URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)
23. März 2023(*)
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Binnenmarkt – Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften über Maschinen, spannungsführende elektrische Betriebsmittel und Druckgeräte – Richtlinie 2006/42/EG – Richtlinie 2014/35/EU – Richtlinie 2014/68/EU – ‚CE‑Kennzeichnung‘ – Nationale Regelung, mit der zusätzliche, über die wesentlichen Sicherheitsanforderungen, die in diesen Richtlinien vorgesehen sind, hinausgehende Anforderungen vorgeschrieben werden – Voraussetzungen – Nationale Regelung zum Schutz vor Brandgefahren und drohenden Panikreaktionen in Einrichtungen mit Publikumsverkehr“
In der Rechtssache C‑653/21
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil d’État (Staatsrat, Frankreich) mit Entscheidung vom 16. Juli 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Oktober 2021, in dem Verfahren
Syndicat Uniclima
gegen
Ministre de l’Intérieur
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Safjan sowie der Richter N. Piçarra (Berichterstatter) und N. Jääskinen,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– von Syndicat Uniclima, vertreten durch A. Le Mière, Avocat,
– der französischen Regierung, vertreten durch A.‑L. Desjonquères und N. Vincent als Bevollmächtigte,
– der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Ondrůšek, E. Sanfrutos Cano und F. Thiran als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2006/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (ABl. 2006, L 157, S. 24), von Art. 2 Nr. 14 und Art. 4 der Richtlinie 2014/35/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung elektrischer Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen auf dem Markt (ABl. 2014, L 96, S. 357) sowie von Art. 2 Nr. 31 und Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2014/68/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Druckgeräten auf dem Markt (ABl. 2014, L 189, S. 164) sowie die Auslegung der Verordnung (EU) Nr. 517/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über fluorierte Treibhausgase und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 842/2006 (ABl. 2014, L 150, S. 195).
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Syndicat Uniclima und dem Ministre de l’Intérieur (Innenminister, Frankreich) über die Rechtmäßigkeit des Arrêté du 10 mai 2019 modifiant l’arrêté du 25 juin 1980 portant approbation des dispositions générales du règlement de sécurité contre les risques d’incendie et de panique dans les établissements recevant du public (ERP) (Verordnung vom 10. Mai 2019 zur Änderung der Verordnung vom 25. Juni 1980 zur Genehmigung der allgemeinen Bestimmungen der Verordnung zum Schutz vor Brandgefahren und drohenden Panikreaktionen in Einrichtungen mit Publikumsverkehr) (JORF vom 17. Mai 2019, Text Nr. 20).
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung Nr. 517/2014
3 Art. 1 der Verordnung Nr. 517/2014 lautet:
„Das Ziel dieser Verordnung ist der Umweltschutz durch Minderung der Emissionen von fluorierten Treibhausgasen. Dementsprechend werden in dieser Verordnung
a) Regeln für die Emissionsbegrenzung, Verwendung, Rückgewinnung und Zerstörung von fluorierten Treibhausgasen und damit verbundene zusätzliche Maßnahmen festgelegt,
b) Auflagen für das Inverkehrbringen bestimmter Erzeugnisse und Einrichtungen, die fluorierte Treibhausgase enthalten oder zu ihrem Funktionieren benötigen, festgelegt,
c) Auflagen für bestimmte Verwendungen von fluorierten Treibhausgasen festgelegt, und
d) Mengenbegrenzungen für das Inverkehrbringen von teilfluorierten Kohlenwasserstoffen festgelegt.“
Richtlinie 2014/68
4 In den Erwägungsgründen 37 und 62 der Richtlinie 2014/68 heißt es:
„(37) Druckgeräte und Baugruppen sollten in der Regel eine CE‑Kennzeichnung tragen[, die] die Konformität eines Druckgeräts oder einer Baugruppe zum Ausdruck [bringt] und … das sichtbare Ergebnis eines ganzen Prozesses [ist], der die Konformitätsbewertung im weiteren Sinne umfasst. … In dieser Richtlinie sollten die Vorschriften für die Anbringung der CE‑Kennzeichnung aufgeführt werden.
…
(62) … Ziel dieser Richtlinie [ist es], sicherzustellen, dass die auf dem Markt befindlichen Druckgeräte oder Baugruppen ein hohes Niveau in Bezug auf den Schutz der Gesundheit und der Sicherheit von Menschen sowie den Schutz von Haus- und Nutztieren und Gütern erfüllen, und gleichzeitig das Funktionieren des Binnenmarktes zu garantieren …“
5 In Art. 1 der Richtlinie heißt es:
„(1) Diese Richtlinie gilt für die Auslegung, Fertigung und Konformitätsbewertung von Druckgeräten und Baugruppen mit einem maximal zulässigen Druck (PS) von über 0,5 bar.
(2) Diese Richtlinie gilt nicht für:
…
f) Geräte, die … von einer der folgenden Richtlinien erfasst werden:
i) Richtlinie 2006/42…
…
iii) Richtlinie 2014/35…
…“
6 Art. 2 der Richtlinie bestimmt:
„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
…
6. ‚Baugruppen‘ mehrere Druckgeräte, die von einem Hersteller zu einer zusammenhängenden funktionalen Einheit verbunden werden;
…
15. ‚Bereitstellung auf dem Markt‘ jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines Druckgeräts oder einer Baugruppe zum Vertrieb, zum Verbrauch oder zur Verwendung auf dem [Markt der Europäischen Union] im Rahmen einer Geschäftstätigkeit;
…
17. ‚Inbetriebnahme‘ die erstmalige Verwendung eines Druckgeräts oder einer Baugruppe durch seinen oder ihren Nutzer;
…
31. ‚CE‑Kennzeichnung‘ Kennzeichnung, durch die der Hersteller erklärt, dass das Druckgerät oder die Baugruppe den geltenden Anforderungen genügen, die in den Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union über ihre Anbringung festgelegt sind;
…“
7 Art. 3 („Bereitstellung auf dem Markt und Inbetriebnahme“) Abs. 1 und 2 der Richtlinie lautet:
„(1) Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, damit Druckgeräte und Baugruppen nur dann auf dem Markt bereitgestellt und in Betrieb genommen werden dürfen, wenn sie bei angemessener Anbringung und Wartung und bestimmungsgemäßem Betrieb die Anforderungen dieser Richtlinie erfüllen.
(2) Diese Richtlinie berührt nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten, Anforderungen festzulegen, die sie zum Schutz von Personen und insbesondere der Arbeitnehmer bei der Verwendung des betreffenden Druckgeräts oder der Baugruppe für erforderlich halten, sofern dies keine Änderungen dieses Geräts oder dieser Baugruppe in Bezug auf die Bestimmungen dieser Richtlinie zur Folge hat.“
8 Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2014/68 bestimmt:
„Die Mitgliedstaaten dürfen die Bereitstellung auf dem Markt und die Inbetriebnahme von Druckgeräten oder Baugruppen unter den vom Hersteller festgelegten Bedingungen nicht wegen druckbedingter Risiken verbieten, beschränken oder behindern, wenn diese den Anforderungen dieser Richtlinie entsprechen.“
9 Art. 40 („Verfahren zur Behandlung von Druckgeräten oder Baugruppen, mit denen ein Risiko verbunden ist, auf nationaler Ebene“) der Richtlinie sieht vor:
„(1) Haben die Marktüberwachungsbehörden eines Mitgliedstaats hinreichenden Grund zu der Annahme, dass Druckgeräte oder Baugruppen, die unter diese Richtlinie fallen, mit einem Risiko für die Gesundheit oder Sicherheit von Menschen oder Haus- und Nutztiere oder Güter verbunden sind, so beurteilen sie, ob das betreffende Druckgerät oder die betreffende Baugruppe alle in dieser Richtlinie festgelegten einschlägigen Anforderungen erfüllt …
Gelangen die Marktüberwachungsbehörden im Verlauf der Beurteilung nach Unterabsatz 1 zu dem Ergebnis, dass das Druckgerät oder die Baugruppe die Anforderungen dieser Richtlinie nicht erfüllt, so fordern sie den betreffenden Wirtschaftsakteur unverzüglich auf, innerhalb einer von der Behörde vorgeschriebenen, der Art des Risikos angemessenen und vertretbaren Frist alle geeigneten Korrekturmaßnahmen zu ergreifen, um die Übereinstimmung des Druckgeräts oder der Baugruppe mit diesen Anforderungen herzustellen oder das Druckgerät oder die Baugruppe zurückzunehmen oder zurückzurufen.
…
(4) Ergreift der betreffende Wirtschaftsakteur innerhalb der in Absatz 1 Unterabsatz 2 genannten Frist keine angemessenen Korrekturmaßnahmen, treffen die Marktüberwachungsbehörden alle geeigneten vorläufigen Maßnahmen, um die Bereitstellung des Druckgeräts oder der Baugruppe auf ihrem nationalen Markt zu untersagen oder einzuschränken, das Druckgerät oder die Baugruppe vom Markt zu nehmen oder zurückzurufen.
Die Marktüberwachungsbehörden unterrichten die [Europäische] Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten unverzüglich über diese Maßnahmen.
…“
10 Art. 41 („Schutzklauselverfahren der Union“) Abs. 2 der Richtlinie lautet:
„Hält sie die nationale Maßnahme für gerechtfertigt, so ergreifen alle Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass das nichtkonforme Druckgerät oder die nichtkonforme Baugruppe vom Markt genommen wird, und unterrichten die Kommission darüber. Hält sie die nationale Maßnahme nicht für gerechtfertigt, muss der betreffende Mitgliedstaat sie rückgängig machen.“
Nationales Recht
11 Art. CH 35 („Einrichtungen oder Installationen, die Kältemittel verwenden“) Abs. 3 („Bestimmungen, die bei Verwendung entzündlicher Kühlmittel anwendbar sind“) Unterabs. 1 des Arrêté du 25 juin 1980 portant approbation des dispositions générales du règlement de sécurité contre les risques d’incendie et de panique dans les établissements recevant du public (ERP) (Verordnung vom 25. Juni 1980 zur Genehmigung der allgemeinen Bestimmungen der Verordnung zum Schutz vor Brandgefahren und drohenden Panikreaktionen in Einrichtungen mit Publikumsverkehr) (JORF vom 14. August 1980) in der Fassung, die sich aus der Verordnung vom 10. Mai 2019 ergibt (im Folgenden: Verordnung vom 25. Juni 1980), bestimmt, dass die Bestimmungen der anderen Unterabsätze dieses Absatzes „nicht für hermetisch geschlossene Einrichtungen [gelten], die mit einer EG-Kennzeichnung versehen sind“.
12 Zu diesen Bestimmungen gehören Bestimmungen, die die Anbringung lösbarer Verbindungsstücke an den Rohrleitungen, die entzündliche Kältemittel führen, außer für den Anschluss von Geräten, verbieten, Bestimmungen, die vorschreiben, diese Rohrleitungen vor Trennbruchrisiken zu schützen und sie in einer Mindesthöhe zum Boden anzubringen, Bestimmungen, die den Innendurchmesser der Rohrleitungen, die diese Mittel in ihrer verflüssigten Form führen, begrenzen, Bestimmungen, die die Wärmedämmung der Geräte, die die Mittel enthalten, durch Materialien bestimmter Klassen vorschreiben, und Bestimmungen, die die Menge an entzündlichem Kältemittel festlegen, die in den Kältekreisläufen der Geräte zirkulieren darf.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
13 Syndicat Uniclima beantragt beim vorlegenden Gericht u. a., Art. CH 35 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung vom 25. Juni 1980 für nichtig zu erklären, da die damit geschaffene Bedingung der hermetischen Geschlossenheit von Maschinen, elektrischen Geräten oder Druckgeräten eine zusätzliche Anforderung zu den in den Richtlinien 2006/42, 2014/35 und 2014/68 vorgesehenen Anforderungen darstelle, obwohl diese Geräte mit der CE‑Kennzeichnung versehen seien und daher den Anforderungen dieser Richtlinien entsprächen. Folglich laufe eine solche Bedingung – abgesehen davon, dass sie gegen die genannten Richtlinien verstoße – auch den Art. 34 bis 36 AEUV zuwider.
14 Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ergibt sich u. a. aus Art. 2 Nr. 31 und Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2014/68, dass ein unter diese Richtlinie fallendes Gerät frei auf dem Markt der Union im Umlauf sein darf, wenn es die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen wesentlichen Sicherheitsanforderungen erfüllt, was durch die Anbringung der „CE‑Kennzeichnung“ bescheinigt werde.
15 Das vorlegende Gericht weist ferner darauf hin, dass nach Art. CH 35 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung vom 25. Juni 1980 die Sicherheitsanforderungen, die nach dieser Bestimmung für die Verwendung entzündlicher Kältemittel in Geräten gälten, die in Einrichtungen mit Publikumsverkehr installiert seien, nicht auf mit der EG-Kennzeichnung versehene Geräte anwendbar seien, sofern diese Geräte „hermetisch geschlossen“ seien.
16 Unter diesen Umständen hat der Conseil d’État (Staatsrat, Frankreich) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Erlaubt die von den Richtlinien 2006/42, 2014/35 und 2014/68 verlangte Harmonisierung den Mitgliedstaaten, und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen und in welchem Umfang, Sicherheitsanforderungen für die von den Richtlinien erfassten Geräte vorzuschreiben, sofern diese Anforderungen keine Änderung derjenigen Geräte erforderlich machen, die, wie durch die Anbringung der „CE‑Kennzeichnung“ bescheinigt wird, den Anforderungen dieser Richtlinien entsprechen?
2. Erlaubt die von diesen Richtlinien verlangte Harmonisierung den Mitgliedstaaten, für die alleinige Verwendung dieser Geräte in öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten und im Hinblick auf die besonderen Brandschutzgefahren Sicherheitsanforderungen vorzuschreiben, die eine Änderung von Geräten erforderlich machen können, die, wie durch die Anbringung der „CE‑Kennzeichnung“ bescheinigt wird, den Anforderungen der Richtlinien entsprechen?
3. Falls die vorstehende Frage verneint wird: Kann die Frage bejaht werden, wenn die in Rede stehenden Sicherheitsanforderungen zum einen nur gelten, soweit in diesen Geräten im Einklang mit den Zielen der Verordnung Nr. 517/2014 entzündliche Kältemittel als Ersatz für fluorierte Treibhausgase verwendet werden, und sie zum anderen nur solche Geräte erfassen, die zwar den Anforderungen dieser Richtlinien entsprechen, aber im Hinblick auf die Brandgefahr bei der Verwendung entzündlicher Kältemittel nicht die Sicherheit eines hermetischen Verschlusses bieten?
Zu den Vorlagefragen
17 Die Fragen des vorlegenden Gerichts betreffen die Auslegung der Richtlinien 2006/42, 2014/35 und 2014/68, die alle auf der Grundlage von Art. 114 AEUV erlassen wurden und gleichwertige Bestimmungen enthalten, mit denen die Bedingungen harmonisiert werden sollen, unter denen mit der CE‑Kennzeichnung versehene Geräte auf dem Markt bereitgestellt und in Betrieb genommen werden, so dass nicht nur der freie Verkehr dieser Geräte innerhalb der Union, sondern auch ein hohes Schutzniveau u. a. in Bezug auf die Gesundheit und Sicherheit von Menschen gewährleistet wird.
18 Des Weiteren geht aus Art. 1 Abs. 2 Buchst. f Ziff. i und iii der Richtlinie 2014/68 hervor, dass diese drei Richtlinien nicht kumulativ anwendbar sind. Wenn also ein Gerät unter eine Richtlinie fällt, die speziell dieses Gerät erfasst, finden die anderen Richtlinien keine Anwendung.
19 Vor diesem Hintergrund sind die Vorlagefragen im Hinblick auf die Richtlinie 2014/68 zu prüfen, wobei die Auslegung der Bestimmungen dieser Richtlinie mutatis mutandis für die entsprechenden Bestimmungen der Richtlinien 2006/42 und 2014/35 gilt.
20 Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 3 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 2 Nr. 31 und Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2014/68 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Menschen vor Brandgefahren in öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten für Druckgeräte und Baugruppen, in denen entzündliche Kältemittel verwendet werden, für die Zwecke der Bereitstellung auf dem Markt oder der Inbetriebnahme dieser Geräte Anforderungen, die nicht zu den in dieser Richtlinie vorgesehenen wesentlichen Sicherheitsanforderungen gehören, vorschreibt, obwohl diese Geräte mit einer EG-Kennzeichnung versehen sind.
21 Die Richtlinie 2014/68 gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 für die Auslegung, Fertigung und Konformitätsbewertung von Druckgeräten und Baugruppen mit einem maximal zulässigen Druck (PS) von über 0,5 bar. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie bestimmt im Wesentlichen, dass die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, damit diese Geräte und Baugruppen nur dann im Sinne von Art. 2 Nrn. 15 und 17 auf dem Markt bereitgestellt und in Betrieb genommen werden dürfen, wenn sie die von der Richtlinie aufgestellten Anforderungen erfüllen. Anhang I der Richtlinie legt somit die einzuhaltenden „wesentlichen Sicherheitsanforderungen“ fest.
22 Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2014/68 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die Bereitstellung auf dem Markt und die Inbetriebnahme von Druckgeräten und Baugruppen unter den vom Hersteller festgelegten Bedingungen nicht wegen druckbedingter Risiken verbieten, beschränken oder behindern dürfen, wenn diese den Anforderungen dieser Richtlinie entsprechen und mit der CE‑Kennzeichnung versehen sind, um das mit dieser Richtlinie verfolgte Ziel der Harmonisierung der nationalen Vorschriften, das im 62. Erwägungsgrund der Richtlinie genannt wird, in Bezug auf diese Risiken nicht zu gefährden (vgl. zur Richtlinie 97/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Mai 1997 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Druckgeräte [ABl. 1997, L 181, S. 1], die durch die Richtlinie 2014/68 aufgehoben wurde, Urteil vom 10. Februar 2022, DIMCO Dimovasili M.I.K.E., C‑499/20, EU:C:2022:93, Rn. 22 und 25).
23 Gemäß Art. 2 Nr. 31 der Richtlinie 2014/68, ausgelegt im Licht des 37. Erwägungsgrundes dieser Richtlinie, ermöglicht die „CE‑Kennzeichnung“ dem Hersteller, zu erklären, dass das Druckgerät oder die Baugruppe, zu der es gehört, den geltenden Anforderungen genügt, die in den Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union über ihre Anbringung festgelegt sind. Somit bestätigt diese Kennzeichnung die Konformität dieser Geräte und Baugruppen mit diesen Anforderungen und ist das sichtbare Ergebnis eines ganzen Prozesses, der die Konformitätsbewertung im weiteren Sinne umfasst.
24 Daraus folgt, dass die Mitgliedstaaten für die Zwecke des Inverkehrbringens und der Inbetriebnahme von Geräten und Baugruppen, die mit einer CE‑Kennzeichnung versehen sind, keine Anforderungen vorschreiben dürfen, die über die in Anhang I der Richtlinie 2014/68 genannten wesentlichen Sicherheitsanforderungen hinausgehen.
25 Jedoch räumt Art. 3 Abs. 2 dieser Richtlinie den Mitgliedstaaten die Befugnis ein, Anforderungen festzulegen, die sie zum Schutz von Personen und insbesondere der Arbeitnehmer bei der Verwendung des betreffenden Druckgeräts oder der Baugruppe für erforderlich halten, sofern dies keine Änderungen dieses Geräts oder dieser Baugruppe in Bezug auf die Bestimmungen der Richtlinie zur Folge hat. Diese Bestimmung ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die bei der Installation oder Verwendung von Druckgeräten oder Baugruppen, einschließlich derjenigen mit CE‑Kennzeichnung, zur Gewährleistung der Sicherheit von Personen bestimmte Anforderungen vorschreibt, sofern diese Regelung keine Änderungen dieser Geräte oder Baugruppen zur Folge hat und keine nach den Art. 34 und 36 AEUV verbotene Beschränkung darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Februar 2022, DIMCO Dimovasili M.I.K.E., C‑499/20, EU:C:2022:93, Rn. 26 bis 28).
26 In der vorliegenden Rechtssache ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Angaben, dass die Verordnung vom 25. Juni 1980 die Verwendung von Geräten, in denen entzündliche Kältemittel verwendet werden, in Einrichtungen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, davon abhängig macht, dass eine Reihe von Vorschriften, die in Rn. 12 des vorliegenden Urteils genannt sind, eingehalten werden. Art. CH 35 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung vom 25. Juni 1980 macht die Nichtanwendung dieser Vorschriften auf Geräte, in denen entzündliche Kältemittel verwendet werden und die mit der CE‑Kennzeichnung versehen sind, jedoch davon abhängig, dass diese hermetisch verschlossen sind.
27 Eine solche Bedingung zählt aber nicht zu den wesentlichen Sicherheitsanforderungen, die in der Richtlinie 2014/68 und insbesondere in deren Anhang I vorgesehen sind. Wie in den Rn. 24 und 25 des vorliegenden Urteils dargelegt, sind zusätzliche Anforderungen für die Zwecke der Bereitstellung auf dem Markt und der Inbetriebnahme von Geräten und Baugruppen, die mit der CE‑Kennzeichnung versehen sind, jedoch nicht von Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2014/68 gedeckt. Folglich dürfen die Mitgliedstaaten solche zusätzlichen Anforderungen unabhängig davon, ob sie zu einer Änderung der betreffenden Geräte oder Baugruppen führen, nicht festlegen.
28 Unter diesen Umständen dürfen die Mitgliedstaaten entgegen dem Vorbringen der französischen Regierung für die Zwecke der Bereitstellung auf dem Markt und der Inbetriebnahme dieser Geräte keine zusätzlichen Anforderungen zu den in der Richtlinie 2014/68 vorgesehenen Anforderungen aufstellen, auch nicht „für die alleinige Verwendung dieser Geräte in öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten und im Hinblick auf die besonderen Brandschutzgefahren“. Solche nationalen Anforderungen würden nämlich darauf hinauslaufen, dass den in dieser Richtlinie vorgesehenen Harmonisierungsmaßnahmen ihre praktische Wirksamkeit genommen würde.
29 Des Weiteren ermöglicht das Schutzklauselverfahren, das u. a. in den Art. 40 und 41 der genannten Richtlinie geregelt ist und auf das sich die französische Regierung in diesem Kontext beruft, den Mitgliedstaaten zwar, Maßnahmen in Bezug auf Geräte und Baugruppen, die mit der CE‑Kennzeichnung versehen sind, zu ergreifen, wenn sie Geräte oder Baugruppen identifizieren, die nicht den geltenden unionsrechtlichen Bestimmungen entsprechen, oder wenn sie eine Lücke in diesen Bestimmungen feststellen, die die Sicherheit von Personen gefährden kann, wobei sie verpflichtet sind, die Kommission schnell hierüber in Kenntnis zu setzen, damit diese feststellt, ob diese Maßnahmen gerechtfertigt sind. Dieses Verfahren findet jedoch definitionsgemäß nach der Bereitstellung auf dem Markt und der Inbetriebnahme der betreffenden Geräte statt und kann daher eine Bestimmung wie Art. CH 35 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung vom 25. Juni 1980 nicht erfassen.
30 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass die Verordnung vom 25. Juni 1980 die bestehende nationale Regelung ändert, um den Vorschriften der Verordnung Nr. 517/2014 Rechnung zu tragen, die die Verringerung der Verwendung von u. a. in Kälte- und Klimaanlagen sowie Wärmepumpen verwendeten Fluorkohlenwasserstoffen vorsehen, um die der Emissionen fluorierter Treibhausgase zu reduzieren, die Auslegung von Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2014/68, wie sie aus Rn. 27 des vorliegenden Urteils hervorgeht, nicht in Frage stellen kann. Denn zwar legt die Verordnung Nr. 517/2014 nach ihrem Art. 1 Buchst. b Auflagen für das Inverkehrbringen bestimmter Erzeugnisse und Einrichtungen, die fluorierte Treibhausgase enthalten oder zu ihrem Funktionieren benötigen, fest, doch regelt sie nicht die Auslegung, Fertigung und Konformitätsbewertung von Druckgeräten und Baugruppen, die unter die Richtlinie 2014/68 fallen.
31 Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 3 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 2 Nr. 31 und Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2014/68 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Menschen vor Brandgefahren in öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten für Druckgeräte und Baugruppen, in denen entzündliche Kältemittel verwendet werden, für die Zwecke der Bereitstellung auf dem Markt oder der Inbetriebnahme dieser Geräte und Baugruppen Anforderungen, die nicht zu den in dieser Richtlinie vorgesehenen wesentlichen Sicherheitsanforderungen gehören, vorschreibt, obwohl diese Geräte und Baugruppen mit einer EG-Kennzeichnung versehen sind.
Kosten
32 Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 3 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 2 Nr. 31 und Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2014/68/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Druckgeräten auf dem Markt
ist dahin auszulegen, dass
er einer nationalen Regelung entgegensteht, die zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Menschen vor Brandgefahren in öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten für Druckgeräte und Baugruppen, in denen entzündliche Kältemittel verwendet werden, für die Zwecke der Bereitstellung auf dem Markt oder der Inbetriebnahme dieser Geräte und Baugruppen Anforderungen, die nicht zu den in dieser Richtlinie vorgesehenen wesentlichen Sicherheitsanforderungen gehören, vorschreibt, obwohl diese Geräte und Baugruppen mit einer EG-Kennzeichnung versehen sind.
Unterschriften