URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

12. Juli 2012(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftsbildmarke BASKAYA – Ältere internationale Bildmarke Passaia – Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke – Maßgebliches Gebiet – Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑170/11

Rivella International AG mit Sitz in Rothrist (Schweiz), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte C. Spintig, U. Sander und H. Förster, dann Rechtsanwälte C. Spintig, S. Pietzcker und R. Jacobs,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch R. Manea und G. Schneider als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

Baskaya di Baskaya Alim e C. Sas mit Sitz in Grosseto (Italien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Vogler,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 10. Januar 2011 (Sache R 534/2010‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Rivella International AG und der Baskaya di Baskaya Alim e C. Sas

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen sowie der Richter N. Wahl (Berichterstatter) und S. Soldevila Fragoso,

Kanzler: C. Heeren, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 17. März 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 6. Juli 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 27. Juni 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2012, an der die Klägerin und das HABM teilgenommen haben,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 25. Oktober 2007 meldete die Streithelferin, die Baskaya di Baskaya Alim e C. Sas, beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das folgende Bildzeichen:

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3        Die Marke wurde für folgende Waren in den Klassen 29, 30 und 32 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 29: „Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmuse; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette“;

–        Klasse 30: „Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffeeersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis“;

–        Klasse 32: „Biere; Mineralwässer und kohlesäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“.

4        Die Gemeinschaftsmarkenanmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 13/2008 vom 31. März 2008 veröffentlicht.

5        Am 30. Juni 2008 erhob die Klägerin, die Rivella International AG, nach Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) gegen die Eintragung der angemeldeten Marke einen Widerspruch, der mit dem Bestehen von Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) begründet wurde.

6        Der Widerspruch war auf die nachstehend wiedergegebene ältere internationale Bildmarke gestützt, die unter der Nr. 470 542 am 30. Juni 1992, verlängert bis zum 30. Juni 2012, mit Wirkung für Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien, Österreich und die Benelux-Staaten und für folgende Produkte der Klasse 32 eingetragen worden war: „Biere, Ale und Porter; Mineralwässer und kohlesäurehaltige Wässer und andere nicht‑alkoholische Getränke; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“:

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7        Auf die Aufforderung, die Benutzung der älteren Marke nachzuweisen, erklärte die Klägerin am 31. März 2009, sie erhalte den Widerspruch nur für den deutschen Teil der internationalen Registrierung aufrecht, und legte mehrere Schriftstücke zum Nachweis der Benutzung in der Schweiz vor. Sie berief sich insoweit auf Art. 5 des Übereinkommens vom 13. April 1892 zwischen Deutschland und der Schweiz betreffend den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz (im Folgenden: Übereinkommen von 1892). Nach diesem Übereinkommen komme die Benutzung in der Schweiz einer solchen in Deutschland gleich.

8        Mit Entscheidung vom 8. Februar 2010 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch wegen fehlenden Nachweises der Benutzung der älteren Marke zurück. Sie stellte fest, dass die Widerspruchsmarke nach den vorgelegten Unterlagen nur in der Schweiz benutzt worden sei, und verneinte die Anwendbarkeit des Übereinkommens von 1892.

9        Am 7. April 2010 erhob die Klägerin beim HABM Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung.

10      Mit Entscheidung vom 10. Januar 2011 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde mit der Begründung zurück, dass die ernsthafte Benutzung der älteren Widerspruchsmarke nur für die Schweiz nachgewiesen worden sei. Die einzig maßgebliche Regelung sei die der Verordnung Nr. 207/2009, speziell deren Art. 42 Abs. 2 und 3, wonach die ältere Marke in dem Mitgliedstaat ernsthaft benutzt worden sein müsse, in dem sie geschützt sei.

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

12      Das HABM und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

13      Die Klägerin stützt ihre Klage auf einen einzigen Klagegrund, mit dem sie einen Verstoß gegen Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 geltend macht.

14      Vorab ist festzustellen, dass erstens unstreitig ist, dass die Streithelferin im Rahmen des Widerspruchsverfahrens den Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke verlangt hat.

15      Zweitens ist festzustellen, dass die Klägerin keinen Beweis dafür vorgelegt hat, dass die ältere Marke in Deutschland benutzt worden war, da die Benutzungsnachweise ausschließlich die Schweiz betrafen.

16      Allerdings ist die Klägerin insoweit der Auffassung, dass der Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke in der Schweiz ausreicht, um den Widerspruch gegen die angemeldete Marke zu stützen.

17      Sie verweist in diesem Zusammenhang auf Art. 5 Abs. 1 des Übereinkommens von 1892, nach dessen Wortlaut „[d]ie Rechtsnachteile, welche nach den Gesetzen der vertragschließenden Teile eintreten, wenn eine Erfindung, ein Muster oder Modell, eine Handels- oder Fabrikmarke nicht innerhalb einer bestimmten Frist ausgeführt, nachgebildet oder angewendet wird, … auch dadurch ausgeschlossen werden [sollen], dass die Ausführung, Nachbildung oder Anwendung in dem Gebiete des anderen Teiles erfolgt“.

18      Hierzu macht die Klägerin geltend, dass der deutsche Teil einer internationalen Registrierung nach dem Übereinkommen von 1892 als in Deutschland „benutzt“ angesehen wird, wenn er in der Schweiz „benutzt“ wird.

19      Das Übereinkommen von 1892 sei Bestandteil des deutschen Rechts, und die internationale Marke, deren Schutz sich auf Deutschland erstrecke, dürfe nur nach diesem Recht beurteilt werden. Hieraus folge, dass sich das für die Beurteilung der Benutzungsnachweise maßgebliche Gebiet auf die Schweiz erstrecke.

20      Die Klägerin zieht auch in Zweifel, dass ein Nachweis der ernsthaften Benutzung für eine internationale Marke in Anwendung von Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 verlangt werden könne.

21      Das Gericht stellt fest, dass die ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke in der Schweiz im vorliegenden Fall nicht bestritten wird. Daher ist es zweckmäßig, zunächst die in der vorliegenden Rechtssache relevante Frage des territorialen Aspekts der ernsthaften Benutzung zu behandeln, und sodann den von der Klägerin zum Ausdruck gebrachten Zweifel daran, dass ein Nachweis der ernsthaften Benutzung für eine internationale Marke in Anwendung von Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 verlangt werden kann.

22      Was erstens den territorialen Aspekt der Markenbenutzung und genauer die Frage betrifft, für welches Gebiet der Nachweis der Benutzung der älteren Marke erbracht werden muss, ist darauf hinzuweisen, dass es im vorliegenden Fall um ein Widerspruchsverfahren des Gemeinschaftsrechts geht. Deshalb sind auf dieses Verfahren die relevanten Bestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009 sowie der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. L 303, S. 1) in geänderter Fassung anwendbar.

23      Art. 42 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 bestimmt: „Auf Verlangen des Anmelders hat der Inhaber einer älteren Gemeinschaftsmarke, der Widerspruch erhoben hat, den Nachweis zu erbringen, dass er innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke die ältere Gemeinschaftsmarke in der Gemeinschaft für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist und auf die er sich zur Begründung seines Widerspruchs beruft, ernsthaft benutzt hat, oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen, sofern zu diesem Zeitpunkt die ältere Gemeinschaftsmarke seit mindestens fünf Jahren eingetragen ist. Kann er diesen Nachweis nicht erbringen, so wird der Widerspruch zurückgewiesen.“

24      Zudem ist nach Art. 42 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 „Absatz 2 … auf ältere nationale Marken im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle der Benutzung in der Gemeinschaft die Benutzung in dem Mitgliedstaat tritt, in dem die ältere Marke geschützt ist“.

25      Außerdem muss sich nach Regel 22 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 in geänderter Fassung der Benutzungsnachweis auf den Ort, die Zeit, den Umfang und die Art der Benutzung der älteren Marke beziehen

26      Aus den vorstehend zitierten Vorschriften ergibt sich, dass die Fragen, die mit den eingereichten Nachweisen zur Stützung der Gründe für den Widerspruch gegen eine Gemeinschaftsmarkenanmeldung zusammenhängen, ebenso wie die Fragen, die den territorialen Aspekt der Markenbenutzung betreffen, in den einschlägigen Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009 geregelt werden, ohne dass es erforderlich wäre, auf irgendeine Vorschrift des innerstaatlichen Rechts der Mitgliedstaaten Bezug zu nehmen.

27      Dass Widersprüche gegen die Eintragung von Gemeinschaftsmarken auf ältere nationale oder internationale Marken gestützt werden können, bedeutet entgegen der Auffassung der Klägerin nicht, dass das nationale Recht, das für die dem Widerspruch zugrunde liegende nationale Marke gilt, das maßgebliche Recht für ein gemeinschaftsrechtliches Widerspruchsverfahren wäre.

28      Zwar dient das innerstaatliche Recht als Bezugspunkt, wenn einschlägige Vorschriften in der Verordnung Nr. 207/2009 oder gegebenenfalls in der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (kodifizierte Fassung) (ABl. L 299, S. 25) fehlen.

29      So verhält es sich hinsichtlich des Eintragungsdatums einer in einem gemeinschaftsrechtlichen Widerspruchsverfahren geltend gemachten älteren Marke. Der Verordnung Nr. 207/2009 kann nicht entnommen werden, von welchem Zeitpunkt an ältere nationale Marken in jedem einzelnen Mitgliedstaat als eingetragen anzusehen sind, so dass diese Frage unter das innerstaatliche Recht des betreffenden Mitgliedstaats fällt. Ferner ist das nationale Markenrecht zwar durch die Richtlinie 2008/95 harmonisiert worden, doch hat diese, wie aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007, Häupl (C‑246/05, Slg. 2007, I‑4673, Randnrn. 26 bis 31), hervorgeht, nicht die Verfahren zur Eintragung von Marken harmonisiert, so dass es Sache des Mitgliedstaats ist, für den die Marke angemeldet worden ist, den Zeitpunkt festzulegen, zu dem das Eintragungsverfahren nach seinen eigenen Verfahrensvorschriften endet (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. April 2011, Lancôme/HABM – Focus Magazin Verlag [ACNO FOCUS], T‑466/08, Slg. 2011, II‑1831, Randnrn. 30 und 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Allerdings trifft dies, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen gibt, nicht für die Bestimmung des Gebiets zu, für das die Benutzung der älteren Marke nachgewiesen werden muss. Diese Frage wird von der Verordnung Nr. 207/2009 erschöpfend geregelt, ohne dass auf das nationale Recht Bezug genommen werden müsste.

31      Gemäß den oben angeführten Vorschriften muss die ernsthafte Benutzung einer älteren Marke, gleichviel ob es sich um eine Gemeinschaftsmarke, eine nationale oder eine internationale Marke handelt, in der Europäischen Union oder im betreffenden Mitgliedstaat nachgewiesen werden.

32      Daher ist das Argument der Klägerin zurückzuweisen, wonach die Beschwerdekammer § 26 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz) hätte berücksichtigen müssen.

33      Außerdem setzt auch das harmonisierte Markenrecht der Mitgliedstaaten eine zwingende Benutzung im betreffenden Mitgliedstaat voraus (vgl. Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95). Es ist auch zu beachten, dass das Erfordernis der ernsthaften Benutzung – unter Vermeidung der in dieser Richtlinie vorgesehenen Sanktionen – in das nationale Recht umgesetzt wurde (§ 26 Markengesetz). Dass die Bundesrepublik Deutschland im innerstaatlichen Recht gegebenenfalls Art. 5 des Übereinkommens von 1892 anwendet, einer zweiseitigen Übereinkunft, die gemäß Art. 351 AEUV die Union nicht bindet, hat indessen keine Auswirkungen auf den vorliegenden Fall.

34      So hat der Gerichtshof in der Rechtssache, in der das Urteil des Gerichtshofs vom 13. September 2007, Il Ponte Finanziaria/HABM (C‑234/06 P, Slg. 2007, I‑7333, Randnrn. 101 bis 103), ergangen ist, festgestellt, dass das Vorbringen, dass sich der Inhaber einer eingetragenen nationalen Marke, der Widerspruch gegen eine Gemeinschaftsmarkenanmeldung erhebt, auf eine ältere Marke, deren Benutzung nicht nachgewiesen ist, deshalb stützen könne, weil diese nach nationalen Rechtsvorschriften eine Defensivmarke sei, mit Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 nicht vereinbar ist.

35      Da es auf das nationale Recht im vorliegenden Fall nicht ankommt, ist die Bezugnahme der Klägerin auf die Begründung für die Änderung des Patentgesetzes, des Markengesetzes und anderer Gesetze, was die Anwendbarkeit des Übereinkommens von 1892 sowie die Umsetzung der Markenrichtlinie in das deutsche Recht betrifft, für die Entscheidung über den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich. Das Gleiche gilt für die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Auslegung des nationalen Rechts.

36      Schließlich würde der Klägerin zufolge durch die Nichtanwendung des Übereinkommens von 1892 die Einheitlichkeit der Gemeinschaftsmarke im Rahmen des Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 durchbrochen, wenn sie vor den deutschen Gerichten verlangen würde, die Nutzung der angemeldeten Marke in Deutschland zu untersagen, da das deutsche Recht, zu dem das Übereinkommen von 1892 gehöre, noch immer anwendbar sei. Soweit die Klägerin der Auffassung ist, dass die Beurteilung durch die Beschwerdekammer einen Verstoß gegen den Grundsatz der Einheitlichkeit der Gemeinschaftsmarke darstellt, genügt der Hinweis auf die Erwägungsgründe 4 und 6 der Verordnung Nr. 207/2009. Aus diesen ergibt sich die Koexistenz der nationalen Systeme und des Gemeinschaftssystems. Ferner geht aus dem dritten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 207/2009 hervor, dass dieser Grundsatz nicht uneingeschränkt gilt, wie die Klägerin selbst durch ihre Bezugnahme auf die Art. 111 und 165 der Verordnung Nr. 207/2009 anerkannt hat.

37      Was zweitens die Möglichkeit betrifft, einen Nachweis der ernsthaften Benutzung für eine internationale Marke zu verlangen, weist das Gericht hinsichtlich des Vorbringens der Klägerin, wonach dem der Umstand entgegenstehe, dass Art. 42 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 nur nationale Marken nenne, darauf hin, dass in Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung klargestellt wird, was unter „älteren Marken“ zu verstehen ist. Gemäß Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. iii gehören dazu u. a. mit Wirkung für einen Mitgliedstaaten international registrierte Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke.

38      Ebenso bestimmen Art. 4 Abs. 1 des Madrider Abkommens über die internationale Registrierung von Marken vom 14. April 1891 in revidierter und geänderter Fassung und Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Protokolls zum Madrider Abkommen, dass die Marke in jedem der beteiligten Vertragsländer ebenso geschützt ist, wie wenn sie unmittelbar bei der Behörde dieses Vertragslandes hinterlegt worden wäre.

39      Somit ist der Verweis auf Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 in Art. 42 Abs. 3 der Verordnung dahin zu verstehen, dass die „mit Wirkung für einen Mitgliedstaat international registrierten Marken“ den „nationalen Marken“ gleichzustellen sind.

40      Daher ist der von der Klägerin geäußerte Zweifel an der Anwendbarkeit von Art. 42 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 auf internationale Marken nicht begründet.

41      Damit ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer berechtigt war, den Widerspruch mangels Nachweises der ernsthaften Benutzung der älteren Marke in Deutschland gemäß Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 zurückzuweisen.

42      Nach alledem ist der einzige Klagegrund zurückzuweisen und die Klage somit insgesamt abzuweisen.

 Kosten

43      Nach Art. 87 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Rivella International AG trägt die Kosten.

Kanninen

Wahl

Soldevila Fragoso

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Juli 2012.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.