Language of document : ECLI:EU:T:2014:252

URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer)

14. Mai 2014(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke MARINE BLEU – Ältere Gemeinschaftswortmarke BLUMARINE – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑160/12

Adler Modemärkte AG mit Sitz in Haibach (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J.-C. Plate und R. Kaase,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch D. Walicka und G. Schneider als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

Blufin SpA mit Sitz in Carpi (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin F. Caricato,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 3. Februar 2012 (Sache R 1955/2010‑2) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Blufin SpA und der Adler Modemärkte AG

erlässt

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis sowie der Richter O. Czúcz (Berichterstatter) und A. Popescu,

Kanzler: T. Weiler, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 10. April 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 6. September 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 30. Juli 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund des Beschlusses, mit dem die Verlängerung der Frist für die Einreichung der Erwiderung abgelehnt worden ist,

aufgrund des Beschlusses, mit dem festgestellt worden ist, dass die verspätete Einreichung der Erwiderung nicht auf einem Fall höherer Gewalt beruht, und es daher abgelehnt worden ist, diesen Schriftsatz zu den Akten zu nehmen,

aufgrund der Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts und der Zuweisung der Rechtssache an die Neunte Kammer,

auf die mündliche Verhandlung vom 5. Dezember 2013

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 11. Dezember 2007 meldete die Klägerin, die Adler Modemärkte AG, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in ihrer geänderten Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen MARINE BLEU.

3        Die Marke wurde für Waren der Klassen 18, 24 und 25 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet, von denen für die vorliegende Klage nur folgende Waren der Klassen 18 und 25 relevant sind:

–        Klasse 18: „Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren“;

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“.

4        Die Gemeinschaftsmarkenanmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 24/2008 vom 16. Juni 2008 veröffentlicht.

5        Am 5. September 2008 erhob die Streithelferin, die Blufin SpA, gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Waren.

6        Der Widerspruch wurde auf mehrere ältere eingetragene Marken gestützt, von denen im vorliegenden Fall allein die ältere Gemeinschaftswortmarke BLUMARINE in Rede steht, die am 26. April 2004 unter der Nr. 3794534 angemeldet und am 6. September 2005 für Waren der Klassen 9, 18 und 25 eingetragen worden war, von denen für die vorliegende Klage nur folgende Waren der Klassen 18 und 25 relevant sind:

–        Klasse 18: „Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie in dieser Klasse enthalten sind; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Taschen, Handtaschen und Reiseartikel, soweit sie in dieser Klasse enthalten sind; Regenschirme, Sonnenschirme, Gehstöcke und Spazierstöcke; Geschirre und Sattlerwaren“;

–        Klasse 25: „Ober- und Unterbekleidungsstücke, Schuhe, Kopfbedeckungen“.

7        Der Widerspruch wurde mit den in Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b und Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b und Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009) aufgeführten Eintragungshindernissen begründet.

8        Am 11. August 2010 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch in vollem Umfang zurück.

9        Am 7. Oktober 2010 legte die Streithelferin nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM eine Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

10      Mit Entscheidung vom 3. Februar 2012 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) gab die Zweite Beschwerdekammer des HABM der Beschwerde teilweise statt. Die Beschwerdekammer stellte zunächst fest, dass die Streithelferin der Entscheidung der Widerspruchsabteilung in Bezug auf das Nichtvorliegen einer Identität der Zeichen im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 nicht widersprochen habe, und bestätigte daher diese Entscheidung insoweit. Sodann prüfte sie die Anwendbarkeit von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 auf der Grundlage der älteren Gemeinschaftswortmarke BLUMARINE. In Bezug auf die Waren der Klassen 18 und 25 war die Beschwerdekammer der Auffassung, dass die von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren teils identisch und teils ähnlich seien. Ferner konstatierte sie visuelle und klangliche Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken. Sie stellte daneben eine begriffliche Identität der Zeichen fest. Im Rahmen der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr schloss die Beschwerdekammer aufgrund der Überlegung, dass eine solche Gefahr auch bei kennzeichnungsschwachen Marken bestehen könne, auf eine Verwechslungsgefahr zwischen der älteren Gemeinschaftswortmarke BLUMARINE und der angemeldeten Marke hinsichtlich der Waren der Klassen 18 und 25 gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009. Sie hob daher die Entscheidung der Widerspruchsabteilung auf und wies die Gemeinschaftsmarkenanmeldung zurück, soweit diese die Waren der Klassen 18 und 25 betraf.

11      Die Beschwerdekammer war weiter der Auffassung, dass der auf Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützte Widerspruch in Bezug auf alle Eintragungen älterer Marken, die zur Stützung dieses Widerspruchs geltend gemacht worden seien, als unbegründet zurückzuweisen sei.

12      Schließlich verwies sie die Sache in Bezug auf die Waren der Klasse 24, hinsichtlich deren sie eine Verwechslungsgefahr zwischen der angemeldeten Marke und der älteren Gemeinschaftswortmarke BLUMARINE verneint hatte, an die Widerspruchsabteilung zurück, damit die Widerspruchsabteilung das Bestehen oder Nichtbestehen einer Verwechslungsgefahr in Bezug auf diese Waren auf der Grundlage der anderen Eintragungen älterer Marken prüfe, die zur Stützung des Widerspruchs geltend gemacht worden seien.

 Anträge der Parteien

13      Die Klägerin beantragt im Wesentlichen,

–        die Klage für zulässig zu erklären;

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben, soweit sie dem Widerspruch stattgegeben hat;

–        dem HABM die Kosten einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem HABM aufzuerlegen.

14      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        die Klägerin zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

15      Die Streithelferin beantragt im Wesentlichen,

–        die Klage abzuweisen;

–        die Eintragung der angemeldeten Marke für die Klassen 18 und 25 abzulehnen.

16      In ihrer Klagebeantwortung beantragt die Streithelferin außerdem, Englisch als Verfahrenssprache zu verwenden.

 Rechtliche Würdigung

 Zum Antrag der Streithelferin, Englisch als Verfahrenssprache zu verwenden

17      Mit Schreiben vom 14. Juni 2012 hat die Streithelferin der Wahl der deutschen Sprache – der Sprache, in der Klage eingereicht worden war – als Verfahrenssprache widersprochen und beantragt, Englisch als Verfahrenssprache zu verwenden.

18      Aus Art. 131 § 2 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergibt sich, dass im Fall eines Widerspruchs gegen die vom Kläger gewählte Verfahrenssprache innerhalb der gesetzten Frist und in Ermangelung einer Einigung zwischen den Parteien des Verfahrens vor der Beschwerdekammer diejenige Sprache Verfahrenssprache wird, in der die in Frage stehende Anmeldung beim HABM eingereicht worden ist.

19      Aus der Verfahrensakte des HABM geht hervor, dass die Klägerin die streitige Marke gemäß Art. 119 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 in deutscher Sprache angemeldet hatte.

20      Mit Beschluss des Präsidenten der Dritten Kammer des Gerichts vom 26. Juni 2012 ist daher Deutsch als Verfahrenssprache bestimmt worden.

21      Insoweit ist noch darauf hinzuweisen, dass – wie das HABM in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben hat – gemäß Art. 119 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 der Anmelder eine zweite Sprache, die eine Sprache des HABM ist, anzugeben hat, mit deren Benutzung als möglicher Verfahrenssprache er in Widerspruchs-, Verfalls- und Nichtigkeitsverfahren einverstanden ist. Aus einer Gesamtschau der Abs. 1 bis 6 des Art. 119 der Verordnung Nr. 207/2009 ergibt sich jedoch, dass die Sprache, in der die Anmeldung eingereicht wurde, die erste der zwei vom Anmelder angegebenen Sprachen ist, die auch die Sprache ist, in der die Anmeldeschrift verfasst ist, auch wenn der Anmelder damit einverstanden ist, dass die zweite Sprache gegebenenfalls vom HABM für die Zwecke des Verfahrens in den vor dem Amt geführten Verfahren verwendet werden kann.

22      In ihrer Klagebeantwortung hat die Streithelferin geltend gemacht, dass die Verwendung der deutschen Sprache als Verfahrenssprache kein kontradiktorisches Verfahren zwischen den Verfahrensbeteiligten gestatte, und erneut beantragt, Englisch als Verfahrenssprache zu verwenden. Sie trägt vor, dass in einem Verfahren inter partes, das vor dem HABM in Englisch geführt worden sei, keine neue Sprache eingeführt werden könne, die nicht alle Verfahrensbeteiligten beherrschten, wodurch erhebliche Kostenbelastungen entstünden, die weder anrechenbar noch erstattungsfähig seien. Auf die vom Gericht in der mündlichen Verhandlung hierzu gestellte Frage hin hat die Streithelferin bestätigt, dass sie diesen Antrag aufrechterhalten wolle.

23      Entgegen dem Vorbringen der Streithelferin steht die Wahl der deutschen Sprache – als die Sprache, in der die Anmeldung eingereicht worden ist – als Verfahrenssprache einem kontradiktorischem Verfahren nicht entgegen und verletzt auch nicht ihre Verteidigungsrechte. Denn wie aus Art. 131 § 3 der Verfahrensordnung hervorgeht, kann sich jede Partei in den Schriftsätzen und sonstigen Schreiben, die beim Gericht eingereicht werden, sowie während der mündlichen Verhandlung der Sprache bedienen, die sie unter den in Art. 35 § 1 der Verfahrensordnung genannten Sprachen wählt, sofern sie gemäß Art. 131 § 4 Abs. 2 der Verfahrensordnung innerhalb einer dafür vom Kanzler gesetzten angemessenen Frist Übersetzungen der in einer anderen Sprache eingereichten sonstigen Schriftsätze oder Schreiben in die Verfahrenssprache einreicht. Hinsichtlich der mündlichen Verhandlung sieht Art. 131 § 4 Abs. 3 der Verfahrensordnung zudem vor, dass der Kanzler dafür sorgt, dass alle mündlichen Äußerungen während der mündlichen Verhandlung in die Verfahrenssprache und auf Antrag einer Partei in eine andere von ihr gemäß Art. 131 § 3 der Verfahrensordnung verwendete Sprache übersetzt werden.

24      Daraus folgt, dass die Wahl der deutschen Sprache als Verfahrenssprache die Streithelferin nicht daran hindert, ihre Schriftsätze und sonstigen Schreiben in englischer Sprache einzureichen oder in der mündlichen Verhandlung die englische Sprache zu verwenden, wie sie es im Übrigen auch getan hat, so dass sie nicht vernünftigerweise behaupten kann, in ihren Verteidigungsrechten verletzt worden zu sein. Insoweit ist weiter darauf hinzuweisen, dass erstens Übersetzungen vom Deutschen ins Englische leicht erhältlich sind, da beide Sprachen in der Europäischen Union in großem Umfang verwendet werden, dass zweitens die Streithelferin mit ihrem Vorbringen, eine Änderung der Verfahrenssprache gegenüber der vor dem HABM verwendeten Sprache habe eine höhere Komplexität und höhere Kosten des Rechtsstreits zur Folge, nicht dargetan hat, dass es ihr unmöglich oder nur schwer möglich ist, sich mit eigenen Mitteln eine Übersetzung der Klageschrift ins Englische zu besorgen, und dass sie drittens im vorliegenden Fall in der Lage gewesen ist, die Klagebeantwortung in drei Sprachen, nämlich auf Deutsch, Englisch und Italienisch, einzureichen.

25      Soweit die Streithelferin schließlich vorträgt, die Verwendung englischer Zitate in der Klageschrift zeige, dass die Klägerin ihrer Pflicht nicht nachgekommen sei, die Zitate in die deutsche Sprache zu übersetzen, und sie sich somit einen Verfahrensfehler habe zu Schulden kommen lassen, bleibt davon die Schlussfolgerung unberührt, dass die Wahl der deutschen Sprache als Verfahrenssprache im vorliegenden Fall im Einklang mit den anwendbaren Bestimmungen der Verfahrensordnung steht.

26      Daher ist der Antrag der Streithelferin, ohne dass über seine Zulässigkeit entschieden zu werden braucht, in jedem Fall zurückzuweisen.

 Zum Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung

27      Die Klägerin führt als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 an.

28      Sie macht im Wesentlichen geltend, die in Rede stehenden Marken seien aufgrund des durch sie hervorgerufenen Gesamteindrucks in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht nicht ähnlich, so dass insbesondere in Anbetracht der schwachen Kennzeichnungskraft der älteren Marke keine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bestehe.

29      Das HABM und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

30      Gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

31      Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr umfassend gemäß der Wahrnehmung der in Rede stehenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass eine Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und zugleich eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil des Gerichts vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, Slg. 2009, II‑43, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Wenn sich der Schutz der älteren Marke auf die gesamte Union erstreckt, ist die Wahrnehmung der einander gegenüberstehenden Marken durch den Verbraucher der in Rede stehenden Waren in diesem Gebiet zu berücksichtigen. Jedoch ist eine Gemeinschaftsmarke bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ein relatives Eintragungshindernis im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nur in einem Teil der Union vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, Slg. 2006, II‑5409, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer zu Recht annahm, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Marken Verwechslungsgefahr bestehe.

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

35      Nach der Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf einen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Frage stehenden Art von Waren abzustellen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, Slg. 2007, II‑449, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      Im vorliegenden Fall war die Beschwerdekammer aufgrund der Art der in Rede stehenden Waren und des Umstands, dass die ältere Marke eine Gemeinschaftsmarke ist, der Ansicht, dass sich die maßgeblichen Verkehrskreise, in Bezug auf die die Verwechslungsgefahr zu beurteilen ist, aus den Durchschnittsverbrauchern der Union zusammensetzen. Dieser Abgrenzung der maßgeblichen Verkehrskreise, gegen die die Verfahrensbeteiligten im Übrigen keine Einwände erhoben haben, ist zuzustimmen. Des Weiteren ist aufgrund der Art der in Rede stehenden Waren mit der Beschwerdekammer davon auszugehen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise normal informiert und angemessen aufmerksam und verständig sind.

 Zum Vergleich der Waren

37      Die Beschwerdekammer nahm zutreffend an, dass die von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren der Klassen 18 und 25 teils identisch und teils ähnlich sind, ohne dass die Verfahrensbeteiligten dies im Übrigen bestritten hätten.

 Zum Vergleich der Zeichen

38      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der visuellen, phonetischen oder begrifflichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marken auf den Durchschnittsverbraucher der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen wirken. Der Durchschnittsverbraucher nimmt dabei eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg. 2007, I‑4529, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken darf sich nicht darauf beschränken, dass nur ein Bestandteil einer zusammengesetzten Marke berücksichtigt und mit einer anderen Marke verglichen wird. Vielmehr sind die einander gegenüberstehenden Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn dieser Bestandteil allein schon geeignet ist, das Bild dieser Marke, das das maßgebliche Publikum im Gedächtnis behält, so zu prägen, dass alle übrigen Bestandteile der Marke in dem durch diese hervorgerufenen Gesamteindruck zu vernachlässigen sind (vgl. Urteil des Gerichts vom 12. November 2008, Shaker/HABM – Limiñana y Botella [Limoncello della Costiera Amalfitana shaker], T‑7/04, Slg. 2008, II‑3085, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Im vorliegenden Fall war die Beschwerdekammer der Ansicht, dass die zu vergleichenden Wortzeichen MARINE BLEU und BLUMARINE ähnlich seien. Das maßgebliche Publikum zerlege die ältere Marke in ihre Bestandteile „blu“ und „marine“, da sie ihm eine konkrete Bedeutung vermittelten oder ihm bekannten Wörtern ähnlich seien, nämlich den Begriffen „marine“ und „blau“. Da ferner die angemeldete Marke sich ihrerseits aus den Bestandteilen „marine“ und „bleu“ zusammensetze und beide Marken eine fast gleiche Länge und Zusammensetzung hätten, bestehe eine visuelle Ähnlichkeit zwischen den Zeichen, zumal diese den identischen Bestandteil „marine“ enthielten. Außerdem seien die Zeichen in klanglicher Hinsicht ähnlich, da der Bestandteil „marine“ in allen europäischen Sprachen gleich ausgesprochen werde und die übrigen Bestandteile „blu“ und „bleu“ trotz ihrer umgekehrten Stellung in den beiden Zeichen die gleichen Konsonanten am Anfang und den gleichen Buchstaben „u“ am Ende aufwiesen. Die Zeichen seien schließlich begrifflich identisch, da sie sich beide auf „marine“ und „blau“ bezögen und die umgekehrte Stellung nicht zu einem unterschiedlichen begrifflichen Inhalt führe, weil bei der Bildung des Namens der Farbe „marineblau“ in den verschiedenen europäischen Sprachen die Reihenfolge der Bestandteile „marine“ und „blau“ verschieden sei.

41      Zur Ähnlichkeit der Zeichen macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer dürfe die ältere Marke nicht in zwei Bestandteile aufgliedern, um die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen zu prüfen. Ferner seien im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine zergliedernde Betrachtung nicht gegeben, da keiner der von der Beschwerdekammer identifizierten Bestandteile „marine“ oder „blu“ jeweils für sich betrachtet über eine höhere Kennzeichnungskraft verfüge und keiner der Bestandteile in der Gesamtbetrachtung eine den Gesamteindruck des Zeichens dominierende Stellung einnehme. Die zergliedernde Betrachtung der älteren Marke stelle somit einen Rechtsfehler dar und beruhe auf einer unrichtigen Feststellung des Sachverhalts. Die Klägerin macht im Übrigen einen Rechtsfehler bei der Prüfung der begrifflichen Ähnlichkeit der Zeichen geltend, weil eine begriffliche Übereinstimmung dann nicht zu einer Verwechslungsgefahr führe, wenn der Begriffsinhalt im Hinblick auf die in Rede stehenden Waren beschreibend sei.

42      Das HABM und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

43      Insoweit ist hinsichtlich der einander gegenüberstehenden Wortzeichen MARINE BLEU und BLUMARINE festzustellen, dass die angemeldete Marke aus zwei Wörtern besteht, während die ältere Marke aus einem Wort besteht.

44      Zunächst ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, dass die Beschwerdekammer die ältere Marke nur als Ganzes hätte prüfen dürfen, ohne sie in ihre Bestandteile „blu“ und „marine“ zu zerlegen.

45      Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Zwar nimmt der Durchschnittsverbraucher – wie oben in Rn. 38 ausgeführt – eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten. Dennoch wird er ein von ihm wahrgenommenes Wortzeichen in die Wortbestandteile zerlegen, die ihm eine konkrete Bedeutung vermitteln oder die ihm bekannten Wörtern ähnlich sind (Urteile des Gerichts RESPICUR, oben in Rn. 35 angeführt, Rn. 57, und vom 13. Februar 2008, Sanofi-Aventis/HABM – GD Searle [ATURION], T‑146/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 58).

46      Die Klägerin bezieht sich im Übrigen selbst auf diesen Grundsatz, trägt aber vor, dass eine solche Zerlegung nur bei einem Zeichen statthaft sei, von dessen Bestandteilen zumindest einer über eine höhere Kennzeichnungskraft verfüge oder insgesamt betrachtet dominiere, was vorliegend nicht der Fall sei. Diese Rechtsauffassung steht jedoch nicht in Einklang mit der Rechtsprechung, nach der das Vorliegen eines kennzeichnungskräftigen oder gar dominierenden Elements keine Voraussetzung für eine mögliche Zerlegung ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. November 2008, ecoblue/HABM – Banco Bilbao Vizcaya Argentaria [Ecoblue], T‑281/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 30 bis 33).

47      Zudem beruht die Argumentation der Klägerin, dass der Begriff „blumarine“ einen „feststehenden Gesamtbegriff“ darstelle, weil der Verbraucher darin eine Bezugnahme auf den ihm bekannten Begriff „marineblau“ erkenne, so dass er nicht dazu veranlasst werde, zu prüfen, ob die verschiedenen Bestandteile der Marke auch an sich eine inhärente Bedeutung haben könnten, auf einer Annahme, zu deren Stützung sie keine Beweise vorgelegt hat. Vielmehr ist festzustellen, dass das Wort „blumarine“, wie das HABM geltend macht, in der deutschen Sprache – der Sprache, in der die Anmeldung der Marke MARINE BLEU eingereicht worden ist – nicht existiert, und die Klägerin nicht angegeben hat, aus welcher anderen Sprache dieser „feststehende Gesamtbegriff“ stammen soll. Der zusammengesetzte deutsche Begriff „marineblau“ besteht im Übrigen aus zwei Wörtern, wie „blu marino“ im Italienischen oder „bleu marine“ im Französischen.

48      Das Wort „marine“ existiert jedoch als solches in mehreren Sprachen, darunter die englische, die französische und die deutsche Sprache. Dies trifft auch für den Begriff „blu“ zu, der einem Wort ähnelt, das die maßgeblichen Verkehrskreise kennen, da er dem Wort „blue“ (englisch), „bleu“ (französisch) und „blau“ (deutsch) nahekommt.

49      Die Annahme der Beschwerdekammer, dass ein maßgeblicher Teil der europäischen Verbraucher die ältere Marke als eine Zusammensetzung aus zwei Wörtern wahrnehme, ist daher zu bestätigen. Folglich hat die Beschwerdekammer keinen Tatsachen- oder Rechtsfehler begangen, als sie angenommen hat, dass die ältere Marke BLUMARINE mutmaßlich als aus den Wortbestandteilen „blu“ und „marine“ bestehend wahrgenommen werde, und auf dieser Grundlage den Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken vorgenommen hat (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil Ecoblue, oben in Rn. 46 angeführt, Rn. 30).

50      In visueller Hinsicht ist festzustellen, dass die Zeichen trotz ihrer unterschiedlichen Anfänge bei Berücksichtigung des durch sie hervorgerufenen Gesamteindrucks einander ähnlich sind, da ihr jeweils längster Bestandteil „marine“ der gleiche ist und ihre Gesamtlänge und die Buchstaben, die sie enthalten, sehr ähnlich sind, wie dies von der Beschwerdekammer ausgeführt worden ist. Die Umstellung der beiden Bestandteile der Zeichen ändert im Übrigen nichts an dieser Schlussfolgerung (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 25. Juni 2010, MIP Metro/HABM – CBT Comunicación Multimedia [Metromeet], T‑407/08, Slg. 2010, II‑2781, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung). Da nämlich jeder Bestandteil jeder der Marken einem der Bestandteile der anderen Marke ähnelt, wird der Verbraucher die einander gegenüberstehenden Marken als eine Kombination dieser beiden Bestandteile wahrnehmen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichts vom 9. Dezember 2009, Longevity Health Products/HABM – Merck [Kids Vits], T‑484/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 32). Im Übrigen hat die Beschwerdekammer entgegen dem Vorbringen der Klägerin die Zeichen in ihrer Gesamtheit beurteilt und daraus zu Recht gefolgert, dass sie mehr Ähnlichkeiten als Unterschiede aufwiesen.

51      In klanglicher Hinsicht ist festzustellen, dass allein die Aussprache der Bestandteile „blu“ und „bleu“ der einander gegenüberstehenden Marken verschieden ist, da der in beiden Marken vorhandene Bestandteil „marine“ in allen Sprachen der Union gleich ausgesprochen wird, wie dies die Beschwerdekammer zutreffend festgestellt hat und vor dem Gericht nicht bestritten worden ist. Der Unterschied zwischen „blu“ und „bleu“ ist jedoch nicht bedeutend, da sie den gleichen Anlaut „bl“ haben. Desgleichen hat die Beschwerdekammer zu Recht angenommen, dass der Umstand, dass die Bestandteile der zu vergleichenden Zeichen in umgekehrter Reihenfolge ausgesprochen werden, nicht verhindern kann, dass sie in klanglicher Hinsicht angesichts der Übereinstimmungen zwischen ihren Bestandteilen insgesamt ähnlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 11. Juni 2009, Hedgefund Intelligence/HABM – Hedge Invest [InvestHedge], T‑67/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 39).

52      In begrifflicher Hinsicht lässt sich nicht bestreiten, dass in einem wesentlichen Teil des relevanten Gebiets der Begriff „marine“ leicht als Bezugnahme auf die Vorstellung vom Meer erkannt wird, da dieses Wort als solches in verschiedenen Sprachen der Union existiert, während in anderen Sprachen, wie dem Italienischen (marino), ein ihm sehr nahekommendes Wort existiert. Desgleichen ist die Bezugnahme auf die Farbe blau durch die Bestandteile „blu“ und „bleu“ in verschiedenen Sprachen der Union leicht erkennbar.

53      Wenn man den durch die beiden Marken hervorgerufenen Gesamteindruck berücksichtigt, so gibt es – wovon die Beschwerdekammer zu Recht ausging – in der Union Länder, in deren jeweiliger Sprache die entsprechende Bezeichnung des Farbtons „bleu marine“ aus der gleichen Kombination der Bestandteile „marine“ und „bleu“ gebildet wird. Zudem weist der Begriff „blumarine“ erhebliche Ähnlichkeiten zu dem italienischen Begriff „blumarino“ auf, der ebenfalls aus einem einzigen Wortbestandteil besteht, wie die Klägerin selbst vorgetragen hat.

54      Insoweit ist der Erwägung der Beschwerdekammer zuzustimmen, dass der Umstand, dass die Reihenfolge der beiden den fraglichen Farbton bildenden Bestandteile in den Sprachen der Union variiert („marineblau“ in Deutsch, „bleu marine“ in Französisch, usw.), die Wiedererkennung des Begriffs „bleu marine“ durch die Verbraucher bei der Wahrnehmung der einander gegenüberstehenden Marken unabhängig von der Stellung ihrer Bestandteile erleichtert.

55      Diese besonderen Umstände und insbesondere die offensichtliche Bedeutung der in Rede stehenden Bestandteile in verschiedenen Sprachen der Union lassen die Annahme zu, dass ein wesentlicher Teil der maßgeblichen Verkehrskreise die fraglichen Begriffe intuitiv übersetzt, wie das HABM in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat.

56      Im Übrigen beruht das Argument der Klägerin, dass der beschreibende Sinngehalt der Vergleichszeichen, nämlich der Bezug auf die Farbe „marineblau“, bedeute, dass ein begrifflicher Vergleich ausscheiden müsse, auf einer fehlgehenden Auslegung der im Rahmen von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 vorzunehmenden Analyse, da auch ein begrifflicher Vergleich zweier Marken mit beschreibendem Charakter – der sich im Übrigen zwangsläufig aus der Fähigkeit der maßgeblichen Verkehrskreise ergibt, ihre Bedeutung zu verstehen – vorgenommen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. September 2010, Abbott Laboratories/HABM – aRigen [Sorvir], T‑149/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 37).

57      Zudem weichen die tatsächlichen Umstände, die in den von der Klägerin zur Stützung ihres Arguments angeführten Urteilen in Rede standen, von denen der vorliegenden Rechtssache ab. Das oben in Rn. 56 angeführte Urteil Sorvir betraf im Gegensatz zum vorliegenden Fall Zeichen, die keinen bestimmten Begriff vermittelten, während in dem Urteil vom 2. Februar 2012, Almunia Textil/HABM – FIBA-Europe (EuroBasket) (T‑596/10, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), das Gericht gerade eine begriffliche Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen Eurobasket und Basket festgestellt hat. Ferner sind in Anbetracht der Rechtsprechung (Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2012, XXXLutz Marken/HABM, C‑306/11 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 77 und 79) die Begriffe „bleu“ und „marine“ und sogar der zusammengesetzte Ausdruck „bleu marine“ Farbbezugnahmen, die für die von den beiden vorliegenden Marken erfassten Waren nicht beschreibend sind, da aus den Akten nicht hervorgeht, dass diese Waren ausschließlich in der Farbe Marineblau hergestellt werden oder diese Farbe ein wesentliches Merkmal dieser Waren ist. Auch die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung insoweit vorgetragenen Argumente zu dem „unmittelbar beschreibenden“ Charakter des Begriffs „bleu marine“ können daher nicht durchgreifen.

58      Die Beschwerdekammer konnte somit – ohne einen Beurteilungsfehler zu begehen – annehmen, dass zwischen den Zeichen eine begriffliche Ähnlichkeit oder gar Identität in einem Teil des relevanten Gebiets bestehe.

59      Nach alledem ist die Beschwerdekammer zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen einander insgesamt ähnlich sind.

 Zur Verwechslungsgefahr

60      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung der berücksichtigten Faktoren, insbesondere zwischen der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit den Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg. 1998, I‑5507, Rn. 17, und Urteil VENADO mit Rahmen u. a., oben in Rn. 33 angeführt, Rn. 74).

61      Im vorliegenden Fall war die Beschwerdekammer der Ansicht, dass im vorliegenden Fall in Anbetracht des Grundsatzes der Wechselbeziehung zwischen den Marken eine Verwechslungsgefahr bestehe, da außer dem Vorliegen einer Ähnlichkeit oder Identität der Waren der Klassen 18 und 25 die Zeichen MARINE BLEU und BLUMARINE bildlich und klanglich ähnlich seien. Überdies werde diese Ähnlichkeit in den Ländern, in denen die Verbraucher das Wort „marine“ verstünden, durch die begriffliche Ähnlichkeit der Zeichen verstärkt, und in den Ländern, in denen die Verbraucher die in den beiden Marken enthaltenen Bezugnahmen auf die Begriffe „marine“ und „bleu“ verstünden, durch ihre begriffliche Identität. Im Übrigen genüge der Umstand, dass die Bestandteile in jeder Marke in einer anderen oder umgekehrten Position platziert seien, nicht, um den durch die Marken hervorgerufenen ähnlichen Gesamteindruck aufzuwiegen. Auch wenn weiter der klangliche Ähnlichkeitsgrad im Bekleidungssektor eine geringere Bedeutung habe, weil Bekleidung häufig so dargeboten werde, dass die Verbraucher die Marken visuell wahrnehmen könnten, sei doch zu beachten, dass sich diese Verbraucher auf die unvollkommene Erinnerung an die Zeichen verlassen müssten und die einander gegenüberstehenden Marken auch eine visuelle Ähnlichkeit aufwiesen. Schließlich war die Beschwerdekammer der Ansicht, dass eine schwache Kennzeichnungskraft der älteren Marke das Bestehen einer Verwechslungsgefahr nicht ausschließe.

62      Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, die Beschwerdekammer habe dadurch einen Tatsachen- und Rechtsfehler begangen, dass sie nicht berücksichtigt habe, dass die ältere Marke eine äußerst schwache Kennzeichnungskraft habe, was die Gefahr von Verwechslungen erheblich verringere.

63      Es ist jedoch festzustellen, dass keines der von der Klägerin vorgetragenen Argumente die Gültigkeit der oben in Rn. 61 beschriebenen Schlussfolgerungen der Beschwerdekammer in Frage stellen kann.

64      Insoweit genügt die Feststellung, dass die Beschwerdekammer, wie aus den Rn. 43 bis 49 der angefochtenen Entscheidung klar hervorgeht, das Argument der Klägerin, wonach die ältere Marke nur eine schwache Kennzeichnungskraft aufweise, durchaus berücksichtigt hat.

65      Die Beschwerdekammer war der Ansicht, dass unabhängig davon, ob die Streithelferin bewiesen habe, dass die ältere Marke eine erhöhte Kennzeichnungskraft erworben habe, und selbst unter der Annahme, dass der Begriff „blumarine“ auf eine bestimmte Farbe anspiele, die Anerkennung einer schwachen Kennzeichnungskraft der älteren Marke nicht die Feststellung ausschlösse, dass eine Verwechslungsgefahr bestehe. Nach ständiger Rechtsprechung sei nämlich die Kennzeichnungskraft der älteren Marke zwar bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen, doch stelle sie nur einen der bei dieser Beurteilung zu berücksichtigenden Faktoren dar. Auch bei einer älteren Marke mit nur schwacher Kennzeichnungskraft könne insbesondere wegen der Ähnlichkeit der Zeichen und der betroffenen Waren oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr bestehen (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2007, Xentral/HABM – Pages jaunes [PAGESJAUNES.COM], T‑134/06, Slg. 2007, II‑5213, Rn. 70, und die dort angeführte Rechtsprechung).

66      Aus der vorangegangenen Prüfung ergibt sich jedoch, dass im vorliegenden Fall die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Schluss kam, dass eine Ähnlichkeit oder Identität der Waren der Klassen 18 und 25 bestehe und die Zeichen „marine bleu“ und „blumarine“ bildlich und klanglich ähnlich seien. Sie durfte auch davon ausgehen, dass diese Ähnlichkeit der Zeichen durch ihre begriffliche Ähnlichkeit oder Identität für einen bedeutenden Teil der maßgeblichen Verkehrskreise verstärkt werde.

67      Folglich kann auch mit dem Argument der Klägerin, dass kennzeichnungsschwachen Marken ein geringerer Schutz zu gewähren sei, so dass ein minimaler Unterschied zwischen einer älteren Marke und einer angemeldeten Marke nicht zu einer Verwechslungsgefahr führen könne, die Schlussfolgerungen der Beschwerdekammer nicht in Frage gestellt werden. Die von der Klägerin vorgeschlagene Analyse hätte zur Folge, den Faktor der Markenähnlichkeit zugunsten des Faktors, der auf der Kennzeichnungskraft der älteren Marke beruht, zu neutralisieren, womit Letzterem eine übermäßige Bedeutung eingeräumt würde. Daraus ergäbe sich, dass eine Verwechslungsgefahr, sobald die ältere Marke nur schwache Kennzeichnungskraft besitzt, nur im Fall ihrer vollständigen Reproduktion durch die Anmeldemarke vorläge, und zwar unabhängig vom Grad der zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen bestehenden Ähnlichkeit. Ein solches Ergebnis widerspräche jedoch bereits dem Wesen der umfasssenden Beurteilung, die die zuständigen Behörden nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 vorzunehmen haben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 11. Mai 2010, Wessang/HABM – Greinwald [star foods], T‑492/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

68      Nach alledem ist der einzige Klagegrund zurückzuweisen, ohne dass im Übrigen die Argumente der Streithelferin geprüft zu werden brauchen, die aus Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 sowie aus der umfangreichen Benutzung der Marke BLUMARINE oder aus dem behaupteten Vorliegen einer Markenfamilie hergeleitet werden, da sie für die Prüfung des einzigen von der Klägerin vorgebrachten Klagegrundes unerheblich sind.

69      Die Klage ist daher insgesamt abzuweisen. Infolge dieser Abweisung braucht über den Antrag der Streithelferin, die Eintragung der angemeldeten Marke für die Warenklassen 18 und 25 abzulehnen, nicht entschieden zu werden.

 Kosten

70      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

71      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM dessen Kosten aufzuerlegen.

72      Da die Streithelferin keinen Kostenantrag gestellt hat, trägt sie nach Art. 87 § 4 Unterabs. 3 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Adler Modemärkte AG trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle).

3.      Die Blufin SpA trägt ihre eigenen Kosten.

Berardis

Czúcz

Popescu

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Mai 2014.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.