Language of document : ECLI:EU:C:2021:298

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

GERARD HOGAN

vom 15. April 2021(1)

Rechtssache C65/20

VI

gegen

KRONE – Verlag Gesellschaft mbH & Co KG

(Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Gerichtshofs [Österreich])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 85/374/EWG – Produkthaftung -Begriff ‚fehlerhaftes Produkt‘ – Körperliches Exemplar einer Tageszeitung, die eine unrichtige Gesundheitsempfehlung enthält“






I.      Einleitung

1.        Kann eine Tageszeitung, die in einer täglichen Kolumne eine unzutreffende Gesundheitsempfehlung eines unabhängigen Zeitungskolumnisten veröffentlicht, auf der Grundlage dessen verklagt werden, dass sie ein fehlerhaftes Produkt im Sinne der Richtlinie 85/374/EWG des Rates(2) (im Folgenden: Produkthaftungsrichtlinie) vertrieben habe, wenn eine Leserin der Zeitung später geltend macht, sie habe dadurch, dass sie der Empfehlung gefolgt sei, einen Schaden an ihrer Gesundheit erlitten? Dies ist im Wesentlichen die die Auslegung der Produkthaftungsrichtlinie betreffende neue Frage, die mit diesem Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Gerichtshofs (Österreich) vorgelegt wird.

2.        Bevor ich mich jedoch dem Sachverhalt und den konkreten Rechtsfragen zuwende, ist zunächst der einschlägige gesetzliche Hintergrund darzulegen.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

1.      Die Produkthaftungsrichtlinie

3.        Der erste, der dritte, der vierte und der sechste Erwägungsgrund haben folgenden Wortlaut:

„Eine Angleichung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über die Haftung des Herstellers für Schäden, die durch die Fehlerhaftigkeit seiner Produkte verursacht worden sind, ist erforderlich, weil deren Unterschiedlichkeit den Wettbewerb verfälschen, den freien Warenverkehr innerhalb des Gemeinsamen Marktes beeinträchtigen und zu einem unterschiedlichen Schutz des Verbrauchers vor Schädigungen seiner Gesundheit und seines Eigentums durch ein fehlerhaftes Produkt führen kann.

Die Haftung darf sich nur auf bewegliche Sachen erstrecken, die industriell hergestellt werden. Folglich sind landwirtschaftliche Produkte und Jagderzeugnisse von der Haftung auszuschließen, außer wenn sie einer industriellen Verarbeitung unterzogen worden sind, die Ursache eines Fehlers dieses Erzeugnisses sein kann. Die in dieser Richtlinie vorzusehende Haftung muss auch für bewegliche Sachen gelten, die bei der Errichtung von Bauwerken verwendet oder in Bauwerke eingebaut werden.

Der Schutz des Verbrauchers erfordert es, dass alle am Produktionsprozess Beteiligten haften, wenn das Endprodukt oder der von ihnen gelieferte Bestandteil oder Grundstoff fehlerhaft war. Aus demselben Grunde hat die Person, die Produkte in die Gemeinschaft einführt, sowie jede Person zu haften, die sich als Hersteller ausgibt, indem sie ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen anbringt, oder die ein Produkt liefert, dessen Hersteller nicht festgestellt werden kann.

Damit der Verbraucher in seiner körperlichen Unversehrtheit und seinem Eigentum geschützt wird, ist zur Bestimmung der Fehlerhaftigkeit eines Produkts nicht auf dessen mangelnde Gebrauchsfähigkeit, sondern auf einen Mangel an Sicherheit abzustellen, die von der Allgemeinheit berechtigterweise erwartet werden darf. Bei der Beurteilung dieser Sicherheit wird von jedem missbräuchlichen Gebrauch des Produkts abgesehen, der unter den betreffenden Umständen als unvernünftig gelten muss.“

4.        Art. 1 der Produkthaftungsrichtlinie enthält die allgemeine Regel, wonach der Hersteller eines Produktes für den Schaden haftet, der durch einen Fehler dieses Produkts verursacht worden ist.

5.        Art. 2 und Art. 3 Abs. 1 und 2 der Produkthaftungsrichtlinie bestimmen die Begriffe „Produkt“ und „Hersteller“ und legen fest, wer nach der Richtlinie als „[Hersteller] gilt“. Sie sehen Folgendes vor:

„Art. 2

Bei der Anwendung dieser Richtlinie gilt als ‚Produkt‘ jede bewegliche Sache, auch wenn sie einen Teil einer anderen beweglichen Sache oder einer unbeweglichen Sache bildet. Unter ‚Produkt‘ ist auch Elektrizität zu verstehen.

Art. 3

(1)      ‚Hersteller‘ ist der Hersteller des Endprodukts, eines Grundstoffs oder eines Teilprodukts sowie jede Person, die sich als Hersteller ausgibt, indem sie ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt anbringt.

(2)      Unbeschadet der Haftung des Herstellers gilt jede Person, die ein Produkt zum Zweck des Verkaufs, der Vermietung, des Mietkaufs oder einer anderen Form des Vertriebs im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit in die Gemeinschaft einführt, im Sinne dieser Richtlinie als Hersteller dieses Produkts und haftet wie der Hersteller.

…“

6.        Art. 6 der Produkthaftungsrichtlinie beschreibt, was im Sinne der Richtlinie als Fehler anzusehen ist. Sein Abs. 1 sieht vor:

„Ein Produkt ist fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere

a)      der Darbietung des Produkts,

b)      des Gebrauchs des Produkts, mit dem billigerweise gerechnet werden kann,

c)      des Zeitpunkts, zu dem das Produkt in den Verkehr gebracht wurde,

zu erwarten berechtigt ist.

…“

B.      Österreichisches Recht

7.        § 1 des Bundesgesetzes vom 21. Jänner 1988 über die Haftung für ein fehlerhaftes Produkt (Produkthaftungsgesetz)(3) sieht vor:

„(1)      Wird durch den Fehler eines Produkts ein Mensch getötet, am Körper verletzt oder an der Gesundheit geschädigt oder eine von dem Produkt verschiedene körperliche Sache beschädigt, so haftet für den Ersatz des Schadens

1.      der Unternehmer, der es hergestellt und in den Verkehr gebracht hat,

…“

8.        Die §§ 3, 4 und 5 des Produkthaftungsgesetzes definieren jeweils den Hersteller, das Produkt und den Begriff des fehlerhaften Produkts. Diese Bestimmungen lauten wie folgt:

„§3. Hersteller (§ 1 Abs. 1 Z 1) ist derjenige, der das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt erzeugt hat, sowie jeder, der als Hersteller auftritt, indem er seinen Namen, seine Marke oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt anbringt.

§4. Produkt ist jede bewegliche körperliche Sache, auch wenn sie ein Teil einer anderen beweglichen Sache oder mit einer unbeweglichen Sache verbunden worden ist, einschließlich Energie.

§5. (1) Ein Produkt ist fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man unter Berücksichtigung aller Umstände zu erwarten berechtigt ist, besonders angesichts

1.      der Darbietung des Produkts,

2.      des Gebrauchs des Produkts, mit dem billigerweise gerechnet werden kann,

3.      des Zeitpunkts, zu dem das Produkt in den Verkehr gebracht worden ist.

…“

III. Der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und die Vorlagefrage

9.        Der Streitstoff stellt sich wie folgt dar. Die Beklagte ist Medieninhaberin(4) und (nach ihren Behauptungen) Verlegerin einer Regionalausgabe der Kronen-Zeitung, einer populären Zeitung mit der vielleicht höchsten Auflage aller Boulevard-Tageszeitungen in Österreich. Am 31. Dezember 2016 veröffentlichte die genannte Zeitung in der Rubrik „Hing’schaut und g’sund g’lebt“ einen Beitrag von „Kräuterpfarrer Benedikt“ mit dem Titel „Schmerzfrei ausklingen lassen – Eine Auflage aus geriebenem Kren“.

10.      Der fragliche Beitrag lautete wie folgt:

„Rheumaschmerzen lindern

Frisch gerissener Kren kann mithelfen, die im Zuge von Rheuma auftretenden Schmerzen zu verringern. Die betroffenen Zonen werden vorher mit einem fettigen pflanzlichen Öl oder mit Schweineschmalz eingerieben, bevor man den geriebenen Kren darauf legt und anpresst. Diese Auflage kann man durchaus zwei bis fünf Stunden oben lassen, bevor man sie wiederum entfernt. Diese Anwendung besitzt eine gute ableitende Wirkung.“

11.      Dem vorlegenden Gericht zufolge war die im Beitrag angeführte Dauer für die Krenauflage unzutreffend: Richtigerweise hätte den Lesern geraten werden müssen, die Auflage für zwei bis fünf Minuten und nicht für zwei bis fünf Stunden anzuwenden. Die betreffende Kolumne war von einem Ordenspriester verfasst worden, der als Mitglied eines religiösen Ordens den Namen „Benedikt“ angenommen hat. Der in Rede stehende Priester scheint – oder die Beklagte macht dies zumindest geltend – ein anerkannter Experte auf dem Gebiet der Kräuterheilkunde zu sein, ungezählte einschlägige Zeitungskolumnen geschrieben und in der Tat auch Bücher über das Thema Kräuterheilkunde veröffentlicht zu haben. Die Beklagte trägt vor, sie habe sich bisher auf seine Sachkunde verlassen können; dies sei der erste Schadensfall dieser Art, der ihr bekannt geworden sei.

12.      Die Klägerin, VI, ist Abonnentin der Kronen-Zeitung. Sie trägt vor, sie habe den Beitrag gelesen und die Empfehlung wortwörtlich befolgt. Demzufolge habe sie, wie in dem Beitrag beschrieben, die Krenauflage am Sprunggelenk ihres linken Fußes aufgebracht. Sie habe den Verband für etwa drei Stunden dort belassen und ihn erst abgenommen, als es bereits zu starken Schmerzen gekommen sei. Durch die im Kren enthaltenen scharfen Senföle sei eine toxische Kontaktreaktion eingetreten. Daher erhob sie eine Klage auf Schmerzensgeld in Höhe von 4 400 Euro und beantragte, festzustellen, dass die Beklagte ihr für alle gegenwärtigen körperlichen Schäden und künftigen Folgen des betreffenden Vorfalls hafte.

13.      Ihre Klage wurde in der ersten Instanz abgewiesen. Das erstinstanzliche Gericht (Bezirksgericht für Handelssachen Wien, Österreich) stellte fest, die Beklagte habe den Beitrag von einem Experten auf dem Gebiet der Kräuterheilkunde verfassen lassen, der zu diesem Thema umfangreich veröffentlicht habe. Sie habe keine Veranlassung gehabt, die von diesem Experten eingereichten Manuskripte zu überprüfen. Da es sich bei dem Verfasser außerdem um einen anerkannten Experten gehandelt habe, sei dieser weder gewohnheitsmäßig untüchtig noch als wissentlich gefährliche Person im Sinne von § 1315 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs(5) anzusehen.

14.      Das genannte Gericht stellte fest, die Beklagte hafte, sollte der vom Verfasser eingereichte ursprüngliche Beitrag richtig gewesen sein, sich der Fehler aber während des Produktionsverfahrens eingeschlichen haben, nur bei tatsächlicher Zusicherung der inhaltlichen Richtigkeit ihrer Veröffentlichung. Das Gericht wies darauf hin, dass es sich bei der Kronen-Zeitung um eine Boulevardzeitung handele, in der Informationen in kurzen Artikeln in unterhaltsamer Art sowie auf einfache und leicht verständliche Weise dargestellt würden. Der fragliche Beitrag müsse daher anders betrachtet werden, als wenn er z. B. in einer wissenschaftlichen Zeitschrift publiziert worden wäre.

15.      Das Gericht stellte ferner fest, dass in einem Fall der vorliegenden Art die Erwartungshaltung der Leser eine andere als bei einem wissenschaftlichen Artikel, einer Fachzeitschrift oder einem Sachbuch sei. Da demnach nicht von einer Zusage der inhaltlichen Richtigkeit des Beitrags ausgegangen werden könne, sei mithin eine Haftung der Beklagten für den in dem Beitrag falsch angegebenen Behandlungszeitraum nicht gegeben. Der Berufung gab das Berufungsgericht, das Handelsgericht Wien (Österreich), aus Verfahrensgründen keine Folge. U. a. beanstandete das Berufungsgericht, dass sich VI erstmals auf Umstände berufe, die eine verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten stützten.

16.      Im Zuge der Revision wurden beim Obersten Gerichtshof die die verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten nach dem Produkthaftungsgesetz stützenden Argumente offenbar deutlicher. Mit seiner Entscheidung vom 21. Januar 2020 wies der genannte Gerichtshof das Vorbringen zurück, die Voraussetzungen für die Prüfung der verschuldensunabhängigen Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz seien nicht erfüllt gewesen, auch wenn die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren speziell mit der Verschuldenshaftung der Beklagten argumentiert habe.

17.      Der Oberste Gerichtshof prüfte sodann die Argumente für eine verschuldensunabhängige Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz und darüber hinaus der Produkthaftungsrichtlinie. Er wies darauf hin, dass veröffentlichte Werke wie Handbücher, Anleitungen und Karten verkauft würden, weil der Endverbraucher erwarte, von ihnen korrekte Instruktionen zu erhalten. Wenn z. B. ein Kochrezept in einem Buch oder einer Zeitung die Dosis einer bestimmten Zutat in gesundheitsschädlicher Weise falsch angebe, wäre es nicht recht verständlich, wenn dem dadurch Geschädigten keine Ansprüche nach der Produkthaftungsrichtlinie erwüchsen, wohingegen der Verbraucher bei der irrtümlichen Beimischung der gleichen Übermenge in ein von ihm gekauftes Fertigprodukt den Produkthersteller auf der Grundlage einer verschuldensunabhängigen Haftung nach der Produkthaftungsrichtlinie belangen könnte.

18.      Der Oberste Gerichtshof führte sodann vier Argumente an, die seiner Auffassung nach in derartigen Fällen allerdings gegen eine Haftung für eine falsche Information sprechen. Erstens bestehe der Schutzzweck der Produkthaftung darin, vor der Gefährlichkeit der Sache und nicht der eines erteilten Rates zu schützen. Zweitens seien geistige Leistungen wie Zeitungskolumnen keine „Produkte“ im Sinne des österreichischen Produkthaftungsgesetzes oder des Art. 2 der Produkthaftungsrichtlinie, da sie eben keine körperlichen Gegenstände seien. Drittens sei jede Anknüpfung der Produkthaftung an die Verkörperungen von Informationen willkürlich, und Informationen sollten daher aus dem Anwendungsbereich der Produkthaftungsrichtlinie ausgenommen werden. Schließlich weist der genannte Gerichtshof darauf hin, es sei zu besorgen, dass die Haftung möglicherweise unbegrenzte und offene Formen annehme, falls der Ausdruck „Produkt“ in Art. 2 der Richtlinie derartig weit ausgelegt werde.

19.      Schließlich brachte der Oberste Gerichtshof seine Auffassung zum Ausdruck, dass nach dem Produkthaftungsgesetz die Beklagte, fänden die Bestimmungen der Produkthaftungsrichtlinie zur verschuldensunabhängigen Haftung auf Fälle der vorliegenden Art Anwendung, grundsätzlich für alle Personenschäden haften würde, die der klagenden Leserin aufgrund dessen entstanden seien, dass sie der unrichtigen Empfehlung gefolgt sei.

20.      Da der Oberste Gerichtshof diesbezüglich Zweifel hegt, hat er entschieden, dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Art. 2 in Verbindung mit Art. 1 und Art. 6 der Richtlinie 85/374 dahin auszulegen, dass als (fehlerhaftes) Produkt auch ein körperliches Exemplar einer Tageszeitung anzusehen ist, die einen fachlich unrichtigen Gesundheitstipp enthält, dessen Befolgung einen Schaden an der Gesundheit verursacht?

21.      Die Beklagte, der KRONE‑Verlag, die deutsche Regierung und die Europäische Kommission haben beim Gerichtshof schriftliche Erklärungen eingereicht.

IV.    Analyse der Vorlagefrage

22.      Wie ich bereits angedeutet habe, stellt sich für dieses Vorabentscheidungsersuchen im Wesentlichen die Frage, ob nach der Produkthaftungsrichtlinie ein Zeitungsinhaber für einen derartigen fehlerhaften Beitrag haften kann(6). Meines Erachtens ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut, den Zielen und dem Zusammenhang der Richtlinie, dass sie nur auf körperliche Merkmale von Produkten anwendbar ist, so dass sie in einem Fall wie dem vorliegenden keine Anwendung findet.

23.      Nach der gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt die Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts, dass zusätzlich zum Wortlaut der maßgeblichen Bestimmung – der „nach den hergebrachten Auslegungsgrundsätzen stets Ausgangspunkt und zugleich Grenze jeder Auslegung ist“(7) – auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen sind, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden(8). Folglich schlage ich vor, zunächst den konkreten Wortlaut der Richtlinie zu untersuchen und dann den Zusammenhang sowie die von ihr verfolgten Ziele zu prüfen.

24.      Betrachtet man zunächst den konkreten Wortlaut der Produkthaftungsrichtlinie, so lässt sich feststellen, dass nach ihrem Art. 1 der Hersteller eines Produkts „für den Schaden [haftet], der durch einen Fehler dieses Produkts verursacht worden ist“. Sodann definiert Art. 2 „Produkt“ als „jede bewegliche Sache … auch wenn sie einen Teil einer anderen beweglichen Sache oder einer unbeweglichen Sache bildet“(9). Art. 3 definiert den Hersteller als „Hersteller des Endprodukts, eines Grundstoffs oder eines Teilprodukts sowie jede Person, die sich als Hersteller ausgibt, indem sie ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt anbringt“. Art. 6 Abs. 1 der genannten Richtlinie sieht ferner vor, dass ein Produkt fehlerhaft ist, „wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere a) der Darbietung des Produkts, b) des Gebrauchs des Produkts, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, c) des Zeitpunkts, zu dem das Produkt in den Verkehr gebracht wurde, zu erwarten berechtigt ist.“ Dieser Wortlaut bezieht sich auf die Herstellung körperlicher Gegenstände und auf einen Schaden, der von einem physischen Defekt eines solchen Produkts herrührt.

25.      Stimmen im Schrifttum haben indessen nahegelegt, ein Erzeugnis müsse nicht einmal im genannten Sinne Körperlichkeit aufweisen, um als „Produkt“ im Sinne von Art. 2 der Produkthaftungsrichtlinie angesehen zu werden(10). Dies würde die Möglichkeit eröffnen, die in der Zeitung enthaltenen Informationen – und nicht die Zeitung als solche – als das fragliche Produkt anzusehen. Meines Erachtens ist jedoch eine solche Lesart angesichts des Wortlauts, der Ziele und des Zusammenhangs dieser Richtlinie nicht vertretbar.

26.      Es trifft natürlich zu, dass eine gewöhnliche Zeitung, die auf herkömmliche Weise veröffentlicht wird, einen körperlichen Gegenstand darstellt und auch eine bewegliche Sache ist. Es lassen sich womöglich Konstellationen vorstellen, in denen Erwerber einer im tatsächlichen Sinn veröffentlichten Zeitung Personenschäden erleiden, wenn sie etwa aufgrund einer vorstehenden Heftklammer oder möglicherweise infolge der Giftigkeit der im Druckverfahren verwendeten Tinte Schaden an ihrer Gesundheit nehmen. Im Kern geht es bei dem in der vorliegenden Rechtssache geltend gemachten Anspruch aber um eine angebliche Fehlerhaftigkeit eines geistigen Inhalts und nicht um einen Fehler, der einem körperlichen Produkt als solchem anhaftet. Daher steht hier eigentlich eine Dienstleistung in Rede und nicht ein Produkt.

27.      Es ist z. B. nicht behauptet worden, die Zeitung als solche habe VI verletzt: Es handelt sich vielmehr um eine Verletzung, die sie sich selbst zugefügt hat, indem sie der in dieser Zeitung veröffentlichten unrichtigen Empfehlung gefolgt ist. Fraglich ist daher, ob ein körperliches Produkt, das eine solche unrichtige Empfehlung enthält, als „fehlerhaft“ in dem Sinne angesehen werden kann, in dem dieser und verwandte Begriffe in der Produkthaftungsrichtlinie verwendet werden.

28.      Nichts weist darauf hin, dass die Zeitung aufgrund ihrer „äußeren Merkmale“ fehlerhaft gewesen sei. Im Schrifttum wird zum Teil aber vertreten, das körperliche Medium könne insoweit nicht von seinem tatsächlichen Inhalt getrennt werden. Dementsprechend wird vorgeschlagen, die Regelung der verschuldensunabhängigen Haftung nach der Produkthaftungsrichtlinie sei auf Fehler sowohl des Produkts als solchem als auch auf Fehler in seinem geistigen Inhalt anzuwenden(11). Die diese Ansicht stützenden Argumente beruhen hauptsächlich auf dem Zweck der Produkthaftungsgesetzgebung, der im Verbraucherschutz besteht. Ferner wird vertreten, es würden Sachverhalte von der Produkthaftungsrichtlinie erfasst, die eine große Ähnlichkeit zu solchen aufwiesen, in denen es um falsche Informationen gehe, die zu einer Körperverletzung führten. Zu denken ist zum Beispiel an ein Produkt, das vor einer bestimmten Gefahr warnen soll – wie etwa ein Rauchmelder –, das aber in einem konkreten Fall nicht richtig funktioniert. Das Ausbleiben des Alarms hält Personen dann davon ab, Abhilfemaßnahmen zu treffen (indem sie z. B. aus einem brennenden Gebäude flüchten), was wiederum zu Verletzungen führt(12). Die genannten Literaturstimmen sehen eine vergleichbare Parallele zu Fällen, in denen die Bedienungsanleitung eines Produkts unzutreffende Informationen enthält. Wie im Fall der mit einem Printmedium gelieferten falschen Informationen gehe die Gefahr hier nicht von einer körperlichen Eigenschaft des Produkts aus, sondern vielmehr von dem Umstand, dass die Leser die (unzutreffenden) Anleitungen befolgten, die es enthalte.

29.      Mich überzeugen diese Argumente jedoch nicht. Der Wortlaut des Art. 6 der Produkthaftungsrichtlinie stellt eindeutig auf einen Fehler des Produkts selbst im Sinne von Art. 2 der Richtlinie ab. Darüber hinaus sieht Art. 1 dieser Richtlinie keine verschuldensunabhängige Haftung für bloße Empfehlungen vor. Die Haftung muss vielmehr mit dem Inverkehrbringen eines Produktes verbunden sein(13). Sie erfordert einen unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen dem Fehler des Produkts und dem Schaden der verletzten Person, der in den in Nr. 28 der vorliegenden Schlussanträge beschriebenen Konstellationen noch gegeben ist, wohingegen bei einer falschen Empfehlung in einer Zeitung keine Verbindung zum Produkt besteht(14). Dies bedeutet mithin, dass die Richtlinie nicht für Dienstleistungen gilt(15).

30.      Während die Feststellung zutreffen mag, dass es aufgrund des technischen Fortschritts immer schwieriger wird, zwischen Produkten und Dienstleistungen zu unterscheiden(16), erlaubt eine solche Einschätzung, die einen Gesetzgeber zum Tätigwerden veranlassen mag, gleichwohl nicht die Anwendung der Produkthaftungsrichtlinie über diejenigen Sachverhalte hinaus, auf die sie unter Berücksichtigung ihres eindeutigen Wortlauts gegenwärtig anwendbar ist. Dies trifft insbesondere deshalb zu, weil es zu anderen Unstimmigkeiten führen würde, falls ihr Anwendungsbereich auf in einem beweglichen Produkt enthaltene Informationen erstreckt würde. Warum sollte es z. B. eine verschuldensunabhängige Haftung für Informationen geben, die in einer Veröffentlichung enthalten sind, nicht aber für Empfehlungen, die im Radio oder im Fernsehen gegeben werden(17)?

31.      Meines Erachtens ergibt sich indessen eindeutig aus dem Wortlaut, dem Zusammenhang und den Zielen der Produkthaftungsrichtlinie, dass die Bezugnahme auf ein „Produkt“ in dieser Richtlinie nur für körperliche Gegenstände gilt. Dies ist im Wesentlichen der Grund dafür, dass der vorliegenden Klage – jedenfalls soweit die Produkthaftungsrichtlinie in Rede steht – kein Erfolg beschieden sein kann, weil sie nämlich keinen Schaden betrifft, der sich aus einem dem Produkt innewohnenden körperlichen Fehler ergibt.

32.      Dies wird durch eine Prüfung der Ziele und des Zusammenhangs der Produkthaftungsrichtlinie bestätigt. Schon der erste Erwägungsgrund der Richtlinie stellt klar, dass sie eine Harmonisierungsmaßnahme „über die Haftung des Herstellers für Schäden, die durch die Fehlerhaftigkeit seiner Produkte verursacht worden sind“, darstellt und dass diese Maßnahme erforderlich war, weil die „Unterschiedlichkeit [der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften] den Wettbewerb verfälschen, den freien Warenverkehr innerhalb des Gemeinsamen Marktes beeinträchtigen und zu einem unterschiedlichen Schutz des Verbrauchers vor Schädigungen seiner Gesundheit und seines Eigentums durch ein fehlerhaftes Produkt führen kann“. Hierbei geht es eindeutig nur um körperliche Waren; wie der Gerichtshof bereits Gelegenheit hatte auszuführen, „[sind d]ie vom Unionsgesetzgeber vorgenommenen Abgrenzungen des Geltungsbereichs dieser Richtlinie … das Ergebnis einer komplexen Abwägung u. a. dieser verschiedenen Interessen“(18).

33.      Diese Aspekte werden samt und sonders durch die übrigen Erwägungsgründe unterstrichen. So führt z. B. der dritte Erwägungsgrund aus, dass sich die verschuldensunabhängige Haftung „nur auf bewegliche Sachen erstrecken [darf], die industriell hergestellt werden“. Obwohl, wie in Fn. 9 dieser Schlussanträge dargestellt, der Anwendungsbereich der Bestimmung inzwischen über den Bereich industriell hergestellter Produkte hinaus erweitert worden ist, wird nicht erwähnt, dass bloße Informationen oder Empfehlungen von der Produkthaftungsrichtlinie erfasst würden. Der vierte Erwägungsgrund erklärt ferner, dass ein wirksamer Verbraucherschutz es erfordert, dass „alle am Produktionsprozess Beteiligten haften, wenn das Endprodukt oder der von ihnen gelieferte Bestandteil oder Grundstoff fehlerhaft war …“. Im sechsten Erwägungsgrund heißt es, damit „der Verbraucher in seiner körperlichen Unversehrtheit und seinem Eigentum“ geschützt werde, sei „zur Bestimmung der Fehlerhaftigkeit eines Produkts nicht auf dessen mangelnde Gebrauchsfähigkeit, sondern auf einen Mangel an Sicherheit abzustellen, die von der Allgemeinheit berechtigterweise erwartet werden darf …“. Der Hinweis auf den „Mangel an Sicherheit“ kann in Anbetracht des Zusammenhangs wiederum nur als Verweis auf einen Fehler eines körperlichen Produkts angesehen werden, der sich schadensstiftend erweisen kann.

34.      Diese den Kontext betreffenden Elemente tragen allesamt dazu bei, die Schlussfolgerung zu untermauern, dass sich der Anwendungsbereich der Produkthaftungsrichtlinie nur auf die Sicherheit körperlicher Produkte bezieht und dass das Hauptziel der genannten Richtlinie darin liegt, Ansprüche auf der Grundlage verschuldensunabhängiger Haftung für Fälle vorzusehen, in denen sich solche Produkte als fehlerhaft erwiesen haben. Andernfalls stünde nach dieser Richtlinie möglicherweise der Weg für eine Reihe von Ansprüchen offen, die sich im Wesentlichen auf fehlerhafte oder fahrlässige Erbringung von Dienstleistungen beziehen. Dabei könnte es sich z. B. um schriftliche, von einem Buchhalter oder einem Rechtsanwalt erstellte Empfehlungen oder um einen ärztlichen Bericht handeln, obwohl es unter solchen Umständen vollkommen gekünstelt wäre, etwa zu behaupten, dass sich der Berufsträger durch die Unterzeichnung eines solchen Berichts „als Hersteller“ eines „Endprodukts“ „ausgibt“, so dass er ein „Hersteller“ im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Produkthaftungsrichtlinie wäre(19).

35.      Wie darüber hinaus das vorlegende Gericht selbst in Nr. 4.2 seines Vorabentscheidungsersuchens anzudeuten scheint, würde die Aufbürdung einer Haftung nach der Produkthaftungsrichtlinie in einem solchen Fall womöglich auch Dienstleistungserbringer einer potenziell unbegrenzten verschuldensunabhängigen Haftung gegenüber einer großen Gruppe möglicher Kläger aussetzen(20). Man käme dann kaum um die Erkenntnis umhin, dass die Schaffung einer verschuldensunabhängigen Haftung die Grenzen des Anwendungsbereichs der Produkthaftungsrichtlinie verzerren würde, die, wie oben und vom Gerichtshof in der Rechtssache Dutrueux(21) ausgeführt, das Ergebnis einer komplexen Abwägung verschiedener Interessen darstellten.

36.      Ein solches Ergebnis würde außerdem zu einer Lage führen, in der ein weiterer Aspekt des Zeitungsverlagswesens mit ungewöhnlichen rechtlichen Schwierigkeiten ganz eigener Art belastet würde. Die meisten Zeitungen – von den seriösesten bis hin zu den populäreren – sehen Leserkolumnen der hier in Rede stehenden Art vor, in denen von Kolumnisten Empfehlungen zu verschiedensten Themen, einschließlich medizinischen, rechtlichen, gärtnerischen, erzieherischen und persönlichen Problemen, gegeben werden. Könnte eine Zeitung verschuldensunabhängig für schlechte oder fehlerhafte Empfehlungen haftbar gemacht werden, die entweder einen Personenschaden oder – nach Maßgabe der in Art. 9 der Produkthaftungsrichtlinie enthaltenen Grenzen – einen Sachschaden verursachen, würde dies für Verleger ein neues Risiko heraufbeschwören, das, wie die Beklagte in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt hat, ernste praktische Auswirkungen auf die durch Art. 11 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (und darüber hinaus durch Art. 10 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten) gewährleistete Pressefreiheit haben könnte. Wenn ein solches Ergebnis von der Produkthaftungsrichtlinie hätte herbeigeführt werden sollen, wäre nach alledem zu erwarten gewesen, dass dies in glasklaren und unmissverständlichen Worten zum Ausdruck gebracht worden wäre. Die bloße Tatsache, dass die Richtlinie zu diesem Punkt schweigt, ist auf ihre eigene Weise ein beredtes Zeugnis dafür, dass die Auferlegung einer solchen Haftung unter solchen Umständen vom Unionsgesetzgeber nie in Betracht gezogen wurde.

37.      Es sollte jedoch betont werden, dass Fragen deliktischer Haftung oder beruflicher Sorgfaltspflichtverletzung in derartigen Fällen vom nationalen Recht der einzelnen Mitgliedstaaten geregelt werden. Es war nie die Absicht des Unionsgesetzgebers, sie auf diese Weise zu harmonisieren, und noch weniger, derartige Ansprüche in die Regelung der verschuldensunabhängigen Haftung der Produkthaftungsrichtlinie durch eine gekünstelte und weitgefasste Auslegung von deren Begriffen hineinzuzwängen. Der Gerichtshof hat bereits festgestellt, dass die Richtlinie über die in ihr geregelten Punkte hinaus den Bereich der Haftung für fehlerhafte Produkte nicht abschließend harmonisieren soll(22).

38.      Während es zwar zutrifft, dass über den hier aufgeworfenen Gesichtspunkt noch nicht entscheiden wurde, ist es doch bemerkenswert, dass er sich auf nichts in der bisherigen Rechtsprechung zur Produkthaftungsrichtlinie stützen kann. Den noch am ehesten vergleichbaren Fall findet man womöglich in der Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Dutrueux(23). In dieser Rechtssache erlitt ein Junge während eines durch ein Krankenhaus durchgeführten chirurgischen Eingriffs Verbrennungen. Die Verbrennungen wurden jedoch durch ein fehlerhaftes Temperaturregelungssystem der Heizmatratze verursacht, auf die er während des chirurgischen Eingriffs gelegt worden war. Das Krankenhaus hatte lediglich die Matratze benutzt, die es von einem Krankenhauslieferanten erworben hatte.

39.      Der Gerichtshof hat gleichwohl festgestellt, dass für die Zwecke des Art. 3 der Produkthaftungsrichtlinie „ein solcher Verwender … [nicht] als ein Beteiligter der Herstellungs- und Vertriebskette des fraglichen Produkts angesehen werden [kann]“(24). Folglich war das Krankenhaus insoweit lediglich ein Erbringer medizinischer Dienstleistungen, und wenn ein solcher Dienstleistungserbringer „fehlerhafte Geräte oder Produkte verwendet, deren Hersteller im Sinne von Art. 3 der [Produkthaftungsrichtlinie] er nicht ist, und dadurch dem Empfänger der Dienstleistung einen Schaden zufügt“, „fällt“ die Haftung des Dienstleistungserbringers „nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie“(25).

40.      Aus dem Urteil in der Rechtssache Dutrueux(26) ergibt sich, dass die Haftung in Hinblick auf die Erbringung von Dienstleistungen, die sich von dem fehlerhaften körperlichen Produkt unterscheiden, nicht in den Anwendungsbereich der Produkthaftungsrichtlinie fällt. Im hier vorliegenden Fall spricht, wenn überhaupt, noch weniger für einen Anspruch, weil, wie bereits ausgeführt, anders als in der Rechtssache Dutrueux kein Fehler des körperlichen Produkts als solches vorliegt.

41.      Fasst man all diese Auslegungslinien zusammen, drängt sich für mich die Schlussfolgerung auf, dass ein derartiger Schadensfall nicht in den Anwendungsbereich der Produkthaftungsrichtlinie fällt. Es handelt sich im Wesentlichen um eine Klage, die mit der Erbringung einer Dienstleistung – einer Verbraucherempfehlung in einer Zeitungskolumne – in Zusammenhang steht, die nicht die Zeitung als körperliches Produkt betrifft. Daher kann für von VI erlittenen Körperverletzungen nicht gesagt werden, dass sie von einem Fehler eines Produkts in dem Sinne herrührten, wie diese Begriffe in der Produkthaftungsrichtlinie verstanden werden.

V.      Ergebnis

42.      Im Lichte der vorstehenden Überlegungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Obersten Gerichtshof (Österreich) vorgelegte Frage wie folgt zu beantworten:

Art. 2 in Verbindung mit Art. 1 und Art. 6 der Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte kann nicht dahin ausgelegt werden, dass auch ein körperliches Exemplar einer Tageszeitung, die einen fachlich unrichtigen Gesundheitstipp enthält, dessen Befolgung einen Schaden an der Gesundheit verursacht, als „fehlerhaftes Produkt“ im Sinne dieser Richtlinie anzusehen ist.


1      Originalsprache: Englisch.


2      Richtlinie vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (ABl. 1985, L 210, S. 29) in der Fassung der Richtlinie 1999/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Mai 1999 (ABl. 1999, L 141, S. 20).


3      BGBl. Nr. 99/1988, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 98/2001.


4      Im Sinne von § 1 Abs. 1 Z 8 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 1981 über die Presse und andere publizistische Medien, BGBl. Nr. 314/1981.


5      Diese Bestimmung behandelt die Haftung für fremde Handlungen.


6      Die Frage, ob eine Haftung nach anderen Normen des österreichischen Rechts bestehen kann oder sollte, ist naturgemäß eine ganz andere, und da sie vollständig in die Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts fällt, werde ich selbstverständlich davon absehen, eine Ansicht zu dieser gesondert zu betrachtenden Frage zum Ausdruck zu bringen. Eine derartige potenzielle Haftung wird von der Produkthaftungsrichtlinie eindeutig nicht ausgeschlossen (vgl. 13. Erwägungsgrund und Art. 13 der Produkthaftungsrichtlinie).


7      Vgl. in diesem Sinne die Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak in der Rechtssache Agrana Zucker (C‑33/08, EU:C:2009:99, Nr. 37).


8      Vgl. in diesem Sinne z. B. Urteile vom 10. September 2014, Holger Forstmann Transporte (C‑152/13, EU:C:2014:2184, Rn. 26), und vom 10. Dezember 2018, Wightman u. a. (C‑621/18, EU:C:2018:999, Rn. 47).


9      Ursprünglich war die Anwendung der Richtlinie 85/374 auf „bewegliche Sachen, die industriell hergestellt werden“, beschränkt (dritter Erwägungsgrund dieser Richtlinie). Die Richtlinie 1999/34 ließ für „landwirtschaftliche Primärerzeugnisse“ die Ausnahme aus dem Anwendungsbereich der Produkthaftungsrichtlinie entfallen, sollte gemäß ihrem achten Erwägungsgrund „alle Arten von Produkten“ erfassen und erweiterte somit den Anwendungsbereich der Richtlinie über die lediglich industriell hergestellten Produkte hinaus. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Gerichtshof in seinem Urteil vom 10. Mai 2001, Veedfald (C‑203/99, EU:C:2001:258), die Richtlinie 85/374 auf ein eindeutig nicht industriell hergestelltes Produkt angewendet hat; in dieser Rechtssache ging es darum, dass eine Niere vor der Transplantation mit einer Perfusionsflüssigkeit durchgespült worden war und sich diese in der Apotheke des Krankenhauses hergestellte Flüssigkeit als fehlerhaft erwies, wodurch die Niere nicht mehr für die Transplantation verwendbar war.


10      Die Kommission vertritt die Auffassung, der Begriff „Produkt“ sei weitgefasst zu verstehen (ihrer Meinung nach muss ein Produkt jedoch „industriell hergestellt“ sein). Sie weist darauf hin, dass, während § 4 des österreichischen Produkthaftungsgesetzes ein Produkt als „jede bewegliche körperliche Sache“ definiere, „körperlich“ nicht als Voraussetzung im Wortlaut des Art. 2 der Produkthaftungsrichtlinie enthalten sei. Diese Bestimmung beziehe auch Elektrizität, die kein körperlicher Gegenstand sei, in den Begriff „Produkt“ ein. Diese Diskussion findet sich häufiger im Zusammenhang mit Software, bei der selbst die Übertragung durch ein körperliches Medium selten geworden ist und der übliche Übertragungsmodus nunmehr im Herunterladen besteht (für diese Auffassung vgl. z. B. Spindler, G., „Verschuldensunabhängige Produkthaftung im Internet“, Multimedia und Recht, Heft 3, 1998, S. 119 bis 124). Die Kommission scheint in ihrem Bericht vom 19.2.2020 über die Auswirkungen künstlicher Intelligenz, des Internets der Dinge und der Robotik in Hinblick auf Sicherheit und Haftung (COM[2020] 64 final, S. 14) de lege lata nicht so weit zu gehen, da sie vorschlägt: „Obwohl die Begriffsbestimmung für ‚Produkt‘ in der Produkthaftungsrichtlinie weit gefasst ist, könnte ihr Anwendungsbereich weiter präzisiert werden, um der Komplexität neuer Technologien besser Rechnung zu tragen …“.


11      Für Beispiele dieses Ansatzes vgl. Foerste, U. und Graf von Westphalen, F., (Hrsg.), Produkthaftungshandbuch, 3. Aufl., Beck, München, 2012, S. 815, §47 Nr. 16; Cahn, A., „Produkthaftung für verkörperte geistige Leistungen, Neue Juristische Wochenschrift, Beck, 1996, S. 2899 bis 2905, S. 2901 bis 2903; Meyer, A., „Die Haftung für fehlerhafte Aussagen in wissenschaftlichen Werken“, Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht, Heft 3, 1997, S. 26 bis 34. Für die einem solchen Ansatz entgegengesetzte Ansicht vgl. Günther, A., Produkthaftung für Informationsgüter, Dr. Otto Schmidt Verlag, Köln, 2001, S. 623 bis 627. Alle diese Verfasser erörtern das deutsche Produkthaftungsgesetz. Dieses deutsche Gesetz setzt die Produkthaftungsrichtlinie um, doch die erörterten Fragen beziehen sich nicht spezifisch auf die deutsche Umsetzung.


12      Ein weiteres Beispiel ist die Fehlfunktion eines Diagnosegeräts, wenn die Fehlfunktion dazu führt, dass eine Krankheit nicht diagnostiziert und folglich nicht behandelt wird.


13      Vgl. e contrario Art. 7 Buchst. a der Produkthaftungsrichtlinie, der einen Hersteller von der Haftung ausnimmt, wenn er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat. Vgl. auch Oechsler, J., Jvon Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Neuauflage 2018, de Gruyter, Berlin, §2 ProdHaftG, Rn. 78, wiederum in Hinblick auf das (deutsche) Produkthaftungsgesetz.


14      Vgl. in diesem Sinne Günther, A., Produkthaftung für Informationsgüter, Dr. Otto Schmidt Verlag, Köln, 2001, S. 650 und 651, der zwischen „Instruktionshaftung“ und „Informationshaftung“ unterscheidet.


15      Die Kommission hat bereits in ihrem Grünbuch „Die zivilrechtliche Haftung für fehlerhafte Produkte“ (KOM[1999] 396 endg., S. 7), festgestellt, dass „[f]ehlerhafte Dienstleistungen … nicht … durch die Richtlinie 85/374/EWG [abgedeckt sind]“. Dies steht damit im Einklang, dass die Kommission eine Richtlinie des Rates über die Haftung bei Dienstleistungen vorgeschlagen hatte (KOM[90] 482 endg., ABl. 1991, C 12, S. 8). Der Entwurf wurde später zurückgezogen (KOM[94] 260 endg.). Nr. 2.8 der Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Haftung bei Dienstleistungen (ABl. 1991, C 269, S. 40) zeigt besonders gut die Probleme auf, die eine solche Richtlinie bereiten könnte: „Bei der Prüfung dieses Vorschlags tritt deutlich zutage, dass seine praktische Durchführung jedwede Forschung und Innovation im Tätigkeitsfeld der freien Berufe hemmen würde. Medizinische Dienstleistungen, juristische, gewerbliche und steuerliche Beratungsdienstleistungen und Dienstleistungen von Architekten, Ingenieuren und Bauunternehmern würden von einer defensiveren Haltung geprägt. Dies liegt aber nicht im Interesse der Verbraucher.“


16      Dies wurde auch im Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Auswirkungen künstlicher Intelligenz, des Internets der Dinge und der Robotik in Hinblick auf Sicherheit und Haftung (COM[2020] 64 final, S. 13 und 14) kommentiert.


17      Vgl. auch Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., 2020, §2 ProdHaftG, Nr. 19 sowie Ulmer-Eilfort, C., und Obergfell-Thiermann, E.‑I., Verlagsrecht, 2. Aufl., C.H. Beck, 2020, Rn. 1036.


18      Urteil vom 21. Dezember 2011, Dutrueux (C‑495/10, EU:C:2011:869, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).


19      Vgl. auch Fn. 15 der vorliegenden Schlussanträge, in der die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Haftung bei Dienstleistungen (ABl. 1991, C 269, S. 40) zitiert wird.


20      Vgl. die berühmten warnenden Worte des Vorsitzenden Richters Cardozo, in Ultramares Corporation v. Touche 174 NE 441 (1931), wonach das Recht die Aussicht einer Haftung „für einen unbestimmten Betrag für eine unbestimmte Zeit gegenüber einer unbestimmten Gruppe“ unterbinden müsse.


21      Urteil vom 21. Dezember 2011 (C‑495/10, EU:C:2011:869, Rn. 22).


22      Vgl. Urteile vom 4. Juni 2009, Moteurs Leroy Somer (C‑285/08, EU:C:2009:351, Rn. 24 und 25), und vom 21. Dezember 2011, Dutrueux (C‑495/10, EU:C:2011:869, Rn. 21).


23      Urteil vom 21. Dezember 2011 (C‑495/10, EU:C:2011:869).


24      Ebd. (Rn. 28).


25      Ebd. (Rn. 39).


26      Urteil vom 21. Dezember 2011 (C‑495/10, EU:C:2011:869).