URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

24. März 2011(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Sektor der Rohrverbindungen aus Kupfer und Kupferlegierungen – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Verteidigungsrechte – Beteiligung an der Zuwiderhandlung – Dauer der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Mildernde Umstände – Verhältnismäßigkeit – Gleichbehandlung“

In der Rechtssache T‑379/06

Kaimer GmbH & Co. Holding KG mit Sitz in Essen (Deutschland),

Sanha Kaimer GmbH & Co. KG mit Sitz in Essen,

Sanha Italia Srl mit Sitz in Mailand (Italien),

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J. Brück,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Nijenhuis und V. Bottka als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt A. Böhlke,

Beklagte,

betreffend eine Klage auf teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung K(2006) 4180 endg. der Kommission vom 20. September 2006 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/F‑1/38.121 – Rohrverbindungen) sowie hilfsweise auf Herabsetzung der gegen die Klägerinnen mit der Entscheidung verhängten Geldbuße

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro sowie der Richter N. Wahl (Berichterstatter) und A. Dittrich,

Kanzler: T. Weiler, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2010

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

1        Mit der Entscheidung K(2006) 4180 endg. vom 20. September 2006 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/F‑1/38.121 – Rohrverbindungen) (Zusammenfassung im ABl. 2007, L 283, S. 63, im Folgenden: angefochtene Entscheidung) stellte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften fest, dass mehrere Unternehmen gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verstoßen hätten, indem sie sich während unterschiedlicher Zeiträume zwischen dem 31. Dezember 1988 und dem 1. April 2004 an einer einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft in Form eines Bündels wettbewerbswidriger Vereinbarungen und abgestimmter Verhaltensweisen auf dem Markt für Rohrverbindungen (Fittings) aus Kupfer und Kupferlegierungen, die das gesamte EWR-Gebiet abdeckten, beteiligt hätten. Die Zuwiderhandlung habe in der Festsetzung der Preise, in der Vereinbarung von Preislisten, Preisnachlässen und Rückvergütungen sowie von Mechanismen zur Durchführung von Preiserhöhungen, in der Aufteilung der nationalen Märkte und der Kunden, im Austausch anderer geschäftlicher Informationen sowie in der Teilnahme an regelmäßigen Treffen und im Unterhalten anderer Kontakte, um die Zuwiderhandlung zu erleichtern, bestanden.

2        Die Klägerinnen, die Kaimer GmbH & Co. Holding KG, die Sanha Kaimer GmbH & Co. KG und die Sanha Italia Srl, sind Hersteller von Kupferfittings und gehören zu den Adressaten der angefochtenen Entscheidung.

3        Am 9. Januar 2001 informierte die Mueller Industries Inc., eine andere Herstellerin von Kupferfittings, die Kommission über das Bestehen eines Kartells in der Fitting-Branche und in anderen verwandten Branchen auf dem Kupferrohrmarkt und erklärte ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit gemäß der Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996) (114. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

4        Am 22. und 23. März 2001 führte die Kommission im Zuge ihrer Ermittlungen zu Kupferrohren und -fittings in den Betriebsstätten mehrerer Unternehmer unangekündigte Nachprüfungen nach Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) durch (119. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

5        Im Anschluss an diese ersten Nachprüfungen teilte die Kommission im April 2001 ihre Ermittlungen zu Kupferrohre in drei verschiedene Verfahren auf, nämlich das Verfahren in der Sache COMP/E-1/38.069 (Kupfer-Installationsrohre), das Verfahren in der Sache COMP/F‑1/38.121 (Rohrverbindungen) und das Verfahren in der Sache COMP/E‑1/38.240 (Industrierohre) (120. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

6        Am 24. und 25. April 2001 führte die Kommission weitere unangekündigte Nachprüfungen in den Betriebsstätten der Delta plc durch, einer Gesellschaft an der Spitze eines internationalen Maschinenbaukonzerns, zu dessen Bereich Engineering mehrere Fitting-Hersteller gehörten. Diese Nachprüfungen betrafen ausschließlich Fittings (121. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

7        Ab Februar/März 2002 sandte die Kommission an die betroffenen Unternehmen mehrere Auskunftsverlangen zunächst nach Art. 11 der Verordnung Nr. 17 und später nach Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81[EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) (122. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

8        Im September 2003 beantragte die IMI plc die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996. Diesem Antrag folgten die Anträge der Delta-Gruppe (März 2004) und der FRA.BO SpA (Juli 2004). Der letzte Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung wurde im Mai 2005 von der Advanced Fluid Connections plc gestellt (Erwägungsgründe 115 bis 118 der angefochtenen Entscheidung).

9        Am 22. September 2005 leitete die Kommission in der Sache COMP/F‑1/38.121 (Rohrverbindungen) ein Verfahren wegen einer Zuwiderhandlung ein und nahm eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an, die sie u. a. den Klägerinnen zusandte (Erwägungsgründe 123 und 124 der angefochtenen Entscheidung).

10      Am 20. September 2006 erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung.

11      In Art. 1 der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass Sanha Kaimer und Kaimer vom 30. Juli 1996 bis zum 22. März 2001 und Sanha Italia vom 1. Januar 1998 bis 22. März 2001 gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen hätten.

12      Für diese Zuwiderhandlung setzte die Kommission gegen Kaimer in Art. 2 Buchst. i der angefochtenen Entscheidung eine Geldbuße von 7,97 Millionen Euro fest, für die Kaimer in Höhe von 7,97 Millionen Euro mit Sanha Kaimer und in Höhe von 7,15 Millionen Euro mit Sanha Italia jeweils gesamtschuldnerisch haftet.

13      Bei der Festsetzung der Höhe der dem jeweiligen Unternehmen auferlegten Geldbuße wandte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Methode an, die die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS] festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3; im Folgenden: Leitlinien von 1998), vorsehen.

14      Was zunächst die Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße nach Maßgabe der Schwere der Zuwiderhandlung anbelangt, stufte die Kommission diese aufgrund ihrer Art und ihrer räumlichen Reichweite als besonders schwerwiegend ein (755. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

15      Da die Kommission ferner davon ausging, dass zwischen den betroffenen Unternehmen erhebliche Unterschiede bestünden, wandte sie eine differenzierte Behandlung an und stellte insoweit auf ihre – anhand ihrer Marktanteile bestimmte – relative Bedeutung auf dem betreffenden Markt ab. Auf dieser Grundlage teilte sie die betroffenen Unternehmen in sechs Gruppen ein (758. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

16      Die Klägerinnen wurden in die fünfte Gruppe eingeordnet, für die der Ausgangsbetrag mit 5,5 Millionen Euro festgesetzt wurde (765. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

17      Aufgrund der Dauer der Beteiligung von Sanha Kaimer und Kaimer an der Zuwiderhandlung (4 Jahre und 6 Monate) erhöhte die Kommission die Geldbuße um 45 %, was zu einer Geldbuße von 7,9 Millionen Euro führte. In Anbetracht der Dauer der Beteiligung von Sanha Italia an der Zuwiderhandlung (3 Jahre und 2 Monate) erhöhte die Kommission die Geldbuße um 30 %, was zu einer Geldbuße von 7,15 Millionen Euro führte (Erwägungsgründe 775 und 777 der angefochtenen Entscheidung).

18      Die Kommission berücksichtigte keine erschwerenden oder mildernden Umstände zu Lasten oder zu Gunsten der Klägerinnen.

 Verfahren und Anträge der Parteien

19      Mit Klageschrift, die am 14. Dezember 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.

20      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Achte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

21      Die Parteien haben in der Sitzung vom 25. Januar 2010 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

22      Die Klägerinnen beantragen,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit diese sie betrifft;

–        hilfsweise, die in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Dauer ihrer angeblichen Zuwiderhandlung herabzusetzen und die gegen sie festgesetzte Geldbuße aufzuheben oder herabzusetzen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

23      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

24      Die Klägerinnen machen im Wesentlichen vier Klagegründe geltend, nämlich eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften, einen Verstoß gegen Art. 81 EG und eine „fehlerhafte rechtliche Würdigung“ sowie, hilfsweise, die fehlerhafte Berechnung der Geldbuße und eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

 Zum ersten Klagegrund: Verletzung wesentlicher Formvorschriften

 Vorbringen der Parteien

25      Im Rahmen des ersten Klagegrundes werfen die Klägerinnen der Kommission vor, ihre Verteidigungsrechte, speziell ihr Recht auf Akteneinsicht und ihren Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 27 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003 in Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 [EG] und 82 [EG] durch die Kommission (ABl. L 123, S. 18) nicht beachtet zu haben.

26      Die Klägerinnen nennen an erster Stelle das von IMI nach der Anhörung vom 26. und 27. Januar 2006 verfasste Schreiben vom 6. Februar 2006, das sie ihrer Ansicht nach belastet. Dieses Schreiben sei ihnen nicht übermittelt worden, wodurch gegen ihr Recht auf Akteneinsicht verstoßen worden sei. Die angefochtene Entscheidung müsse deshalb für nichtig erklärt werden, da sich die Kommission zur Untermauerung ihrer Vorwürfe gegenüber den Klägerinnen auf dieses Schriftstück gestützt habe.

27      An zweiter Stelle führen die Klägerinnen ein Schreiben von Delta vom 16. Februar 2006 an, das ihnen übermittelt worden sei und auf das sie geantwortet hätten. Ihre Verteidigungsrechte seien trotzdem verletzt worden, weil die Kommission ihre Zusage, auf eine Verwertung dieses Beweismittels zu verzichten, nicht eingehalten habe.

28      An dritter Stelle verweisen die Klägerinnen auf die E-Mail von FRA.BO vom 9. Oktober 2000. Diese E-Mail sei als Beweis „nicht verwertbar“, da sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkt nicht ausdrücklich erwähnt und zum ersten Mal in der angefochtenen Entscheidung angeführt worden sei.

29      Die Kommission beantragt, den Klagegrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

30      Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Beachtung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu Sanktionen, namentlich zu Geldbußen oder zu Zwangsgeldern, führen können, einen fundamentalen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts dar, der – auch in einem Verwaltungsverfahren – beachtet werden muss (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2009, Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, C‑322/07 P, C‑327/07 P und C‑338/07 P, Slg. 2009, I‑7191, Randnr. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Als Ausfluss des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte verlangt das Recht auf Akteneinsicht, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit gibt, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind. Hierzu gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 68, und Urteil des Gerichts vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission, T‑161/05, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 161).

32      Die unterbliebene Übermittlung eines Schriftstücks stellt allerdings nur dann eine Verletzung der Verteidigungsrechte dar, wenn das betreffende Unternehmen dartut, dass sich die Kommission zur Untermauerung ihres Vorwurfs, dass eine Zuwiderhandlung vorliege, auf dieses Schriftstück gestützt hat und dieser Vorwurf nur durch Heranziehung des fraglichen Schriftstücks belegt werden kann. Gibt es andere Belege, von denen die Parteien im Verwaltungsverfahren Kenntnis hatten und die die Schlussfolgerungen der Kommission spezifisch stützen, so würde der Wegfall des nicht übermittelten Belegs als Beweismittel die Begründetheit der in der angefochtenen Entscheidung erhobenen Vorwürfe nicht beeinträchtigen (vgl. Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnrn. 71 und 72). Das Gerichtshof hat daher klargestellt, dass das betroffene Unternehmen dartun muss, dass das Ergebnis, zu dem die Kommission in ihrer Entscheidung gelangt ist, anders ausgefallen wäre, wenn ein Schriftstück, das dem betroffenen Unternehmen nicht übermittelt worden war und auf das die Kommission die Feststellung der Zuwiderhandlung gestützt hat, als Beweismittel ausgeschlossen worden wäre (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 73).

33      Im vorliegenden Fall ist das Vorbringen der Klägerinnen in Bezug auf das Schreiben von IMI vom 6. Februar 2006, das im 164. Erwägungsgrund und in Fußnote 240 der angefochtenen Entscheidung erwähnt wird, zurückweisen, denn die Kommission hat, erstens, dieses Schreiben für die Feststellung, dass die Klägerinnen am Kartell beteiligt waren, offenbar nicht herangezogen. Die Kommission hat nämlich den 30. Juli 1996 als den Zeitpunkt angenommen, von dem an sich die Klägerinnen an dem Kartell beteiligt hatten, obwohl Herr P. (IMI) bei der Anhörung erklärt hat, sie hätten seit 1991 am Kartell teilgenommen, was in diesem Schreiben bestätigt werde. Zweitens ergibt sich aus der in Randnr. 32 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung, dass die unterbliebene Übermittlung eines belastenden Beweisstücks nicht automatisch zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen kann. Somit ist das Argument, dass eine Nichtigerklärung allein deshalb gerechtfertigt sei, weil die Klägerinnen den Inhalt des Schreibens nicht gekannt hätten und daher nicht hätten beurteilen können, ob das Ergebnis, zu dem die Kommission gelangt sei, anders ausgefallen wäre, wenn das betreffende Schreiben nicht herangezogen worden wäre, zurückzuweisen.

34      Was das Schreiben von Delta vom 16. Februar 2006 betrifft, steht fest, dass die Kommission den Klägerinnen dieses Schreiben am 20. März 2006 übermittelt hat und die Klägerinnen dazu Stellung genommen haben. Zudem geht aus dem Schreiben der Kommission vom 20. März 2006 eindeutig hervor, dass diese ihren Standpunkt, den sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegt hatte, aufrechterhalten wollte. Daher gibt es für das Vorbringen, dass die Kommission ihre angebliche Zusage nicht eingehalten und dadurch die Verteidigungsrechte der Klägerinnen verletzt habe, keine Grundlage.

35      In Bezug auf die E-Mail von FRA.BO vom 9. Oktober 2000 schließlich ist festzustellen, dass in Randnr. 457 der Mitteilung der Beschwerdepunkte von einem Wettbewerbertreffen die Rede ist, das am 6. Oktober 2000 in München stattgefunden und an dem ein Vertreter der Klägerinnen teilgenommen habe. In diesem Zusammenhang wird in Fußnote 693 der Mitteilung der Beschwerdepunkte unter Bezugnahme auf Seite 75111 der Verwaltungsakte darauf hingewiesen, dass FRA.BO angegeben habe, an diesem Treffen teilgenommen zu haben. Die erwähnte Seite 75111 ist ein Auszug aus der Erklärung von FRA.BO vom 14. Juli 2004, in der die in Rede stehende E-Mail erwähnt wird mit dem Hinweis darauf, dass sie der Erklärung als Anlage 1 beigefügt sei (S. 75121 und 75122 der Verwaltungsakte). Außerdem ist festzustellen, dass die Klägerinnen Zugang zu den genannten Schriftstücken hatten. Nach ständiger Rechtsprechung können grundsätzlich nur die Schriftstücke, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zitiert oder erwähnt waren, als zulässige Beweismittel angesehen werden; die der Mitteilung der Beschwerdepunkte als Anlagen beigefügten, in der Mitteilung aber nicht erwähnten Schriftstücke dürfen jedoch dann gegen ein Unternehmen, an das die Entscheidung gerichtet ist, verwandt werden, wenn dieses der Mitteilung der Beschwerdepunkte bei vernünftiger Betrachtung entnehmen konnte, welche Schlüsse die Kommission daraus ziehen wollte (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, Slg. 1991, I‑3359, Randnr. 21, und des Gerichts vom 10. März 1992, ICI/Kommission, T‑13/89, Slg. 1992, II‑1021, Randnrn. 34 und 35). In Anbetracht der Tatsache, dass das in Rede stehende Treffen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte erwähnt worden war, kann das Vorbringen, dass die E-Mail von FRA.BO vom 9. Oktober 2000 nicht als Beweis herangezogen werden dürfe, weil sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht ausdrücklich erwähnt worden sei, keinen Erfolg haben.

36      Folglich ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verletzung des EG-Vertrags

37      Der zweite Klagegrund setzt sich aus mehreren Rügen zusammen, die zum einen auf eine fehlerhafte Ermittlung des relevanten Sachverhalts und zum anderen auf eine fehlerhafte Beweiswürdigung gestützt werden.

 Vorbringen der Parteien

38      Die Klägerinnen bestreiten die gegen sie in der angefochtenen Entscheidung erhobenen Vorwürfe zur Gänze. Die den Erklärungen von IMI und IBP entnommene generelle Behauptung ihrer Kartellbeteiligung sei unrichtig. Diese Erklärungen seien oft „vage“ oder enthielten „lediglich Vermutungen“. Das Gleiche gelte für die Zeugenaussagen von Herrn B. (IBP), Herrn P. (IMI) und FRA.BO.

39      Nach Ansicht der Klägerinnen enthält das Beweismaterial, auf das sich die Kommission gestützt hat, keinen Anhaltspunkt für ihre Beteiligung am Kartell. Möglicherweise hätten die Teilnehmer der Treffen über die Klägerinnen gesprochen, nicht aber mit ihnen. Die Klägerinnen bestreiten daher ihre Teilnahme an den Treffen vom 17. Mai sowie 26. und 27. September 1996, vom 20. März und 24. April 1997, vom 1. April sowie 9. und 23. November 1998, vom 3. Februar, 8. und 30. April, 9. und 28. Juni, 29. Juli und 23. September 1999, vom 18. Februar, 5. und 13. April, 5., 6. und 19. Oktober, 17. November sowie 1. und 18. Dezember 2000 und vom 17. Januar sowie 19. und 20. April 2001.

40      Auch andere von der Kommission angeführte Dokumente, wie verschiedene interne Faxsendungen von IMI, interne Aufzeichnungen oder handschriftliche Notizen von Herrn P. (IMI), die Geschäftsberichte von IMI von Januar 1998, Oktober und November 1999 sowie Juli 2000, eine E-Mail von Herrn D. an Herrn Ha. (beide Mitarbeiter von IBP), im Büro von Herrn D. gefundene Tabellen sowie eine interne E-Mail von IBP vom 23. April 2001, seien nicht beweiskräftig. Zusammenfassend handele es sich entweder um Beobachtungen, Überlegungen bzw. Vermutungen des Verfassers des jeweiligen Dokuments oder um Informationen, die bereits auf dem Markt verfügbar gewesen seien.

41      Insoweit berufen sich die Klägerinnen auf mehrere Beweise, die ihre Behauptung belegen sollen, dass sie sich auf dem Markt stets unabhängig verhalten hätten, indem von ihnen starker Wettbewerb ausgegangen sei.

42      Sie werfen der Kommission außerdem vor, rechtswidrig die Beweislast umgekehrt zu haben. Aufgrund der Unschuldsvermutung sei es Sache der Kommission, aussagekräftige und übereinstimmende Beweise beizubringen, um die feste Überzeugung zu begründen, dass die Zuwiderhandlung stattgefunden habe.

43      Schließlich fehle ein Nachweis für die Dauer ihrer angeblichen Beteiligung an der Zuwiderhandlung, die für Kaimer und Sanha Kaimer vom 30. Juli 1996 bis 22. März 2001 und für Sanha Italia vom 1. Januar 1998 bis 22. März 2001 angenommen worden sei. Die Kommission stütze ihre Feststellung zum Beginn ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung auf ein Treffen am 30. Juli 1996 in Paris und beziehe sich zum Beweis auf handschriftliche Notizen von Herrn Hi. (IMI) vom 17. Mai 1996. Die Kommission habe aber keinen Beweis dafür erbracht, dass die Klägerinnen an diesem Treffen teilgenommen hätten.

44      Was das Ende der Zuwiderhandlung betreffe, stehe fest, dass das Treffen vom 19. April 2001 nie stattgefunden habe und die Klägerinnen auch nicht als Teilnehmerinnen am Treffen vom 2. März 2001 in Madrid (Spanien) erwähnt würden. Außerdem erscheine der Beweiswert der Eintragungen im Terminkalender von Herrn P. (IMI) für den 12. und 13. März 2001 zweifelhaft, da sich die Kommission nicht auf das Original, sondern auf das Transkript gestützt habe, das im Zuge der Zusammenarbeit zwischen der Kommission und IMI angefertigt worden sei.

45      Aufgrund dessen beruhten sämtliche von der Kommission angeführten Bezugnahmen auf die Klägerinnen auf Indizien oder „zweifelhaften Beweismitteln“. Die Ermittlung des Sachverhalts sei fehlerhaft gewesen, und seine Darstellung genüge nicht dem Begründungserfordernis des EG-Vertrags. Die angefochtene Entscheidung müsse daher für nichtig erklärt werden.

46      Die Kommission erhält unter Berufung auf schriftliche Beweise und die übereinstimmenden Erklärungen von IMI, Delta, FRA.BO und Mueller Industries, die ein kollusives Verhalten in der Fittingbranche und die Beteiligung der Klägerinnen bestätigt hätten, ihren Standpunkt hinsichtlich der Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung aufrecht.

 Würdigung durch das Gericht

47      Für den Nachweis eines Verstoßes gegen Art. 81 Abs. 1 EG muss die Kommission eindeutige und übereinstimmende Beweise beibringen, um die feste Überzeugung zu begründen, dass die behauptete Zuwiderhandlung begangen wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 28. März 1984, CRAM und Rheinzink/Kommission, 29/83 et 30/83, Slg. 1984, 1679, Randnr. 20). Hat das Gericht Zweifel, muss dies dem Unternehmen zugute kommen, an das sich die Entscheidung richtet, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird. Das Gericht kann daher nicht davon ausgehen, dass die Kommission die betreffende Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn bei ihm noch Zweifel in dieser Hinsicht bestehen; dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung handelt, mit der eine Geldbuße verhängt wurde (Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnr. 215).

48      Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung muss nicht jeder der von der Kommission vorgelegten Beweise diesen Kriterien notwendig hinsichtlich jedes Merkmals der Zuwiderhandlung genügen. Es reicht aus, dass das von der Kommission angeführte Indizienbündel bei seiner Gesamtwürdigung dieser Anforderung genügt (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 180 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49      Im Übrigen ist es üblich, dass die mit wettbewerbswidrigen Vereinbarungen verbundenen Tätigkeiten insgeheim ablaufen, dass die Zusammenkünfte heimlich stattfinden und dass die Unterlagen darüber auf ein Minimum reduziert werden. Selbst wenn die Kommission Schriftstücke – wie Protokolle über Zusammenkünfte – findet, die eine unzulässige Kontaktaufnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen, handelt es sich folglich normalerweise nur um lückenhafte und vereinzelte Belege, so dass es häufig erforderlich ist, bestimmte Einzelheiten durch Schlussfolgerungen zu rekonstruieren. In den meisten Fällen muss daher das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (Urteile des Gerichtshofs Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnrn. 55 bis 57, und vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C‑403/04 P und C‑405/04 P, Slg. 2007, I‑729, Randnr. 51).

50      Hierbei kommt Erklärungen, die im Rahmen der Kronzeugenregelung abgegeben werden, besondere Bedeutung zu. Diese im Namen von Unternehmen abgegebenen Erklärungen haben einen nicht unwesentlichen Beweiswert, da sie mit erheblichen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken verbunden sind (vgl. in diesem Sinne Urteile JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, Randnrn. 205 und 211, und Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, oben in Randnr. 49 angeführt, Randnr. 103). Allerdings kann eine Erklärung, die ein der Beteiligung an einem Kartell beschuldigtes Unternehmen abgibt und deren Richtigkeit von mehreren anderen beschuldigten Unternehmen bestritten wird, nicht als hinreichender Beweis für die Begehung einer Zuwiderhandlung durch diese anderen Unternehmen angesehen werden, wenn sie nicht durch andere Beweise untermauert wird (vgl. Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, Randnr. 219 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51      Auch die Dauer der Zuwiderhandlung hat die Kommission nachzuweisen, da die Dauer ein Tatbestandsmerkmal der Zuwiderhandlung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG ist. Hierfür gelten die vorstehend genannten Grundsätze (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, C‑105/04 P, Slg. 2006, I‑8725, Randnrn. 94 bis 96). Außerdem verlangt die Rechtsprechung, dass sich die Kommission bei Fehlen von Beweismaterial, mit dem die Dauer der Zuwiderhandlung direkt belegt werden kann, zumindest auf Beweiselemente stützt, die sich auf Tatsachen beziehen, die zeitlich so nahe beieinander liegen, dass sie vernünftigerweise den Schluss zulassen, dass die Zuwiderhandlung zwischen zwei konkreten Zeitpunkten ohne Unterbrechung erfolgt ist (vgl. Urteil des Gerichts vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T‑120/04, Slg. 2006, II‑4441, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Im vorliegenden Fall stellt sich in Anbetracht der vorgebrachten Rügen die Frage, ob es genügend Beweise gab, auf die die Kommission ihre Schlussfolgerungen stützen konnte, sowohl was die Beteiligung der Klägerinnen am Kartell als auch was die Dauer dieser Beteiligung betrifft.

53      Die Klägerinnen ziehen außerdem bestimmte Beweiselemente und die Glaubwürdigkeit der Unternehmen, die die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 beantragt hatten, in Zweifel.

54      Insoweit geht aus dem 131. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervor, dass sich die Kommission zum einen auf zahlreiche Unterlagen (wie Terminkalender, interne Vermerke und Berichte sowie handschriftliche Sitzungsnotizen), Erklärungen der Unternehmen, die die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 beantragt hatten, und deren Zeugenaussagen und zum anderen auf bei den Nachprüfungen gefundene Dokumente gestützt hat.

55      Der Kronzeugenerklärung von IMI kommt die Schlüsselstellung unter den von der Kommission angeführten Beweisen zu. IMI hat nämlich die Begleitumstände des Kartells geschildert und eine Vielzahl handschriftlicher Aufzeichnungen sowie andere von der Kommission bei den Nachprüfungen gefundene Dokumente erläutert (vgl. die Erklärung von IMI vom 17. Dezember 2003). Zudem hat sie eine Vielzahl von damals erstellten Dokumenten vorgelegt, von denen die meisten von Herrn P. (IMI) stammten, der in seiner Eigenschaft als European Commercial Director der IMI Yorkshire Fittings Ltd (einer Unterholdinggesellschaft von IMI) und dann als Managing Director dieser Unterholdinggesellschaft, eine der Personen war, die sich an der Organisation und den Aktivitäten des Kartells sehr aktiv beteiligten. Die Erklärungen und die Erläuterungen von Herrn P. sind zudem durch die Erklärungen anderer Unternehmen, die die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 beantragt hatten, größtenteils bestätigt worden. In diesem Zusammenhang ist zwar gegenüber den freiwilligen Angaben der Hauptteilnehmer an einem rechtswidrigen Kartell im Allgemeinen ein gewisses Misstrauen angebracht, da sie die Neigung haben können, die Bedeutung ihres eigenen Tatbeitrags als so klein wie möglich und den der anderen als so groß wie möglich darzustellen; dies ändert jedoch nichts daran, dass es der inneren Logik des in der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 vorgesehenen Verfahrens widerspräche, sich der Argumentation der Klägerinnen anzuschließen. Die Möglichkeit nämlich, die Anwendung dieser Mitteilung über Zusammenarbeit zu beantragen, um eine Herabsetzung der eigenen Geldbuße zu erwirken, begründet nicht zwangsläufig einen Anreiz zur Vorlage verfälschter Beweise gegen die übrigen Beteiligten an dem inkriminierten Kartell. Denn jeder Versuch einer Irreführung der Kommission ist geeignet, die Aufrichtigkeit und Vollständigkeit der Kooperation eines die Anwendung der Kronzeugenregelung beantragenden Unternehmens in Frage zu stellen und damit die für dieses Unternehmen bestehende Möglichkeit zu gefährden, ungeschmälert in den Genuss der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 zu gelangen (Urteil Peróxidos Orgánicos/Kommission, oben in Randnr. 51 angeführt, Randnr. 70). Insoweit wird – entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen – auch durch die Tatsache, dass FRA.BO die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 verspätet beantragt hat, die Glaubhaftigkeit ihrer Erklärung nicht in Frage gestellt.

56      Wie außerdem in Randnr. 54 des vorliegenden Urteils festgestellt, hat sich die Kommission nicht ausschließlich auf die Kronzeugenerklärungen und die Zeugenaussagen der Unternehmen, die die Anwendung der Kronzeugenregelung beantragt hatten, gestützt. Sie hat sich im Gegenteil überwiegend auf Unterlagen gestützt, die sie bei den Nachprüfungen gefunden hatte oder die ihr die Unternehmen zur Verfügung gestellt hatten. Es handelt sich um Beweismaterialien, die zum Zeitpunkt der Ereignisse erstellt wurden und daher einen nicht unwesentlichen Beweiswert haben, da sie grundsätzlich zuverlässiger sind als solche, die zu einem späteren Zeitpunkt verfasst worden sind.

57      In Anbetracht der Bedeutung und der Zahl übereinstimmender Indizien, die die Richtigkeit der Erklärungen von IMI und FRA.BO untermauern, kann dem Vorbringen der Klägerinnen, mit denen die Glaubhaftigkeit dieser Erklärungen in Zweifel gezogen werden soll, nicht gefolgt werden.

58      Demgemäß ist auch die Rüge einer Verletzung von Art. 253 EG zurückzuweisen, da sie, wie aus der Klageschrift hervorgeht, allein damit begründet wird, dass sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zur Feststellung der Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung auf „zweifelhafte“ Beweismittel sowie auf Erklärungen gestützt habe, die im Rahmen von Anträgen auf Anwendung der Kronzeugenregelung abgegeben worden seien.

59      Zu den Treffen, bezüglich deren die Klägerinnen ihre Teilnahme nicht bestreiten, nämlich den Treffen vom 15. Juli 1999 und vom 18. und 21. Januar 2000, ist zu bemerken, dass dort – entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen – Themen mit wettbewerbswidrigem Charakter diskutiert wurden. In Bezug auf das Treffen vom 15. Juli 1999, bei dem es um die Produkt- und Kundenkategorisierung ging, geht aus den handschriftlichen Notizen von Herrn P. (IMI) hervor, dass Herr Ka. eine separate Preisliste für Rotguss ablehnte und erklärte, dass er „not in favour separate price list & multis [nicht für eine getrennte Preisliste & Multis]“ sei, da sie „would distinguish for red brass fittings and act as more of a focus for competition [Rotgussfittings herausstellen und eher einen Fokus für den Wettbewerb darstellen würde]“. Aus diesen Notizen und der erläuternden Erklärung von IMI geht außerdem hervor, dass er sich für eine Preiserhöhung von etwa 7 % bis 10 % für Kupfer- bzw. Rotgussfittings aussprach.

60      In Bezug auf das Treffen vom 18. Januar 2000, bei dem über die Preise in Italien und Spanien gesprochen wurde, geht aus einem auf den Folgetag datierten internen Memorandum des bei diesem Treffen anwesenden Herrn Hi. (IMI) hervor, dass „alle“, einschließlich des Vertreters der Klägerinnen, „ihre Absicht bekräftigten, die neuen Preise ab 1. Februar vollständig umgesetzt zu haben [all have confirmed their intent to be clean with the new prices by 1st Feb]“.

61      Auch beim Treffen vom 21. Januar 2000 ging es – entgegen der Behauptung der Klägerinnen – nicht nur um die Statistiken der European Fittings Manufacturers Association (EFMA, Vereinigung der europäischen Fittinghersteller) und die Einführung eines EFMA-Gütesiegels. Insoweit geht aus den handschriftlichen Notizen, die Herr P. (IMI) während des Treffens anfertigte, hervor, dass folgende Themen, die eine wettbewerbswidrige Einstellung belegen, diskutiert wurden:

„1)      No poaching – respect known loyalties

2)      Investigate EFMA mark – quality issue?

April meeting

3)      Apply price increase

4)      Apply multi discipline

5)      Don’t allow cherry picking

6)      Inform F&S NIBCO …

7)      Agree with V & HS (Frabo) before 15/2/00 …

8)      Communicate!“

[1)      Keine Abwerbung – bekannte Bindungen respektieren

2)      EFMA-Siegel untersuchen – Qualitätsfrage?

Treffen im April

3)      Preiserhöhung anwenden

4)      Disziplin bei Multi befolgen

5)      kein Rosinenpickerei zulassen

6)      F&S NIBCO informieren…

7)      Einigung mit V & HS (Frabo) vor 15/2/00 …

8)      Kommunizieren!]

62      Aus anderen Beweisstücken geht zudem hervor, dass die Klägerinnen auch an den Treffen teilgenommen haben, die in den Erwägungsgründen 461, 470 und 475 der angefochtenen Entscheidung erwähnt werden, wie den Treffen vom 6. Oktober und vom 1. und 18. Dezember 2000. In Bezug auf das Treffen vom 6. Oktober 2000 ist festzustellen, dass am Rande der offiziellen Zusammenkunft der EFMA ein weiteres, inoffizielles Treffen unter Wettbewerbern stattfand, an dem Herr Ka. teilnahm. Insoweit lassen die interne E-Mail von FRA.BO vom 9. Oktober 2000 und deren diesbezügliche Erklärung vom 14. Juli 2004 sowie die Erklärung von Herrn D. (IBP) vom 20. Januar 2005 und die handschriftlichen Notizen von Herrn P. (IMI) keinen Zweifel daran, dass dieses weitere Treffen stattgefunden hat. Ferner ergibt sich daraus, dass dabei auch über Preise gesprochen wurde. In der E-Mail von FRA.BO heißt es wie folgt:

„Oggetto: RIUNIONE EFMA DEL 06.10.00 (MONACO DI BAVIERA)

Quanto sopra molto in sintesi i temi principali dell ’assemblea generale.

Terminata l’assemblea ci siamo fermati un’oretta (non ufficialmente) per discutere dei prezzi.

IBP ha iniziato ad attaccare SK per le sue azioni in Germania che hanno eroso i volumi IBP.

SK ha risposto che è stufa di parlare di questi accordi da 10 anni e verificare sul terreno che non sono praticati.

Solita reazione di stupore e meraviglia terminata da parte di SK con un: non ero al corrente verifico e rimetto le cose a posto!!!!

…“

[Betrifft: EFMA-TREFFEN vom 06.10.00 (MÜNCHEN)

Nachstehend eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte der Generalversammlung

Nach der Versammlung blieben wir noch eine Stunde zusammen (inoffiziell), um Preisgespräche zu führen.

IBP griff SK wegen dessen Maßnahmen in Deutschland an, die negativ auf Volumen von IBP auswirkten.

SK entgegnete, genug davon zu haben, seit nunmehr 10 Jahren über diese Vereinbarungen zu reden und festzustellen, dass sie auf dem Markt nicht angewendet würden.

Übliche Reaktion aus Überraschung und Erstaunen mit der abschließenden Bemerkung von SK: Davon wusste ich nichts, ich werde die Angelegenheit prüfen und in Ordnung bringen!]

63      Was das Treffen vom 1. Dezember 2000 angeht, bei dem es um den Stand der Umsetzung der am 6. Oktober 2000 vereinbarten Preiserhöhung in Deutschland sowie die Preispolitik für andere Länder ging, ist den handschriftlichen Notizen von Herrn P. (IMI) vom 6. November 2000 zu entnehmen, dass die Klägerinnen darin verwickelt waren. Insoweit ist festzustellen, dass die Klägerinnen, auch falls sie an diesem Treffen nicht unmittelbar teilgenommen haben sollten, ihren Konkurrenten ihre diesbezüglichen Absichten mitgeteilt haben; aus den genannten Notizen geht nämlich hervor, dass „SHK auf RYK wartet [SHK awaiting RYK]“, was die Preiserhöhung in Deutschland betrifft, dass die Klägerinnen vorgesehen hatten, sich mit IBP und den führenden Großhändlern bei der nächsten Preisrunde in „Skandinavien“ auf die Anwendung der in Deutschland geltenden Preisliste zu einigen („4. Scandinavia agreement IBP/SHK/leading wholesalers to move to German list – next round“) und dass sie „Mitte/Ende Januar 2001“ eine Preiserhöhung für „1.3.01 V/SHK“ mit einem maximalen Preisnachlass von 58 % ankündigen würden.

64      Was schließlich das Treffen vom 18. Dezember 2000 zu den Preisen in Italien anbelangt, an dem die Klägerinnen nach ihrem Vorbringen nicht teilgenommen haben, wofür sie Auszüge aus dem Terminkalender von Herrn Ka. und Herrn Kr. vorgelegt haben, geht aus den handschriftlichen Notizen von Frau C.-B. (FRA.BO) und der Erklärung von FRA.BO vom 14. Juli 2004 hervor, dass die Klägerinnen dort vertreten waren. Den Notizen von Frau C.‑B. ist zu entnehmen, dass Herr T. die Klägerinnen bei diesem Treffen vertreten hat und dort die Preise und Preisnachlässe für 2001 festgelegt wurden. Die von den Klägerinnen vorgelegten Auszüge aus den Terminkalendern von Herrn Ka. und Herrn Kr. sind folglich ohne Bedeutung.

65      Im Übrigen ist zu der Behauptung der Klägerinnen, es sei in dieser Branche üblich, die Preise zum Jahresanfang zu erhöhen, zu bemerken, dass die vorgeworfene Zuwiderhandlung nicht darin besteht, dass die Preise zu Beginn des Jahres 2001 erhöht wurden, sondern darin, dass sie einvernehmlich festgelegt wurden.

66      In Bezug auf die anderen streitigen Treffen im Zeitraum zwischen 1999 und 2001 ist darauf hinzuweisen, dass im Fall einer komplexen Zuwiderhandlung die Tatsache, dass ein Unternehmen bei einem oder mehreren Treffen nicht anwesend war oder sich mit den Ergebnissen eines Treffens nicht einverstanden erklärt hat, nicht bedeutet, dass dieses Unternehmen seine Beteiligung an der laufenden Zuwiderhandlung beendet hat. Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass sich die Klägerinnen nicht offen vom Kartell distanziert haben.

67      Was die Dauer ihrer Beteiligung betrifft, ergibt sich aus der in Randnr. 51 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung, dass die Kommission nicht nur das Vorliegen eines Kartells, sondern auch dessen Dauer, also den Beginn und das Ende der Beteiligung am Kartell, beweisen muss.

68      Den Zeitpunkt des Beginns der Beteiligung von Sanha Kaimer (als unmittelbar Beteiligte) und von Kaimer (als haftende Muttergesellschaft) an der Zuwiderhandlung hat die Kommission auf den 30. Juli 1996 datiert, den Tag, an dem ein Treffen in Paris stattfand. Diese Feststellung wird gestützt auf handschriftliche Notizen von Herrn Hi. (IMI) vom 17. Mai 1996 über ein Treffen, das am gleichen Tag in Mailand stattfand.

69      Aus diesen handschriftlichen Notizen geht nämlich hervor, dass die Klägerinnen im Rahmen eines Vorschlags für Preisänderungen in Italien zu einem anderen Treffen eingeladen wurden („Invite SHK & Frabo to discuss! Question of whether they will support.“ [SHK & Frabo zu Gesprächen einladen! Sind sie dafür?]). Dieses für Ende Juli in Paris geplante Treffen fand tatsächlich statt, aber es gibt keine andere Unterlagen hierüber. Die genannten handschriftlichen Notizen sind daher nicht ausreichend, um aus ihnen den Zeitpunkt des Beginns der Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung abzuleiten.

70      Auch das Telefax vom 20. September 1996, das Herr W. an Herrn C. (beide Mitarbeiter von IMI) gesandt hat, liefert keinen ausreichenden Hinweis auf die Verwicklung der Klägerinnen in das Kartell. In diesem Telefax informiert Herr W. Herrn C. darüber, dass am 26. und 27. September 1996 ein EFMA-Treffen in Istanbul stattfinden werde, und schlägt vor, bestimmte Themen bei diesem Treffen zu erörtern, nämlich dass IBP kurz davor stehe, eine neue Preisliste für Spanien zu versenden, dass Tradesa (Streamline) und FRA.BO die im Juni angekündigte Preisliste „jetzt zum Monatsende einführen wollten [intended to apply it at the month’s end]“ und offenbar „auch Sanha zu der Preisliste vom Juni 1996 wechseln wird [Sanha as well was to change to price list of June 96]“.

71      Das Beweismaterial zu den Treffen, die am 20. Mai 1997 in Frankfurt (Deutschland) und am 24. April 1997 in Sevilla (Spanien) stattfanden, liefert ebenfalls keinen ausreichenden Hinweis für die Beteiligung der Klägerinnen am Kartell. Insoweit handelt es sich entweder um Spekulationen oder um Erklärungen von Teilnehmern, die im Übrigen widersprüchlich sind. Während sich Herr P. (IMI) daran erinnert, dass an diesen Treffen die Vertreter von IMI, IBP, Comap, Sanha Kaimer und Mueller Industries teilgenommen hätten, gibt Mueller Industries an, dass sich der Teilnehmerkreis auf ihre Vertreter und die von IMI beschränkt habe, ohne jedoch auszuschließen, dass es bilaterale Treffen ihrer Vertreter mit Vertretern anderer Unternehmen gegeben habe, unter denen sich möglicherweise die Vertreter von Sanha Kaimer befunden hätten. Es ist jedoch wenig wahrscheinlich, dass diese Art von Treffen einen wettbewerbswidrigen Gegenstand hatte. In Bezug auf das Treffen in Sevilla geht aus den handschriftlichen Notizen von Herrn P. (IMI) hervor, dass dort in Anwesenheit von Vertretern von Comap, IBP und IMI die Preise in Deutschland diskutiert wurden. In der Erklärung von IMI vom 17. Dezember 2003 heißt es: „Die Quelle für die Informationen in den Notizen ist wahrscheinlich IBP oder COMAP“, und „[d]ie Informationen über Deutschland stammen wohl von einem deutschen Treffen, bei dem wahrscheinlich auch Sanha Kaimer, Viegener und Hermann Schmidt anwesend waren; daher wurden die genannten Informationen wahrscheinlich mit ihnen ausgetauscht“. Diese Ausführungen sind jedoch zu ungenau, um daraus auf eine Beteiligung der Klägerinnen am Kartell zu schließen, zumal in der angefochtenen Entscheidung kein Treffen zu den Preisen in Deutschland erwähnt wird, an dem die Klägerinnen 1996 oder Anfang 1997 teilgenommen hätten.

72      Das Telefax von Herrn Kr. an Herrn P. (beide Mitarbeiter von IMI) vom 7. August 1997 und der Geschäftsbericht von IMI vom Januar 1998 erwähnen zukünftige Ereignisse, die sich nur mit vorherigen Kontakten unter Wettbewerbern erklären lassen. Das Telefax, dessen Text im 283. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben wird, belegt die Beteiligung der Klägerinnen an dem Kartell. Ihm lässt sich entnehmen, dass Kaimer die deutsche Preisliste auf dem österreichischen Markt unbeschadet der dort bestehenden Probleme sechs Wochen nach ihrer Einführung in Deutschland einführen wollte, wobei sie allerdings wahrscheinlich für ihre Kunden eine Übergangsfrist bis Ende September zuließ. Im Geschäftsbericht von IMI vom Januar 1998 wird erwähnt, dass Kaimer und Viegener in der ersten Februarwoche 1998 eine Preiserhöhung ankündigen würden. Diese Indizien genügen, um daraus die Schlussfolgerung abzuleiten, dass Sanha Kaimer und somit auch Kaimer zumindest seit Anfang August 1997 an der Zuwiderhandlung beteiligt waren.

73      Zwar trafen sich die Hauptbeteiligten (IMI, Delta/IBP und Comap) seit dem Beginn des Kartells regelmäßig, um über die Marktsituation im Allgemeinen oder auf bestimmten nationalen Märkten von einiger Bedeutung zu sprechen. In diesem Rahmen kam die Sprache möglicherweise auch auf die Klägerinnen als bedeutende Konkurrenz auf verschiedenen Märkten und insbesondere auf dem deutschen Markt. Es ist daher plausibel, dass ihre Namen in internen Dokumenten enthalten sind.

74      Insoweit ist festzustellen, dass sich aus der Erklärung von Herrn P. (IMI) ergibt, dass sich die Klägerinnen ab 1999 an dem Kartell auf gesamteuropäischer Ebene beteiligt haben. Diese Erklärung wird durch die Erklärung von Delta/IBP gestützt, in der übrigens ein früherer Zeitpunkt genannt wird. Im Rahmen des gesamteuropäischen Kartells hat Herr P. ebenso wie Herr B. (IBP) angegeben, dass die Klägerinnen an den Treffen, die auf nationaler Ebene stattfanden, seit 1991 beteiligt gewesen seien.

75      Außerdem wurden offenbar für bestimmte Länder wie Deutschland die Preise zwischen den Unternehmen auf nationaler Ebene festgelegt oder auf gesamteuropäischer Ebene, wobei Absprachen, die die Hersteller bereits auf nationaler Ebene getroffen hatten, Berücksichtigung fanden. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass Sanha Kaimer an diesen Absprachen beteiligt war.

76      Es fehlt jedoch an einem Beweis oder einem Indizienbündel mit hinreichender Beweiskraft dafür, dass die Klägerinnen vom Beginn der Zuwiderhandlung an beteiligt waren. Insoweit geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission hinsichtlich der Zeit vor dem 30. Juli 1996 denselben Standpunkt vertreten hat.

77      Da die Gesamtheit der Indizien, die die Kommission für die Zeit zwischen dem 31. Juli 1996 und August 1997 angeführt hat, nicht ausreicht, um daraus die Schlussfolgerung abzuleiten, dass Sanha Kaimer und Kaimer während dieser Zeit am Kartell beteiligt waren, ist unter Berücksichtigung der in Randnr. 47 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung, wonach Zweifel des Gerichts dem Unternehmen, an das sich die Entscheidung richtet, zugute kommen müssen, festzustellen, dass der Zeitpunkt des Beginns ihrer Beteiligung am Kartell frühestens auf August 1997 festgelegt werden kann.

78      Als Zeitpunkt, von dem an Sanha Italia an der Zuwiderhandlung beteiligt war, hat die Kommission den 1. Januar 1998 angenommen, den Tag, an dem Herr Ka. Geschäftsführer von Kaimer, Sanha Kaimer und Sanha Italia wurde (vgl. Erwägungsgründe 80 bis 83 und 729 der angefochtenen Entscheidung). Die bloße Tatsache, dass Herr Ka. Geschäftsführer von Sanha Italia wurde, bedeutet, sofern er keine besondere Handlung vorgenommen hat, jedoch nicht automatisch, dass diese Gesellschaft ab seiner Ernennung an der Zuwiderhandlung beteiligt war.

79      Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung mehrere Kontakte zwischen Wettbewerbern erwähnt, die im ersten Halbjahr 1998 stattfanden, aber keinen, der Sanha Italia oder die beiden anderen Klägerinnen betrifft. Im zweiten Halbjahr 1998 kam es zu Kontakten zwischen Wettwerbern wegen eines für den 23. November 1998 geplanten Treffens. Insoweit ist festzustellen, dass die handschriftlichen Notizen, die Herr P. während des EFMA-Treffens vom 9. November 1998 anfertigte, keinen Aufschluss über die etwaige Teilnahme eines Vertreters der Klägerinnen geben („German Meeting 23.11.98“ – „SHK attending?“ [Deutsches Treffen 23.11.98 – Teilnahme von SHK?]), während die Notizen von Herrn Kr. (IMI) darauf hinzudeuten scheinen, dass einer der Vertreter der Klägerinnen bei dem für den 23. November 1998 geplanten Treffen anwesend sein könnte. Ebenso geht aus den handschriftlichen Notizen von Herrn Da. (IBP) hervor, dass Herr P. und er bei einem Telefongespräch übereingekommen sind, die Klägerinnen über Einzelheiten des Treffens vorab zu unterrichten („7. SHK – prenotification … 8. Speak on Tuesday. Details to be sent on Wednesday“ [7. SHK – Vorankündigung … 8. Gespräch am Dienstag. Übermittlung von Einzelheiten am Mittwoch]). Jedoch gibt es keinen Beweis dafür, dass ein Vertreter von Sanha Italia am Treffen vom 23. November 1998 teilgenommen hat.

80      Da Herr Ka. am EFMA-Treffen vom 8. April 1999 teilnahm, nicht aber am Treffen der sogenannten „Super-EFMA“, das die Wettwerber vor oder nach dem offiziellen EFMA-Treffen abhielten, um Themen mit wettbewerbswidrigem Charakter zur Sprache zu bringen, und Sanha Italia oder die beiden anderen Klägerinnen auch nicht an dem „deutschen“ Treffen, das am 9. Juni 1999 stattfand, beteiligt waren, ist festzustellen, dass das erste Ereignis, das mit Sicherheit die Beteiligung von Sanha Italia beweist, das Treffen vom 15. Juli 1999 ist. Wie bereits in Randnr. 59 des vorliegenden Urteils festgestellt, haben die Klägerinnen, einschließlich Sanha Italia, nicht bestritten, dass sie am Treffen vom 15. Juli 1999 sowie an den Treffen vom 18. und 21. Januar 2000 teilgenommen haben. Ebenso ist festgestellt worden, dass diese Treffen ein wettbewerbswidriges Ziel verfolgten. Die Beteiligung von Sanha Italia an der Zuwiderhandlung ist daher ab dem 15. Juli 1999 hinreichend nachgewiesen.

81      Als Endzeitpunkt der Beteiligung der Klägerinnen am Kartell hat die Kommission im 728. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung unter Bezugnahme auf deren 494. Erwägungsgrund zutreffend den 22. März 2001 angenommen, den Tag, an dem die unangekündigten Nachprüfungen begannen (vgl. Randnr. 4 des vorliegenden Urteils). Wie nämlich aus dem 494. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, fand am 2. März 2001 in Madrid ein Treffen zwischen Wettbewerbern (IMI, Delta/IBP, Comap und Viega) statt. Auch wenn die Klägerinnen an diesem Treffen nicht teilgenommen haben, ergibt sich aus den handschriftlichen Notizen von Herrn Hi. (IMI), der den Bericht über das Treffen vom 2. März 2001 verfasst hat, dass Comap es übernommen hat, die Klägerinnen zu kontaktieren, was folglich bedeutet, dass sie immer noch dem Kartell angehörten oder sich zumindest nicht offen von ihm distanziert hatten.

82      Nach alledem ist diesem Klagegrund teilweise stattzugeben.

 Zum dritten Klagegrund: „fehlerhafte rechtliche Würdigung“

 Vorbringen der Parteien

83      Die Klägerinnen machen geltend, dass es zwischen den anderen europäischen Kupferfittingherstellern und ihnen weder eine wettbewerbswidrige Vereinbarung noch eine abgestimmte Verhaltensweise gegeben habe. Sie begründen dies mit dem Fehlen einer Willensübereinstimmung und ihrem autonomen Marktverhalten. Außerdem hätten sie sich von möglichen wettbewerbsbeschränkenden Absprachen stets aktiv distanziert.

84      Es handele sich um ein Parallelverhalten, und zwar um „gleichförmige öffentliche Preisankündigungen von Mitbewerbern“ auf dem Kupferfittingmarkt. Die Kommission dürfe aus einem bloßen Parallelverhalten, das nur ein nicht ausreichendes Indiz darstelle, nicht auf eine Abstimmung schließen.

85      Nach Auffassung der Kommission ist der Klagegrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

86      Die Zuwiderhandlung besteht vorliegend aus wettbewerbswidrigen Vereinbarungen, die auf Treffen zwischen Wettbewerbern geschlossen wurden, an denen die Klägerinnen zumindest teilweise teilgenommen haben. Da ihre Teilnahme an solchen Treffen nachgewiesen wurde, oblag es den Klägerinnen, Indizien vorzutragen, die zum Beweis ihrer fehlenden wettbewerbswidrigen Einstellung bei der Teilnahme an den Treffen geeignet sind, und nachzuweisen, dass sie ihre Mitbewerber darauf hingewiesen hatten, dass sie an den Zusammenkünften mit einer anderen Zielsetzung als diese teilgenommen haben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 19. März 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, C‑510/06 P, Slg. 2009, I‑1843, Randnrn. 118 bis 120 und die dort angeführte Rechtsprechung).

87      Insoweit ist festzustellen, dass es keinen Beweis dafür gibt, dass sich die Klägerinnen offen von dem Kartell distanziert hätten. Auch wenn die Klägerinnen von Zeit zu Zeit erklärt hätten, mit einem Vorschlag nicht einverstanden zu sein, beteiligten sie sich doch weiterhin am Kartell und machten dadurch ihren ursprünglichen Protest – unterstellt, er wäre erwiesen – hinfällig (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Dezember 2006, Westfalen Gassen Nederland/Kommission, T‑303/02, Slg. 2006, II‑4567, Randnrn. 100 bis 103).

88      Zudem wurde die Zuwiderhandlung im vorliegenden Fall durch Urkunden nachgewiesen. Nach der Rechtsprechung haben aber Unternehmen, wenn eine Abstimmung zwischen ihnen durch Urkunden nachgewiesen wurde, nicht nur eine andere Erklärung für den von der Kommission festgestellten Sachverhalt zu liefern, sondern auch diesen in Anbetracht der von der Kommission vorgelegten Schriftstücke nachgewiesenen Sachverhalt in Frage zu stellen (vgl. Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, in Randnr. 48 des vorliegenden Urteils angeführt, Randnrn. 186 und 187 und die dort angeführte Rechtsprechung).

89      Daher kann der Versuch der Klägerinnen, den Sachverhalt, der den Tatbestand der vorgeworfenen Zuwiderhandlung erfüllt, in ein Parallelverhalten umzudeuten, keinen Erfolg haben.

90      Nach allem ist dieser Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: fehlerhafte Berechnung der Geldbuße und Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes

 Vorbringen der Parteien

91      Die Klägerinnen fechten hilfsweise die von der Kommission vorgenommene Festsetzung der Höhe der Geldbuße an.

92      Erstens habe die Kommission für den Anfangs- und den Endzeitpunkt ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung keine ausreichenden Nachweise erbracht. Selbst unter der Annahme einer Beteiligung der Klägerinnen am Kartell sei diese auf einen kürzeren als den in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zeitraum zu begrenzen.

93      Zweitens habe die Kommission mildernde Umstände zu ihren Gunsten nicht berücksichtigt. Die Kommission hätte ihre „passive“, und „untergeordnete“ Rolle bei der Ausführung der Zuwiderhandlung und ihr Wettbewerbsverhalten auf dem Markt nicht übersehen dürfen. Außerdem hätten sie die Zuwiderhandlung nach dem ersten Eingreifen der Kommission sofort eingestellt.

94      Drittens habe die Kommission gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen; da sie nicht die individuelle Situation jedes Unternehmens analysiert habe, um bei jeder Geldbuße den angemessenen Grundbetrag zu bestimmen, habe sie Unternehmen in unterschiedlicher Lage gleichbehandelt.

95      Die Klägerinnen kritisieren schließlich den „allgemeinen Trend“ der Kommission, immer höhere und der Sache nicht angemessene Geldbußen zu verhängen. Dieser Ansatz widerspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da er zu einer Übersanktionierung der Unternehmen, insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), führe und nicht durch seinen abschreckenden Effekt gerechtfertigt werden könne. Die Höhe der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße zwinge sie dazu, dringende Investitionen zu verschieben oder aufzugeben, die zur Effizienzsteigerung und zur Expansion in neue geografische Märkte notwendig gewesen wären. Die Geldbuße sei daher unverhältnismäßig, weil sie die wirtschaftliche Existenz der Klägerinnen gefährde.

96      Die Kommission beantragt, den Klagegrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

97      In Bezug auf die Dauer der Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung ist bereits in den Randnrn. 68 ff. des vorliegenden Urteils darauf hingewiesen worden, dass die Kommission den Zeitpunkt des Beginns ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hatte. Hingegen ist festgestellt worden, dass die Kommission den 22. März 2001, den Tag des Beginns ihrer Nachprüfungen, zutreffend als den Zeitpunkt angenommen hatte, zu dem die Klägerinnen ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung beendet haben.

98      Bezüglich des Arguments, dass die Kommission mildernde Unstände nicht berücksichtigt habe, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, die Beendigung einer Zuwiderhandlung stets als mildernden Umstand anzusehen (vgl. Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Randnrn. 497 und 498 und die dort angeführte Rechtsprechung).

99      Sodann können auch das Argument, dass ihre Rolle „passiv“ gewesen sei, und das Argument, dass in der Wahrnehmung der anderen von ihr ein erheblicher Wettbewerbsdruck ausgegangen sei, der eine Verringerung der Geldbuße rechtfertige, nicht durchdringen. Nach den Leitlinien 1998 kann allein eine ausschließlich passive Mitwirkung oder reines Mitläufertum zu einer Verringerung der Geldbuße führen. Der Vorschlag der Klägerinnen, eine Preiserhöhung vorzunehmen, entspricht jedoch nicht einer passiven Rolle. Dass sie nicht immer die innerhalb des Kartells getroffenen Absprachen eingehalten haben – was in Kartellsachen keineswegs außergewöhnlich ist – stellt zudem ihre Beteiligung am Kartell nicht in Frage und ist kein mildernder Umstand (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2005, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑71/03, T‑74/03, T‑87/03 und T‑91/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 74 und 297 und die dort angeführte Rechtsprechung).

100    Wenn die Klägerinnen meinen, der Gleichbehandlungsgrundsatz sei dadurch verletzt worden, dass die Kommission einen pauschalen Grundbetrag der Geldbuße für KMU festgesetzt habe, so verstehen sie die Vorgehensweise der Kommission falsch. Aus dem 758. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass die Kommission das relative Gewicht der am Kartell beteiligten Unternehmen anhand ihrer Marktanteile in Bezug auf die betroffenen Produkte im Europäischen Wirtschaftsraum im Jahr 2000 bestimmt hat. Dass die betreffenden KMU in ein und dieselbe Kategorie eingestuft wurden, für die der Ausgangsbetrag der Geldbuße auf 5,5 Millionen Euro festgesetzt wurde, ist eine Folge der minimalen Unterschiede zwischen den jeweiligen Marktanteilen dieser Unternehmen.

101    Was schließlich die Behauptung betrifft, es gebe einen „allgemeinen Trend“, immer höhere Geldbußen zu verhängen, der die Existenz von KMU und insbesondere die der Klägerinnen gefährden könne, genügt die Feststellung, dass die Klägerinnen nicht dargelegt haben, inwiefern die Kommission den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im vorliegenden Fall verletzt haben soll. Die Tatsache, dass die Klägerinnen KMU sind, befreit sie jedenfalls nicht von ihrer Pflicht, die Wettbewerbsregeln zu beachten.

102    Daher ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

 Zur Festsetzung des Endbetrags der Geldbuße

103    Wie sich aus den Randnrn. 68 bis 82 des vorliegenden Urteils ergibt, ist die angefochtene Entscheidung insoweit abzuändern, als die Kommission wegen der Dauer der Beteiligung von Kaimer und Sanha Kaimer an der Zuwiderhandlung eine Erhöhung um 45 % und wegen der Beteiligung von Sanha Italia an der Zuwiderhandlung eine Erhöhung um 30 % vorgenommen hat.

104    Im Übrigen erfordern die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung dargelegten Erwägungen sowie die vorliegend angewandte Methode zur Berechnung der Geldbußen keine weiteren Änderungen seitens des Gerichts.

105    Der Endbetrag der Geldbuße berechnet sich daher wie folgt: Da die Dauer der Beteiligung von Kaimer und Sanha Kaimer drei Jahre und fünf Monate betrug, ist der Ausgangsbetrag der Geldbuße (5,5 Millionen Euro) um 30 % zu erhöhen, was zu einem Endbetrag der Geldbuße von 7,15 Millionen Euro führt. Bei Sanha Italia, die ein Jahr und acht Monate beteiligt war, ist der Ausgangsbetrag um 15 % zu erhöhen, was zu einem Endbetrag der Geldbuße von 6,325 Millionen Euro führt.

 Kosten

106    Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt. Unter den vorliegenden Umständen ist zu entscheiden, dass die Klägerinnen ihre eigenen Kosten und 50 % der Kosten der Kommission tragen, während die Kommission 50 % ihrer eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Art. 1 der Entscheidung K(2006) 4180 endg. vom 20. September 2006 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/F-1/38.121 – Rohrverbindungen) wird insoweit für nichtig erklärt, als er sich für die Beteiligung der Kaimer GmbH & Co. Holding KG und der Sanha Kaimer GmbH & Co. KG auf den Zeitraum vom 30. Juli 1996 bis 31. Juli 1997 und für die Beteiligung der Sanha Italia Srl auf den Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis 14. Juli 1999 bezieht.

2.      Die gegen Kaimer verhängte Geldbuße wird auf 7,15 Millionen Euro, davon gesamtschuldnerisch in Höhe von 7,15 Millionen Euro mit Sanha Kaimer und in Höhe von 6,325 Millionen Euro mit Sanha Italia, festgesetzt.

3.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4.      Kaimer, Sanha Kaimer und Sanha Italia tragen ihre eigenen Kosten und 50 % der Kosten der Europäischen Kommission.

5.      Die Kommission trägt 50 % ihrer eigenen Kosten.

Martins Ribeiro

Wahl

Dittrich

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. März 2011.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.