Language of document : ECLI:EU:C:2014:2248

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

2. Oktober 2014(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsame Agrarpolitik –Gemeinsame Regeln für Direktzahlungen – Betriebsprämienregelung – Begriff ‚Dauergrünland‘ – Flächen, die zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und mindestens fünf Jahre lang nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs sind – Flächen, die in diesem Zeitraum umgepflügt und mit einer anderen als der zuvor auf diesen Flächen angebauten Grünfutterpflanze eingesät werden“

In der Rechtssache C‑47/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesverwaltungsgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 15. November 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Januar 2013, in dem Verfahren

Martin Grund

gegen

Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, G. Arestis (Berichterstatter), J.‑C. Bonichot und A. Arabadjiev,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Herrn Grund, vertreten durch die Rechtsanwälte S. Paulsen und P. Paulsen,

–        des Landesamts für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, vertreten durch Rechtsanwalt W. Ewer,

–        der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze, J. Möller und B. Beutler als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch G. von Rintelen und B. Schima als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 30. April 2014

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Nr. 2 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (ABl. L 141, S. 18, und Berichtigung ABl. 2005, L 37, S. 22).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Grund, einem Landwirt, und dem Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (im Folgenden: Landesamt) über die Einstufung einiger der landwirtschaftlichen Flächen von Herrn Grund als „Dauergrünland“.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Der vierte Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2019/93, (EG) Nr. 1452/2001, (EG) Nr. 1453/2001, (EG) Nr. 1454/2001, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 1251/1999, (EG) Nr. 1254/1999, (EG) Nr. 1673/2000, (EWG) Nr. 2358/71 und (EG) Nr. 2529/2001 (ABl. L 270, S. 1, und Berichtigung ABl. 2004, L 94, S. 70) lautete:

„Wegen der positiven Umweltauswirkungen von Dauergrünland ist dessen Erhaltung zu fördern, um einer massiven Umstellung auf Ackerland entgegen zu wirken.“

4        Art. 2 Nr. 2 der Verordnung Nr. 796/2004 enthielt eine Definition des Begriffs „Dauergrünland“, die in ihrer ursprünglichen Fassung folgenden Wortlaut hatte:

„‚Dauergrünland‘: Flächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und mindestens fünf Jahre lang nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs sind“.

5        Nach dem Erlass der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Verordnung (EG) Nr. 239/2005 der Kommission vom 11. Februar 2005 zur Änderung und Berichtigung der Verordnung Nr. 796/2004 (ABl. L 42, S. 3) lautete diese Definition:

„‚Dauergrünland‘: Flächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und mindestens fünf Jahre lang nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs waren, ausgenommen Flächen im Rahmen von Stilllegungsregelungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 des Rates …, Flächen im Rahmen von Stilllegungsregelungen gemäß Artikel 54 Absatz 2 und Artikel 107 der Verordnung … Nr. 1782/2003, gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2078/92 des Rates … stillgelegte Flächen und gemäß den Artikeln 22 bis 24 der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates … stillgelegte Flächen“.

6        Mit der Verordnung Nr. 239/2005 wurde auch eine Definition der Begriffe „Gras oder andere Grünfutterpflanzen“ in Art. 2 Nr. 2a der Verordnung Nr. 796/2004 in der durch die erstgenannte Verordnung geänderten Fassung eingefügt, die folgenden Wortlaut hatte:

„‚Gras oder andere Grünfutterpflanzen‘: alle Grünpflanzen, die herkömmlicherweise in natürlichem Grünland anzutreffen oder normalerweise Teil von Saatgutmischungen für Grünland oder Wiesen in dem Mitgliedstaat sind (unabhängig davon, ob die Flächen als Viehweiden genutzt werden). Die Mitgliedstaaten können Kulturpflanzen einschließen, die in Anhang IX der Verordnung … Nr. 1782/2003 aufgeführt sind“.

7        Art. 3 der Verordnung Nr. 796/2004 enthielt die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Bereich der in Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1782/2003 vorgesehenen Erhaltung von Dauergrünland.

8        Art. 4 („Erhaltung von Dauergrünland auf einzelbetrieblicher Ebene“) der Verordnung Nr. 796/2004 in der durch die Verordnung Nr. 239/2005 geänderten Fassung bestimmte:

„(1)      Wenn festgestellt wird, dass das in Artikel 3 Absatz 1 der vorliegenden Verordnung genannte Verhältnis abnimmt, schreibt der betreffende Mitgliedstaat auf nationaler oder regionaler Ebene die Verpflichtung der Betriebsinhaber, welche Beihilfen unter den in Anhang I der Verordnung … Nr. 1782/2003 aufgeführten Beihilferegelungen beantragen, vor, die Flächen, die als Dauergrünland genutzt werden, nicht ohne vorherige Genehmigung umzubrechen.

(2)      Wenn festgestellt wird, dass die in Artikel 3 Absatz 2 der vorliegenden Verordnung genannte Verpflichtung nicht sicher gestellt werden kann, so schreibt der betreffende Mitgliedstaat über die nach Absatz 1 zu ergreifenden Maßnahmen hinaus, auf nationaler oder regionaler Ebene vor, dass die Betriebsinhaber, welche Beihilfen unter den in Anhang I der Verordnung … Nr. 1782/2003 aufgeführten Beihilferegelungen beantragen und über Dauergrünland verfügen, welches für andere Nutzungen umgebrochen worden ist, verpflichtet sind, Flächen wieder als Dauergrünland einzusäen.

…“

9        Die Verordnung Nr. 1782/2003 wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2009 ersetzt durch die Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung Nr. 1782/2003 (ABl. L 30, S. 16, und Berichtigung ABl. 2010, L 43, S. 7). Im siebten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 73/2009 heißt es:

„Die positiven Umweltauswirkungen von Dauergrünland wurden in der Verordnung … Nr. 1782/2003 anerkannt. Die Maßnahmen der genannten Verordnung zur Erhaltung des bestehenden Dauergrünlands, um einer massiven Umstellung auf Ackerland entgegenzuwirken, sollten beibehalten werden.“

10      Die Verordnung Nr. 796/2004 wiederum wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2010 ersetzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 der Kommission vom 30. November 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, der Modulation und des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems im Rahmen der Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe gemäß der genannten Verordnung und mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen im Rahmen der Stützungsregelung für den Weinsektor (ABl. L 316, S. 65).

11      Art. 2 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1122/2009 verweist für die Definition des Begriffs „Dauergrünland“ auf die Begriffsbestimmung in Art. 2 Buchst. c der grundsätzlich seit dem 1. Januar 2010 geltenden Verordnung (EG) Nr. 1120/2009 der Kommission vom 29. Oktober 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Betriebsprämienregelung gemäß Titel III der Verordnung Nr. 73/2009 (ABl. L 316, S. 1).

12      Art. 4 („Erhaltung von Dauergrünland auf einzelbetrieblicher Ebene“) der Verordnung Nr. 1122/2009 sieht vor:

„(1)      Wird festgestellt, dass der Anteil im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der vorliegenden Verordnung abnimmt, so auferlegen die Mitgliedstaaten den Betriebsinhabern, die eine Beihilfe unter einer der Direktzahlungsregelungen gemäß Anhang I der Verordnung … Nr. 73/2009 beantragen, auf nationaler oder regionaler Ebene die Verpflichtung, die Flächen, die als Dauergrünland genutzt werden, nicht ohne vorherige Genehmigung umzuwidmen.

Hängt die in Unterabsatz 1 genannte Genehmigung von der Bedingung ab, dass eine Fläche als Dauergrünland eingerichtet wird, so gilt diese Fläche abweichend von der Begriffsbestimmung in Artikel 2 Nummer 2 ab dem ersten Tag der Umstellung als Dauergrünland. Diese Flächen müssen fünf aufeinander folgende Jahre ab dem Zeitpunkt des Umbruchs zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden.

(2)      Wird festgestellt, dass die in Artikel 3 Absatz 2 der vorliegenden Verordnung genannte Verpflichtung nicht sichergestellt werden kann, so schreibt der betreffende Mitgliedstaat über die nach Absatz 1 des vorliegenden Artikels zu ergreifenden Maßnahmen hinaus auf nationaler oder regionaler Ebene vor, dass die Betriebsinhaber, welche Beihilfen unter einer der in Anhang I der Verordnung … Nr. 73/2009 aufgeführten Beihilferegelungen beantragen und über Dauergrünland verfügen, welches für andere Nutzungen umgebrochen worden ist, verpflichtet sind, Flächen wieder als Dauergrünland einzusäen.

…“

13      In Art. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1120/2009 wird der Begriff „Dauerkulturen“ definiert als „nicht in die Fruchtfolge einbezogene Kulturen außer Dauergrünland, die für die Dauer von mindestens fünf Jahren auf den Flächen verbleiben und wiederkehrende Erträge liefern, einschließlich Reb- und Baumschulen und Niederwald mit Kurzumtrieb“.

14      Art. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1120/2009 enthält eine Definition des Begriffs „Dauergrünland“, die folgenden Wortlaut hat:

„‚Dauergrünland‘: Flächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und mindestens fünf Jahre lang nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs waren, ausgenommen Flächen im Rahmen von Stilllegungsregelungen gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2078/92 des Rates …, gemäß den Artikeln 22, 23 und 24 der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates … und gemäß Artikel 39 der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates …; zu diesem Zweck sind ‚Gras oder andere Grünfutterpflanzen‘ alle Grünpflanzen, die herkömmlicherweise in natürlichem Grünland anzutreffen oder normalerweise Teil von Saatgutmischungen für Grünland oder Wiesen in dem Mitgliedstaat sind (unabhängig davon, ob die Flächen als Viehweiden genutzt werden). Die Mitgliedstaaten können Kulturpflanzen einschließen, die in Anhang I aufgeführt sind“.

15      In diesem Zusammenhang wird der Begriff „Grünland“ in Art. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 1120/2009 folgendermaßen definiert:

„‚Grünland‘: Ackerland, auf dem Gras erzeugt wird, wobei es sich um eingesätes oder natürliches Grünland handeln kann; für die Anwendung von Artikel 49 der Verordnung … Nr. 73/2009 zählt hierzu auch Dauergrünland“.

 Deutsches Recht

16      Zur Umsetzung der in den Unionsverordnungen vorgesehenen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Bereich der Erhaltung von Dauergrünland hat der deutsche Bundesgesetzgeber das Direktzahlungen-Verpflichtungengesetz erlassen. Nach § 3 dieses Gesetzes haben die Länder dafür Sorge zu tragen, dass auf ihrem Gebiet der Anteil des Dauergrünlands an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche nicht erheblich abnimmt. Zu diesem Zweck ermächtigt § 5 Abs. 3 Nr. 1 des Gesetzes die Landesregierungen, durch Rechtsverordnung den Umbruch von Grünland zu verbieten oder zu beschränken, soweit sich der Anteil des Dauergrünlands um mehr als 5 % verringert hat.

17      Auf der Grundlage dieser Ermächtigung hat das Land Schleswig-Holstein am 13. Mai 2008 die Dauergrünland-Erhaltungsverordnung (im Folgenden: DGL-VO SH) erlassen. Gemäß § 1 Abs. 1 DGL-VO SH wird, wenn angesichts der Anträge im Rahmen der Betriebsprämienregelung festgestellt wird, dass sich der Anteil des Dauergrünlands um mehr als 5 % verringert hat, dies von der zuständigen Behörde öffentlich bekannt gegeben mit der Folge, dass es nach dieser Bekanntmachung verboten ist, als Dauergrünland genutzte Flächen ohne Genehmigung umzubrechen.

18      In diesem Zusammenhang bestimmt § 2 DGL-VO SH:

„(1)      Inhaberinnen und Inhaber von Betrieben, die Direktzahlungen beantragen, dürfen nach Veröffentlichung der in § 1 Abs. 1 genannten Feststellung Dauergrünlandflächen im Sinne des Artikels 2 Nr. 2 der Verordnung [Nr.] 796/2004 … für die Dauer des Bezugs von Direktzahlungen nicht umbrechen …

(2)      Abweichend von Absatz 1 kann die zuständige Behörde das Umbrechen von Dauergrünland genehmigen …“

19      Das zuständige Ministerium des Landes Schleswig-Holstein hat im Amtsblatt für Schleswig-Holstein vom 23. Juni 2008 im Wege einer Allgemeinverfügung bekannt gemacht, dass sich der Anteil des Dauergrünlands um mehr als 5 % verringert habe. Seit dem auf die Bekanntmachung folgenden Tag gilt daher das Umbruchverbot gemäß § 1 Abs. 1 DGL-VO SH.

 Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

20      Herr Grund ist Landwirt und beantragt jährlich Betriebsprämien. In seinen Anträgen gab er ab 1998 und 1999 an, auf zwei seiner Flächen Ackergras anzubauen. Im Jahr 2005 schlitzte er auf diesen beiden Flächen Kleegrassamen ein und meldete sie von 2005 bis 2008 als Kleegrasflächen. Im Jahr 2009 wurden die beiden in Rede stehenden Flächen wieder als Ackergrasflächen genutzt. Mit dem Wirtschaftsjahr 2010 wurde eine der beiden Flächen verpachtet und ist seither als Mähweide beantragt. Auf der anderen Fläche baut Herr Grund seit 2010 Silomais auf der Grundlage einer Genehmigung an, die ihm unter Auferlegung der Verpflichtung erteilt wurde, eine andere ihm gehörende Fläche als Dauergrünland anzulegen.

21      Mit Schreiben vom 9. Januar 2009 teilte das Landesamt Herrn Grund mit, es habe diese beiden Flächen in Dauergrünlandnutzung umcodiert, weil sie in dem Zeitraum von 1998 bis 2008 für eine mindestens sechsjährige Phase durchgehend als Grünland genutzt worden seien. Zudem wies das Landesamt Herrn Grund darauf hin, dass für die betreffenden Flächen das Umbruchverbot der DGL-VO SH gelte.

22      Herr Grund erhob am 4. Juni 2009 gemäß § 43 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht Klage auf Feststellung, dass die beiden vom Landesamt umcodierten Flächen nicht dem Umbruchverbot unterliegen. Zur Begründung seiner Klage legte Herr Grund dar, er habe ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung, und machte geltend, dass die beiden Flächen nicht als Dauergrünland eingestuft werden könnten, weil Ackergrasflächen nach ein oder zwei Jahren umgebrochen würden. Herr Grund führte aus, unabhängig davon gelte, dass es sich bei einem Wechsel von Kleegras zu Ackergras oder umgekehrt um eine Fruchtfolge handele, die das Entstehen von Dauergrünland verhindere und eine bestehende Dauergrünlandnutzung beende.

23      Das Landesamt widersprach dieser Argumentation und vertrat die Auffassung, dass Ackergrasflächen, die regelmäßig umgebrochen würden, natürlichem Dauergrünland gleich stünden. Entscheidend sei, dass ununterbrochen dieselbe Pflanzenkultur angebaut werde; andernfalls trete eine Fruchtfolge ein. Nachdem auf den beiden betreffenden Flächen aber über fünf Jahre ununterbrochen Ackergras angebaut worden sei, handele es sich ungeachtet der nachfolgenden Einsaat von Kleegras um Dauergrünland.

24      Mit Urteil vom 13. Oktober 2010 wies das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht in erster Instanz die Klage als unbegründet ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass ein einmal erworbener Dauergrünland-Status nicht durch eine Fruchtfolge verschiedener Grünfutterpflanzen beendet werde. Mit Urteil vom 12. Mai 2011 wies das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht auf seine mündliche Verhandlung vom selben Tag die Berufung von Herrn Grund gegen dieses Urteil mit der Begründung zurück, dass der Wechsel vom Anbau von Gras zum Anbau anderer Grünfutterpflanzen unabhängig von der Frage, ob eine Fruchtfolge nur vorliege, wenn ein Wechsel vom Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen zum Anbau anderer landwirtschaftlicher Kulturpflanzen erfolge, die Eigenschaft bestehenden Grünlands nicht berühre.

25      Am 28. Juni 2011 legte Herr Grund beim Bundesverwaltungsgericht gegen dieses Urteil Revision ein.

26      In seinem Vorabentscheidungsersuchen betont das vorlegende Gericht, dass es an die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts in seinem Urteil vom 12. Mai 2011 gebunden sei. Es stellt klar, dass Herr Grund für die erste in Rede stehende Fläche, die verpachtet worden sei, nach wie vor ein Interesse an der Feststellung habe, dass es sich nicht um Dauergrünland handele, weil er seine Fläche gegebenenfalls für einen höheren Pachtzins verpachten könnte. Daher sei zu prüfen, ob diese Fläche am 12. Mai 2011 Dauergrünland gewesen sei. Zu der anderen Fläche, die seit 2010 nicht mehr als Grünland, sondern zum Anbau von Silomais genutzt wird, führt das vorlegende Gericht aus, dass sich das Feststellungsbegehren auf den Zeitpunkt des Nutzungswechsels beziehe, weil die in diesem Jahr beendete Dauergrünlandeigenschaft Grundlage dafür gewesen sei, dass sich Herr Grund zur Erlangung der Umbruchgenehmigung für diese Fläche habe verpflichten müssen, auf einer Ersatzfläche Dauergrünland anzulegen. Für die genannte Fläche sei daher zu prüfen, ob sie 2010 Dauergrünland gewesen sei.

27      Das vorlegende Gericht stellt fest, dass der Ausgang des Verfahrens von der Auslegung des Begriffs „Dauergrünland“ im Sinne des Unionsrechts und insbesondere im Sinne von Art. 2 Nr. 2 der Verordnung Nr. 796/2004 abhänge, da das einschlägige deutsche Recht ausdrücklich auf diese Bestimmung verweise, ungeachtet dessen, dass diese später durch die Verordnung Nr. 239/2005 geändert und durch die Verordnung Nr. 1122/2009 ersetzt worden sei. Für die Entscheidung des Streitfalls komme es deshalb darauf an, welche Veränderungen auf einer landwirtschaftlichen Fläche der Eigenschaft Dauergrünland entgegenstünden. Insoweit kann das vorlegende Gericht der Definition von „Dauergrünland“ in dieser Bestimmung keinen Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass der Umbruch von Grünland für sich gesehen das Bestehen von Dauergrünland ausschließe. Das vorlegende Gericht weist auch darauf hin, dass es dazu neige, in der Abfolge verschiedener Grünfutterpflanzen keine Fruchtfolge im Sinne der Verordnung Nr. 796/2004 zu sehen; gleichwohl sei die zutreffende Auslegung des Unionsrechts nicht so offenkundig, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibe. Das vorlegende Gericht nennt in diesem Zusammenhang einige unionsrechtliche Vorschriften betreffend Erhebungen über die Struktur landwirtschaftlicher Betriebe, die sich auf die Auslegung des besagten Begriffs auswirken könnten.

28      Unter diesen Umständen hat das Bundesverwaltungsgericht beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist eine landwirtschaftliche Fläche „Dauergrünland“ im Sinne von Art. 2 Nr. 2 der Verordnung Nr. 796/2004, wenn sie gegenwärtig und seit mindestens fünf Jahren zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt wird, die Fläche in diesem Zeitraum aber umgepflügt und anstelle der bisherigen Grünfutterpflanze (hier: Kleegras) eine andere Grünfutterpflanze (hier: Ackergras) eingesät wird, oder handelt es sich in diesen Fällen um eine Fruchtfolge, die das Entstehen von Dauergrünland ausschließt?

 Zur Vorlagefrage

 Vorbemerkungen

29      Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Definition von „Dauergrünland“ im Sinne von Art. 2 Nr. 2 der Verordnung Nr. 796/2004. Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass für die Feststellung, ob die beiden im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Flächen unter die Definition von „Dauergrünland“ fallen, auf 2010 bzw. 2011 abzustellen ist. Folglich ist die Definition von „Dauergrünland“ in der in diesen beiden Jahren geltenden Unionsregelung auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anzuwenden, d. h. die Definition gemäß Art. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1120/2009. Der Gerichtshof wird deshalb die Definition von „Dauergrünland“ nach dieser Bestimmung auslegen. Dass die in Rede stehende nationale Regelung weiterhin auf die Verordnung Nr. 796/2004 verweist, ist insoweit unerheblich.

30      Wie die Generalanwältin in Nr. 35 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, besteht jedoch kein grundlegender Unterschied zwischen der Definition von „Dauergrünland“ in Art. 2 Nr. 2 der Verordnung Nr. 796/2004 und der in Art. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1120/2009, da jedenfalls die für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits maßgeblichen Elemente dieser Definition in beiden Verordnungen im Wesentlichen identisch sind. Sollte das vorlegende Gericht nach dem nationalen Verfahrensrecht feststellen, dass im Ausgangsrechtsstreit letztlich die Definition von „Dauergrünland“ gemäß Art. 2 Nr. 2 der Verordnung Nr. 796/2004 einschlägig ist, ist daher die Antwort, die im vorliegenden Urteil auf die Vorlagefrage gegeben wird, auf diesen früheren Gesetzgebungsakt übertragbar.

 Zur Beantwortung der Frage

31      Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Definition von „Dauergrünland“ in Art. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1120/2009 dahin auszulegen ist, dass sie eine landwirtschaftliche Fläche umfasst, die gegenwärtig und seit mindestens fünf Jahren zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt wird, auch wenn die Fläche in diesem Zeitraum umgepflügt und eine andere als die zuvor dort angebaute Grünfutterpflanzenart eingesät wird.

32      Zunächst ist festzustellen, dass dem Wortlaut der Definition von „Dauergrünland“ in Art. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1120/2009 nicht zu entnehmen ist, dass das Umpflügen der Fläche und das Einsäen einer anderen als der dort zuvor angebauten Grünfutterpflanzenart für sich gesehen die Einstufung als „Dauergrünland“ ausschließt.

33      Außerdem wird in dieser Definition nicht zwischen Gras und bestimmten Grünfutterpflanzen unterschieden, so dass alle Gräser und alle anderen Grünfutterpflanzen einer einzigen Kategorie angehören, die nicht weiter unterteilt ist. Aus der Formulierung der Begriffe „Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen“ in der Definition geht nämlich hervor, dass alle Grünfutterpflanzenarten im Hinblick auf Art. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1120/2009 als gleichwertig gelten und sich die Wahl der auf den betreffenden Flächen angebauten spezifischen Grünfutterpflanzenart als solche nicht auf die Einstufung dieser Flächen als „Dauergrünland“ auswirkt. Dass die Formulierung Gras und andere Grünfutterpflanzen zusammenfasst, deutet deshalb darauf hin, dass eine „Fruchtfolge“ im Sinne dieser Bestimmung nur vorliegen kann, wenn eine andere Kulturpflanze als eine Grünfutterpflanze angebaut wird.

34      Darüber hinaus zeigt das in der Verordnung Nr. 1122/2009 vorgesehene System der Festlegung einer Verpflichtung zur Erhaltung von Dauergrünland auch, dass die Kategorie Dauergrünland nicht geeignet ist, in Unterkategorien unterschiedlicher Grünlandkulturen unterteilt zu werden, und dass somit die Wahl der angebauten Grünfutterpflanzenart insoweit unerheblich ist. Aus den in Art. 4 Abs. 1 und 2 dieser Verordnung verwendeten Begriffen geht nämlich hervor, dass nur die Nutzung der Flächen für andere Kulturpflanzen als Dauergrünland der vorherigen Genehmigungspflicht unterliegt. Der Begriff „andere Nutzungen“ in diesen Bestimmungen stellt lediglich „andere Nutzungen“ der Flächen ihrer Nutzung als Dauergrünland als allgemeine und unteilbare Kategorie gegenüber. Außerdem kann die in Art. 4 der Verordnung vorgesehene Verpflichtung, „Flächen wieder als Dauergrünland einzusäen“, nur dann einen Sinn haben, wenn die betreffenden Flächen nicht mehr als Grünland genutzt werden, nachdem sie für eine „andere Nutzung“ bestimmt worden sind.

35      Somit misst der Unionsgesetzgeber der Frage, welche Grünfutterpflanzenart auf den betreffenden Flächen konkret angebaut wurde, keine Bedeutung bei. Diese Regelung verlangt nämlich insbesondere nicht, dass die betreffenden Flächen mit derselben Grünfutterpflanzenart eingesät werden, die dort zuvor angebaut wurde. Was für die Einstufung als „Dauergrünland“ im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1120/2009 Bedeutung hat, ist die tatsächliche Nutzung oder Widmung der betreffenden Flächen (vgl. Urteil Landkreis Bad Dürkheim, C‑61/09, EU:C:2010:606, Rn. 37). Weder der Wechsel der Grasart noch im Übrigen das angewandte technische Verfahren wie Umpflügen oder Einschlitzen können sich auf diese Einstufung auswirken.

36      Außerdem deutet auch das im siebten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 73/2009 genannte Ziel der Erhaltung von Dauergrünland darauf hin, dass der Wechsel von einer bestimmten Grünlandart zu einer anderen auf derselben Fläche nicht als „Fruchtfolge“ im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1120/2009 angesehen werden kann, die die Einstufung als „Dauergrünland“ gemäß dieser Bestimmung ausschließt. Nach diesem Erwägungsgrund ist nämlich wegen der positiven Umweltauswirkungen von Dauergrünland dessen Erhaltung zu fördern, um einer massiven Umstellung auf Ackerland entgegen zu wirken.

37      Dieses Ziel der Erhaltung von Dauergrünland kann jedoch nur verwirklicht werden, wenn eine Abfolge unterschiedlicher Nutzungen der Flächen als Grünland ebenfalls geeignet ist, diesen nach fünf Jahren den Status als Dauergrünland zu verleihen. Hierzu ist die Umwandlung von Grünland in Ackerland insbesondere dadurch zu erschweren, dass verhindert wird, dass ein Landwirt seine zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzten Flächen ohne Mühe der Einstufung als „Dauergrünland“ im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1120/2009 entziehen und damit die mit dessen Erhaltung verbundenen Verpflichtungen umgehen kann.

38      Ließe man zu, dass bereits der Wechsel von einer Grünfutterpflanzenart zu einer anderen Grünfutterpflanzenart während des in dieser Bestimmung genannten Zeitraums von mindestens fünf Jahren die Einstufung als „Dauergrünland“ ausschließen kann, wäre es schwierig, das Ziel der Erhaltung von Dauergrünland zu erreichen. Werden die Flächen in diesem Zeitraum umgepflügt und mit einer anderen als der dort zuvor angebauten Grünfutterpflanzenart eingesät, kann dies deshalb für sich gesehen keine Auswirkungen auf diese Einstufung haben.

39      Im Übrigen kann diese Auslegung der Definition von „Dauergrünland“ in Art. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1120/2009 nicht durch die unionsrechtlichen Vorschriften betreffend Erhebungen über die Struktur landwirtschaftlicher Betriebe, auf die das vorlegende Gericht Bezug nimmt, in Frage gestellt werden, da, wie die Generalanwältin in Nr. 66 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, Sinn und Zweck dieser Vorschriften von dem der Vorschriften über Direktzahlungen, auf die sich das Vorabentscheidungsersuchen bezieht, abweichen.

40      Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die Definition von „Dauergrünland“ in Art. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1120/2009 dahin auszulegen ist, dass sie eine landwirtschaftliche Fläche umfasst, die gegenwärtig und seit mindestens fünf Jahren zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt wird, auch wenn die Fläche in diesem Zeitraum umgepflügt und eine andere als die zuvor dort angebaute Grünfutterpflanzenart eingesät wird.

 Kosten

41      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

Die Definition von „Dauergrünland“ in Art. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1120/2009 der Kommission vom 29. Oktober 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Betriebsprämienregelung gemäß Titel III der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe ist dahin auszulegen, dass sie eine landwirtschaftliche Fläche umfasst, die gegenwärtig und seit mindestens fünf Jahren zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt wird, auch wenn die Fläche in diesem Zeitraum umgepflügt und eine andere als die zuvor dort angebaute Grünfutterpflanzenart eingesät wird.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.