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Diskriminierung aufgrund des Geschlechts

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Zum Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hat der Gerichtshof eine umfangreiche Rechtsprechung entwickelt.

Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz: allgemeine Grundsätze

Schon 1976 entschied der Gerichtshof, dass der unionsrechtliche Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer  und  Frauen unmittelbare Wirkung hat,  so dass er direkt gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden kann (Urteil vom 8. April 1976, Defrenne, 43/75).

Der Gerichtshof stellte fest, dass eine mittelbare Diskriminierung von Frauen vorliegen kann, wenn teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer von der betrieblichen Altersversorgung ausgeschlossen werden, und zwar dann, wenn dieser Ausschluss wesentlich mehr Frauen als Männer betrifft und er damit nicht objektiv durch Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (Urteil vom 13. Mai 1986, Bilka, 170/84).

Schließlich billigte der Gerichtshof die Möglichkeit, in behördlichen Geschäftsbereichen, in denen im jeweiligen Beförderungsamt einer Laufbahn weniger Frauen als Männer beschäftigt sind, bei gleicher Qualifikation bevorzugt Bewerberinnen zu befördern („positive Diskriminierung“), wenn der Vorteil nicht automatisch ist und die Bewerbungen von Männern nicht von vornherein ausgeschlossen, sondern objektiv geprüft werden (Urteil vom 11. November 1997, Marschall, C-409/95).

Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz: schwangere Arbeitnehmerinnen

1990 entschied der Gerichtshof, dass sowohl die Weigerung, eine Frau einzustellen, weil sie schwanger ist, als auch die Entlassung einer Arbeitnehmerin aus diesem Grund eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts begründen (Urteile vom 8. November 1990, Dekker, C-177/88, und Handels- og Kontorfunktionaerernes Forbund, C-179/88). Der Gerichtshof erläuterte in der Folge, dass das Verbot, eine Arbeitnehmerin wegen ihrer Schwangerschaft zu entlassen, unabhängig davon gilt, ob der Arbeitsvertrag befristetet oder unbefristet geschlossen wurde. In diesem Sinne stellte der Gerichtshof auch fest, dass es diskriminierend ist, einen befristeten Arbeitsvertrag wegen der Schwangerschaft der Arbeitnehmerin nicht zu verlängern (Urteile vom 4. Oktober 2001, Jiménez Melgar, C-438/99, und Tele Danmark A/S, C-109/00). Er entschied ferner, dass die Entlassung einer Frau während der Schwangerschaft wegen Fehlzeiten infolge einer durch die Schwangerschaft verursachten Krankheit eine Diskriminierung wegen des Geschlechts ist (Urteil vom 30. Juni 1998, Brown, C-394/96). Außerdem ist die Entlassung einer Frau wegen ihrer Schwangerschaft und/oder der Geburt eines Kindes auch dann rechtswidrig, wenn ihr die Kündigung erst nach der Rückkehr aus dem Mutterschutz mitgeteilt wird (Urteil vom 11. Oktober 2007, Paquay, C-460/06).

Eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts liegt auch vor, wenn eine Arbeitnehmerin entlassen wird, die sich in einem vorgerückten Stadium einer In-vitro-Fertilisation befindet und deshalb zeitweilig abwesend ist, da eine solche Behandlung nur Frauen betrifft (Urteil vom 26. Februar 2008, Mayr, C-506/06).

Andere Beispiele für eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts: Versicherungen und Streitkräfte

Der Gerichtshof entschied 2011, dass die Berücksichtigung des Geschlechts des Versicherten als Risikofaktor in Versicherungsverträgen eine Diskriminierung darstellt. Deshalb gelten in der Union seit dem 21. Dezember 2012 geschlechtsneutrale Prämien und Leistungen (Urteil vom 1. März 2011, Association belge des consommateurs Test-Achats u. a., C-236/09).

Der Gerichtshof präzisierte 1999, dass bei Organisation und Führung der Streitkräfte der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen zu beachten ist, auch wenn der Zugang zu bestimmten Einheiten aufgrund ihrer speziellen Einsatzbedingungen (z. B. bei Kampfeinheiten) Männern vorbehalten werden kann (Urteil vom 26. Oktober 1999, Sirdar, C-273/97). Jedenfalls ist ein vollständiger Ausschluss von Frauen vom Dienst mit der Waffe nicht zulässig (Urteil vom 11. Januar 2000, Kreil, C-285/98).

Diskriminierung aufgrund des Wechsels der Geschlechtszugehörigkeit

1996 entschied der Gerichtshof, dass es eine Diskriminierung darstellt, wenn eine Person wegen einer durchgeführten oder beabsichtigten Geschlechtsumwandlung entlassen wird, da sie im Vergleich zu den Angehörigen des Geschlechts, dem sie vor ihrer Operation zugerechnet wurde, schlechter behandelt wird (Urteil vom 30. April 1996, P./S., C-13/94).

2004 stellte der Gerichtshof fest, dass eine nationale Regelung, die die neue sexuelle Identität von Transsexuellen nicht anerkennt und ihnen damit die Eingehung der Ehe verwehrt, mit dem Unionsrecht unvereinbar ist, wenn sie zur Folge hat, dass ihnen keine Hinterbliebenenrente gewährt werden kann (Urteil vom 7. Januar 2004, K.B., C-117/01). In diesem Sinne entschied der Gerichtshof 2018, dass eine Person, die sich einer Geschlechtsumwandlung unterzogen hat, nicht gezwungen sein darf, ihre zuvor geschlossene Ehe für ungültig erklären zu lassen, wenn sie ab dem für Angehörige des erworbenen Geschlechts geltenden Alter eine Rente in Anspruch nehmen möchte (Urteil vom 26. Juni 2018, MB, C-451/16).

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