Language of document : ECLI:EU:C:2017:107

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MELCHIOR WATHELET

vom 9. Februar 2017(1)

Rechtssache C99/16

Jean-Philippe Lahorgue

gegen

Ordre des avocats du barreau de Lyon,

Conseil national des barreaux (CNB),

Conseil des barreaux européens (CCBE),

Ordre des avocats du barreau de Luxembourg

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal de grande instance de Lyon [Landgericht Lyon, Frankreich])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Freier Dienstleistungsverkehr – Richtlinie 77/249/EWG – Art. 4 – Art. 5 – Ausübung des Rechtsanwaltsberufs – Zugang zum ‚RPVA‘ – Verweigerung der Einrichtung – Diskriminierung“






I.      Einleitung

1.        Das Ersuchen um Vorabentscheidung betrifft die Auslegung von Art. 4 der Richtlinie 77/249/EWG des Rates vom 22. März 1977 zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte(2).

2.        Die Frage nach den Hindernissen für die Dienstleistungsfreiheit von Rechtsanwälten ist nicht neu. Die Computerisierung der Justiz und die elektronische Bearbeitung der Verfahrensakten, das Entstehen neuer Kommunikationswege, die Möglichkeiten der virtuellen Speicherung oder noch mehr die Programme künstlicher Intelligenz führen unvermeidbar zu einer veränderten Wahrnehmung des Berufs und seiner Ausübung.

3.        Das vorliegende Ersuchen um Vorabentscheidung fügt sich in diesen Kontext ein. Es ist nämlich die Folge der Weigerung der Rechtsanwaltskammer Lyon (Frankreich), Herrn Lahorgue als Erbringer grenzüberschreitender Dienstleistungen das für eine sichere elektronische Kommunikation mit den Kanzleien der französischen Gerichte erforderliche Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, nämlich den Router für den Zugang zum privaten virtuellen Anwaltsnetzwerk (RPVA-Router).

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

4.        Art. 4 der Richtlinie 77/249 lautet:

„(1)      Die mit der Vertretung oder der Verteidigung eines Mandanten im Bereich der Rechtspflege oder vor Behörden zusammenhängenden Tätigkeiten des Rechtsanwalts werden im jeweiligen Aufnahmestaat unter den für die in diesem Staat niedergelassenen Rechtsanwälte vorgesehenen Bedingungen ausgeübt, wobei jedoch das Erfordernis eines Wohnsitzes sowie das der Zugehörigkeit zu einer Berufsorganisation in diesem Staat ausgeschlossen sind.

(2)      Bei der Ausübung dieser Tätigkeit hält der Rechtsanwalt die Standesregeln des Aufnahmestaats neben den ihm im Herkunftsstaat obliegenden Verpflichtungen ein.

…“

5.        Art. 5 der Richtlinie 77/249 sieht Folgendes vor:

„Für die Ausübung der Tätigkeiten, die mit der Vertretung und der Verteidigung von Mandanten im Bereich der Rechtspflege verbunden sind, kann ein Mitgliedstaat den unter Artikel 1 fallenden Rechtsanwälten als Bedingung auferlegen,

–        dass sie nach den örtlichen Regeln oder Gepflogenheiten beim Präsidenten des Gerichtes und gegebenenfalls beim zuständigen Vorsitzenden der Anwaltskammer des Aufnahmestaats eingeführt sind;

–        dass sie im Einvernehmen entweder mit einem bei dem angerufenen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt, der gegebenenfalls diesem Gericht gegenüber die Verantwortung trägt, oder mit einem bei diesem Gericht tätigen ‚avoué‘ oder ‚procuratore‘ handeln.“

B.      Französisches Recht

1.      Dekret Nr. 91-1197

6.        Die Richtlinie 77/249 wurde mit dem Dekret Nr. 91-1197 vom 27. November 1991 zur Regelung des Rechtsanwaltsberufs in französisches Recht umgesetzt.

7.        Art. 202-1 des Dekrets Nr. 91-1197 lautet:

„Ist ein Rechtsanwalt [Angehöriger eines Mitgliedstaats mit einer dauerhaften Niederlassung in einem der Mitgliedstaaten] als Vertreter oder zur Verteidigung eines Mandanten vor Gericht oder vor staatlichen Stellen tätig, übt er seine Tätigkeit unter denselben Bedingungen wie ein in Frankreich zugelassener Rechtsanwalt aus.

In Zivilsachen, in denen vor dem Tribunal de grande instance [(Landgericht)] Anwaltszwang besteht, kann er nur dann als Anwalt auftreten, wenn er eine Zustellungsanschrift bei einem bei dem angerufenen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt angegeben hat …

Im Fall eines Anwaltszwangs vor der Cour d’appel [(Berufungsgericht)] kann er erst dann als Anwalt auftreten, wenn er eine Zustellungsanschrift bei einem Rechtsanwalt benannt hat, der die Parteien dort vertreten darf und dem die Verfahrensakten zugestellt werden können. …“

2.      Zivilprozessordnung

8.        Mit dem Dekret Nr. 2005-1678 vom 28. Dezember 2005 wurde ein neuer Titel XXI („Elektronische Kommunikation“) in die Zivilprozessordnung eingeführt.

9.        Art. 748-1 der derzeit geltenden Fassung der Zivilprozessordnung, der zu den Bestimmungen dieses Titels gehört, lautet: „Das Versenden, die Übergabe und die Zustellung von Verfahrensschriftstücken, Unterlagen, Mitteilungen, Bescheiden oder Vorladungen, Berichten, Protokollen sowie mit der Vollstreckungsklausel versehenen Kopien und Ausfertigungen gerichtlicher Entscheidungen können unter den in diesem Abschnitt festgelegten Bedingungen und Modalitäten elektronisch erfolgen, unbeschadet der besonderen Bestimmungen, die diese Art der Kommunikation vorschreiben“.

10.      Im Übrigen bestimmt Art. 930-1 der Zivilprozessordnung hinsichtlich des Verfahrens vor den Berufungsgerichten mit Anwaltszwang Folgendes:

„Verfahrensschriftstücke werden dem Gericht auf elektronischem Wege übermittelt, andernfalls werden sie von Amts wegen als unzulässig zurückgewiesen.

Kann ein Schriftstück aus einem vom Versender nicht zu vertretenden Grund nicht elektronisch übermittelt werden, wird es auf Papier erstellt und der Kanzlei übermittelt.

Mitteilungen, Bescheide oder Vorladungen werden den Rechtsanwälten der Parteien elektronisch übermittelt, es sei denn, dies ist aus einem vom Versender nicht zu vertretenden Grund nicht möglich.

Eine Verordnung des Justizministers regelt die Modalitäten der elektronischen Kommunikation.“

3.      Verordnung vom 7. April 2009 betreffend die elektronische Kommunikation vor den Tribunaux de grande instance (Landgerichte)

11.      Art. 5 der Verordnung vom 7. April 2009(3) bestimmt: „Der Zugang von Rechtsanwälten zum elektronischen Kommunikationssystem der Gerichte erfolgt über einen Anschluss an ein unabhängiges privates Netzwerk mit der Bezeichnung ‚Privates virtuelles Anwaltsnetzwerk (RPVA)‘, das unter der Verantwortung des Conseil national des barreaux [(Nationalrat der Rechtsanwaltskammern)] geführt wird.“

12.      Art. 9 dieser Verordnung bestimmt ferner: „Die Sicherheit der Verbindung der Rechtsanwälte zum RPVA wird durch einen Identifikationsmechanismus gewährleistet. Grundlage dieses Mechanismus ist ein Zertifizierungsdienst, der … die Authentifizierung eines Rechtsanwalts als natürliche Person sicherstellt. Dieser Mechanismus überprüft die Gültigkeit des elektronischen Zertifikats. Dieses wird von einem Erbringer elektronischer Zertifizierungsdienste im Namen des Conseil national des barreaux [(Notariat der Rechtsanwaltskammern)], der Zertifizierungsbehörde, ausgestellt.

III. Das RPVA

13.      Frankreich hat Mitte der 2000er Jahre die Gerichtsverfahren auf papierlose Verfahren umgestellt.

14.      Am Ende dieses Prozesses wurde ein Protokoll über die elektronische Kommunikation zwischen Gerichten und Rechtsanwälten (mit der Bezeichnung „ComCi TGI“ für die Gerichte erster Instanz und „ComCi CA“ für die Gerichte zweiter Instanz) unterzeichnet.

15.      Gegenstand dieses Protokolls ist u. a. die Kommunikation zwischen Gerichten und Anwälten durch den papierlosen Austausch strukturierter Daten. Technisch handelt es sich um zwei verschiedene Intranet-Netzwerke, die über eine „e‑barreau“ genannte Plattform verbunden sind. Diese beiden Netzwerke sind zum einen das vom Justizminister verwaltete Intranet der Gerichte (réseau privé virtuel justice, privates virtuelles Gerichtsnetzwerk) und zum anderen das vom Conseil national des barreaux (Nationalrat der Rechtsanwaltskammern, CNB) verwaltete RPVA.

16.      Die zwischen den Anwaltskanzleien und der Plattform der RPVA-Dienste ausgetauschten Daten werden zwischen dem VPN-Router auf dem lokalen Netzwerk der Anwaltskanzlei vor dem Internet-Zugang der Kanzlei und dem VPN-Front-end am Zugang zur Plattform der RPVA-Dienste mit einem Algorithmus verschlüsselt.

17.      Nur Router mit einer ordnungsgemäßen Identifikation und einer Berechtigung für eine Verbindung mit dem RPVA-Dienst können eine Verbindung mit dem VPN-Front-end am Zugang zur RPVA-Plattform herstellen und somit auf den „e‑barreau“-Dienst zugreifen. Der CNB hat in der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2017 erklärt, der Zugang solle künftig mittels USB-Sticks erfolgen.

18.      Materiell besteht dieses Gerät aus einem elektronischen Zertifikat, das auf einem körperlichen Träger verschlüsselt gespeichert ist und für einen Rechtsanwalt ausgestellt ist, d. h. einer Speichervorrichtung mit einem USB-Anschluss. Dieses Gerät wird RPVA-Router genannt, und es ermöglicht die Authentifizierung der Nutzer der „e‑barreau“-Dienste.

19.      Praktisch wird die Authentifizierung ermöglicht, weil das persönliche elektronische Zertifikat des Rechtsanwalts mit dem nationalen Verzeichnis der Rechtsanwälte verbunden ist, das automatisch über eine tägliche Synchronisierung mit den Verzeichnissen aller französischen Rechtsanwälte aktualisiert wird.

20.      Im Anschluss an dieses Protokoll wurden sukzessive mehrere Vereinbarungen zwischen dem Justizministerium und dem CNB geschlossen, um die Modalitäten und Bedingungen der elektronischen Kommunikation zwischen Rechtsanwälten und den erst- und zweitinstanzlichen Gerichten festzulegen.

21.      Gemäß Art. VI der Vereinbarung vom 16. Juni 2010 zwischen dem Justizministerium und dem CNB erfolgt die Eintragung in „ComCi Ca“ und „ComCi TGI“ über die Rechtsanwaltskammer, der der Rechtsanwalt angehört. Der RPVA-Zugang wird auch von dieser Kammer eingerichtet(4).

IV.    Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits

22.      Herr Lahorgue, französischer Staatsangehöriger, ist ein bei der Luxemburger Rechtsanwaltskammer zugelassener Rechtsanwalt.

23.      Er beantragte bei der Rechtsanwaltskammer Lyon einen RPVA-Zugang. Diese gab dem Antrag von Herrn Lahorgue nicht statt, da er nicht bei der Rechtsanwaltskammer Lyon zugelassen sei.

24.      Im Anschluss an diese Weigerung beantragte Herr Lahorgue beim Präsidenten des Tribunal de grande instance de Lyon (Landgericht Lyon) in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Rechtsanwaltskammer Lyon, den CNB, den Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) und gegen die Rechtsanwaltskammer Luxemburg, die Rechtsanwaltskammer Lyon zu verpflichten, ihm binnen acht Tagen und unter Androhung eines Zwangsgelds den RPVA-Zugang einzurichten, so dass er den Beruf eines Rechtsanwalts in Frankreich in vollem Umfang unter denselben Voraussetzungen wie ein französischer Anwalt ausüben könne.

25.      Der vorlegende Richter hat Zweifel an der Vereinbarkeit der ablehnenden Entscheidung der Rechtsanwaltskammer Lyon mit dem Unionsrecht.

26.      Da es insbesondere bei der Beschreitung des Rechtswegs im Bereich des Strafrechts oder des Sozialrechts für einen Rechtsanwalt aus einem anderen Mitgliedstaat keine Einschränkungen dahin gehend gebe, dass eine Pflicht bestehe, einen Einvernehmensanwalt, der Mitglied der Rechtsanwaltskammer des Ortes sei, an dem sich das betreffende Gericht befinde, hinzuzuziehen, könne es sich als nicht mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar erweisen, einen Rechtsanwalt eines anderen Mitgliedstaats zu verpflichten, einen Rechtsanwalt der Anwaltskammer des Ortes, an dem sich das betreffende Gericht befinde, für die Nutzung des RPVA hinzuzuziehen.

27.      Unter diesen Umständen erachtete der Präsident des Tribunal de grande instance de Lyon (Landgericht Lyon) es als sachgerecht, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen.

V.      Das Vorabentscheidungsersuchen und das Verfahren vor dem Gerichtshof

28.      Mit Beschluss im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vom 15. Februar 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Februar 2016, und dem ergänzenden Beschluss im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vom 14. März 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 22. März 2016, hat der Präsident des Tribunal de grande instance de Lyon (Landgericht Lyon) beschlossen, dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Verstößt es insofern gegen Art. 4 der Richtlinie 77/249, als eine diskriminierende Maßnahme vorliegt, mit der die Berufsausübung als freier Dienstleistungserbringer behindert wird, wenn einem Rechtsanwalt, der ordnungsgemäß bei der Rechtsanwaltskammer eines Mitgliedstaats, in dem er den Rechtsanwaltsberuf ausüben möchte, zugelassen ist, die Einrichtung eines Zugangs zum Réseau Privé Virtuel des Avocats (Privates Virtuelles Anwaltsnetzwerk – RPVA) in Fällen verweigert wird, in denen dieser Einvernehmensanwalt nicht gesetzlich vorgeschrieben ist?

29.      Diese Frage enthält eine Aussage, die der Situation des Klägers des Ausgangsverfahrens nicht entspricht, da sie auf die Situation eines Rechtsanwalts abstellt, „der bei der Rechtsanwaltskammer eines Mitgliedstaats zugelassen ist, in dem er den Rechtsanwaltsberuf als freier Dienstleistungserbringer ausüben möchte“, was bei Herrn Lahorgue nicht der Fall ist.

30.      Außerdem ändert diese Formulierung die vorgeschlagene Frage, wie sie diesem selbst formuliert worden war. Das vorlegende Gericht ist zwar nicht an die Vorschläge der Beteiligten in dieser Hinsicht gebunden(5), dem Vorabentscheidungsersuchen ist aber zu entnehmen, dass das vorlegende Gericht in diesem Fall „die vom Antragsteller vorgeschlagene Vorlagefrage“ stellen wollte(6).

31.      Da diese vorgeschlagene Frage weder einen Widerspruch noch eine Ungenauigkeit enthält und der tatsächlichen Situation des Klägers des Ausgangsverfahrens entspricht, ist die Frage meines Erachtens so zu verstehen, wie sie im ersten Absatz des Vorabentscheidungsersuchens formuliert ist, und nicht, wie sie im Tenor formuliert ist:

Verstößt es insofern gegen Art. 4 der Richtlinie 77/249, als eine diskriminierende Maßnahme vorliegt, mit der die Berufsausübung als freier Dienstleistungserbringer behindert wird, wenn einem ordnungsgemäß bei der Rechtsanwaltskammer eines Mitgliedstaats zugelassenen Rechtsanwalt die Einrichtung eines RPVA-Zugangs nur deshalb verweigert wird, weil er nicht bei der Rechtsanwaltskammer des anderen Mitgliedstaats, in dem er den Anwaltsberuf als freier Dienstleistungserbringer ausüben möchte, zugelassen ist, in den Fällen, in denen der Einvernehmensanwalt nicht gesetzlich vorgeschrieben ist?

32.      Der CNB, die französische Regierung und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Ferner haben sie in der Sitzung vom 11. Januar 2017 mündlich verhandelt.

33.      Herr Lahorgue und die Rechtsanwaltskammer Lyon haben keine schriftlichen Erklärungen abgegeben. Sie haben jedoch in dieser mündlichen Verhandlung ihre Argumente dargelegt.

VI.    Würdigung

A.      Die Rechtsprechung zur Dienstleistungsfreiheit der Rechtsanwälte

34.      Wie bereits in der Einleitung zu diesen Schlussanträgen ausgeführt, ist die Frage der Dienstleistungsfreiheit der Rechtsanwälte und ihrer möglichen Behinderungen nicht neu. Der Gerichtshof hatte noch vor dem Erlass der Richtlinie 77/249 Gelegenheit, die Anwendbarkeit der Vertragsbestimmungen zur Niederlassungsfreiheit und zur Dienstleistungsfreiheit für Rechtsanwälte in einem zeitlichen Abstand von sechs Monaten zu bestätigen(7).

35.      Es überrascht deshalb nicht, dass die Grundsätze, die anlässlich der Auslegung dieser Vertragsbestimmungen entwickelt wurden, auf Dienstleistungen, die dem Beruf des Rechtsanwalts eigen sind, angewandt wurden.

36.      So verlangt Art. 56 AEUV nicht nur die Beseitigung jeder Diskriminierung des in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistenden aufgrund seiner Staatsangehörigkeit, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen – selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gelten –, die geeignet sind, die Tätigkeiten des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und dort rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden oder erheblich zu behindern.(8)

37.      Mit anderen Worten steht Art. 56 AEUV der Anwendung jeder nationalen Regelung entgegen, die die Erbringung von Dienstleistungen zwischen Mitgliedstaaten gegenüber der Erbringung von Dienstleistungen allein innerhalb eines Mitgliedstaats erschwert(9).

38.      Der Gerichtshof hat jedoch bestätigt, dass nach gefestigter Rechtsprechung nationale Maßnahmen, die die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten behindern oder weniger attraktiv machen können, zulässig sind, sofern sie vier Voraussetzungen erfüllen:

–        Sie werden in nicht diskriminierender Weise angewandt,

–        sie tragen zwingenden Erfordernissen des Allgemeininteresses Rechnung,

–        sie sind geeignet, die Verwirklichung des verfolgten Ziels sicherzustellen, und

–        sie gehen nicht über das hinaus, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist(10).

B.      Die Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall

1.      Vorbemerkungen zur Beschränkung des Rechtsstreits auf den Fall, den das vorlegende Gericht in Betracht zieht, und zum rechtlichen Rahmen

a)      Zur Beschränkung des Rechtsstreits auf Verfahren, in denen kein Anwaltszwang besteht

39.      Die Frage die sich im Ausgangsverfahren stellt, ist die, ob es gegen Art. 4 der Richtlinie 77/249 verstößt, wenn ein Mitgliedstaat die technischen Voraussetzungen für die elektronische Übermittlung der Verfahrensakten an die Gerichte dieses Mitgliedstaats nur den Rechtsanwälten zur Verfügung stellt, die bei einer Rechtsanwaltskammer dieses Staates zugelassen sind.

40.      Aus dem Vorabentscheidungsersuchen sowie aus den schriftlichen und mündlichen Erklärungen, die gegenüber dem Gerichtshof abgegeben wurden, scheint sich zu ergeben, dass die für straf- und sozialrechtliche Verfahren geltenden Verfahrensregeln keinen Anwaltszwang und damit auch keinen Einvernehmensanwalt der Anwaltskammer am Ort des angerufenen Gerichts vorschreiben. Das vorlegende Gericht geht jedoch offenbar von der Prämisse aus, dass der Umstand, dass der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassene Rechtsanwalt über keinen RPVA-Zugang verfügt, ihn tatsächlich verpflichtet, auf einen solchen Rechtsanwalt zurückzugreifen.

41.      Nach Ansicht der französischen Regierung ist die Frage des vorlegenden Gerichts nur in diesen Verfahren erheblich, nicht in Verfahren mit Anwaltszwang. In den letztgenannten Verfahren seien nämlich sowohl in Frankreich niedergelassene Rechtsanwälte (die bei anderen Anwaltskammern als derjenigen, in deren Zuständigkeitsbereich das angerufene Gericht liege) als auch in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassene Rechtsanwälte verpflichtet, einen Rechtsanwalt beizuziehen, der berechtigt sei, bei dem genannten Gericht aufzutreten. Nur für diesen Letztgenannten sei ein Zugang zum RPVA erforderlich.

42.      Die Kommission ist dagegen der Ansicht, dass die Antwort auf die Frage der Vereinbarkeit der Pflicht zur Zulassung bei der örtlichen Anwaltskammer, um einen Zugang zum RPVA zu erhalten, mit Art. 4 der Richtlinie 77/249 unabhängig von der Art des in Rede stehenden Verfahrens (zivilrechtliches Verfahren, Strafverfahren oder sozialrechtliches Verfahren) ist.

43.      Da das vorlegende Gericht seine Beschreibung des rechtlichen und faktischen Rahmens nur auf die Verfahren beschränkt hat, in denen kein Anwaltszwang besteht, ist es meines Erachtens nicht Aufgabe des Gerichtshofs, in seiner Antwort eine Situation in Betracht zu ziehen, die nicht Gegenstand einer ihm vorgelegten Frage war(11).

b)      Zum rechtlichen Rahmen

44.      Um sicherzugehen, dass er die Frage des vorlegenden Gerichts richtig versteht und er ihm eine sachdienliche Antwort gibt, hat der Gerichtshof das vorlegende Gericht am 12. Oktober 2016 um Klarstellung ersucht und es gebeten, bis zum 21. November 2016 zu bestätigen, dass im Fall der Verfahren, die es in Betracht ziehe (d. h. straf- und sozialrechtliche Verfahren), die Übermittlung der Verfahrensakten auf dem Postweg nach französischem Recht zulässig sei.

45.      Aus der Antwort des vorlegenden Gerichts vom 14. Dezember 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Dezember 2016, und den ergänzenden Erläuterungen des Vertreters der französischen Regierung in der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2017 ergibt sich, dass die obligatorische elektronische Übermittlung grundsätzlich auf Berufungsverfahren beschränkt ist, für die ein Anwaltszwang gilt.

46.      Jedoch wurde die elektronische Übermittlung auch in drei weiteren Fallgestaltungen, in denen die Vertretung durch einen Rechtsanwalt fakultativ ist, ermöglicht, aber nicht zur Pflicht gemacht: für bestimmte Verfahren vor den Tribunaux de grande instance (Landgerichte)(12), für Verfahren vor den Berufungsgerichten, in denen die Vertretung durch einen Rechtsanwalt fakultativ ist(13), sowie für Verfahren vor den Handelsgerichten(14).

47.      Jedenfalls ist, unabhängig von dem Verfahren, in dem die elektronische Übermittlung zugelassen ist, der Zugang zu diesem Kommunikationsweg auf die Rechtsanwälte im Bezirk des betreffenden Gerichts beschränkt. Für die anderen Rechtsanwälte, darunter auch die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Rechtsanwälte, ist nur die Übermittlung durch Einreichung bei der Kanzlei oder auf dem Postweg erlaubt.

2.      Zum Vorliegen einer Beschränkung

48.      Aus dem so bestimmten rechtlichen Rahmen ergibt sich, dass die elektronische Übermittlung in bestimmten Verfahren, in denen kein Anwaltszwang besteht, d. h. in den Verfahren, auf die sich das Vorabentscheidungsersuchen bezieht, erlaubt ist(15).

49.      Da diese Möglichkeit vom RPVA-Zugang abhängt, bestehen kaum Zweifel daran, dass die Ablehnung der Einrichtung eines solchen Zugangs für Rechtsanwälte, die nicht bei einer französischen Rechtsanwaltskammer zugelassen sind, eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit darstellen kann.

50.      Wie nämlich der CNB feststellt, entsteht durch diese Ablehnung die Gefahr, die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit durch Rechtsanwälte, die nicht bei einer französischen Anwaltskammer zugelassen sind, zu beeinträchtigen oder weniger attraktiv zu machen, da sie nicht ganz einfach die digitalisierten Verfahren benutzen können, wenn sie nicht systematisch die Unterstützung eines bei einer französischen Anwaltskammer zugelassen Rechtsanwalts in Anspruch nehmen, der über einen RPVA-Zugang verfügt(16).

51.      Vorschriften, die die grenzüberschreitende Dienstleistung der Rechtsanwälte weniger attraktiv machen oder erschweren, stellen eine verbotene Beschränkung im Sinne von Art. 56 AEUV und Art. 4 der Richtlinie 77/249 dar(17).

3.      Zum Vorliegen einer Rechtfertigung

52.      Gemäß der oben erwähnten ständigen Rechtsprechung „kann [eine Beschränkung] gerechtfertigt sein, wenn sie zwingenden Gründen des Allgemeinwohls entspricht, geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist“(18).

a)      Zum Vorliegen zwingender Gründe des Allgemeininteresses

53.      Der CNB und die französische Regierung berufen sich auf den Grundsatz der geordneten Rechtspflege als zwingenden Grund des Allgemeininteresses, der die Verweigerung der Einrichtung eines RPVA-Zugangs für Rechtsanwälte, die nicht bei einer französischen Anwaltskammer zugelassen sind, rechtfertigen kann. Zu diesem ersten Grund fügt die französische Regierung noch den Schutz des Endempfängers der rechtlichen Dienstleistung hinzu.

54.      Gewiss „[stellen] zum einen der Schutz der Verbraucher, u. a. der Empfänger gerichtsbezogener, von Organen der Rechtspflege erbrachter Dienstleistungen, und zum anderen einer geordneten Rechtspflege Ziele dar …, die als zwingende Gründe des Allgemeininteresses angesehen werden können und mit denen sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt …“(19).

55.      Der Schutz der Bürger, d. h. der „Empfänger juristischer Dienstleistungen“, und die geordnete Rechtspflege sind zwangsläufig an das Erfordernis der Kontrolle und Verantwortlichkeit des Erbringers der Dienstleistungen geknüpft(20).

56.      Insoweit ist der Hinweis angebracht, dass trotz etwaiger Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten eine gemeinsame Vorstellung von der Funktion eines Rechtsanwalts in der Rechtsordnung der Union besteht: die eines Organs der Rechtspflege, das in völliger Unabhängigkeit und im höheren Interesse der Rechtspflege die rechtliche Unterstützung zu gewähren hat, die der Mandant benötigt(21). Diesem Schutz stehen auf der anderen Seite die Berufs- und Standespflichten gegenüber, die im allgemeinen Interesse festgelegt und kontrolliert werden(22).

57.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs entspricht eine solche Vorstellung der gemeinsamen Rechtstradition der Mitgliedstaaten. Sie findet sich auch in der Rechtsordnung der Union, wie sich aus Art. 19 der Satzung des Gerichtshofs(23), genauer aus seinem Abs. 4, ergibt, wonach „[n]ur ein Anwalt, der berechtigt ist, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aufzutreten, … vor dem Gerichtshof als Vertreter oder Beistand einer Partei auftreten [kann]“.

58.      Unter diesem Gesichtspunkt fordert der Gerichtshof auch selbst von Anwälten die Vorlage eines Ausweises, mit dem ihre Berechtigung, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des EWR-Abkommens aufzutreten, bescheinigt wird, um eine Partei im Rahmen einer Direktklage vertreten zu können(24), ebenso wie dafür, um die im vorstehenden Artikel genannten Vorrechte, Befreiungen und Erleichterungen, die durch die Verfahrensordnung des Gerichtshofs auf Bevollmächtigte, Beistände und Anwälte beschränkt ist(25), in Anspruch nehmen zu können. Ein solcher Nachweis ist auch für die Nutzung der Informatik-Anwendung e-Curia erforderlich, die die Einreichung und Zustellung von Verfahrensunterlagen auf elektronischem Weg erlaubt(26).

59.      Ähnliche Erwägungen erklären auch, warum es für einen nicht in Frankreich zugelassenen Rechtsanwalt nicht möglich ist, eine Zugangsberechtigung zum RPVA zu erhalten: die Pflicht, zu gewährleisten, dass die Identität der an der elektronischen Kommunikation teilnehmenden Rechtsanwälte zuverlässig festgestellt wird, und insbesondere die Vertraulichkeit des Datenverkehrs(27). Art. 9 der Verordnung vom 7. April 2009 bestimmt nämlich insbesondere, dass „die Sicherheit des Zugangs der Rechtsanwälte zum RPVA mittels Identifikation garantiert wird. Diese Identifikation beruht auf einem Zertifizierungsdienst, der die Authentifizierung der Eigenschaft eines Rechtsanwalts als natürliche Person gewährleistet“.

60.      In diesem Sinne gehören der RPVA-Zugang und die Modalitäten im Zusammenhang mit seiner Einrichtung zur geordneten Rechtspflege und zum Schutz des Endempfängers der rechtlichen Dienstleistung.

b)      Zur Eignung der streitigen Maßnahmen, das anerkannte Ziel zu erreichen

61.      Außerdem sind meines Erachtens diese Mittel, d. h. der RPVA-Zugang und die Modalitäten seiner Einrichtung, geeignet, diese Ziele zu gewährleisten, da die örtlichen Anwaltskammern auch die Verantwortung für die Eintragung der Rechtsanwälte in die Anwaltsliste und ihre Aktualisierung tragen und da die Identifizierung des Rechtsanwalts, der eine Verbindung mit dem RPVA herstellen will, mittels eines persönlichen elektronischen Zertifikats geschieht, das mit dem nationalen Anwaltsverzeichnis verbunden ist, das automatisch über eine tägliche Synchronisierung mit den Gesamtverzeichnissen aller französischen Anwaltskammern aktualisiert wird.

62.      Das System erlaubt also nur Rechtsanwälten, die die notwendigen Bedingungen für die Ausübung des Berufs erfüllen, sich beim RPVA einzuloggen.

c)      Zur Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen

63.      Dagegen geht die Berufung auf das Fehlen eines Anwaltsverzeichnisses auf EU-Ebene, um die schlichte Weigerung, Rechtsanwälten, die nicht bei einer französischen Anwaltskammer zugelassen sind, einen RPVA-Zugang einzurichten, zu rechtfertigen, meines Erachtens über das hinaus, was notwendig ist, um die Anwaltseigenschaft zu authentifizieren und damit den Schutz der Empfänger juristischer Dienstleistungen und die geordnete Rechtspflege im Rahmen von Verfahren ohne Anwaltszwang zu gewährleisten.

64.      Um das Verhältnismäßigkeitserfordernis zu erfüllen, darf die untersuchte Maßnahme nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um das verfolgte rechtmäßige Ziel zu erreichen. Mit anderen Worten, der Normgeber muss unter den verschiedenen möglichen Optionen diejenige wählen, die das in Rede stehende Recht oder die in Rede stehende Freiheit am wenigsten beeinträchtigt.

65.      Zwar kann der Nachweis der Identität und der Anwaltseigenschaft unbestreitbar als Vorbedingung für die Einrichtung eines RPVA-Zugangs gefordert werden, doch erscheint die tägliche Überprüfung dieser Eigenschaft exzessiv, da sie aus rein technischen Gründen dazu führt, dass die Benutzung eines modernen, schnellen und sicheren Kommunikationsmittels unmöglich wird(28).

66.      Das sich daraus ergebende Verbot ist umso unverhältnismäßiger, als es zur Folge hat, dass die einzige Möglichkeit der Kommunikation mit der Kanzlei der betreffenden Gerichte der Postweg ist. Eine solche Vorgehensweise scheint mir mit den zu diesem Beginn des 21. Jahrhunderts benutzten Arbeitsmethoden nicht vereinbar zu sein.

67.      Außerdem ist in diesem letztgenannten Fall das Erfordernis einer geordneten Rechtspflege und der Gewährleistung des Schutzes der Empfänger juristischer Dienstleistungen offensichtlich weniger zwingend, da bei Benutzung des Postwegs die Überprüfung der Anwaltseigenschaft nicht systematisch und ständig gefordert wird.

68.      Unter diesen Umständen kann das Gleichgewicht zwischen der Dienstleistungsfreiheit des Rechtsanwalts in einer modernen Welt einerseits und dem Schutz der Empfänger juristischer Dienstleistungen und einer geordneten Rechtspflege andererseits dadurch erreicht werden, dass der Nachweis der Anwaltseigenschaft periodisch oder z. B. bei jedem neuen Verfahren erneuert werden muss.

69.      Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass, wenn Frankreich sich dafür entscheiden würde, das Erfordernis eines Einvernehmensanwalts auf Verfahren ohne Anwaltszwang auszudehnen (Möglichkeit, die Art. 5 der Richtlinie 77/249 einräumt), das Verbot für den dienstleistenden Anwalt, einen RPVA-Zugang zu benutzen, gerechtfertigt sein könnte(29).

70.      Jedoch sollte ein solches Verfahren, das vor mehr als 40 Jahren konzipiert wurde, vor dem Hintergrund der modernen Praxis des Anwaltsberufs und der heutigen Anforderungen der Bürger selbst auf seine Zweckdienlichkeit hin überprüft werden, ohne jedoch die notwendigen Garantien zu deren Schutz aufzugeben. Gleichwohl würde eine solche Prüfung die Aufgabe des Richters überschreiten, und es ist Aufgabe des Gesetzgebers, sich gegebenenfalls hiermit zu befassen.

VII. Ergebnis

71.      Die Verweigerung der Einrichtung eines RPVA-Zugangs für einen Rechtsanwalt, der ordnungsgemäß bei einer Rechtsanwaltskammer eines Mitgliedstaats zugelassen ist, allein aus dem Grund, dass er in dem Mitgliedstaat, in dem die RPVA eingeführt ist, nicht als Rechtsanwalt zugelassen ist, stellt eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar.

72.      Zwar findet diese Weigerung ihre Erklärung darin, eine geordnete Rechtspflege sicherzustellen und den Bürger, der Endempfänger der juristischen Dienstleistung ist, zu schützen, indem die Authentifizierung der Anwaltseigenschaft gewährleistet wird.

73.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof daher vor, auf die Vorlagefrage des Präsidenten des Tribunal de grande instance de Lyon (Landgericht Lyon, Frankreich) wie folgt zu antworten:

Die Verweigerung der Einrichtung eines Zugangs zum privaten virtuellen Anwaltsnetzwerk gegenüber einem Rechtsanwalt, der ordnungsgemäß bei der Rechtsanwaltskammer eines Mitgliedstaats zugelassen ist, allein aus dem Grund, dass er nicht bei der Rechtsanwaltskammer eines anderen Mitgliedstaats, in dem er den Rechtsanwaltsberuf als freier Dienstleistungserbringer ausüben möchte, zugelassen ist, verstößt gegen Art. 4 der Richtlinie 77/249/EWG des Rates vom 22. März 1977 zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs für Rechtsanwälte.


1      Originalsprache: Französisch.


2      ABl. 1977, L 78, S. 17.


3      JORF Nr. 86 vom 11. April 2009, S. 6365.


4      Vgl. S. 15 der Erklärungen des CNB. Diese Vereinbarung soll zweimal verlängert und dann durch eine neue, am 24. Juni 2016 geschlossene Vereinbarung ersetzt worden sein.


5      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Consiglio Nazionale dei Geologi (C‑136/12, EU:C:2013:489, Rn. 29 bis 31).


6      Vgl. S. 5 des Vorabentscheidungsersuchens.


7      Vgl. Urteile vom 21. Juni 1974, Reyners (2/74, EU:C:1974:68), und vom 3. Dezember 1974, van Binsbergen (33/74, EU:C:1974:131).


8      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Dezember 2006, Cipolla u. a. (C‑94/04 und C‑202/04, EU:C:2006:758, Rn. 56).


9      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Dezember 2006, Cipolla u. a. (C‑94/04 und C‑202/04, EU:C:2006:758, Rn. 57).


10      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. November 1995, Gebhard (C‑55/94, EU:C:1995:411, Rn. 37).


11      Zur Tragweite einer Vorabentscheidungsfrage und der Rolle des Gerichtshofs vgl. u. a. Urteil vom 16. Oktober 2014, Welmory (C‑605/12, EU:C:2014:2298, Rn. 33 bis 35).


12      Vgl. Verordnung vom 7. April 2009.


13      Vgl. Verordnung vom 5. Mai 2010 über die elektronische Kommunikation in Verfahren ohne Anwaltszwang vor den Berufungsgerichten (JORF vom 15. Mai 2010, S. 9041). Für diese Verfahren ist seit dem Inkrafttreten der Vereinbarung vom 24. Juni 2016 zwischen dem Justizminister und dem CNB am 1. August 2016 offenbar die Verwendung der elektronischen Kommunikation für Rechtsanwälte mit RPVA- Zugang obligatorisch.


14      Vgl. Verordnung vom 21. Juni 2013 über die elektronische Kommunikation unter Rechtsanwälten sowie zwischen Rechtsanwälten und Gericht in Verfahren vor Handelsgerichten (JORF vom 26. Juni 2013, S. 10526).


15      Vgl. Nr. 43 der vorliegenden Schlussanträge.


16      Vgl. S. 14 der schriftlichen Erklärungen des CNB.


17      Vgl. in diese Sinne Urteil vom 11. Dezember 2003, AMOK (C‑289/02, EU:C:2003:669).


18      Urteil vom 5. Dezember 2006, Cipolla u. a. (C‑94/04 und C‑202/04, EU:C:2006:758, Rn. 61).


19      Urteil vom 5. Dezember 2006, Cipolla u. a. (C‑94/04 und C‑202/04, EU:C:2006:758, Rn. 64).


20      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Dezember 1974, van Binsbergen (33/74, EU:C:1974:131, Rn. 12), vom 12. Dezember 1996, Reisebüro Broede (C‑3/95, EU:C:1996:487, Rn. 38), sowie vom 19. Februar 2002, Wouters u. a. (C‑309/99, EU:C:2002:98, Rn. 97).


21      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Mai 1982, AM & S Europe/Kommission (155/79, EU:C:1982:157, Rn. 24), vom 14. September 2010, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission u. a. (C‑550/07 P, EU:C:2010:512, Rn. 42), vom 6. September 2012, Prezes Urzędu Komunikacji Elektronicznej/Kommission (C‑422/11 P und C‑423/11 P, EU:C:2012:553, Rn. 23), sowie vom 12. Juni 2014, Peftiev (C‑314/13, EU:C:2014:1645, Rn. 28).


22      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Mai 1982, AM & S Europe/Kommission (155/79, EU:C:1982:157, Rn. 24), vom 14. September 2010, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission u. a. (C‑550/07 P, EU:C:2010:512, Rn. 42), sowie vom 6. September 2012, Prezes Urzędu Komunikacji Elektronicznej/Kommission (C‑422/11 P und C‑423/11 P, EU:C:2012:553, Rn. 24).


23      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Mai 1982, AM & S Europe/Kommission (155/79, EU:C:1982:157, Rn. 24), vom 14. September 2010, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission u. a. (C‑550/07 P, EU:C:2010:512, Rn. 42), sowie vom 6. September 2012, Prezes Urzędu Komunikacji Elektronicznej/Kommission (C‑422/11 P und C‑423/11 P, EU:C:2012:553, Rn. 23).


24      Art. 119 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs.


25      Art. 44 Abs. 1 Buchst. b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs.


26      Vgl. die dem Antrag auf Eröffnung eines Zugangskontos zu e-Curia zwingend beizufügenden Schriftstücke unter folgender Adresse: https://curia.europa.eu/e-Curia/access-request-step1.faces? conversationContext=2.


27      Vgl. Art. III. A Nr. 2 der Vereinbarung vom 16. Juni 2010 zwischen dem Justizministerium und der CNB.


28      Wie der Vertreter der französischen Regierung erläutert hat, müssten solche technischen Hindernisse im Übrigen mit der Einführung eines vom CCBE und von der Kommission durchgeführten Projekts zur Identifizierung europäischer Rechtsanwälte („Find-A-Lawyer 2“) beseitigt sein.


29      Vorbehaltlich der vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung dieser Möglichkeit im Urteil vom 25. Februar 1988, Kommission/Deutschland (427/85, EU:C:1988:98).