Rechtssache C‑209/13
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland
gegen
Rat der Europäischen Union
„Gemeinsames Finanztransaktionssteuersystem – Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit nach Art. 329 Abs. 1 AEUV – Beschluss 2013/52/EU – Klage auf Nichtigerklärung wegen Verstoßes gegen die Art. 327 AEUV und 332 AEUV sowie gegen Völkergewohnheitsrecht“
Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 30. April 2014
1. Gerichtliches Verfahren – Klageschrift – Formerfordernisse – Ermittlung des Streitgegenstands – Kurze Darstellung der Klagegründe – Eindeutige Formulierung der Anträge des Klägers
(Verfahrensordnung des Gerichtshofs, Art. 120 Buchst. c)
2. Europäische Union – Verstärkte Zusammenarbeit – Beschluss über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit – Klage auf Nichtigerklärung dieses Beschlusses – Gerichtliche Überprüfung – Grenzen
(Art. 20 EUV; Art. 326 AEUV bis 334 AEUV)
3. Europäische Union – Verstärkte Zusammenarbeit – Einführung einer Finanztransaktionssteuer – Beschluss 2013/52 – Fehlen von Bestimmungen in diesem Beschluss über die Besteuerungsgrundsätze und die sich aus dieser Zusammenarbeit ergebenden Auslagen – Wirkung dieses Beschlusses auf die nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten, die nicht geprüft werden kann, solange die Besteuerungsgrundsätze für diese Steuer nicht festgelegt worden sind
(Beschluss 2013/52 des Rates)
1. Siehe Text der Entscheidung.
(vgl. Rn. 30-32)
2. Im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung eines Beschlusses des Rates, der die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit auf der Grundlage von Art. 329 AEUV betrifft, bezieht sich die Kontrolle des Gerichtshofs auf die Frage, ob dieser Beschluss insbesondere im Hinblick auf Art. 20 EUV und die Art. 326 AEUV bis 334 AEUV, in denen die materiellen und formellen Voraussetzungen für eine solche Ermächtigung festgelegt sind, als solcher gültig ist.
Diese Kontrolle darf nicht mit der Kontrolle verwechselt werden, die im Rahmen einer späteren Nichtigkeitsklage über einen Rechtsakt zur Durchführung der Verstärkten Zusammenarbeit, zu der ermächtigt wurde, ausgeübt werden kann.
(vgl. Rn. 33, 34)
3. Der Beschluss 2013/52 über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer soll elf Mitgliedstaaten ermächtigen, unter Beachtung der einschlägigen Bestimmungen der Verträge untereinander eine Verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines gemeinsamen Finanztransaktionssteuersystems zu begründen.
Dabei sind zum einen die Besteuerungsgrundsätze („Gegenparteiprinzip“ und „Ausgabeortprinzip“) keine Bestandteile dieses Beschlusses. Zum anderen enthält der angefochtene Beschluss keine Bestimmung zur Frage der Kosten für die Durchführung der Verstärkten Zusammenarbeit, zu der er ermächtigt.
Im Übrigen ist offenkundig, dass unabhängig davon, ob der Begriff der „sich aus der Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit ergebenden Auslagen“ im Sinne von Art. 332 AEUV die Kosten für die Amtshilfe und die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden erfasst, die Frage möglicher Wirkungen der zukünftigen Finanztransaktionssteuer auf die Verwaltungskosten nicht teilnehmender Mitgliedstaaten nicht geprüft werden kann, solange die Besteuerungsgrundsätze für diese Steuer im Rahmen der Durchführung der Verstärkten Zusammenarbeit, zu der dieser Beschluss ermächtigt, nicht endgültig festgelegt worden sind.
(vgl. Rn. 36-38)