URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION (Zweite Kammer)

16. Mai 2013(*)

„Öffentlicher Dienst – Soziale Sicherheit – Schwere Krankheit – Begriff – Krankenhausbehandlung – Kostenübernahme – Direkte Bezahlung durch die Abrechnungsstelle – Keine Höchstbeträge für die Unterbringungskosten in den ADB – Verpflichtung, die angeschlossene Person bei überhöhter Rechnung vorab zu informieren“

In der Rechtssache F‑104/10

betreffend eine Klage nach Art. 270 AEUV, der gemäß Art. 106a EA auch für den EAG-Vertrag gilt,

Mario Alberto de Pretis Cagnodo, ehemaliger Beamter der Europäischen Kommission,

Serena Trampuz de Pretis Cagnodo, seine Ehefrau,

gemeinsam wohnhaft in Triest (Italien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt C. Falagiani,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch J. Currall und D. Martin als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt A. Dal Ferro,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Zweite Kammer),

unter Mitwirkung der Präsidentin M. I. Rofes i Pujol (Berichterstatterin) sowie der Richterin I. Boruta und des Richters K. Bradley,

Kanzler: J. Tomac, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2012,

folgendes

Urteil

1        Mit Klageschrift, die am 21. Oktober 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben Herr de Pretis Cagnodo und seine Ehefrau, Frau Trampuz de Pretis Cagnodo, die vorliegende Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung der sich aus der Zahlungsaufstellung Nr. 10 vom 1. Oktober 2009 ergebenden Entscheidungen der Abrechnungsstelle Ispra (Italien) (im Folgenden: Abrechnungsstelle) des Gemeinsamen Krankheitsfürsorgesystems (im Folgenden: GKFS) begehren, mit denen die 100%ige Erstattung von der Klägerin zwischen dem 13. Februar 2009 und dem 25. März 2009 entstandenen Krankenhauskosten abgelehnt wurde und nach denen 28 800 Euro an als überhöht beurteilten Kosten der Unterbringung während der Krankenhausbehandlung vom Kläger zu übernehmen sind.

 Rechtlicher Rahmen

2        Art. 72 des Statuts der Beamten der Europäischen Union in der auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Statut) bestimmt:

„(1)      In Krankheitsfällen wird dem Beamten, seinem Ehegatten – sofern dieser nicht nach anderen Rechts- und Verwaltungsvorschriften Leistungen derselben Art und in derselben Höhe erhalten kann –, seinen Kindern und den sonstigen unterhaltsberechtigten Personen im Sinne von Anhang VII Artikel 2 nach einer von den Organen der [Union] im gegenseitigen Einvernehmen nach Stellungnahme des Statutsbeirats beschlossenen Regelung Ersatz der Aufwendungen bis zu 80 v. H. gewährleistet. Dieser Satz wird für die folgenden Leistungen auf 85 % angehoben: Beratungen und Besuche, chirurgische Eingriffe, Krankenhausbehandlung, Arzneimittel, Röntgenuntersuchungen, Analysen, Laboruntersuchungen und ärztlich verordnete prothetische Apparate mit Ausnahme von Zahnprothesen. Im Falle von Tuberkulose, Kinderlähmung, Krebs, Geisteskrankheiten und anderen von der Anstellungsbehörde als vergleichbar schwer anerkannten Krankheiten sowie für Untersuchungen zur Früherkennung und im Falle der Entbindung erhöht er sich auf 100 v. H. Der Erstattungssatz von 100 v. H. gilt jedoch nicht, wenn im Fall von Berufskrankheiten und Unfällen Artikel 73 zur Anwendung gekommen ist.

(2)      Auf den Beamten, der bis zu seinem dreiundsechzigsten Lebensjahr im Dienst der [Union] verblieben ist oder der ein Invalidengeld bezieht, findet Absatz 1 auch nach dem Ausscheiden aus dem Dienst Anwendung. Der Berechnung des Beitrags wird das Ruhegehalt bzw. das Invalidengeld zugrunde gelegt.

(2a)      Absatz 1 findet auch auf folgende Personen Anwendung, sofern sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen:

i)      den ehemaligen Beamten, der vor Vollendung des dreiundsechzigsten Lebensjahres aus dem Dienst der [Union] ausgeschieden ist und ein Ruhegehalt bezieht,

…“

3        Art. 27 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 248, S. 1) sieht Folgendes vor:

„(1)      Die Haushaltsmittel sind nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung, d. h. sparsam, wirtschaftlich und wirksam, zu verwenden.

(2)      Sparsamkeit bedeutet, dass die Ressourcen, die von dem betreffenden Organ für ihre Tätigkeiten eingesetzt werden, zum richtigen Zeitpunkt, in ausreichender Menge und angemessener Qualität sowie mit dem geringstmöglichen Kostenaufwand bereitgestellt werden.

Wirtschaftlichkeit bedeutet eine optimale Relation zwischen den eingesetzten Mitteln und den erzielten Ergebnissen.

Wirksamkeit bedeutet, dass die angestrebten Ziele und Ergebnisse erreicht werden.

…“

4        Art. 36 der Verfahrensordnung lautet:

„Entspricht die Klageschrift nicht Artikel 35 Absätze 1 Buchstaben a, b und c, 2 oder 5, so setzt der Kanzler dem Kläger eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels. Wird der Mangel nicht fristgemäß behoben, so entscheidet das Gericht, ob die Nichtbeachtung dieser Formvorschriften die Unzulässigkeit der Klage zur Folge hat.“

5        In Art. 1 der Gemeinsamen Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge für die Beamten der Europäischen Union nach Art. 72 des Statuts (im Folgenden: Gemeinsame Regelung) heißt es:

„In Anwendung von Artikel 72 des Statuts wird … ein [GKFS] geschaffen. Dieses Krankheitsfürsorgesystem gewährleistet den Krankheitsfürsorge-Berechtigten im Rahmen der Grenzen und Bedingungen, die in dieser Regelung und in den auf der Grundlage des Artikels 52 dieser Regelung erlassenen allgemeinen Durchführungsbestimmungen festgelegt wurden, die Erstattung der ihnen durch Krankheit, Unfall oder Mutterschaft entstandenen Kosten sowie die Zahlung eines Bestattungskostenzuschusses.

Krankheitsfürsorge-Berechtigte sind die der Krankheitsfürsorge angeschlossenen Personen und die durch sie mit angeschlossenen Personen.

…“

6        Art. 2 der Gemeinsamen Regelung sieht vor:

„…

(3)      Dem [GKFS] angeschlossen sind:

–        die ehemaligen Beamten und Bediensteten auf Zeit, die ein Ruhegehalt beziehen,

–        …“

7        Art. 12 der Gemeinsamen Regelung bestimmt:

„Durch die angeschlossene Person unter den Voraussetzungen der Artikel 13 und 14 mit angeschlossen sind

–        der Ehegatte der angeschlossenen Person, sofern dieser dem [GKFS] nicht selbst angeschlossen ist,

–        …“

8        Art. 20 der Gemeinsamen Regelung, der die allgemeinen Vorschriften für Erstattungen festlegt, sieht Folgendes vor:

„(1)      Um das finanzielle Gleichgewicht des [GKFS] zu erhalten und dem Grundsatz der sozialen Sicherung in Artikel 72 des Statuts gerecht zu werden, können in den allgemeinen Durchführungsbestimmungen für bestimmte Leistungen Erstattungshöchstgrenzen festgelegt werden.

Liegen die der angeschlossenen Person entstandenen Kosten unter der Höchstgrenze, so wird die Erstattung auf der Grundlage des verauslagten Betrags berechnet.

(2)      Bei Leistungen, für die es keine Erstattungshöchstgrenzen gibt, erfolgt für den Teil der Kosten, der im Vergleich zu den üblichen Kosten in dem Land, in dem sie angefallen sind, als überhöht gilt, keine Erstattung. Der als überhöht geltende Kostenanteil wird von der Abrechnungsstelle [des GKFS] nach Stellungnahme des Vertrauensarztes im Einzelfall bestimmt.

(6)      Gemäß Artikel 72 Absatz 1 des Statuts werden bei Tuberkulose, Kinderlähmung, Krebs, Geisteskrankheiten und anderen, von der Anstellungsbehörde nach Stellungnahme des Vertrauensarztes der Abrechnungsstelle [des GKFS] als vergleichbar schwer anerkannten Krankheiten die Kosten zu 100 % erstattet.

Diese Stellungnahme erfolgt auf der Grundlage der in den allgemeinen Durchführungsbestimmungen nach Anhörung des Ärztebeirats [des GKFS] festgelegten allgemeinen Kriterien.

…“

9        Art. 30 der Gemeinsamen Regelung lautet:

„(1)      Den angeschlossenen Personen können Vorschüsse gewährt werden, damit sie größere Ausgaben bestreiten können. Diese Vorschüsse werden hauptsächlich in Form einer Kostenübernahme bei Krankenhausaufenthalten gewährt.

(2)      Vorschüsse für Krankheitskosten werden entweder mit jedem der angeschlossenen Person aufgrund dieser Regelung geschuldeten Betrag oder mit den Dienstbezügen oder dem Ruhegehalt oder mit jeglichem Betrag, den ein Organ einer angeschlossenen Person schuldet, oder mit der infolge des Ablebens der angeschlossenen Person gewährten Hinterbliebenenversorgung verrechnet. …“

10      Art. 35 der Gemeinsamen Regelung bestimmt:

„…

(2)      Bevor die Anstellungsbehörde bzw. der Verwaltungsrat [des GKFS] über eine Beschwerde gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Statuts entscheidet, ist die Stellungnahme des Verwaltungsausschusses [des GKFS] einzuholen.

…“

11      Art. 36 der Gemeinsamen Regelung bestimmt Folgendes:

„Die Verwaltung dieses Krankheitsfürsorgesystems obliegt einem Verwaltungsausschuss, einem Zentralbüro, Abrechnungsstellen und einem Ärztebeirat.“

12      In Art. 41 der Gemeinsamen Regelung heißt es:

„Dem Verwaltungsausschuss steht ein Ärztebeirat zur Seite, dem je ein Vertrauensarzt der einzelnen Organe und die Vertrauensärzte der einzelnen Abrechnungsstellen angehören.

Der Ärztebeirat kann vom Verwaltungsausschuss oder dem Zentralbüro in allen Fragen medizinischer Art, die sich im Rahmen [des GKFS] ergeben, zu Rate gezogen werden. Er tritt auf Antrag des Verwaltungsausschusses, des Zentralbüros oder eines der Vertrauensärzte der Abrechnungsstellen zusammen und gibt seine Stellungnahme innerhalb der ihm gesetzten Frist ab.“

13      Art. 43 der Gemeinsamen Regelung bestimmt zur Anordnung und Kontrolle:

„(1)      Die Ausführung der Einnahmen und Ausgaben des [GKFS] erfolgt in Einklang mit den Bestimmungen der [Verordnung Nr. 1605/2002], insbesondere mit deren Artikel 60.

(2)      …

(3)      Das Zentralbüro führt Ex-post-Überprüfungen durch oder veranlasst solche Überprüfungen, um

–        sich zu vergewissern, dass die von den Abrechnungsstellen vollzogenen Vorgänge rechtmäßig und ordnungsmäßig sind und die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Finanzverwaltung eingehalten wurden,

…“

14      Art. 52 der Gemeinsamen Regelung lautet:

„(1)      Die Organe übertragen der [Europäischen] Kommission gemäß Artikel 72 Absatz 1 Unterabsatz 3 des Statuts die Befugnis, durch allgemeine Durchführungsbestimmungen die Vorschriften für die Kostenerstattungen festzulegen mit dem Ziel, das finanzielle Gleichgewicht des [GKFS] zu erhalten und dem in Artikel 72 Absatz 1 Unterabsatz 1 des Statuts verankerten Grundsatz der sozialen Sicherung zu entsprechen.

…“

15      Titel II Kapitel 2 Nr. 1.3 der von der Europäischen Kommission in Anwendung von Art. 52 der Gemeinsamen Regelung erlassenen allgemeinen Durchführungsbestimmungen (im Folgenden: ADB) über die Erstattungsmodalitäten bei Krankenhausbehandlungen bestimmt zum Erstattungssatz:

„Jeder als Krankenhausbehandlung geltende Aufenthalt wird im Falle eines chirurgischen Eingriffs und bei Krankenhausbehandlung mit einem Satz von 85 % erstattet.

Dieser Satz wird auf 100 % angehoben:

–        im Falle einer schweren Krankheit

–        …

–        im Falle eines verlängerten Krankenhausaufenthalts für die Aufenthaltskosten, die über [dreißig] aufeinander folgende Tage hinausgehen, nach Stellungnahme des Vertrauensarztes.“

16      Die oben angeführte Nr. 1.3 der ADB bestimmt hinsichtlich der Erstattungsbedingungen:

„Für die Erstattung der Krankenhausbehandlung ist ein ärztliches Gutachten erforderlich, das an den Vertrauensarzt der Abrechnungsstelle zu übermitteln ist.

–        Unterbringungskosten:

Die Aufenthaltskosten in Bezug auf Unterbringung, Versorgung und Steuern werden auf der Grundlage der tatsächlich entstandenen Kosten und entsprechend den Fakturierungsvorschriften des Landes, in dem die Krankenhausbehandlung erfolgte, erstattet. Sind diese Kosten im Tagespauschalsatz für die Krankenhausbehandlung enthalten, erfolgt auch die Erstattung auf Pauschalbasis.

Die Unterbringungskosten werden höchstens bis zu dem Tarif für das kostengünstigste Einbettzimmer des Krankenhauses erstattet.

Die Kostenerstattung beschränkt sich auf die medizinisch notwendige Dauer für die Eingriffe oder Behandlungen in dem Land, in dem die Krankenhausbehandlung durchgeführt wurde.

…“

17      Titel III Kapitel 4 der ADB, der die Kostenübernahme und die Vorschüsse regelt, lautet:

„Gemäß Artikel 30 der Gemeinsamen Regelung können den angeschlossenen Personen Vorschüsse gewährt werden, damit sie größere Aufwendungen bestreiten können. Sie werden hauptsächlich in Form einer Kostenübernahme und in Ausnahmefällen in Form von Vorschüssen gewährt.

1.      Kostenübernahme

Außer in Notfällen oder in Fällen höherer Gewalt muss die Kostenübernahme vorab von der angeschlossenen Person beantragt werden.

Die Kostenübernahme wird in folgenden Fällen gewährt:

–        bei Krankenhausaufenthalten; die Kostenübernahme bezieht sich in diesem Fall auf die Hauptrechnungen und die Rechnung des Operateurs.

Im Rahmen einer Kostenübernahme wird der Teil der Kosten, der nach der Abrechnung von der angeschlossenen Person zu übernehmen ist, auf spätere Erstattungen oder ggf. auf ihre Dienstbezüge, ihr Ruhegehalt oder jede sonstige Summe, die ihr Organ ihr schuldet, angerechnet. Auf Betreiben der Abrechnungsstelle kann der Restbetrag auf das Bankkonto der gemeinsamen Krankheitsfürsorge überwiesen werden.

…“

18      Titel III Kapitel 5 der ADB über die Anerkennung als schwere Krankheit sieht Folgendes vor:

„1.      Begriffsbestimmung

Als schwere Krankheiten sind anerkannt: Tuberkulose, Kinderlähmung, Krebs, Geisteskrankheiten und andere, von der Anstellungsbehörde als vergleichbar schwer eingestufte Krankheiten.

Letztere betreffen Krankheiten, die in unterschiedlichem Maße die vier nachstehenden Kriterien vereinen:

–        ungünstige Lebenserwartung,

–        chronischer Verlauf,

–        Notwendigkeit aufwändiger Diagnose- und/oder Therapiemaßnahmen,

–        Vorhandensein oder Risiko einer schweren Behinderung.

…“

 Sachverhalt

19      Der Kläger ist als ehemaliger Beamter der Kommission, der ein Ruhegehalt bezieht, dem GKFS angeschlossen. Seine Ehefrau, ebenfalls Klägerin in der vorliegenden Rechtssache, ist als Ehegattin der angeschlossenen Person und als durch die angeschlossene Person mit angeschlossene Person primär durch das GKFS gesichert.

20      Am 22. Januar 2009 reichte die Klägerin als Ehefrau der angeschlossenen Person und als ihr Vertreter bei der Abrechnungsstelle einen Antrag auf Kostenübernahme nach Titel III Kapitel 4 Nr. 1 der ADB hinsichtlich ihrer eigenen, für den 12. Februar 2009 in der Klinik Anthea in Bari (Italien) vorgesehenen, Krankenhausbehandlung ein. Am 5. Februar 2009 gab die Abrechnungsstelle dem Antrag statt und übermittelte der Klinik ein Schreiben, in dem sie dieser mitteilte, dass sie die Krankenhauskosten der Klägerin übernehmen werde und den angeschlossenen Personen keine vorläufige Rechnung oder Anzahlungsanforderung zu übermitteln sei.

21      Der Krankenhausaufenthalt begann am 13. Februar 2009. Die Klägerin unterzog sich am 14. Februar 2009 einem Eingriff, dem eine Komplikation folgte, so dass am 25. Februar 2009 ein zweiter chirurgischer Eingriff erforderlich wurde. Der Aufenthalt der Klägerin in der Klinik Anthea dauerte bis zum 25. März 2009, d. h. insgesamt 40 Tage.

22      Am 13. April 2009 setzte sich die Abrechnungsstelle aufgrund der Kostenübernahmeentscheidung mit der Klinik Anthea in Verbindung und ersuchte darum, die Hauptrechnung unmittelbar ihr und nicht der Patientin zur Zahlung zu übermitteln. Die Klinik Anthea übermittelte der Abrechnungsstelle die Rechnung Nr. 4080 vom 16. April 2009 über einen Gesamtbetrag von 83 893,20 Euro einschließlich Mehrwertsteuer, davon Unterbringungskosten in Höhe von 57 600 Euro zu einem Tagessatz von 1 440 Euro einschließlich Mehrwertsteuer und Krankheits- und Krankenhauskosten in Höhe von 26 293,20 Euro. Die Rechnung, in der diese Kosten zwar aufgeschlüsselt wurden, die Art des von der Klägerin belegten Zimmers jedoch nicht angeführt wurde, wurde von der Abrechnungsstelle zur Gänze bezahlt, ohne zuvor den Klägern den in Rechnung gestellten Betrag bekannt zu geben.

23      Die Abrechnungsstelle übermittelte dem Kläger die Zahlungsaufstellung Nr. 10 vom 1. Oktober 2009, aus der sich ergab, dass i) sich der für die Krankenhausbehandlung gezahlte Gesamtbetrag auf 83 893,20 Euro belief, ii) die Abrechnungsstelle die in Rechnung gestellten Unterbringungskosten in Höhe von insgesamt 57 600 Euro als überhöht ansah, iii) die Erstattung für die letztgenannten Kosten auf 28 800 Euro beschränkt wurde, d. h. auf 720 Euro pro Tag einschließlich Mehrwertsteuer, wobei die restlichen 28 800 Euro von der angeschlossenen Person zu übernehmen waren, und iv) die erstattungsfähigen Krankenhauskosten, nämlich 55 093,20 Euro, davon Krankheitskosten in Höhe von 26 293,20 Euro und Unterbringungskosten in Höhe von 28 800 Euro, dem Kläger zu 85 % erstattet wurden, d. h. 46 829,22 Euro von der Abrechnungsstelle übernommen wurden und die restlichen 8 263,98 Euro dem Kläger verblieben. Aus diesen Berechnungen ergibt sich, dass die Abrechnungsstelle für 40 Krankenhaustage einen Betrag von 1 377,30 Euro pro Krankenhaustag, Krankheits- und Unterbringungskosten zusammengenommen, als erstattungsfähig ansah.

24      Die Klägerin nahm zur Zahlungsaufstellung Nr. 10 Stellung und wies auf die Möglichkeit hin, sich mit der Klinik Anthea in Verbindung zu setzen, um weitere Informationen über die Unterbringung zu erhalten. Wie sich auch aus der Entscheidung der Kommission vom 23. Juli 2010 über die Beschwerde der Klägerin gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts (im Folgenden: Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde) ergibt, wurde ihr am 13. November 2009 mitgeteilt, dass ihre Akte dem Ärztebeirat des GKFS (im Folgenden: Ärztebeirat) zur Stellungnahme übermittelt worden sei. Aus der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde ergibt sich auch, dass die Klägerin mit E-Mail vom 26. November 2009 die Krankenkasse aufforderte, mit der Klinik Anthea im Hinblick auf eine mögliche Überprüfung der Rechnung vom 16. April 2009 Kontakt aufzunehmen.

25      Laut der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde teilte die Abrechnungsstelle der Klägerin ferner mit E-Mail vom 27. November 2009 den Inhalt eines Telefonats mit, das die verantwortliche Person der Abrechnungsstelle mit einem Mitarbeiter der Klinik Anthea geführt hatte. Dieser habe bei diesem Gespräch darauf hingewiesen, dass die Klägerin im Krankenhaus in einer sehr luxuriösen Suite mit einem Messingbett und einem Menü nach eigener Wahl untergebracht gewesen sei. Das schriftliche Ersuchen der Abrechnungsstelle um Mitteilung des Satzes für das kostengünstigste Einbettzimmer der Klinik Anthea wurde von dieser nicht beantwortet.

26      Aus dem Protokoll der am 10. Dezember 2009 in Brüssel abgehaltenen Sitzung des Ärztebeirats, das dem Kläger mit Schreiben der Abrechnungsstelle vom 26. Januar 2010 übermittelt wurde, geht hervor, dass der Ärztebeirat auf der Grundlage der Auskünfte der italienischen Ärzte, nach denen die in Italien beobachteten Kosten dieser Art zwischen 400 und 600 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer pro Tag lägen, bestätigte, dass die in Rechnung gestellten Unterbringungskosten in Höhe von insgesamt 57 600 Euro überhöht seien (im Folgenden: Entscheidung vom 26. Januar 2010).

27      Die Klägerin reichte am 16. April 2010 auf der Grundlage von Art. 90 Abs. 2 des Statuts eine Beschwerde ein, die am 22. April 2010 bei der Kommission einging. In ihrer Beschwerde vertritt die Klägerin zum einen die Auffassung, dass die Abrechnungsstelle als Empfängerin der Rechnung der Klinik Anthea sich rechtzeitig darauf hätte berufen müssen, dass der für die Unterbringungskosten verlangte Betrag überhöht sei, und ihn nicht hätte bezahlen dürfen. Zum anderen hätten ihres Erachtens die im Zusammenhang mit der Krankenhausbehandlung entstandenen Kosten zu 100 % erstattet werden müssen, da die Krankheit, die zu ihrer Krankenhausbehandlung geführt habe, „schwer“ im Sinne von Art. 72 Abs. 1 Unterabs. 1 des Statuts sei. Schließlich macht die Klägerin geltend, dass die Krankenhauskosten der letzten zehn Tage zu 100 % hätten erstattet werden müssen, da die über 30 Tage hinausgehende Dauer der Krankenhausbehandlung gerechtfertigt gewesen sei. In Bezug auf die überhöhten Unterbringungskosten rügt die Klägerin, dass die Klinik Anthea die Kosten der Unterbringung unter dem Vorwand, sie in einer Luxussuite untergebracht zu haben, der falsch sei, da diese Klinik über keine Suiten für die Patienten verfüge, auf 1 440 Euro pro Tag aufgebläht habe, statt sie mit 300 Euro pro Tag für ein Einzelzimmer, welcher Betrag ihr zweimal mündlich vor ihrem Krankenhausaufenthalt mitgeteilt worden sei, in Rechnung zu stellen.

28      In Anbetracht der Beschwerde holte die Anstellungsbehörde eine Stellungnahme des Vertrauensarztes der Abrechnungsstelle (im Folgenden: Vertrauensarzt) zu der Frage ein, ob zum einen die über 30 aufeinanderfolgende Tage hinausgehenden Krankenhauskosten gerechtfertigt seien und ob zum anderen die Krankheit, die zu dem chirurgischen Eingriff, dem sich die Klägerin unterzogen hatte, geführt hatte, als schwere Krankheit nach Titel III Kapitel 5 Nr. 1 der ADB anerkannt werden könne. In seiner Stellungnahme vom 18. Mai 2010 kam der Vertrauensarzt zur ersten Frage zu dem Ergebnis, dass die Entlassung der Patientin aus der Klinik Anthea ab dem 8. März 2009 möglich gewesen sei, da die sodann erfolgten Therapien und Untersuchungen zu Hause oder in ambulanter Behandlung durchgeführt werden könnten. Hinsichtlich der zweiten Frage war er der Ansicht, dass zumindest zwei der wesentlichen Kriterien für die Anerkennung als schwere Krankheit, nämlich die ungünstige Lebenserwartung und das Vorhandensein oder Risiko eines schweren Gebrechens oder einer schweren Behinderung, nicht erfüllt gewesen seien.

29      Nach Art. 35 Abs. 2 der Gemeinsamen Regelung holte die Anstellungsbehörde auch die Stellungnahme des Verwaltungsausschusses des GKFS (im Folgenden: Verwaltungsausschuss) ein. Bei seiner Sitzung vom 9. und 10. Juni 2010 erörterte dieser die in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen und wandte sich mit der Frage, ob die Dauer der Krankenhausbehandlung medizinisch unerlässlich gewesen sei, an den Ärztebeirat. Der Ärztebeirat antwortete am 24. Juni 2010, dass die Akte keine hinreichenden Angaben zu dem über 30 Tage hinausgehenden Krankenhausaufenthalt enthalte, und war der Ansicht, dass Titel II Kapitel 2 Nr. 1.3 der ADB über die 100%ige Erstattung von Aufenthaltskosten, die über 30 aufeinanderfolgende Tage hinausgehen, auf die Klägerin anwendbar sein könnte. Im Hinblick auf die Antwort des Ärztebeirats sprach sich der Verwaltungsausschuss für die Bestätigung der Entscheidung der Abrechnungsstelle aus, den Erstattungssatz von 100 % für schwere Krankheiten im Fall der Klägerin nicht anzuwenden.

30      Mit der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde wurde dieser weder hinsichtlich der Frage, ob die über 720 Euro einschließlich Mehrwertsteuer pro Tag hinausgehenden Unterbringungskosten überhöht sind, noch hinsichtlich der Frage, ob eine schwere Krankheit im Sinne von Titel III Kapitel 5 Nr. 1 der ADB vorliegt, stattgegeben. Zur Frage, ob der über 30 Tage hinausgehende Krankenhausaufenthalt der Klägerin unerlässlich gewesen ist, hielt es die Anstellungsbehörde für erforderlich, die Akte zur Einholung eines externen medizinischen Gutachtens an die Abrechnungsstelle zurückzuverweisen.

31      Wie sich aus der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde ferner ergibt, ersuchte der Verwaltungsausschuss in der im Anschluss an seine Sitzung vom 9. und 10. Juni 2010 abgegebenen Stellungnahme darum, die Klägerin seitens des Zentralbüros und/oder der Abrechnungsstelle im Hinblick auf die Rückforderung der überhöhten Forderungen der Klinik Anthea für die Unterbringung zu unterstützen. Aus der Akte ergibt sich nicht, dass diese Abrechnungsstellen diesem Ersuchen des Verwaltungsausschusses nachgekommen wären.

 Anträge der Parteien

32      Die Kläger beantragen in ihrer Klageschrift,

–        die zwangsweise Beitreibung der streitigen Beträge auszusetzen oder vorläufig zu untersagen und einstweilen zu untersagen, dass diese Beträge von Amts wegen vom Ruhegehalt des Klägers einbehalten werden (erster Klageantrag);

–        festzustellen, dass der Klägerin hinsichtlich der Höhe und der Bezahlung der Unterbringungskosten, wie sie von der Klinik, in der sie sich ihrem Eingriff unterzog, gefordert werden, kein Vorwurf gemacht werden kann (zweiter Klageantrag);

–        die Krankheit, die zur Krankenhausbehandlung der Klägerin führte, und die bei ihr vorgenommenen Eingriffe als „schwer“ einzustufen (dritter Klageantrag);

–        die Dauer der Krankenhausbehandlung als unvermeidbar und therapeutisch angezeigt anzusehen (vierter Klageantrag);

–        festzustellen, dass die Kläger von jeglicher Rückerstattung der von der Abrechnungsstelle erbrachten Leistungen befreit sind (fünfter Klageantrag);

–        der Kommission aufzugeben, die Aufforderung, den Betrag von 41 833 Euro oder einen möglicherweise anders bestimmten Betrag zurückzuzahlen, zurückzunehmen (sechster Klageantrag);

–        der Kommission aufzugeben, den Betrag von 41 833 Euro oder einen anders bestimmten Betrag nicht von Amts wegen vom Ruhegehalt des Klägers einzubehalten (siebter Klageantrag);

–        verschiedene Anordnungen zur Beweisaufnahme zu erlassen (achter Klageantrag);

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen (neunter Klageantrag).

33      Die Kläger haben ihre Anträge mit der Mängelbehebung der Klageschrift am 16. November 2010 dahin klargestellt und ausgedehnt, dass sie mit ihrer Klage beantragen,

–        die sich aus der Zahlungsaufstellung Nr. 10 vom 1. Oktober 2009 ergebende Entscheidung der Kommission aufzuheben;

–        die Entscheidung vom 26. Januar 2010 aufzuheben;

–        die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde aufzuheben.

34      Die Kommission beantragt,

–        die Klage als unzulässig und/oder unbegründet abzuweisen;

–        den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

 Verfahren

35      Im Hinblick auf die Behebung der Mängel der Klageschrift, der weder der Rechtsakt, dessen Nichtigerklärung beantragt wurde, noch eine Bescheinigung des Vertreters der Kläger über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und auch keine Zusammenfassung des Rechtsstreits beigefügt war, hat sich die Kanzlei des Gerichts gemäß Art. 36 der Verfahrensordnung am 5. November 2010 an den Vertreter der Kläger gewandt und ihm hierfür eine Frist eingeräumt, die am 15. November 2010 ablief. Die Mängel der Klageschrift wurden erst am 16. November 2010 behoben; daraufhin hat die Zweite Kammer des Gerichts, der die Rechtssache zugeteilt worden ist, in ihrer Sitzung vom 24. Oktober 2011 aufgrund des ihr in Art. 36 der Verfahrensordnung zuerkannten Ermessensspielraums entschieden, dass die Nichtbeachtung der Frist zur Mängelbehebung im vorliegenden Fall nicht die Unzulässigkeit der Klage zur Folge hat.

36      Mit besonderem Schriftsatz, der am 15. November 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz eingereicht, mit dem sie beim dafür zuständigen Richter die Anordnung der Aussetzung der zwangsweisen Beitreibung der nicht erstatteten Beträge für die Krankenhausbehandlung der Klägerin durch amtswegige Einbehaltung vom Ruhegehalt des Klägers beantragt haben. Dieser Antrag wurde unter dem Aktenzeichen F‑104/10 R in das Register eingetragen.

37      Mit Beschluss vom 15. Februar 2011, de Pretis Cagnodo und Trampuz de Pretis Cagnodo/Kommission (F‑104/10 R), hat der Präsident des Gerichts den Antrag auf Aussetzung des Vollzugs zurückgewiesen, da die Kläger nicht nachweisen konnten, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzung der Dringlichkeit erfüllt sei.

38      Am 11. April 2011 haben die Kläger dem Gericht das externe medizinische Gutachten übermittelt, das die Abrechnungsstelle eingeholt hatte, um der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde Folge zu leisten, und das diese ihnen am 30. März 2011 übermittelt hatte. In diesem Dokument gelangte der hinzugezogene Facharzt zu dem Schluss, dass nach dem Akteninhalt der über 30 Tage hinausgehende Krankenhausaufenthalt der Klägerin gerechtfertigt sei. Die Abrechnungsstelle ist dieser Stellungnahme gefolgt und hat in der Zahlungsaufstellung Nr. 11 vom 18. März 2011 zugunsten des Klägers 2 066 Euro verbucht, die von dem ihm verbleibenden Gesamtbetrag abgezogen worden sind. Danach sind vom Kläger neben den von der Abrechnungsstelle als überhöht beurteilten Unterbringungskosten in Höhe von 28 800 Euro noch 6 197,98 Euro zu übernehmen.

39      Am 26. Oktober 2011 hat der Kanzler des Gerichts den Parteien die vom Gericht gemäß Art. 56 der Verfahrensordnung angeordneten prozessleitenden Maßnahmen mitgeteilt, mit denen einige Punkte geklärt und die Kläger zu der von der Kommission in ihrer Klagebeantwortung geltend gemachten Unzulässigkeit der Klage angehört werden sollten.

40      In dieser Mitteilung hat der Kanzler des Gerichts den Parteien mitgeteilt, dass das Gericht beabsichtigt, in Anwendung von Art. 77 der Verfahrensordnung von Amts wegen eine das fehlende Rechtsschutzinteresse der Klägerin betreffende unverzichtbare Prozessvoraussetzung aufzugreifen, insbesondere da die Zahlungsaufstellung Nr. 10 den Kläger beschwerte, während nur die Klägerin Beschwerde erhoben hatte, und ihr die mögliche Aufhebung der Zahlungsaufstellung auf den ersten Blick keinen unmittelbaren Vorteil verschaffen konnte, weil sie weder deren Adressatin noch deren Begünstigte war.

41      Die Parteien hatten drei Wochen Zeit, um den prozessleitenden Maßnahmen nachzukommen und sich zu der von Amts wegen aufgegriffenen unverzichtbaren Prozessvoraussetzung zu äußern, was sie fristgerecht getan haben.

42      Der vom Gericht gemäß Art. 68 der Verfahrensordnung hiermit beauftrage Berichterstatter hat die Möglichkeiten für eine gütliche Beilegung des Streites zwischen den Klägern und der Kommission geprüft und im März 2012 eine Lösung zu seiner Beilegung vorschlagen, der die Parteien jedoch nicht zugestimmt haben. Der Spruchkörper hat in der Sitzung der Kammer vom 26. April 2012 das Scheitern des Versuchs einer gütlichen Streitbeilegung festgestellt und die Eröffnung des mündlichen Verfahrens beschlossen.

43      Bei der mündlichen Verhandlung am 21. Juni 2012 hat der Vertreter der Kläger dem Gericht mitgeteilt, dass er den vierten Klageantrag betreffend die Aufhebung der Zahlungsaufstellung Nr. 10, soweit darin die Notwendigkeit eines verlängerten Krankenhausaufenthalts nicht anerkannt worden sei, fallen lasse, da die Abrechnungsstelle im Hinblick auf die Schlüsse des hinzugezogenen Facharztes im Rahmen des von ihr eingeholten externen medizinischen Gutachtens entschieden habe, 100 % der Kosten des über 30 Tage hinausgehenden Krankenhausaufenthalts der Klägerin zu erstatten.

 Zur Zulässigkeit

 Vorbringen der Parteien

44      Erstens hat die Kommission in ihrer Klagebeantwortung, ohne ausdrücklich zu beantragen, dass die Klage für unzulässig erklärt wird, Zweifel an der Zulässigkeit geäußert, da das Vorverfahren ausschließlich von der Klägerin geführt worden sei, die nicht die Eigenschaft einer an das GKFS angeschlossenen Person habe, während nach den Art. 90 ff. des Statuts nur die angeschlossene Person, nämlich der Kläger, das Verwaltungsverfahren einleiten könne. Die Kommission hat die Entscheidung hierüber in das Ermessen des Gerichts gestellt.

45      In der Folge hat sich die Kommission in ihrer Äußerung zu den prozessleitenden Maßnahmen selbst auf die vom Gericht von Amts wegen aufgegriffene und das fehlende Rechtsschutzinteresse der Klägerin betreffende unverzichtbare Prozessvoraussetzung berufen und förmlich beim Gericht beantragt, die Klage für unzulässig zu erklären, da der Kläger vor der Erhebung seiner Klage keine Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts eingelegt habe, obwohl die angefochtene Zahlungsaufstellung der Abrechnungsstelle nur an ihn gerichtet und die Rechnung der Klinik Anthea formal nicht an seine Ehefrau gerichtet sei.

46      Zweitens hat die Kommission in der Klagebeantwortung die Unzulässigkeit der Klageschrift geltend gemacht, da diese nicht Art. 35 der Verfahrensordnung entspreche und weder die Klagegründe noch die rechtliche Begründung zur Stützung der Anträge der Kläger enthalte.

47      Drittens sei die Klage unzulässig, da die Kläger, indem sie insbesondere die Einstufung der Krankheit der Klägerin als „schwer“ beantragten, eine Entscheidung des Gerichts über Fragen medizinischer Art begehrten, die als solche seiner Zuständigkeit entzogen seien.

48      Viertens beantragt die Kommission, die Klage für unzulässig zu erklären, da die Kläger mit einigen ihrer Klageanträge begehrten, dass das Gericht ihr gegenüber Anordnungen treffe.

49      Die Kläger bringen ihrerseits vor, die Einrede der Unzulässigkeit wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses der Klägerin sei unbegründet. Art. 90 Abs. 2 des Statuts beziehe sich nämlich auf alle, die ein Interesse an seiner Anwendung hätten. Im vorliegenden Fall sei die Beschwerde von der Klägerin erhoben worden, die über kein eigenes Einkommen verfüge und deren Lebensunterhalt ausschließlich vom Ruhegehalt ihres Ehemanns abhänge. Folglich sei sie durch jeden Umstand, der diese Einkommensquelle der Höhe nach belasten könne, wie den möglichen Abzug der an Krankheitskosten geschuldeten Beträge vom Ruhegehalt ihres Ehemanns, unmittelbar und individuell betroffen. Dass nur die Klägerin Beschwerde erhoben habe, erkläre sich daraus, dass nur sie an den Ereignissen im Krankenhaus beteiligt gewesen sei und sie die Einzelheiten besser als der Kläger kenne. Da die Klägerin die Beschwerde als Ehefrau des Klägers eingelegt habe, habe sie dies nicht nur im eigenen Namen, sondern auch im Namen und für Rechnung des Letzteren getan; die Klageschrift sei jedenfalls von beiden Ehegatten eingereicht worden, was jeden Zweifel sowohl am Vorliegen des jeweiligen Rechtsschutzinteresses als auch am ordnungsgemäßen Ablauf des Vorverfahrens ausräumen müsste. Zum von der Kommission geltend gemachten Fehlen anderer unverzichtbarer Prozessvoraussetzungen haben sich die Kläger nicht geäußert.

 Würdigung durch das Gericht

50      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission zu Unrecht geltend macht, das Vorverfahren sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden.

51      Nach Art. 90 Abs. 1 und 2 des Statuts kann nämlich jede Person, auf die das Statut Anwendung findet, sowohl einen Antrag auf Erlass einer sie betreffenden Entscheidung an die Anstellungsbehörde richten als auch sich mit einer Beschwerde gegen eine sie beschwerende Maßnahme an die Anstellungsbehörde wenden. Überdies ergibt sich aus Art. 72 Abs. 1 Unterabs. 1 des Statuts, dass der Klägerin als Ehegattin eines ehemaligen Beamten in Krankheitsfällen Ersatz der Aufwendungen gewährleistet wird. Daraus folgt, dass die Klägerin eine „Person, auf die das Statut Anwendung findet“, im Sinne von Art. 90 dieses Rechtstextes ist.

52      Diese Würdigung wird durch die Gemeinsame Regelung, insbesondere ihre Art. 12 bis 14, bestätigt, wonach der Ehegatte der angeschlossenen Person durch die angeschlossene Person, primär oder ergänzend, je nachdem, ob sie eigene Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit bezieht oder nicht, mit angeschlossen ist.

53      Nach den Art. 27, 28 und 30 der Gemeinsamen Regelung können zwar nur die angeschlossenen Personen Anträge auf vorherige Genehmigung, Erstattungsanträge und Anträge auf Vorschüsse einreichen, um größere Ausgaben bestreiten zu können.

54      Nach Art. 1 der Gemeinsamen Regelung umfasst der Begriff der Krankheitsfürsorge-Berechtigten jedoch sowohl die angeschlossenen Personen als auch die durch die angeschlossene Person mit angeschlossenen Personen, und die durch die angeschlossene Person mit angeschlossenen Personen werden nach Art. 26 der Gemeinsamen Regelung wie die angeschlossene Person selbst beim Zentralbüro und bei einer Abrechnungsstelle des GKFS eingetragen. Dass die Zahlungsaufstellung Nr. 10 nur an den Kläger gerichtet war, ist allein auf die Tatsache zurückzuführen, dass nach Art. 30 der Gemeinsamen Regelung und Titel III Kapitel 4 Nr. 1 der ADB die angeschlossene Person bei der Einreichung eines Antrags auf Kostenübernahme der Ansprechpartner der Abrechnungsstelle des GKFS ist. Selbst wenn der Antrag auf Kostenübernahme im vorliegenden Fall von der Klägerin eingereicht wurde, tat sie dies im Namen ihres Ehemanns, wobei diese Möglichkeit im Formular selbst vorgesehen ist.

55      Im vorliegenden Fall lauten die von der Klinik an die Abrechnungsstelle übermittelten und von dieser bezahlten Rechnungen auf den Namen der Klägerin, und ab der Übermittlung der Zahlungsaufstellung Nr. 10 an den Kläger war es die Klägerin, die, da sie über die von der Klinik wirklich erbrachten Leistungen besser als ihr Ehegatte Bescheid wusste, die Schritte bei der Abrechnungsstelle unternahm, wobei Letztere sie als Ansprechpartnerin anerkannte und sich an den Ärztebeirat wandte. Ebenso verhielt es sich, als die Klägerin die Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts gegen die Entscheidung der Abrechnungsstelle einlegte. Auf diese Beschwerde holte nämlich die Anstellungsbehörde die Stellungnahme des Vertrauensarztes und die des Verwaltungsausschusses ein, nachdem sie sich auch an den Ärztebeirat gewandt hatte, und erließ daraufhin die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde, die der Klägerin in einem an sie adressierten Schreiben bekannt gegeben wurde und mit der der Klägerin mitgeteilt wurde, dass sie innerhalb einer Frist von drei Monaten vom Zeitpunkt des Erhalts gegen diese Entscheidung Klage beim Gericht erheben könne.

56      Unter diesen Umständen ist das Gericht der Ansicht, dass die Kommission, zumal sie selbst die Klägerin im Rahmen des Vorverfahrens als rechtmäßige Ansprechpartnerin ansah, und in Anbetracht der Regel nemo potest venire contra factum proprium, wonach die Verwaltung durch ihre eigenen Handlungen gebunden ist, jetzt nicht mit Erfolg geltend machen kann, die Klägerin habe kein Rechtsschutzinteresse daran gehabt, alleine in Kenntnis der Sachlage Erklärungen zu der Abrechnung auf der Zahlungsaufstellung Nr. 10 abzugeben oder sogar eine Beschwerde gegen diese Abrechnung einzulegen. Zudem ist, da die Klage beim Gericht von den Klägern als Ehegatten erhoben worden ist, davon auszugehen, dass die klagenden Ehegatten sowohl zum Zeitpunkt der Kostenübernahme als auch während des Vorverfahrens einvernehmlich handelten, auch wenn nur die Klägerin im eigenen Namen tätig geworden ist.

57      Zum möglichen Verstoß der Klageschrift gegen Art. 35 Abs. 1 Buchst. e der Verfahrensordnung ist darauf hinzuweisen, dass nach dieser Bestimmung die Klageschrift den Streitgegenstand und die Klagegründe sowie die tatsächliche und rechtliche Begründung enthalten muss. Nach ständiger Rechtsprechung müssen diese Angaben hinreichend klar und genau sein, damit der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, über die Klage entscheiden kann (Urteil des Gerichts vom 1. Dezember 2010, Gagalis/Rat, F‑89/09, Randnrn. 36 und 37).

58      Das Gericht stellt fest, dass im vorliegenden Fall die Klagegründe sowie die tatsächliche und rechtliche Begründung nicht als solche aufgeführt sind. Bei aufmerksamer Lektüre der Klageschrift können sie in ihr jedoch ausgemacht werden.

59      Da die Verwendung der Musterklageschrift, die auf Curia, der Internetseite des Gerichtshofs der Europäischen Union in dem für das Gericht vorgesehenen Bereich unter der Rubrik „... nützliche Informationen“ zu finden ist, für die Parteien nicht verpflichtend ist, hat das Gericht, wenn es die Erfüllung der Voraussetzungen nach Art. 35 Abs. 1 Buchst. e der Verfahrensordnung prüft, und soweit die Klagegründe sowie die tatsächliche und rechtliche Begründung festgestellt werden können, diese Bestimmung so weit auszulegen, dass das von Art. 19 Unterabs. 4 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, die nach Art. 7 Abs. 1 des Anhangs dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, den Klägern verliehene Recht, ihren Anwalt, unabhängig vom Mitgliedstaat, in dem dieser Anwalt berechtigt ist, seinen Beruf auszuüben, frei zu wählen, gewahrt bleibt.

60      Unter diesen Umständen, und im Hinblick darauf, dass der nach Ansicht der Kommission unvollständige Inhalt der Klageschrift sie im vorliegenden Fall nicht gehindert hat, sich zu verteidigen, da sie eine Klagebeantwortung einreichen konnte, die sowohl die Zulässigkeit als auch die Begründetheit der Rechtssache behandelt, ist die Klage nicht wegen Verstoßes gegen Art. 35 Abs. 1 Buchst. e der Verfahrensordnung für unzulässig zu erklären.

61      Zum von der Kommission aufgeworfenen Fehlen einer unverzichtbaren Prozessvoraussetzung in Bezug auf den dritten Klageantrag, die Krankheit, die die Krankenhausbehandlung der Klägerin erforderlich machte, und die bei ihr vorgenommenen Eingriffe als „schwer“ einstufen, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung zwar von den Rechtsbehelfen des Statuts grundsätzlich nicht Gebrauch gemacht werden kann, um ärztliche Beurteilungen im eigentlichen Sinne in Frage zu stellen, die als endgültig gelten müssen, wenn sie unter ordnungsgemäßen Voraussetzungen zustande gekommen sind; ohne die ärztlichen Beurteilungen der angefochtenen Entscheidung, im vorliegenden Fall die Weigerung die Krankheit der Klägerin als schwere Krankheit anzuerkennen, in Frage zu stellen, hat das Gericht jedoch zu prüfen, ob die Anstellungsbehörde beim Erlass der angefochtenen Entscheidung den Sachverhalt zutreffend gewürdigt und die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen korrekt angewandt hat (Urteil des Gerichts vom 18. September 2007, Botos/Kommission, F‑10/07, Randnrn. 39 und 40). Daraus folgt, dass der dritte Klageantrag der Klageschrift nicht aufgrund des Vorbringens der Kommission für unzulässig zu erklären ist.

62      Die Kommission macht in Bezug auf zwei Klageanträge das Fehlen einer vierten unverzichtbaren Prozessvoraussetzung geltend, nämlich in Bezug auf den sechsten Klageantrag, der Kommission aufzugeben, die Aufforderung, den Betrag von 41 833 Euro oder einen möglicherweise anders bestimmten Betrag zurückzuzahlen, der nicht vom GKFS erstattet wird, zurückzunehmen, und in Bezug auf den siebten Klageantrag, der Kommission aufzugeben, diesen oder einen anders bestimmten Betrag nicht von Amts wegen vom Ruhegehalt des Klägers einzubehalten. Außerdem weist das Gericht darauf hin, dass die Kläger mit dem zweiten Klageantrag beantragen, festzustellen, dass der Klägerin hinsichtlich der Höhe und der Bezahlung der von der Klinik Anthea in Rechnung gestellten Unterbringungskosten kein Vorwurf gemacht werden kann.

63      Nach ständiger Rechtsprechung steht es dem Unionsrichter im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle nach Art. 91 des Statuts nicht zu, der Verwaltung Anordnungen zu erteilen oder rechtliche Feststellungen zu treffen (Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2012, BS/Kommission, F‑90/11, Randnr. 100 und die dort angeführte Rechtsprechung, Gegenstand eines beim Gericht der Europäischen Union anhängigen Rechtsmittels, Rechtssache T‑83/13 P). Folglich sind die drei oben angeführten Klageanträge als unzulässig zurückzuweisen.

64      Schließlich beantragen die Kläger mit dem ersten Klageantrag, die zwangsweise Beitreibung der Beträge, die nicht Gegenstand einer Erstattung durch das GKFS sind, vorläufig auszusetzen und der Kommission einstweilen zu untersagen, diese Beträge von Amts wegen vom Ruhegehalt des Klägers einzubehalten.

65      Diese Anträge waren jedoch Gegenstand des von den Klägern am 15. November 2010 eingereichten besonderen Schriftsatzes, auf den der Beschluss de Pretis Cagnodo und Trampuz de Pretis Cagnodo/Kommission ergangen ist, mit dem diese Anträge zurückgewiesen worden sind.

66      Folglich können diese Anträge, da sie bereits zurückgewiesen worden sind, weder dem Gericht unterbreitet noch von diesem im Rahmen des vorliegenden Verfahrens geprüft werden.

67      Anlässlich der Behebung der Mängel der Klageschrift wollten die Kläger ihre Anträge in einem ergänzenden Schriftsatz durch das Hinzufügen dreier neuer Klageanträge präzisieren.

68      Zwar ist die Zulässigkeit des ersten Antrags des ergänzenden Schriftsatzes, nämlich die Aufhebung der Zahlungsaufstellung Nr. 10, nicht zweifelhaft, da sich dieser mit dem dritten, vierten und fünften Klageantrag deckt, doch gilt anderes für den zweiten und den dritten Antrag des ergänzenden Schriftsatzes, mit denen die Kläger die Aufhebung der Entscheidung vom 26. Januar 2010 und der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde beantragen, da diese beiden Anträge aus dem Wortlaut der Klageschrift nicht klar hervorgegangen sind.

69      Da nämlich die Behebung der Mängel der Klageschrift nach Art. 36 der Verfahrensordnung nur die in Art. 35 Abs. 1 Buchst. a, b und c, Abs. 2 und Abs. 5 der Verfahrensordnung genannten Voraussetzungen betreffen kann, ist es im jetzigen Stadium ausgeschlossen, den Gegenstand der Klage durch zusätzliche Anträge auszudehnen.

70      Daraus folgt, dass der zweite und der dritte Antrag des ergänzenden Schriftsatzes unzulässig sind.

 Zur Begründetheit

71      Da der erste, der zweite, der sechste und der siebte Klageantrag sowie der zweite und der dritte Antrag des ergänzenden Schriftsatzes der Kläger für unzulässig erklärt worden sind und die Kläger den vierten Klageantrag bei der mündlichen Verhandlung fallen gelassen haben, bleiben nur der dritte und der fünfte Klageantrag in der durch den ersten Antrag des ergänzenden Schriftsatzes präzisierten Fassung zu prüfen. Das Gericht wird zunächst den dritten und sodann den fünften Klageantrag prüfen, die beide auf die Aufhebung der Zahlungsaufstellung Nr. 10 vom 1. Oktober 2009 in der durch die Zahlungsaufstellung Nr. 11 vom 18. März 2011 geänderten Fassung (im Folgenden: streitige Zahlungsaufstellung) gerichtet sind.

 Zum dritten Klageantrag in der durch den ersten Antrag des ergänzenden Schriftsatzes präzisierten Fassung, gerichtet gegen die sich aus der streitigen Zahlungsaufstellung ergebende Entscheidung der Abrechnungsstelle, die Erstattung der Krankenhauskosten auf 85 % zu beschränken, da die Krankheit der Klägerin nicht als „schwer“ anzusehen sei

72      Zur Stützung ihrer Anträge auf Aufhebung machen die Kläger einen einzigen Klagegrund betreffend einen offensichtlichen Beurteilungsfehler geltend.

 Vorbringen der Parteien

73      Die Kläger machen geltend, die Verwaltung habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie sich geweigert habe, die Krankheit, die die Krankenhausbehandlung der Klägerin erforderlich gemacht habe, als schwere Krankheit anzuerkennen. Unter Berücksichtigung der Art des chirurgischen Eingriffs während ihrer Krankenhausbehandlung, der Tatsache, dass sie sich einem zweiten Noteingriff unterziehen habe müssen, des Zeitraums, in dem sie sich einer Rehabilitationstherapie in einer anderen Klinik habe unterziehen müssen, sowie der Tatsache, dass sie dauerhaft mit Hilfe einer Krücke gehen müsse, erfülle ihre Krankheit nämlich die Voraussetzungen nach Titel III Kapitel 5 Nr. 1 der ADB, um als „schwere Krankheit“ im Sinne dieser Bestimmung angesehen zu werden. Diese Einstufung hätte einen Erstattungssatz von 100 % der Krankenhausbehandlung der Klägerin zur Folge gehabt. Zur Stützung dieses Vorbringens legen die Kläger Stellungnahmen zweier Fachärzte und eine Bescheinigung eines Facharztes einer örtlichen Gesundheitsbehörde vor.

74      Nach Ansicht der Kommission ist die Entscheidung über die fehlende Schwere der Krankheit der Klägerin nach Maßgabe der anwendbaren Rechtsvorschriften getroffen worden. Sie bezieht sich auf die Stellungnahme des Vertrauensarztes der Abrechnungsstelle vom 18. Mai 2010, in der Letzterer zu dem Ergebnis kommt, dass im vorliegenden Fall zwei der vier von den ADB festgelegten grundlegenden Kriterien nicht erfüllt seien.

 Würdigung durch das Gericht

75      Nach Art. 72 Abs. 1 Unterabs. 1 des Statuts erhöht sich der Erstattungssatz für Krankheitskosten insbesondere im Fall von Tuberkulose, Kinderlähmung, Krebs, Geisteskrankheiten und anderen von der Anstellungsbehörde als vergleichbar schwer anerkannten Krankheiten auf 100 %. Titel III Kapitel 5 Nr. 1 der ADB legt die Kriterien fest, aufgrund derer eine Krankheit als schwere Krankheit angesehen werden kann. Nach dieser Bestimmung sind dieselben Krankheiten als schwere Krankheiten anerkannt wie die, die in Art. 72 Abs. 1 Unterabs. 1 des Statuts aufgezählt werden, mit der Erläuterung, dass die „von der Anstellungsbehörde als vergleichbar schwer eingestufte[n] Krankheiten“ Krankheiten betreffen, die in unterschiedlichem Maße vier Kriterien vereinen, nämlich eine ungünstige Lebenserwartung, einen chronischen Verlauf, die Notwendigkeit aufwändiger Diagnose- und/oder Therapiemaßnahmen und das Vorhandensein oder Risiko einer schweren Behinderung.

76      Dem ist hinzuzufügen, dass das Gericht insoweit bereits entschieden hat, dass die in der vorigen Randnummer aufgeführten Kriterien kumulative Kriterien sind (Urteil Botos/Kommission, Randnrn. 42 ff.). Daher rechtfertigt die Tatsache, dass nur ein einziges dieser Kriterien nicht erfüllt ist, den Erlass einer Entscheidung, mit der die Anerkennung des Vorliegens einer schweren Krankheit verweigert wird. Das Gericht hat bezüglich derselben Kriterien auch entschieden, dass diese im Hinblick auf das verfolgte Ziel, nämlich „vergleichbar schwer[e]“ Krankheiten zu den ausdrücklich in Art. 72 des Statuts erwähnten zu bestimmen, nicht offenkundig ungeeignet oder falsch erschienen (vgl. Urteil des Gerichts vom 28. September 2011, Allen/Kommission, F‑23/10, Randnr. 49).

77      Die vier ausdrücklich in Art. 72 des Statuts aufgeführten Krankheiten können nämlich in bestimmten Fällen besonders schwerwiegende physische oder psychische Folgen haben, sind dauerhaft oder chronisch und bedürfen einschneidender therapeutischer Maßnahmen, die es erfordern, dass die vorherige Diagnose eindeutig gestellt wird, was besondere Analysen oder Untersuchungen voraussetzt. Diese Krankheiten können die betroffene Person auch dem Risiko einer schweren Behinderung aussetzen (vgl. Urteil Allen/Kommission, Randnr. 50).

78      Überdies ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 72 Abs. 1 des Statuts selbst, dass, auch wenn sie unter die vier ausdrücklich in diesem Artikel erwähnten Krankheiten fallen, nur besonders schwere Fälle als schwere Krankheit eingestuft werden können und so der betroffenen Person erlauben, die günstigere Regelung in Anspruch zu nehmen, die im Fall der Anerkennung einer solchen Krankheit anwendbar ist (vgl. Urteil Allen/Kommission, Randnr. 51).

79      Zur Prüfung der Frage, ob die Weigerung, die Krankheit der Klägerin als schwere Krankheit anzuerkennen, fehlerhaft ist, ist auf die in Randnr. 61 des vorliegenden Urteils erwähnte ständige Rechtsprechung hinzuweisen, nach der von den Rechtsbehelfen des Statuts grundsätzlich nicht Gebrauch gemacht werden kann, um ärztliche Beurteilungen im eigentlichen Sinne in Frage zu stellen, die als endgültig gelten müssen, wenn sie unter ordnungsgemäßen Voraussetzungen zustande gekommen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 19. Januar 1988, Biedermann/Rechnungshof, 2/87, Randnr. 8; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 16. März 1993, Blackman/Parlament, T‑33/89 und T‑74/89, Randnr. 44).

80      Ohne die ärztlichen Beurteilungen, auf denen die Entscheidung, die Erstattung der Krankenhauskosten auf 85 % zu beschränken, beruht, in Frage zu stellen, hat das Gericht jedoch zu prüfen, ob die Anstellungsbehörde, als sie sich weigerte, die Krankheit der Klägerin als schwere Krankheit anzuerkennen, den Sachverhalt zutreffend gewürdigt und die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen korrekt angewandt hat (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts erster Instanz vom 7. November 2002, G/Kommission, T‑199/01, Randnr. 59, und vom 12. Mai 2004, Hecq/Kommission, T‑191/01, Randnr. 63).

81      Es ist daher Sache des Gerichts, im Rahmen der beschränkten gerichtlichen Kontrolle, die es auf medizinischem Gebiet vorzunehmen hat, zu prüfen, ob die Anstellungsbehörde bei ihrer Weigerung, die Krankheit, die die Krankenhausbehandlung der Klägerin erforderlich machte, als schwere Krankheit einzustufen, keinen offensichtlichen Fehler begangen hat, als sie aus den ihr zur Kenntnis gebrachten ärztlichen Feststellungen – über die das Gericht nicht befinden kann, es sei denn, dass die Verwaltung deren Tragweite falsch wiedergibt – geschlossen hat, dass diese Kriterien nicht kumulativ erfüllt seien (vgl. Urteil Botos/Kommission, Randnr. 41).

82      Im vorliegenden Fall hat sich die Anstellungsbehörde in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde auf die Stellungnahme des Vertrauensarztes vom 18. Mai 2010 gestützt, der zu dem Schluss gekommen war, dass „zumindest zwei der wesentlichen Kriterien [nach Titel III Kapitel 5 Nr. 1 der ADB] für die Anerkennung als schwere Krankheit, nämlich die ungünstige Lebenserwartung und das gegenwärtige Vorhandensein oder Risiko eines schweren Gebrechens oder einer schweren Behinderung nicht erfüllt sind“, und die Entscheidung der Abrechnungsstelle bestätigt, nicht den Erstattungssatz von 100 % für schwere Krankheiten, sondern den normalen Satz von 85 % anzuwenden. Die Anstellungsbehörde hat daher keinen offensichtlichen Fehler begangen, als sie aus den ihr zur Kenntnis gebrachten ärztlichen Feststellungen geschlossen hat, dass die von den ADB vorgesehenen Voraussetzungen für die Einstufung als schwere Krankheit und folglich für die Anwendung des Erstattungssatzes von 100 % nicht erfüllt seien.

83      Es bleibt zu prüfen, ob sich die Abrechnungsstelle in Befolgung der Stellungnahme des Vertrauensarztes tatsächlich auf die in Randnr. 75 des vorliegenden Urteils erwähnten Kriterien gestützt hat, von denen die Einstufung einer Krankheit als „schwer“ abhängt.

84      Insoweit weisen nach ständiger Rechtsprechung, was die Ausgewogenheit zwischen den Beteiligten angeht, die von einem Organ angehörenden Vertrauensärzten einseitig abgegebenen Stellungnahmen nicht dasselbe Garantieniveau auf wie ärztliche Beurteilungen im eigentlichen Sinne durch einen Ärzteausschuss oder sogar einen Invaliditätsausschuss, also durch Ausschüsse, deren Funktionsregeln Garantien in Bezug auf die Ausgewogenheit zwischen den Beteiligten und die Objektivität bieten (vgl. Urteil Allen/Kommission, Randnrn. 68 bis 70).

85      Folglich hat das Gericht, wenn es über die Weigerung, das Vorliegen einer schweren Krankheit anzuerkennen, entscheidet, eine weiter gehende Kontrolle auszuüben als bei Entscheidungen, die auf der Grundlage von Art. 73 oder Art. 78 des Statuts nach Tätigwerden des Ärzteausschusses oder des Invaliditätsausschusses erlassen werden. Dennoch ist klar, dass das Gericht nicht über die erforderliche medizinische Fachkenntnis verfügt, um eine ärztliche Beurteilung bestätigen oder aufheben oder sogar zwischen mehreren widersprüchlichen ärztlichen Beurteilungen entscheiden zu können (vgl. in diesem Sinne Urteil Allen/Kommission, Randnrn. 70 und 71).

86      Dazu ist festzustellen, dass die Kriterien der schweren Krankheit (Verkürzung der Lebenserwartung, chronischer Verlauf, Notwendigkeit aufwändiger Diagnose- und/oder Therapiemaßnahmen, Vorhandensein oder Risiko einer schweren Behinderung) in die Kategorie der ärztlichen Beurteilungen fallen, da, um über die Frage zu befinden, ob das eine oder das andere dieser Kriterien erfüllt ist, der Vertrauensarzt oder der Ärztebeirat des GKFS Tatsachen nicht nur feststellt, sondern diese wirklich beurteilt, wobei diese Beurteilung medizinische Fachkenntnis erfordert (Urteil Allen/Kommission, Randnr. 75).

87      Auch wenn sich jedoch die Kontrolle des Gerichts nicht auf ärztliche Beurteilungen im eigentlichen Sinne, wie solche, die die Schwere einer Krankheit betreffen, erstreckt, hat sich das Gericht, wenn, wie im vorliegenden Fall, ein Kläger die Beurteilung seiner Situation durch die Verwaltung anficht, indem er die ärztliche Stellungnahme, auf die sie sich stützt, kritisiert, zu vergewissern, dass der Vertrauensarzt eine konkrete und ausführliche Prüfung des ihm vorgelegten Falles durchgeführt hat. Insoweit hat die Verwaltung nachzuweisen, dass eine solche Beurteilung vorgenommen wurde (Urteil Allen/Kommission, Randnr. 76).

88      Nach der Stellungnahme des Vertrauensarztes vom 18. Mai 2010, den die Anstellungsbehörde gefragt hatte, ob die Krankheit, die zu dem chirurgischen Eingriff geführt hatte, dem sich die Klägerin unterzog, als schwere Krankheit nach Titel III Kapitel 5 Nr. 1 der ADB anerkannt werden könne oder nicht,

„…

2.      [kann] die Krankheit [der Klägerin], die zu dem chirurgischen Eingriff führte, … nach den Kriterien der ADB (Titel [III] Kapitel 5 Nr. 1) nicht als schwere Krankheit anerkannt werden.

Es handelt sich nämlich um eine orthopädische Krankheit …

Diese Krankheit führt ihrer Art nach zu keiner ungünstigen Lebenserwartung; außerdem befand sich die Patientin selbst während der Krankenhausbehandlung nie in Lebensgefahr.

Derzeit ist der Zustand der Patientin laut dem [die Klägerin] behandelnden Facharzt für Orthopädie (Gutachten vom 22. [März] 2010) durchaus zufriedenstellend.

‚Das klinische und radiologische Ergebnis ist hervorragend‘ …

Zumindest zwei der wesentlichen Kriterien für die Anerkennung als schwere Krankheit, nämlich die ungünstige Lebenserwartung und das gegenwärtige Vorhandensein oder Risiko eines schweren Gebrechens oder einer schweren Behinderung, sind nicht erfüllt.“

89      Es ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin im vorliegenden Fall das Verfahren nach Titel III Kapitel 5 Nr. 3 der ADB für Anträge auf Anerkennung als schwere Krankheit nicht befolgte, wobei diese Anerkennung, wird sie erlangt, die 100%ige Übernahme der durch die schwere Krankheit verursachten Kosten ab dem Ausstellungsdatum des ärztlichen Gutachtens in der Beilage zum Antrag auf Anerkennung für höchstens fünf Jahre zur Folge hat, sondern sich darauf beschränkte, anlässlich ihrer Äußerung zur Zahlungsaufstellung Nr. 10 und in ihrer Beschwerde zu beantragen, dass nur für die Erstattung von 100 % ihrer Krankenhauskosten die Krankheit, die diese verursacht habe, als schwer anerkannt werde. Unter diesen Umständen musste die Würdigung der vier Kriterien nach Titel III Kapitel 5 Nr. 1 der ADB in Bezug auf die medizinische Situation der Klägerin unmittelbar vor ihrer Krankenhausbehandlung erfolgen.

90      Zum Kriterium des Vorhandensein oder Risikos einer schweren Behinderung ergibt sich jedoch aus dem Wortlaut der Stellungnahme des Vertrauensarztes vom 18. Mai 2010, dass sich dieses zum einen auf medizinische Daten aus einem Gutachten des die Klägerin behandelnden Facharztes für Orthopädie vom 23. März 2010, d. h. mehr als ein Jahr nach den chirurgischen Eingriffen, denen sich die Klägerin unterzogen hatte, stützt und sich zum anderen die Würdigung dieses Kriteriums auf die medizinische Situation der Klägerin im Mai 2010 und nicht im Februar 2009, unmittelbar vor der Krankenhausbehandlung, bezog.

91      Daraus folgt, dass die Möglichkeit des Risikos einer schweren Behinderung vor der Krankenhausbehandlung der Klägerin nicht ordnungsgemäß geprüft wurde.

92      Dieser Fehler bei der Anwendung der anwendbaren Vorschriften kann jedoch nicht zur Aufhebung der Entscheidung der Abrechnungsstelle führen, mit der die Einstufung als schwere Krankheit verweigert wurde. Es ergibt sich nämlich aus dem Wortlaut der Stellungnahme des Vertrauensarztes vom 18. Mai 2010 ebenfalls, dass der Vertrauensarzt sich nicht darauf beschränkte zu prüfen, ob ein einziges der vier Kriterien nach Titel III Kapitel 5 Nr. 1 der ADB erfüllt war oder nicht, sondern sich auch zu einem zweiten Kriterium äußerte, nämlich dem der ungünstigen Lebenserwartung. Dazu wies er in der angeführten Stellungnahme darauf hin, dass die orthopädische Krankheit, die zur Krankenhausbehandlung der Klägerin führte, ihrem Wesen nach keine ungünstige Lebenserwartung verursache und die Klägerin sich auch während der Krankenhausbehandlung nie in Lebensgefahr befunden habe.

93      Da die vier Kriterien für die Anerkennung als schwere Krankheit kumulativ sind und zwingend, wenn auch in unterschiedlichem Umfang, gemeinsam vorliegen müssen, genügte unter diesen Umständen die Tatsache, dass im vorliegenden Fall eines davon nicht erfüllt war, um die Anerkennung der Krankheit, die die Krankenhausbehandlung der Klägerin erforderlich machte, als schwere Krankheit zu verweigern. Folglich beging die Abrechnungsstelle keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler, als sie auf der Grundlage der Stellungnahme des Vertrauensarztes vom 18. Mai 2010, die das Fehlen der ungünstigen Lebenserwartung feststellte, die Krankheit der Klägerin nicht als schwere Krankheit ansah.

94      Da der einzige Klagegrund zur Stützung des dritten Klageantrags nicht begründet ist, ist die sich aus der streitigen Zahlungsaufstellung ergebende Entscheidung der Abrechnungsstelle, die Erstattung der Krankenhauskosten auf 85 % zu beschränken, da die Krankheit der Klägerin nicht als „schwer“ anzusehen ist, nicht aufzuheben.

 Zum fünften Klageantrag in der durch den ersten Antrag des ergänzenden Schriftsatzes präzisierten Fassung, gerichtet gegen die sich aus der streitigen Zahlungsaufstellung ergebende Entscheidung der Abrechnungsstelle, wonach als überhöht beurteilte Unterbringungskosten in Höhe von 28 800 Euro von den Klägern zu übernehmen sind

95      Zur Stützung dieses Klageantrags machen die Kläger als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und die Fürsorgepflicht geltend.

 Vorbringen der Parteien

96      Die Kläger stimmen der Beurteilung der Abrechnungsstelle zu, dass die von der Klinik Anthea in Rechnung gestellten Unterbringungskosten überhöht sind. Ein Betrag von 1 440 Euro pro Tag einschließlich Mehrwertsteuer sei ein im Verhältnis zu den erbrachten Leistungen, nämlich zum einen ein einfaches Zimmer normaler Größe mit einer aus einem Krankenhausbett und einem Stuhl bestehenden Standardmöblierung, das mit allen anderen Zimmern der Klinik identisch sei, und zum anderen ein Mahlzeitenservice, der nach Ansicht der Klägerin gewöhnlich und durchaus mittelmäßig gewesen ist, ein völlig überhöhter Satz.

97      Zur Frage, wer die von der Abrechnungsstelle als überhöht beurteilten Unterbringungskosten in Höhe von 28 800 Euro zu zahlen hat, machen die Kläger erstens geltend, dass die Abrechnungsstelle den an Unterbringungskosten in Rechnung gestellten Betrag angesichts seiner Höhe der Klinik Anthea nicht hätte bezahlen dürfen, ohne die Kläger vorab zu informieren. Diese Information hätte ihnen ermöglicht, gegen die Zahlung aufgrund der Tatsache, dass die Klinik Anthea der Klägerin vor der Krankenhausbehandlung mitgeteilt habe, die Unterbringungskosten würden 300 Euro pro Tag betragen, Einwände zu erheben. Das Vorgehen der Abrechnungsstelle habe die Kläger daran gehindert, rechtzeitig zu reagieren und habe sie vor die vollendete Tatsache gestellt, dass der von der Abrechnungsstelle als überhöht beurteilte Betrag ihnen auferlegt werde.

98      Zweitens habe die Verwaltung ihnen gegenüber zu keinem Zeitpunkt auf die Zweckdienlichkeit der Übermittlung eines die Unterbringungskosten betreffenden Kostenvoranschlags an die Abrechnungsstelle hingewiesen.

99      Drittens habe die Abrechnungsstelle ein nicht nur in Bezug auf die Kläger, sondern insbesondere auch in Bezug auf das GKFS, das dadurch einer nicht geschuldeten Zahlung ausgesetzt worden sei, unzulässiges und schwer schädigendes Verhalten an den Tag gelegt. Unter diesen Umständen hätte die Kommission, da sie allein gegen die Klinik Anthea hätte vorgehen können, um die Erstattung des zu viel Bezahlten zu erlangen, diesen Betrag nicht auf die Kläger überwälzen dürfen.

100    Viertens könne den Klägern jedenfalls der durch die fehlende Aufmerksamkeit, Umsicht und Vorsicht der Abrechnungsstelle verursachte Schaden nicht angelastet werden.

101    Nach Ansicht der Kommission ist das Vorbringen der Kläger nicht begründet.

102    Erstens beruhe die von der Abrechnungsstelle nach Stellungnahme des Ärztebeirats vorgenommene Zurechnung eines Teils der Unterbringungskosten, die im Vergleich zu den in dem Land, in dem sie angefallen seien, üblichen Kosten als überhöht anzusehen seien, an die Kläger auf Art. 20 Abs. 2 der Gemeinsamen Regelung. Dazu habe der Kläger eine Kopie des Schreibens vom 5. Februar 2009 erhalten, in dem die Abrechnungsstelle der Klinik mitgeteilt habe, dass sie die Krankenhauskosten der Klägerin übernehmen werde, und dem ein Informationsblatt des Amtes für die Feststellung und Abwicklung individueller Ansprüche (PMO; im Folgenden: Informationsblatt) über die Erstattungshöchstgrenzen und die Beitreibung der vorgeschossenen Beträge beigelegt gewesen sei, in dem insbesondere darauf hingewiesen worden sei, dass die vom GKFS bezahlten Beträge nicht notwendigerweise nach Art. 72 des Statuts erstattet würden, sondern sodann bei der angeschlossenen Person beigetrieben werden könnten.

103    Zweitens habe die Kommission, nachdem die Klägerin Einwände gegen die Zahlungsaufstellung Nr. 10 erhoben habe, mit der gebührenden Sorgfalt gehandelt, indem sie die Unterbringungsmodalitäten geprüft habe und der Klägerin hinreichende Erläuterungen habe zukommen lassen. Außerdem habe der Vertrauensarzt die Sache gemäß Art. 41 der Gemeinsamen Regelung dem Ärztebeirat vorgelegt, der seine Stellungnahme bei der Sitzung am 10. Dezember 2009 abgegeben habe. Es ergebe sich aus dem Protokoll dieser Sitzung, dass die Berechnung der erstattungsfähigen Kosten auf der Grundlage der anwendbaren Rechtsvorschriften erfolgt sei und als Bezugswert die üblichen Kosten für dieselbe Art von Unterbringung in dem Land, in dem sie angefallen seien, verwendet worden seien.

 Würdigung durch das Gericht

104    Es steht fest, dass nach Art. 20 Abs. 2 der Gemeinsamen Regelung bei Leistungen, für die es keine Erstattungshöchstgrenzen gibt, wie die Unterbringungskosten im Fall einer Krankenhausbehandlung, für den Teil der Kosten, der im Vergleich zu den üblichen Kosten in dem Land, in dem sie angefallen sind, als überhöht gilt, keine Erstattung erfolgt. Ferner steht fest, dass nach derselben Bestimmung der als überhöht geltende Kostenanteil von der Abrechnungsstelle des GKFS im Einzelfall bestimmt wird.

105    Im vorliegenden Fall sind sich die Parteien darüber einig, dass der von der Klinik Anthea in Rechnung gestellte Satz von 1 440 Euro pro Tag im Vergleich zu den in Italien üblichen durchschnittlichen Kosten dieser Art von Leistung, jedoch insbesondere im Vergleich zum Satz von 300 Euro einschließlich Mehrwertsteuer, der der Klägerin vor ihrer Krankenhausbehandlung mündlich von einem Mitarbeiter der Klinik Anthea mitgeteilt worden war, überhöht ist. Dazu hat die Klägerin die Erklärung eines Zeugen, der sich bei ihr befand, als sie sich am 13. Januar 2009 bei der Klinik Anthea über den Unterbringungssatz informierte, zu den Akten eingereicht. Aus der von den Klägern vorgelegten Zeugenaussage ergibt sich, dass sich nach den mündlichen Angaben dieses Mitarbeiters die Sätze der Klinik Anthea damals auf 216 Euro pro Tag beliefen, wenn der Patient das Zimmer teilte und dem allgemeinen Recht der sozialen Sicherheit unterstand, und 300 Euro pro Tag, wenn der Patient allein im Zimmer und privat versichert war.

106    Die Parteien sind jedoch unterschiedlicher Ansicht bezüglich der Frage, ob, wie die Kläger vorbringen, die von der Abrechnungsstelle als überhöht beurteilten Unterbringungskosten, d. h. 28 800 Euro, der Abrechnungsstelle aufzuerlegen seien, da sie sich nicht mit den Klägern in Verbindung gesetzt habe, bevor sie die Rechnung der Klinik Anthea bezahlt habe, oder ob sie, wie die Kommission geltend macht, vom Kläger zu übernehmen und von seinem Ruhegehalt abzuziehen seien.

107    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit für angeschlossene Personen, nach Art. 30 der Gemeinsamen Regelung Vorschüsse zu erhalten, damit sie größere Ausgaben bestreiten können, und zwar in Form einer Kostenübernahme bei Krankenhausaufenthalten, für sie einen unbestreitbaren Vorteil darstellt. Durch die systematische Übermittlung des Informationsblatts an die Krankheitsfürsorge-Berechtigten bei der Einreichung eines Antrags auf Kostenübernahme könnten diese ermutigt werden, sich insbesondere beim Krankenhaus über die möglichen Kosten zu informieren, denen sie ausgesetzt sein könnten, und diese mit den geltenden ADB zu vergleichen, um beträchtliche Auslagen zu vermeiden, die vom GKFS nicht erstattet werden und somit ihnen verbleiben. Insoweit ist hinzuzufügen, dass die ADB für die Unterbringungskosten während einer Krankenhausbehandlung keine Höchstgrenze vorsehen.

108    Im vorliegenden Fall erhielt die Klägerin, obwohl sie sich bei der Klinik Anthea über die von dieser verrechneten Unterbringungskosten informierte, nur mündliche Informationen und kein schriftliches Dokument mit Beweiswert. Auch wenn es jedoch für die angeschlossenen Personen wünschenswert ist, über ein solches Dokument zu verfügen, besteht doch keine Bestimmung, weder in der Gemeinsamen Regelung noch in den ADB, nach der sie verpflichtet wären, einen ordnungsgemäßen Kostenvoranschlag einzuholen und ihn mit dem Antrag auf Kostenübernahme an die Abrechnungsstelle zu übermitteln.

109    Unter diesen Umständen kann man den Klägern nicht vorwerfen, sie hätten irgendeine Verpflichtung oder Rechtsnorm missachtet. Zum einen konnten sie nämlich mangels Höchstgrenze in den ADB für die Unterbringungskosten im Fall einer Krankenhausbehandlung den ihnen von der Klinik Anthea angekündigten Kostenbetrag nicht mit dem möglicherweise erstattungsfähigen Betrag vergleichen. Selbst angenommen, dass sie sich mit der Abrechnungsstelle in Verbindung gesetzt hätten, um anzufragen, ob Unterbringungskosten in Höhe von 300 Euro pro Tag erstattet würden, wäre dies zum anderen jedenfalls bejaht worden, da die Abrechnungsstelle in der Zahlungsaufstellung Nr. 10 diese Kosten in Höhe von 720 Euro pro Tag erstattete.

110    Die Kommission spielt im Rahmen der Übernahme der Krankenhauskosten eine Doppelrolle.

111    Zum einen muss nach Art. 27 der Verordnung Nr. 1605/2002, der für die Bewirtschaftung des GKFS nach Art. 43 der Gemeinsamen Regelung entsprechend gilt, die Kommission sicherstellen, dass die Einnahmen und Ausgaben nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung, d. h. sparsam, wirtschaftlich und wirksam, ausgeführt werden.

112    Dazu ergibt sich aus Art. 52 der Gemeinsamen Regelung, dass die Kommission das GKFS für die anderen Organe bewirtschaftet und die Pflicht hat, die Vorschriften für die Erstattung der Krankheitskosten mit dem Ziel festzulegen, das finanzielle Gleichgewicht des Systems zwischen Einnahmen und Ausgaben zu erhalten. Nach dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung haben die Kommission und als Folge davon die Abrechnungsstellen des GKFS, deren Schaffung zu ihren Aufgaben als Bewirtschafter gehört und deren Kontrolle in Bezug auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung vom Zentralbüro sichergestellt wird, daher darauf zu achten, dass nicht Mittel des GKFS verwendet werden, um Krankenhausrechnungen zu bezahlen, deren Beträge auf den ersten Blick im Vergleich zu den durchschnittlichen Kosten ähnlicher Leistungen in dem Land, in dem sie angefallen sind, übermäßig sind. Im vorliegenden Fall war die Abrechnungsstelle aufgrund ihres Sitzes besonders gut geeignet, die von den Krankenhäusern in Italien im Bereich der Unterbringung durchschnittlich praktizierten Preise zu kennen und auf das, was die Klinik Anthea in Rechnung gestellt hatte, im vorliegenden Fall 57 600 Euro für die Unterbringung der Klägerin während 40 Tagen, zu reagieren.

113    Zum anderen ist die Kommission im Rahmen der Übernahme der Krankenhauskosten gegenüber dem Personal der Unionsorgane, d. h. den Krankheitsfürsorge-Berechtigten, durch die Fürsorgepflicht gebunden.

114    Aufgrund dieser Fürsorgepflicht sind die Kommission und, als Folge davon, die Abrechnungsstellen des GKFS, wenn sie eine Rechnung wie die erhalten, die von der Klinik Anthea der Abrechnungsstelle übermittelt wurde, nämlich eine Rechnung über einen sehr hohen Betrag, in der zwar die ärztlichen Leistungen aufgelistet und beschrieben werden, die Unterbringung jedoch schlicht und einfach mit 40 Tagen zum Satz von 1 440 Euro pro Tag, ohne Einzelheiten zur Art des Zimmers oder zu Zusatzleistungen, die einen so hohen Betrag rechtfertigen könnten, in Rechnung gestellt wird, verpflichtet, eine solche Rechnung auch bei Vorliegen einer Kostenübernahme nicht sofort zu bezahlen, sondern zuerst schriftliche Erkundigungen bei dem die Rechnung ausstellenden Krankenhaus einzuholen und auch die angeschlossene Person zu informieren, der die Abrechnungsstelle letztlich in den meisten Fällen zumindest einen Prozentsatz der in Rechnung gestellten Krankenhauskosten und möglicherweise, wie im vorliegenden Fall, die gesamten als überhöht beurteilten Kosten verrechnen wird.

115    In der vorliegenden Rechtssache hätten die Kläger, wenn sich die Abrechnungsstelle mit ihnen vor der Zahlung der ihr von der Klinik Anthea übermittelten Rechnung in Verbindung gesetzt hätte, rechtzeitig geltend machen können, dass der ihnen mitgeteilte Preis für die Unterbringung 300 Euro pro Tag betragen habe.

116    Durch das Verhalten der Abrechnungsstelle, das darin bestand, die Rechnung zu bezahlen, ohne Fragen zu stellen, sind hingegen zum einen die Ausgaben des GKFS in ungerechtfertigter Weise gestiegen, da statt einer Erstattung von 85 % der Unterbringungskosten für 30 Tage zum Satz von 300 Euro pro Tag die Abrechnungsstelle eine Erstattung in Höhe von 720 Euro pro Tag gewährte.

117    Zum anderen wurden den Klägern nicht nur die 28 800 Euro an von der Abrechnungsstelle als überhöht beurteilten Unterbringungskosten auferlegt, sondern auch 15 % des 30 Unterbringungstagen entsprechenden Betrags zum Satz von 720 Euro pro Tag, während der ihnen auferlegte Betrag deutlich niedriger gewesen wäre, wenn die Unterbringung so wie der Klägerin angekündigt in Rechnung gestellt worden wäre.

118    Daher ist festzustellen, dass die Abrechnungsstelle und als Folge davon die Kommission, indem sie vor der Bezahlung der Rechnung keine Erläuterungen von der Klinik Anthea zu dem für die Unterbringung in Rechnung gestellten Betrag verlangten und die Kläger nicht von diesem Betrag informierten, gegenüber den Klägern sowohl gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung als auch gegen die Fürsorgepflicht verstoßen haben.

119    Da der zur Stützung des fünften Klageantrags geltend gemachte Klagegrund begründet ist, ist die sich aus der streitigen Zahlungsaufstellung ergebende Entscheidung der Abrechnungsstelle, die als überhöht beurteilten Unterbringungskosten von 28 800 Euro den Klägern aufzuerlegen, aufzuheben.

120    Nach alledem ist dem Antrag der Kläger, die vorgeschlagenen Anordnungen zur Beweisaufnahme zu erlassen, der Gegenstand des achten Klageantrags ist, nicht stattzugeben.

 Kosten

121    Nach Art. 87 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei vorbehaltlich der übrigen Bestimmungen des achten Kapitels ihres zweiten Titels auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Art. 88 der Verfahrensordnung sieht jedoch vor, dass „[e]ine Partei …, auch wenn sie obsiegt, zur Tragung eines Teils der Kosten oder sämtlicher Kosten verurteilt werden [kann], wenn dies wegen ihres Verhaltens, auch vor Klageerhebung, gerechtfertigt erscheint; dies gilt insbesondere, wenn sie der Gegenpartei Kosten ohne angemessenen Grund oder böswillig verursacht hat“.

122    Im vorliegenden Fall ergibt sich zwar aus den oben ausgeführten Gründen, dass die Kläger bezüglich der gegen die streitige Zahlungsaufstellung gerichteten Anträge nur teilweise obsiegen, was bedeutet, dass die Kommission hinsichtlich dieser Anträge nur teilweise unterliegt, doch ergibt sich daraus auch, dass das als rechtswidrig angesehene Verhalten der Abrechnungsstelle für die Kläger zu zusätzlichen Kosten geführt hat, da die Unterbringungskosten, die zu 85 % erstattet wurden, deutlich höher waren, als die, die die Kläger erwarten konnten.

123    Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles, und da die Anwendung von Art. 88 der Verfahrensordnung nicht nur auf Fälle beschränkt ist, in denen die Verwaltung den Klägern Kosten ohne angemessenen Grund oder böswillig verursacht hat, hat die Kommission ihre eigenen Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung zu tragen und wird zur Tragung der Kosten der Kläger einschließlich der Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung verurteilt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die sich aus der Zahlungsaufstellung Nr. 10 vom 1. Oktober 2009 ergebende Entscheidung der Abrechnungsstelle Ispra (Italien), die als überhöht beurteilten Unterbringungskosten von Frau Trampuz de Pretis Cagnodo in Höhe von 28 800 Euro Herrn de Pretis Cagnodo aufzuerlegen, wird aufgehoben.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Die Europäische Kommission trägt ihre gesamten eigenen Kosten und wird zur Tragung der gesamten Herrn de Pretis Cagnodo und Frau Trampuz de Pretis Cagnodo entstandenen Kosten verurteilt.

Rofes i Pujol

Boruta

Bradley

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. Mai 2013.

Die Kanzlerin

 

      Der Präsident

W. Hakenberg

 

      M. I. Rofes i Pujol


* Verfahrenssprache: Italienisch.