URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

21. September 2023(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen – Rahmenbeschluss 2002/584/JI – Europäischer Haftbefehl – Gründe für die Ablehnung der Vollstreckung – Art. 3 Nr. 2 – Grundsatz ne bis in idem – Begriff ‚dieselbe Handlung‘ – Komplex konkreter, untrennbar miteinander verbundener Umstände – Betrügerische Aktivitäten der gesuchten Person in zwei Mitgliedstaaten über zwei verschiedene juristische Personen und zum Nachteil verschiedener Opfer“

In der Rechtssache C‑164/22

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof, Spanien) mit Entscheidung vom 2. März 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 4. März 2022, in dem Verfahren wegen der Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls gegen

Juan,

Beteiligter:

Ministerio Fiscal,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, der Richter P. G. Xuereb, T. von Danwitz und A. Kumin (Berichterstatter) sowie der Richterin I. Ziemele,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Herrn Juan, vertreten durch M. Díaz Perales, Abogada, und R. Rodríguez Nogueira, Procurador,

–        der spanischen Regierung, vertreten durch A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Baquero Cruz und M. Wasmeier als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 45, Art. 49 Abs. 3 und Art. 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta), von Art. 54 des am 19. Juni 1990 in Schengen (Luxemburg) unterzeichneten und am 26. März 1995 in Kraft getretenen Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. 2000, L 239, S. 19, im Folgenden: SDÜ), von Art. 4 Nr. 6 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. 2002, L 190, S. 1) in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 (ABl. 2009, L 81, S. 24) geänderten Fassung (im Folgenden: Rahmenbeschluss 2002/584), des Rahmenbeschlusses 2008/675/JI des Rates vom 24. Juli 2008 zur Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ergangenen Verurteilungen in einem neuen Strafverfahren (ABl. 2008, L 220, S. 32) sowie von Art. 8 Abs. 1 und 2 des Rahmenbeschlusses 2008/909/JI des Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union (ABl. 2008, L 327, S. 27).

2        Es ergeht im Rahmen der Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls in Spanien, der vom Tribunal Judicial da Comarca de Lisboa, Juízo Central Criminal de Lisboa, Juiz 16 (Bezirksgericht Lissabon, Zentrales Strafgericht Lissabon, Gericht 16, Portugal) zur Vollstreckung einer gegen Herrn Juan wegen schweren Betrugs verhängten Freiheitsstrafe ausgestellt wurde.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 SDÜ

3        In Titel III Kapitel 3 („Verbot der Doppelbestrafung“) Art. 54 SDÜ heißt es:

„Wer durch eine Vertragspartei rechtskräftig abgeurteilt worden ist, darf durch eine andere Vertragspartei wegen derselben Tat nicht verfolgt werden, vorausgesetzt, dass im Fall einer Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaats nicht mehr vollstreckt werden kann.“

 Rahmenbeschluss 2002/584

4        Art. 3 („Gründe, aus denen die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls abzulehnen ist“) des Rahmenbeschlusses 2002/584 bestimmt:

„Die Justizbehörde des Vollstreckungsstaats (nachstehend ‚vollstreckende Justizbehörde‘ genannt) lehnt die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls ab,

2.      wenn sich aus den der vollstreckenden Justizbehörde vorliegenden Informationen ergibt, dass die gesuchte Person wegen derselben Handlung von einem Mitgliedstaat rechtskräftig verurteilt worden ist, vorausgesetzt, dass im Fall einer Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsmitgliedstaats nicht mehr vollstreckt werden kann;

…“

5        Art. 4 („Gründe, aus denen die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls abgelehnt werden kann“) des Rahmenbeschlusses 2002/584 sieht vor:

„Die vollstreckende Justizbehörde kann die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls verweigern,

6.      wenn der Europäische Haftbefehl zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung ausgestellt worden ist, sich die gesuchte Person im Vollstreckungsmitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehöriger ist oder dort ihren Wohnsitz hat und dieser Staat sich verpflichtet, die Strafe oder die Maßregel der Sicherung nach seinem innerstaatlichen Recht zu vollstrecken;

…“

 Spanisches Recht

6        Art. 14 Abs. 2 der Ley orgánica 7/2014, sobre intercambio de información de antecedentes penales y consideración de resoluciones judiciales penales en la Unión Europea (Ley orgánica 7/2014 über den Austausch von Informationen über Vorstrafen und über die Berücksichtigung gerichtlicher Entscheidungen in Strafsachen in der Europäischen Union) vom 12. November 2014 (BOE Nr. 275 vom 13. November 2014, S. 93204) bestimmt:

„… [I]n anderen Mitgliedstaaten ergangene rechtskräftige Verurteilungen [haben] keine Auswirkungen auf folgende Entscheidungen und dürfen nicht zu deren Widerruf oder Überprüfung führen:

a)      zuvor von spanischen Gerichten erlassene rechtskräftige Entscheidungen und Entscheidungen zu deren Vollstreckung;

b)      Verurteilungen in späteren Verfahren in Spanien im Zusammenhang mit Straftaten, die vor einer Verurteilung durch das Gericht des anderen Mitgliedstaats begangen wurden;

c)      Beschlüsse, die nach Art. 988 Abs. 3 der Ley de Enjuiciamiento Criminal (Strafprozessordnung) erlassen wurden bzw. zu erlassen sind und mit denen die Grenzen für die Vollstreckung von Strafen, darunter die in Buchst. b genannten, festgelegt werden.“

7        Art. 988 Abs. 3 der Strafprozessordnung bestimmt im Wesentlichen, dass die in Art. 76 des Código Penal (Strafgesetzbuch) festgelegten Grenzen anzuwenden sind, wenn eine Person, die mehrere Straftaten begangen hat, in verschiedenen Verfahren wegen Taten verurteilt worden ist, die Gegenstand eines einzigen Verfahrens hätten sein können. Nach Art. 76 des Strafgesetzbuchs darf die Höchstdauer der tatsächlich vollstreckten Strafe das Dreifache der schwersten Strafe nicht überschreiten und grundsätzlich nicht mehr als 20 Jahre betragen.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

8        Bei der gesuchten Person handelt es sich um einen spanischen Staatsangehörigen, der in Spanien inhaftiert wurde und dort eine Freiheitsstrafe von elf Jahren und zehn Monaten verbüßt. Diese Strafe war gegen ihn wegen schweren Betrugs und Geldwäsche mit Urteil der Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof, Spanien) vom 13. Juli 2018 (im Folgenden: spanisches Urteil) verhängt worden, das mit Urteil des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) vom 4. März 2020 teilweise aufgehoben wurde.

9        Am 20. Januar 2020 wurde die gesuchte Person mit Urteil des Tribunal Judicial da Comarca de Lisboa, Juízo Central Criminal de Lisboa, Juiz 16 (Bezirksgericht Lissabon, Zentrales Strafgericht Lissabon, Gericht 16) wegen schweren Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt (im Folgenden: portugiesisches Urteil). Daraufhin wurde gegen ihn zum Zweck der Vollstreckung dieser Strafe ein Europäischer Haftbefehl erlassen und den zuständigen spanischen Behörden übermittelt (im Folgenden: in Rede stehender Europäischer Haftbefehl).

10      Aus dem in Rede stehenden Europäischen Haftbefehl geht hervor, dass die gesuchte Person seit dem 30. Mai 2001 Vorstandsvorsitzender einer in Portugal ansässigen Gesellschaft (im Folgenden: portugiesische Gesellschaft) war, die vollständig von einer in Spanien ansässigen Gesellschaft (im Folgenden: spanische Gesellschaft) kontrolliert wurde, bei der die gesuchte Person seit dem 29. Januar 2001 ebenfalls Vorstandsvorsitzender war.

11      Die Haupttätigkeit, die die portugiesische Gesellschaft in Portugal ausübte, entsprach jener der spanischen Gesellschaft in Spanien und bestand im Vertrieb von Anlageprodukten, bei denen garantiert wurde, dass sie am Ende der vertraglich festgelegten Laufzeit zu einem Wert zurückgekauft würden, der dem investierten Kapital zuzüglich Renditen entspräche, die höher sein sollten, als die von Finanzinstituten üblicherweise gebotenen. Hinter diesen Tätigkeiten verbarg sich jedoch in Wirklichkeit ein betrügerisches Schneeballsystem.

12      Da massenweise Privatpersonen zu diesen Anlageprodukten griffen, konnte die portugiesische Gesellschaft in außergewöhnlichem Maß wachsen und expandieren. Nachdem Ende April 2006 die spanischen Justizbehörden Ermittlungen gegen die spanische Gesellschaft eingeleitet hatten, stellte diese im Mai 2006 ihre Tätigkeiten in Spanien ein.

13      Als aufgrund des Tätigwerdens der portugiesischen Justizbehörden auch die portugiesische Gesellschaft keine Gelder mehr einnahm, kam diese Gesellschaft ihren Rückkaufverpflichtungen gegenüber den Anlegern nicht mehr nach, so dass diese letztlich alle erhebliche finanzielle Verluste erlitten.

14      In diesem Zusammenhang lehnte der Juzgado Central de Instrucción n° 1 de la Audiencia Nacional (Zentrales Ermittlungsgericht Nr. 1 des Nationalen Gerichtshofs, Spanien) mit Beschluss vom 20. Dezember 2021 die Vollstreckung des in Rede stehenden Europäischen Haftbefehls mit der Begründung ab, dass die gesuchte Person spanischer Staatsangehöriger sei, ordnete aber die Vollstreckung der in Portugal verhängten Strafe in Spanien an.

15      Die gesuchte Person, die gegen diesen Beschluss Berufung bei der Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof), dem vorlegenden Gericht, eingelegt hat, bringt vor, dass dem spanischen Urteil derselbe Sachverhalt wie dem portugiesischen Urteil zugrunde liege, und macht einen Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem geltend. Folglich könnten weder der in Rede stehende Europäische Haftbefehl noch das portugiesische Urteil vollstreckt werden.

16      Insoweit weist das vorlegende Gericht zum einen darauf hin, dass sich sowohl aus der Sachverhaltsdarstellung als auch aus der Begründung des spanischen Urteils ergebe, dass dieses im Wesentlichen die von der spanischen Gesellschaft in Spanien begangenen Betrugsfälle betreffe. Zum anderen betreffe das portugiesische Urteil im Wesentlichen die von der portugiesischen Gesellschaft ausschließlich in Portugal ausgeübte Tätigkeit. Außerdem seien die Geschädigten, die in diesen beiden Urteilen jeweils genannt würden, überhaupt nicht und die für die Taten Verantwortlichen nur zum Teil identisch. Unter Berücksichtigung der spanischen Rechtsprechung zum Grundsatz ne bis in idem neige das vorlegende Gericht daher zu der Auffassung, dass die „idem“‑Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht erfüllt zu sein scheine.

17      Allerdings sei selbst unter der Annahme, dass der Grundsatz ne bis in idem nicht anwendbar sei, gleichwohl davon auszugehen, dass es im vorliegenden Fall ein Zusammentreffen strafbarer Handlungen gebe, das als „fortgesetzte Straftat“ im Sinne des spanischen Strafrechts eingestuft werden könne. Eine solche fortgesetzte Straftat umfasse alle diese Handlungen – einschließlich der in Portugal begangenen –, für die eine einheitliche Strafe verhängt werden müsse.

18      Das vorlegende Gericht vertritt insoweit jedoch die Ansicht, dass in einem Fall wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, in dem die eine fortgesetzte Straftat bildenden Handlungen in zwei verschiedenen Verfahren verfolgt worden seien und zu zwei Entscheidungen verschiedener Gerichte in verschiedenen Mitgliedstaaten geführt hätten, weder das spanische Recht noch das Unionsrecht das Verfahren zur Festlegung der Strafobergrenze vorsähen.

19      Außerdem könne das vorlegende Gericht im vorliegenden Fall auch nicht den in Art. 988 Abs. 3 der Strafprozessordnung vorgesehenen spanischen Verfahrensmechanismus der Gesamtstrafe anwenden, um den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Strafen zu wahren.

20      Jedenfalls verstoße dieser Fall nicht nur gegen das in Art. 49 Abs. 3 der Charta verankerte Erfordernis der Verhältnismäßigkeit von Strafen im Rahmen der Ahndung von Straftaten, sondern auch gegen den im Rahmenbeschluss 2008/909 verankerten Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen und gegen die im Rahmenbeschluss 2008/675 vorgesehene Berücksichtigung von in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ergangenen Verurteilungen und beeinträchtige zudem die Wirksamkeit der Bestimmungen des Rahmenbeschlusses 2002/584, insbesondere seines Art. 4 Nr. 6, indem er sich auf die Freizügigkeit der Unionsbürger auswirke.

21      Unter diesen Umständen hat die Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Liegt im vorliegenden Fall eine Doppelbestrafungskonstellation im Sinne von Art. 50 der Charta und von Art. 54 SDÜ vor, weil es sich in Anbetracht der Reichweite, die die europäische Rechtsprechung diesem Begriff beimisst, um dieselbe Tat handelt, oder obliegt diese Beurteilung – unter Berücksichtigung der in dieser Entscheidung dargelegten Grundsätze, zu denen gehört, dass eine Zusammenfassung der Strafen erfolgen und eine Strafobergrenze nach den Kriterien der Verhältnismäßigkeit festgelegt werden muss, weil es sich um eine einzige, fortgesetzte Straftat handelt – dem vorlegenden Gericht?

2.      Sollte von keiner Doppelbestrafungskonstellation auszugehen sein, weil in Ansehung der in der vorliegenden Entscheidung dargelegten Kriterien keine vollständige Tatidentität besteht:

a)      Sind dann angesichts der im vorliegenden Fall gegebenen Umstände Einschränkungen der Wirkungen von Urteilen aus anderen Mitgliedstaaten der Union, wie sie in Art. 14 Abs. 2 der Ley Orgánica 7/2014 zur Umsetzung der europäischen Regelung in nationales Recht ausdrücklich vorgesehen sind, mit dem Rahmenbeschluss 2008/675 sowie mit Art. 45 und Art. 49 Abs. 3 der Charta und mit dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in der Europäischen Union vereinbar?

b)      Verletzt das Fehlen eines Verfahrens oder eines Mechanismus im spanischen Recht, der die Anerkennung von Urteilen, die von Gerichten anderer Mitgliedstaaten der Union erlassen worden sind, vorsieht und die Zusammenfassung, Anpassung oder Einhaltung von Obergrenzen von Strafen ermöglicht, so dass die Verhältnismäßigkeit dieser Strafen gewährleistet ist, wenn ein ausländisches Urteil in Spanien verbüßt werden muss und sich auf Tathandlungen bezieht, die mit anderen zu einem deliktischen Handlungs- oder Fortsetzungszusammenhang verbunden sind und in Spanien Gegenstand einer gerichtlichen Verurteilung waren, Art. 45 und Art. 49 Abs. 3 der Charta in Verbindung mit Art. 4 Nr. 6 des Rahmenbeschlusses 2002/584, Art. 8 Abs. 1 und 2 des Rahmenbeschlusses 2008/909 sowie im Allgemeinen den Grundsatz der Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in der Europäischen Union?

 Verfahren vor dem Gerichtshof

22      Gemäß Art. 107 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs hat das vorlegende Gericht zusammen mit der Einreichung seines Vorabentscheidungsersuchens beantragt, dieses dem Eilvorabentscheidungsverfahren zu unterwerfen. Zur Begründung seines Antrags hat das vorlegende Gericht ausgeführt, dass das Ausgangsverfahren „ein Strafverfahren [betrifft], in dem der Betroffene in einer Strafvollzugsanstalt inhaftiert ist, wo er eine Strafe von bestimmter Dauer verbüßt, ohne Gewissheit darüber zu haben, wie lange er seine Freiheitsstrafe letztlich zu verbüßen haben wird; dieses Verfahren berührt auch die Gestaltung des Vollzugs, die ihm erteilten Erlaubnisse zum Verlassen der Strafvollzugsanstalt, seinen Aufstieg im Rahmen der verschiedenen Strafvollzugsarten und die Berechnung der Zeit bis zur bedingten Entlassung in der letzten Phase der Vollstreckung seiner Strafe“.

23      Am 16. März 2022 hat der Gerichtshof auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts entschieden, dass diesem Antrag nicht stattzugeben ist, da die in Art. 107 der Verfahrensordnung vorgesehenen Voraussetzungen für die Dringlichkeit nicht erfüllt sind.

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

24      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es im Rahmen des durch Art. 267 AEUV geschaffenen Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof Aufgabe des Gerichtshofs, dem nationalen Gericht eine für die Entscheidung des bei diesem anhängigen Rechtsstreits sachdienliche Antwort zu geben. Aus diesem Blickwinkel obliegt es dem Gerichtshof gegebenenfalls, die ihm gestellten Fragen umzuformulieren. Der Umstand, dass ein nationales Gericht eine Vorlagefrage ihrer Form nach unter Bezugnahme auf bestimmte Vorschriften des Unionsrechts formuliert hat, hindert den Gerichtshof nicht daran, diesem Gericht alle Auslegungshinweise zu geben, die ihm bei der Entscheidung über die bei ihm anhängige Rechtssache von Nutzen sein können, und zwar unabhängig davon, ob es bei der Formulierung seiner Fragen darauf Bezug genommen hat oder nicht. Der Gerichtshof hat insoweit aus allem, was das einzelstaatliche Gericht vorgelegt hat, insbesondere aus der Begründung der Vorlageentscheidung, diejenigen Elemente des Unionsrechts herauszuarbeiten, die unter Berücksichtigung des Gegenstands des Rechtsstreits einer Auslegung bedürfen (Urteil vom 22. Juni 2022, Volvo und DAF Trucks, C‑267/20, EU:C:2022:494, Rn. 28).

25      Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass der Juzgado Central de Instrucción n° 1 de la Audiencia Nacional (Zentrales Ermittlungsgericht Nr. 1 des Nationalen Gerichtshofs) mit Beschluss vom 20. Dezember 2021 die Vollstreckung des in Rede stehenden Europäischen Haftbefehls mit der Begründung, dass die gesuchte Person ein spanischer Staatsangehöriger sei, abgelehnt, aber die Vollstreckung der in Portugal verhängten Strafe in Spanien angeordnet hat. Unter Berufung auf insbesondere Art. 3 Nr. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584 beanstandet die gesuchte Person diesen Beschluss vor dem vorlegenden Gericht und macht geltend, dass die Vollstreckung des in Rede stehenden Europäischen Haftbefehls mit der Begründung abgelehnt werden müsse, dass sie wegen derselben Handlung in einem Mitgliedstaat rechtskräftig verurteilt worden sei.

26      Unter diesen Umständen ist, ohne dass es Ausführungen zu Art. 50 der Charta oder Art. 54 SDÜ bedarf, davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seiner ersten Frage im Wesentlichen wissen möchte, ob Art. 3 Nr. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584 dahin auszulegen ist, dass er der Vollstreckung eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Europäischen Haftbefehls entgegensteht, wenn die Straftat, derentwegen die gesuchte Person im Vollstreckungsmitgliedstaat rechtskräftig verurteilt worden ist, und die Straftat, derentwegen diese Person im Ausstellungsmitgliedstaat verfolgt wird, nach dem Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats als „fortgesetzte Straftat“ einzustufen sind.

27      Art. 3 Nr. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584 nennt einen zwingenden Grund für die Ablehnung der Vollstreckung, nach dem die vollstreckende Justizbehörde die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls ablehnen muss, wenn sie darüber informiert wird, dass die gesuchte Person wegen derselben Handlung von einem Mitgliedstaat rechtskräftig verurteilt worden ist, vorausgesetzt, dass im Fall einer Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsmitgliedstaats nicht mehr vollstreckt werden kann.

28      Mit dieser Bestimmung soll vermieden werden, dass eine Person wegen derselben Handlung erneut strafrechtlich verfolgt oder verurteilt wird. Sie spiegelt den in Art. 50 der Charta niedergelegten Grundsatz ne bis in idem wider, nach dem niemand wegen derselben Straftat zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft werden darf (Urteil vom 25. Juli 2018, AY [Haftbefehl – Zeuge], C‑268/17, EU:C:2018:602, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Eine der Voraussetzungen nach Art. 3 Nr. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584 für die Ablehnung der Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls ist somit, dass die gesuchte Person „wegen derselben Handlung“ rechtskräftig verurteilt worden ist.

30      Zum Begriff „dieselbe Handlung“ hat der Gerichtshof ausgeführt, dass Art. 3 Nr. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584 in der gesamten Union autonom und einheitlich auszulegen ist, da diese Bestimmung in Bezug auf diesen Begriff nicht auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist (Urteil vom 29. April 2021, X [Europäischer Haftbefehl – Ne bis in idem], C‑665/20 PPU, EU:C:2021:339, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Außerdem ist dieser Begriff dahin auszulegen, dass er nur auf die tatsächliche Handlung abstellt, unabhängig von ihrer rechtlichen Qualifizierung oder dem geschützten rechtlichen Interesse, und einen Komplex konkreter, untrennbar miteinander verbundener Umstände umfasst (Urteil vom 29. April 2021, X [Europäischer Haftbefehl – Ne bis in idem], C‑665/20 PPU, EU:C:2021:339, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Insbesondere hat der Gerichtshof entschieden, dass die Identität der materiellen Tat als die Gesamtheit der konkreten Umstände zu verstehen ist, die sich aus Ereignissen ergeben, bei denen es sich im Wesentlichen um dieselben handelt, da dieselbe Person gehandelt hat und sie zeitlich sowie räumlich untrennbar miteinander verbunden sind (Urteil vom 23. März 2023, Generalstaatsanwaltschaft Bamberg [Ausnahme vom Grundsatz ne bis in idem], C‑365/21, EU:C:2023:236, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Dagegen findet der Grundsatz ne bis in idem keine Anwendung, wenn der fragliche Sachverhalt nicht identisch, sondern nur ähnlich ist (Urteil vom 23. März 2023, Generalstaatsanwaltschaft Bamberg [Ausnahme vom Grundsatz ne bis in idem], C‑365/21, EU:C:2023:236, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Außerdem kann nicht schon dann auf die Identität des Sachverhalts geschlossen werden, wenn in einem bestimmten Urteil ein tatsächlicher Umstand, der sich auf das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats bezieht, erwähnt wird. Zu prüfen ist darüber hinaus, ob das Gericht, das dieses Urteil erlassen hat, in der Tat auf diesen tatsächlichen Umstand eingegangen ist, um den Verstoß sowie die Verantwortlichkeit des Beschuldigten dafür festzustellen und gegebenenfalls eine Sanktion gegen ihn zu verhängen, damit davon auszugehen ist, dass der Verstoß das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaats umfasst (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. März 2022, Nordzucker u. a., C‑151/20, EU:C:2022:203, Rn. 44).

35      Die Prüfung, ob im vorliegenden Fall die Tat, die Gegenstand des portugiesischen Urteils ist, in dem oben in den Rn. 30 bis 34 beschriebenen Sinne mit derjenigen identisch ist, die von den spanischen Gerichten rechtskräftig abgeurteilt worden ist, obliegt dem für die Tatsachenfeststellungen allein zuständigen vorlegenden Gericht. Gleichwohl kann der Gerichtshof dem vorlegenden Gericht Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts im Rahmen der Beurteilung der Identität der Taten geben (Urteil vom 23. März 2023, Generalstaatsanwaltschaft Bamberg [Ausnahme vom Grundsatz ne bis in idem], C‑365/21, EU:C:2023:236, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      Insoweit geht aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte hervor, dass die gesuchte Person ihre in Spanien ausgeübte betrügerische Tätigkeit in Portugal wiederholt hat. Auch wenn es sich somit um Tätigkeiten handelt, die demselben Modus Operandi folgten, wurden sie doch mittels verschiedener juristischer Personen durchgeführt, von denen die eine die betrügerische Tätigkeit in Spanien und die andere eine solche Tätigkeit in Portugal zum Ziel hatte. Außerdem weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass sich die in Portugal bzw. Spanien begangenen Taten nur zeitweilig überschnitten hätten, da die betrügerische Tätigkeit in Portugal fortgesetzt worden sei, nachdem in Spanien ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und die Tätigkeit dort eingestellt worden sei. Auch seien die geschädigten Personen nicht identisch. Somit waren die in Spanien und die in Portugal ausgeübten betrügerischen Tätigkeiten nicht untrennbar miteinander verbunden. Darüber hinaus weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass sich das spanische Urteil auf die betrügerische Tätigkeit beziehe, die in Spanien zum Nachteil von dort ansässigen Personen ausgeübt worden sei, während sich das portugiesische Urteil auf diejenige beziehe, die in Portugal zum Nachteil von dort ansässigen Personen ausgeübt worden sei.

37      Unter diesen Umständen und vorbehaltlich einer Überprüfung durch das vorlegende Gericht scheint der dem spanischen Urteil zugrunde liegende Sachverhalt nicht mit jenem des portugiesischen Urteils identisch zu sein. Der vom vorlegenden Gericht angeführte Umstand, dass die in Spanien und die in Portugal begangenen Straftaten nach spanischem Recht als „fortgesetzte Straftat“ einzustufen seien, kann dieses Ergebnis nicht in Frage stellen, da Art. 3 Nr. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584 eine Beurteilung der materiellen Tat anhand objektiver Kriterien erfordert, die nach der oben in Rn. 31 angeführten Rechtsprechung von ihrer rechtlichen Qualifizierung nach nationalem Recht unabhängig ist.

38      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 3 Nr. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584 dahin auszulegen ist, dass er der Vollstreckung eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Europäischen Haftbefehls entgegensteht, wenn die gesuchte Person bereits in einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig verurteilt worden ist und dort aufgrund dieser Verurteilung eine Haftstrafe verbüßt, sofern diese Person im Ausstellungsmitgliedstaat wegen derselben Handlung verfolgt wird, ohne dass es für die Feststellung, ob es um „dieselbe Handlung“ geht, darauf ankommt, wie die betreffenden Straftaten nach dem Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats einzustufen sind.

 Zur zweiten Frage

39      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob in dem Fall, dass die Vollstreckung des in Rede stehenden Europäischen Haftbefehls auf der Grundlage von Art. 4 Nr. 6 des Rahmenbeschlusses 2002/584 und nicht auf der Grundlage von Art. 3 Nr. 2 dieses Rahmenbeschlusses abzulehnen ist, Art. 45 und Art. 49 Abs. 3 der Charta, in denen die Grundsätze der Freizügigkeit bzw. der Verhältnismäßigkeit von Strafen verankert sind, in Verbindung mit dem Rahmenbeschluss 2002/584 sowie dem Rahmenbeschluss 2008/675 zur Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten ergangenen Verurteilungen in einem neuen Strafverfahren und dem Rahmenbeschluss 2008/909 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen einer nationalen Regelung entgegenstehen, die weder die Verhängung einer einzigen Strafe wegen eines Komplexes von Handlungen, der als „fortgesetzte Straftat“ eingestuft werden kann, die sowohl in Spanien als auch in einem anderen Mitgliedstaat begangen wurde, noch den nationalen Mechanismus der Gesamtstrafe für die von den Gerichten dieses anderen Mitgliedstaats verhängten und in Spanien zu vollstreckenden Strafen zulässt.

40      Hierzu ist festzustellen, dass die spanische Regierung die Zulässigkeit der zweiten Frage mit der Begründung in Abrede stellt, dass zum einen der Gegenstand des Ausgangsverfahrens darin bestehe, in einem Berufungsverfahren über die Vollstreckung des in Rede stehenden Europäischen Haftbefehls zu entscheiden, während im Fall der Ablehnung seiner Vollstreckung und der Verpflichtung, die in Portugal verhängte Strafe in Spanien zu vollstrecken, die mit der Anerkennung des portugiesischen Urteils verbundenen Wirkungen gegebenenfalls in einem neuen Verfahren behandelt würden. Zum anderen sei die erbetene Auslegung verfrüht, da die spanische vollstreckende Justizbehörde noch keine rechtskräftige Entscheidung über die Anerkennung und Vollstreckung des portugiesischen Urteils in Spanien erlassen habe. Doch erst nach Erlass dieser Entscheidung würde sich die Frage stellen, ob die in Spanien bzw. Portugal verhängten Strafen möglicherweise in irgendeiner Weise angepasst werden müssten.

41      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das mit Art. 267 AEUV eingerichtete Verfahren ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, mit dem der Gerichtshof diesen Gerichten Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts gibt, die sie zur Entscheidung des bei ihnen anhängigen Rechtsstreits benötigen. Die Rechtfertigung des Vorabentscheidungsersuchens liegt daher nicht in der Abgabe von Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen, sondern darin, dass das Ersuchen für die tatsächliche Entscheidung eines Rechtsstreits erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Juni 2022, Valstybės sienos apsaugos tarnyba u. a., C‑72/22 PPU, EU:C:2022:505, Rn. 47 und 48 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Der Gerichtshof kann nicht über eine Vorlagefrage entscheiden, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht oder wenn das Problem hypothetischer Natur ist (Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Im vorliegenden Fall ist an das vorlegende Gericht ein Auskunftsersuchen gerichtet worden, in dem es aufgefordert wurde, zum einen den Zusammenhang darzulegen, den es zwischen der zweiten Frage und dem bei ihm anhängigen Verfahren herstellt, und zum anderen zu erläutern, warum eine Antwort auf diese Frage für seine Entscheidung im Ausgangsverfahren erforderlich ist.

44      In Beantwortung dieses Ersuchens hat das vorlegende Gericht erklärt, dass die möglichen Folgen der Verurteilung der gesuchten Person in Spanien für die Vollstreckung des portugiesischen Urteils in Spanien im Rahmen des bei ihm anhängigen Verfahrens nicht behandelt würden und dass, sobald die eine Übergabe ablehnende Entscheidung rechtskräftig sei, ein weiteres gerichtliches Verfahren zur Vollstreckung der mit dem portugiesischen Urteil verhängten Strafe in Spanien eingeleitet werde.

45      Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass sich die Frage, welche Konsequenzen aus der Verurteilung der gesuchten Person in Spanien für die Vollstreckung des portugiesischen Urteils in Spanien zu ziehen sind, erst stellen wird, wenn eine Entscheidung über die Anerkennung dieses Urteils ergangen sein wird, so dass sich diese Frage im Ausgangsverfahren, das die Vollstreckung oder Ablehnung der Vollstreckung des in Rede stehenden Europäischen Haftbefehls betrifft, noch nicht stellt.

46      Somit ist festzustellen, dass eine Antwort auf die zweite Frage nicht erforderlich ist, damit das vorlegende Gericht in der bei ihm anhängigen Rechtssache entscheiden kann, und dass diese Frage folglich unzulässig ist.

 Kosten

47      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

Art. 3 Nr. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 geänderten Fassung

ist dahin auszulegen, dass

er der Vollstreckung eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Europäischen Haftbefehls entgegensteht, wenn die gesuchte Person bereits in einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig verurteilt worden ist und dort aufgrund dieser Verurteilung eine Haftstrafe verbüßt, sofern diese Person im Ausstellungsmitgliedstaat wegen derselben Handlung verfolgt wird, ohne dass es für die Feststellung, ob es um „dieselbe Handlung“ geht, darauf ankommt, wie die betreffenden Straftaten nach dem Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats einzustufen sind.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Spanisch.