Rechtsprechungstätigkeit

A | Der Gerichtshof im Jahr 2023
B | Das Gericht im Jahr 2023
C | Rechtsprechung im Jahr 2023

 
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A | Der Gerichtshof im Jahr 2023

Der Gerichtshof kann vor allem befasst werden mit

  • Vorabentscheidungsersuchen

Hat ein nationales Gericht Zweifel hinsichtlich der Auslegung oder der Gültigkeit einer Unionvorschrift, setzt es das bei ihm anhängige Verfahren aus und ruft den Gerichtshof an. Nach dieser Klärung durch den Gerichtshof kann das nationale Gericht über den ihm vorliegenden Rechtsstreit befinden. Für Rechtssachen, in denen eine besonders rasche Antwort geboten ist (wenn es z. B. um Asyl, Grenzkontrollen oder Kindesentführungen geht), ist ein Eilvorabentscheidungsverfahren („PPU“) vorgesehen;

  • Klagen, die gerichtet sind auf
    • Nichtigerklärung eines Rechtsakts der Union (Nichtigkeitsklage) oder
    • Feststellung, dass ein Mitgliedstaat gegen das Unionsrecht verstoßen hat (Vertragsverletzungsklage). Kommt der Mitgliedstaat dem Urteil, mit dem die Vertragsverletzung festgestellt wurde, nicht nach, kann eine zweite Klage wegen „doppelter Vertragsverletzung“ dazu führen, dass der Gerichtshof eine finanzielle Sanktion gegen den Mitgliedstaat verhängt;
  • Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Gerichts, auf die hin der Gerichtshof die Entscheidung des Gerichts aufheben kann;
  • Ersuchen um ein Gutachten über die Vereinbarkeit einer Übereinkunft, die die Union mit einem Drittstaat oder einer internationalen Organisation schließen will, mit den Verträgen (eingereicht von einem Mitgliedstaat oder einem europäischen Organ).

Tätigkeit und Entwicklung des Gerichtshofs

Die letzten Monate des Jahres 2023 standen im Zeichen der Verhandlungen über den Legislativantrag, den der Gerichtshof im November 2022 an das Europäische Parlament und den Rat gerichtet hatte. Dieser Antrag zielt zum einen darauf ab, die Zuständigkeit des Gerichtshofs für Vorabentscheidungen in sechs besonderen Sachgebieten (gemeinsames Mehrwertsteuersystem, Verbrauchsteuern, Zollkodex und zolltarifliche Einreihung von Waren in die Kombinierte Nomenklatur, Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fahr- und Fluggäste, System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten) auf das Gericht zu übertragen, und zum anderen darauf, den Anwendungsbereich des im Mai 2019 in Kraft getretenen Mechanismus der vorherigen Zulassung von Rechtsmitteln gegen Entscheidungen des Gerichts zu erweitern. Im Interesse der Rechtsuchenden, die Gerichtsentscheidungen von hoher Qualität innerhalb einer angemessenen Zeit erwarten dürfen, soll so die Arbeitsbelastung des Gerichtshofs und des Gerichts, das seit Juli 2022 über zwei Richter je Mitgliedstaat (d. h. 54 Richter) verfügt, besser austariert werden.

Der Gerichtshof wird damit in der Lage sein, sich stärker auf seine Kernaufgaben als Verfassungsgericht und oberstes Gericht der Union zu konzentrieren. Wie in den letzten Jahren betreffen die beim Gerichtshof – mittels Vorabentscheidungsersuchen oder Klagen (vor allem Vertragsverletzungsklagen) – anhängig gemachten Rechtssachen oft sensible Thematiken wie den Schutz rechtsstaatlicher Werte im Zusammenhang mit nationalen Justizreformen, die Asyl- und Einwanderungspolitik, den Schutz personenbezogener Daten und die Anwendung der Wettbewerbsregeln im digitalen Zeitalter, die Bekämpfung von Diskriminierung sowie Umwelt, Energie und Klimaschutz. In solchen Rechtssachen entscheidet regelmäßig die Große Kammer.

Die teilweise Übertragung der Zuständigkeit für Vorabentscheidungen auf das Gericht beruht auf zwei Grundprinzipien, denen Erwägungen der Rechtssicherheit, der Beschleunigung und der Transparenz zugrunde liegen, und zwar erstens, dass es nur eine einzige Anlaufstelle gibt, d. h. dass alle Vorabentscheidungsersuchen beim Gerichtshof einzureichen sind, der dann bestimmt, ob ausschließlich eines oder mehrere der genannten Sachgebiete betroffen sind, und zweitens, dass alle Vorabentscheidungssachen, die ausschließlich eines oder mehrere dieser Sachgebiete betreffen, an das Gericht weitergeleitet werden. Betrifft eine Rechtssache dagegen nicht ausschließlich diese Sachgebiete, weil sie z. B. davon unabhängig Fragen nach der Auslegung des Primärrechts oder der Charta der Grundrechte der Europäischen Union aufwirft, verbleibt sie beim Gerichtshof.

Aber auch in dem Fall, dass eine Vorabentscheidungssache an das Gericht weitergeleitet wird, hat dieses die Möglichkeit, die Rechtssache an den Gerichtshof zurückzuverweisen, wenn es der Ansicht ist, dass sie eine Grundsatzentscheidung erfordert. Der Gerichtshof wiederum hat in Ausnahmefällen die Möglichkeit, eine Entscheidung des Gerichts zu überprüfen, wenn die ernste Gefahr besteht, dass die Einheit oder die Kohärenz des Unionsrechts berührt wird.

Nach mehreren Monaten der Prüfung und der Verhandlungen wurde im Dezember 2023 eine politische Einigung über den Legislativantrag erzielt. Dabei wurde vereinbart, dass die Schriftsätze oder Erklärungen, die von den am Vorabentscheidungsverfahren Beteiligten eingereicht wurden, innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach Abschluss der Rechtssache auf der Website des Gerichtshofs veröffentlicht werden, es sei denn, der Beteiligte widerspricht der Veröffentlichung.

Der genaue Zeitplan der förmlichen Annahme der Änderungen der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und das Datum des Inkrafttretens stehen derzeit noch nicht fest. Außerdem bleibt noch viel Arbeit zu tun, um die für eine praktische Durchführung dieser Reform erforderlichen Änderungen an den Verfahrensordnungen des Gerichtshofs und des Gerichts vorzunehmen. Die grundsätzliche Billigung eröffnet aber jedenfalls die Möglichkeit, die Arbeitsweise der beiden Unionsgerichte für die kommenden Jahre neu zu regeln.

2023 hat es auch eine Änderung in der Zusammensetzung des Gerichtshofs gegeben, da Generalanwalt Pitruzzella aus seinem Amt ausgeschieden ist, nachdem er zum Richter am italienischen Verfassungsgericht ernannt worden war.

Statistisch gesehen war 2023 – ebenso wie die Vorjahre – ein Jahr intensiver Tätigkeit für den Gerichtshof. Es wurden 821 neue Rechtssachen anhängig gemacht, d. h. einige mehr als im Jahr 2022, und 783 Rechtssachen erledigt, d. h. eine ähnliche Zahl wie jeweils in den letzten drei Jahren. Die durchschnittliche Verfahrensdauer lag unter Berücksichtigung aller Verfahrensarten bei 16,1 Monaten und die Zahl der am 31. Dezember 2023 anhängigen Rechtssachen bei 1 149.

Koen Lenaerts

Präsident des Gerichtshofs der Europäischen Union

 
821
neue Rechtssachen
518
Vorabentscheidungsverfahren, davon
2
Eilvorabentscheidungsverfahren
Mitgliedstaaten, aus denen die meisten Ersuchen stammen:
Deutschland
94
Bulgarien
51
Polen
48
Italien
43
Rumänien
40
60
Klagen, davon
49
Vertragsverletzungsklagen und
3
Klagen wegen „doppelter Vertragsverletzung“
231
Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Gerichts
8
Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Eine Partei, die außerstande ist, die Verfahrenskosten zu bestreiten, kann Prozesskostenhilfe beantragen.
 
783
erledigte Rechtssachen
532
Vorabentscheidungsverfahren, davon
4
Eilvorabentscheidungsverfahren
36
Klagen, davon
18
festgestellte Vertragsverletzungen gegen
13
Mitgliedstaaten
3
Urteile wegen „doppelter Vertragsverletzung“
201
Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Gerichts, davon
37
die zur Aufhebung der Entscheidung des Gerichts geführt haben
Durchschnittliche Verfahrensdauer:
16,1 Monate
Durchschnittliche Dauer
der Eilvorabentscheidungsverfahren:
4,3 Monate
 
1 149
anhängige Rechtssachen am 31. Dezember 2023
Wichtigste behandelte Sachgebiete
Staatliche Beihilfen und Wettbewerb
143
Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
118
Angleichung von Rechtsvorschriften
88
Steuerwesen
83
Verbraucherschutz
76
Verkehr
63
Umwelt
51
Grundsätze des Unionsrechts
50
Sozialpolitik
47
Geistiges Eigentum
47

Die Mitglieder des Gerichtshofs

Der Gerichtshof besteht aus 27 Richtern und elf Generalanwälten.

Die Richter und Generalanwälte werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten nach Anhörung eines Ausschusses, der die Aufgabe hat, eine Stellungnahme zur Eignung der vorgeschlagenen Bewerber für die Ausübung der fraglichen Ämter abzugeben, im gegenseitigen Einvernehmen ernannt. Ihre Amtszeit beträgt sechs Jahre; Wiederernennung ist zulässig.

Sie sind unter Persönlichkeiten auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und in ihrem Staat die für die höchsten richterlichen Ämter erforderlichen Voraussetzungen erfüllen oder sonst hervorragend befähigt sind.

Die Richter üben ihr Amt in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit aus.

Sie wählen aus ihrer Mitte den Präsidenten und den Vizepräsidenten. Die Richter und Generalanwälte ernennen den Kanzler für eine Amtszeit von sechs Jahren.

Die Generalanwälte haben die Aufgabe, in den Rechtssachen, an denen sie mitwirken, in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit ein Rechtsgutachten vorzulegen, das als „Schlussanträge“ bezeichnet wird. Dieses Gutachten ist unverbindlich, legt aber einen zusätzlichen Standpunkt zum Gegenstand der Rechtssache dar.

2023 wurde kein neues Mitglied des Gerichtshofs ernannt.

K. Lenaerts

Präsident

L. Bay Larsen

Vizepräsident

A. Arabadjiev

Präsident der Ersten Kammer

A. Prechal

Präsidentin der Zweiten Kammer

K. Jürimäe

Präsidentin der Dritten Kammer

C. Lycourgos

Präsident der Vierten Kammer

E. Regan

Präsident der Fünften Kammer

M. Szpunar

Erster Generalanwalt

T. von Danwitz

Präsident der Sechsten Kammer

F. Biltgen

Präsident der Siebten Kammer

N. J. Cardoso da Silva Piçarra

Präsident der Achten Kammer

Z. Csehi

Präsident der Zehnten Kammer

O. Spineanu-Matei

Präsidentin der Neunten Kammer

J. Kokott

Generalanwältin

M. Ilešic

Richter

J. C. Bonichot

Richter

M. Safjan

Richter

S. Rodin

Richter

M. Campos Sánchez-Bordona

Generalanwalt

P. G. Xuereb

Richter

L. S. Rossi

Richterin

I. Jarukaitis

Richter

P. Pikamäe

Generalanwalt

A. Kumin

Richter

N. Jääskinen

Richter

N. Wahl

Richter

J. Richard de la Tour

Generalanwalt

A. Rantos

Generalanwalt

I. Ziemele

Richterin

J. Passer

Richter

D. Gratsias

Richter

M. L. Arastey Sahún

Richterin

A. M. Collins

Generalanwalt

M. Gavalec

Richter

N. Emiliou

Generalanwalt

T. Capeta

Generalanwältin

L. Medina

Generalanwältin

A. Calot Escobar

Kanzler

Protokollarische Rangfolge ab dem 15.11.2023

B | Das Gericht im Jahr 2023

Das Gericht entscheidet im ersten Rechtszug über Klagen von natürlichen oder juristischen Personen (Einzelpersonen, Gesellschaften, Vereinigungen etc.), wenn sie individuell und unmittelbar betroffen sind, und Mitgliedstaaten gegen Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Europäischen Union sowie über Klagen auf Ersatz eines von den Organen oder ihren Bediensteten verursachten Schadens.

Eine große Zahl der Streitsachen ist wirtschaftlicher Natur: geistiges Eigentum (Marken, Muster und Modelle der Europäischen Union), Wettbewerb, staatliche Beihilfen sowie Banken- und Finanzaufsicht.

Das Gericht ist auch für die Entscheidung über die dienstrechtlichen Streitigkeiten zwischen der Europäischen Union und ihren Bediensteten zuständig.

Gegen die Entscheidungen des Gerichts kann beim Gerichtshof ein Rechtsmittel eingelegt werden, das auf Rechtsfragen beschränkt ist. In Rechtssachen, die bereits zweifach geprüft worden sind (durch eine unabhängige Beschwerdekammer, dann durch das Gericht), lässt der Gerichtshof das Rechtsmittel nur dann zu, wenn damit eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufgeworfen wird.

Tätigkeit und Entwicklung des Gerichts

Marc van der Woude

Präsident des Gerichts

2023 hat die Reform, mit der die Zahl der Richter des Gerichts verdoppelt wurde (Verordnung 2015/2422), ihre volle Wirkung entfaltet, was sich an den Statistiken ablesen lässt. Das Gericht hat bei einem Eingang von 868 neuen Rechtssachen (ohne Berücksichtigung von 404 am Jahresende eingegangenen identischen Rechtssachen) 904 Rechtssachen erledigt, so dass die Zahl der anhängigen Rechtssachen zurückgegangen ist. Die durchschnittliche Verfahrensdauer verblieb mit 18,2 Monaten auf einem zufriedenstellenden Niveau und belegt eine effiziente Rechtssachenbearbeitung.

Gleichzeitig hat das Gericht seine Praxis verstetigt, mehr Rechtssachen erweiterten Spruchkörpern zuzuweisen. 2023 wurden 13,6 % der Rechtssachen von erweiterten Spruchkörpern erledigt und 120 Rechtssachen solchen Spruchkörpern zugewiesen. Bestimmte Rechtssachen von besonderer Bedeutung werden der Großen Kammer zugewiesen, die mit 15 Richtern besetzt ist. In dieser besonderen Besetzung des Gerichts ist das Urteil in der Rechtssache Venezuela/Rat ergangen, das restriktive Maßnahmen betrifft, die der Rat der Europäischen Union gegen venezolanische Unternehmen und Staatsangehörige erlassen hat (T-65/18 RENV; siehe Kapitel „Rückblick auf die wichtigsten Urteile des Jahres“). Der Großen Kammer wurden auch vier Rechtssachen zugewiesen, die von vier europäischen Richterverbänden anhängig gemacht wurden und den polnischen Nationalen Aufbau- und Resilienzplan betreffen (T-530/22 bis T-533/22), sowie zwei Rechtssachen, die restriktive Maßnahmen der Europäischen Union gegen Russland wegen des Krieges in der Ukraine betreffen (T-635/22 und T-644/22).

Diese zufriedenstellenden Ergebnisse sind teilweise darauf zurückzuführen, dass die Besetzung des Gerichts stabil geblieben ist. 2023 sind nur zwei Richter ausgeschieden, nämlich Richter Frimodt Nielsen und Richter Valancius, die durch Richter Kaleda und Richterin Spangsberg Grønfeldt ersetzt wurden und denen an dieser Stelle für ihren Beitrag zur geordneten Rechtspflege der Union gedankt werden soll. Nach 18 verdienstvollen Jahren wurde 2023 ferner Kanzler Coulon verabschiedet und sein Nachfolger Herr Di Bucci willkommen geheißen. Anlässlich des Ausscheidens von Herrn Coulon wurde ein Kolloquium zum Verfahrensrecht der Union mit Würdigungen und Beiträgen hochrangiger Persönlichkeiten veranstaltet.

Das ganze vergangene Jahr über hat das Gericht seinen Modernisierungsprozess fortgeführt, insbesondere um die Bearbeitung umfangreicherer und komplexerer Rechtssachen zu verbessern. Bei diesen Rechtssachen, die im Allgemeinen das Wirtschafts- und Finanzrecht betreffen, ist ein sowohl im Hinblick auf die Ressourcenallokation als auch im Hinblick auf die Arbeitsplanung maßgeschneiderter proaktiver Ansatz geboten. Da dabei auch die Vertreter der Parteien einbezogen werden, ist es möglich, die Verfahrensdauer zu verkürzen und stärker auf die Wünsche der Parteien einzugehen.

Außerdem hat das Gericht, um den berechtigten Erwartungen der Rechtsuchenden im Zusammenhang mit der teilweisen Übertragung der Zuständigkeit für Vorabentscheidungen in bestimmten Sachgebieten und der Ausweitung des Mechanismus der vorherigen Zulassung von Rechtsmitteln gerecht zu werden, über das Jahr 2023 hinweg an den notwendigen Anpassungen seiner Organisationsregeln und an seinen künftigen Verfahrensvorschriften gearbeitet.

 
1 271 *
neue Rechtssachen
1 148
Klagen, davon
Geistiges und gewerbliches Eigentum
309
Öffentlicher Dienst der EU
75
Staatliche Beihilfen und Wettbewerb
23
13
von den Mitgliedstaaten erhobene Klagen
65
Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Eine Partei, die außerstande ist, die Verfahrenskosten zu bestreiten, kann Prozesskostenhilfe beantragen.
* Ende 2023 wurde beim Gericht eine Reihe von 404 im Wesentlichen identischen Rechtssachen anhängig gemacht, die die erworbenen Rechte bzw. Anwartschaften im zusätzlichen Altersversorgungssystem der europäischen Abgeordneten betreffen. Diese Rechtssachen wurden verbunden. Werden sie als eine einzige Rechtssache gezählt, belaufen sich die Nettozahlen auf 868 neue Rechtssachen (745 Klagen) und 1 438 anhängige Rechtssachen.

Neue Entwicklungen in der Rechtsprechung

Savvas S. Papasavvas

Vizepräsident des Gerichts

Die Art der Rechtsstreitigkeiten, über die das Gericht zu entscheiden hat, unterliegt einem ständigen Wandel. Auf die von den Rechtsuchenden erhobenen Klagen ergehen Urteile, mit denen Stein für Stein am Gebäude der Rechtsprechung gebaut wird. Das Jahr 2023 bildete insoweit keine Ausnahme, da sich das Gericht auf klassischen Rechtsgebieten mit neuen Fragen beschäftigen, aber auch in sich entwickelnden Bereichen Weichen stellen musste. Außerdem trat die Große Kammer zusammen, um über eine ganz besondere Frage zu entscheiden, die die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik betraf.

Seit seiner Errichtung war das Gericht mit der Kontrolle der Anwendung der Wettbewerbsregeln betraut. Es verfügt somit über eine besondere Expertise in diesem Bereich. Da das rechtliche Umfeld in diesem wie auch in anderen Bereichen jedoch ständigen Veränderungen unterliegt, ergeben sich immer wieder neue Fragen, die geprüft werden müssen. Dies gilt auch für das Urteil vom 24. Mai 2023, Meta Platforms Ireland/Kommission (T-451/20), in dem das Gericht zum ersten Mal die Rechtmäßigkeit eines mit Suchbegriffen verknüpften Auskunftsverlangens im Sinne der Verordnung Nr. 1/2003 sowie die Rechtmäßigkeit eines Verfahrens geprüft hat, das für die Bearbeitung von Dokumenten mit sensiblen personenbezogenen Daten einen virtuellen Datenraum vorsieht. Das Gericht hatte sich in diesem Zusammenhang zu vergewissern, dass die Kommission nur die Auskünfte anfordert, die erforderlich sind, um die von ihrer Untersuchung erfassten mutmaßlichen Zuwiderhandlungen zu prüfen (siehe „Fokus“).

Interessante und neuartige Fragen wurden auch im Zusammenhang mit der außervertraglichen Haftung der Europäischen Union aufgeworfen, obwohl es sich dabei um ein klassisches Rechtsgebiet handelt, zu dem es umfangreiche Rechtsprechung gibt. Das Gericht wurde nämlich mit einer Klage auf Ersatz der materiellen und immateriellen Schäden befasst, die der International Management Group dadurch entstanden sein sollen, dass ein ihren Rechtsstatus betreffender Untersuchungsbericht des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) an die Presse durchgesickert war. Die Klägerin machte geltend, dass das Verhalten des OLAF und der Kommission, mit der sie mehrere Vereinbarungen geschlossen hatte, rechtswidrig gewesen sei. Das Gericht hat in seinem Urteil vom 28. Juni 2023, IMG/Kommission (T-752/20), präzisiert, unter welchen Voraussetzungen ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm vorliegt, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen.

Ganz oben auf der Liste der sich rasch entwickelnden Rechtsgebiete steht das Banken- und Finanzrecht. So werden beim Gericht immer mehr Klagen im Zusammenhang mit dem 2014 eingeführten einheitlichen Abwicklungsmechanismus erhoben. Dieser sieht einen Rahmen für das Krisenmanagement im Bankensektor und zur Abwicklung wichtiger Banken in bestimmten Mitgliedstaaten vor. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Einheitliche AbwickIungsausschuss, der die Abwicklung von Banken, die von einem Ausfall betroffen oder bedroht sind, vorbereiten und durchführen soll. Mit mehreren am 22. November 2023 ergangenen Urteilen hat das Gericht erstmals über einen Antrag auf Nichtigerklärung eines Beschlusses des Einheitlichen AbwickIungsausschusses entschieden, der die Frage der Entschädigung von Aktionären und Gläubigern nach einer Bankenabwicklung betraf (verbundene Rechtssachen T-302/20, T-303/20 und T-307/20 Del Valle Ruíz u. a./SRB und Rechtssachen T-304/20 Molina Fernández/SRB, T-330/20 ACMO u. a./SRB und T-340/20 Galván Fernández-Guillén/SRB).

Schließlich ist, was die neuen Entwicklungen in der Rechtsprechung des vergangenen Jahres angeht, auf das Urteil vom 13. September 2023, Venezuela/Rat (T-65/18 RENV; siehe Kapitel „Rückblick auf die wichtigsten Urteile des Jahres“), hinzuweisen. In der Besetzung als Große Kammer hat das Gericht restriktive Maßnahmen gegen einen Drittstaat, die in diesem Fall gegen Venezuela verhängt worden waren, weil sich dort die Lage in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte stetig verschlechtert hatte, auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft und über schwierige Fragen im Zusammenhang mit dem Recht auf Anhörung und über die von Venezuela geltend gemachten Verstöße gegen das Völkerrecht entschieden.

 
904
erledigte Rechtssachen
786
Klagen, davon
Geistiges und gewerbliches Eigentum
278
Staatliche Beihilfen und Wettbewerb
163
Öffentlicher Dienst der EU
66
14
von den Mitgliedstaaten erhobene Klagen
Durchschnittliche Verfahrensdauer:
18,2 Monate
Anteil der mit Rechtsmitteln beim Gerichtshof
angefochtenen Entscheidungen:
31 %
 
1 841
anhängige Rechtssachen (am 31. Dezember 2023)
Wichtigste behandelte Sachgebiete:
Institutionelles Recht
543
Geistiges und gewerbliches Eigentum
330
Wirtschafts- und Währungspolitik
238
Staatliche Beihilfen und Wettbewerb
176
Restriktive Maßnahmen
116
Öffentlicher Dienst der EU
111
Zugang zu Dokumenten
35
Öffentliche Gesundheit
32
Landwirtschaft
30
Handelspolitik
29

Die Mitglieder des Gerichts

Das Gericht besteht aus zwei Richtern je Mitgliedstaat.

Zu Richtern sind Personen auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und über die Befähigung zur Ausübung hoher richterlicher Tätigkeiten verfügen. Sie werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen nach Anhörung eines Ausschusses, der die Aufgabe hat, eine Stellungnahme zur Eignung der vorgeschlagenen Bewerber abzugeben, im gegenseitigen Einvernehmen ernannt. Ihre Amtszeit beträgt sechs Jahre; Wiederernennung ist zulässig. Die Richter wählen aus ihrer Mitte den Präsidenten für die Dauer von drei Jahren. Sie ernennen den Kanzler für eine Amtszeit von sechs Jahren.

Sie üben ihr Amt in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit aus.

Im Juni 2023 wurde Vittorio Di Bucci zum Kanzler des Gerichts ernannt.

Im September 2023 traten Saulius Lukas Kaleda (Litauen) und Louise Spangsberg Grønfeldt (Dänemark) ihr Amt als Richter bzw. Richterin am Gericht an

M. van der Woude

Präsident

S. S. Papasavvas

Vizepräsident

D. Spielmann

Präsident der Ersten Kammer

A. Marcoulli

Präsidentin der Zweiten Kammer

F. Schalin

Präsident der Dritten Kammer

R. da Silva Passos

Präsident der Vierten Kammer

J. Svenningsen

Präsident der Fünften Kammer

M. J. Costeira

Präsidentin der Sechsten Kammer

K. Kowalik-Banczyk

Präsidentin der Siebten Kammer

A. Kornezov

Präsident der Achten Kammer

L. Truchot

Präsident der Neunten Kammer

O. Porchia

Präsidentin der Zehnten Kammer

M. Jaeger

Richter

H. Kanninen

Richter

J. Schwarcz

Richter

M. Kancheva

Richterin

E. Buttigieg

Richter

V. Tomljenovic

Richterin

S. Gervasoni

Richter

L. Madise

Richter

N. Póltorak

Richterin

I. Reine

Richterin

P. Nihoul

Richter

U. Öberg

Richter

C. Mac Eochaidh

Richter

G. De Baere

Richter

R. Frendo

Richterin

T. R. Pynnä

Richterin

J. C. Laitenberger

Richter

R. Mastroianni

Richter

J. Martín y Pérez de Nanclares

Richter

G. Hesse

Richter

M. Sampol Pucurull

Richter

M. Stancu

Richterin

P. Škvarilová-Pelzl

Richterin

I. Nõmm

Richter

G. Steinfatt

Richterin

R. Norkus

Richter

T. Perišin

Richterin

D. Petrlík

Richter

M. Brkan

Richterin

P. Zilgalvis

Richter

K. Kecsmár

Richter

I. Gâlea

Richter

I. Dimitrakopoulos

Richter

D. Kukovec

Richter

S. Kingston

Richterin

T. Tóth

Richter

B. Ricziová

Richterin

E. Tichy-Fisslberger

Richterin

W. Valasidis

Richter

S. Verschuur

Richter

S. L. Kaleda

Richter

L. Spangsberg Grønfeldt

Richterin

V. Di Bucci

Kanzler

Protokollarische Rangfolge ab dem 27.9.2023

C | Rechtsprechung im Jahr 2023

Fokus

Wechselwirkungen zwischen dem Schutz personenbezogener Daten und dem Wettbewerbsrecht

Urteil Meta Platforms u. a. vom 4. Juli 2023 (C-252/21)

Das deutsche Bundeskartellamt verbot es den Unternehmen des Meta-Konzerns, die Nutzung des sozialen Netzwerks Facebook durch seine in Deutschland wohnhaften Nutzer von der Verarbeitung ihrer Off–Facebook-Daten ohne ihre Einwilligung abhängig zu machen. Mit der Verarbeitung dieser Daten, die nicht im Einklang mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) stehe, nutze der Meta-Konzern seine beherrschende Stellung missbräuchlich aus.

Der Gerichtshof, der von einem deutschen Gericht im Rahmen eines vom Meta-Konzern gegen dieses Verbot angestrengten Verfahrens befasst wurde, hat entschieden, dass eine mitgliedstaatliche Wettbewerbsbehörde im Rahmen der Prüfung, ob eine beherrschende Stellung missbraucht wird, einen Verstoß gegen die DSGVO feststellen kann. Sie muss jedoch loyal mit den durch die DSGVO eingerichteten speziellen Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten. War das untersuchte Verhalten bereits Gegenstand einer Entscheidung dieser Aufsichtsbehörden oder des Gerichtshofs, ist die Wettbewerbsbehörde an deren Feststellungen zur DSGVO gebunden.

Der Gerichtshof hat sich auch zu der Frage geäußert, ob die Verarbeitung sogenannter „sensibler“ Daten, die nach der DSGVO grundsätzlich verboten ist, ausnahmsweise zulässig ist, weil die betroffene Person diese Daten offensichtlich öffentlich gemacht hat. Er hat entschieden, dass die bloße Tatsache, dass ein Nutzer Websites oder Apps aufruft, die sensible Daten wie die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse Überzeugungen oder die sexuelle Orientierung offenbaren können, nicht bedeutet, dass er seine Daten im Sinne der DSGVO offensichtlich öffentlich macht. Das Gleiche gilt, wenn ein Nutzer Daten eingibt oder eingebundene Schaltflächen betätigt, es sei denn, er hat zuvor explizit seine Entscheidung zum Ausdruck gebracht, diese Daten einer unbegrenzten Zahl von Personen öffentlich zugänglich zu machen.

Dass der Netzbetreiber eine beherrschende Stellung einnimmt, schließt nicht aus, dass die Nutzer wirksam und freiwillig in die Verarbeitung ihrer Daten einwilligen können. Da diese beherrschende Stellung aber die Wahlfreiheit der Nutzer beeinträchtigen kann, ist sie ein wichtiger Aspekt für die Prüfung, ob die Einwilligung tatsächlich wirksam erteilt wurde, wofür der Betreiber die Beweislast trägt.

DSGVO

Mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) wurde eine einheitliche Unionsregelung zum Schutz personenbezogener Daten geschaffen.

Die DSGVO legt Pflichten für öffentliche wie private Stellen fest, die im Hoheitsgebiet der Union personenbezogene Daten erheben. Für Verstöße gegen diese Pflichten sieht die DSGVO verschiedene Arten von Sanktionen vor.

Im digitalen Zeitalter garantiert die Union in der DSGVO zahlreiche Rechte (wie das Recht auf Unterrichtung, auf Vergessenwerden, auf Auskunft über erhobene personenbezogene Daten oder deren Löschung), die zum Schutz der Privatsphäre von Personen beitragen. Diese Vorschriften gelten als die strengsten Datenschutzregeln der Welt.

„Off-Facebook-Daten“

Meta Platforms Ireland betreibt in der Union das soziale Online-Netzwerk Facebook. Durch die Anmeldung bei Facebook stimmen die Nutzer den von diesem Unternehmen festgelegten Allgemeinen Nutzungsbedingungen und damit auch den Richtlinien für die Verwendung von Daten und Cookies zu. Nach diesen Richtlinien erfasst Meta Platforms Ireland Daten über Nutzeraktivitäten innerhalb und außerhalb des sozialen Netzwerks und ordnet sie den Facebook-Konten der betroffenen Nutzer zu. Bei den Daten, die Aktivitäten außerhalb des sozialen Netzwerks betreffen (auch „Off-Facebook-Daten“ genannt), handelt es sich zum einen um Daten über den Aufruf dritter Websites und Apps und zum anderen um Daten über die Nutzung anderer zum Meta-Konzern gehörender Online-Dienste (darunter Instagram und WhatsApp). Die dementsprechend erhobenen Daten ermöglichen es insbesondere, die an die Facebook-Nutzer gerichteten Werbenachrichten zu personalisieren.

Fokus

Urteil European Superleague Company vom 21. Dezember 2023 (C-333/21)

Die FIFA und die UEFA sind internationale Fußballverbände, die den Profifußball in Europa regeln. Sie haben Vorschriften erlassen, die ihnen die Befugnis verleihen, europäische Wettbewerbe für Fußballvereine zu genehmigen und die verschiedenen damit verbundenen Medienrechte zu verwerten. Die UEFA organisiert ebenfalls Wettbewerbe zwischen europäischen Vereinen, wie z. B. die Champions League.

Zwölf europäische Fußballvereine wollten einen neuen Fußballwettbewerb ins Leben rufen: die Superleague. Ein solcher Wettbewerb würde sich auf die Durchführung der UEFA-Klubwettbewerbe und die Verwertung der entsprechenden Medienrechte auswirken. Die FIFA und die UEFA widersetzten sich daher und drohten mit Sanktionen gegen Vereine und Spieler, die sich für eine Teilnahme entscheiden würden.

Das für das Projekt verantwortliche Unternehmen, die European Superleague Company, focht die Regeln der FIFA und der UEFA vor einem Gericht in Madrid an, das den Gerichtshof nach ihrer Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht befragte, da die Behinderung des freien Wettbewerbs und die Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit unionsrechtlich verboten sind.

Im Einklang mit seiner „Bosman“-Rechtsprechung hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass die Organisation von Sportwettbewerben und die Verwertung der entsprechenden Medienrechte wirtschaftliche Tätigkeiten darstellen, die unter das Unionsrecht fallen.

Er hat entschieden, dass die Regulierungs-, Kontroll- und Sanktionsbefugnisse der FIFA und der UEFA in Bezug auf die Organisation potenziell konkurrierender Fußballwettbewerbe wie das Projekt Superleague in transparenter, objektiver, nichtdiskriminierender und verhältnismäßiger Weise ausgeübt werden müssen, da sie sonst gegen das Wettbewerbsrecht der Union und die Dienstleistungsfreiheit verstoßen.

Der Gerichtshof hat außerdem festgestellt, dass die Regeln der FIFA und der UEFA für die Verwertung von Medienrechten gegen das Wettbewerbsrecht der Union verstoßen können, wenn sie nicht den verschiedenen Akteuren des Fußballs zugutekommen, indem sie beispielsweise eine solidarische Umverteilung der erwirtschafteten Einnahmen gewährleisten. Sie können den europäischen Fußballvereinen, den auf den Medienmärkten tätigen Unternehmen sowie den Verbrauchern und Fernsehzuschauern schaden, indem sie neue und potenziell innovative oder interessante Wettbewerbe verhindern.

Die „Bosman“-Rechtsprechung

In seinem historischen Urteil Bosman vom 15. Dezember 1995 (C-415/93) hat der Gerichtshof entschieden, dass die Ausübung eines Sports in der Regel eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt, die unter das Unionsrecht fällt, und dass die Freizügigkeit der Spieler folgenden Klauseln entgegensteht:

  • den von Sportverbänden verwendeten Ausländerklauseln, nach denen die Sportvereine nur eine begrenzte Zahl von Berufsspielern, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind, aufstellen können, und
  • den Transferklauseln dieser Sportverbände, nach denen ein Berufsspieler, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, bei Ablauf des Vertrags, der ihn an einen Verein bindet, nur dann von einem Verein eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt werden kann, wenn dieser dem bisherigen Verein eine Entschädigung zahlt.

Der Gerichtshof und der Sport

Seit dem Urteil Bosman hat sich der Gerichtshof mehrfach zu den Bedingungen der Ausübung eines Sports im Hinblick auf das Wirtschaftsrecht der Union geäußert:

  • Die Sportler aus den Mitgliedstaaten betreffenden Ausländerklauseln, um die es im Urteil Bosman ging, können auch nicht auf Sportler aus Staaten angewandt werden, mit denen die Union ein Assoziierungs- oder Partnerschaftsabkommen geschlossen hat (Urteile Deutscher Handballbund vom 8. Mai 2003, C-438/00, und Simutenkov vom 12. April 2005, C-265/03),
  • die Antidoping-Regelung des Internationalen Olympischen Komitees fällt unter das Wettbewerbsrecht der Union, verstößt aber nicht dagegen, weil sie erforderlich ist, um den ordnungsgemäßen Ablauf sportlicher Wettkämpfe zu gewährleisten (Urteil Meca-Medina und Majcen/Kommission vom 18. Juli 2006, C-519/04 P),
  • Fußballvereine können eine angemessene Ausbildungsentschädigung verlangen, wenn ein von ihnen ausgebildeter Nachwuchsspieler seinen ersten Vertrag als Berufsspieler mit einem Verein eines anderen Mitgliedstaats abschließen will (Urteil Olympique Lyonnais vom 16. März 2010, C-325/08).

Fokus

Schutz personenbezogener Daten und Bekämpfung von Wettbewerbsverstößen zwischen Unternehmen

Urteil Meta Platforms Ireland/Kommission vom 24. Mai 2023 (T-451/20)

Ermittlungsbefugnisse der Kommission

Die Wettbewerbsregeln der Europäischen Union verbieten Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts verhindern, einschränken oder verfälschen können (Art. 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU [AEUV]). Außerdem verbieten sie Unternehmen, die auf einem Markt eine beherrschende Stellung innehaben, diese Stellung zu missbrauchen, z. B. durch unfaire Preise, Einschränkung der Erzeugung oder Verweigerung von Innovationen zum Nachteil der Verbraucher (Art. 102 AEUV).

Die EU-Verordnung Nr. 1/2003 spielt eine entscheidende Rolle bei der Durchsetzung der Wettbewerbsregeln. Sie überträgt der Europäischen Kommission weitreichende Ermittlungsbefugnisse. Die Kommission kann insbesondere Nachprüfungen durchführen und alle Personen befragen, die eventuell über sachdienliche Informationen verfügen.

2020 forderte die Kommission im Rahmen einer Untersuchung wegen eines vermuteten wettbewerbswidrigen Verhaltens des Facebook-Konzerns bei der Verwendung personenbezogener Daten und beim Betreiben seines sozialen Netzwerks Meta Platforms Ireland auf, ihr alle Dokumente zu übermitteln, die von drei ihrer Verantwortlichen erstellt oder empfangen worden waren und einen oder mehrere spezifische Suchbegriffe enthielten.

Zu diesen Begriffen gehörten insbesondere die Ausdrücke „big question“ (große Frage), „for free“ (kostenlos), „not good for us“ (nicht gut für uns) und „shut* down“ (schließen).

Für den Fall der Nichterteilung der verlangten Auskünfte wurde Meta ein Zwangsgeld in Höhe von 8 Mio. Euro pro Tag angedroht.

Vor dem Gericht der Europäischen Union focht Meta das Auskunftsverlangen der Europäischen Kommission an, da die Suchbegriffe offensichtlich zu vage und zu allgemein und Bestandteil einer groß angelegten Beweisausforschung („fishing expedition“) seien.

Meta stellte gleichzeitig einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, um zu erreichen, dass das Auskunftsverlangen der Kommission bis zur Entscheidung des Gerichts in der Sache ausgesetzt wird.

Am 29. Oktober 2020 entschied der Präsident des Gerichts über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz. Er setzte die Vollziehung des Beschlusses der Kommission aus, bis ein spezielles Verfahren für die Vorlage von Dokumenten eingerichtet ist, die keine Verbindung zu den kommerziellen Tätigkeiten von Meta aufweisen und sensible personenbezogene Daten enthalten („geschützte Dokumente“). Daraufhin richtete die Kommission für diese geschützten Dokumente ein Verfahren des virtuellen Datenraums ein. Nach diesem Verfahren müssen Unterlagen erst in diesem virtuellen Datenraum von einer begrenzten Zahl von Mitgliedern des für die Untersuchung zuständigen Teams und von Anwälten von Meta untersucht werden, bevor sie zu den Untersuchungsakten genommen werden können.

Am 24. Mai 2023 hat das Gericht in der Sache entschieden und die Klage von Meta in vollem Umfang abgewiesen.

In seinem Urteil hat das Gericht auf die weiten Ermittlungsbefugnisse hingewiesen, über die die Kommission verfügt, um zu kontrollieren, dass die Unternehmen die Wettbewerbsregeln einhalten. In diesem Zusammenhang kann sich die Verwendung spezifischer Suchbegriffe als nützlich erweisen.

META

Meta ist ein multinationales Technologieunternehmen mit Sitz in den Vereinigten Staaten. Neben Instagram und WhatsApp gehört das soziale Netzwerk Facebook zu seinen Hauptprodukten. Bei Facebook können die Nutzer Profile erstellen, Fotos und Videos hochladen, Nachrichten versenden und mit anderen Personen Kontakt pflegen. Meta bietet auch einen Online-Anzeigendienst – Facebook Marketplace – an, der den Nutzern den Kauf und Verkauf von Gegenständen ermöglicht.

Vorläufiger Rechtschutz

Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist darauf gerichtet, die Vollziehung des Rechtsakts eines Unionsorgans solange auszusetzen, bis das Verfahren über die Klage abgeschlossen und das Endurteil ergangen ist. Der Präsident des Gerichts erlässt eine einstweilige Anordnung nur dann, wenn die Klage auf den ersten Blick nicht ohne ernsthafte Grundlage erscheint. Der Antragsteller muss auch glaubhaft machen, dass ihm ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden droht, wenn die Vollziehung nicht ausgesetzt wird. Schließlich sind die Interessen des Antragstellers gegen die Interessen der anderen Parteien und das öffentliche Interesse abzuwägen.

Zu dem von Meta angeführten Argument, dass eine Ermittlung, die Suchbegriffe verwende, einen Eingriff in das Privatleben der betreffenden Arbeitnehmer bedeute, hat das Gericht ausgeführt, dass es sich um eine Maßnahme handelt, die zur Erreichung dem Gemeinwohl dienender Zielsetzungen, nämlich der Aufrechterhaltung der Wettbewerbsordnung nach Maßgabe der Verträge, geeignet ist.

Das Gericht hat insoweit hervorgehoben, dass Begleitmaßnahmen ergriffen wurden. Denn die geschützten Dokumente waren der Kommission auf einem separaten elektronischen Datenträger zu übermitteln und in einen virtuellen Datenraum einzustellen, auf den nur eine begrenzte Zahl von Mitgliedern des für die Untersuchung zuständigen Teams zugreifen durfte. Die Auswahl der zu den Akten zu nehmenden Dokumente erfolgte in Anwesenheit der Anwälte von Meta. Für den Fall einer nicht auszuräumenden Uneinigkeit über die Einstufung eines Dokuments war ein Streitschlichtungssystem vorgesehen.

Affaire T-452/20

Am gleichen Tag erließ die Kommission im Rahmen einer Paralleluntersuchung über bestimmte Praktiken im Zusammenhang mit der Plattform Facebook Marketplace einen Beschluss, mit dem sie von Meta Platforms Ireland Auskünfte verlangte. Die von Meta Platforms Ireland dagegen erhobene Klage hat das Gericht mit Urteil vom selben Tag in der Rechtssache T-452/20 abgewiesen.

Meta hat gegen die Urteile des Gerichts in den Rechtssachen T-451/20 und T-452/20 Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt (anhängige Rechtssachen C-497/23 P und C-496/23 P).

Fokus

Schutz europäischer Unternehmen gegen extraterritoriale Sanktionen der USA

Urteil IFIC Holding/Kommission vom 12. Juli 2023 (T-8/21)

Extraterritoriale Wirkung drittstaatlicher Gesetze

Von Extraterritorialität eines Rechtsakts wird gesprochen, wenn sich dessen Wirkungen über die Grenzen des Staates, der ihn erlassen hat, hinaus erstrecken. Das Abwehrgesetz der Europäischen Union (Verordnung (EG) Nr. 2271/96 des Rates) schützt die Wirtschaftsteilnehmer der Union vor der extraterritorialen Anwendung drittstaatlicher Gesetze. Es wurde 1996 zum Schutz europäischer Unternehmen erlassen, deren Geschäftstätigkeiten mit Kuba, dem Iran oder Libyen von amerikanischen Sanktionen betroffen waren.

2018 aktualisierte die Union als Reaktion auf den Rückzug der USA aus dem iranischen Atomabkommen ihr Abwehrgesetz, um die neu verhängten extraterritorialen US-Sanktionen einzubeziehen. Hintergrund ist die Unterstützung der Union für die kontinuierliche und vollständige Umsetzung dieses Abkommens, insbesondere durch die Förderung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Union und dem Iran.

2018 zogen sich die Vereinigten Staaten von Amerika aus dem iranischen Atomabkommen zurück, das die Kontrolle des iranischen Nuklearprogramms im Gegenzug gegen die Aufhebung der dem Iran auferlegten Wirtschaftssanktionen vorsah, und verhängten erneut Sanktionen gegen den Iran und bestimmte Personen, deren Vermögen gesperrt wurde. Seitdem war es wieder verboten, Geschäftsbeziehungen mit Personen oder Einrichtungen zu unterhalten, die auf der von den USA erstellten Liste stehen. Dieses Verbot galt auch für Unternehmen, die – wie die europäischen Unternehmen – ihren Sitz nicht in den USA haben.

Als Reaktion auf diese Wiedereinführung von Sanktionen aktualisierte die Europäische Union ihr sogenanntes „Abwehrgesetz“, um die Interessen ihrer Unternehmen zu verteidigen. Zum Schutz der europäischen Unternehmen vor den Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung der amerikanischen Sanktionen wurde ihnen daher untersagt, diesen Maßnahmen nachzukommen, es sei denn, die Europäische Kommission erteilt eine entsprechende Genehmigung. Diese kann erteilt werden, wenn eine Nichteinhaltung der ausländischen Rechtsakte die Interessen des betreffenden Unternehmens oder der Union schwer schädigen würde.

Die IFIC Holding AG ist ein deutsches Unternehmen, dessen Anteile mittelbar vom iranischen Staat gehalten werden und das 2018 in die amerikanische Sanktionsliste aufgenommen wurde. Daraufhin setzte die Clearstream Banking AG, die einzige in Deutschland zugelassene Wertpapiersammelbank, die Abführung von Dividenden, die IFIC von verschiedenen deutschen Unternehmen, an denen sie beteiligt ist, erhält, an IFIC aus und sperrte diese Dividenden auf einem gesonderten Konto.

Clearstream beantragte bei der Kommission die Genehmigung, den amerikanischen Sanktionen hinsichtlich der Wertpapiere oder Mittel von IFIC nachzukommen. Die Kommission erteilte diese Genehmigung im April 2020 zunächst für zwölf Monate, verlängerte sie dann 2021 und 2022. IFIC focht diese Beschlüsse mit einer Nichtigkeitsklage beim Gericht an.

Das Gericht hat die Klage abgewiesen und damit Clearstream erlaubt, den amerikanischen Sanktionen gegen den Iran nachzukommen. Es hat die Auffassung vertreten, dass die Kommission zwar die Interessen des Unternehmens, das die Genehmigung beantragt (Clearstream), nicht aber die Interessen des in die Liste aufgenommenen Unternehmens (IFIC) berücksichtigen oder prüfen muss, ob es für dieses Unternehmen weniger einschneidende Alternativen gibt. Die Beschränkung des Rechts von IFIC auf Anhörung in dem der Erteilung der Kommissionsgenehmigung vorangegangenen Entscheidungsprozess ist durch die Ziele gerechtfertigt, die die Union im Zusammenhang mit extraterritorialen Sanktionen eines Drittstaats verfolgt.

Nichtigkeitsklage

Eine Nichtigkeitsklage ist darauf gerichtet, unionsrechtswidrige Handlungen von Unionsorganen für nichtig erklären zu lassen. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen von Mitgliedstaaten, Unionsorganen oder Einzelnen beim Gerichtshof oder beim Gericht erhoben werden. Ist die Klage begründet, wird die Handlung für nichtig erklärt. Das betreffende Organ hat eine dadurch gegebenenfalls entstehende Regelungslücke zu schließen.

Rechtssache Bank Melli Iran (C-124/20)

In dieser Rechtssache berief sich BMI, eine iranische Staatsbank, vor den deutschen Gerichten auf das Abwehrgesetz der Europäischen Union, um sich gegen die Anwendung der amerikanischen Sanktionen in Deutschland zu wehren. Der Gerichtshof, der erstmals im Zusammenhang mit dem Abwehrgesetz befasst wurde, hat entschieden, dass das unionsrechtliche Verbot, den US-Sanktionen gegen den Iran nachzukommen, in einem Zivilprozess vor den deutschen Gerichten geltend gemacht werden kann.

Rückblick auf die wichtigsten Urteile des Jahres

Verbraucher


Die europäische Verbraucherschutzpolitik soll die Gesundheit, die Sicherheit und die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen der Verbraucher schützen, und zwar unabhängig davon, wo sie in der Union wohnen, sich bewegen oder von wo aus sie ihre Einkäufe tätigen.


Der Gerichtshof der Europäischen Union: Schutz der Rechte der Verbraucher in der Union

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  • Eine Privatperson verklagte die Mercedes-Benz Group auf Schadensersatz, weil diese sein Fahrzeug mit einer Software (Abschalteinrichtung) ausgerüstet habe, mit der bei niedrigen Außentemperaturen die Abgasrückführung verringert werde. Diese Software habe negative Auswirkungen auf die Umwelt und verstoße gegen das Unionsrecht. Im deutschen Recht kann bei einfacher Fahrlässigkeit ein Schadensersatzanspruch gegeben sein, wenn gegen ein den Schutz eines Anderen bezweckendes Gesetz verstoßen wurde. Daher fragte das deutsche Gericht den Gerichtshof, ob das Unionsrecht die Einzelinteressen eines individuellen Käufers eines solchen Fahrzeugs schützt. Der Gerichtshof hat entschieden, dass das Unionsrecht eine unmittelbare Verbindung zwischen dem Automobilhersteller und dem individuellen Käufer eines Kraftfahrzeugs herstellt. Der Käufer eines Kraftfahrzeugs, das mit einer rechtswidrigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist, hat daher einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Hersteller, wenn ihm durch die Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden ist.

    Urteil Mercedes-Benz Group vom 21. März 2023 (C‑100/21)

  • Ein spanisches Gericht wandte sich an den Gerichtshof, weil es Zweifel an der Vereinbarkeit der örtlichen Regelung über Dienstleistungen der Vermietung von Personenkraftwagen mit Fahrer („Funkmietwagendienste“) im Großraum Barcelona mit dem Unionsrecht hatte. Nach dieser Regelung mussten Unternehmen, die bereits über eine Genehmigung für die Erbringung dieser Dienste auf nationaler Ebene verfügen, eine weitere Lizenz erwerben, um im Großraum Barcelona tätig werden zu können. Außerdem war die Anzahl der Lizenzen für Funkmietwagendienste auf ein Dreißigstel der Anzahl der Lizenzen für Taxidienste in diesem Großraum beschränkt. Der Gerichtshof hat entschieden, dass das Erfordernis einer gegenüber der nationalen Lizenz zusätzlichen Lizenz für die gute Organisation der Beförderung erforderlich sein kann, dass die Begrenzung der Anzahl der Lizenzen für Funkmietwagendienste aber eine ungerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellt und daher unionsrechtwidrig ist.

    Urteil Prestige and Limousine vom 8. Juni 2023 (C‑50/21)

  • Ein Radfahrer auf einem Fahrrad mit Elektrounterstützung wurde im öffentlichen Straßenverkehr in der Nähe von Brügge (Belgien) von einem Auto angefahren und verstarb einige Monate später. Im Gerichtsverfahren zur Feststellung eines möglichen Entschädigungsanspruchs wurden unterschiedliche Auffassungen zu der Frage vertreten, ob ein Fahrrad mit Elektrounterstützung als „Fahrzeug“ anzusehen ist. Die rechtliche Einordnung (die von der Auslegung einer Unionsrichtlinie abhängt) ist entscheidend für die Feststellung, ob der Geschädigte Fahrer eines „Kraftfahrzeugs“ war oder ob er als „schwacher Verkehrsteilnehmer“ nach belgischem Recht Anspruch auf eine automatische Entschädigung hatte. In seinem Urteil hat der Gerichtshof ausgeführt, dass Fahrräder mit Elektrounterstützung nicht der Kfz-Haftpflichtversicherungspflicht unterliegen, weil sie nicht ausschließlich maschinell angetrieben werden. Denn Gefährte, die nicht ausschließlich maschinell angetrieben werden – wie ein Fahrrad mit Elektrounterstützung, das nach einem anfänglichen Einsatz von Muskelkraft auf eine Geschwindigkeit von bis zu 20 km/h beschleunigt werden kann –, sind nicht geeignet, Dritten Personen- oder Sachschäden zuzufügen, die mit denen vergleichbar sind, die von Motorrädern, Personenkraftwagen, Lastkraftwagen oder anderen ausschließlich maschinell angetriebenen Fahrzeugen verursacht werden können, da diese Fahrzeuge wesentlich schneller fahren können.

    Urteil KBC Verzekeringen vom 12. Oktober 2023 (C‑286/22)

  • Aufgrund der Covid-19-Pandemie ergriffen mehrere Mitgliedstaaten, darunter die Slowakei, Maßnahmen zur Regelung der Frage, ob Reiseveranstalter im Fall der Stornierung von Reisen aus Gründen des Gesundheitsschutzes Zahlungen erstatten müssen. Diese nationalen Regelungen erlaubten die Ausstellung von Gutscheinen mit einer Gültigkeit von 18 Monaten. Erst nach Ablauf dieser Frist war eine Erstattung möglich. Begründet wurde dies damit, dass die Reiseveranstalter der Gefahr der Insolvenz und sonstigen Schwierigkeiten ausgesetzt seien. Der Gerichtshof hat entschieden, dass sich die Mitgliedstaaten nicht auf höhere Gewalt berufen dürfen, um von der in der Pauschalreiserichtlinie vorgesehenen Pflicht zur vollen Erstattung abzuweichen. Er hat darauf hingewiesen, dass die Erstattung als eine Rückzahlung in Geld zu verstehen ist: Die Reiseveranstalter dürfen keine Gutscheine anbieten, es sei denn, der Verbraucher nimmt freiwillig einen Gutschein an. Durch die Vornahme einer Gesetzesänderung, mit der dem Reisenden vorübergehend sein Recht, ohne Zahlung einer Rücktrittsgebühr vom Pauschalreisevertrag zurückzutreten, und sein Anspruch auf volle Erstattung genommen wurde, hat die Slowakei daher gegen ihre Verpflichtung aus dem Unionsrecht verstoßen.

    Urteile UFC – Que Choisir und CLCV (C‑407/21) sowie Kommission/Slowakei vom 8. Juni 2023 (C-540/21)

Umwelt

Die Union bekennt sich zum Schutz und zur Verbesserung der Umweltqualität sowie zum Schutz der menschlichen Gesundheit. Sie stützt sich dabei auf die Grundsätze der Vorsorge und Vorbeugung sowie auf das Verursacherprinzip.


Der Gerichtshof und die Umwelt

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  • 2018 hatte der Gerichtshof entschieden, dass Rumänien verpflichtet war, der illegalen Deponierung von Abfällen ein Ende zu setzen und 68 nicht zugelassene Deponien zu schließen. 2022 erhob die Kommission, die der Auffassung war, dass Rumänien dem Urteil von 2018 noch immer nicht nachgekommen sei, eine weitere Vertragsverletzungsklage. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass in Rumänien weiterhin 31 nicht zugelassene Standorte betrieben wurden. Er hat Rumänien daher zur Zahlung von 1,5 Mio. Euro sowie von 600 Euro für jede nicht zugelassene Deponie und jeden Tag des Verzugs verurteilt. Bei der Festsetzung dieser Geldbuße hat der Gerichtshof die Schwere des Verstoßes, seine Dauer und die Zahlungsfähigkeit Rumäniens berücksichtigt. Die Nichtdurchführung des Urteils von 2018 führt zu einem erheblichen Verschmutzungsrisiko und zu schwerwiegenden Folgen für die menschliche Gesundheit, weil schädliche Stoffe in den Boden, die Luft und das Wasser freigesetzt werden.

    Urteil Kommission/Rumänien vom 14. Dezember 2023 (C‑109/22)

Personenbezogene Daten

Die Europäische Union verfügt über Rechtsvorschriften, die eine solide und kohärente Grundlage für den Schutz personenbezogener Daten bilden. Die Verarbeitung und Speicherung solcher Daten ist nur zulässig, wenn sie den in diesen Rechtsvorschriften vorgesehenen Bedingungen entspricht, d. h. sie muss auf das absolut Notwendige beschränkt sein und darf das Recht auf Privatsphäre nicht unverhältnismäßig einschränken.


Der Gerichtshof in der digitalen Welt

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  • Unter Berufung auf die DSGVO verlangte ein Bürger von der Österreichischen Post, dem Hauptbetreiber von Post- und Logistikdiensten in Österreich, Auskunft über die Empfänger, denen seine personenbezogenen Daten übermittelt worden waren. Der österreichische Oberste Gerichtshof wollte vom Gerichtshof wissen, ob die DSGVO dem Betroffenen das Recht einräumt, die konkrete Identität der Empfänger zu erfahren. Der Gerichtshof hat auf diese Frage geantwortet, dass der für die Datenverarbeitung Verantwortliche, wenn personenbezogene Daten gegenüber Empfängern offengelegt wurden oder werden, verpflichtet ist, dem Betroffenen auf Antrag die Identität dieser Empfänger mitzuteilen. Nur wenn es (noch) nicht möglich ist, die Empfänger zu identifizieren, kann er sich darauf beschränken, die Kategorien der betreffenden Empfänger mitzuteilen. Dies ist auch der Fall, wenn der Verantwortliche nachweist, dass der Antrag offenkundig unbegründet oder exzessiv ist.

    Urteil Österreichische Post vom 12. Januar 2023 (C‑154/21)

  • 2014 erlangte ein Arbeitnehmer und Kunde der Bank Pankki S Kenntnis davon, dass seine personenbezogenen Daten von anderen Mitarbeitern der Bank mehrmals abgefragt worden waren. Da dieser Arbeitnehmer, dessen Beschäftigungsverhältnis bei Pankki S mittlerweile gekündigt worden war, Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Abfragen hatte, forderte er die Bank auf, ihm die Identität der Personen, die seine Daten abgefragt hatten, den genauen Zeitpunkt der Abfragen und die Gründe dafür offenzulegen. Pankki S weigerte sich, Auskunft über die Identität der Arbeitnehmer zu geben, da es sich dabei um personenbezogene Daten handele. Von einem finnischen Gericht befragt, hat der Gerichtshof entschieden, dass jedermann ein Recht darauf hat, zu erfahren, zu welchem Zeitpunkt und aus welchen Gründen seine personenbezogenen Daten abgefragt wurden, und dass es für den Umfang dieses Rechts unerheblich ist, dass der für die Datenverarbeitung Verantwortliche im Bankgeschäft tätig ist.

    Urteil Pankki S vom 22. Juni 2023 (C‑579/21)

  • Vom litauischen Obersten Verwaltungsgericht befasst, hat der Gerichtshof entschieden, dass die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation es verbietet, im Rahmen von Untersuchungen über Korruption im öffentlichen Sektor Daten elektronischer Kommunikationsvorgänge zu nutzen, die von Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste auf Vorrat gespeichert und in der Folge den zuständigen Behörden zur Bekämpfung schwerer Kriminalität zur Verfügung gestellt wurden. Auch Verkehrs- und Standortdaten, die von Betreibern zur Bekämpfung schwerer Kriminalität gespeichert und den Behörden zur Verfügung gestellt wurden, dürfen anschließend nicht an andere Behörden zur Bekämpfung von Dienstvergehen im Zusammenhang mit Korruption übermittelt werden.

    Urteil Lietuvos Respublikos generaline prokuratura vom 7. September 2023 (C‑162/22)

  • Ein Patient verlangte von seiner Zahnärztin, ihm unentgeltlich eine Kopie seiner Patientenakte zur Verfügung zu stellen. Die Zahnärztin forderte jedoch, dass er die Kosten für die Zurverfügungstellung dieser Kopie übernimmt. Der Patient, der Anspruch auf eine unentgeltliche Kopie zu haben glaubte, wandte sich an die deutschen Gerichte. Der Gerichtshof hat die ihm unterbreiteten Vorlagefragen dahin beantwortet, dass die DSGVO das Recht des Patienten vorsieht, unentgeltlich eine erste Kopie seiner Patientenakte zu erhalten, und zwar grundsätzlich ohne dass ihm hierdurch Kosten entstehen. Der für die Datenverarbeitung Verantwortliche kann nur für weitere Kopien ein Entgelt verlangen. Ein Zahnarzt ist daher verpflichtet, dem Patienten unentgeltlich eine erste Kopie seiner Akte zur Verfügung zu stellen, ohne dass der Patient seinen Antrag begründen müsste.

    Urteil FT (Kopie der Patientenakte) vom 26. Oktober 2023 (C‑307/22)

Gleichbehandlung und Arbeitsrecht

In der Europäischen Union gibt es über 240 Mio. Arbeitnehmer. Eine große Zahl von Bürgern profitiert also direkt von den Bestimmungen des europäischen Arbeitsrechts, das Mindeststandards für Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen festlegt und damit die von den Mitgliedstaaten verfolgte Politik ergänzt.


Der Gerichtshof: Gewährleistung der Gleichberechtigung und Schutz von Minderheitsrechten

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Der Gerichtshof am Arbeitsplatz – Schutz der Arbeitnehmerrechte

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  • Von einem polnischen Gericht befragt, hat der Gerichtshof entschieden, dass der mit der Richtlinie 2000/78 über die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf gewährte Schutz vor Diskriminierung für jegliche tatsächliche berufliche Tätigkeit gilt, die im Rahmen einer stabilen Rechtsbeziehung ausgeübt wird. Er gilt auch für eine Tätigkeit, die von einem unabhängigen Auftragnehmer auf der Grundlage eines Dienstvertrags ausgeübt wird. Die Entscheidung, einen solchen Vertrag vorzeitig zu beenden oder nicht zu verlängern, kann einen selbständig Erwerbstätigen in eine Situation versetzen, die der eines entlassenen Arbeitnehmers vergleichbar ist. Der Gerichtshof hat außerdem darauf hingewiesen, dass es nicht mit der Vertragsfreiheit gerechtfertigt werden kann, einer Person wegen ihrer sexuellen Ausrichtung einen Vertragsschluss zu verweigern.

    Urteil TP (Videoredakteur beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen) vom 12. Januar 2023 (C‑356/21)

  • Ein deutscher Pilot arbeitete für eine Fluggesellschaft in Teilzeit. Sein Arbeitsvertrag sah eine Grundvergütung vor, die sich an der Flugdienstzeit orientierte. Er konnte auch eine zusätzliche Vergütung erhalten, wenn er eine bestimmte Zahl an Flugdienststunden im Monat leistete und dabei bestimmte Schwellenwerte überschritt. Diese Schwellenwerte waren allerdings für vollzeitbeschäftigte und für teilzeitbeschäftigte Piloten gleich. Ein deutsches Gericht wollte vom Gerichtshof wissen, ob eine nationale Regelung, nach der ein Teilzeitbeschäftigter die gleiche Zahl Arbeitsstunden wie ein Vollzeitbeschäftigter leisten muss, um eine zusätzliche Vergütung zu erhalten, eine unionsrechtswidrige Diskriminierung darstellt. Der Gerichtshof hat dies bejaht und unterstrichen, dass Teilzeitbeschäftigte hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen für eine Mehrvergütung bei Überschreitung einer bestimmten Zahl von Arbeitsstunden nicht benachteiligt werden dürfen.

    Urteil Lufthansa CityLine vom 19. Oktober 2023 (C‑660/20)

  • Ein bei der ungarischen Eisenbahngesellschaft MÁV-START beschäftigter Lokführer focht die Entscheidung seiner Arbeitgeberin an, ihm keine tägliche Ruhezeit von mindestens elf zusammenhängenden Stunden zu gewähren. Nach der Richtlinie über die Arbeitszeitgestaltung ist diese Ruhezeit dem Arbeitnehmer pro 24-Stunden-Zeitraum zu gewähren, wenn sie einer wöchentlichen Ruhezeit oder einer Urlaubszeit vorausgeht oder nachfolgt. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die tägliche Ruhezeit und die wöchentliche Ruhezeit zwei autonome Rechte sind, mit denen unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Die tägliche Ruhezeit ist nicht Teil der wöchentlichen Ruhezeit, sondern kommt zu dieser hinzu, auch wenn sie ihr unmittelbar vorausgeht. Daher muss gewährleistet sein, dass beide Rechte dem Arbeitnehmer auch tatsächlich gewährt werden.

    Urteil MÁV-START vom 2. März 2023 (C‑477/21)

Unionsbürgerschaft

Jeder, der die Staatsangehörigkeit eines EU-Staates besitzt, ist automatisch Unionsbürger. Die Unionsbürgerschaft tritt zur nationalen Staatsbürgerschaft hinzu, ersetzt sie aber nicht. Unionsbürger genießen besondere Rechte, die durch die europäischen Verträge garantiert werden.

  • Die Tochter einer dänischen Mutter und eines amerikanischen Vaters, die seit ihrer Geburt in den Vereinigten Staaten die dänische und die amerikanische Staatsangehörigkeit besaß, stellte im Alter von 22 Jahren in Dänemark einen Antrag auf Beibehaltung der dänischen Staatsangehörigkeit. Dieser Antrag wurde gemäß der einschlägigen dänischen Regelung abgelehnt. Von einem dänischen Gericht zur Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Unionsrecht befragt, hat der Gerichtshof entschieden, dass Dänemark grundsätzlich vorsehen kann, dass seine Staatsangehörigen, die im Ausland geboren wurden und nie in Dänemark gewohnt haben, die dänische Staatsangehörigkeit mit Vollendung des 22. Lebensjahres verlieren. Allerdings muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein, wenn dieser Verlust auch zum Verlust der Unionsbürgerschaft führt, also wenn die betroffene Person nicht auch die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats besitzt. Das Unionsrecht steht daher dem endgültigen Verlust der dänischen Staatsangehörigkeit und damit der Unionsbürgerschaft entgegen, wenn die betreffende Person nicht darüber informiert wurde und nicht die Möglichkeit hatte, eine individuelle Prüfung der Folgen dieses Verlusts zu beantragen.

    Urteil Udlændinge- og Integrationsministeriet vom 5. September 2023 (C‑689/21)

Migration

Die Europäische Union hat ein Regelwerk für eine wirksame, humanitäre und sichere europäische Migrationspolitik erlassen. Das gemeinsame europäische Asylsystem legt Mindestnormen fest, die für die Behandlung aller Asylbewerber und die Bearbeitung ihrer Anträge in der ganzen Union gelten.

  • Zwei syrische Staatsangehörige, Frau X und Herr Y, heirateten 2016 in Syrien und haben zwei Kinder. 2019 verließ Herr Y Syrien und begab sich nach Belgien, während Frau X mit den Kindern in Syrien verblieb. 2022 erkannte die belgische Verwaltung Herrn Y die Eigenschaft als Flüchtling in Belgien zu. Der Anwalt von Frau X und den Kindern beantragte per EMail die Familienzusammenführung mit Herrn Y in Belgien und verwies dabei auf außergewöhnliche Umstände im Nordwesten Syriens, die Frau X und die Kinder daran hinderten, sich zu einer belgischen Auslandsvertretung zu begeben, um den Antrag dort zu stellen. Die Ausländerbehörde antwortete, dass es nach belgischen Recht nicht zulässig sei, den Antrag per EMail einzureichen, und forderte Frau X und die Kinder auf, sich mit der belgischen Botschaft in Verbindung zu setzen. Von einem belgischen Gericht befragt, hat der Gerichtshof entschieden, dass die belgische Regelung, die für einen Antrag auf Familienzusammenführung das persönliche Erscheinen bei einer Auslandsvertretung verlangt, gegen das Unionsrecht verstößt. In der Regelung kann allerdings vorgesehen werden, dass das persönliche Erscheinen in einem späteren Stadium des Verfahrens erforderlich ist.

    Urteil Afrin vom 18. April 2023 (C‑1/23 PPU)

  • In Ungarn wurde ein Gesetz erlassen, nach dem sich Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die sich im ungarischen Hoheitsgebiet befinden oder an den ungarischen Grenzen vorstellig werden, zur ungarischen Botschaft in Serbien oder in der Ukraine begeben müssen, um dort eine Erklärung abzugeben und eine Einreiseerlaubnis einzuholen, bevor sie in Ungarn internationalen Schutz beantragen können. Der Gerichtshof hat entschieden, dass Ungarn damit für die Asylbewerber unzumutbare Hindernisse geschaffen und die Stellung eines Asylantrags übermäßig erschwert hat, was gegen die grundlegenden Prinzipien des Unionsrechts verstößt. Diese Maßnahme lässt sich nicht mit der Eindämmung ansteckender Krankheiten im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie rechtfertigen, weil sie nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht.

    Urteil Kommission/Ungarn vom 22. Juni 2023 (C‑823/21)

Rechtsstaatlichkeit

Sowohl die Charta der Grundrechte der Europäischen Union als auch der Vertrag über die Europäische Union verweisen ausdrücklich auf die Rechtsstaatlichkeit als einen der gemeinsamen Werte der Mitgliedstaaten. Ein wesentlicher Bestandteil der Rechtsstaatlichkeit ist die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Gerichte.


Wahrung der Rechtsstaatlichkeit in der Union

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  • Die Kommission klagte beim Gerichtshof wegen der polnischen Justizreform vom Dezember 2019. Der Gerichtshof hat ihrer Klage stattgegeben und darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten jeden nach Maßgabe des Wertes der Rechtsstaatlichkeit eintretenden Rückschritt in ihren Rechtsvorschriften über die Organisation der Justiz vermeiden müssen. Der Gerichtshof hat es als unionsrechtswidrig erachtet, dass die nationalen Richter, die selbst Unionsrecht anzuwenden haben, Gefahr laufen, dass ein Gericht, das nicht die Anforderung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit erfüllt, über Fragen, die ihren Status und ihre Amtsausübung betreffen, entscheidet. Ferner dürfen die nationalen Richter nicht daran gehindert werden, zu prüfen, ob ein Gericht oder ein Richter den sich aus dem Unionsrecht ergebenden Anforderungen in Bezug auf einen wirksamen Rechtsschutz genügt, und dabei gegebenenfalls den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen. Schließlich verletzen die nationalen Bestimmungen, nach denen die Richter Angaben zu einer Mitgliedschaft in einem Verein, einer Stiftung ohne Gewinnzweck oder einer politischen Partei machen müssen und diese Angaben im Internet veröffentlicht werden, das Recht auf Schutz personenbezogener Daten und auf Achtung des Privatlebens.

    Urteil Kommission/Polen vom 5. Juni 2023 (C‑204/21)

Geistiges Eigentum

Die von der Union erlassenen Rechtsvorschriften zum Schutz des geistigen Eigentums (Urheberrecht) und des gewerblichen Eigentums (Markenrecht, Schutz von Mustern und Modellen) verbessern die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, indem sie ein Umfeld fördern, das Kreativität und Innovation begünstigt.


Geistiges Eigentum beim Gericht der Europäischen Union

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  • Der Antrag auf internationale Registrierung des Wortzeichens „EMMENTALER“ wurde vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) zurückgewiesen. Emmentaler Switzerland legte beim EUIPO eine Beschwerde ein, die aber erfolglos blieb, weil die Marke nach Ansicht des EUIPO beschreibend ist. Mit seinem Urteil hat das Gericht die von Emmentaler Switzerland erhobene Klage abgewiesen und festgestellt, dass die maßgeblichen deutschen Verkehrskreise das Zeichen EMMENTALER unmittelbar als Bezeichnung für eine Käsesorte verstehen, so dass die Marke beschreibend ist. Ein Zeichen ist nämlich schon dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es in einem Teil der Union beschreibend ist. Das Wort „EMMENTALER“ kann daher nicht als Unionsmarke für Käse geschützt werden.

    Urteil Emmentaler Switzerland/EUIPO (EMMENTALER) vom 24. Mai 2023 (T‑2/21)

  • Ein italienischer Hersteller von Karnevalskostümen focht die Eintragung des Batman-Logos als Unionsmarke vor dem Gericht an. Dieses hat entschieden, dass die von dem Hersteller vorgelegten Beweise nicht ausreichen, um zu belegen, dass diese Marke in Form einer Fledermaus in einem ovalen Kreis nicht unterscheidungskräftig ist. Aufgrund dieser Unterscheidungskraft kann das Publikum die von der Marke erfassten Waren mit dem Verlag von Batman, DC Comics, in Verbindung bringen und sie von den Waren anderer Unternehmen unterscheiden.

    Urteil Aprile und Commerciale Italiana/EUIPO – DC Comics vom 7. Juni 2023 (T‑735/21)

  • Im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen rumänischen Verwertungsgesellschaften für Urheberrechte und einem Luftfahrtunternehmen hat der Gerichtshof entschieden, dass die Ausstrahlung eines Musikwerks als Hintergrundmusik in einem Personenbeförderungsmittel eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Unionsrechts darstellt. Anders verhält es sich jedoch bei der bloßen Einrichtung einer Lautsprecheranlage und gegebenenfalls einer Software an Bord eines Beförderungsmittels, die die Ausstrahlung von Hintergrundmusik lediglich ermöglichen. Das Unionsrecht steht folglich einer nationalen Regelung entgegen, wonach es eine Vermutung der öffentlichen Wiedergabe von Musikwerken begründet, wenn in Beförderungsmitteln Lautsprechersysteme vorhanden sind.

    Urteile Blue Air Aviation und UPFR vom 20. April 2023 (verbundene Rechtssachen C‑775/21 und C826/21)

  • Nach einem Streit vor dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) über die Eintragung des dreidimensionalen Zeichens eines „Vespa“-Motorrollers erhob Piaggio Klage beim Gericht. Piaggio hatte dem EUIPO mehrere einschlägige Beweise vorgelegt, wie etwa Meinungsumfragen, Daten zum Absatzvolumen sowie Belege dafür, dass die „Vespa“ im Museum of Modern Art in New York ausgestellt ist, „Vespa“-Motorroller in weltbekannten Filmen wie „Ein Herz und eine Krone“ vorkommen und es in zahlreichen Mitgliedstaaten „Vespa“-Clubs gibt. Nach Ansicht von Piaggio war damit nachgewiesen, dass die Vespa eine Ikone geworden ist und in der gesamten Union erkannt wird. Das Gericht hat Piaggio Recht gegeben und entschieden, dass die Beweislage ergibt, dass die Marke durch Benutzung Unterscheidungskraft in der gesamten Union erworben hat.

    Urteil Piaggio & C./EUIPO – Zhejiang Zhongneng Industry Group vom 29. November 2023 (T‑19/22)

Restriktive Maßnahmen und Außenpolitik

Restriktive Maßnahmen oder „Sanktionen“ sind ein wesentliches Instrument der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union, um deren Werte, grundlegenden Interessen und Sicherheit zu schützen. Die Sanktionen sollen eine Änderung in der Politik oder im Handeln der Personen oder Einrichtungen bewirken, gegen die sich die Maßnahmen richten.

  • Belaeronavigatsia, das für die Regulierung des Luftraums zuständige belarussische Staatsunternehmen, wurde in die Sanktionsliste des Rates der Europäischen Union aufgenommen, weil es für die am 23. Mai 2021 erfolgte Umleitung des Fluges FR4978 zum Flughafen Minsk verantwortlich war. Dort wurden zwei Oppositionelle (Raman Pratasevitch und Sofia Sapega), die sich an Bord des Flugzeugs befanden, festgenommen. Das Gericht, das erstmals den Begriff „für die Repression verantwortliche Person“ ausgelegt hat, hat die Klage von Belaeronavigatsia abgewiesen. Es hat festgestellt, dass das Staatsunternehmen wissen musste, dass diese Umleitung zur Repression der Zivilgesellschaft und der demokratischen Opposition in Belarus beitrug.

    Urteil Belaeronavigatsia/Rat vom 17. Februar 2023 (T‑536/21)

  • Als Reaktion auf die rechtswidrige Annexion der Krim und Sewastopols durch Russland im März 2014 erließ der Rat der Europäischen Union am 17. März 2014 eine Reihe restriktiver Maßnahmen. Nachdem Russland im Februar 2022 den Krieg gegen die Ukraine begonnen hatte, nahm der Rat Regierungsmitglieder, Banken, Geschäftsleute und Mitglieder der Föderationsversammlung (Staatsduma) in die Listen der von den restriktiven Maßnahmen erfassten Personen und Einrichtungen auf. Insbesondere wurde Frau Violetta Prigozhina aufgenommen, die Mutter von Yevgeniy Prigozhin, der für die Entsendung von Söldnern der Wagner-Gruppe zuständig war, die in der Ukraine für Russland kämpften. Das Gericht hat der Klage auf Nichtigerklärung der gegen Frau Prigozhina gerichteten Maßnahmen stattgegeben, weil ihre Aufnahme in die Listen allein auf dem Verwandtschaftsverhältnis mit ihrem Sohn beruhte, was nicht ausreicht, um diese Maßnahmen zu rechtfertigen.

    Urteil Prigozhina/Rat vom 8. März 2023 (T‑212/22)

  • Aufgrund der Beeinträchtigung der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie in Venezuela erließ der Rat der Europäischen Union 2017 restriktive Maßnahmen angesichts der dortigen Lage. 2019 wies das Gericht eine Klage von Venezuela gegen diese Maßnahmen ab, weil die Rechtsstellung Venezuelas von den streitigen Maßnahmen nicht unmittelbar berührt sei. Auf ein Rechtsmittel hin hob der Gerichtshof dieses Urteil 2021 auf und verwies die Rechtssache zur erneuten Prüfung an das Gericht zurück. Mit seinem Urteil von 2023 hat das Gericht alle von Venezuela im Hinblick auf die Nichtigerklärung der restriktiven Maßnahmen geltend gemachten Klagegründe zurückgewiesen.

    Urteil Venezuela/Rat vom 13. September 2023 (T‑65/18 RENV)

  • Herr Roman Arkadyevich Abramovich ist ein Geschäftsmann russischer, israelischer und portugiesischer Staatsangehörigkeit. Er ist Hauptaktionär der Muttergesellschaft von Evraz, einem der größten russischen Stahl- und Bergbaukonzerne und Steuerzahler. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hat der Rat die Gelder einflussreicher Geschäftsleute eingefroren, die in Wirtschaftssektoren tätig sind, die eine wesentliche Einnahmequelle für die russische Regierung darstellen, und ihnen die Einreise in und die Durchreise durch die Europäische Union verboten. Herr Abramovich wandte sich vor dem Gericht dagegen, dass sein Name in die Sanktionslisten, mit denen der Druck auf Russland erhöht werden sollte, aufgenommen bzw. darauf belassen wurde. Das Gericht hat die Klage von Herrn Abramovich abgewiesen und damit die gegen ihn ergriffenen restriktiven Maßnahmen bestätigt.

    Urteil Abramovich/Rat vom 20. Dezember 2023 (T‑313/22)

Handelspolitik

Die Europäische Union verfügt über die ausschließliche Zuständigkeit für die Handelspolitik. Sie erlässt Vorschriften zu Handelsfragen und schließt internationale Handelsabkommen. Dass die Union als Einheit auftritt und auf der Weltbühne mit einer Stimme spricht, verschafft ihr eine starke Position im Bereich des internationalen Handels.

  • Im Januar 2020 erhöhten die Vereinigten Staaten die Zölle auf die Einfuhr bestimmter Erzeugnisse aus Aluminium und aus Stahl. Daraufhin erließ die Kommission eine Verordnung zur Erhebung zusätzlicher Zölle auf die Einfuhren bestimmter Waren mit Ursprung in den Vereinigten Staaten in die Union, die von der Zippo Manufacturing Co., einem amerikanischen Hersteller von Feuerzeugen, die von der Zollerhöhung betroffen waren, vor dem Gericht angefochten wurde. Dieses hat die Verordnung für nichtig erklärt, da die Kommission den Anspruch von Zippo auf rechtliches Gehör und damit das Recht auf eine gute Verwaltung verkannt hat. Die Kommission hätte Zippo vor Erhebung der Zölle anhören müssen, da sie vor Erlass der Verordnung wusste, dass die Zollerhöhung hauptsächlich die Feuerzeuge von Zippo betrafen.

    Urteil Zippo Manufacturing u. a./Kommission vom 18. Oktober 2023 (T‑402/20)

Tax rulings

Direkte Steuern fallen zwar grundsätzlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, unterliegen aber den Grundregeln der Europäischen Union wie dem Verbot staatlicher Beihilfen. Die Union achtet daher darauf, dass Steuervorbescheide („tax rulings“), mit denen die Mitgliedstaaten Unternehmen eine besondere steuerliche Behandlung gewähren, rechtmäßig sind.

  • Mit einem Steuervorbescheid („tax ruling“) von 2003 billigten die luxemburgischen Behörden einen Vorschlag des Amazon-Konzerns, der die steuerrechtliche Behandlung einer in Luxemburg ansässigen Tochtergesellschaft betraf. Nach Auffassung der Kommission stellte dieser Steuervorbescheid eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe dar. Auf die Klagen von Luxemburg und Amazon erklärte das Gericht den Beschluss der Kommission für nichtig, da diese nicht nachgewiesen habe, dass die Steuerlast der Tochtergesellschaft von Amazon zu Unrecht verringert worden sei. Der Gerichtshof hat das Rechtsmittel der Kommission gegen das Urteil des Gerichts zurückgewiesen, weil die Kommission das „Bezugssystem“, anhand dessen geprüft wird, ob eine solche Beihilfe vorliegt, fehlerhaft bestimmt hat.

    Urteil Kommission/Amazon.com u. a. vom 14. Dezember 2023 (C‑457/21 P)

  • 2018 stellte die Kommission fest, dass die luxemburgischen Steuerbehörden in Bezug auf die Engie-Gruppe Steuervorbescheide („tax rulings“) erlassen hatten, die dazu führten, dass nahezu alle von den Tochtergesellschaften der Gruppe in Luxemburg erzielten Gewinne unversteuert blieben. Sie hielt diese Steuervorbescheide für mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen. Nachdem das Gericht die Klagen von Engie und Luxemburg abgewiesen hatte, legten diese ein Rechtsmittel beim Gerichtshof ein, der entschieden hat, dass der Kommission bei der Bestimmung des „Bezugssystems“, anhand dessen die Selektivität dieser steuerlichen Maßnahmen zu prüfen ist, und damit auch bei deren Einstufung als verbotene staatliche Beihilfen Fehler unterlaufen sind.

    Urteile Luxembourg/Kommission und Engie Global LNG Holding u. a./Kommission (verbundene Rechtssachen C‑451/21 P und C-454/21 P)

Wettbewerb

Die Europäische Union gewährleistet, dass die Regeln, die den freien Wettbewerb schützen, eingehalten werden. Praktiken, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken, sind verboten und können mit Geldbußen geahndet werden.

  • Die Kommission untersuchte das Geoblocking bestimmter Videospiele auf der Plattform Steam und stellte fest, dass deren Betreiber Valve und fünf Spielverleger (Bandai, Capcom, Focus Home, Koch Media und ZeniMax), gegen das Wettbewerbsrecht der Union verstoßen hatten. Die Kommission warf ihnen vor, sich an wettbewerbswidrigen Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt zu haben, mit denen – durch die Einrichtung gebietsbezogener Kontrollfunktionen – der grenzüberschreitende Absatz bestimmter mit Steam kompatibler PC-Videospiele beschränkt werden sollte, und zwar insbesondere in den Ländern des Baltikums sowie in bestimmten mittel- und osteuropäischen Ländern. Valve focht den Beschluss der Kommission vor dem Gericht an. Dieses hat die Klage abgewiesen und entschieden, dass die Kommission ordnungsgemäß nachgewiesen hat, dass es zwischen Valve und den fünf Verlegern Vereinbarungen gab, die bezweckten, Paralleleinfuhren durch Geoblocking der Schlüssel zu beschränken, mit denen die fraglichen Videospiele auf Steam aktiviert werden konnten. Mit diesem Geoblocking sollte verhindert werden, dass die Videospiele, die in einigen Ländern zu niedrigen Preisen vertrieben werden, von Vertriebshändlern oder Nutzern gekauft werden, die ihren Standort in anderen Ländern haben, in denen die Preise deutlich höher sind.

    Urteil Valve Corporation/Kommission vom 27. September 2023 (T‑172/21)

Zugang zu Dokumenten

Transparenz im öffentlichen Leben ist ein wesentlicher Grundsatz der Union. Daher können die Bürger und juristische Personen in der Union grundsätzlich Zugang zu den Dokumenten der Organe beantragen. In bestimmten Fällen kann dieser Zugang jedoch verweigert werden, wenn dies gerechtfertigt ist.

  • Herr Emilio De Capitani beantragte Zugang zu bestimmten Dokumenten, die innerhalb der Arbeitsgruppe „Gesellschaftsrecht“ des Rates der Europäischen Union zum Gesetzgebungsverfahren über die Änderung der Richtlinie 2013/34 über den Jahresabschluss ausgetauscht worden waren. Der Rat verweigerte den Zugang mit der Begründung, dass die Verbreitung dieser Dokumente seinen Entscheidungsprozess ernstlich beeinträchtigen würde. Die darin enthaltenen Informationen seien ihrer Art nach zu sensibel und zu technisch, was eine Verbreitung nicht zulasse. Herr De Capitani focht den Beschluss vor dem Gericht an. Dieses hat geprüft, wie sich in den Gesetzgebungsverfahren der Europäischen Union die Grundsätze der Offenheit und der Transparenz mit der Ausnahme von der Verbreitung von Dokumenten zum Schutz des Entscheidungsprozesses in Einklang bringen lassen. Es hat darauf hingewiesen, dass sich der Gesetzgeber in einem System, das auf dem Grundsatz der demokratischen Legitimität beruht, gegenüber der Öffentlichkeit für seine Handlungen verantworten muss. Die Bürger können ihre demokratischen Rechte nur ausüben, wenn sie den Entscheidungsprozess innerhalb der an den Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe im Einzelnen verfolgen können. Das Gericht hat demnach den Beschluss des Rates, mit dem der Zugang zu den die Richtlinie betreffenden Arbeitsdokumenten verweigert wurde, für nichtig erklärt.

    Urteil De Capitani/Rat vom 25. Januar 2023 (T‑163/21)

Die Direktion Wissenschaftlicher Dienst und Dokumentation bietet dem juristischen Fachpublikum im Rahmen ihrer Sammlung der Zusammenfassungen eine „Auswahl wichtiger Urteile“ und ein „Monatliches Rechtsprechungsbulletin“ des Gerichtshofs und des Gerichts an.

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