Language of document : ECLI:EU:C:2020:804

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

8. Oktober 2020(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 34 und 36 AEUV – Freier Warenverkehr – Mengenmäßige Beschränkungen – Maßnahmen gleicher Wirkung – Verweigerung der Zustimmung zu den Änderungen in den Angaben und Unterlagen über ein Arzneimittel, das über eine Parallelimport-Zulassung verfügt – Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen – Richtlinie 2001/83/EG“

In der Rechtssache C‑602/19

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Köln (Deutschland) mit Entscheidung vom 9. Juli 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 9. August 2019, in dem Verfahren

kohlpharma GmbH

gegen

Bundesrepublik Deutschland


erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras (Berichterstatter), der Richter N. Piçarra, D. Šváby und S. Rodin sowie der Richterin K. Jürimäe,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der kohlpharma GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt W. Rehmann,

–        der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch K. Hechinger als Bevollmächtigte,

–        Irlands, vertreten durch G. Hodge, M. Browne, J. Quaney und A. Joyce als Bevollmächtigte,

–        der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Manhaeve, M. Noll-Ehlers und A. Sipos als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 34 und 36 AEUV.

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der kohlpharma GmbH und der Bundesrepublik Deutschland wegen der Verweigerung der Zustimmung zu den Änderungen in den Angaben und Unterlagen über ein Arzneimittel, das über eine Parallelimport-Zulassung verfügt, durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (im Folgenden: BfArM).

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Nach Art. 1 Nr. 28d der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. 2001, L 311, S. 67, sowie Berichtigung ABl. 2014, L 239, S. 81) in ihrer durch die Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 (ABl. 2012, L 299, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/83) bedeutet „Pharmakovigilanz-System“ ein „System, das der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen und die Mitgliedstaaten anwende[n], um den in Titel IX aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen[,] und das der Überwachung der Sicherheit genehmigter Arzneimittel und der Entdeckung sämtlicher Änderungen des Nutzen-Risiko-Verhältnisses dient“.

4        Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 bestimmt:

„Ein Arzneimittel darf in einem Mitgliedstaat erst dann in den Verkehr gebracht werden, wenn die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats nach dieser Richtlinie eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt hat oder wenn eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. 2004, L 136, S. 1)] in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel [und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinien 2001/20/EG und 2001/83/EG sowie der Verordnung Nr. 726/2004 (ABl. 2006, L 378, S. 1)] und der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. 2007, L 324, S. 121)] erteilt wurde.

…“

5        Art. 8 Abs. 3 dieser Richtlinie führt die Angaben und Unterlagen auf, die dem Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen bei der zuständigen Behörde des betroffenen Mitgliedstaats beizufügen sind. Dazu gehören die Ergebnisse von pharmazeutischen (physikalisch-chemischen, biologischen oder mikrobiologischen) Versuchen, vorklinischen (toxikologischen und pharmakologischen) Versuchen und klinischen Versuchen.


6        Art. 26 der Richtlinie 2001/83 bestimmt:

„(1) Die Genehmigung für das Inverkehrbringen wird versagt, wenn sich nach Prüfung der in Artikel 8 und den Artikeln 10, 10a, 10b und 10c aufgeführten Angaben und Unterlagen ergibt, dass

das Nutzen-Risiko-Verhältnis nicht als günstig betrachtet wird oder

seine therapeutische Wirksamkeit vom Antragsteller unzureichend begründet ist oder

das Arzneimittel nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist.

(2) Die Genehmigung wird auch dann versagt, wenn Angaben oder Unterlagen zur Stützung des Antrags nicht Artikel 8 und den Artikeln 10, 10a, 10b und 10c entsprechen.

(3) Der Antragsteller oder der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen ist für die Richtigkeit der eingereichten Unterlagen und Daten verantwortlich.“

7        Titel IX („Pharmakovigilanz“) der Richtlinie 2001/83 enthält Art. 101 der Richtlinie, der vorsieht:

„(1) Um ihren Pharmakovigilanz-Aufgaben nachzukommen und an Pharmakovigilanz-Aktivitäten der [Europäischen] Union teilzunehmen, betreiben die Mitgliedstaaten ein Pharmakovigilanz-System.

Das Pharmakovigilanz-System dient dazu, Informationen über die Risiken von Arzneimitteln für die Gesundheit der Patienten oder die öffentliche Gesundheit zusammenzutragen. Diese Informationen betreffen insbesondere Nebenwirkungen beim Menschen, die bei genehmigungsgemäßer Anwendung des Arzneimittels sowie bei einer Anwendung, die über die Bestimmungen der Genehmigung für das Inverkehrbringen hinausgeht, entstehen, und Nebenwirkungen in Verbindung mit beruflicher Exposition gegenüber dem Arzneimittel.

(2) Die Mitgliedstaaten müssen anhand des Pharmakovigilanz-Systems gemäß Absatz 1 sämtliche Informationen wissenschaftlich auswerten, Möglichkeiten der Risikominimierung und ‑vermeidung prüfen und gegebenenfalls Regelungen im Hinblick auf die Genehmigung für das Inverkehrbringen treffen. …“

8        In Art. 104 dieser Richtlinie heißt es:

„(1) Um seinen Pharmakovigilanz-Aufgaben nachzukommen, betreibt der Inhaber einer Genehmigung für das Inverkehrbringen ein Pharmakovigilanz-System, das dem in Artikel 101 Absatz 1 geregelten Pharmakovigilanz-System des betreffenden Mitgliedstaats entspricht.

(2) Der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen ist verpflichtet, anhand des in Absatz 1 genannten Pharmakovigilanz-Systems sämtliche Informationen wissenschaftlich auszuwerten, Möglichkeiten der Risikominimierung und ‑vermeidung zu prüfen und erforderlichenfalls geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

(3) Im Rahmen seines Pharmakovigilanz-Systems muss der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen

ständig und kontinuierlich über eine für die Pharmakovigilanz verantwortliche, entsprechend qualifizierte Person verfügen;

eine Pharmakovigilanz-Stammdokumentation führen und diese auf Anfrage zur Verfügung stellen;

ein Risikomanagement-System für jedes einzelne Arzneimittel betreiben;

die Ergebnisse von Maßnahmen zur Risikominimierung überwachen, die Teil des Risikomanagement-Plans sind oder die gemäß Artikel 21a, 22 oder 22a als Bedingungen der Genehmigung für das Inverkehrbringen genannt werden;

Aktualisierungen des Risikomanagement-Systems vornehmen und Pharmakovigilanz-Daten überwachen, um zu ermitteln, ob es neue Risiken gibt, sich bestehende Risiken verändert haben oder sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Arzneimitteln geändert hat.

…“

 Deutsches Recht

9        § 29 Abs. 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln vom 24. August 1976 (BGBl. 1976 I S. 2445) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. 2005 I S. 3394), geändert durch das Gesetz vom 6. Mai 2019 (BGBl. 2019 I S. 646) (im Folgenden: AMG) sieht vor, dass der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen (im Folgenden: Zulassung) eines Arzneimittels dem BfArM unverzüglich Anzeige zu erstatten hat, wenn sich Änderungen in den Angaben und Unterlagen zum betreffenden Arzneimittel ergeben.

10      Gemäß § 29 Abs. 2a darf eine solche Änderung, insbesondere auch der Darreichungsform oder der Angaben über die Dosierung des betreffenden Arzneimittels, erst vollzogen werden, wenn die Bundesoberbehörde zugestimmt hat.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

11      Im Rahmen eines Parallelimports brachte kohlpharma das verschreibungspflichtige Arzneimittel Impromen 5 mg in Tablettenform auf den deutschen Markt. Dieses Arzneimittel enthält den Wirkstoff Bromperidol und wird bei bestimmten Psychoseformen eingesetzt, die einer Behandlung mit Neuroleptika bedürfen. Es wurde von der italienischen zuständigen Behörde zugelassen und dort auf den Markt gebracht.

12      Am 17. September 1990 erhielt kohlpharma von der zuständigen Behörde der Bundesrepublik Deutschland eine Zulassung für den Parallelimport dieses Arzneimittels aus Italien. Diese wurde unter dem Vorbehalt der Anpassung an künftige Änderungen der deutschen Bezugszulassung erteilt, die das Arzneimittel Consilium 5 mg (Impromen 5 mg) betraf, das ebenfalls in Tablettenform vertrieben wurde, denselben Wirkstoff enthielt und dasselbe Anwendungsgebiet hatte wie das Arzneimittel Impromen 5 mg.

13      Dem Inhaber dieser Bezugszulassung wurde ebenfalls eine Zulassung für das Arzneimittel Consilium 5 mg (Impromen 5 mg) in Tropfenform erteilt. Er hat dieses Arzneimittel auch auf den Markt gebracht, wobei er für die Tropfen und die Tabletten eine kombinierte Gebrauchsinformation verwendete.

14      Diese Bezugszulassung erlosch am 30. Juni 2010. Das Arzneimittel Consilium 5 mg (Impromen 5 mg) ist auf dem deutschen Markt nicht mehr in Tablettenform, sondern nur noch in Tropfenform erhältlich. Dem vorlegenden Gericht zufolge ist die Italienische Republik der einzige Mitgliedstaat, in dem dieses pharmazeutische Präparat noch in beiden Darreichungsformen zugelassen ist.

15      Am 30. November 2015 zeigte kohlpharma dem BfArM nach § 29 AMG bestimmte Änderungen der Gebrauchs- und Fachinformation zur Dosierung des von ihr nach Deutschland importierten Arzneimittels an, wobei die Dosierungsangaben für die in Deutschland zugelassenen Tropfen sinngemäß übernommen wurden. Insbesondere wurde die Dosierungsempfehlung für das pharmazeutische Präparat in Tropfenform, Impromen Tropfen 2 mg/ml, das über eine Zulassung durch die zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland verfügt, in die Gebrauchsinformation des von kohlpharma nach Deutschland importierten Arzneimittels in Tablettenform übernommen und eingefügt. In der Gebrauchsinformation ist zu lesen, dass für genaue Dosierungen, die nicht der Tablettendosierung entsprechen, Impromen auch in der Darreichungsform Tropfen zur Verfügung stehe.


16      Mit Schreiben vom 25. Februar 2016 teilte das BfArM kohlpharma mit, dass den von ihr angezeigten Änderungen nicht zugestimmt werde, da die Parallelimport-Zulassung nur unter dem Vorbehalt der Anpassung an die Bezugszulassung erteilt worden und eine solche Anpassung seit Jahren nicht mehr möglich sei. Eine Anpassung der Gebrauchsinformation für das pharmazeutische Präparat in Tropfenform sei regulatorisch unmöglich, vor allem, weil bei den Tropfen mit Impromen Tropfen 2 mg/ml ein Therapieeinstieg mit ½ ml = 1 mg möglich sei, bei Tabletten jedoch nur mit 5 mg. Die individuelle Dosisanpassung sei mit den Tabletten demnach nicht in gleicher Weise möglich.

17      kohlpharma erhob Widerspruch gegen diese Entscheidung. Die angezeigte Anpassung beziehe sich auf ein wirkstoffgleiches Arzneimittel und beinhalte lediglich die Übertragung der Angaben für die Tropfen auf die Darreichungsform „Tablette“. Zudem obliege die Anwendung des Arzneimittels in Tablettenform der Entscheidung des Arztes. Die Tablettenform stelle eine bedeutsame und etablierte Alternative zur Tropfenform dar.

18      Mit Entscheidung vom 1. Juli 2016 wies das BfArM den Widerspruch von kohlpharma zurück. Es führte u. a. aus, die von ihr vorgeschlagenen Änderungen würden „Verunsicherung entstehen lassen und die Compliance [mindern]“, was mit dem „Gebot der Arzneimittelsicherheit“ nicht vereinbar sei.

19      Gegen diese Entscheidung erhob kohlpharma am 1. August 2016 Klage beim vorlegenden Gericht. Darin trug sie vor, sie habe die ihr als Parallelimporteurin obliegenden Pflichten erfüllt, indem sie die in Italien verwendete Gebrauchsanweisung an die strengeren Vorgaben für die Tropfen in Deutschland angepasst habe. Die angefochtene Entscheidung habe zur Folge, dass ihr Produkt mit einer veralteten Gebrauchsinformation im Verkehr sei.

20      Das BfArM macht vor dem vorlegenden Gericht geltend, das Dosierungsschema für die Tropfen enthalte Vorgaben, die mit Tabletten nicht erzielbar seien, und die Konzentration des Wirkstoffs sei bei den in Deutschland und den in Italien zugelassenen Tropfen unterschiedlich. Ferner sei die individuelle Dosierungsanpassung mit den Tabletten unmöglich, und die Parallelimporteure seien gemäß den anwendbaren Regeln von der Verpflichtung zur Vorlage regelmäßiger Sicherheitsberichte befreit.

21      Was eine mögliche Rechtfertigung der angegriffenen nationalen Maßnahme mit dem wirksamen Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen im Sinne von Art. 36 AEUV betrifft, so führt das vorlegende Gericht jedoch aus, keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Gefahr für den wirksamen Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen im Sinne von Art. 36 AEUV zu sehen, die die Gültigkeit der kohlpharma erteilen Parallelimport-Zulassung in Frage stellen könnte.


22      Es stelle sich daher die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Parallelimport-Zulassung nach Erlöschen der inländischen Bezugszulassung geändert werden könne. Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts sind derartige Änderungen nicht von vornherein ausgeschlossen und nach den gleichen Maßstäben zu bewerten, die für die Erteilung einer Parallelimport-Zulassung gelten. Sie dürften daher abzulehnen sein, wenn einer der in Art. 26 der Richtlinie 2001/83 genannten Versagungsgründe vorliege. Da jedoch keine Bezugszulassung mehr bestehe, sei fraglich, nach welchen Kriterien diese Änderung durch den Parallelimporteur begründet werden könne.

23      Im vorliegenden Fall begründe kohlpharma die vorgeschlagenen Änderungen mit einer teilweisen Übernahme der Angaben zu dem betreffenden in Deutschland zugelassenen Arzneimittel in Tropfenform und einem Abgleich mit den in Italien zugelassenen Angaben in Bezug auf Tabletten. Dieses Vorgehen sei vom BfArM jedoch abgelehnt worden, da es dem regulatorischen Konzept des Parallelimports widerspreche.

24      Unter diesen Umständen hat das Verwaltungsgericht Köln (Deutschland) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Gebieten der in Art. 34 AEUV niedergelegte Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit und die auf dieser Grundlage entwickelten Grundsätze des Parallelimports von Arzneimitteln die Zustimmung der nationalen Zulassungsbehörde zu einer Änderung der Angaben zur Dosierung eines parallelimportierten Arzneimittels auch dann, wenn die Bezugszulassung erloschen ist und die Änderung mit einer Übernahme der Angaben zu einem im wesentlichen wirkstoffgleichen inländischen Arzneimittel anderer Darreichungsform in Kombination mit den im Exportstaat zugelassenen Angaben für das parallelimportierte Arzneimittel begründet wird?

Kann die nationale Behörde vor dem Hintergrund der Art. 34 und 36 AEUV die Zustimmung zu einer solchen Änderung unter Hinweis darauf versagen, dass Parallelimporteure von der Verpflichtung zur Vorlage regelmäßiger Sicherheitsberichte befreit seien und mangels inländischer Bezugszulassung keine aktuellen Daten zur Nutzen-Risiko-Bewertung vorlägen, die fortbestehende inländische Zulassung eine andere Darreichungsform betreffe und sich gegenüber der Zulassung für die gleiche Darreichungsform im Exportstaat auf eine abweichende Wirkstoffkonzentration beziehe und zudem die Zusammenfassung zweier Darreichungsformen in den Informationstexten nicht denkbar sei?


 Zu den Vorlagefragen

25      Zunächst ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Richtlinie 2001/83 nicht auf ein Arzneimittel angewandt werden kann, das in einem Mitgliedstaat zugelassen wurde und dessen Einfuhr in einen anderen Mitgliedstaat im Verhältnis zu einem in diesem zweiten Mitgliedstaat bereits zugelassenen Arzneimittel einen Parallelimport darstellt, da dieses Arzneimittel in einem solchen Fall nicht als erstmals im Einfuhrmitgliedstaat in den Verkehr gebracht angesehen werden kann. Diese Situation fällt somit unter die Bestimmungen des AEU-Vertrags über den freien Warenverkehr, darunter die Art. 34 und 36 AEUV (Urteil vom 3. Juli 2019, Delfarma, C‑387/18, EU:C:2019:556, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung), nach denen, kurz gesagt, mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen und alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten grundsätzlich verboten sind, es sei denn, sie sind gerechtfertigt, etwa zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen.

26      Der freie Warenverkehr bedeutet, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der ein in einem Mitgliedstaat auf der Grundlage einer in diesem Staat erteilten Zulassung rechtmäßig vertriebenes Arzneimittel gekauft hat, dieses Arzneimittel in einen anderen Mitgliedstaat, in dem es bereits zugelassen ist, einführen kann, ohne eine solche Zulassung gemäß der Richtlinie 2001/83 beantragen zu müssen und ohne die in dieser Richtlinie vorgesehenen Angaben und Unterlagen für die Untersuchung der Wirksamkeit und der Unschädlichkeit des Arzneimittels mitteilen zu müssen. Ein Mitgliedstaat darf somit den Parallelimport eines Arzneimittels nicht behindern, indem er den Importeur verpflichtet, dieselben Erfordernisse wie die zu beachten, die für Unternehmen gelten, die für ein Arzneimittel erstmals eine Zulassung beantragen, vorausgesetzt, die Einfuhr dieses Arzneimittels beeinträchtigt nicht den Schutz der öffentlichen Gesundheit (Urteil vom 3. Juli 2019, Delfarma, C‑387/18, EU:C:2019:556, Rn. 21 und 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27      Es kommt also darauf an, dass sich die zuständige Behörde des Einfuhrmitgliedstaats bei der Einfuhr aufgrund der ihr vorliegenden Angaben vergewissert, dass das parallel importierte Arzneimittel und das im Einfuhrmitgliedstaat zugelassene Arzneimittel, auch wenn sie nicht in allen Punkten identisch sind, zumindest nach der gleichen Formel und unter Verwendung des gleichen Wirkstoffs hergestellt worden sind, dass sie die gleichen therapeutischen Wirkungen haben und dass das eingeführte Arzneimittel im Hinblick auf die Qualität, die Wirksamkeit und die Unschädlichkeit keine Probleme aufwirft. Sind all diese Kriterien erfüllt, so ist das eingeführte Arzneimittel als bereits in diesem Staat in den Verkehr gebracht anzusehen; folglich muss dann auch für das Arzneimittel die Zulassung gelten, die für das bereits auf dem Markt befindliche Arzneimittel erteilt wurde, sofern keine Erwägungen eines wirksamen Schutzes des Lebens und der Gesundheit von Menschen dem entgegenstehen. Daher ist diese Behörde verpflichtet, es zuzulassen, wenn sie davon überzeugt ist, dass dieses Arzneimittel trotz des Bestehens von Unterschieden bei den Hilfsstoffen im Hinblick auf die Qualität, die Wirksamkeit und die Unschädlichkeit keine Probleme aufwirft (Urteil vom 3. Juli 2019, Delfarma, C‑387/18, EU:C:2019:556, Rn. 23 und 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      In der Rechtssache, in der das Urteil vom 10. September 2002, Ferring (C‑172/00, EU:C:2002:474), ergangen ist, hat der Gerichtshof außerdem entschieden, dass Art. 34 AEUV einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach das Erlöschen der Zulassung für ein Bezugsarzneimittel auf Antrag des Inhabers dazu führt, dass die Parallelimport-Zulassung für dieses Arzneimittel automatisch erlischt. Er entschied jedoch auch, dass, wenn nachgewiesen ist, dass wegen des gleichzeitigen Nebeneinanders von zwei Formulierungen desselben Arzneimittels auf dem Markt eines Mitgliedstaats tatsächlich eine Gefahr für die Gesundheit von Menschen besteht, eine solche Gefahr Beschränkungen der Einfuhr der alten Formulierung des Arzneimittels im Anschluss an das Erlöschen der Bezugszulassung für diesen Markt auf Antrag des Inhabers rechtfertigen kann (Urteil vom 10. September 2002, Ferring, C‑172/00, EU:C:2002:474, Rn. 46).

29      Trotz der Unterschiede zwischen dem Sachverhalt in der Rechtssache, in der das Urteil Ferring ergangen ist, und dem Sachverhalt im vorliegenden Ausgangsverfahren gelten die Feststellungen aus dem Urteil Ferring mutatis mutandis für Fälle, in denen die Zulassung eines Bezugsarzneimittels erloschen ist und sich keine zwei Formulierungen desselben Arzneimittels gleichzeitig auf dem Markt eines Mitgliedstaats befinden.

30      Genausowenig wie das Erlöschen der Zulassung auf Antrag des Inhabers stellt das Erlöschen einer Bezugszulassung allein nicht die Qualität, die Wirksamkeit und die Unbedenklichkeit eines Arzneimittels, für das auf der Grundlage dieser Bezugszulassung eine Parallelimport-Zulassung erteilt wurde, in Frage, besonders wenn das betreffende Arzneimittel, wie im Ausgangsverfahren, im Ausfuhrmitgliedstaat auf der Grundlage der dort erteilten Zulassung weiterhin rechtmäßig vertrieben wird und die Pharmakovigilanz im Einfuhrmitgliedstaat im Rahmen einer Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden des Ausfuhrmitgliedstaats sichergestellt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2002, Ferring, C‑172/00, EU:C:2002:474, Rn. 36 und 38).

31      Aus denselben Gründen können aufgrund des Umstands, dass das Arzneimittel, dem auf der Grundlage dieser Bezugszulassung eine Parallelimport-Zulassung erteilt wurde, bei Erlöschen dieser Bezugszulassung nunmehr das einzige im Einfuhrmitgliedstaat vertriebene Arzneimittel ist, wie es bei dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Arzneimittel der Fall ist, die im Urteil vom 10. September 2002, Ferring (C‑172/00, EU:C:2002:474), herausgearbeiteten Grundsätze nicht aus Prinzip außer Acht gelassen werden.


32      Auch wenn es keine allgemeinen Gründe gibt, die es rechtfertigen können, dass das Erlöschen der Bezugszulassung das Erlöschen der entsprechenden Parallelimport-Zulassung nach sich zieht, so schließt dies jedoch nicht aus, dass in bestimmten Fällen mit dem Schutz der öffentlichen Gesundheit zusammenhängende Gründe bestehen, die das Erlöschen der Parallelimport-Zulassung rechtfertigen können (Urteil vom 8. Mai 2003, Paranova Läkemedel u. a., C‑15/01, EU:C:2003:256, Rn. 31).

33      Im vorliegenden Fall geht aus den Ausführungen des vorlegenden Gerichts hervor, dass die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland am 17. September 1990 kohlpharma eine Parallelimport-Zulassung für das Arzneimittel Impromen 5 mg in Tablettenform für die Einfuhr aus Italien, wo dieses Arzneimittel zugelassen war, erteilt hat, weil das Arzneimittel Consilium 5 mg (Impromen 5 mg) zu der Zeit in Deutschland über eine von derselben Behörde erteilten Zulassung verfügte, die als Bezugszulassung für den Parallelimport dienen konnte.

34      Während das Arzneimittel Impromen 5 mg in Italien weiterhin zugelassen ist, ist die Zulassung des Arzneimittels Consilium 5 mg (Impromen 5 mg) in Deutschland seit dem 30. Juni 2010 erloschen. Aus der in den Rn. 28 bis 32 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung geht jedoch hervor, dass das Erlöschen dieser Bezugszulassung nicht bedeutet, dass die Parallelimport-Zulassung in Deutschland, über die kohlpharma verfügt, von diesem Mitgliedstaat als automatisch erloschen angesehen werden kann, besonders da die kohlpharma erteilte Parallelimport-Zulassung weiterhin gültig war, was das BfArM auf eine Frage des Gerichtshofs bestätigt hat.

35      Aus den Ausführungen des vorlegenden Gerichts geht hervor, dass es bei den dem Gerichtshof vorgelegten Fragen nicht um die Parallelimport-Zulassung geht, sondern einzig um die Zustimmung zu Änderungen der Angaben und Unterlagen über das von kohlpharma importierte Arzneimittel. Mit der im Ausgangsverfahren streitigen Entscheidung hat das BfArM es nämlich abgelehnt, diesen Änderungen zuzustimmen, mit der Begründung, dass diese sich auf die Angaben zum pharmazeutischen Präparat Impromen Tropfen 2 mg/ml stützten, der einzigen zurzeit auf dem deutschen Markt zugelassenen Darreichungsform dieses Arzneimittels.

36      Vor diesem Hintergrund sind die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen zu prüfen.

37      Mit diesen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht demnach wissen, ob die Art. 34 und 36 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie dem entgegenstehen, dass die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats Änderungen der Angaben und Unterlagen über ein Arzneimittel, das in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen ist und über eine Parallelimport-Zulassung für den erstgenannten Mitgliedstaat verfügt, einzig aus dem Grund ablehnt, dass die Bezugszulassung in diesem Mitgliedstaat erloschen ist und sich die vorgeschlagenen Änderungen sowohl auf die im anderen Mitgliedstaat zugelassenen Angaben über das parallelimportierte Arzneimittel als auch auf die Angaben über ein Arzneimittel stützen, das dieselbe therapeutische Indikation hat, in beiden Mitgliedstaaten zugelassen ist und im Wesentlichen mit demselben Wirkstoff, aber in einer anderen Darreichungsform hergestellt wird.

38      Nach ständiger Rechtsprechung ist jede Maßnahme eines Mitgliedstaats, die geeignet ist, den Handel innerhalb der Union unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern, als eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen im Sinne von Art. 34 AEUV anzusehen (Urteile vom 11. Juli 1974, Dassonville, 8/74, EU:C:1974:82, Rn. 5, sowie vom 23. Dezember 2015, Scotch Whisky Association u. a., C‑333/14, EU:C:2015:845, Rn. 31).

39      Eine nationale Regelung, die jede Änderung der Angaben und Unterlagen über ein Arzneimittel, das über eine Parallelimport-Zulassung verfügt, an die Zustimmung der zuständigen Behörde knüpft, ist geeignet, den Importeur dieses Arzneimittels daran zu hindern, diese Angaben und Unterlage in der Art und Weise darzustellen, die er als am besten geeignet für die Verschreibung dieses Arzneimittels hält, und somit, die Vermarktung des Arzneimittels zu beeinträchtigen. Eine solche Regelung stellt daher nach der in der vorstehenden Randnummer angeführten Rechtsprechung eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen im Sinne von Art. 34 AEUV dar.

40      Eine solche Maßnahme kann nach Art. 36 AEUV durch den Schutz der Gesundheit gerechtfertigt sein. Der Gerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass unter den vom AEU-Vertrag geschützten Gütern und Interessen die Gesundheit und das Leben von Menschen den höchsten Rang einnehmen und dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, zu bestimmen, auf welchem Niveau sie den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gewährleisten wollen und wie dieses Niveau erreicht werden soll (Urteile vom 20. Mai 1976, de Peijper, 104/75, EU:C:1976:67, Rn. 15, und vom 19. Oktober 2016, Deutsche Parkinson Vereinigung, C‑148/15, EU:C:2016:776, Rn. 30).

41      Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich jedoch, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der Art. 36 Satz 2 AEUV zugrunde liegt, verlangt, dass die Befugnis der Mitgliedstaaten, die Einfuhr von Erzeugnissen aus anderen Mitgliedstaaten zu verbieten oder einzuschränken, auf das Maß dessen beschränkt wird, was zur Erreichung der rechtmäßig verfolgten Ziele des Gesundheitsschutzes erforderlich ist. Für eine nationale Regelung oder Praxis kann nämlich die Ausnahmeregelung aus Art. 36 dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn die Gesundheit und das Leben von Menschen ebenso wirkungsvoll durch Maßnahmen geschützt werden können, die den Handel im Binnenmarkt weniger beschränken (Urteil vom 10. September 2002, Ferring, C‑172/00, EU:C:2002:474, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Im vorliegenden Fall hat die zuständige Behörde des Einfuhrmitgliedstaats – der Bundesrepublik Deutschland – die Zustimmung zu den Änderungen der Angaben und Unterlagen über ein Arzneimittel, das im Ausfuhrmitgliedstaat – der Italienischen Republik – zugelassen ist und über eine Parallelimport-Zulassung im Einfuhrmitgliedstaat verfügt, einzig aus dem Grund abgelehnt, dass die Bezugszulassung dieses Arzneimittels im Einfuhrmitgliedstaat erloschen war und sich die Änderungen auf Angaben über ein anderes Arzneimittel mit demselben Wirkstoff in anderer Darreichungsform – Tropfen statt Tabletten – stützten, das sowohl im Ausfuhr- als auch im Einfuhrmitgliedstaat zugelassen ist.

43      Zudem hat das BfArM bestätigt, dass die kohlpharma erteilte Parallelimport-Zulassung weiterhin gültig ist, und das vorlegende Gericht hat ausgeführt, keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Gefahr für den wirksamen Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen zu sehen.

44      Angesichts dieser Angaben, die zu überprüfen allein Sache des vorlegenden Gerichts ist, ist die Verweigerung der Zustimmung zu den Änderungen der Angaben und Unterlagen über ein Arzneimittel, das im Ausfuhrmitgliedstaat zugelassen ist und über eine Parallelimport-Zulassung im Einfuhrmitgliedstaat verfügt, durch die zuständige Behörde des Einfuhrmitgliedstaats, und zwar einzig aus dem Grund, dass die Bezugszulassung dieses Arzneimittels im Einfuhrmitgliedstaat erloschen war und sich die Änderungen auf Angaben über ein anderes Arzneimittel mit demselben Wirkstoff in anderer Darreichungsform stützen, das sowohl im Ausfuhr- als auch im Einfuhrmitgliedstaat zugelassen ist, keine geeignete und erforderliche Maßnahme zum Schutz der Gesundheit.

45      Ohne diese Zustimmung würde das Arzneimittel, das über eine Parallelimport-Zulassung verfügt, nämlich weiterhin vermarktet, aber mit nicht aktualisierten Angaben und Unterlagen, also ohne dass eventuelle neue Informationen zu diesem Arzneimittel berücksichtigt würden. Diese Situation birgt ebenfalls Gefahren für die Gesundheit.

46      Da sich im Einfuhrmitgliedstaat kein Arzneimittel mit demselben Wirkstoff in derselben Darreichungsform auf dem Markt befindet, darf die Möglichkeit, sich für die Aktualisierung der Angaben und Unterlagen über das über eine Parallelimport-Zulassung verfügende Arzneimittel auf ein auf dem Markt verfügbares Arzneimittel zu stützen, das mit demselben Wirkstoff, aber in einer anderen Darreichungsform hergestellt wird, nicht automatisch ausgeschlossen werden.

47      Dass Parallelimporteure, wie vom BfArM vor dem vorlegenden Gericht angeführt, von der Verpflichtung zur Vorlage regelmäßiger Sicherheitsberichte befreit sind, vermag eine Verweigerung der Zustimmung zu Änderungen der Angaben und Unterlagen über ein Arzneimittel, das über eine Parallelimport-Zulassung verfügt, auch nicht zu rechtfertigen.

48      Eine Pharmakovigilanz, die den Anforderungen aus der Richtlinie 2001/83 genügt, kann nämlich bei parallel importierten Arzneimitteln im Wege einer Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden der übrigen Mitgliedstaaten über den Zugang zu den Unterlagen und Daten, die der Hersteller in den Mitgliedstaaten vorlegt, in denen dieses Arzneimittel noch auf der Grundlage einer gültigen Zulassung vertrieben wird, normalerweise sichergestellt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2002, Ferring, C‑172/00, EU:C:2002:474, Rn. 38).

49      Nach alledem ist auf die vorgelegten Fragen zu antworten, dass die Art. 34 und 36 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie dem entgegenstehen, dass die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats die Zustimmung zu Änderungen der Angaben und Unterlagen über ein Arzneimittel, das in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen ist und über eine Parallelimport-Zulassung für den erstgenannten Mitgliedstaat verfügt, einzig aus dem Grund ablehnt, dass die Bezugszulassung in diesem Mitgliedstaat erloschen ist und dass sich die vorgeschlagenen Änderungen sowohl auf die im anderen Mitgliedstaat zugelassenen Angaben über das parallelimportierte Arzneimittel als auch auf die Angaben über ein Arzneimittel stützen, das dieselbe therapeutische Indikation hat, das in den beiden betreffenden Mitgliedstaaten zugelassen ist und das im Wesentlichen mit demselben Wirkstoff, aber in einer anderen Darreichungsform hergestellt wird, wenn die in Rede stehende Parallelimport-Zulassung weiterhin gültig ist und keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Gefahr für den wirksamen Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen bestehen.

 Kosten

50      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

Die Art. 34 und 36 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie dem entgegenstehen, dass die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats die Zustimmung zu Änderungen der Angaben und Unterlagen über ein Arzneimittel, das in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen ist und über eine Parallelimport-Zulassung für den erstgenannten Mitgliedstaat verfügt, einzig aus dem Grund ablehnt, dass die Bezugszulassung in diesem Mitgliedstaat erloschen ist und dass sich die vorgeschlagenen Änderungen sowohl auf die im anderen Mitgliedstaat zugelassenen Angaben über das parallelimportierte Arzneimittel als auch auf die Angaben über ein Arzneimittel stützen, das dieselbe therapeutische Indikation hat, das in den beiden betreffenden Mitgliedstaaten zugelassen ist und das im Wesentlichen mit demselben Wirkstoff, aber in einer anderen Darreichungsform hergestellt wird, wenn die in Rede stehende Parallelimport-Zulassung weiterhin gültig ist und keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Gefahr für den wirksamen Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen bestehen.

Vilaras

Piçarra

Šváby

Rodin

 

Jürimäe

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 8. Oktober 2020.

Der Kanzler

 

Der Präsident der Vierten Kammer

A. Calot Escobar

 

M. Vilaras


*      Verfahrenssprache: Deutsch.