Eine Verwaltung im Dienst der Justiz

A | Einleitende Bemerkungen des Kanzlers
B | Wichtigste Ereignisse des Jahres
C | Beziehungen zur Öffentlichkeit

 
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A | Einleitende Bemerkungen des Kanzlers

Im Jahr 2023 hat der Gerichtshof entschlossen seinen Weg der Transformation fortgesetzt, um nicht nur auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet zu sein, sondern auch alle sich ergebenden Möglichkeiten nutzen zu können.

Alfredo Calot Escobar

Kanzler des Gerichtshofs


Der Kanzler des Gerichtshofs, Generalsekretär des Unionsorgans, leitet die Verwaltungsdienststellen unter Aufsicht des Präsidenten.


Im Jahr 2023 hat der Gerichtshof entschlossen seinen Weg der Transformation fortgesetzt, um nicht nur auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet zu sein, sondern auch alle sich ergebenden Möglichkeiten nutzen zu können.

Hinsichtlich seiner Rechtsprechungstätigkeit wurde im vergangenen Jahr das Gesetzgebungsverfahren zur teilweisen Übertragung der Zuständigkeit für Vorabentscheidungen auf das Gericht durchgeführt, in dem im Dezember eine politische Einigung erzielt wurde. Parallel dazu wurde aktiv daran gearbeitet, dass diese Reform zu gegebener Zeit reibungslos umgesetzt werden kann. Dies wird ein bedeutsamer Moment in der Geschichte des Dialogs des Gerichtshofs mit den nationalen Gerichten sein und ein wichtiger Schritt, um die Effizienz seiner Rechtsprechungstätigkeit weiter zu verbessern.

Neben den Vorbereitungen für diese Übertragung stand die effektive und geordnete Integration neuer Technologien im Fokus seiner Anstrengungen. In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof als erstes Unionsorgan eine Strategie zur Integration der Künstlichen Intelligenz entwickelt. Dazu gehört die Einrichtung eines „AI Management Board“, das die ethischen Aspekte der Nutzung von KI beim Gerichtshof überwachen und insoweit klare Grenzen setzen soll. Dieser Ausschuss, der mit Mitgliedern des Gerichtshofs und des Gerichts besetzt ist, gewährleistet, dass die technologiebezogenen Entscheidungen, die der Gerichtshof bezüglich der Integration KI-basierter Hilfsmittel trifft, ethisch unbedenklich sind und mit seinen Grundsätzen in Einklang stehen. Um eine Kultur des verantwortungsvollen und sicheren Umgangs mit KI-Hilfsmitteln zu fördern, erließ der Ausschuss als eine seiner ersten Maßnahmen Leitlinien für das Personal zur Nutzung von KI.

KI-Hilfsmittel werden außerdem in das künftige Rechtssachenbearbeitungssystem integriert, so dass nicht nur die neuesten Technologien bestmöglich genutzt werden können, sondern auch die Voraussetzungen für ein horizontales und vollständig integriertes System geschaffen werden, das die Arbeitsabläufe rationalisieren und zahlreiche repetitive Tätigkeiten automatisieren soll. Dieser ganzheitliche Ansatz wird die bemerkenswerte Vielfalt an Fachkenntnissen des Personals weiter unterstützen, entwickeln und nutzen, so dass mehr Zeit für intellektuell anregende und wertschöpfende Aufgaben bleibt.

Im vergangenen Jahr ging es jedoch nicht nur darum, den Grundstein für die Zukunft zu legen, sondern auch darum, zu zeigen, dass der Gerichtshof an seinen Gründungswerten festhält. Einer dieser Werte, der dem Gerichtshof seit seiner Errichtung zugrunde liegt, ist die Vielfalt – die Vielfalt der Kulturen, Sprachen und Rechtstraditionen.

Der Garten der Vielsprachigkeit soll das lebendige Sprachenmosaik des Gerichtshofs würdigen und steht für dessen Engagement für Vielfalt und Gleichstellung. Diese Vielfalt kann jedoch nur erreicht werden, wenn der Gerichtshof in der Lage ist, Talente aus allen Mitgliedstaaten anzuziehen.

Zu diesem Zweck wurden 2023 die auf interinstitutioneller Ebene geführten Diskussionen zur Steigerung der Attraktivität Luxemburgs als Arbeitsort weiter vorangetrieben. In diesem Rahmen hat das Kollegium der Generalsekretäre und Verwaltungschefs der in Luxemburg ansässigen Unionsorgane und einrichtungen eine Reihe pragmatischer Maßnahmen beschlossen, die darauf abzielen, Luxemburg als Arbeitsort zu fördern, die Integration von Neuankömmlingen und Praktikanten zu erleichtern und Hindernisse zu beseitigen, die Bürger aller Mitgliedstaaten davon abhalten könnten, bei den Unionsorganen mit Sitz im Großherzogtum zu arbeiten.

In seinem ständigen Bemühen um eine gerechte geografische Vertretung hat der Gerichtshof beschlossen, Pilotprojekte zu starten, um das Bewusstsein für die Bedeutung der geografischen Ausgewogenheit zu schärfen und direkt in den Mitgliedstaaten für eine Tätigkeit bei und für den Gerichtshof zu werben. Ein hervorragendes Beispiel dafür war ein Besuch in Lettland, wo eine Delegation von Mitgliedern und Führungskräften des Gerichtshofs produktive Gespräche mit Vertretern u. a. der Justiz, der Regierung, der Wissenschaft und der Medien führte. Ziel war es, die Aufgaben des Gerichtshofs vorzustellen, berufliche Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen und die juristische und sprachliche Ausbildung zu unterstützen, die für die Arbeit beim Gerichtshof relevant ist.

Das Jahr 2023 stand daher ganz im Zeichen des starken Engagements des Gerichtshofs für den Dienst an der Öffentlichkeit. Gleichzeitig hat der Gerichtshof aber auch sein Potenzial ausgelotet und damit begonnen, neu zu definieren, wie er arbeitet und wie seine Zukunft aussehen soll. Eine Zukunft, in der er sich nicht lediglich an den Wandel anpasst, sondern ihn vorantreibt, und zwar in demselben Geist von Exzellenz, Diversität, Fortschritt und Engagement, der ihn seit jeher leitet.

B | Wichtigste Ereignisse des Jahres

Die Vielsprachigkeit im Blickpunkt des Gerichtshofs der Europäischen Union

Die in den Verträgen verankerte Vielsprachigkeit ist ein wesentlicher Wert des europäischen Projekts. Sie ist unabdingbare Voraussetzung für die Transparenz der Tätigkeit der Unionsorgane und die Anwendbarkeit des europäischen Rechts sowie ein Zeichen des tiefen Respekts für die nationalen Identitäten und Kulturen.

Als ein wichtiger Aspekt der Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union dient die Vielsprachigkeit zwingenden demokratischen Erfordernissen, weil sie es ermöglicht, dass alle europäischen Bürger gleichen Zugang zu den Unionsgerichten haben und Kenntnis von der Rechtsprechung nehmen. Der Sprachendienst des Gerichtshofs sorgt für die Übersetzung von Dokumenten und das Dolmetschen in Sitzungen, so dass der Gerichtshof in allen 24 Amtssprachen der Union arbeiten und Tag für Tag bis zu 552 Sprachkombinationen bewältigen kann. Diese Sprachenregelung der vollständigen Vielsprachigkeit gibt es bei keinem anderen Gericht der Welt. Ihre Umsetzung bleibt eine ständige Herausforderung und erfordert ein rigoroses und effizientes Management der verfügbaren personellen und technischen Ressourcen.

Seit einigen Jahren stellt der Gerichtshof umfassende Überlegungen an, um die Vielsprachigkeit, wie sie bei ihm gehandhabt wird, zu erläutern und zu fördern. Dies hat zu mehreren Initiativen geführt, die insbesondere in der juristischen und akademischen Welt das Bewusstsein für die Bedeutung der Vielsprachigkeit schärfen sollen.

Im Jahr 2023 wurde am 9. Mai, dem Europatag, der Garten der Vielsprachigkeit eingeweiht, der auf einem Grundstück angelegt wurde, das durch den Abriss eines ehemaligen Verwaltungskomplexes der Europäischen Kommission frei geworden war und an das Gelände des Gerichtshofs angrenzt. Diese neue Grünfläche, die in Partnerschaft mit den luxemburgischen Behörden geschaffen wurde, ist der Vielsprachigkeit gewidmet, öffentlich zugänglich und für kulturelle Veranstaltungen vorgesehen. Sie trägt außerdem zur Erhaltung der biologischen Vielfalt im städtischen Umfeld bei, indem sie durch die vielfältige Bepflanzung die Entwicklung von Biotopen fördert. Der auf dem Kirchberg-Plateau, dem Sitz zahlreicher europäischer Institutionen, angelegte Garten ist eine Hommage an die sprachliche Vielfalt der Union, den Sitzstaat Luxemburg und seine jahrhundertealte Mehrsprachigkeit.

In diesem Jahr wurde auch ein dreibändiges Werk über die Vielsprachigkeit am Gerichtshof und in der gesamten Union veröffentlicht, das in alle Amtssprachen der Union übersetzt wurde. In diesem Werk werden die verschiedenen Aspekte der Sprachenregelung des Gerichtshofs und die Art und Weise untersucht, wie die Vielsprachigkeit mit Hilfe des Dolmetschdiensts und des Diensts der juristischen Übersetzung konkret umgesetzt wird. Der zweite Band mit dem Titel „Vielsprachige Reiseberichte“ enthält Beiträge von auf ihrem Fachgebiet anerkannten Persönlichkeiten – Richter, Philosophen, Philologen und Politiker – aus den 27 Mitgliedstaaten. Diese in allen Sprachen der Union verfassten Berichte laden den Leser dazu ein, die Konzepte und Herausforderungen der Vielsprachigkeit in ganz Europa zu entdecken. Die Publikation, die 2024 der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen wird, soll eine Reflexionsgrundlage und Inspirationsquelle für jeden sein, der sich für die Sprachen und die vielsprachige Funktionsweise der Europäischen Union interessiert. Schließlich trafen die Autoren dieses Werks bei einem Kolloquium mit Mitgliedern der Führungsebene des Gerichtshofs und der anderen Unionsorgane zusammen, um gemeinsam über das Thema „Qualitativ hochwertige Vielsprachigkeit vor dem Hintergrund eines beschleunigten technologischen Fortschritts" nachzudenken.

Zugänglichkeit und Inklusion: Ein Thema, das alle angeht!

Die Rechte von Menschen mit Behinderungen und das Verbot jeglicher Form von Diskriminierung sind in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, den Verträgen, der europäischen Säule sozialer Rechte und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen verankert, dem die Europäische Union 2010 beigetreten ist und das Teil des Unionsrechts ist.

Die Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes und des Diskriminierungsverbots gehört seit jeher zu den Werten des Gerichtshofs als Unionsorgan. Es waren allerdings noch einige Schritte zu unternehmen, um die Zugänglichkeit und die Inklusion von Menschen mit Behinderungen wirklich zu einem Thema zu machen, „das alle angeht“. Der Gerichtshof rief daher ein ehrgeiziges dienststellenübergreifendes Projekt ins Leben, damit jeder Einzelne einen größeren Beitrag zur Schaffung eines integrativen Umfelds leisten kann.

Die Maßnahmen, die bereits durchgeführt wurden und noch durchgeführt werden, betreffen viele verschiedene Bereiche: Einstellung und Begleitung von Kollegen mit Behinderungen und ihren Betreuern, Zugänglichkeit von Einrichtungen, digitale Zugänglichkeit und Zugang zu Informationen sowie Kommunikation, Sensibilisierung und Schulung.

Vor allem wird am Gerichtshof ein klarer Rahmen geschaffen, um für Mitarbeiter des Gerichtshofs und Stellenbewerber mit Behinderungen die Anpassungen vorzunehmen, die ihre Arbeit bzw. ihren Zugang zu Arbeitsplätzen beim Gerichtshof erleichtern. Dabei geht es u. a. um technische Lösungen, die Anpassung der Arbeitsumgebung, flankierende Maßnahmen oder die Neuregelung von Aufgaben und Arbeitszeiten.

Schließlich wurden mehrere Maßnahmen ergriffen, um den physischen Zugang zu den Einrichtungen des Gerichtshofs zu erleichtern, und zwar sowohl für sein Personal als auch für Rechtsanwälte und Bevollmächtigte, Freelance-Dolmetscher und ganz allgemein für Besucher. Die Eingangsbereiche der Gebäude wurden umgestaltet und das Evakuierungsverfahren wurde angepasst. Die spezifischen Vorkehrungen für die Sitzungssäle wurden überprüft. Ein längerfristiger Aktionsplan soll gewährleisten, dass die neuen Normen für die Zugänglichkeit von Gebäuden eingehalten werden.

Die digitale Zugänglichkeit und der Zugang zu Informationen betreffen sowohl das Personal des Gerichtshofs als auch externe Nutzer. Die CVRIA-Website wird in Bezug auf Struktur, Funktionalitäten und Inhalt verbessert. Ferner wird die Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen „by design“ – also bereits bei der Konzeption – in die zukünftige digitale Arbeitsumgebung integriert. Die Sammlung der Rechtsprechung entspricht bereits seit 2021 den Empfehlungen für die Zugänglichkeit und kann mit Hilfe assistierender Technologien gelesen werden.

Schließlich werden regelmäßig Sensibilisierungs, Informations- und Schulungsmaßnahmen durchgeführt, um Inklusion, gegenseitigen Respekt, Zusammenarbeit und die Unterstützung von Menschen mit Behinderungen und von Betreuungspersonen zu fördern.

Katia Vermeire

Assistentin in der Direktion Wissenschaftlicher Dienst und Dokumentation

„Seit der Gerichtshof das Projekt zur Zugänglichkeit und zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen lanciert hat, wollte ich meinen Beitrag dazu leisten, da Behinderungen in unseren genormten Gesellschaften noch nicht ausreichend berücksichtigt werden. Dieses Projekt liegt mir besonders am Herzen. Da ich selbst eine Behinderung habe, möchte ich meine Erlebnisse und Erfahrungen in den Dienst von Menschen stellen, die sich in einer ähnlichen Lage befinden.

Es ist wichtig, unsere Mitbürger und Kollegen zu sensibilisieren. Bevor ich selbst in meiner Mobilität eingeschränkt wurde, hatte ich keine Vorstellung von dem Hindernislauf, den Menschen mit Behinderungen und ihre Betreuungspersonen absolvieren müssen.

Seien wir solidarisch. Wenn jeder seinen Teil dazu beiträgt, werden wir es schaffen, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das nicht nur zugänglich, sondern auch fair ist.“

Künstliche Intelligenz: Der Gerichtshof nimmt seine Strategie zur KI an

Der Gerichtshof verfolgt seit vielen Jahren die Entwicklungen auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz und der neuen Technologien, um zu ermitteln, mit welchen Technologien er seine Arbeitsweise effizienter gestalten kann.

Seit 2019 wird er bei seiner digitalen Transformation durch das Innovation Lab unterstützt, das zur Direktion Informationstechnologien gehört. In Zusammenarbeit mit den interessierten Dienststellen identifiziert, analysiert und prüft das Innovation Lab die Funktionalitäten und Module der verschiedenen Hilfsmittel. Die zukünftige Nutzung dieser Hilfsmittel unterliegt den Vorgaben der Vertraulichkeit, der Sicherheit und des Datenschutzes. Seit der Einrichtung des Innovation Lab wurden rund 30 Ideen vorgeschlagen und rund 20 getestet, von denen einige in Umsetzung begriffen oder bereits umgesetzt sind.

Um die vielversprechenden Möglichkeiten der neuen Technologien in vollem Umfang nutzen zu können und ihre Integration vorzubereiten, hat der Gerichtshof im Juni 2023 eine Strategie zur Integration KI-basierter Hilfsmittel in die Arbeitsweise des Gerichtshofs der Europäischen Union“ angenommen. Im Zusammenhang mit der Nutzung dieser Hilfsmittel muss nicht nur die Datenhoheit gewährleistet sein, sondern auch die Wahrung der Grundrechte und der Ethikregeln.

Als erstes der Unionsorgane hat der Gerichtshof eine solche Strategie angenommen und schon lange vor der Annahme des Vorschlags eines europäischen Rechtsrahmens für die Künstliche Intelligenz („AI Act“) drei wesentliche Grundsätze definiert:

  • Verbesserung der Effektivität und Effizienz der Verfahren im Bereich Verwaltung und Rechtsprechung,
  • Verbesserung der Qualität und Kohärenz gerichtlicher Entscheidungen und
  • Verbesserung des Zugangs zur Justiz und der Transparenz gegenüber dem europäischen Bürger.

Es wurde ein Ethikausschuss, das sogenannte „AI Management Board (AIMB)“, eingerichtet, dessen Hauptaufgabe darin besteht, Leitlinien und Grenzen für die Nutzung von KI-basierten Hilfsmitteln festzulegen. Dieser Ausschuss überwacht, dass der Erwerb, die Entwicklung und die Nutzung dieser Hilfsmittel in Übereinstimmung mit den in der Strategie festgelegten Grundsätzen erfolgt. Zu diesen Grundsätzen gehören Fairness, Unparteilichkeit und Nichtdiskriminierung, Transparenz, Rückverfolgbarkeit, Vertraulichkeit von Informationen, Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten, Überwachung durch den Menschen und kontinuierliche Verbesserung.

In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof 2023 Leitlinien zur Nutzung von KI-basierten Hilfsmitteln erlassen.

Stärkung der europäischen justiziellen Zusammenarbeit: Partnerschaft mit dem Europäischen Netz für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten

Der Dialog und die Zusammenarbeit mit den nationalen Gerichten stehen im Mittelpunkt des Auftrags des Gerichtshofs. Ein konkretes Beispiel für diese Zusammenarbeit ist die Partnerschaft, die der Gerichtshof seit 15 Jahren mit dem Europäischen Netz für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten (EJTN) aufgebaut hat. Das EJTN wurde im Jahr 2000 gegründet, um die vom Europäischen Rat in Tampere (Finnland) angekündigte Schaffung eines europäischen Rechtsraums zu fördern, und hat sich zu einem unverzichtbaren Akteur in der Ausbildung von Angehörigen der Rechtsberufe, insbesondere von nationalen Richtern und Staatsanwälten, entwickelt. Als Ausdruck seines Engagements für seine Partnerschaft mit dem EJTN, dem alle europäischen Zentren für die juristische Ausbildung angehören, hat der Gerichtshof 2023 die Erklärung „Unterstützung des Europäischen Netzes für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten im Hinblick auf die Schaffung einer nachhaltigen europäischen Rechtskultur“ angenommen.

Unterstützung des Europäischen Netzes für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten im Hinblick auf die Schaffung einer nachhaltigen europäischen Rechtskultur

In den vergangenen 70 Jahren hat der Gerichtshof der Europäischen Union einen engagierten Dialog mit den nationalen Gerichten geführt.

Dieses Engagement findet seinen Ausdruck in der starken Partnerschaft, die er mit dem EJTN aufgebaut hat. Dieses Netz ist die wichtigste Plattform für den Wissensaustausch zwischen Angehörigen der europäischen Justiz auf einem breiten Spektrum von Rechtsgebieten, insbesondere dem Unionsrecht. Das EJTN hat über zwei Jahrzehnte lang Fortbildungen für Angehörige der nationalen Justiz veranstaltet und damit zur Kenntnisförderung im Unionsrecht beigetragen.

Jährliche Seminare, Studienbesuche, Foren und der Austausch von Fortbildungsmaterialien sind Teil der bewährten Zusammenarbeit zwischen dem EJTN und dem Gerichtshof. Seit 2007 haben das EJTN und der Gerichtshof Langzeitpraktika für nationale Richter und Staatsanwälte organisiert, die sechs oder zwölf Monate in den Kabinetten von Richtern oder Generalanwälten mitarbeiten dürfen. Dadurch gewinnen sie einen einzigartigen Einblick in die Arbeitsweise des Gerichtshofs und können ihre Kenntnisse im Bereich des Unionsrechts und der Unionsverfahren erweitern.

Diese langjährige erfolgreiche Partnerschaft hat Vorteile auf mindestens drei Ebenen. Auf der nationalen Ebene hilft sie Justizangehörigen dabei, nach ihrer Rückkehr ihre nationalen Aufgaben mit einem besseren Verständnis von ihrer Rolle bei der Anwendung des Unionsrechts zu erfüllen. Innerhalb des Gerichtshofs wird die Vielfalt der Rechtskulturen, die stets von besonderer Bedeutung für das Unionsorgan war, durch die Anwesenheit der nationalen Richter und Staatsanwälte bereichert. Schließlich fördert diese Art der Zusammenarbeit ganz allgemein den Dialog zwischen europäischen und nationalen Richtern und gewährleistet damit die einheitliche Anwendung des Unionsrechts in Europa.

Für die weitere Stärkung dieser Zusammenarbeit zählt der Gerichtshof auf die anhaltende Unterstützung des Europäischen Parlaments und des Rates im Rahmen der Verordnung (EU) 2021/693 zur Einrichtung des Programms „Justiz“. Er zählt ferner auf die Unterstützung der Europäischen Kommission, die dieses Programm über ihr Arbeitsprogramm umsetzt und in ihrer Strategie für die justizielle Aus- und Fortbildung auf europäischer Ebene für den Zeitraum 2021-2024 (Mitteilung COM[2020] 713) die „besondere Funktion“ des EJTN in der justiziellen Aus- und Fortbildung in der EU anerkannt hat.

Darüber hinaus ist für den Gerichtshof bei der Organisation der Langzeitpraktika für nationale Richter und Staatsanwälte die geografische Ausgewogenheit und die Vertretung aller nationalen Rechtskulturen von besonderer Bedeutung. Er unterstützt daher öffentlichkeitswirksame Initiativen in den Mitgliedstaaten und verstärkt seinerseits die Kommunikation über die Langzeitpraktika beim Gerichtshof. Mit diesen Bemühungen in Kombination mit denen der Mitgliedstaaten und des EJTN soll die Zusammenarbeit zwischen den europäischen und den nationalen Gerichten gefördert und über die damit verbundenen allseitigen Vorteile informiert werden.

Seit seiner Errichtung war es dem Gerichtshof ein besonderes Anliegen, enge Beziehungen zu den nationalen Richtern zu unterhalten, und seine Zusammenarbeit mit dem EJTN ist ein wesentlicher Teil dieser wichtigen Aufgabe. Es ist unerlässlich, diese Partnerschaft zu stärken, weil sie in ihrer Wirkung weit über die Vermittlung von Kenntnissen im Unionsrecht hinausgeht – sie trägt vielmehr zur Entwicklung einer echten europäischen Rechtskultur und zu einem positiven Gemeinschaftsgefühl der europäischen Richter auf Unions- und nationaler Ebene bei.

Der Gerichtshof und das EJTN haben daher beschlossen, neue Projekte zum Ausbau ihrer Zusammenarbeit anzustoßen. So wird z. B. die Zahl der nationalen Richter und Staatsanwälte erhöht, die ein Langzeitpraktikum am Gerichtshof absolvieren können. Insoweit sind zwei Reihen von Maßnahmen vorgesehen. Erstens sollen die Angehörigen der Rechtsberufe in den Mitgliedstaaten für die Möglichkeit solcher Praktika sensibilisiert werden, damit es mehr Bewerber gibt. Zweitens sollen alle diesen Praktika entgegenstehenden sprachlichen Hindernisse ausgeräumt werden, indem der Gerichtshof dem EJTN sein Fachwissen und Lehrmaterial im Bereich der Sprachausbildung zur Verfügung stellt.

Ingrid Derveaux

Generalsekretärin des EJTN

„Das EJTN ist entschlossen, den unverzichtbaren Dialog zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, die das Unionsrecht anwenden, zu fördern. Wir freuen uns, dass der Gerichtshof uns in diesem Bestreben unterstützt und mehrere Projekte mit dem Ziel angestoßen hat, dass sich noch mehr Richter und Staatsanwälte der Mitgliedstaaten der Union am Praktikumsprogramm des Gerichtshofs beteiligen können. Möge diese so wichtige und erfolgreiche Zusammenarbeit auch 2024 weiter gestärkt werden!“

Diana-Daniela Popel

Richterin, die ein Praktikum im Kabinett von Richterin Ineta Ziemele absolviert hat

„Das Praktikum beim Gerichtshof war eine wundervolle Möglichkeit, mich mit den dortigen Arbeitsabläufen vertraut zu machen und meine Kenntnisse im Unionsrecht zu vertiefen. Ich konnte mich an der täglichen Arbeit des Gerichtshofs beteiligen und hatte das Glück, hervorragende Juristen kennenzulernen. Gerade vor dem Hintergrund der besonderen Rolle der nationalen Richter bei der Anwendung des Unionsrechts kann ich dieses Praktikum jedem Richter, der bei einem mitgliedstaatlichen Gericht arbeitet und eine sowohl beruflich als auch persönlich äußerst bereichernde Erfahrung machen möchte, nur wärmstens empfehlen. Ich danke allen Kabinettsmitgliedern herzlich dafür, dass sie mich so freundlich aufgenommen haben, und natürlich auch dem Team des EJTN!“

Beziehungen zur Öffentlichkeit

 
16 819
Besucher, davon
 
4 555
Angehörige der Rechtsberufe
 
virtuelle Besucher:
8%
 
2 095
Besucher am Tag der offenen Tür

Virtuelle Besuche – Schulprogramm

Das Schulprogramm des Gerichtshofs soll Schülerinnen und Schülern der gymnasialen Oberstufe im Alter von 15 bis 18 Jahren näherbringen, worin die Aufgabe des Rechtsprechungsorgans der Union besteht, und ihnen verdeutlichen, wie sich die Rechtsprechung des Gerichtshofs konkret auf den Alltag der europäischen Bürger auswirkt. Damit sollen die Jugendlichen und ihre Lehrer für die demokratischen Werte und die aktuellen juristischen Fragestellungen sensibilisiert werden. 2023 haben etwa 900 Schülerinnen und Schüler den Gerichtshof im Rahmen dieses Programms besucht.

 
2 814
Pressemitteilungen
 
625
Informationsschreiben
 
547
„Schnellinfos“
 
14 000
Anfragen von Bürgern
(Telefonanrufe und E Mails)

Aufgabe der Pressereferenten der Direktion Kommunikation, die alle eine juristische Ausbildung haben, ist es, Journalisten aus den Mitgliedstaaten und ihren verschiedenen Korrespondenten die Urteile, Beschlüsse und Schlussanträge, aber auch anhängige Rechtssachen zu erläutern. Sie verfassen Pressemitteilungen, um Journalisten und Fachleute in Echtzeit über die Entscheidungen des Gerichtshofs und des Gerichts zu informieren. Außerdem übermitteln sie regelmäßige Informationsschreiben zu wichtigen verfahrensbezogenen oder das Unionsorgan betreffenden Ereignissen sowie „Schnellinfos“ zu Rechtssachen, zu denen es keine Pressemitteilung gibt, an Personen, die eine entsprechende Anfrage beim Pressedienst des Gerichtshofs gestellt haben, und bearbeiten E Mails und Telefonanfragen von Bürgern.

159 000
Follower auf X
+ 9 % im Vergleich zu 2022
 
234 810
Follower auf LinkedIn
+ 32 % im Vergleich zu 2022
 
3 600
Follower auf Mastodon
 
21 000
Follower und
 
253 000
Aufrufe auf YouTube

Der Gerichtshof zeigt weiterhin eine aktive Präsenz in den sozialen Medien, und zwar über seine beiden X-Konten (auf Englisch und Französisch), sein LinkedIn und sein Mastodon-Konto. Die Zahl seiner Follower steigt stetig, was das Interesse und das Engagement der Öffentlichkeit für die Tätigkeit des Gerichtshofs belegt. Er verfügt auch über einen YouTube-Kanal, auf dem – in den 24 Amtssprachen – vielfältige audiovisuelle Inhalte verfügbar sind, insbesondere Animationen für die breite Öffentlichkeit, in denen erläutert wird, wie sich die Rechtsprechung des Gerichtshofs auf den Alltag der Bürger auswirkt.

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