A | Einleitung des Kanzlers

Der Kanzler des Gerichtshofs, Generalsekretär des Unionsorgans, leitet die Verwaltungsdienststellen unter Aufsicht des Präsidenten. Er berichtet über den Einsatz, den diese Dienststellen in einem Jahr, in dem sie sich mit völlig neuen Herausforderungen konfrontiert sahen, geleistet haben, um die Rechtsprechungstätigkeit zu unterstützen.

Alfredo Calot Escobar

Kanzler des Gerichtshofs


Auf individueller Ebene war das Jahr 2020, wenn man an die Einschränkungen, die Krankheit und die Ungewissheit denkt, für uns alle ein schwieriges Jahr.

Auf der Ebene der Verwaltung der Dienststellen des Unionsorgans war es eine große Herausforderung, der mit Entschlossenheit, Methode und Anpassungsfähigkeit begegnet wurde. Innerhalb kürzester Zeit galt es, die Arbeitsweise des Organs völlig umzukrempeln. Dieses Erfordernis, sich anzupassen, innovativ zu handeln und sich neu zu erfinden, betraf alle Dienststellen.

Zum Glück konnte sich das Unionsorgan auf Strukturen und Verfahren stützen, die für Krisensituationen entwickelt wurden. Dazu gehört ein Krisenstab, der für das Organ als Ganzes die wichtigsten Entscheidungen hinsichtlich der Krisensituation und ihrer Entwicklung trifft. Er ergreift die gebotenen allgemeinen Maßnahmen (Regelung der Telearbeit, übergreifende Personalverwaltungsmaßnahmen usw.), die dann vom Krisenmanagementzentrum (KMZ) durchgeführt werden. Dieses besteht aus den Vertretern aller operativen Stäbe, die die Kontinuität der Tätigkeit in den einzelnen Dienststellen gewährleisten. Im Rahmen seiner regelmäßigen Sitzungen hat das KMZ auch den Informationsfluss zum Krisenstab sichergestellt, um die Steuerung der Situation zu ermöglichen.

Mit diesen Krisenbewältigungsmaßnahmen, bei denen die Dienststellen und die beiden Gerichte des Unionsorgans eng zusammengearbeitet haben, konnte eine kohärente Strategie verfolgt werden, die auf drei miteinander in Zusammenhang und in wechselseitiger Abhängigkeit stehenden Zielen beruht, nämlich die Gesundheit des Personals und der Personen, die sich in die Gebäude des Unionsorgans begeben müssen, zu schützen, die Kontinuität der Rechtsprechungstätigkeit zu gewährleisten und das Personal zu unterstützen.

Um den Gesundheitsschutz in den Gebäuden des Unionsorgans zu gewährleisten und das Personal vor Ansteckung zu schützen wurde am 10. März entschieden, dass nach Möglichkeit von zuhause aus gearbeitet werden sollte. Diese Telearbeitsregelung wurde dann ab Montag, dem 16. März, also schon bevor die nationalen Behörden den Lockdown verhängten, ausgeweitet und für allgemein verbindlich erklärt. Die Gebäude des Gerichtshofs durften daher nur noch von Personen betreten werden, die wesentliche Aufgaben erfüllten, die nur vor Ort wahrgenommen werden konnten. Diese Regelung wurde nach Maßgabe der vom Sicherheitsdienst und vom Ärztlichen Dienst ständig beobachteten Entwicklung der Gesundheits- und Gesetzeslage in Luxemburg und den Nachbarstaaten in regelmäßiger Zusammenarbeit mit den luxemburgischen Behörden phasenweise angepasst, um ein Gleichgewicht zwischen der Gesundheitslage, dem Grad der Frequentierung der Gebäude, der Fortführung der Rechtsprechungstätigkeit und den Bedürfnissen der Mitarbeiter zu erreichen.

Neben der Telearbeitsregelung bestand ein weiteres wichtiges Instrument des Gesundheitsschutzes in der Aufstellung und Umsetzung genauer und strenger Gesundheitsprotokolle. Damit die Unionsgerichte weiter Recht sprechen konnten, öffnete der Gerichtshof ab dem 25. Mai wieder seine Sitzungssäle. Daher waren – im Hinblick auf Logistik und Gesundheitsschutz – Maßnahmen zu treffen, um die Anwesenheit nicht nur der für die Durchführung der mündlichen Verhandlungen benötigten Mitarbeiter, sondern auch der aus der gesamten Europäischen Union anreisenden Anwälte und Bevollmächtigten in den Gebäuden zu regeln. Durch diese besonders aufwändigen Maßnahmen (Temperaturmessung beim Betreten der Gebäude, Maskenpflicht in den Gemeinschaftsbereichen und während der mündlichen Verhandlung, räumliche Trennung durch Entflechtung der Wege in den Gebäuden, Desinfizierung der genutzten Örtlichkeiten, Aufstellen von Handdesinfektionsspendern, Schutzscheiben und Hinweisschildern, Sensibilisierung durch verschiedene Mitteilungen) konnten allen beteiligten Personen der bestmögliche Schutz und angemessene Bedingungen für ihren Aufenthalt garantiert werden.

Die Wiederaufnahme der Durchführung mündlicher Verhandlungen war erforderlich, um die Kontinuität des öffentlichen Dienstes der europäischen Justiz zu gewährleisten. Vor dieser Wiederaufnahme wurde die Rechtsprechungstätigkeit aufrechterhalten, indem die Rechtssachen anhand angepasster Verfahrensregeln aus der Ferne bearbeitet wurden. Die Vertreter der Parteien wurden gebührend über die Folgen der Krisensituation für die Verfahren und die von den Kanzleien der Gerichte getroffenen Maßnahmen unterrichtet, auch über einen speziellen Bereich auf der Website des Unionsorgans.

In technischer Hinsicht, haben die IT-Dienste des Organs seit Februar das Programm zur Ausstattung der Mitarbeiter mit Telearbeitsausrüstung beschleunigt. Die Bandbreite hat sich in den ersten Wochen nach dem Zeitpunkt des ersten Lockdowns verzehnfacht, und innerhalb kurzer Zeit wurde allen Dienststellen ein gesichertes Audiosystem und dann Videokonferenzsystem zur Verfügung gestellt.

Wie in den folgenden Seiten im Einzelnen beschrieben wird, musste das Unionsorgan innovativ sein, um die Schwierigkeiten meistern zu können, die sich aus den für bestimmte Parteienvertreter geltenden Reisebeschänkungen ergaben. In enger Zusammenarbeit zwischen den Dienststellen, den beiden Gerichten und ihren Kanzleien wurde ein einheitliches System für die Fernteilnahme an mündlichen Verhandlungen per Videokonferenz entwickelt, das eine Simultanverdolmetschung aus den und in die 24 Amtssprachen der Union ermöglicht.

Was schließlich die effiziente Nutzung der Ressourcen, betrifft, so wurde regelmäßig überprüft, wie Mitarbeiter, die in Anbetracht der Art ihrer Aufgaben weniger ausgelastet waren, bei Dienststellen eingesetzt werden könnten, die eine höhere Arbeitsbelastung zu verzeichnen hatten. Diese Solidarität und die gegenseitige Bereicherung der Kompetenzen und Erfahrungen sind im Kontext der Bewältigung dieser schwierigen Situation ein Gewinn, der auch dann noch nutzbringend sein wird, wenn die Mitarbeiter wieder in den Gebäuden des Unionsorgans arbeiten.

Das letzte im Rahmen der Krisenbewältigung verfolgte Ziel ist die Unterstützung des Personals in dieser Zeit, die für viele mit völlig neuen Herausforderungen und persönlichen Problemen verbunden ist.

Besondere Aufmerksamkeit wurde insoweit Personen zuteil, die sich infiziert hatten oder einer Ansteckungsgefahr ausgesetzt waren, isoliert leben oder sich um Kinder kümmern mussten, die nicht betreut werden konnten. Sie wurden von der Personalverwaltung, den Vertrauensärzten und Krankenschwestern des Ärztlichen Dienstes und der Vertrauenspsychologin betreut. Auch die Leiter der Dienststellen haben im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht diesen besonderen Situationen Rechnung getragen und für die Betroffenen die Modalitäten der Ausübung ihrer Tätigkeit entsprechend angepasst.

Das Unionsorgan war sich ferner von Beginn der Krise an der Notwendigkeit klarer, zugänglicher, kohärenter und einschlägiger Kommunikationsmaßnahmen gegenüber seinem Personal bewusst. Es wurden ergänzende und strukturierte Kommunikationskanäle, jeder mit eigenem Zweck, geschaffen: eine Intranetseite, auf der sämtliche einschlägigen Informationen zusammengeführt wurden, wichtige Nachrichten, die von einer speziellen funktionalen Mailbox und per SMS an die beruflichen und privaten Adressen gesandt wurden, per E-Mail versandte Mitteilungen operativer Natur, mit denen das Personal regelmäßig über die Entwicklung der Lage und die getroffenen Begleitmaßnahmen informiert wurde.

Das Angebot von Fernschulungen (e-learning) wurde verstärkt, damit sich die Mitarbeiter weiter qualifizieren können. Die Führungskräfte im mittleren und höheren Management wurden außerdem in der Fernbetreuung ihrer Mitarbeiter geschult.

Es wurden zwei Umfragen – eine beim gesamten Personal und eine bei den Führungskräften – durchgeführt, um zu bewerten, wie die neuen Arbeitsmodalitäten beurteilt werden, und entsprechende Anpassungen vorzunehmen sowie die im Zusammenhang mit der Krisenbewältigung eingeführten Neuerungen in einem längerfristigen Kontext zu betrachten.

Schließlich wurden im interinstitutionellen Rahmen des Kollegiums der Leiter der Verwaltungen der in Luxemburg ansässigen Organe und Einrichtungen im Dezember 2020 die Grundlagen für eine Zusammenarbeit mit den zuständigen luxemburgischen Behörden geschaffen, damit die Organe im Rahmen ihrer Möglichkeiten zum Erfolg der Impfkampagne bei ihren Mitarbeitern beitragen.

Die Pandemie und das Erfordernis, Lösungen zu finden, um ihre Folgen für die Organisation des Unionsorgans zu bewältigen, haben zu einer beeindruckenden Beschleunigung bereits laufender oder auch nur angelegter Entwicklungen geführt.

Über den Stolz hinaus, es gemeinsam geschafft zu haben, die Rechtsprechungstätigkeit praktisch auf demselben Niveau zu halten wie vor der Krise, die laufenden Projekte weiterzuführen und dabei die Bedingungen für die Gesundheitssicherheit streng einzuhalten, führt die Steuerung des Unionsorgans durch diese Zeit völlig neuer Herausforderungen zu nachhaltigen und positiven Veränderungen in der Art und Weise, wie Arbeitsmethoden, ja das Arbeitsverhältnis selbst, sowie die mit einer virtuellen Anwesenheit verbundenen Möglichkeiten verstanden werden.

Die Telearbeit (in Vollzeit oder Teilzeit) ist seit dem 16. März 2020 Realität für das gesamte Personal. Im Zuge der Einführung dieser durch die Umstände diktierten Arbeitsorganisation haben sich die mit diesen neuen Rahmenbedingungen verbundenen Herausforderungen gezeigt: Digitalisierung und Vereinfachung der Entscheidungsprozesse, Förderung der Autonomie der Mitarbeiter und Sicherstellung der Qualität ihrer Leistungen, Neujustierung des Gleichgewichts zwischen Beruf und Privatleben, Aufrechterhaltung der Bindung an das Unionsorgan, Kontakt mit externen Gesprächspartnern – Institutionen oder Bürgern – dank der mit den neuen Technologien verbundenen Möglichkeiten.

Liegen die mit der Pandemie verbundenen Zwänge einmal hinter uns, wird das Unionsorgan im Rahmen der Rückkehr zu einem Arbeitsleben unter neuen und bereicherten Bedingungen die positiven Aspekte dieser Entwicklungen bewahren müssen. Die Hindernisse, die zu überwinden waren, sind Erfahrungen, die uns individuell und kollektiv stärker, verantwortungsvoller und solidarischer gemacht haben. Und wenn das Unionsorgan eine so ungünstige Situation bewältigen konnte, dann ist das dem Einsatz und Zusammenwirken der Mitarbeiter und dem Engagement und der Fürsorge des Managements zu verdanken. Auf diese Qualitäten wird es auch in Zukunft zählen können, um die Rückkehr des Personals aus der Telearbeit vorzubereiten und den Zusammenhalt in einem Kontext zu gewährleisten, in dem Mobilität und Verantwortung zu den neuen Parametern seiner Organisation gehören.

Alfredo Calot Escobar

Kanzler des Gerichtshofs

ALT TEST TIMELINE COVID EN

On the 10th of March 2020, the Court of Justice took a Decision adopting a policy of generalised remote working.

On the 13th of March 2020, the Court of Justice took a Decision ordering all staff to work from home.

On the 16th of March 2020, the generalised remote working scheme was implemented.

In March 2020, the Court of Justice completed 27 cases, in comparison to 73 in 2019, and the General Court completed 26 cases, in comparison to 52 in 2019.

In April 2020, the Court of Justice completed 75 Cases, in comparison to 47 in 2019, and the General Court completed 36 cases, in comparison to 67 in 2019.

On the 25th of May 2020, the Court of Justice held its first hearing via videoconference.

In May 2020, the Court of Justice completed 49 cases, in comparison to 81 in 2019, and held 3 hearings, 2 of which were via videoconference. The General Court completed 76 cases, in comparison to 86 in 2019.

On the 30th of June 2020, the General Court held its first hearing via videoconference.

In June 2020, the Court of justice completed 74 cases, in comparison to 64 in 2019, and held 19 hearings, 3 of which were via videoconference, in comparison to 23 hearings in 2019. The General Court completed 57 Cases in comparison to 109 in 2019, and held 23 hearings, 1 of which was via videoconference, in comparison to 22 hearings in 2019.

In July 2020, the Court of Justice completed 78 cases, in comparison to 76 in 2019, and held 13 hearings, 7 of which were via videoconference, in comparison to 12 hearings in 2019. The General Court completed 87 cases, in comparison to 72 in 2019, and held 22 hearings, 2 of which were via videoconference, in comparison to 21 hearings in 2019.

In August 2020, the Court of Justice completed 7 cases, in comparison to 4 in 2019. The General Court completed 14 cases, in comparison to 1 in 2019.

In September 2020, the Court of Justice completed 91 cases, in comparison to 99 in 2019, and held 26 hearings, 7 of which were via videoconference, in comparison to 34 hearings in 2019. The General Court completed 95 cases, in comparison to 156 in 2019, and held 39 hearings, 5 of which were via videoconference, in comparison to 24 hearings in 2019.

In October 2020 the Court of Justice completed 110 cases, in comparison to 99 in 2019, and held 14 hearings, 9 of which were via videoconference, in comparison to 20 hearings in 2019. The General Court completed 109 cases, in comparison to 51 in 2019, and held 52 hearings, 8 of which were via videoconference, in comparison to 20 hearings in 2019.

In November 2020, the Court of Justice completed 58 cases, in comparison to 97 in 2019, and held 12 hearings, 8 of which were via videoconference, in comparison to 21 hearings in 2019. The General Court completed 42 cases, in comparison to 54 in 2019, and held 25 hearings, 14 of which were via videoconference, in comparison to 14 hearings in 2019.

In December 2020, the Court of Justice completed 69 cases, in comparison to 107 in 2019, and held 5 hearings, 4 of which were via videoconference, in comparison to 20 hearings in 2019. The General Court completed 88 cases, in comparison to 71 in 2019, and held 12 hearings, 8 of which were via videoconference, in comparison to 23 hearings in 2019.

B | Phasen der Krisenbewältigung

In Anbetracht der Gesundheitslage in der Europäischen Union und der von den Behörden Luxemburgs und anderer Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen entschied der Gerichtshof am 10. März, dass nach Möglichkeit von zuhause aus gearbeitet werden sollte. Am 13. März 2020 ordnete der Gerichtshof angesichts der Entwicklung der Gesundheitslage in Europa an, dass das Personal, mit Ausnahme der kritische Funktionen ausübenden Personen, ab dem 16. März von zuhause aus arbeitet, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern und dennoch seine Rechtsprechungstätigkeit fortführen zu können. Für das Unionsorgan galt es, sein Personal und die an mündlichen Verhandlungen teilnehmenden Personen zu schützen, dabei aber die negativen Folgen der durch die Coronavirus-Pandemie geschaffenen Situation für die Rechtssuchenden und die Rechtspflege in Europa zu minimieren. Um die Kontinuität des öffentlichen Dienstes der europäischen Justiz sicherstellen und die Verfahren fortführen zu können, hat sich das Organ völlig neuen technischen und menschlichen Herausforderungen gestellt.

Verallgemeinertes Telearbeitsschema

Im März 2020 beschlossene Regeln

Auf den für Krisensituationen festgelegten Strukturen und Verfahren aufbauend, wurden alle Vorkehrungen getroffen, damit möglichst wenige Personen die Gebäude des Gerichtshofs betreten, die Gerichte und die Dienststellen aber ihre Tätigkeit fortführen können und zwar unter Bedingungen, die den in normalen Zeiten geltenden Bedingungen so ähnlich wie möglich, aber zwangsläufig an die außergewöhnlichen Umstände angepasst sind.

Schutz des Personals

Am 13. März 2020 wies das Unionsorgan das Personal an, sich nicht mehr in die Gebäude des Gerichtshofs zu begeben, sofern es nicht im Einzelfall unerlässlich ist. Da schon frühzeitig damit begonnen worden war, die Mitarbeiter mit den entsprechenden IT-Geräten auszurüsten, verfügten im März bereits eine große Mehrzahl von ihnen über die Möglichkeit des Fernzugriffs. In den folgenden Wochen wurde diese dann allen Mitarbeitern eröffnet.

Fortführung der Rechtsprechungstätigkeit

Die Aussetzung der Durchführung mündlicher Verhandlungen, die zunächst bis zum 27. März 2020 dauern sollte, musste wegen der geltenden Reisebeschänkungen bis zum 25. Mai 2020 verlängert werden. Die Kanzleien der beiden Gerichte nahmen Kontakt mit den Vertretern der Parteien auf, um sie darüber in Kenntnis zu setzen und ihnen die Einzelheiten der Fortführung der Verfahren mitzuteilen. Auf der Website des Unionsorgans wurde eine entsprechende Seite eingerichtet.

Die dringlichen Verfahren wurden in diesem Zeitraum allerdings weitergeführt, und die zur Entscheidung reifen Rechtssachen wurden weiter bearbeitet. Zwischen dem 16. März und dem 25. Mai wurden vom Gericht 51 Rechtssachen erledigt, 79 Urteile des Gerichtshofs verkündet und 47 Schlussanträge gestellt.

Die Bearbeitung der Rechtssachen wurde an die veränderten Umstände angepasst: Entscheidungen wurden im schriftlichen Verfahren getroffen, es wurden schriftliche Fragen an die Parteien gerichtet, Sitzungen zur Verkündung von Urteilen und Verlesung von Schlussanträgen wurden auf einen Tag pro Woche konzentriert, und die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Kontos bei e-Curia (Anwendung, die es ermöglicht, Verfahrensschriftstücke auf elektronischem Weg einzureichen und zuzustellen) wurden erleichtert.

Wiederaufnahme der Anhörungen und teilweise Rückkehr des Personals

Ab Mai 2020 angepasste Regeln


Wiederaufnahme der Durchführung mündlicher Verhandlungen

Ab dem 25. Mai 2020 fanden wieder mündliche Verhandlungen statt. Die Dienststellen des Gerichtshofs haben strenge Gesundheitsprotokolle aufgestellt, um es zu ermöglichen, dass die mündlichen Verhandlungen für alle Beteiligten, einschließlich der Öffentlichkeit unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der Öffentlichkeit der Sitzungen, unter den besten Sicherheitsbedingungen stattfinden.

Parteien, die nicht in der Lage waren, sich nach Luxemburg zu begeben, konnten ausnahmsweise unter bestimmten Bedingungen im Fernweg plädieren. Zu diesem Zweck hat das Unionsorgan ein spezielles Videokonferenzsystem entwickelt, das die Simultanverdolmetschung aus den und in die 24 Verfahrenssprachen erlaubt. Spezielle Hygienemaßnahmen wurden auch für die Dolmetscher getroffen, die nur noch jeweils einzeln in der Kabine arbeiten durften.

Maximal

30%

Personal in Gebäuden

Das Personal kehrte teilweise in die Gebäude des Gerichtshofs zurück, damit Aufgaben wahrgenommen werden konnten, die sich insbesondere im Kontext der Wiederaufnahme der Durchführung mündlicher Verhandlungen beim Gerichtshof und beim Gericht nicht im Fernweg erledigen lassen. Die Telearbeit blieb die Regel, um die Präsenz von Personen in den Gebäuden auf das für die Arbeit des Unionsorgans unerlässliche Mindestmaß zu reduzieren, d. h. auf 20 bis 30 % der Mitarbeiterzahl.

Vor Ort waren die strengsten Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten, die in Abstimmung mit dem Ärztlichen Dienst des Unionsorgans festgelegt worden waren.

In Anbetracht der Verbesserung der Gesundheitslage wurde diese Regelung ab dem 21. September zeitweilig gelockert. In diesem Zusammenhang galt eine in Abstimmung mit den Vertrauensärzten des Unionsorgans festgelegte Obergrenze für die Anzahl von Personen, die sich täglich in den Gebäuden aufhalten durften, um die praktische Wirksamkeit der Gesundheitsprotokolle zu gewährleisten. Die zuvor geltende Regelung, nämlich dass der Zugang zu den Gebäuden des Organs nur zu Zwecken der Organisation von mündlichen Verhandlungen und Beratungen erlaubt ist, musste wegen der Verschlechterung der Gesundheitslage in Luxemburg am 26. Oktober wieder eingeführt werden.

C | Bilanz der Tätigkeit des Gerichtshofs in Zeiten der Pandemie

Die Fortführung der Rechtsprechungstätigkeit des Gerichtshofs in Zeiten der Pandemie ging einher mit Maßnahmen, die sicherstellen sollten, dass die europäische Justiz weiter reibunglos funktioniert, die Unionsbürger aber auch weiterhin über ihre Rechte und über die Arbeit der europäischen Gerichte informiert werden. Dabei hat der Gerichtshof, ob es um die Entwicklung eines Systems, das es ermöglicht, per Videokonferenz mit Simultanverdolmetschung zu plädieren, oder um Maßnahmen der internen und externen Kommunikation ging, Initiative und Anpassungsfähigkeit bewiesen. Da der Zugang zu den Gebäuden des Unionsorgans zunächst gesperrt, dann strengen Hygienemaßnahmen unterworfen worden war, waren die üblichen Besuche der Öffentlichkeit und juristischen Fachkreise sowie die Einsichtnahme in die Werke der Bibliothek vor Ort zwangsläufig unmöglich oder schwierig. Es wurden jedoch schnell Ersatzlösungen gefunden.

252 mündliche Verhandlungen

Anhörungen per Videokonferenz (zwischen dem 25. Mai und dem 22. Dezember)

40 beim Gerichtshof

38 beim Gericht

252 mündliche Verhandlungen (die in manchen Fällen mehrere, vor demselben Spruchkörper verhandelte Rechtssachen betrafen) wurden zwischen dem 25. Mai und dem 22. Dezember 2020 durchgeführt, davon 40 Videokonferenz-Sitzungen beim Gerichtshof (an denen zwischen eine und vier Parteien im Fernweg teilnahmen) und 38 Videokonferenz-Sitzungen beim Gericht (an denen zwischen eine und drei Parteien im Fernweg teilnahmen).

Die Tätigkeit des Unionsorgans war auch in institutioneller und administrativer Hinsicht nicht unterbrochen: Zwischen März 2020 und Dezember 2020 wurden mehrere neue Mitglieder aufgenommen. Der Amtsantritt des neuen französischen Generalanwalts, Jean Richard de la Tour, war mit einer Neuerung verbunden: Seine Eidesleistung fand per Videokonferenz in Anwesenheit des Präsidenten Lenaerts, des Ersten Generalanwalts Szpunar und des Kanzlers Calot Escobar statt. Später konnten sich Athanasios Rantos, der griechische Generalanwalt, am 10. September sowie Jan Passer, der tschechische Richter am Gerichtshof, und Ineta Ziemele, die lettische Richterin am Gerichtshof, am 6. Oktober zum Gerichtshof begeben, um dort – unter Anwendung der erforderlichen Gesundheitsschutzmaßnahmen – ihren Amtseid zu leisten.

Alle Dienststellen des Unionsorgans mussten ihre internen Kommunikationswege ab März anpassen und die Videokonferenztechnik nutzen, um Besprechungen abzuhalten und ihre Tätigkeit im Fernweg fortzuführen. So wurden pro Woche durchschnittlich über 150 Video- oder Audiokonferenzen für interne oder interinstitutionelle Sitzungen organisiert.

Was die externe Kommunikation betrifft, hat der Gerichtshof die sozialen Netzwerke und technische Mittel genutzt, um eine ganze Reihe von Aktionen im Fernweg durchzuführen und so spezielle Zielgruppen und Fachkreise sowie die breite Öffentlichkeit zu erreichen und seine Entscheidungen weiterhin angemessen zu verbreiten (siehe S. 76).

Der Gerichtshof hat im Jahr 2020 aber auch – unter besonders strikten Hygienebedingungen – 29 protokollarische Präsenz-Veranstaltungen sowie 5 offizielle Besuche und 5 feierliche Sitzungen durchgeführt. In diesem Rahmen wurden 171 nationale Richter und Staatsanwälte vom Gerichtshof empfangen. Diese Besuche haben zwar in den meisten Fällen stattgefunden, bevor die Zugangsbeschränkungen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus beschlossen wurden. Der Gerichtshof konnte aber sporadisch wichtige Veranstaltungen organisieren (feierliche Verpflichtung der Mitglieder der Europäischen Staatsanwaltschaft am 28. September, feierliche Sitzung aus Anlass des Amtsantritts von Richterin Ineta Ziemele und Richter Jan Passer am 6. Oktober), deren Ablauf an die Hygienevorschriften angepasst wurden.

Schließlich können sich Mitglieder und Personal des Unionsorgans auf den Bestand der Bibliothek stützen, der 285 000 Werke (davon 155 000 Werke hauptsächlich zum Recht der Europäischen Union), über 6 300 elektronische Bücher, 490 Zeitschriften-Abonnements in Papierform und mehrere Hundert in elektronischer Form, die über Datenbanken (über 100) zugänglich sind, umfasst. Im Rahmen der Veröffentlichung der Rechtsprechung wurden im Jahr 2020 35 019 Dokumente in der amtlichen Sammlung veröffentlicht. Seit dem 13. März 2020 hat der Information desk in Anbetracht der Schließung des Lesesaals verschiedene Möglichkeiten geschaffen, diese Ressourcen im Fernweg zu nutzen (159 Digitalisierungen auf Anfrage und 724 über Biblio-drive, eine autonome Anwendung zur Ausleihe und Rückgabe.

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Mündliche Verhandlungen per Videokonferenz

In Anbetracht der von den Mitgliedstaaten festgelegten Reisebeschränkungen hat das Unionsorgan ein Videokonferenzsystem entwickelt, das es den Vertretern der Parteien, die sich nicht nach Luxemburg begeben können, unter Wahrung der Vielsprachigkeit ermöglicht, sich ausnahmsweise per Videokonferenz zur Sitzung zuzuschalten. Zwei Nutzer berichten über ihre Erfahrungen mit diesem System.

Fernplädoyer

Bericht von Viktorija Soņeca, Direktorin im Justizministerium der Republik Lettland und Bevollmächtigte der lettischen Regierung, die die Republik Lettland in den Verfahren vor dem Gerichtshof vertritt

„Ich fühle mich geehrt, dass der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mich eingeladen hat, über meine Erfahrungen und Eindrücke im Zusammenhang mit der Nutzung der Videokonferenz bei den mündlichen Verhandlungen des Gerichtshofs zu berichten.

Zunächst ist hervorzuheben, dass die Digitalisierung in der Europäischen Union lange vor dem Jahr 2020 begonnen hat. Dieses Jahr wird jedoch nicht nur wegen der COVID-19-Pandemie und ihrer Folgen in die Geschichte eingehen, sondern auch als der Wendepunkt, den es für die Digitalisierung und mit der Nutzung der Videokonferenz für die mündlichen Verhandlungen des EuGH bedeutet.

Denn während die Liste der negativen Folgen von COVID-19 lang ist, hat die Pandemie den Erwerb digitaler Kompetenzen gefördert und die Einführung digitaler Lösungen im Alltag beschleunigt. So haben Unternehmen, Institutionen und Privatpersonen häufiger auf digitale Lösungen zurückgegriffen, um ihren Alltag zu erleichtern, besser und effizienter arbeiten zu können und die Kommunikation mit den nationalen Gerichten und dem EuGH zu verbessern.

Im Jahr 2020 wurde den Mitgliedstaaten und den Parteien in den Verfahren vor dem EuGH die Möglichkeit eingeräumt, mittels Videokonferenz an den mündlichen Verhandlungen beim Gerichtshof teilzunehmen. Dank dieser Technologie konnten die Mitgliedstaaten und die Parteien in den mündlichen Verhandlungen Stellung nehmen und nicht nur die Fragen des EuGH beantworten, sondern auch auf die Fragen und Bemerkungen der anderen Parteien und Mitgliedstaaten eingehen. Wie in einer Präsenz-Sitzung steht während der Videokonferenz ein Dolmetschdienst zur Verfügung, der durch die großartige Arbeit der Dolmetscher ermöglicht wird, die die in den Sitzungen gesprochenen Worte simultan verdolmetschen, damit alle Teilnehmer verstehen, was gesagt wird.

Der Ablauf der mündlichen Verhandlungen hat sich nicht geändert, außer dass die Bevollmächtigten der Mitgliedstaaten und die Vertreter der Parteien in ihren Ländern bleiben und im Fernweg teilnehmen können. Diese Möglichkeit ist selbstverständlich mit vielen Vorteilen, wie Bequemlichkeit, Sicherheit und Zeitgewinn durch die Vermeidung von Flügen und Fahrten, aber auch mit Nachteilen verbunden, wie z. B. die Unmöglichkeit, sich vom Geist des EuGH inspirieren zu lassen, eine wunderbare Erfahrung, die sich jedesmal erneuert, wenn man einen Sitzungssaal des EuGH betritt, um dort persönlich vor dem Gerichtshof zu plädieren.

Der EuGH hat, indem er die Nutzung der Videokonferenz bei mündlichen Verhandlungen ermöglicht hat, gezeigt, dass er sich an die Umstände anpassen kann und dass die Verfahren trotz der Gesundheitskrise weiterlaufen müssen.“

Herausforderungen des Ferndolmetschens

Bericht von Ignasi Vancells Mora, freiberuflicher Konferenzdolmetscher

Die Durchführung von mündlichen Verhandlungen, an denen manche Parteien im Fernweg teilnehmen, hatte erhebliche Auswirkungen auf die Arbeit der Dolmetscher.

Ein freiberuflich tätiger Dolmetscher der spanischen Kabine, der regelmäßig für den Gerichtshof arbeitet, erläutert, was es bedeutet hat, in diesem Jahr 2020 für die europäischen Organe, insbesondere für den Gerichtshof, zu arbeiten.

„2020 war für uns kein typisches Jahr. Für Dolmetscher, gleich welcher Art, führte die Pandemie zunächst einmal dazu, dass wegen der Annullierung der internationalen Zusammenkünfte alle Tätigkeiten eingestellt wurden. Mit der Wiederaufnahme gingen völlig andere Arbeitsbedingungen einher. Für die freiberuflich tätigen Dolmetscher hat diese neue ‚Normalität‘ viele Fragen aufgeworfen: Wie soll man sich angesichts der Reisebeschränkungen zum Arbeitsort begeben und wie unter hygienisch und technisch einwandfreien Bedingungen arbeiten? Die Videokonferenz, die die Durchführung von Online-Sitzungen ermöglichte, hat viele Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Verbindungen sowie der Tonqualität hervorgerufen, die selten derjenigen im Saal entspricht. Deshalb muss man sich mehr anstrengen, um die Sprecher zu verstehen, und ermüdet rascher.

Am Gerichtshof sind die Videokonferenzverbindungen während der Sitzungen im Allgemeinen gut. Zwar ist es unmöglich, jederzeit eine optimale Qualität zu garantieren, aber es wird alles dafür getan, insbesondere indem vorher Tests mit den Dolmetschern durchgeführt werden. Außerdem wird im Vorhinein viel mit den Parteien und Dolmetschern kommuniziert, um sie über die neue Arbeitsweise und die erforderliche Vorbereitung zu informieren. Die freiberuflichen Dolmetscher werden, sobald der Auftrag erteilt wird, entsprechend unterrichtet.

Das Unionsorgan hat erhebliche Anstrengungen unternommen, um sicherzustellen, dass die Arbeitsbedingungen so gut wie möglich bleiben. Ich war sehr beeindruckt, wie ernst die Gesundheitsmaßnahmen genommen werden und wie streng sie sind: über die üblichen Vorkehrungen hinaus teilen sich die Dolmetscher weder Gegenstände (Laptops, Kopfhörer usw.) noch Büros.

Wir teilen uns nicht einmal mehr die Kabine, so dass es viel schwieriger geworden ist, zu kommunizieren oder einfach nur die Verdolmetschung unserer Kollegen zu hören. Dies kann die Einheitlichkeit der von uns verwendeten Terminologie beeinträchtigen. Wir müssen uns vorher absprechen. Auch bei auftretenden Schwierigkeiten (eine terminologische Frage, ein technisches Problem usw.) ist es viel schwieriger, sich gegenseitig zu helfen, während man dolmetscht. Bei manchen Fragen kommunizieren wir mit Gesten, bei anderen mit dem Handy oder Instant-Messaging.

In diesem Zusammenhang ist die Vorbereitung der Sitzung von grundlegender Bedeutung, und der Gerichtshof ist im Übrigen das einzige Unionsorgan, bei dem die Vertragsdolmetscher – ebenso wie die bediensteten Dolmetscher – dafür einen vollen Arbeitstag aufwenden. Insoweit habe ich praktisch keinen Unterschied seit der Pandemie bemerkt. Unsere Kollegen sind ansprechbar wie immer, auch wenn vielleicht eher E-Mail und SMS genutzt werden und informelle Gespräche in den Gängen nicht mehr möglich sind.

Ich glaube, dass zu Beginn viele besorgt darüber waren, welche Folgen die Pandemie für unseren Beruf haben könnte. Nach dem anfänglichen Schock wurden jedoch Lösungen gefunden und wir haben uns angepasst, um die Krise zu überwinden.“

Beziehungen zur Öffentlichkeit

Der Dialog mit Juristen und der breiten Öffentlichkeit wurde auch 2020 fortgeführt. Unter Aufrechterhaltung der traditionellen Kanäle wurde der Dialog auf virtueller Ebene durch die Nutzung von Videokonferenzen und Plattformen der sozialen Netzwerke verstärkt.

127 Gruppen

und 3 729 Besucher

21 virtuellen Besuche und 798 Personen

Die Direktion Kommunikation hat sich weiterhin der traditionellen Kommunikationsmittel bedient, aber auch verstärkt die sozialen Medien genutzt. Zwischen dem 16. März und dem 22. Dezember 2020 wurden 142 Pressemitteilungen. veröffentlicht. Die aktuellen Nachrichten des Gerichtshofs wurden über seine Twitter- und LinkedIn-Konten (auf Englisch und Französisch) verbreitet: 668 Nachrichten wurden über Twitter versandt, um die Follower zu benachrichtigen Diese Nachrichten sollten zum einen auf die wichtigsten, in der Folgewoche behandelten Rechtssachen und zum anderen auf die Veröffentlichung von Pressemitteilungen hinweisen.

Die Organisation von Besuchen ist im Rahmen der vom Gerichtshof verfolgten Politik der Öffnung und des Wissenstransfers gegenüber Juristen und Studierenden der Rechtswissenschaften, aber auch Unionsbürgern von besonderer Bedeutung. Aufgrund der seit März 2020 getroffenen Gesundheitsmaßnahmen mussten die Organisation von Besuchen und der Empfang von Besuchern allerdings stark eingeschränkt werden. Die Gesamtzahlen liegen daher mit 127 Gruppen und 3 729 Besuchern zwangsläufig unter denen der Vorjahre (18 099 Personen im Jahr 2019). Dem Gerichtshof ist es aber gelungen, neue Möglichkeiten zu finden, um seine Gebäude virtuell zugänglich zu machen und im Fernweg über seine Tätigkeit zu informieren. So hat er Zusammentreffen mit Bediensteten des Gerichtshofs auf digitalen Plattformen vorgeschlagen, so dass ein geführter virtueller Besuch des Gebäudekomplexes des Palais möglich ist, und maßgeschneiderte zweitägige Webinare organisiert, an denen Mitglieder, Rechtsreferenten und Verwaltungsräte des Gerichtshofs teilnahmen. Bei diesen Webinaren konnten 798 Personen im Rahmen von 21 virtuellen Besuchen Präsentationen beiwohnen.

Jan 1 - Dez 31

173 Pressemitteilungen

2 292 Sprachfassungen

702 Tweets auf Twitter

273 Nachrichten auf LinkedIn

17 174 Auskunftsverlangen von Bürgern beantwortet

Der Gerichtshof hat über die Direktion Kommunikation 173 Pressemitteilungen (in insgesamt 2 292 Sprachfassungen) übermittelt, um Fachleute und die breite Öffentlichkeit (3 366 Empfänger, die in den E-Mail-Verteilern eingetragen sind) über seine Entscheidungen, aber auch die wichtigsten Ereignisse im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit zu informieren. Die Website curia.europa.eu hat über 6,6 Mio. Besucher verzeichnet, die über 27 Mio. Seiten aufgerufen haben.

Das Unionsorgan war weiter in den sozialen Netzwerken präsent und hat 702 Tweets auf Twitter verschickt, und zwar über seine beiden Konten in englischer und französischer Sprache. 273 Nachrichten wurden auf LinkedIn veröffentlicht.

In Anbetracht der Unmöglichkeit, Präsenzveranstaltungen wie den jährlichen Tag der offenen Tür zu organisieren, wurde beschlossen, die Möglichkeiten der sozialen Medien zu nutzen, um die Öffentlichkeit in der ganzen Welt über die Arbeitsweise des Gerichtshofs zu informieren. So wurden – ausschließlich in den sozialen Medien – drei virtuelle Veranstaltungen organisiert, und zwar anlässlich des Europatags (9. Mai), des Europäischen Tags der Justiz (24. Oktober) und des Jahrestags der Errichtung des Gerichtshofs (4. Dezember): Vorstellung von Urteilen des Gerichtshofs, Animationen zu bestimmten Themen der Rechtsprechung, Fragen-Antworten. Auch aufgrund dieser Veranstaltungen ist die Zahl der Follower des Gerichtshofs in diesem Jahr weiter gestiegen auf 90 000 bei LinkedIn und 100 000 bei Twitter. Mit diesen drei Veranstaltungen wurden auf Twitter insgesamt 1 713 000 Impressions (Angabe, wie oft Nutzer den Tweet gesehen haben) und auf LinkedIn 258 000 Impressions erreicht.

Außerdem wurden für Journalisten Online-Pressebriefings zu laufenden Verfahren abgehalten. Die 11 Pressebriefings wurden von 94 Journalisten verfolgt.

Nach der geltenden Regelung hat der Gerichtshof auf 103 Anträge hin Zugang zu Verwaltungsdokumenten und zu seinem historischen Archiv gewährt. Der Gerichtshof hat außerdem 17 174 Auskunftsverlangen von Bürgern beantwortet, die sowohl anhängige Rechtssachen als auch die Rechtsprechung, seine Arbeitsweise oder seine Zuständigkeiten betrafen.

Schließlich hat sich das Justizielle Netzwerk der Europäischen Union, das im März 2017 anlässlich des 60. Jahrestags der Römischen Verträge geschaffen wurde und die Verfassungsgerichte und obersten Gerichte der Mitgliedstaaten vereint, mehrere Male per Videokonferenz getroffen, und zwar in zwei thematischen Gruppen – „Innovation“ und „Juristische Terminologie“. Diese Sitzungen boten Gelegenheit, sich darüber auszutauschen, wie neue Technologien zur Unterstützung der Rechtsprechungstätigkeit eingesetzt und Übersetzungsressourcen von den nationalen Gerichten gemeinsam genutzt werden können.

Der Beitrag der Generaldirektion Multilingualismus zur Kontinuität der Tätigkeit des Unionsorgans

Von Thierry Lefèvre, Leiter der Generaldirektion Multilingualismus

Die Vielsprachigkeit steht im Zentrum der gerichtlichen Verfahren des Organs. Andernfalls hätte der Bürger keinen Zugang zu den Unionsgerichten und ihrer Rechtsprechung, die doch Rechte und Pflichten schafft. So stand die Generaldirektion Multilingualismus (DGM) mit dem plötzlichen Auftreten der Gesundheitskrise vor der Herausforderung, die ihr übertragene Aufgabe zu erfüllen und dabei die Sicherheit des Personals zu gewährleisten.

Konkret gab es in den ersten Monaten des Jahres, als die Pandemie begann, noch keine Störungen. Ende Februar allerdings versetzte die DGM ihren operativen Stab in Einsatzbereitschaft und plante in enger Abstimmung mit den anderen Dienststellen des Gerichtshofs und den Kabinetten der Richter und Generalanwälte die Umsetzung ihrer Notfallpläne.

Am 13. März, drei Tage vor Beginn des nationalen Lockdowns, wurde das Personal darüber informiert, dass es nicht in die Gebäude des Gerichtshofs zurückkommen solle. Oberste Priorität war es, die Gesundheit der Mitarbeiter zu schützen und die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Sobald dieses doppelte Ziel erreicht war, galt es für die DGM, die Kontinuität des Dienstes zu sichern. So war zunächst Agilität und Kreativität gefragt, um spezifische Aspekte dieser Krise zu meistern, dann aber Ausdauer, weil es ungewiss war und nach wie vor ist, wie lange diese Krise noch andauert.

Für die Juristische Übersetzung berücksichtigten die kollektiven wie indiviuellen Zielvorgaben in der ersten Zeit des Lockdowns und in begründeten Fällen die persönliche Situation der Mitarbeiter (allein oder mit Kindern lebend usw.) der Generaldirektion. Da es sich um eine allgemeine Krise handelte, wurde der vorübergehende Produktivitätsrückgang durch den Rückgang der Nachfrage für Übersetzungen ausgeglichen. In der Folge war es durch organisatorische Maßnahmen und das Engagement aller Mitarbeiter in Verbindung mit einer kontinuierlichen Investition in neue Technologien und einer optimierten Externalisierung möglich, die Produktionskapazität wiederherzustellen, so dass die Kontinuität des Dienstes zu keinem Zeitpunkt gefährdet war.

Beim Dolmetschen hat sich die Frage der Kontinuität auf andere Weise gestellt. Mündliche Verhandlungen mussten abgesagt oder auf einen Termin nach dem 25. Mai verschoben werden. Die Zeit vom 13. März bis zum 25. Mai wurde daher genutzt, um ein Protokoll für mündliche Verhandlungen aufzustellen, das die Gesundheit aller Beteiligten schützen sollte, wie z. B. dadurch, dass jede Dolmetschkabine nur noch von einem Dolmetscher genutzt werden durfte. In Anbetracht der Reisebeschränkungen, die die Vertreter der Parteien nach wie vor daran hinderten, nach Luxemburg zu kommen, wurde ein System eingerichtet, das es ihnen ermöglichte, per Videokonferenz an den Sitzungen teilzunehmen. Damit konnten zahlreiche Terminverlegungen vermieden werden. Diese Neuerung war eine große technische, kognitive und organisatorische Herausforderung, die aber erfolgreich gemeistert wurde. Schließlich hat der Dolmetschdienst die Zeit, in der keine mündlichen Verhandlungen stattfanden, auch dafür genutzt, Fortbildungs- und Schulungsmaßnahmen (Sprachkurse, Dolmetschübungen und Online-Sprachaustausch) durchzuführen und für den Beruf des Dolmetschers für das Fachgebiet Recht zu werben (Webinare und Sprachmodule).

Die DGM konnte sich jederzeit auf das Engagement und Verantwortungsbewusstsein ihrer Mitarbeiter, die gegenseitige Unterstützung und den entscheidenden Beitrag der neuen Technologien stützen, um die Kontinuität der Juristischen Übersetzung und des Dolmetschdienstes zu organisieren.

Schließlich hat sich die Anpassungsfähigkeit der DGM daran gezeigt, dass die Arbeitsabläufe nunmehr papierlos funktionieren und Schulungen und Besprechungen im Fernweg durchgeführt werden. Die Mitarbeiter kommen auch online zusammen, um die für unser aller Wohlbefinden wichtigen sozialen Kontakte aufrechtzuerhalten, und das Personal wird regelmäßig durch E-Mails des Generaldirektors oder Newsletter auf dem Laufenden gehalten.

Das Ergebnis entspricht den unternommenen Anstrengungen. 2020 konnten mit dem Einsatz aller Beteiligten die anberaumten mündlichen Verhandlungen verdolmetscht und die erforderlichen Übersetzungen erstellt werden; die volle Vielsprachigkeit konnte daher in diesem für uns alle besonders herausfordernden Jahr im Interesse sowohl der Rechtssuchenden als auch der Bürger in fast normalem Umfang gewährleistet werden.

Die Informationstechnologien im Pandemie-Härtetest

Von Raluca Peica, Leiterin der Direktion Informationstechnologien

Das Jahr 2020 war für die Direktion Informationstechnologien (DTI) ein historisches Jahr, das außergewöhnliche Reaktions- und Anpassungsfähigkeit erforderte.

Als die generelle Telearbeit beschlossen wurde, bestand die oberste Priorität darin, es den Dienststellen des Gerichtshofs zu ermöglichen, trotz des Lockdowns so effizient wie möglich weiterzuarbeiten.

Bevor das Personal am 13. März 2020 angewiesen wurde, von zuhause aus zu arbeiten, hatten wir unsere Helpdesk- Mitarbeiter bereits so ausgestattet, dass sie Anfragen im Homeoffice bearbeiten konnten. Vorausschauenderweise arbeitete die Hälfte dieser Mitarbeiter schon mehrere Tage zuhause, bevor der Beschluss erging, die Telearbeit auf alle Mitarbeiter des Gerichtshofs zu erstrecken. Dadurch konnten wir uns vergewissern, dass der Support auch in dieser Form ordnungsgemäß funktionierte und bereit stand, die Nutzer zu unterstützen, deren Arbeitsort sich von einem Tag auf den anderen änderte. Um allen Nutzern des Gerichtshofs einen Arbeitsplatz bieten zu können, der es ermöglicht, zuhause wie im Büro zu arbeiten, beschleunigten wir ab Februar das bereits laufende Mobilitätsprogramm und statteten alle, die noch nicht entsprechend ausgerüstet waren, mit den erforderlichen Geräten aus.

Einige Tage nach Beginn des Lockdowns verzehnfachten wir die Kapazität unserer Internetleitungen, um den deutlichen Anstieg des Verbindungsbedarfs zwischen dem Gerichtshof und der Außenwelt zu bewältigen. Dies konnte erreicht werden, weil die beteiligten Dienststellen alles daran gesetzt haben, um diese Kapazitätserhöhung in außergewöhnlich kurzer Zeit vorzunehmen.

Kommunikation und Zusammenarbeit waren die Leitlinien unserer Tätigkeit während der Coronakrise, und zwar sowohl für die juristische Arbeit als auch für die Verwaltungsarbeit, intern wie extern. Die sichtbarsten Maßnahmen sind der neu eingerichtete sichere Videokonferenzdienst, der die Organisation von Kammerberatungen und -konferenzen (15 pro Woche) und Direktionssitzungen des Unionsorgans (150 pro Woche) ermöglicht. Er hat es dem Gerichtshof und dem Gericht erlaubt, 78 mündliche Verhandlungen durchzuführen, an denen Parteien von einem Fernstandort aus teilnahmen.

Die Coronakrise hat uns vor Herausforderungen gestellt, uns aber auch die Gelegenheit geboten, die Digitalisierung, die beim Gerichtshof bereits im Gange war, zu beschleunigen. Daher haben wir, nachdem wir anfänglich unsere Ressourcen darauf konzentriert hatten, die Stabilität der Informatik- und Telekommunikationsdienste im Kontext der Krise zu gewährleisten, unsere sonstigen Tätigkeiten und Projekte im üblichen Rhythmus wieder aufgenommen, sie allerdings angepasst, um den neuen krisenbedingten Bedürfnissen Rechnung zu tragen, wie z. B. einer stärkeren Autonomie der Nutzer beim Gebrauch der Telearbeithilfsmittel. Trotz der Krise haben wir auch weiter an unserem Digitalisierungsfahrplan, insbesondere am Projekt des Integrierten Fallbearbeitungssystems (SIGA), und den operationellen Stabilitätsprogrammen gearbeitet.

Für die DTI war 2020 daher kein Jahr der Aufrechterhaltung des Status quo, sondern ein Jahr der Anpassung und Veränderung.