Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer – Dienstleistungsauftrag für den Betrieb einer städtischen Musikschule – Einstellung der Tätigkeit des ersten Auftragnehmers vor dem Ende des laufenden Schuljahrs und Beauftragung eines neuen Auftragnehmers mit Beginn des darauffolgenden Schuljahrs – Art. 4 Abs. 1 – Verbot der Kündigung wegen Übergangs – Ausnahme – Kündigungen aus wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen, die Änderungen im Bereich der Beschäftigung mit sich bringen – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 47“

In der Rechtssache C‑472/16

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Superior de Justicia de Castilla y León (Obergericht von Kastilien und León, Spanien) mit Entscheidung vom 12. Mai 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 24. August 2016, in dem Verfahren

Jorge Luís Colino Sigüenza

gegen

Ayuntamiento de Valladolid,

In-Pulso Musical SC,

Miguel del Real Llorente,Administrador Concursal de Músicos y Escuela SL,

Músicos y Escuela SL,

Fondo de Garantía Salarial (Fogasa)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça, der Richter E. Levits und A. Borg Barthet (Berichterstatter), der Richterin M. Berger und des Richters F. Biltgen,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Herrn Colino Sigüenza, vertreten durch J. M. Blanco Martín, abogado,

–        der In-Pulso Musical SC, vertreten durch J. Lozano Blanco, abogado,

–        der spanischen Regierung, vertreten durch A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Rius und M. Kellerbauer als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Dezember 2017

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. 2001, L 82, S. 16) sowie von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Jorge Luís Colino Sigüenza auf der einen Seite und dem Ayuntamiento de Valladolid (Stadtverwaltung von Valladolid, Spanien), der In-Pulso Musical SC, Herrn Miguel del Real Llorente, Administrador Concursal de Músicos y Escuela SL (in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter von Músicos y Escuela), Músicos y Escuela und dem Fondo de Garantía Salarial (Fogasa) (Lohngarantiefonds [Fogasa], Spanien) auf der anderen Seite über die Rechtmäßigkeit der Kündigung, die im Rahmen eines Massenentlassungsverfahrens gegenüber Herrn Colino Sigüenza ausgesprochen wurde.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Mit der Richtlinie 2001/23 wurde die Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. 1977, L 61, S. 26) in der durch die Richtlinie 98/50/EG des Rates vom 29. Juni 1998 (ABl. 1998, L 201, S. 88) geänderten Fassung kodifiziert.

4        Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 bestimmt:

„a)      Diese Richtlinie ist auf den Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- bzw. Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung anwendbar.

b)      Vorbehaltlich Buchstabe a) und der nachstehenden Bestimmungen dieses Artikels gilt als Übergang im Sinne dieser Richtlinie der Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit.

c)      Diese Richtlinie gilt für öffentliche und private Unternehmen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, unabhängig davon, ob sie Erwerbszwecke verfolgen oder nicht. Bei der Übertragung von Aufgaben im Zuge einer Umstrukturierung von Verwaltungsbehörden oder bei der Übertragung von Verwaltungsaufgaben von einer Behörde auf eine andere handelt es sich nicht um einen Übergang im Sinne dieser Richtlinie.“

5        Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie sieht vor:

„Die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis gehen aufgrund des Übergangs auf den Erwerber über.“

6        Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2001/23 lautet:

„Der Übergang eines Unternehmens, Betriebs oder Unternehmens- bzw. Betriebsteils stellt als solcher für den Veräußerer oder den Erwerber keinen Grund zur Kündigung dar. Diese Bestimmung steht etwaigen Kündigungen aus wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen, die Änderungen im Bereich der Beschäftigung mit sich bringen, nicht entgegen.“

 Spanisches Recht

7        Die für Arbeitnehmer im Fall des Übergangs von wirtschaftlichen Einheiten geltenden Regeln sind im Real Decreto Legislativo 1/1995 por el que se aprueba el texto refundido de la Ley del Estatuto de los Trabajadores (Königliches Gesetzesdekret Nr. 1/1995 zur Billigung der Neufassung des Gesetzes über das Arbeitnehmerstatut) vom 24. März 1995 (BOE Nr. 75 vom 29. März 1995, S. 9654) in der Fassung des Gesetzes 12/2001 vom 9. Juli 2001 (BOE Nr. 164 vom 10. Juli 2001, S. 24890) (im Folgenden: Arbeitnehmerstatut) festgelegt.

8        Art. 44 Abs. 1 und 2 des Arbeitnehmerstatuts bestimmt:

„1.      Wechselt der Inhaber eines Unternehmens, einer Beschäftigungsstelle oder einer selbständigen Produktionseinheit, so führt dies nicht automatisch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern der neue Unternehmer tritt in die arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Rechte und Pflichten des früheren Unternehmers, einschließlich der Rentenverbindlichkeiten nach Maßgabe der insoweit geltenden besonderen Vorschriften sowie allgemein aller Verpflichtungen im Bereich des zusätzlichen sozialen Schutzes, die der Veräußerer eingegangen ist, ein.

2.      Für die Zwecke der vorliegenden Bestimmung gilt als Übergang eines Unternehmens die Übertragung einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt‑ oder Nebentätigkeit.“

9        Art. 51 („Massenentlassung“) des Arbeitnehmerstatuts sieht vor:

„1. Als Massenentlassung im Sinne dieses Gesetzes gilt die Beendigung von Arbeitsverträgen aus wirtschaftlichen, technischen, organisatorischen oder produktionsbedingten Gründen, wenn sich die Beendigung innerhalb eines Zeitraums von 90 Tagen mindestens auswirkt auf

a)      10 Arbeitnehmer in Unternehmen mit weniger als 100 Beschäftigten,

b)      10 % der Arbeitnehmer in Unternehmen, die zwischen 100 und 300 Arbeitnehmer beschäftigen,

c)      30 Arbeitnehmer in Unternehmen, die mehr als 300 Arbeitnehmer beschäftigen.

Wirtschaftliche Gründe liegen vor, wenn das Unternehmensergebnis eine negative wirtschaftliche Lage widerspiegelt, etwa im Fall von bereits realisierten oder zu erwartenden Verlusten oder bei einem anhaltenden Rückgang der gewöhnlichen Einnahmen oder der Umsätze. Von einem anhaltenden Rückgang ist jedenfalls dann auszugehen, wenn während drei aufeinanderfolgender Quartale das Niveau der gewöhnlichen Einnahmen oder des Umsatzes eines jeden Quartals niedriger ausfällt als das im gleichen Quartal des Vorjahrs verzeichnete Niveau.

Als Massenentlassung gilt auch die Beendigung der Arbeitsverträge der gesamten Belegschaft eines Unternehmens, sofern mehr als fünf Arbeitnehmer betroffen sind und die Entlassung aus den vorstehend bezeichneten Gründen infolge der vollständigen Aufgabe der Unternehmenstätigkeit vorgenommen wird.

2.      Der Massenentlassung müssen Konsultationen der gesetzlichen Arbeitnehmervertreter für eine Dauer von nicht mehr als 30 Kalendertagen oder – bei Unternehmen mit weniger als 50 Arbeitnehmern – 15 Kalendertagen vorausgehen.

Die Arbeitsbehörde sorgt dafür, dass die Konsultationen zielführend ablaufen. Gegebenenfalls kann sie Hinweise und Empfehlungen an die Parteien richten, die jedoch keinesfalls zu einer Unterbrechung oder Aussetzung des Verfahrens führen dürfen. Zudem kann die Arbeitsbehörde unbeschadet des vorstehenden Absatzes während des Konsultationszeitraums auf gemeinsamen Antrag der Parteien Mediationsmaßnahmen ergreifen, die im Hinblick auf die Lösung der durch die Massenentlassung aufgeworfenen Probleme geeignet erscheinen. Zum selben Zweck kann sie auch auf Antrag einer Partei oder von sich aus unterstützend tätig werden.

Nach Ablauf des Konsultationszeitraums teilt der Arbeitgeber das Ergebnis der Arbeitsbehörde mit. Ist eine Vereinbarung zustande gekommen, übermittelt er eine vollständige Kopie dieser Vereinbarung. Andernfalls übergibt er den Arbeitnehmervertretern und der Arbeitsbehörde seine endgültige Entscheidung über die Massenentlassung und deren Bedingungen.

4.      Sobald die Entscheidung den Arbeitnehmervertretern übermittelt ist, kann der Arbeitgeber die einzelnen betroffenen Arbeitnehmer unter den in Art. 53 Abs. 1 des vorliegenden Gesetzes aufgeführten Bedingungen über ihre Kündigungen informieren. In jedem Fall müssen zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die Arbeitsbehörde von der Eröffnung des Konsultationszeitraums verständigt wurde, und dem Zeitpunkt, zu dem die Kündigung wirksam wird, zumindest 30 Tage verstrichen sein.

6.      Die Entscheidung des Arbeitgebers kann mit den für die Kündigung vorgesehenen Rechtsbehelfen angefochten werden. Reichen die Arbeitnehmervertreter eine Klage ein, wird das Verfahren über die Individualklagen bis zur Entscheidung über die Klage der Arbeitnehmervertreter ausgesetzt.“

10      Die Massenentlassung ist in Art. 124 der Ley 36/2011 reguladora de la jurisdicción social (Gesetz 36/2011 über die Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit) vom 10. Oktober 2011 (BOE Nr. 245 vom 11. Oktober 2011, S. 106584) geregelt. In der ab dem 15. Juli 2012 anwendbaren Fassung dieses Artikels („Kündigungen aus wirtschaftlichen, organisatorischen, technischen, produktionsbedingten oder auf höherer Gewalt beruhenden Gründen“) heißt es:

„1.      Die Entscheidung des Arbeitgebers kann von den Arbeitnehmervertretern im Wege des in den nachstehenden Absätzen niedergelegten Verfahrens angefochten werden. Wird die Klage von Gewerkschaftsvertretern erhoben, müssen diese am Massenentlassungsverfahren in hinreichendem Umfang teilgenommen haben.

2.      Die Klage kann auf folgende Gründe gestützt werden:

a)      Nichtvorliegen des in der schriftlichen Mitteilung angeführten gesetzlichen Grundes;

b)      Nichteinhaltung des Konsultationszeitraums, Nichtaushändigung der in Art. 51 Abs. 2 des Arbeitnehmerstatuts vorgesehenen Dokumente, Nichteinhaltung des in Art. 51 Abs. 7 des Arbeitnehmerstatuts vorgesehenen Verfahrens;

c)      Zustandekommen der Entlassungsentscheidung durch Betrug, Arglist, Zwang oder Rechtsmissbrauch;

d)      Zustandekommen der Entlassungsentscheidung unter Verstoß gegen Grundrechte und bürgerliche Freiheiten.

Klagen, die darauf gestützt sind, dass gesetzlich, tarifvertraglich oder in der während des Konsultationszeitraums geschlossenen Vereinbarung vorgesehene Regeln über die vorrangige Weiterbeschäftigung nicht angewandt wurden, können keinesfalls Gegenstand dieses Verfahrens sein. Derartige Klagen sind im Rahmen des in Abs. 11 dieses Artikels vorgesehenen Individualverfahrens zu stellen.

6.      Die Klage ist innerhalb einer Präklusionsfrist von 20 Tagen ab dem Zeitpunkt zu erheben, zu dem die während des Konsultationszeitraums zustande gekommene Vereinbarung geschlossen oder die Massenentlassungsentscheidung des Arbeitgebers den Arbeitnehmervertretern übermittelt wurde.

9.      Sobald die Klage für zulässig erklärt wurde, übersendet die Kanzlei sie dem beklagten Arbeitgeber und fordert ihn auf, die Dokumente und Protokolle des Konsultationszeitraums sowie die an die Arbeitsbehörde erfolgte Mitteilung des Ergebnisses des Konsultationszeitraums innerhalb von fünf Tagen, vorzugsweise auf einem elektronischen Datenträger, vorzulegen.

In der vorstehend genannten Aufforderung setzt die Kanzlei dem Arbeitgeber eine Frist von fünf Tagen, innerhalb deren er die von der Massenentlassung betroffenen Arbeitnehmer über die Klage der Arbeitnehmervertreter zu unterrichten hat, damit die betroffenen Arbeitnehmer dem Gericht binnen 15 Tagen eine Anschrift für die Zustellung des Urteils bekannt geben.

11.      Das Urteil ergeht innerhalb von fünf Tagen nach der mündlichen Verhandlung und kann mit einem Rechtsmittel angefochten werden.

Die Entscheidung über die Entlassung wird für gültig erklärt, wenn der Arbeitgeber gemäß Art. 51 Abs. 2 oder 7 des Arbeitnehmerstatuts nachweist, dass der geltend gemachte gesetzliche Grund vorliegt.

Weist der Arbeitgeber nicht nach, dass der im Entlassungsschreiben angeführte gesetzliche Grund vorliegt, wird im Urteil festgestellt, dass die Entscheidung über die Entlassung ungültig ist.

12.      Sobald das Urteil rechtskräftig geworden ist, wird es den Parteien und den von der Massenentlassung betroffenen Arbeitnehmern, die dem Gericht für die in Abs. 13 Buchst. b des vorliegenden Artikels vorgesehenen Zwecke eine Zustellungsanschrift bekannt gegeben haben, zugestellt.

Das rechtskräftige Urteil wird der Arbeitsbehörde, der Arbeitslosenkasse und der Sozialversicherungsbehörde, sofern sie nicht Parteien des Verfahrens waren, zur Kenntnisnahme zugestellt.

13.      Auf das Verfahren über die Kündigungsschutzklage eines Einzelnen vor dem Juzgado de lo Social (Gericht für Sozial- und Arbeitssachen, Spanien) sind die Art. 120 bis 123 dieses Gesetzes mit den folgenden Besonderheiten anzuwenden:

a)      Geht es um die Vorzugsbehandlung bestimmter Arbeitnehmer, ist die Klage auch gegen diese zu richten.

Die Klage ist auch gegen die Arbeitnehmervertreter zu richten, wenn die Maßnahme mit ihrer Zustimmung ergriffen wurde, soweit diejenigen, die die Vereinbarung nicht unterzeichnet haben, die Entlassungsentscheidung nicht nach den vorstehenden Absätzen angefochten haben.

b)      Erheben die Arbeitnehmervertreter nach Eröffnung des Verfahrens über die Individualklage gemäß den vorstehenden Absätzen eine Klage gegen die Entscheidung des Arbeitgebers, wird das Verfahren über die Individualklage bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage der Arbeitnehmervertreter ausgesetzt. Diese Entscheidung entfaltet Rechtskraft auch für das Individualverfahren gemäß Art. 160 Abs. 5 dieses Gesetzes.

c)      Außer den in Art. 122 Abs. 2 dieses Gesetzes genannten Gründen ist die Entlassung nichtig, wenn der Arbeitgeber nicht den Konsultationszeitraum eröffnet, die in Art. 51 Abs. 2 des Arbeitnehmerstatuts vorgesehenen Dokumente nicht eingereicht, das in Art. 51 Abs. 7 des Arbeitnehmerstatuts vorgesehene Verfahren nicht eingehalten oder, in den Fällen, in denen dies gesetzlich vorgeschrieben ist, nicht die gerichtliche Genehmigung des Insolvenzgerichts eingeholt hat.

Die Vertragsbeendigung ist ebenfalls nichtig, wenn der Arbeitgeber dabei die Regeln über die vorrangige Weiterbeschäftigung missachtet, die gesetzlich, tarifvertraglich oder in einer während des Konsultationszeitraums zustande gekommenen Vereinbarung festgelegt sein können. Die Nichtigkeit erfasst nicht Vertragsbeendigungen, bei denen im Rahmen derselben Massenentlassung die Regeln über die vorrangige Weiterbeschäftigung beachtet wurden.“

11      Art. 160 Abs. 5 dieses Gesetzes lautet:

,,Das rechtskräftige Urteil entfaltet materielle Rechtskraft in Bezug auf Individualklagen, die bei den Arbeits- und Sozialgerichten oder den Verwaltungsgerichten erhoben worden sind oder erhoben werden können und denselben Streitgegenstand haben oder damit unmittelbar verbunden sind. Hinsichtlich dieser Klagen ist das Verfahren bis zur Entscheidung über die kollektive Klage auszusetzen. Ein Aussetzungsbeschluss ist auch dann zu erlassen, wenn bereits ein erstinstanzliches Urteil ergangen und Berufung oder Revision anhängig ist. Das befasste Gericht ist auch dann an das im Kollektivverfahren ergangene Urteil gebunden, wenn im Revisionsverfahren zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung vor dem Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) nicht gerügt wurde, dass es sich um ein anderen Urteilen widersprechendes Urteil handelt.“

 Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

12      Herr Colino Sigüenza war seit dem 11. November 1996 bei der städtischen Musikschule von Valladolid (Spanien) als Musiklehrer beschäftigt. Diese Musikschule wurde zunächst unmittelbar von der Stadtverwaltung von Valladolid betrieben, weshalb sie es war, die Herrn Colino Sigüenza ursprünglich eingestellt hatte.

13      Im Jahr 1997 beendete die Stadtverwaltung von Valladolid den Eigenbetrieb der Musikschule und schrieb seither die Erbringung dieser Dienstleistung regelmäßig aus. Von diesem Zeitpunkt an bis zum 31. August 2013 erhielt stets Músicos y Escuela den Zuschlag. Sie führte die Tätigkeit der Musikschule fort, indem sie die Verwaltung der Räumlichkeiten, des Mobiliars und der für die Erbringung der Dienstleistung benötigten Instrumente übernahm. Músicos y Escuela übernahm auch einen Teil der Arbeitnehmer, die von der Stadtverwaltung von Valladolid eingestellt worden waren, darunter Herrn Colino Sigüenza. Die Tätigkeit von Músicos y Escuela wurde weiterhin als eine Dienstleistung wahrgenommen, die den Bürgern von der Stadtverwaltung von Valladolid als städtische Musikschule angeboten wurde.

14      Wegen des Rückgangs der Schülerzahl der städtischen Musikschule von Valladolid im Schuljahr 2012/2013 ergab sich ein Missverhältnis zwischen den von den Schülern für diese Dienstleistung gezahlten Beträgen und der Vergütung, die die Stadtverwaltung von Valladolid nach dem mit Músicos y Escuela geschlossenen Vertrag dieser schuldete. Músicos y Escuela forderte daher von der Stadtverwaltung von Valladolid einen Betrag von 58 403,73 Euro für das erste Trimester dieses Schuljahrs und einen Betrag von 48 592,74 Euro für das zweite Trimester dieses Schuljahrs.

15      Da sich die Stadtverwaltung von Valladolid weigerte, diese Beträge zu zahlen, verlangte Músicos y Escuela am 19. Februar 2013 die Auflösung des Vertrags über die Vergabe dieser Dienstleistung wegen Nichterfüllung seitens der Stadtverwaltung und forderte einen entsprechenden Schadensersatz. Daraufhin löste die Stadtverwaltung von Valladolid im August 2013 den Vertrag wegen Nichterfüllung auf, da Músicos y Escuela ihre Tätigkeit vor dem vereinbarten Vertragsende eingestellt habe. Die Rechtssache wurde vor die Sala de lo Contencioso-Administrativo du Tribunal Superior de Justicia de Castilla y León (Kammer für Arbeits- und Sozialfragen des Obergerichts von Kastilien und León, Spanien) gebracht, die mit verschiedenen rechtskräftigen Urteilen in den Jahren 2014 und 2015 einerseits entschied, dass die Stadtverwaltung von Valladolid gegen den mit Músicos y Escuela geschlossenen Vertrag verstoßen habe, weil dieser eine von der Zahl der eingeschriebenen Schüler unabhängige Einnahmengarantie vorgesehen habe, und dass die Stadtverwaltung dadurch, dass sie die Einnahmengarantie nicht beachtet habe, selbst die Fortführung der Tätigkeit von Músicos y Escuela behindert habe, was folglich die Auflösung des Vertrags wegen Nichterfüllung seitens der Stadtverwaltung von Valladolid rechtfertige. Andererseits wurde der Schadensersatzantrag von Músicos y Escuela zurückgewiesen, da sie ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen sei, weil sie einseitig entschieden habe, ihre Tätigkeit ab dem 31. März 2013 einzustellen.

16      Zwischenzeitlich leitete Músicos y Escuela am 4. März 2013 die Phase der Verhandlungen und Konsultationen ein, die erforderlich war, um in Anbetracht der durch den Streit mit der Stadtverwaltung von Valladolid entstandenen wirtschaftlichen Situation die gesamte Belegschaft entlassen zu können. Da mit den Arbeitnehmervertretern keine Einigung erzielt werden konnte, beschloss Músicos y Escuela am 27. März 2013, die gesamte Belegschaft kollektiv zu entlassen.

17      Am 31. März 2013, also einige Monate vor dem Ende des laufenden Schuljahrs, stellte Músicos y Escuela ihre Tätigkeit ein und gab am 1. April der Stadtverwaltung von Valladolid die Räumlichkeiten, Instrumente und Sachmittel zurück, die für den Betrieb der von ihr geführten städtischen Musikschule von Valladolid bestimmt waren. Mit Schreiben vom 4. April 2013 kündigte sie ihrer gesamten Belegschaft, einschließlich Herrn Colino Sigüenza, mit Wirkung vom 8. April 2013. Músicos y Escuela wurde am 30. Juli 2013 für insolvent erklärt.

18      Die Arbeitnehmervertreter von Músicos y Escuela, denen nach dem Gesetz über die Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit das alleinige Recht zur Erhebung einer Klage im Rahmen einer Massenentlassung zustand, fochten die Massenentlassungsentscheidung vor der Sala de lo Social de Valladolid des Tribunal Superior de Justicia de Castilla y León (Kammer für Arbeits- und Sozialfragen des Obergerichts von Kastilien und León) an, die die Klage mit Entscheidung vom 19. Juni 2013 abwies.

19      Die Arbeitnehmervertreter legten gegen diese Entscheidung beim Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) Berufung ein, die mit Urteil vom 17. November 2014 ebenfalls verworfen wurde. Dieses Urteil wurde rechtskräftig.

20      Zwischenzeitlich, im August 2013, vergab die Stadtverwaltung von Valladolid den Auftrag für den Betrieb der städtischen Musikschule von Valladolid an In-Pulso Musical und übertrug dieser, so wie sie es bei Músicos y Escuela getan hatte, die Nutzung der insoweit erforderlichen Räumlichkeiten, Instrumente und Betriebsmittel. In-Pulso Musical nahm ihre Tätigkeit im September 2013 für das Schuljahr 2013/2014 auf. In einem neuen Ausschreibungsverfahren vergab die Stadtverwaltung von Valladolid den Auftrag wiederum an In-Pulso Musical für die Schuljahre 2014/2015 und 2015/2016. In-Pulso Musical stellte keinen der Arbeitnehmer ein, die zuvor bei der städtischen Musikschule von Valladolid beschäftigt waren und von Músicos y Escuela kollektiv entlassen worden waren.

21      Herr Colino Sigüenza wandte sich mit einer gegen Músicos y Escuela, gegen die Stadtverwaltung von Valladolid und gegen In-Pulso Musical gerichteten individuellen Kündigungsschutzklage an den Juzgado de lo Social n° 4 de Valladolid (Arbeits- und Sozialgericht Nr. 4 von Valladolid, Spanien).

22      Mit Urteil vom 30. September 2015 wies dieses Gericht die Klage mit der Begründung ab, dass es in seiner Entscheidung über die vom Kläger erhobene individuelle Kündigungsschutzklage durch die Rechtskraft des Urteils des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) vom 17. November 2014, mit dem die Klage der Arbeitnehmervertreter gegen die Massenentlassung abgewiesen worden war, gebunden sei, auch wenn der Kläger in dem Verfahren, in dem dieses Urteil ergangen sei, keine individuelle Parteistellung gehabt habe. Zudem sei In-Pulso Musical nicht Músicos y Escuela als Arbeitgeberin von Herrn Colino Sigüenza nachgefolgt, weil zwischen dessen Entlassung und der Wiederaufnahme des Betriebs der städtischen Musikschule von Valladolid durch In-Pulso Musical fast fünf Monate verstrichen seien.

23      Herr Colino Sigüenza focht diese Entscheidung vor dem vorlegenden Gericht, dem Tribunal Superior de Justicia de Castilla y León (Obergericht von Kastilien und León, Spanien), an.

24      Zur Stützung seines Rechtsmittels macht er zum einen geltend, dass sich die Rechtskraftwirkung des Urteils des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) vom 17. November 2014, mit dem das Rechtsmittel gegen die Massenentlassung abgewiesen worden war, nicht individuell auf ihn erstrecken könne, weil er nicht Partei dieses Verfahrens gewesen sei. Durch eine solche Erweiterung der Rechtskraftwirkung werde das ihm in Art. 47 der Charta eingeräumte Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf verletzt. Zum anderen habe im vorliegenden Fall ein Unternehmensübergang auf In-Pulso Musical stattgefunden; dieser Vorgang könne somit keine Rechtfertigung für die Beendigung seines Arbeitsvertrags bilden.

25      Dem Tribunal Superior de Justicia de Castilla y León (Obergericht von Kastilien und León) stellt sich daher zum einen die Frage, ob der Umstand, dass Músicos y Escuela die Erbringung ihrer Dienstleistungen zwischen dem 1. April 2013 und Anfang September 2013, dem Zeitpunkt, zu dem In-Pulso Musical den Betrieb der städtischen Musikschule von Valladolid wieder aufgenommen hat, vorübergehend unterbrochen hatte, der Feststellung entgegensteht, dass es sich um einen „Übergang“ eines Unternehmens oder eines Betriebs im Sinne von Art. 1 der Richtlinie 2001/23 handelt, und zum anderen, ob die Anwendung der nationalen Rechtsvorschriften über die Rechtskraft unter Umständen wie den hier vorliegenden dazu führt, dass Herr Colino Sigüenza in seinem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf verletzt wird.

26      Das Tribunal Superior de Justicia de Castilla y León (Obergericht von Kastilien und León) hat deshalb beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Liegt ein Übergang im Sinne der Richtlinie 2001/23 vor, wenn der Inhaber einer Konzession für eine kommunale Musikschule, dem die Kommune sämtliche Sachmittel (Räumlichkeiten, Instrumente, Unterrichtssäle und Mobiliar) zur Verfügung stellt, der eigenes Personal beschäftigt und seine Dienstleistungen nach Schuljahren erbringt, am 1. April 2013 – zwei Monate vor dem Ende des Schuljahrs – die Tätigkeit einstellt und sämtliche Sachmittel an die Kommune zurückgibt, die die Tätigkeit nicht selbst fortführt, um das Schuljahr 2012/2013 zu beenden, sondern einen neuen Auftrag an einen neuen Auftragnehmer vergibt, der die Tätigkeit im September 2013 mit Beginn des neuen Schuljahrs 2013/2014 wieder aufnimmt und dem sie hierzu die notwendigen Sachmittel (Räumlichkeiten, Instrumente, Unterrichtssäle, Mobiliar) überlässt, über die zuvor der frühere Auftragnehmer verfügte?

2.      Bei Bejahung der vorstehenden Frage: Ist Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 unter den dargestellten Umständen, d. h., wenn der erste Auftragnehmer aufgrund der Pflichtverletzung des Auftraggebers (Kommune) gezwungen ist, seine Tätigkeit einzustellen und die gesamte Belegschaft zu entlassen, und der Auftraggeber gleich darauf die Sachmittel einem zweiten Auftragnehmer überlässt, der dieselbe Tätigkeit fortführt, dahin auszulegen, dass die Kündigung der Arbeitnehmer des ersten Auftragnehmers aus „wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen, die Änderungen im Bereich der Beschäftigung mit sich bringen“ erfolgt ist, oder dass der – nach diesem Artikel nicht zulässige – Kündigungsgrund vielmehr der „Übergang eines Unternehmens, Betriebs oder Unternehmens- bzw. Betriebsteils“ war?

3.      Sollte die vorstehende Frage dahin beantwortet werden, dass der Übergang der – nach der Richtlinie 2001/23 nicht zulässige – Kündigungsgrund war: Ist Art. 47 der Charta dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die einen Einzelrichter oder ein Kollegialgericht daran hindert, über das Vorbringen eines Arbeitnehmers, der seine im Rahmen einer Massenentlassung erfolgte Kündigung in einem individuellen Verfahren anficht, um die Rechte aus der Richtlinie 2001/23 und der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (ABl. 1998, L 225, S. 16) geltend zu machen, in der Sache zu entscheiden, weil zuvor ein rechtskräftiges Urteil über die Massenentlassung in einem Verfahren ergangen ist, bei dem der Arbeitnehmer nicht Partei sein konnte, an dem sich aber die im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften und/oder die gesetzlichen Kollektivvertreter der Arbeitnehmer beteiligt haben oder beteiligen konnten?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

27      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 dahin auszulegen ist, dass ein Fall wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende, in dem der Auftragnehmer eines Dienstleistungsauftrags für den Betrieb einer städtischen Musikschule, dem die Stadtverwaltung sämtliche für die Ausübung dieser Tätigkeit notwendigen Betriebsmittel zur Verfügung gestellt hat, diese Tätigkeit zwei Monate vor dem Ende des laufenden Schuljahrs einstellt, die Belegschaft entlässt und die ihm zur Verfügung gestellten Betriebsmittel an die Stadtverwaltung zurückgibt, die erst für das darauffolgende Schuljahr einen neuen Auftrag vergibt und dem neuen Auftragnehmer dieselben Betriebsmittel überlässt, in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen kann.

28      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof entschieden hat, dass sich der Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/23 auf alle Fälle erstreckt, in denen im Rahmen vertraglicher Beziehungen die natürliche oder juristische Person, die für den Betrieb des Unternehmens verantwortlich ist und insoweit gegenüber den in dem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmern die Arbeitgeberverpflichtungen eingeht, wechselt, ohne dass es darauf ankommt, ob das Eigentum an den Betriebsmitteln übertragen worden ist (Urteil vom 26. November 2015, Aira Pascual und Algeposa Terminales Ferroviarios, C‑509/14, EU:C:2015:781, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs soll die Richtlinie 2001/23 die Kontinuität der im Rahmen einer wirtschaftlichen Einheit bestehenden Arbeitsverhältnisse unabhängig von einem Inhaberwechsel gewährleisten. Entscheidend für einen Übergang im Sinne der Richtlinie ist daher, dass die betreffende Einheit ihre Identität bewahrt, was namentlich dann zu bejahen ist, wenn der Betrieb tatsächlich weitergeführt oder wieder aufgenommen wird (Urteil vom 9. September 2015, Ferreira da Silva e Brito u. a., C‑160/14, EU:C:2015:565, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Für die Feststellung, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der Übergang oder Nichtübergang der materiellen Aktiva wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva zum Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme oder Nichtübernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der Übergang oder Nichtübergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen der vor und der nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und können deshalb nicht isoliert beurteilt werden (Urteil vom 9. September 2015, Ferreira da Silva e Brito u. a., C‑160/14, EU:C:2015:565, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Der Gerichtshof hat insbesondere darauf hingewiesen, dass den verschiedenen Kriterien notwendigerweise je nach der ausgeübten Tätigkeit und selbst nach den Produktions- oder Betriebsmethoden, die in dem betreffenden Unternehmen, Betrieb oder Betriebsteil angewendet werden, unterschiedliches Gewicht zukommt (Urteil vom 9. September 2015, Ferreira da Silva e Brito u. a., C‑160/14, EU:C:2015:565, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass in Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, eine wirtschaftliche Einheit ihre Identität nicht wahren kann, wenn ihre Hauptbelegschaft vom angeblichen Erwerber nicht übernommen wird (Urteil vom 26. November 2015, Aira Pascual und Algeposa Terminales Ferroviarios, C‑509/14, EU:C:2015:781, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Dagegen lässt sich in Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die Ausrüstung ankommt, der Übergang einer ihre Identität bewahrenden Einheit im Sinne der Richtlinie 2001/23 nicht schon deshalb ausschließen, weil der neue Unternehmer nicht das Personal übernommen hat, das sein Vorgänger für die Durchführung derselben Tätigkeit eingesetzt hatte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. November 2015, Aira Pascual und Algeposa Terminales Ferroviarios, C‑509/14, EU:C:2015:781, Rn. 41).

34      Die Vorlagefrage ist – unter Berücksichtigung der vom nationalen Gericht in der Vorlageentscheidung angeführten wesentlichen Tatsachen – insbesondere im Lichte dieser Maßgaben der Rechtsprechung zu beurteilen.

35      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass in einem Fall wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden die Betriebsmittel, wie die Musikinstrumente, die Einrichtungen und die Räumlichkeiten, offenbar unabdingbar für die Ausübung der fraglichen wirtschaftlichen Tätigkeit sind, bei der es sich um den Betrieb einer Musikschule handelt. Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die Stadtverwaltung von Valladolid sämtliche Betriebsmittel, die sie dem früheren Auftragnehmer überlassen hatte, dem neuen Auftragnehmer zur Verfügung gestellt hat.

36      Da die im Ausgangsverfahren fragliche wirtschaftliche Tätigkeit keine Tätigkeit, bei der es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, zu sein scheint, weil sie eine umfangreiche Ausrüstung erfordert, lässt sich ferner aus dem Umstand, dass In-Pulso Musical die Belegschaft von Músicos y Escuela nicht übernommen hat, allein nicht schließen, dass kein Unternehmensübergang im Sinne der Richtlinie 2001/23 vorliegt.

37      Was sodann den Umstand betrifft, dass die für die Ausübung der im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden Tätigkeit unabdingbaren Betriebsmittel stets im Eigentum der Stadtverwaltung von Valladolid gestanden haben, ist darauf hinzuweisen, dass es, wie sich aus Rn. 28 des vorliegenden Urteils ergibt, für die Zwecke der Anwendung der Richtlinie 2001/23 nicht darauf ankommt, ob das Eigentum an den Betriebsmitteln übertragen wird.

38      Hierzu hat der Gerichtshof insbesondere entschieden, dass der Umstand, dass die von dem neuen Unternehmer übernommenen Betriebsmittel nicht seinem Vorgänger gehörten, sondern vom Auftraggeber lediglich zur Verfügung gestellt wurden, nicht zum Ausschluss eines Unternehmensübergangs im Sinne dieser Richtlinie führen kann (Urteil vom 26. November 2015, Aira Pascual und Algeposa Terminales Ferroviarios, C‑509/14, EU:C:2015:781, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Daraus folgt, dass eine Auslegung von Art. 1 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2001/23, die eine Situation, in der die für die Abwicklung der in Rede stehenden Tätigkeit unabdingbaren materiellen Betriebsmittel ununterbrochen im Eigentum des Übergebers (der Stadtverwaltung von Valladolid) standen, vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausschlösse, dieser Richtlinie einen Teil ihrer praktischen Wirksamkeit nehmen würde (vgl. Urteil vom 26. November 2015, Aira Pascual und Algeposa Terminales Ferroviarios, C‑509/14, EU:C:2015:781, Rn. 40).

40      Schließlich sprechen weitere dem Gerichtshof vorliegende Angaben im Hinblick auf die in Rn. 30 des vorliegenden Urteils aufgeführten Kriterien dafür, dass es sich im Ausgangsrechtsstreit um einen Unternehmensübergang im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 handelt, und zwar der Umstand, dass In-Pulso Musical die Schüler von Músicos y Escuela übernommen hat, und der Umstand, dass sie die von Músicos y Escuela bis zum 1. April 2013 erbrachten Dienstleistungen ab September 2013 fortgeführt hat.

41      Überdies ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass die vorübergehende – nur wenige Monate dauernde – Unterbrechung der Tätigkeiten des Unternehmens nicht geeignet ist, auszuschließen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt hat, und damit auszuschließen, dass ein Unternehmensübergang im Sinne dieser Richtlinie vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. September 2015, Ferreira da Silva e Brito u. a., C‑160/14, EU:C:2015:565, Rn. 31).

42      Insoweit hat der Gerichtshof u. a. entschieden, dass der Umstand, dass das Unternehmen zum Zeitpunkt des Übergangs vorübergehend geschlossen war und keine Arbeitnehmer beschäftigte, zwar ein Gesichtspunkt ist, der für die Entscheidung, ob eine noch bestehende wirtschaftliche Einheit veräußert worden ist, zu berücksichtigen ist. Dennoch können die vorübergehende Schließung des Unternehmens und das daraus folgende Fehlen von Beschäftigten zum Zeitpunkt des Übergangs allein nicht ausschließen, dass ein Unternehmensübergang im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 vorliegt (Urteil vom 15. Juni 1988, Bork International u. a., 101/87, EU:C:1988:308, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Dieser Schluss ist vor allem bei einem Sachverhalt wie dem des Ausgangsverfahrens geboten, bei dem sich die Einstellung der Tätigkeit des Unternehmens zwar über einen Zeitraum von fünf Monaten erstreckte, dieser Zeitraum jedoch drei Monate Schulferien umfasste.

44      Somit sind die vorübergehende Unterbrechung der Tätigkeit des Unternehmens sowie der Umstand, dass In-Pulso Musical die Belegschaft von Músicos y Escuela nicht übernommen hat, nicht geeignet, auszuschließen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt hat, und damit auszuschließen, dass ein Unternehmensübergang im Sinne dieser Richtlinie vorliegt.

45      Letztlich wird es Sache des vorlegenden Gerichts sein, in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen und unter Berücksichtigung sämtlicher den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen festzustellen, ob im Ausgangssachverhalt ein Unternehmensübergang vorliegt.

46      Unter diesen Umständen ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 dahin auszulegen ist, dass ein Fall wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende, in dem der Auftragnehmer eines Dienstleistungsauftrags für den Betrieb einer städtischen Musikschule, dem die Stadtverwaltung sämtliche für die Ausübung dieser Tätigkeit notwendigen Betriebsmittel zur Verfügung gestellt hat, diese Tätigkeit zwei Monate vor dem Ende des laufenden Schuljahrs einstellt, die Belegschaft entlässt und die Betriebsmittel an die Stadtverwaltung zurückgibt, die erst für das darauffolgende Schuljahr einen neuen Auftrag vergibt und dem neuen Auftragnehmer dieselben Betriebsmittel überlässt, in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen kann.

 Zur zweiten Frage

47      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 dahin auszulegen ist, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, in dem der Auftragnehmer eines Dienstleistungsauftrags für den Betrieb einer städtischen Musikschule diese Tätigkeit zwei Monate vor dem Ende des laufenden Schuljahrs einstellt und die Belegschaft entlässt und der neue Auftragnehmer die Tätigkeit mit Beginn des darauffolgenden Schuljahrs wieder aufnimmt, die Kündigung der Arbeitnehmer als eine Kündigung „aus wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen, die Änderungen im Bereich der Beschäftigung mit sich bringen“, anzusehen ist, oder dahin, dass der Grund für diese Kündigung „der Übergang eines Unternehmens, Betriebs oder Unternehmens- bzw. Betriebsteils“ war.

48      Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Richtlinie 2001/23, wie der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, die Wahrung der Ansprüche der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Inhabers des Unternehmens dadurch gewährleisten soll, dass sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu eben den Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren (Urteil vom 27. November 2008, Juuri, C 396/07, EU:C:2008:656, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Richtlinie soll so weit wie möglich die Fortsetzung der Arbeitsverträge oder der Arbeitsverhältnisse mit dem Erwerber in unveränderter Form sicherstellen, um eine Verschlechterung der Lage der betroffenen Arbeitnehmer allein aufgrund des Übergangs zu verhindern (Urteile vom 17. Dezember 1987, Ny Mølle Kro, 287/86, EU:C:1987:573, Rn. 25 und vom 26. Mai 2005, Celtec, C‑478/03, EU:C:2005:321, Rn. 26).

49      Wie sich unmittelbar aus dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2001/23 ergibt, betrifft der Schutz, den die Richtlinie bieten soll, allerdings nur die Arbeitnehmer, bei denen zum Zeitpunkt des Übergangs ein Arbeitsvertrag oder ein Arbeitsverhältnis besteht.

50      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs – wenn nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist – nur die Arbeitnehmer Ansprüche aus der Richtlinie 2001/23 herleiten können, deren Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Übergangs bestand. Die Frage, ob zu diesem Zeitpunkt ein Vertrag oder ein Arbeitsverhältnis besteht oder nicht, ist nach dem innerstaatlichen Recht zu beurteilen, jedoch unter dem Vorbehalt, dass die zwingenden Vorschriften der Richtlinie über den Schutz der Arbeitnehmer gegen eine wegen des Übergangs erfolgte Kündigung beachtet werden (Urteil vom 15. Juni 1988, Bork International u. a., 101/87, EU:C:1988:308, Rn. 17).

51      Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 stellt der Übergang eines Unternehmens, Betriebs oder Unternehmens- bzw. Betriebsteils als solcher für den Veräußerer oder den Erwerber keinen Grund zur Kündigung dar.

52      Somit sind die Arbeitnehmer, deren Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis vor dem Übergang unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 beendet worden ist, zum Zeitpunkt des Übergangs als immer noch bei dem Unternehmen beschäftigt anzusehen, was vor allem zur Folge hat, dass die ihnen gegenüber bestehenden Arbeitgeberpflichten ohne Weiteres vom Veräußerer auf den Erwerber übergehen (Urteil vom 12. März 1998, Dethier Équipement, C‑319/94, EU:C:1998:99, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

53      Um zu bestimmen, ob die Kündigung unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 allein durch den Übergang begründet war, sind die objektiven Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Kündigung erfolgt ist (Urteil vom 15. Juni 1988, Bork International u. a., 101/87, EU:C:1988:308, Rn. 18).

54      Hierzu wird in der Vorlageentscheidung ausgeführt, dass die Kündigung von Herrn Colino Sigüenza zu einem Zeitpunkt erfolgte, der deutlich vor dem Zeitpunkt des Übergangs der Tätigkeit auf In-Pulso Musical lag, und dass diese Beendigung des Arbeitsverhältnisses dadurch begründet war, dass Músicos y Escuela ihre Belegschaft nicht mehr entlohnen konnte, was daher rührte, dass die Stadtverwaltung von Valladolid ihre Verpflichtungen aus dem mit Músicos y Escuela geschlossenen Vertrag nicht erfüllt hatte. Diese Umstände scheinen also dafür zu sprechen, die Kündigung der Belegschaft von Músicos y Escuela als Kündigung aus „wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 zu qualifizieren, sofern nicht die Umstände, die zur Kündigung der gesamten Belegschaft geführt haben, und die verzögerte Bestellung eines neuen Dienstleisters eine gezielte Maßnahme darstellen, um den betroffenen Arbeitnehmern die ihnen nach der Richtlinie 2001/23 zustehenden Rechte zu entziehen, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

55      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 dahin auszulegen ist, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, in dem der Auftragnehmer eines Dienstleistungsauftrags für den Betrieb einer städtischen Musikschule diese Tätigkeit zwei Monate vor dem Ende des laufenden Schuljahrs einstellt und die Belegschaft entlässt und der neue Auftragnehmer die Tätigkeit mit Beginn des darauffolgenden Schuljahrs wieder aufnimmt, die Kündigung der Arbeitnehmer „aus wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen, die Änderungen im Bereich der Beschäftigung mit sich bringen“, im Sinne dieser Bestimmung erfolgt zu sein scheint, sofern nicht die Umstände, die zur Kündigung der gesamten Belegschaft geführt haben, und die verzögerte Bestellung eines neuen Dienstleisters eine gezielte Maßnahme darstellen, um den betroffenen Arbeitnehmern die ihnen nach der Richtlinie 2001/23 zustehenden Rechte zu entziehen, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

 Zur dritten Frage

56      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie 2001/23 und das in Art. 47 der Charta verankerte Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Rechtskraftregelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die es den nationalen Gerichten untersagt, über die auf die Richtlinie 2001/23 gestützte Anfechtung der im Rahmen einer Massenentlassung erfolgten individuellen Kündigung eines Arbeitnehmers zu entscheiden, wenn in einem Verfahren über die Massenentlassung, in dem nur die Arbeitnehmervertreter Parteistellung haben, bereits eine gerichtliche Entscheidung ergangen ist.

57      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das durch Art. 267 AEUV eingerichtete Verfahren ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, mit dem der Gerichtshof diesen Gerichten Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts gibt, die sie zur Entscheidung des bei ihnen anhängigen Rechtsstreits benötigen (vgl. u. a. Urteile vom 16. Juli 1992, Meilicke, C‑83/91, EU:C:1992:332, Rn. 22, und vom 24. März 2009, Danske Slagterier, C‑445/06, EU:C:2009:178, Rn. 65).

58      Im Rahmen dieser Zusammenarbeit ist es Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, das allein eine unmittelbare Kenntnis des diesem zugrunde liegenden Sachverhalts hat und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen. Betreffen daher die vorgelegten Fragen die Auslegung des Unionsrechts, so ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden (vgl. u. a. Urteile vom 13. März 2001, PreussenElektra, C‑379/98, EU:C:2001:160, Rn. 38, vom 6. Dezember 2001, Clean Car Autoservice, C‑472/99, EU:C:2001:663, Rn. 13, und vom 5. Februar 2004, Schneider, C‑380/01, EU:C:2004:73, Rn. 21).

59      Die Notwendigkeit, zu einer dem nationalen Gericht nützlichen Auslegung des Unionsrechts zu gelangen, macht es jedoch erforderlich, dass dieses Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in den sich die von ihm gestellten Fragen einfügen, festlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutert, auf denen diese Fragen beruhen (vgl. u. a. Urteil vom 26. Januar 1993, Telemarsicabruzzo u. a., C‑320/90 bis C‑322/90, EU:C:1993:26, Rn. 6, und Beschluss vom 13. Juli 2006, Eurodomus, C‑166/06, nicht veröffentlicht, EU:C:2006:485, Rn. 9).

60      Die Vorlageentscheidung erhält keine hinreichenden Informationen zum einschlägigen nationalen Rechtsrahmen. Das vorlegende Gericht macht nämlich keine Angaben zur Anwendung des Grundsatzes der Rechtskraft im Sinne von Art. 124 Abs. 13 Buchst. b des Gesetzes 36/2011 über die Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit.

61      Ferner bestimmt Art. 160 Abs. 5 dieses Gesetzes, auf den Art. 124 Abs. 13 Buchst. b des Gesetzes verweist, dass sich die Rechtskraft auf den Gegenstand des Rechtsstreits beschränkt. Die Vorlageentscheidung enthält jedoch keinerlei Information zu diesem Art. 160 Abs. 5, und zum anderen müssten, wie die spanische Regierung in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, auch andere Vorschriften des spanischen Prozessrechts berücksichtigt werden, um prüfen zu können, ob der Gegenstand des Rechtsstreits angesichts des kollektiven Charakters der Entlassung und des Übergangs, der die gesamte Belegschaft betrifft, im vorliegenden Fall identisch ist.

62      Unter diesen Umständen ist die dritte Frage für unzulässig zu erklären, da der Gerichtshof nicht über die Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung dieser Frage erforderlich sind.

 Kosten

63      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen ist dahin auszulegen, dass ein Fall wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende, in dem der Auftragnehmer eines Dienstleistungsauftrags für den Betrieb einer städtischen Musikschule, dem die Stadtverwaltung sämtliche für die Ausübung dieser Tätigkeit notwendigen Betriebsmittel zur Verfügung gestellt hat, diese Tätigkeit zwei Monate vor dem Ende des laufenden Schuljahrs einstellt, die Belegschaft entlässt und die Betriebsmittel an die Stadtverwaltung zurückgibt, die erst für das darauffolgende Schuljahr einen neuen Auftrag vergibt und dem neuen Auftragnehmer dieselben Betriebsmittel überlässt, in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen kann.

2.      Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 ist dahin auszulegen, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, in dem der Auftragnehmer eines Dienstleistungsauftrags für den Betrieb einer städtischen Musikschule diese Tätigkeit zwei Monate vor dem Ende des laufenden Schuljahrs einstellt und die Belegschaft entlässt und der neue Auftragnehmer die Tätigkeit mit Beginn des darauffolgenden Schuljahrs wieder aufnimmt, die Kündigung der Arbeitnehmer „aus wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen, die Änderungen im Bereich der Beschäftigung mit sich bringen“, im Sinne dieser Bestimmung erfolgt zu sein scheint, sofern nicht die Umstände, die zur Kündigung der gesamten Belegschaft geführt haben, und die verzögerte Bestellung eines neuen Dienstleisters eine gezielte Maßnahme darstellen, um den betroffenen Arbeitnehmern die ihnen nach dieser Richtlinie zustehenden Rechte zu entziehen, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Spanisch.