Vorabentscheidungsersuchen des Kammergerichts Berlin (Deutschland) eingereicht am 15. Juni 2022 - Generalstaatsanwaltschaft Berlin
(Rechtssache C-396/22)
Verfahrenssprache: Deutsch
Vorlegendes Gericht
Kammergericht Berlin
Parteien des Ausgangsverfahrens
Antragstellerin: Generalstaatsanwaltschaft Berlin
Vorlagefragen
Ist daran festzuhalten, dass auch ein Verfahren zur nachträglichen Gesamtstrafenbildung in den Anwendungsbereich des Art. 4a Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI1 in der Fassung des Rahmenbeschlusses 2009/299/JI2 fällt, wenn die Entscheidung zwar durch Urteil aufgrund einer mündlichen Verhandlung getroffen wird, in diesem aber weder der Schuldspruch überprüft noch die für die einzelne Tat erkannte Strafe abgeändert werden kann?
2. Ist es mit dem Vorrang des Unionsrechts vereinbar, dass der deutsche Gesetzgeber in § 83 Abs. 1 Nr. 3 IRG den Fall der Abwesenheitsverurteilung als absolutes Übergabehindernis ausgestaltet hat, obwohl Art. 4a Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI in der Fassung des Rahmenbeschlusses 2009/299/JI insoweit nur einen fakultativen Verweigerungsgrund vorsieht?
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1 Rahmenbeschluss des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. 2002, L 190, S. 1).
1 Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 zur Änderung der Rahmenbeschlüsse 2002/584/JI, 2005/214/JI, 2006/783/JI, 2008/909/JI und 2008/947/JI, zur Stärkung der Verfahrensrechte von Personen und zur Förderung der Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen, die im Anschluss an eine Verhandlung ergangen sind, zu der die betroffene Person nicht erschienen ist (ABl. 2009, L 81, S. 24).