URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST (Erste Kammer)

13. November 2007

Rechtssache F-76/06

Ioannis Tsirimokos

gegen

Europäisches Parlament

„Öffentlicher Dienst – Beamte – Arbeitsbedingungen – Halbzeitbeschäftigung zur Vorbereitung der Versetzung in den Ruhestand – Ausschluss der übertragenen Ruhegehaltsansprüche bei der Berechnung des Grundgehalts für die Halbzeitbeschäftigung – Beschluss Nr. 241/05 des Kollegiums der Verwaltungschefs“

Gegenstand: Klage nach Art. 236 EG und Art. 152 EA auf Aufhebung der mit Entscheidung vom 19. April 2006 über die Zurückweisung der Beschwerde des Klägers bestätigten Entscheidung des Parlaments vom 25. Oktober 2005, bei der Berechnung des Prozentsatzes vom Grundgehalt, der dem Kläger bei der Bewilligung seines Antrags auf Halbzeitbeschäftigung zur Vorbereitung seiner Versetzung in den Ruhestand zuerkannt worden ist, seine auf das gemeinschaftliche Versorgungssystem übertragenen Ruhegehaltsansprüche nicht zu berücksichtigen

Entscheidung: Die Klage wird abgewiesen. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Leitsätze

1.      Beamte – Dienstbezüge – Halbzeitbeschäftigung vor der Versetzung in den Ruhestand

(Beamtenstatut, Anhang IVa, Art. 4 Buchst. b, und Anhang VIII, Art. 2 bis 5, 9, 9a und 11)

2.      Beamte – Klage – Vorherige Verwaltungsbeschwerde – Identität von Gegenstand und Grund

(Beamtenstatut, Art. 90 Abs. 2)

1.      Art. 4 Buchst. b des Anhangs IVa des Statuts, der die Modalitäten der Berechnung des gekürzten Grundgehalts für die Halbzeitbeschäftigung eines seine Versetzung in den Ruhestand vorbereitenden Beamten regelt, führt abschließend auf, welche ruhegehaltsfähigen Dienstjahre bei der Berechnung des Prozentsatzes des Grundgehalts, den der Betreffende beanspruchen kann, zu berücksichtigen sind. Danach werden die ruhegehaltsfähigen Dienstjahre im Sinne der Art. 2, 3, 4, 5, 9 und 9a des Anhangs VIII des Statuts berücksichtigt, Art. 11 des Anhangs VIII des Statuts ist hingegen nicht genannt. Daher sind die ruhegehaltsfähigen Dienstjahre, die infolge einer nach diesem Art. 11 zulässigen Übertragung von Ruhegehaltsansprüchen auf das gemeinschaftliche Versorgungssystem erworben wurden, von Art. 4 Buchst. b des Anhangs IVa des Statuts nicht erfasst.

Für diese wörtliche Auslegung von Art. 4 Buchst. b des Anhangs IVa des Statuts sprechen auch zwei Erwägungen zu dem System, in das sich diese Bestimmung einfügt. Zum einen bildet Art. 4 Buchst. b des Anhangs IVa des Statuts eine autonome Regelung der Modalitäten der Berechnung des Grundgehalts für die Halbzeitbeschäftigung zur Vorbereitung der Versetzung eines Beamten in den Ruhestand, die Teil der allgemeinen Regelung der Teilzeitbeschäftigung in Anhang IVa des Statuts ist. Dagegen ist Art. 11 des Anhangs VIII des Statuts eine Sondervorschrift in der Versorgungsordnung und kann nicht als Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes verstanden werden, der gebietet, die vor dem Eintritt in den Dienst der Gemeinschaften zurückgelegte Arbeitszeit als tatsächlich abgeleistete Dienstjahre anzusehen. Zum anderen geht aus dem Kontext von Art. 4 des Anhangs IVa des Statuts und den mit der Regelung, zu der dieser Artikel gehört, nämlich der Regelung der Teilzeitbeschäftigung, verfolgten Zielen nicht hervor, dass die Jahre vor dem Eintritt in den Dienst der Gemeinschaften bei der Berechnung des Prozentsatzes vom Grundgehalt, der dem Kläger bei der Bewilligung seines Antrags auf Halbzeitbeschäftigung zur Vorbereitung der Versetzung in den Ruhestand zuerkannt worden ist, zu berücksichtigen wären.

Was den Grundsatz der Gleichbehandlung in Bezug auf die Behandlung von innerhalb eines Gemeinschaftsorgans erworbenen ruhegehaltsfähigen Dienstjahren und infolge einer Übertragung von Ruhegehaltsansprüchen erworbenen ruhegehaltsfähigen Dienstjahren betrifft, stellen ein Geldbetrag, den der Beamte dem Gemeinschaftshaushalt zuführt, und eine im Dienst bei den Gemeinschaftsorganen zurückgelegte Zeit keine miteinander vergleichbaren Werte dar. Daher ist die Lage eines Beamten, der zum Zeitpunkt seines Eintritts in den Dienst der Gemeinschaften einen Kapitalbetrag auf das gemeinschaftliche Versorgungssystem übertrug, der den von ihm in einem innerstaatlichen System erworbenen Ansprüchen entsprach, nicht mit der Lage eines Beamten vergleichbar, der früher in den Dienst der Gemeinschaften eingetreten ist und seither durch Einbehalte von seinem Gehalt Beiträge an das gemeinschaftliche System entrichtet hat.

(vgl. Randnrn. 34 bis 39 und 41)

Verweisung auf:

Gerichtshof: 11. September 2007, Lindorfer/Rat, C‑227/04 P, Slg. 2007, I‑6767, Randnrn. 67 und 68

Gericht erster Instanz: 16. Dezember 2004, Pappas/Kommission, T‑11/02, Slg. ÖD 2004, I‑A‑381 und II‑1773, Randnr. 44

2.      Nach dem Grundsatz der Übereinstimmung zwischen der Verwaltungsbeschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts und der anschließenden Klage ist ein vor dem Gemeinschaftsrichter geltend gemachter Klagegrund nur zulässig, wenn er bereits im Rahmen des Vorverfahrens vorgetragen worden ist, so dass die Anstellungsbehörde von den Rügen des Betroffenen gegen die angefochtene Entscheidung hinreichend genau Kenntnis nehmen konnte. Dieser Grundsatz ist durch die Zielsetzung des Vorverfahrens gerechtfertigt, das eine gütliche Beilegung der zwischen den Beamten und der Verwaltung bestehenden Streitpunkte ermöglichen soll. Für die Anstellungsbehörde muss daher klar ersichtlich sein, welche Rügen der Beschwerdeführer erhebt, damit sie ihm gegebenenfalls einen Vorschlag für eine solche gütliche Beilegung unterbreiten kann.

(vgl. Randnr. 45)

Verweisung auf:

Gerichtshof: 1. Juli 1976, Sergy/Kommission, 58/75, Slg. 1976, 1139, Randnr. 32; 14. März 1989, Del Amo Martinez/Parlament, 133/88, Slg. 1989, 689, Randnr. 9

Gericht erster Instanz: 29. November 2006, Campoli/Kommission, T‑135/05, Slg. ÖD 2006, I‑A-2-297 und II-A‑2-1527, Randnr. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung