URTEIL DES GERICHTS (Fünfte erweiterte Kammer)

7. Juli 2021(*)

„Unionsmarke – Anmeldung einer Unionsmarke, die aus einer Kombination von Klängen beim Öffnen einer Dose mit einem kohlensäurehaltigen Getränk besteht – Absolutes Eintragungshindernis – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001 – Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001“

In der Rechtssache T‑668/19,

Ardagh Metal Beverage Holdings GmbH & Co. KG mit Sitz in Bonn (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt S. Abrar,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch M. Fischer, D. Hanf und D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des EUIPO vom 24. Juli 2019 (Sache R 530/2019-2) über die Anmeldung einer Kombination von Klängen, die beim Öffnen einer Dose mit einem kohlensäurehaltigen Getränk entsteht, als Unionsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas, der Richter D. Spielmann und U. Öberg (Berichterstatter), der Richterin O. Spineanu-Matei und des Richters R. Norkus,

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 1. Oktober 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 19. Dezember 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund der prozessleitenden Maßnahmen vom 28. April und 30. Oktober 2020,

aufgrund der Verweisung der vorliegenden Rechtssache an die Fünfte erweiterte Kammer des Gerichts,

auf die mündliche Verhandlung vom 10. Februar 2021

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 6. Juni 2018 meldete die Klägerin, die Ardagh Metal Beverage Holdings GmbH & Co. KG, gemäß der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um ein Hörzeichen, das an den Klang erinnert, der beim Öffnen einer Getränkedose entsteht, gefolgt von etwa einer Sekunde ohne Geräusch und einem Prickeln von etwa neun Sekunden. Bei der Anmeldung legte die Klägerin eine Audiodatei vor.

3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 6, 29, 30, 32 und 33 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 6: „Behälter aus Metall für Lagerung und Transport, insbesondere Metallcontainer, Dosen [Metallcontainer], Behälter aus Metall, Behälter aus Metall für Chemikalien, Druckgas und Flüssigkeiten“;

–        Klasse 29: „Milchprodukte, insbesondere Joghurt [Getränke], Kokosnussmilch [Getränke], Getränke aus Joghurt, Getränke aus Milch oder Milch enthaltende Getränke, auf Joghurt basierende Getränke, Getränke aus verdickter Milch [Joghurt], Getränke auf der Basis von Molkereiprodukten, Getränke auf der Basis von Milchprodukten, Getränke, die aus Joghurt erzeugt werden, Getränke auf der Basis von Joghurt, Getränke auf der Basis von Kokosmilch, Getränke auf der Basis von Erdnussmilch, Getränke auf der Basis von Mandelmilch; Getränke auf Sojabasis zur Verwendung als Milchersatz“;

–        Klasse 30: „Kaffee, insbesondere Getränke auf der Basis von Kaffeeersatz, Getränke aus Kaffee, aus Kaffee hergestellte Getränke, überwiegend aus Kaffee bestehende Getränke; Tee, insbesondere Getränke auf der Basis von Tee, Getränke auf der Basis von Tee mit Fruchtgeschmack, nicht medizinische Getränke auf Teebasis; Kakao, insbesondere kakaohaltige Getränke, Getränke aus Kakao, aus Kakao zubereitete Getränke, überwiegend aus Kakao bestehende Getränke, verzehrfertige Kakaogetränke und Getränke auf Kakaobasis; kohlensäurehaltige Getränke auf Kaffee‑, Kakao- oder Schokoladenbasis, Getränke mit Schokolade, Getränke aus Schokolade, Getränke mit Schokoladenaroma, Getränke mit Schokoladengeschmack, überwiegend aus Schokolade bestehende Getränke, Getränke auf Schokoladenbasis mit Milch“;

–        Klasse 32: „Biere, insbesondere Getränke auf Bierbasis; Mineralwässer, insbesondere Wässer [Getränke], mit Mineralien angereichertes Wasser [Getränke], mit Vitaminen angereichertes Mineralwasser [Getränke], Getränke auf Wasserbasis mit Teeextrakten; kohlensäurehaltige Wässer, insbesondere Mineralwässer [Getränke], Tonicwaters [nicht medizinische Getränke]; alkoholfreie Getränke, insbesondere isotonische Getränke, entalkoholisierte Getränke, alkoholfreie Getränke, kohlensäurehaltige, alkoholfreie Getränke, nicht alkoholische koffeinhaltige Getränke, tiefgekühlte kohlensäurehaltige Getränke, Colagetränke [alkoholfreie Getränke], alkoholfreie gemüsesafthaltige Getränke, aromatisierte, kohlensäurehaltige Getränke, alkoholfreie Aloe-Vera-Getränke; nicht alkoholische Getränke, alkoholfreie Getränke mit Biergeschmack, alkoholfreie Getränke mit Teearoma, alkoholfreie Getränke mit Teegeschmack; koffeinhaltige Getränke ohne Alkohol, alkoholfreie Getränke mit Kaffeegeschmack, alkoholfreie Getränke mit Kaffeearoma, alkoholfreie Getränke ohne Kohlensäure, alkoholfreie aromatisierte kohlensäurehaltige Getränke, mit Nährstoffen angereicherte Getränke, mit Vitaminen angereicherte alkoholfreie Getränke, alkoholfreie Getränke auf Fruchtbasis mit Teegeschmack, nicht alkoholische, malzfreie Getränke [ausgenommen für medizinische Zwecke]; Fruchtgetränke, insbesondere Sorbets [Getränke], Getränke mit Fruchtgeschmack, aus Früchten hergestellte Getränke, Getränke aus geräucherten Pflaumen, tiefgekühlte Getränke auf Fruchtbasis, Getränke auf der Basis von Früchten; Fruchtsäfte, insbesondere Gemüsesäfte [Getränke], Tomatensaft [Getränke], Getränke aus Gemüsesäften, alkoholfreie Getränke mit Fruchtsäften, vorwiegend aus Fruchtsäften bestehende Getränke, Säfte mit Fruchtfleischanteilen [nicht alkoholische Getränke], aus einer Mischung von Obst- und Gemüsesäften bestehende Getränke; Getränke auf Nuss- und Sojabasis; isotonische Getränke [nicht für medizinische Zwecke]; vitaminhaltige Getränke, nicht für medizinische Zwecke; Getränke auf der Basis von braunem Reis, ausgenommen als Milchersatz“;

–        Klasse 33: „Alkoholische Getränke [ausgenommen Biere], insbesondere destillierte Getränke, Spirituosen [Getränke], Bowlen [Getränke], weinhaltige Getränke [Weinschorlen], alkoholische Fruchtcocktail-Getränke, Getränke auf Rumbasis, Getränke mit geringem Alkoholgehalt, alkoholhaltige Getränke mit Fruchtgehalt, alkoholische Getränke auf Kaffeebasis, alkoholische Getränke auf Teebasis, alkoholische kohlensäurehaltige Getränke, ausgenommen Bier“.

4        Am 2. Juli 2018 teilte der Prüfer der Klägerin mit, dass die angemeldete Marke nicht eintragungsfähig sei. Er führte insbesondere aus, dass diese Marke, die aus dem durch das Öffnen einer Getränkedose entstehenden Klang, gefolgt von einer Pause und einem anschließenden langanhaltenden Prickeln bestehe, nicht als Hinweis auf die kommerzielle Herkunft der Waren wahrgenommen werden könne.

5        Mit Entscheidung vom 8. Januar 2019 wies der Prüfer die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 zurück.

6        Mit Entscheidung vom 24. Juli 2019 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Zweite Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde der Klägerin gegen die Entscheidung des Prüfers zurück. Sie stellte zunächst fest, dass für die Waren der Klassen 29, 30, 32 und 33 die maßgeblichen Verkehrskreise aus der breiten Öffentlichkeit mit einem durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad und bei den Waren der Klasse 6 hauptsächlich aus gewerblichen Kunden mit einem erhöhten Aufmerksamkeitsgrad bestünden. Sodann wies sie darauf hin, dass die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Klangmarken keine anderen seien als die für andere Kategorien von Marken geltenden und führte weiter aus, dass die breite Öffentlichkeit nicht notwendigerweise daran gewöhnt sei, einen Klang als einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft von ungeöffneten Getränkeverpackungen und verpackten Getränken anzusehen. Ferner müsse ein Klang, um als Marke eingetragen werden zu können, eine gewisse Resonanz bzw. einen gewissen Wiedererkennungswert haben, so dass er die Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Waren oder Dienstleistungen hinweisen könne. Schließlich war die Beschwerdekammer der Auffassung, dass die angemeldete Marke einen der Nutzung der in Rede stehenden Waren inhärenten Klang wiedergebe, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise diese Marke als funktionelles Element und als Hinweis auf die Eigenschaften der in Rede stehenden Waren und nicht als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft wahrnähmen. Sie schloss daraus, dass der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft fehle.

 Anträge der Parteien

7        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten des Verfahrens einschließlich der im Lauf des Beschwerdeverfahrens angefallenen Kosten aufzuerlegen.

8        Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zum Streitgegenstand

9        Vorab ist festzustellen, dass die Klägerin, was den Umfang des Rechtsstreits anbelangt, nicht bestreitet, dass die angemeldete Marke für die Waren der Klasse 6 keine Unterscheidungskraft habe, und dass sie somit die angefochtene Entscheidung für die Waren dieser Klasse nicht in Frage stellt.

 Zur Begründetheit

10      Die Klägerin stützt ihre Klage auf sechs Klagegründe, mit denen sie Folgendes rügt: erstens einen Verstoß gegen Art. 72 Abs. 2 und Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001, da die Beschwerdekammer Beurteilungsfehler begangen habe, zweitens einen Verstoß gegen Art. 72 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001, da die Beschwerdekammer ihre Begründungspflicht verletzt habe, drittens im Kern einen Rechtsfehler, da die Beschwerdekammer bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke einen falschen Maßstab angelegt habe, viertens einen Verstoß gegen Art. 72 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001, da die Beschwerdekammer zu Unrecht festgestellt habe, dass der Anmeldemarke die Unterscheidungskraft fehle, fünftens einen Verstoß gegen Art. 72 Abs. 2 und Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001, da die Beschwerdekammer bestimmte Tatsachen unzutreffend gewürdigt habe, und sechstens einen Verstoß gegen Art. 72 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001, da die Beschwerdekammer den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt habe.


11      Als Erstes sind der dritte und der vierte Klagegrund zu prüfen, die im Wesentlichen die Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke betreffen, als Zweites der erste und der fünfte Klagegrund, soweit sie im Kern die behaupteten Beurteilungsfehler betreffen, als Drittes der zweite Klagegrund, der eine Verletzung der Begründungspflicht betrifft, und als Viertes der sechste Klagegrund, der die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör betrifft.

 Zur Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke

12      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe im Rahmen der Prüfung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke Kriterien angewandt, die nicht von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 „erfasst sind“. Die Beschwerdekammer sei davon ausgegangen, dass die angemeldete Marke erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweichen müsse, um ihre Funktion als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der in Rede stehenden Waren zu erfüllen. Dieses für dreidimensionale Marken aufgestellte Kriterium könne im vorliegenden Fall jedoch nicht angewandt werden.

13      Der von der angemeldeten Marke wiedergegebene Klang sei für die Waren der Klassen 29, 30, 32 und 33, die keine Kohlensäure enthielten, ungewöhnlich, so dass die bereits bestehende Unterscheidungskraft dieser Marke verstärkt werde. Gleiches gelte für die Waren der Klassen 29, 30, 32 und 33, die Kohlensäure enthielten, da sich die verschiedenen Klangelemente der angemeldeten Marke von dem Klang unterschieden, der beim Öffnen marktüblicher Dosen kohlensäurehaltiger Getränke einsetze, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise sie als Hinweis auf die betriebliche Herkunft dieser Waren wahrnähmen.

14      In ihrer Antwort auf Fragen des Gerichts macht die Klägerin zwar geltend, dass das Urteil vom 13. September 2016, Globo Comunicação e Participações/EUIPO (Hörmarke) (T‑408/15, EU:T:2016:468), nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden könne, da es um andere Waren und Dienstleistungen gegangen sei, doch habe das Gericht dort klargestellt, dass auch bei Klangmarken ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft ausreiche, um das absolute Eintragungshindernis für eine Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 auszuschließen.

15      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

16      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen.

17      Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 bedeutet, dass die Marke geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware oder Dienstleistung somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Urteile vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 20. Oktober 2011, Freixenet/HABM, C‑344/10 P und C‑345/10 P, EU:C:2011:680, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

18      Die von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 erfassten Zeichen ohne Unterscheidungskraft gelten als ungeeignet, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, die darin besteht, die Herkunft der Ware oder der Dienstleistung zu identifizieren, um es dem Verbraucher, der die durch die Marke gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt, so zu ermöglichen, bei einem späteren Erwerb seine Entscheidung davon abhängig zu machen, ob er gute oder schlechte Erfahrungen gemacht hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. September 2004, SAT.1/HABM, C‑329/02 P, EU:C:2004:532, Rn. 23).

19      Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf ihre Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. Urteil vom 12. Februar 2004, Henkel, C‑218/01, EU:C:2004:88, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Aufmerksamkeit der als normal informiert und angemessen aufmerksam und verständig anzusehenden Durchschnittsverbraucher kann je nach Art der erfassten Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein (Urteil vom 10. Oktober 2007, Bang & Olufsen/HABM [Form eines Lautsprechers], T‑460/05, EU:T:2007:304, Rn. 32).

20      Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der angemeldeten Marke um das Hörzeichen, das der Abfolge des Klangs des Öffnens einer Getränkedose, etwa einer Sekunde ohne Geräusch und des Klangs eines Prickelns von Perlen von etwa neun Sekunden entspricht.

21      Als Erstes ist festzustellen, dass die Parteien nicht die Definition der maßgeblichen Verkehrskreise in Rn. 10 der angefochtenen Entscheidung beanstanden, wonach sich die Waren der Klassen 29, 30, 32 und 33 an die breite Öffentlichkeit mit einem durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad richten.

22      Was als Zweites das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Beschwerdekammer habe bei der Prüfung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke für die Waren der Klassen 29, 30, 32 und 33 einen falschen Maßstab angelegt, ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer in Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, dass, wenn der angemeldete Klang ein den Waren bzw. ihrer Nutzung inhärenten Klang wiedergebe, diese Marke, um die erforderliche Unterscheidungskraft aufzuweisen, in gleicher Weise wie eine dreidimensionale Marke, die das äußere Erscheinungsbild einer Ware oder ihrer Verpackung darstelle, erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweichen müsse.


23      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft für alle Markenkategorien dieselben sind, da Art. 7 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 nicht zwischen diesen verschiedenen Kategorien unterscheidet. Die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Hörmarken sind daher keine anderen als die für die übrigen Markenkategorien geltenden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. September 2016, Hörmarke, T‑408/15, EU:T:2016:468, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Aus der Rechtsprechung ergibt sich ferner, dass es notwendig ist, dass das Hörzeichen, dessen Eintragung begehrt wird, über eine gewisse Resonanz verfügt, anhand deren der angesprochene Verbraucher es erkennen und es als Marke – und nicht bloß als funktionalen Bestandteil oder als Indikator ohne wesenseigene Merkmale – auffassen kann. Der angesprochene Verbraucher muss das Hörzeichen somit dahin verstehen, dass es eine Möglichkeit zur Identifizierung bietet, weil es als Marke erkennbar ist (Urteil vom 13. September 2016, Hörmarke, T‑408/15, EU:T:2016:468, Rn. 45).

25      Das Publikum ist zwar gewohnt, Wort- oder Bildmarken als Zeichen wahrzunehmen, die auf die betriebliche Herkunft der Waren oder Dienstleistungen hinweisen; dies ist jedoch nicht zwangsläufig der Fall, wenn das Zeichen aus einem bloßen Klangelement besteht. Der Verbraucher der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen muss nämlich durch die bloße Wahrnehmung der Marke ohne dass diese mit anderen Elementen wie insbesondere Wort- oder Bildelementen oder gar einer anderen Marke kombiniert ist, in der Lage sein, die Verbindung zu dieser betrieblichen Herkunft herzustellen.

26      Insoweit hat das EUIPO in Beantwortung einer Frage des Gerichts zu Recht darauf hingewiesen, dass die Gewohnheiten in einem Wirtschaftssektor grundsätzlich nicht in Stein gemeißelt sind, sondern sich vielmehr mit der Zeit – unter Umständen sogar sehr dynamisch – wandeln können. So sind die Marktteilnehmer in der Lebensmittelbranche, die sich durch einen starken Wettbewerb auszeichnet, bekanntermaßen mit den Zwängen bei der Verpackung ihrer Waren für die Vermarktung konfrontiert, und für sie besteht ein beträchtlicher Anreiz, ihre Waren zu unterscheiden, um die Aufmerksamkeit der Verbraucher zu erregen, und zwar auch durch Hörmarken und Marketing- und Werbemaßnahmen.

27      Zwar wurde der Notenfolge, deren Eintragung in der oben in Rn. 24 angeführten Rechtssache beantragt worden war, die erforderliche Resonanz und Eignung, bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine bestimmte Form der Aufmerksamkeit hervorzurufen bzw. die Funktion der Hörmarke zu erfüllen, die betriebliche Herkunft zu identifizieren, abgesprochen, doch wurde dies mit der „außergewöhnlichen Einfachheit“ und „Alltäglichkeit“ dieser Notenfolge begründet. Im vorliegenden Fall hat sich die Beschwerdekammer für die Ablehnung der Eintragung der angemeldeten Marke aber nicht auf die vom Gericht in einer früheren, eine Hörmarke betreffenden Rechtssache entwickelten Kriterien und Eintragungshindernisse gestützt.

28      Als Maßstab für die Beurteilung der Unterscheidungskraft der in Rede stehenden Hörmarke hat sie, wie oben in Rn. 22 ausgeführt, vielmehr das Kriterium angewandt, das die Rechtsprechung für dreidimensionale Marken, die aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst oder ihrer Verpackung bestehen, entwickelt hat.

29      Nach der Rechtsprechung zu dreidimensionalen Marken, die aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst oder ihrer Verpackung bestehen, ist, je mehr sich die angemeldete Form der Form annähert, in der die betreffende Ware am wahrscheinlichsten in Erscheinung tritt, umso eher zu erwarten, dass dieser Form die Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 fehlt. Unter solchen Umständen besitzt nur eine Marke, die erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweicht und deshalb ihre wesentliche herkunftskennzeichnende Funktion erfüllt, auch Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung (Urteil vom 7. Oktober 2004, Mag Instrument/HABM, C‑136/02 P, EU:C:2004:592, Rn. 31).

30      Diese Rechtsprechung ist jedoch im Hinblick auf die besondere Situation entwickelt worden, in der eine angemeldete Marke aus der Form der Ware selbst oder ihrer Verpackung besteht, obwohl es eine Norm oder Branchenüblichkeit in Bezug auf diese Form gibt. In diesem Fall wird der betroffene Verbraucher, der gewohnt ist, eine oder mehrere Formen zu sehen, die der Norm oder der Branchenüblichkeit entsprechen, die angemeldete Marke nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der von der Anmeldung erfassten Waren wahrnehmen, wenn die diese Marke bildende Form mit der oder den üblichen Formen identisch oder ihr ähnlich ist.

31      Diese Rechtsprechung stellt keine neuen Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke auf, sondern stellt lediglich klar, dass bei der Anwendung dieser Kriterien die Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise durch die Art des angemeldeten Zeichens beeinflusst werden kann. Eine dreidimensionale Marke, die im Erscheinungsbild der Ware selbst oder ihrer Verpackung besteht, wird nämlich vom Durchschnittsverbraucher nicht notwendig in der gleichen Weise wahrgenommen wie eine Wort‑, Bild ‑ oder Hörmarke, die aus einem Zeichen besteht, das vom Erscheinungsbild oder der Form der mit der Marke bezeichneten Waren unabhängig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Dezember 2019, EUIPO/Wajos, C‑783/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:1073, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Aus diesem Grund kann die oben in Rn. 29 angeführte Rechtsprechung grundsätzlich nicht auf Hörmarken angewandt werden.

33      Da die angemeldete Marke im vorliegenden Fall weder die Form der in Rede stehenden Waren noch die ihrer Verpackung wiedergibt, hat die Beschwerdekammer zu Unrecht angenommen, dass die oben in Rn. 29 angeführte Rechtsprechung entsprechend anwendbar sei, und darauf abgestellt, ob die angemeldete Marke „erheblich“ von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweiche.

34      Dieser Rechtsfehler hinsichtlich des rechtlichen Maßstabs für die Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke ist jedoch nicht geeignet, die in der angefochtenen Entscheidung angestellten Erwägungen fehlerhaft erscheinen zu lassen, da aus einer Gesamtbetrachtung der Gründe dieser Entscheidung klar hervorgeht, dass sich die Beschwerdekammer nicht ausschließlich auf die zu dreidimensionalen Marken entwickelte Rechtsprechung gestützt hat.

35      Nach ständiger Rechtsprechung geht jedoch, wenn unter den besonderen Umständen des konkreten Falles ein Fehler das Ergebnis nicht entscheidend beeinflussen konnte, das auf einen solchen Fehler bei der Würdigung des Sachverhalts gestützte Vorbringen ins Leere und kann daher die Aufhebung der Entscheidung, die angefochten wird, nicht rechtfertigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. September 2017, VM/EUIPO – DAT Vermögensmanagement [Vermögensmanufaktur], T‑374/15, EU:T:2017:589, Rn. 143 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wenn die Beschwerdekammer das Kriterium der Norm und der Branchenüblichkeit im Hinblick auf das Erscheinungsbild der beanspruchten Waren und ihrer Verpackungen zu Unrecht angewandt hat, ist daher zu prüfen, ob sich dieser Rechtsfehler auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung ausgewirkt hat, sofern diese auch auf einen anderen Grund gestützt ist.

36      Die Beschwerdekammer hat nämlich in den Rn. 12 bis 16 sowie 21 und 22 der angefochtenen Entscheidung auch auf das Urteil vom 13. September 2016, Hörmarke (T‑408/15, EU:T:2016:468), verwiesen und dieses auf den vorliegenden Fall angewandt. So hat sie ausgeführt, dass ein Klang, um als Marke eingetragen werden zu können, eine gewisse Resonanz bzw. einen gewissen Wiedererkennungswert haben müsse, die bzw. der es den angesprochenen Verbrauchern ermöglicht, ihn „als Herkunftshinweis und nicht bloß als ein funktionelles Element oder als Hinweis ohne Aussage anzusehen“. Ferner habe der Prüfer korrekt dargelegt, dass der Klang, aus dem die angemeldete Marke bestehe, einen unmittelbaren Bezug zu den beanspruchten Waren aufweise und der Nutzung dieser Waren inhärent sei. Sie hat daraus geschlossen, dass die angemeldete Marke von den maßgeblichen Verkehrskreisen als ein funktionelles Element der in Rede stehenden Waren wahrgenommen werde, da der Klang des Sprudelns ein Hinweis auf die Eigenschaften dieser Waren und nicht ein Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft sei, so dass dieser Marke die Unterscheidungskraft fehle.

37      Als Drittes ist daher zu prüfen, ob der andere Grund, der auf der Wahrnehmung der angemeldeten Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise als funktionelles Element beruht und die fehlende Unterscheidungskraft dieser Marke begründen kann, stichhaltig ist.


38      Hierzu ist festzustellen, dass die in Rede stehenden Waren entgegen den Ausführungen der Beschwerdekammer in Rn. 18 der angefochtenen Entscheidung nicht „allesamt Getränke [sind], die Kohlensäure enthalten können“. Dies gilt insbesondere für die Kategorie „alkoholfreie Getränke ohne Kohlensäure“ der Klasse 32, zu der keine kohlensäurehaltigen Getränke gehören.

39      Im vorliegenden Fall ist dieser Fehler jedoch nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der Feststellung der Beschwerdekammer zur fehlenden Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke für sämtliche Waren der Klassen 29, 30, 32 und 33 zu bewirken.

40      Zum einen wird nämlich der Klang, der beim Öffnen einer Dose entsteht, in Anbetracht der Art der in Rede stehenden Waren als ein rein technisches und funktionelles Element angesehen werden, da das Öffnen einer Dose oder Flasche einer spezifischen technischen Lösung im Rahmen des Umgangs mit Getränken zum Zwecke ihres Verzehrs inhärent ist, unabhängig davon, ob diese Waren Kohlensäure enthalten oder nicht.

41      Sobald aber ein Merkmal von den maßgeblichen Verkehrskreisen dahin wahrgenommen wird, dass es vor allem eine technische und funktionelle Bedeutung hat, wird es nicht als ein Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Waren wahrgenommen werden (vgl. entsprechend Urteil vom 18. Januar 2013, FunFactory/HABM [Vibrator], T‑137/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:26, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Zum anderen wird der Klang des Prickelns von Perlen von den maßgeblichen Verkehrskreisen unmittelbar als Hinweis auf Getränke wahrgenommen werden.

43      Ferner weisen die Klangelemente und die etwa eine Sekunde dauernde Geräuschlosigkeit der angemeldeten Marke in ihrer Gesamtheit betrachtet kein wesentliches Merkmal auf, das die Annahme zuließe, dass diese über ihre Wahrnehmung als Hinweis auf die Funktionalität und als Verweis auf die in Rede stehenden Waren für die maßgeblichen Verkehrskreise hinaus von diesen auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft wahrgenommen werden könnten.

44      Zwar weist die angemeldete Marke zwei Merkmale auf, nämlich die etwa eine Sekunde lang dauernde Geräuschlosigkeit und den etwa neun Sekunden lang dauernden Klang des Prickelns von Perlen.

45      Jedoch können derartige Nuancen im Verhältnis zu den klassischen Klängen, die Getränke beim Öffnen erzeugen, im vorliegenden Fall nicht ausreichen, um den auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 gestützten Einwand zu verwerfen, da sie von den maßgeblichen Verkehrskreisen, wie sie oben in den Rn. 19 und 21 genannt sind, nur als eine Variante der Klänge, die bei Getränken beim Öffnen ihrer Behältnisse üblicherweise entstehen, wahrgenommen werden und daher der angemeldeten Hörmarke keine Möglichkeit zur Identifizierung dergestalt verleihen, dass sie als Marke erkennbar sein wird.

46      Somit sind, wie das EUIPO zu Recht geltend macht, die Geräuschlosigkeit nach dem Klang des Öffnens einer Dose und der ungefähr neun Sekunden dauernde Klang des Prickelns nicht prägnant genug, um sich von vergleichbaren Klängen auf dem Gebiet der Getränke zu unterscheiden. Der bloße Umstand, dass ein kurzes Prickeln unmittelbar nach dem Öffnen einer Dose im Getränkesektor üblicher ist als eine Geräuschlosigkeit von etwa einer Sekunde, der ein langes Prickeln folgt, reicht nicht aus, dass die maßgeblichen Verkehrskreise diesen Klängen irgendeine Bedeutung beimessen, die es ihnen ermöglicht, die betriebliche Herkunft der in Rede stehenden Waren zu erkennen.

47      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist die Kombination der Klangelemente und des geräuschlosen Bestandteils daher in ihrer Struktur nicht ungewöhnlich, da die Klänge des Öffnens einer Dose, einer Geräuschlosigkeit und eines Prickelns vorhersehbaren und üblichen Elementen auf dem Getränkemarkt entsprechen.

48      Diese Kombination ermöglicht es den maßgeblichen Verkehrskreisen daher nicht, diese Waren als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu erkennen und sie von denen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden.

49      Nach alledem ist die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der angemeldeten Marke für alle Waren der Klassen 29, 30, 32 und 33 die Unterscheidungskraft fehlt.

50      Folglich sind der dritte und der vierte Klagegrund, mit denen eine fehlerhafte Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke gerügt wird, zurückzuweisen.

 Zu den behaupteten Beurteilungsfehlern

51      Nach Ansicht der Klägerin ist die Beschwerdekammer zu Unrecht davon ausgegangen, dass die betroffenen Waren allesamt Getränke seien, die Kohlensäure enthalten können, zumindest in Bezug auf alkoholfreie Getränke ohne Kohlensäure, sowie im Hinblick auf Mineralwässer. Sie habe auch zu Unrecht angenommen, dass es auf den betroffenen Märkten der Getränke und Getränkeverpackungen unüblich sei, ausschließlich mit Hilfe von Klängen den kommerziellen Ursprung eines Produkts zu signalisieren, da vielfältige Vertriebsmöglichkeiten denkbar seien, in denen ein Klang verwendet werden könnte. Damit habe sie falsches eigenes Wissen als allgemein bekannt in ihre Beurteilung eingebracht.

52      Das EUIPO erkennt zwar den Fehler der Beschwerdekammer in Bezug auf die Kategorie „alkoholfreie Getränke ohne Kohlensäure“ der Klasse 32 an, macht aber geltend, dass dies nicht die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung rechtfertige, und tritt dem übrigen Vorbringen der Klägerin entgegen.


53      Hierzu ist als Erstes festzustellen, dass sich aus den vorstehenden Rn. 39 bis 50 ergibt, dass dieser Fehler der Beschwerdekammer im vorliegenden Fall keinen entscheidenden Einfluss im Sinne der oben in Rn. 35 angeführten Rechtsprechung hatte, da sie zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der angemeldeten Marke für alle Waren der Klassen 29, 30, 32 und 33 unabhängig davon, ob sie Kohlensäure enthalten oder nicht, keine Unterscheidungskraft zukomme.

54      Das auf diesen Fehler der Beschwerdekammer gestützte Vorbringen der Klägerin geht daher ins Leere und kann mithin nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen.

55      Als Zweites ist zu der Feststellung in Rn. 14 der angefochtenen Entscheidung, dass es auf den vorliegend betroffenen Märkten der Getränke und Getränkeverpackungen noch unüblich sei, ausschließlich mit Hilfe von Klängen den kommerziellen Ursprung eines Produkts zu signalisieren, festzustellen, dass die Beschwerdekammer nicht behauptet hat, dass es sich um eine allgemein bekannte Tatsache handele. Vielmehr hat sie in Rn. 15 der angefochtenen Entscheidung diesen Standpunkt damit begründet, dass die in Rede stehenden Waren zumindest bis zu ihrem Verzehr im Allgemeinen geräuschlos seien. Wenn der Klang erst beim Konsum des fraglichen Produkts und damit erst nach dessen Erwerb ertöne, könne er den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht als Orientierung bei ihrer Kaufentscheidung dienen.

56      Dieser Feststellung kann jedoch nicht gefolgt werden. Die meisten Waren sind nämlich an sich geräuschlos und erzeugen nur dann einen Klang, wenn sie konsumiert werden. Dieses Argument ist daher nicht geeignet, die Feststellung der Beschwerdekammer in Rn. 14 der angefochtenen Entscheidung zu stützen. Die bloße Tatsache, dass ein Klang nur dann zu hören ist, wenn ein Produkt konsumiert wird, bedeutet nämlich nicht, dass die Verwendung von Klängen zur Kennzeichnung der betrieblichen Herkunft eines Produkts auf einem bestimmten Markt noch unüblich ist.

57      Unabhängig davon, ob es noch unüblich ist oder nicht, auf die betriebliche Herkunft von Waren, insbesondere auf den relevanten Märkten der Getränke und Getränkeverpackungen, ausschließlich mit Hilfe von Klängen hinzuweisen, hätte jedoch ein etwaiger Fehler der Beschwerdekammer jedenfalls keinen entscheidenden Einfluss auf den verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung gehabt.

58      Wie oben in Rn. 49 ausgeführt, hat das Gericht das Ergebnis der Beschwerdekammer, dass der angemeldeten Marke für alle Waren der Klassen 29, 30, 32 und 33 die Unterscheidungskraft fehle, nämlich bestätigt. Das auf einen etwaigen Fehler der Beschwerdekammer gestützte Vorbringen der Klägerin in Bezug auf die übliche Verwendung von Klängen auf den relevanten Märkten kann daher nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen.

59      Folglich sind der erste und der fünfte Klagegrund, mit denen im Wesentlichen Beurteilungsfehler gerügt werden, zurückzuweisen.

 Zum Verstoß gegen die Begründungspflicht

60      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe es versäumt, die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke in Bezug auf die in Rede stehenden Waren zu prüfen, die keine Kohlensäure enthielten. Die Feststellung der Beschwerdekammer, dass es auf den Märkten der Getränke und Getränkeverpackungen noch unüblich sei, mit Hilfe von Klängen den kommerziellen Ursprung eines Produkts zu signalisieren, sei insbesondere im Hinblick darauf nicht hinreichend untermauert, weil sie Veröffentlichungen über die aktuelle Arbeit von Klangingenieuren vorgelegt habe, die Lebensmittel auch akustisch zur Marktreife brächten.

61      Das EUIPO räumt zwar das Vorliegen eines Begründungsmangels in Bezug auf die in Rede stehenden Waren, die keine Kohlensäure enthalten, ein, ist gleichwohl aber der Auffassung, dass dieser nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen könne.

62      Gemäß Art. 94 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung 2017/1001 sind die Entscheidungen des EUIPO mit Gründen zu versehen.

63      Diese Begründungspflicht hat den gleichen Umfang wie diejenige nach Art. 296 AEUV in ihrer Auslegung durch die ständige Rechtsprechung, wonach die Begründung die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass zum einen die Beteiligten über die Gründe für die erlassene Maßnahme unterrichtet sind, damit sie ihre Rechte verteidigen können, und dass es zum anderen dem Unionsrichter möglich ist, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu überprüfen (vgl. entsprechend Urteile vom 10. Mai 2012, Rubinstein und L’Oréal/HABM, C‑100/11 P, EU:C:2012:285, Rn. 111, und vom 6. September 2012, Storck/HABM, C‑96/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:537, Rn. 86).

64      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer von der unzutreffenden Prämisse ausgegangen ist, dass es sich bei allen fraglichen Waren der Klassen 29, 30, 32 und 33 um Getränke handele, die Kohlensäure enthalten können, so dass die angefochtene Entscheidung keine ausdrückliche Begründung enthält, die sich speziell auf die fehlende Unterscheidungskraft der Hörmarke bezieht, die für diejenigen Waren angemeldet wurde, die keine Kohlensäure enthalten können, wie insbesondere „alkoholfreie Getränke ohne Kohlensäure“ der Klasse 32, was vom EUIPO auch nicht bestritten wird.


65      Trotz des Fehlens einer Begründung zu diesem konkreten Punkt ist jedoch festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung insgesamt hinreichend begründet ist, so dass die Klägerin die Gründe für die ihr gegenüber getroffene Maßnahme verstehen konnte und der Unionsrichter gemäß der oben in Rn. 63 angeführten Rechtsprechung die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung überprüfen kann.

66      Der Umstand, dass die Beschwerdekammer zu dem auf die aktuelle Arbeit von Klangingenieuren gestützten Argument der Klägerin nicht ausdrücklich Stellung genommen hat, bedeutet nicht, dass sie ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen wäre.

67      Die Begründungspflicht des EUIPO ist nämlich keine Verpflichtung, auf alle ihm zur Beurteilung unterbreiteten Argumente und Beweise einzugehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Juli 2008, Reber/HABM – Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli [Mozart], T‑304/06, EU:T:2008:268, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es reicht aus, wenn das EUIPO die Tatsachen und die rechtlichen Erwägungen anführt, denen in der Systematik der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Januar 2007, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, C‑404/04 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:6, Rn. 30, und vom 9. Dezember 2010, Tresplain Investments/HABM – Hoo Hing [Golden Elephant Brand], T‑303/08, EU:T:2010:505, Rn. 46).

68      Daher ist der von der Klägerin erhobene Klagegrund der Verletzung der Begründungspflicht zurückzuweisen.

 Zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör

69      Die Klägerin macht geltend, sie habe zu dem von der Beschwerdekammer in Rn. 23 der angefochtenen Entscheidung angesprochenen Freihaltebedürfnis nicht Stellung nehmen können, so dass ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei.

70      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

71      Nach Art. 94 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung 2017/1001 darf das EUIPO seine Entscheidung nur auf tatsächliche oder rechtliche Erwägungen stützen, zu denen die Beteiligten Stellung nehmen konnten. Diese Bestimmung gewährleistet im Rahmen des Unionsmarkenrechts den allgemeinen Grundsatz des Schutzes der Verteidigungsrechte. Gemäß diesem Grundsatz müssen die Adressaten behördlicher Entscheidungen, die ihre Interessen spürbar berühren, Gelegenheit erhalten, ihren Standpunkt gebührend darzulegen (vgl. Urteil vom 6. September 2013, Eurocool Logistik/HABM – Lenger [EUROCOOL], T‑599/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:399, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72      Der Anspruch auf rechtliches Gehör erstreckt sich auf alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte, die die Grundlage der Entscheidungsfindung bilden, nicht aber auf den endgültigen Standpunkt, den die Verwaltung einnehmen will (vgl. Urteil vom 12. Mai 2009, Jurado Hermanos/HABM [JURADO], T‑410/07, EU:T:2009:153, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73      Im vorliegenden Fall geht aus den Akten des EUIPO, insbesondere aus der von der Klägerin eingereichten Begründung der Beschwerde gegen die Entscheidung des Prüfers, hervor, dass die von der Beschwerdekammer vorgenommene Klarstellung, nach der ein Freihaltebedürfnis an den Klängen, aus denen die angemeldete Marke besteht, gegeben sei, Teil des Schriftwechsels zwischen den Parteien im Verwaltungsverfahren vor der Beschwerdekammer ist. Wie das EUIPO zutreffend ausführt, macht die Beschwerdekammer keine neuen Gesichtspunkte geltend und beschränkt sich darauf, auf den Beschwerdeschriftsatz der Klägerin und insbesondere auf das Vorbringen zu antworten, dass die anderen Wirtschaftsteilnehmer durch die Eintragung der angemeldeten Marke nicht daran gehindert würden, ihre Zeichen für die Vermarktung verschiedener Flüssigkeiten mit Schaumauslöser zu verwenden.

74      Diese Klarstellung der Beschwerdekammer war für sich genommen daher nicht geeignet, ihr die Verpflichtung aufzuerlegen, der Klägerin zu ermöglichen, ihren Standpunkt dazu geltend zu machen.

75      Folglich ist der Klagegrund einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zurückzuweisen, und somit ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

76      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Gemäß Art. 135 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht jedoch aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei neben ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt oder gar nicht zur Tragung dieser Kosten zu verurteilen ist.

77      Ferner gelten gemäß Art. 190 Abs. 2 der Verfahrensordnung die Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren vor der Beschwerdekammer notwendig waren, als erstattungsfähige Kosten.

78      Im vorliegenden Fall trägt angesichts der zahlreichen Fehler, mit denen die angefochtene Entscheidung behaftet ist, obwohl diese nicht aufgehoben wird, jede Partei ihre eigenen Kosten im Verfahren vor dem Gericht. Die Klägerin trägt auch die für das Verfahren vor der Beschwerdekammer notwendigen Aufwendungen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) trägt seine eigenen im Verfahren vor dem Gericht entstandenen Kosten.

3.      Die Ardagh Metal Beverage Holdings GmbH & Co. KG trägt ihre eigenen im Verfahren vor dem Gericht entstandenen Kosten und die für das Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO notwendigen Aufwendungen.

Papasavvas

Spielmann

Öberg

Spineanu-Matei

 

Norkus

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. Juli 2021.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.